Zusammenarbeit im Bildungswesen

Warum Zusammenarbeit im Bildungswesen bereichernd ist

Frank Brückel ist seit vielen Jahren in der Schulentwicklung tätig, hat als Dozent an der PH Zürich engen Kontakt zu vielen Schulen und Gemeinden und er beschäftigt sich mit vergangenen, laufenden und zukünftigen Entwicklungen. Der Austausch mit Schulleitungen, Schulpflegen und Mitarbeiter:innen aus der Verwaltung sind ihm wichtig. Im Beitrag geht er dabei besonders auf die aktuellen Freuden und Herausforderungen ein.

Bei den Freuden sind sich alle einig: Das Schönste am Beruf ist die Arbeit mit den Schüler:innen oder der eigene Beitrag dazu, dass Schulen jeden Tag ihre Arbeit machen können. Auch die Antworten auf die Herausforderungen lassen sich gruppieren: neben dem Fachkräftemangel wird nicht selten der Umgang mit einer zunehmenden Heterogenität in der Schülerschaft genannt, daneben der digitale Wandel, die Umstellung auf Tagesschulen oder die Einführung von erweiterten Tagesstrukturen, eine gelingende Zusammenarbeit mit den Eltern sowie die Sorge um die Gesundheit der Teammitglieder verbunden mit einer zunehmenden Belastung in den Kollegien. Wahrscheinlich kommt noch das eine oder andere Thema hinzu.

Ausgehend von diesen Fragen entwickelt sich oft eine spannende Diskussion darüber, wie diesen Herausforderungen am besten begegnet werden kann. Die am häufigsten genannte Lösung erscheint auf den ersten Blick einfach, wird aber bei näherer Betrachtung schnell komplex: Je besser wir zusammenarbeiten, desto besser können wir den Herausforderungen begegnen.

Schulen als multiprofessionelle Organisationen

In Schulhäusern arbeiten heute viele verschiedene Berufsgruppen: Neben der Schulleitung und der Leitung Betreuung sind dies beispielsweise Klassen- und Fachlehrpersonen, Heilpädagog:innen, Schulsozialarbeiter:innen und Schulsozial:arbeiter, Therapeut:innen, Betreuer:innen sowie der Hausdienst. Hinzu kommen Assistent:innen, Zivildienstleistende und an einigen Schulen auch Senior:innen.

Jede Berufsgruppe ist anders ausgebildet und hat eine spezifische Rolle und Aufgabe und damit auch einen anderen Fokus in der Arbeit mit den Schüler:innen. Im Idealfall ergänzen sich die Berufsgruppen, was zu einer Erweiterung der Perspektiven und zu einer Entlastung im Alltag führt. Im ungünstigen Fall widersprechen oder konkurrieren sich die unterschiedlichen Ansichten, was belastend wirken kann.

Ebenenübergreifende Zusammenarbeit

Das Schweizer Schulsystem ist als Mehrebenensystem konzipiert. Unterschieden wird in der Regel in Anlehnung an Altrichter und Maag Merki (2016, 11) zwischen der Makroebene (bildungspolitischer Kontext und Schulverwaltung), der Mesoebene, gleichgesetzt mit der Einzelschule und der Mikroebene, die das Schulleben (Unterricht und ausserunterrichtliche Angebote) abbildet.

Jede Ebene hat ihre eigenen Aufgaben und nur zusammen funktioniert das Bildungswesen. Die Aufgabe der Politik ist es, Bildungsprogramme zu verabschieden, dafür politische Mehrheiten zu mobilisieren und entsprechende Ressourcen bereitzustellen.

Dagegen hat die Bildungsverwaltung die Aufgabe, beschlossene Entscheidungen so aufzuarbeiten, dass sie im Schulsystem umsetzbar sind. Dazu braucht es organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen und Unterstützung für die Schulen, damit diese die Neuerungen umsetzen können. Ohne die von der Bildungsverwaltung geleisteten Aufgaben würden weder politische Entscheidungen wirksam noch wäre die Durchführung eines regulären Schulalltags möglich.

Schulen und die dort arbeitenden Berufsgruppen haben wiederum die Aufgabe, die Schü-ler:innen bestmöglich zu fördern. Sie arbeiten entweder im Unterricht, setzen schulische Vorhaben um oder kümmern sich um die Bereitstellung und Durchführung anderer Leistungen wie individuelle Förderungen, Therapien und ausserunterrichtliche Angebote. Auch das sind Tätigkeiten, die von keiner anderen Ebene erbracht werden können.

Was in der Theorie stringent erscheint, erfordert in der Praxis eine intensive Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Perspektiven, Aufgaben und Vorstellungen dessen, was die jeweiligen Aufgaben und Kompetenzen sind. Dazu braucht es Zeit…

  • sich einzuarbeiten;
  • um miteinander ins Gespräch zu kommen, um andere Meinungen und Perspektiven zu verstehen oder;
  • um kontroverse Gesichtspunkte anzuschauen und diese gemeinsam zu lösen.

Denn – wie bereits oben angemerkt – Zusammenarbeit ist bereichernd und entlastend. Vor allen Dingen dann, wenn sich verschiedene Perspektiven und Kompetenzen ergänzen und es gelingt, Herausforderungen gemeinsam zu lösen.

Zusammengefasst bedeutet das für mich, dass Schulentwicklung immer auch die Fragen mitdenken muss: Wie inhaltliche Entwicklungen gemeinsam vorangetrieben werden können, was gemeinsam bedeutet und welche der vielen beteiligten Gruppen wie eingebunden werden sollen, damit am Ende die Schüler:innen bestmöglich gefördert und die Erwachsenen entlastet werden.

INFOBOX

Das Symposium Personalmanagement 2023 geht den Fragen nach, welche Rolle Behörden und professionelle Kräfte in dieser zunehmenden Komplexität zukommt, und wie eine gewinnbringende Zusammenarbeit gestaltet werden kann beziehungsweise aus unterschiedlichen Perspektiven eine Bereicherung entstehen kann. Das Symposium Personalmanagement findet am 16. Juni 2023 an der PH Zürich statt.

Zum Autor

Frank Brückel ist Dozent im Zentrum Schule und Entwicklung an der PH Zürich. Er leitet die Arbeitsgruppe Tagesschule und ist zudem Mitglied im Leitungsteam MAS Weiterbildungsstudien. Er kennt sich speziell in Schulentwicklung, Ganztagesbildung und Professionalisierung bei Lehrpersonen aus.

Redaktion: Melina Maerten
Titelbild: adobe stock/MH

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