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Leben im Baumhaus: Alles zu Planung und Bau eines Kindheitstraums

Wie ein Nest versteckt sich das rotbraune Holzhaus zwischen den Ästen und Zweigen des gewaltigen Baumes. Warmes Licht strahlt durch die Fenster auf den kleinen Balkon und berührt noch das Ende der gewundenen Treppe am Stamm. Ein Baumhaus – der Kindheitstraum vieler und ein abgeschiedener Palast in der Krone der Natur. Doch beim Bau einer solchen Behausung gibt es einiges zu beachten – egal ob es bloß ein sommerabendlicher Rückzugsort oder ein dauerhafter Wohnraum werden soll. Wir haben für euch die wichtigsten Fakten zusammengetragen für das Tiny Living zwischen Spechten und Flechten.

Welcher Baum ist geeignet?

Manche Bäume haben eine volle Krone, farblich schönes Holz oder verschlungene Wurzeln. Doch leider eignet sich nicht jeder Lieblingsbaum auch für ein Häuschen – ob nun als Spiel- oder Wohnraum. Wichtig sind Baumart, Beschaffenheit und auch der Standort.

Arten von Bäumen

Als Faustregel gilt: Je härter das Holz des Baumes ist, desto besser eignet sich der Baum als Nistplatz für eine heimelige Hütte. Besonders geeignet sind Eichen, Eschen und Buchen. Ihre Äste wachsen nicht nur häufig in einem praktischen 90-Grad Winkel – sie sind auch Meister darin, Wunden, die durch die Konstruktion entstehen können, schnell wieder zu verschließen.
Wer Nadeln den Blättern vorzieht, kann auch auf Kiefern und Zedern bauen. Bei Tannen ist sehr gut eine Konstruktion zwischen mehreren Bäumen möglich.

Beschaffenheit des Baumes

Ganz wichtig ist es, den Baum nicht als statisches Gerüst zu sehen. Ein Baum lebt, altert und entwickelt sich – genau wie der Mensch. Im besten Fall steckt der Baum weder im Teenageralter, noch befindet er sich kurz vor der Rente. Stabilität und Gesundheit haben Priorität. Denn ein Baumhaus mit Ausstattung und Bewohnern kann eine ganz schöne Last sein. Ein paar Fakten kann man direkt vor Ort checken: Gesunde Blätter im Sommer sind ein gutes Zeichen für den Zustand der gesamten Pflanze. Vertiefungen, an denen sich Wasser ablagern kann, sind eher schlecht, denn dort kann sich schnell Fäulnis bilden. Hat der Baum bereits Risse, faulige Stellen oder Pilzbefall, ist dringend vom Baumhaus abzuraten. Leider können auch Spechthöhlen dazu führen, dass der Baum nicht geeignet ist. Der Stamm eines Baumes sollte mindestens 20 Zentimeter Durchmesser aufweisen. Bevor ihr in die genauen Planungen einsteigt, solltet ihr auf jeden Fall einen Fachbetrieb anrufen, der sich euren Baum einmal genau vor Ort ansieht.

Natürlich ist es auch wichtig, dass der Baum groß genug ist. Die Größe des Baums bestimmt immer die Größe des Baumhauses. Am besten beginnt die Baumkrone etwa fünf Meter über dem Boden, sodass sich das Haus gut in Astgabeln schmiegen kann und von schützenden Blättern umgeben ist. Natürlich kann ein Baumhaus auch aus mehreren Modulen bestehen und von mehreren Bäumen getragen werden, um die Last besser zu verteilen. Wer bei diesen ganzen Bedingungen jetzt den Traum vom romantischen Rückzugsort in Gefahr sieht, hat noch eine weitere Möglichkeit: Passt der Baum einfach nicht ins Konzept, kann ein Haus auch komplett auf Stützen und Stelzen gesetzt werden, die im Boden verankert sind.

Standort des Baumes

Ein Baumhaus ist permanent der Witterung und den natürlichen Bewegungen des Baums ausgesetzt. Je höher die Hütte hängt, desto stärker kann der Wind darauf einwirken. Deshalb ist es wichtig, das Haus nicht zu weit oben zu konstruieren und die Angriffsfläche zu beachten, die man damit einem potenziellen Sturm gibt. Zwischen dem Baum und dem Haus sollten immer etwa 30 Zentimeter Platz liegen, damit sich der Baum auch bei Sturmböen frei bewegen kann. Freistehende Bäume sind Wind deutlich heftiger ausgesetzt als Baumgruppen. Auch das Risiko von Blitzeinschlägen steigt. Nicht zuletzt ist es auch wichtig, wie weit Nachbarn durch das Baumhaus beeinträchtigt werden – zum Beispiel, weil man ihnen dann von oben auf den Esstisch oder ins Schlafzimmer schauen kann.

Muss ein Baumhaus genehmigt werden?

Gleich vorweg: Mal wieder greift der berühmte Spruch „Es kommt darauf an“. Unter Umständen gibt es baurechtliche Vorgaben, die ihr nicht leichtfertig beiseite wischen solltet, bevor ihr in den Baumarkt fahrt. Eine detaillierte Auskunft darüber kann dir die entsprechende Kommune erteilen.

Wann braucht man eine Genehmigung?

In vielen Fällen ist der Bau eines Baumhauses genehmigungspflichtig. Hier zählt vor allem wieder die Sache mit den Nachbarn: Liegt der luftige Bau in ihrem Einsichtsbereich oder zu nah an der Grundstücksgrenze? In manchen Fällen kann es allein deshalb zur Ablehnung des Antrags kommen. Gut ist es immer, wenn die Anwohner von sich aus bereits einverstanden sind. Am besten also nicht gleich die Kettensäge anwerfen, sondern vorher mal mit einer Flasche Rotwein rübergehen und die Idee euphorisch mit Aussicht auf ein gemeinsames Dinner im Baum vorstellen. Wo und wie das Baumhaus gebaut werden darf, ist in Deutschland Sache der Bundesländer. Schleswig-Holstein erlaubt zum Beispiel Bauten von bis zu 30 m² genehmigungsfrei – allerdings ohne Toilette. Also dort dann weniger Wein trinken!

Wenn Baumhäuser nicht permanent bewohnt werden und nur eine erweiterte Spielwiese für die Kinder sind, ist eine Genehmigung leichter durchzukriegen oder sogar unnötig. Wenn ihr das Ganze aber als dauerhafte Bleibe professionell aufziehen wollt, werden Baumhäuser schnell zu sogenannten „baulichen Anlagen“ und unterliegen dem Baurecht. Einen TÜV brauchen Baumhäuser übrigens nicht – sofern ihr sie nicht gewerblich nutzt.

Wo kann die Genehmigung eingeholt werden?

Rücksprache mit Nachbarn zu halten, schadet nicht. Doch für eine wasserdichte Genehmigung solltet ihr unbedingt das zuständige Bauamt eurer Stadt aufsuchen, das sich in vielen Fällen direkt im Rathaus befindet.

Worauf muss beim Bau des Baumhauses geachtet werden?

Ist der perfekte Baum gefunden und das Haus genehmigt, stellt sich die Frage, wie es jetzt eigentlich weitergeht. Bei Materialien, Befestigung und Ausstattung gibt es einige Fallstricke.

Welche Materialien können verwendet werden?

Na klar, du hast es dir sicherlich schon gedacht: Holz! Auch hier gibt es Arten, die sich besonders gut eignen. Lärche und Douglasie sind nicht nur leicht und sehen toll aus, sondern halten Witterungen stand und bleichen nicht so schnell aus. Auch Eiche ist möglich, aber schwerer. Andere Arten wie Fichte mögen auf den ersten Blick preislich günstiger erscheinen, sind aber nicht so langlebig. Innen könnt ihr auch Obsthölzer verwenden. Aber nur innen!

Neben Holz können auch Kunststoff, Metall oder Stoffe verbaut werden. Für das Dach etwa eignen sich Zink oder Kautschukfolie, für den Unterbau Edelstahl. Alls Metalle sollten natürlich rostfrei sein! Fenster können aus Glas oder Acrylglas bestehen. Falls ihr eine Strickleiter plant, besteht sie zur Abwehr von Wetterangriffen am besten aus Kunstfaser.

Worauf ist bei der Planung zu achten?

Ganz wichtig ist es, Fäulnis zu verhindern, dann sie nagt am Heim und ist zerstörerisch. Schon beim Bau des Baumhauses solltet ihr bedenken, dass Regenwasser sich nicht sammelt, sondern immer gut abfließen kann. Das Dach ist dafür bestenfalls überhängend, damit es die Wände schützt. Wenn ihr anfangt zu bauen, müsst ihr darauf achten, dass ihr den Boden rund um den Baum nicht zu sehr zu verdichtet, denn das schadet den Wurzeln. Dagegen könnt ihr Rindenmulch auslegen und ihn zusätzlich noch mit Sperrholzplatten abdecken, um das Gewicht von darauf laufenden Menschen zu verringern.

Welche Techniken gibt es zur Befestigung?

Es gibt verschiedenen Techniken, um ein Baumhaus zwischen Ästen zu verankern. Bitte vergesst nicht, dass jeder Nagel und jede Schraube den Baum verletzt, ihn angreifbar für Pilze und Fäulnis macht.

Wenn ihr mit Schrauben arbeiten möchtet, bieten sich sogenannte Garnier-Schrauben an. Die Stahlbolzen werden in den Baum getrieben und können mit bis zu fünf Tonnen belastet werden. Sie ersetzen zahllose kleinere Schrauben und Nägel und schonen den Baum somit. Je weniger Löcher, desto besser!

Eine weitere Technik ist die Klemm-Methode. Eine Manschette aus Metall mit Balkenschuhen wird hierbei um den Baum gespannt und ist ständig verstellbar, um sich dem Wachstum des Baumes anzupassen. Diese Technik gilt als besonders sanfte Befestigungsmethode.

Auch eine freie Hängung ist möglich. Dabei werden Stahlseile und Stoffschlaufen um die Äste gelegt. Dabei schwingt das Baumhaus allerdings permanent im Wind.

Erscheinen alle Befestigungen als zu belastend für den Baum, kann mit Stützen und Stelzen vom Boden aus gearbeitet werden. Natürlich wird das Baumhaus damit zu einer Art Pfahlbau.

Wie sieht es mit Wasser, Wärme und Isolierung aus?

Wasser lässt sich meist gut über einen Schlauch ins Baumhaus leiten, der ihr entlang des Stamms befestigen und oben an einen Hahn anschließen könnt. Als Quelle dienen der Hausanschluss oder externe Wasserspeicher. Um das Baumhaus auch im Winter nutzen zu können, ist Dämmung wichtig. Dafür eignen sich Kork, Schafwolle und Hanf. Auch Glaswolle ist möglich. Wärme lässt sich unter anderem durch einen Holzofen schaffen – doch der ist auch ziemlich schwer. Wer langfristig und autark im Baumhaus leben möchte, sollte sich vorher unbedingt fachlichen Rat zu dauerhafter Strom- und Wasserversorgung sowie zur Abwasserbeseitigung einholen.

Wie pflege ich Baum und Baumhaus richtig?

Das Wichtigste ist immer, den Baum so wenig wie möglich zu belasten und zu verletzen! Müssen Äste beim Baum des Hauses entfernt werden, solltet ihr immer direkt am Astring schneiden – also am Stamm.

Extrem bedeutend ist beim Baum das Kambium. Diese spezielle Schicht ist für den Baum überlebenswichtig und bildet das Gefäßsystem. Wenn ihr dort zu tief oder zu oft hineinschneidet, ist das so, als würde jemand euch in den Arm schneiden und die Blutzufuhr unterbrechen. Im schlimmsten Fall stirbt der Baum ab. Neben möglichst wenigen Löchern ist es also auch wichtig, dass das Haus nicht mit dem Baum verwächst. Deshalb der Mindestabstand zwischen Haus und Ast. Dieser hat jedoch auch noch eine weitere Bedeutung: Der Baum kann über die Jahre frei weiter wachsen und zwängt ihn nicht ein – oder sprengt euer Baumhaus.
Totes Holz und Blätter sollten regelmäßig entfernt werden, um Beschädigungen und Fäulnis zu verhindern.

Was kostet ein Baumhaus?

Ein kleines Baumhaus zum Spielen kann bei einigen hundert Euro beginnen. Ein Tiny House, in dem ihr dauerhaft leben möchtet, natürlich mit entsprechender Ausstattung bis zu 100.000 Euro.

Wie lange hält so ein Baumhaus?

Bei richtiger Vorplanung und Pflege kann ein Baumhaus sehr lange halten – teils über mehrere Generationen. Auch, wenn ab und an mal etwas ausgetauscht werden muss.

Gibt es Anbieter für Baumhäuser, die mich unterstützen können?

Ja, es gibt einige Firmen, die sich auf den Bau von Baumhäusern spezialisiert haben und Hilfe bei Planung und Umsetzung bieten. Manche haben sogar komplette Module im Angebot. Mit dazu gehören zum Beispiel Baumbaron und Baumraum. Weitere Anbieter findet ihr bei Tiny Houses.

Fotos (c): baumbaron | baumraum

Sarah

War schon immer eher Pippi Langstrumpf als Annika. Arbeitet als freie Texterin und Fotografin bei Zeilenaufbruch und liebt Roadtrips überall auf der Welt.Lieblingsspots: USA und Südeuropa.

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