Droht dem Chef der Partei „Prosperierendes Armenien” ein Mandatsverlust?

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Der Vorsitzende der „Prosperierendes Armenien”-Fraktion (BHK), der zweitgrößten politischen Kraft im armenischen Parlament, Gagik Zarukjan, ist mit der Möglichkeit konfrontiert, seinen Parlamentssitz in der Nationalversammlung aufgrund einer von der Staatsanwaltschaft angeordneten Untersuchung zu verlieren.

In einem Bericht welcher der Generalstaatsanwaltschaft am 29. April von der Partei „Entscheidung des Bürgers” vorgelegt wurde, wird vermutet, dass Zarukjan parallel zu seiner Mitgliedschaft in der Nationalversammlung unternehmerische Tätigkeiten betreibt, was einen Verstoß gegen die armenischen Verfassung darstellen würde. Der Exekutivsekretär der Partei “Entscheidung der Bürger”, Suren Sahakjan, reichte dem Generalstaatsanwalt Artur Dawtjan den Bericht ein. Er forderte ihn auf, Ermittlungen gegen den Gagik Zarukjan einzuleiten.

In einem Schreiben an den Parlamentspräsidenten Ararat Mirsojan forderte die Partei „Entscheidung des Bürgers” die Einberufung einer außerordentlichen parlamentarischen Kommission, die sich mit dem Fall Zarukjan befassen und gegebenenfalls das Verfassungsgericht ersuchen sollte. „In Anbetracht der Tatsache, dass die geltenden gesetzlichen Bestimmungen ein weites politisches Konzept für die Einrichtung und den Betrieb der Ethikkommission festlegen und möglicherweise Raum für verschiedene Interpretationen bieten, und der Umstand, dass die Einrichtung eines solchen Ausschusses nicht in den Zuständigkeitsbereich des NA-Sprechers fällt, denke ich, dass Sie eine vollständige öffentliche Klarstellungen zu dem Thema geben sollten,“ stand in Ararat Mirsojans Schreiben an Gagik Zarukjan.

Zarukjan ist der Eigentümer des größten Zementwerkes in Armenien, das zunehmend mit preisgünstigem Zement aus dem benachbarten Iran konkurrieren muss. Am 18. April debattierte die Nationalversammlung über einen Regierungsvorschlag zur Einführung von Zöllen für nach Armenien eingeführten Zement. Zarukjan und seine Anhänger vertreten die Position, dass die vorgeschlagene Maßnahme nicht weit genug greife, um die inländischen Zementhersteller zu schützen. Er kritisierte die Wirtschaftspolitik der Regierung Nikol Paschinjans und sagte, dass diese keine größeren Investitionen ins Land bringen und den Lebensstandard verbessern konnte.

Zu den gegen Zarukjan erhobenen Vorwürfen erklärte „Prosperierendes Armenien”, dass der BHK-Anführer zwar Dutzende von Unternehmen besitzt, diese aber nicht direkt von ihm geführt würden. Sergej Bagratjan, ein hochrangiger BHK-Abgeordneter, sagte, es sei in der Verantwortung der Behörden, zu beweisen, dass Zarukjan die Verfassung verletzt hat. Wahe Enfiajan, ein weiterer hochrangiger BHK-Parteifunktionär, hat einen Zeitungsbericht vom 2. Mai nicht bestritten, in dem es hieß, dass alle 25 BHK-Abgeordneten ihre Mandate niederlegen würden, falls ihr Vorsitzender den Sitz verlieren würde.

Die Mitglieder des Regierungsblocks „Mein Schritt” versuchten währenddessen die Lage zu entschärfen. Ruben Rubinjan, ein Abgeordnete der Regierungsfraktion, sagte, dass es mehr Zeit bedarf, um die Fakten zu analysieren und eine öffentliche Meinung zur aktuellen Situation zu bilden. Bevor eine politische Entscheidung getroffen werden kann, müssen alle Umstände besprochen werden und es muss sichergestellt werden, dass alle Maßnahmen im Bereich des  Logischen und Legitimen ergriffen werden”, sagte er.

Am 6. Mai antwortete Zarukjan auf den Brief des Parlamentspräsidenten. Er betonte, dass er, nachdem er das parlamentarische Mandat übernommen hatte, sein gesamtes Vermögen an das ein Trust-Management übergeben habe, wie es das Gesetz vorschreibt. Er habe jahrelang seine Kontakte und Befugnisse zugunsten der armenischen Wirtschaft eingesetzt und sei bereit dies auch weiterhin zu tun.

Zarukjans BHK unterstützte die von Paschinjan geführten Massenproteste, die 2018 die ehemalige Regierung des Landes stürzten. Er half Paschinjan Ministerpräsident zu werden, und trat seinem ersten Kabinett bei, welches im Mai 2018 gebildet wurde. Die Spannungen zwischen der BHK- und Paschinjans Fraktion begannen im Oktober 2018, als Paschinjan die mit der BHK verbundenen Minister aus seinen Kabinett unter dem Verdacht entlassen hatte, dass die BHK im Geheimen mit der ehemaligen regierenden Republikanischen Partei zusammenarbeitete.

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