(19)
(11) EP 0 494 469 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.07.1992  Patentblatt  1992/29

(21) Anmeldenummer: 91203234.9

(22) Anmeldetag:  11.12.1991
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5F42B 1/036
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 11.01.1991 CH 62/91

(71) Anmelder: Schweizerische Eidgenossenschaft vertreten durch die Eidg. Munitionsfabrik Thun der Gruppe für Rüstungsdienste
CH-3602 Thun (CH)

(72) Erfinder:
  • Kaeser, Rudolf
    CH-3600 Thun (CH)

(74) Vertreter: Frauenknecht, Alois J. et al
c/o PPS Polyvalent Patent Service AG, Mellingerstrasse 1
CH-5400 Baden
CH-5400 Baden (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Zusammenbau eines Hohlladungsgeschosses


    (57) Ein Hohlladungsgeschoss weist eine Präzisionssprengladung (12) auf, die einerseits aussen von einer metallischen Hülle (11) umgeben ist, und die andererseits innen mit einer Einlage (13) ausgekleidet ist. Beim Zusammenbau besteht die Gefahr, dass durch Wärmedehnung Spalten, Hohlräume oder Risse zwischen den drei Teilen (11, 12, 13) entstehen. Das wird dadurch vermieden, dass zuerst die Präzisionssprengladung (12) abgekühlt, die Hülle (11) erwärmt und die Präzisionssprengladung (12) in die Hülle (11) eingeführt wird, dass anschliessend die ummantelte Präzisionssprengladung (12) erwärmt, die Einlage (13) abgekühlt und die Einlage in die Präzisionssprengladung (12) eingepresst wird. Die derart zusammengeführten Teile (11, 12, 13) werden auf Raumtemperatur gebracht.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Zusammenbau eines Hohlladungsgeschosses enthaltend eine Präzisionssprengladung, eine metallische Hülle und eine Einlage, wobei zumindest die Präzisionssprengladung abgekühlt und in die metallische Hülle unter Ausnutzung der Wärmedehnung der genannten Teile eingebracht wird sowie Verwendung des Verfahrens und danach hergestelltes Hohlladungsgeschoss.

    [0002] Die vorerwähnten Einlagen, auch Auskleidungen oder "Liner" genannt, dienen der Strahlbildung von Hohlladungen.

    [0003] Es ist ein Verfahren zur Montage, d.h. zum Zusammenbau einer Hohlladung bekannt (DE -C- 3 434 847), bei der die Auskleidung und die Sprengladung federnd aneinander gedrückt sind, wobei die Sprengladung auf eine Temperatur abgekühlt wird, die der niedrigsten Betriebstemperatur entspricht, die Auskleidung, die abgekühlte Sprengladung und weitere Teile in die Hülle eingesetzt werden.

    [0004] Durch dieses Verfahren lassen sich zwar Spalten zwischen Hülle und Sprengladung vermeiden, es sind aber keine Massnahmen vorgesehen, um auch Spalten zwischen Sprengladung und Auskleidung zuverlässig zu vermeiden, insbesondere wenn diese nicht genau kegelförmig ausgebildet ist.

    [0005] Es ist ferner bekannt, einen Körper eines Sprengstoffgemisches aus Hexogen und TNT unter Druckeinwirkung in eine Pressform zu pressen, abzukühlen und dann die Auskleidung auf 85°C bis 95°C zu erwärmen und während des Abkühlens in die Höhlung des Körpers einzupressen (DE -A- 3 236 706). Es werden somit Lufteinschlüsse zwischen dem Körper und der Einlage verhindert, jedoch kann wegen der Detonationsgefahr bei der Laborierung nicht die ganze Auskleidung erwärmt werden. Luftspalte zwischen der Auskleidung und dem Körper sind daher kaum zu vermeiden.

    [0006] Es ist ein anderes Verfahren zur Herstellung von Hohlladungsgeschossen bekannt, wobei die Sprengladung vorgepresst wird und auf -30°C abgekühlt wird, (FR -A- 2 563 517). Die Sprengladung wird unter hohem Druck bei Umgebungstemperatur in die Geschosshülle, zusammen mit ihrer Auskleidung, eingepresst. Anschliessend wird ein Befestigungsring in dieser eingeschraubt, welche die Auskleidung kraftschlüssig fixiert. Nach dem Temperaturausgleich herrschen im Innern des Geschosses hohe mechanische Spannungen, welche auf die einzelnen Komponenten wirken.

    [0007] Bei den bekannten Verfahren wird die Sprengladung bei der Laborierung der Munition unter Druck einseitig eingepresst. Obwohl dabei die Risiken bei der Herstellung der Geschosse erheblich geringer sind als bei den Verfahren FR -A- 2 563 517, muss die Geschosshülle eine genügend starke Wandung aufweisen, um den beim Pressen auftretenden Kräften widerstehen zu können. Es lassen sich daher erfahrungsgemäss nur Geschossmäntel verwenden, die relativ dickwandig sind und oft zur Splitterbildung neigen. Auf keinen Fall können nach dem obigen Verfahren Geschosse für Flugkörper und Raketengeschosse hergestellt werden, da gerade die Wandung solcher Geschosse aus Gewichtsgründen konstruktiv möglichst dünn zu gestalten ist.

    [0008] Die üblichen Werkstoffe dieser drei Komponenten - Präzisionssprengladung, metallische Hülle und Auskleidung - weisen meistens verschiedene Werte bezüglich Elastizitätsmodul, Poissonzahl und Wärmedehnungszahl auf. Für die metallische Hülle wird üblicherweise eine Leichtmetallegierung oder Stahl verwendet, für die Auskleidung eignet sich Kupfer, und die Sprengladung wird aus dem HMX (Oktogen) oder RDX (Hexogen) bezeichneten kunststoff- oder wachsgebundenen Sprengstoff hergestellt.

    [0009] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben, das ein riss- und spaltfreies Zusammenbauen einer Präzisionssprengladung mit einer äusseren dünnwandigen metallischen Hülle und einer inneren Hohlladungsauskleidung gewährleistet.

    [0010] Die Präzisionssprengladung kann ihre volle Wirkung nur entfalten, wenn sie sowohl von der Hülle als auch von der Auskleidung allseitig ohne Zwischenraum umschlossen ist, wobei diese Forderung bei einem Temperaturbereich von -35°C bis +63°C erfüllt sein sollte. Da das Temperaturverhalten der erwähnten Werkstoffe unterschiedlich ist, besteht die Gefahr, dass Zwischenräume oder Spalten entstehen, die unbedingt zu vermeiden sind.

    [0011] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss dadurch gelöst, dass das Verfahren die Merkmale im Kennzeichen des Anspruchs 1 aufweist.

    [0012] Bei diesem Verfahren ist es, gemäss Anspruch 3, vorteilhaft, dass die Wärmedehnungszahl des Sprengstoffes im ganzen oder zumindest im oberen Teil des geforderten Temperaturbereiches die Wärmedehnungszahl der Auskleidung und der Hülle übersteigt.

    [0013] Bei diesem Verfahren ist es, gemäss Anspruch 4, vorteilhaft, dass die Wärmedehnungszahl des Sprengstoffes im ganzen oder zumindest im oberen Teil des geforderten Temperaturbereiches gleich ist, wie die Wärmedehnungszahl der Auskleidung und der Hülle.

    [0014] Die Präzisionssprengladung, gemäss Anspruch 5, sollte spannungsfrei in die Hülle eingeführt werden, um die Qualität des Geschosses zu verbessern. Ferner ist es wünschenswert, dass die Form der Auskleidung dem Verfahren angepasst ist.

    [0015] Das Verfahren hat den grossen Vorteil, dass auch bei Temperaturschwankungen im für den Einsatz vorgesehenen Temperaturbereich keine Risse durch Zugspannungen in der Präzisionssprengladung entstehen und dadurch Spalten oder Hohlräume zwischen Hülle, Sprengladung und Auskleidung vermieden werden.

    [0016] Der Erfindung liegt ferner die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben, das bei Einsatztemperaturen der Munition von -35°C bis +63°C einen luftspaltlosen Sitz zwischen Sprengladung und Geschosshülle gewährleistet, und insbesondere auch dann, wenn die Geschosshülle so leicht gestaltet ist, dass sie aus Festigkeitsgründen nicht gepresst oder nachgepresst werden darf. Gleichzeitig hat die Erfindung die Aufgabe, einen besonders leichten Munitionskörper anzugeben, der nach diesem neuen Verfahren hergestellt werden kann.

    [0017] Vorzugsweise wird, gemäss Anspruch 2, die gepresste, form- und massgenaue Präzisionssprengladung auf eine Temperatur von -50°C bis -100°C abgekühlt und die metallische Hülle wird auf eine Temperatur von +50°C bis +80°C erwärmt, anschliessend wird die ummantelte Präzisionssprengladung bis auf eine Zwischentemperatur von -15°C bis -35°C aufgewärmt, bei welcher die Wärmedehnungszahlen des Sprengstoffes und der metallischen Hülle gleich sind und die Auskleidung auf eine Temperatur von -50°C bis -100°C abgekühlt wird.

    [0018] Die Erfindung hat den enormen Vorteil, dass nunmehr leichte Geschosse ohne Lufteinschlüsse in sehr grossen Chargen hergestellt werden können. Auch die grösseren Gefahren bei der Laborierung, wie vorzeitige Detonationen, sind kaum mehr zu befürchten.

    [0019] Besonders vorteilhaft ist es im Zusammenhang mit dem erfindungsgemässen Verfahren, wenn die Präzisionssprengladung gemäss Anspruch 6 isostatisch gemäss CH-PS 673 704 gepresst wird, da dies einen sehr homogenen, texturfreien, form- und massgenauen Sprengladungskörper ergibt.

    [0020] Um eine genügend homogene Temperaturverteilung in der Sprengladung zu erreichen, soll sie nach Anspruch 7 samt ihrer Schutzhülle während 2 Stunden abgekühlt werden.

    [0021] Ein weiterer Vorteil ergibt sich, wenn die Sprengladung, gemäss Anspruch 8, mit einer Schutzhülle umhüllt ist, so dass sich kein Reif auf der Ladung während des Abkühlens bildet. Dadurch lassen sich auch die Probleme vermeiden, die sonst bei der Laborierung zu unerwünschten Wassereinschlüssen führen. Die Schutzhülle besteht dabei mit Vorteil aus einer bei tiefen Temperaturen nicht versprödenden Kunststoffolie.

    [0022] Durch Fressen, insbesondere isostatisches Pressen, erhält die Sprengladung eine genügend grosse Festigkeit, so dass sie spanabhebend bearbeitet werden kann; Anspruch 9.

    [0023] Bei einem Hohlladungsgeschoss, gemäss Anspruch 10, lassen sich besonders gut Munitionskörper mit einer Hülle aus Leichtmetall oder aus glasfaser- oder kohlenstoffaserverstärkten Kunststoffen herstellen.

    [0024] Solche Geschosse besitzen meistens eine sehr dünne Wandung, praktisch mit einer Dicke von 1,0 mm bis 2,0 mm, und dank dem beschriebenen Verfahren bieten sie keine Probleme bei ihrer Laborierung.

    [0025] Als Sprengstoffe für die Präzisionssprengladung eines Hohlladungsgeschosses haben sich gemäss Anspruch 11 besonders Nitropenta, Hexogen (RDX) mit oder ohne Trinitrotoluol, oder Oktogen (HMX), mit einem phlegmatisierenden Zusatz wie Wachs oder Methylmetacrylat, bewährt.

    [0026] Das Verfahren kann, gemäss Anspruch 12, zur Herstellung von dünnwandigen Munitionskörpern für die Fliegerabwehr und für Raketengeschosse verwendet werden.

    [0027] Weitere Vorteile ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung. Dort wird die Erfindung anhand verschiedener in den beigefügten Zeichnungen dargestellter Beispiele näher erläutert.

    [0028] Es zeigen:
    Fig. 1 a-i
    die einzelnen, grundsätzlichen Verfahrensschritte zur Herstellung eines Munitionskörpers,
    Fig. 2
    einen Längsschnitt durch ein erstes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäss hergestelltes Hohlladungsgeschoss (einstückiger Sprengkörper) und
    Fig. 3
    einen Längsschnitt durch ein zweites Ausführungsbeispiel (zusammengesetzter Sprengkörper).


    [0029] Der pulverförmige Sprengstoff 1 wird in eine elastische Pressform 2 eingefüllt, Fig. 1a. Dann wird das Ganze in einen Autoklav 4 gestellt, Fig. 1b und bei einem Druck von beispielsweise 300 MPa isostatisch zur Präzisionssprengladung 3 gepresst, vgl. Fig. 1c. Die Einzelheiten des isostatischen Pressverfahrens sind aus der CH-PS 673 704 entnehmbar. Die gepresste Sprengladung 3 kann nötigenfalls spanabhebend bearbeitet werden, so dass eine Endform mit sehr engen Toleranzen erhalten wird, Fig. 1d.

    [0030] Die Präzisionsprengladung 3 wird in eine Kühltruhe 6 gelegt und auf -50°C bis -100°C, vorzugsweise -90°C, abgekühlt, vgl. Fig. 1e. Um zu verhindern, dass die Sprengladung 3 spröde wird und/oder Risse aufweist, soll die Temperatur nicht tiefer als -100°C liegen. Allfällige Risse in der Sprengladung 3 vermindern die endballistische Leistung der hergestellten Munitionskörper, die in einem Temperaturbereich von -35°C bis +63°C einsetzbar sein müssen. Zum Abkühlen wird die Sprengladung 3 mit einer Schutzhülle 5 lose umhüllt und die Naht der Schutzhülle 5 versiegelt. Als Schutzhülle 5 haben sich besonders bei tiefen Temperaturen nicht versprödende Kunststoffolien bewährt.

    [0031] Die Verweilzeit in der Kühltruhe 6 soll erfindungsgemäss mindestens 2 Stunden betragen und ist von der Ladungsgrösse abhängig. Als Kühltruhe 6 kann jedoch auch eine Durchlaufkältemaschine verwendet werden, wobei die Präzisionssprengladung 3 langsam auf einem Förderband durch den Tunnel der Maschine bewegt wird, d.h. während mindestens 2 Stunden. Gleichzeitig wird die metallische Hülle 7 in einem Ofen 8 auf eine Temperatur von +50°C bis +80°C, vorzugsweise +60°C, erwärmt, Fig. 1f.

    [0032] Sodann wird die Schutzhülle 5 von der Sprengladung 3 entfernt und sofort die kalte Präzisionssprengladung 3 und die warme Geschosshülle 7 spannungsfrei laboriert, d.h. zusammengesetzt ohne Verwendung irgendwelcher zusätzlicher Komponenten und ohne Druckeinwirkung von aussen, vgl. Fig. 1g. Das aus der Sprengladung 3 und der Hülle 7 bestehende Gebilde wird auf eine Zwischentemperatur gebracht, dabei entsteht ein Luftspaltloser Presssitz zwischen Sprengladung 3 und metallischer Geschosshülle 7, der im vorgeschriebenen Arbeitstemperaturbereich von -35°C bis +63°C problemlos beibehalten bleibt. Diese Zwischentemperatur ist abhängig vom verwendeten Sprengstoff und vom Hüllenwerkstoff und liegt in der Regel zwischen -35°C und -15°C. Bei Verwendung des mit Methylmethacrylat phlegmatisierten Oktogen als Sprengstoff und des Perunals als Hüllenwerkstoff beträgt diese Zwischentemperatur -31°C.

    [0033] Dann wird die auf -50°C bis -100°C, vorzugsweise -80°C, abgekühlte Auskleidung 9 in die Sprengladung 3 eingesetzt, Fig. 1h und 1i. Diese letzte Operation erfolgt unter leichtem Druck, so dass ein luftspaltloser Sitz zwischen dem Gebilde Sprengladung und Hülle und der Auskleidung entsteht, der bei höheren Temperaturen beibehalten bleibt.

    [0034] Das vorbeschriebene Verfahren zur Herstellung von Munitionskörpern ist besonders geeignet für die Fertigung von Geschossen für die Fliegerabwehr und von Raketengeschossen, da bei diesen besonders brisante Präzisionssprengladungen, wie Nitropenta, Hexogen mit oder ohne Tinitrotoluol, oder Oktogen, verwendet werden.

    [0035] Bei solchen Geschossen werden vorallem Leichtmetallblech, wie Aluminium, oder auch glasfaser- oder kohlenstoffaserverstärkte Kunststoffe verwendet. Die Wandung der metallischen Hülle 7 beträgt dabei zwischen 1,0 und 2,0 mm, vorzugsweise etwa 1,5 mm.

    [0036] Die beiden praktisch realisierten Ausführungsbeispiele, Fig. 2 und 3, unterscheiden sich voneinander durch die in Fig. 3 vorhandenen zusätzlichen Elemente, eine Übertragungsladung und eine Barriere, wie weiter unten noch ausführlich erläutert wird.

    [0037] Gemäss Fig. 2 weist das erfindungsgemäss hergestellte Hohlladungsgeschoss 10 ein Gehäuse oder eine metallische Hülle 11 auf, in der sich ein Sprengkörper oder eine Präzisionssprengladung 12 befindet. Diese Präzisionssprengladung 12 ist innen mit einer Einlage 13 versehen. Das Gehäuse oder die metallische Hülle 11 weist an ihrem einen Ende ein Innengewinde 14 auf, in das ein Gewindering 15 eingeschraubt ist.

    [0038] Gemäss Fig. 3 weist das erfindungsgemäss hergestellte Hohlladungsgeschoss 10 zusätzlich zu den erwähnten Elementen, insbesondere der Hülle 11, der Präzisionssprengladung 12, der Einlage 13, dem Gewindering 15, noch eine Übertragungsladung 16 und eine Barriere 17 auf. Vorzugsweise bilden die Präzisionssprengladung 12, die Barriere 17 und die Übertragunsladung 16 einen einzigen Körper, der als ganzes in die Hülle 11 eingesetzt wird.

    [0039] Das erfindungsgemässe Verfahren besteht nun darin:

    a) die Präzisionssprengladung 12 abzukühlen

    b) die Hülle 11 zu erwärmen

    c) die abgekühlte Präzisionssprengladung 12 in die erwärmte Hülle 11 einzuführen

    d) die von der Hülle 11 ummantelte Präzisionssprengladung 12 auf Zwischentemperatur zu erwärmen

    e) die Einlage 13 abzukühlen

    f) die abgekühlte Einlage 13 in die Präzisionssprengladung 12 hineinzupassen

    g) das entstandene Gebilde mittels Gewindering anzupressen

    h) die derart zusammengeführten Teile auf irgendeine Umgebungstemperatur innerhalb des Einsatzbereiches zu bringen.



    [0040] Die genannten Elemente, insbesondere die Präzisionssprengladung 12, die metallische Hülle 11 und die Einlage oder Auskleidung 13 werden derart zusammengebaut, dass keine Risse in der Sprengladung 12 entstehen und dass einerseits zwischen der Präzisionssprengladung 12 und der metallischen Hülle 11 und andererseits zwischen der Präzisionssprengladung 12 und der Einlage 13 keine Zwischenräume oder Spalten entstehen.

    Berechnungsbeispiel


    1. Rechenansatz



    [0041] Die zusammengebauten metallischen Teile der Hohlladung weisen Abmessungen und Toleranzen auf, die für eine Temperatur von 20°C (Raumtemperatur) gültig sind.

    [0042] Die Bindungen zwischen dem Sprengkörper und den metallischen Teilen erlauben nur die Übertragung von Druckspannungen, nicht von Zug- und/oder Schubspannungen.

    [0043] Bei der Trennfläche zwischen Einlage 13 und Gewindering 15 wird eine feste Bindung angenommen.

    [0044] Bei der Trennfläche zwischen Einlage 13 und metallischer Hülle 11 wird in der axialen Richtung Bindungsfreiheit und radial Zugspannungsfreiheit angenommen.

    2. Simulation der thermoelastischen Vorgänge


    2.1 Bestimmung der erforderlichen Sprengstoffmenge



    [0045] Das im Rechenansatz definierte Modell wird auf die Temperatur abgekühlt, bei welcher die Wärmedehnungszahlen des Sprengstoffes und der metallischen Hülle gleich sind (bei ca. -30°C).

    [0046] Die dabei entstandenen Zwischenräume zwischen Sprengkörper 3 und metallischer Hülle 7, bzw. Auskleidung 9 werden mit Sprengstoff derart aufgefüllt, dass bei der Zwischentemperatur von ca. -30°C eine druckfreie Berührung vorliegt.

    [0047] Das bei ca. -30°C korrigierte Modell wird auf die minimale Einsatztemperatur (-35°C) weiter abgekühlt. Allfällige entstandene Zwischenräume werden ebenfalls mit Sprengstoff aufgefüllt.

    [0048] Die so definierte Hohlladung wird auf 20°C (Raumtemperatur) aufgewärmt.

    2.2 Bestimmung des mechanisch zu bearbeitenden Umrisses der Sprengladung



    [0049] Der praktische Umriss der Sprengladung 3 wird aus der obigen Simulation ermittelt, indem die metallischen Teile der Hohlladung wie Hülle 7 und Auskleidung 9 entfernt werden.

    [0050] Dabei sollen die Fertigungstoleranzen bei 20°C sowohl der Sprengladung als auch der metallischen Teile berücksichtigt werden, was zu einem geringen Übermass des mechanisch zu bearbeitenden Sprengkörpers führt.

    2.3 Bestimmung der Druckspannungen im Sprengkörper und in der metallischen Hülle



    [0051] Die Spannungsverteilung, insbesondere die Verteilung der Drücke auf Sprengkörper und Hülle, werden bei der maximalen Einsatztemperatur (+63°C) ermittelt. Dabei werden die Massabweichungen gleich Null gesetzt und die entstandenen Spannungen, bzw. Drücke nach VON MISES errechnet.

    [0052] Dabei ist zu bemerken, dass sich die gepresste Sprengladung nicht plastisch verformt, wenn die Spannungen bzw. die Drücke im Sprengstoff den Pressdruck nicht übersteigen.

    3. Numerisches Beispiel



    [0053] Die numerische Berechnung einer Hohlladung von Kaliber 120 mm wurde mit dem Finite-Elemente-Programm ABAQUS (Handelsprogramm durch die Firma HIBIT, KARLSSON & SORENSON, Inc., Providence, Rhode Island, USA vertrieben) durchgeführt.

    [0054] Dabei wurden folgende thermoelastische Kennwerte verwendet
    • für den Sprengstoff, Oktogen mit Methylmethacrylat phlegmatisiert:
      Der Elektrizitätsmodul Es = 1'200 N/mm², im relevanten Temperaturbereich konstant.
      Die POISSON-Zahl = 0,1
      Die Wärmedehnungszahl αs, Funktion der Temperatur, durch ein Polynom dritten Grades dargestellt





    • für eine Leichtmetallhülle aus der ASTM 7'075-Legierung:
      Der Elastizitätsmodul Eh = 70'000 N/mm², im relevanten Temperaturbereich konstant.
      Die POISSON-Zahl = 0,3
      Die Wärmedehnungszahl αh = 2,36x10⁻⁵ 1/oK, im relevanten Temperaturbereich konstant.
    • Für die Auskleidung aus reinem Elektrolytkupfer:
      Der Elastizitätsmodul ECu = 125'000 N/mm², im relevanten Temperaturbereich konstant.
      Die POISSON-Zahl = 0,3
      Die Wärmedehnungszahl αCu = 1,9x10⁻⁵ 1/oK, im relevanten Temperaturbereich konstant.
      Die Berechnung ergab eine maximale Massabweichung von 0,12 mm bei der Auskleidungsbasis. Hier betragen die Dicke der Sprengladung 2 mm (radial gemessen) und diejenige der metallischen Hülle 1 mm.
      Die höchste auftretende, dreidimensionale Druckspannung in der Sprengladung liegt aber bei der Auskleidungsspitze und beträgt





      nach VON MISES berechnet. Dieser Wert liegt unterhalb des Druckes, bei welchen die Sprengladung verdichtet wurde (ca. 200 N/mm²).
      Die maximale Beanspruchung der Hülle entsteht beim Temperaturmaximum von 63°C, eine entsprechende dreidimensionale Spannung beträgt





      und liegt noch im elastischen Bereich der Aluminiumlegierung.


    [0055] Anhand dieses Berechnungsbeispiels wird gezeigt, dass die beiden eingangs gestellten Aufgaben, nämlich:

    a) ein riss- und spaltfreies Zusammenbauen einer Präzisionssprengladung mit einer äusseren, dünnwandigen Hülle und einer inneren Hohlladungsauskleidung und

    b) bei Einsatztemperaturen der Munition von -35°C bis +63°C einen luftspaltlosen Sitz zwischen Sprengladung und Geschosshülle

    zu gewährleisten, absolut exakt gelöst werden können. Somit zeigt das Berechnungsbeispiel, dass sowohl bei sehr tiefen als auch bei sehr hohen Temperaturen keine Risse oder Spalten im erfindungsgemäss hergestellten Hohlladungsgeschoss auftreten werden und somit auch die geforderte Qualität des Geschosses gewährleistet ist.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Zusammenbau eines Hohlladungsgeschosses enthaltend eine Präzisionssprengladung, eine metallische Hülle und eine Einlage, wobei zumindest die Präzisionssprengladung abgekühlt und in die metallische Hülle unter Ausnutzung der Wärmedehnung der genannten Teile eingebracht wird, dadurch gekennzeichnet, dass zuerst

    - die gepresste, form- und massgenaue Präzisionssprengladung (12) abgekühlt, die metallische Hülle (11) erwärmt wird und die Präzisionssprengladung (12) spannungsfrei in die metallische Hülle (11) eingeführt wird,

    - dass anschliessend die ummantelte Präzisionssprengladung (12) erwärmt, die Einlage (13) abgekühlt wird und die Einlage (13) in die ummantelte Präzisionssprengladung (12) kraftschlüssig axial eingepresst und fixiert wird.

    - dass die derart zusammengeführten Teile (11, 12, 13) anschliessend auf irgendeine Umgebungstemperatur gebracht werden (Fig. 2).


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die gepresste, form- und massgenaue Präzisionssprengladung (12) auf eine Temperatur von -50°C bis -100°C abgekühlt wird, und dass die metallische Hülle (11) auf eine Temperatur von +50°C bis +80°C erwärmt wird, dass anschliessend die ummantelte Präzisionssprengladung bis auf -35°C bis -15°C erwärmt wird und die Einlage auf eine Temperatur von -50°C bis -100°C abgekühlt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Wärmedehnungszahl des Sprengstoffes (12) im ganzen oder zumindest im oberen Teil des geforderten Temperaturbereiches die Wärmedehnungszahl der Einlage (13) und der Hülle (11) übersteigt.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Wärmedehnungszahl des Sprengstoffes (12) im ganzen oder zumindest im oberen Teil des geforderten Temperaturbereiches gleich ist, wie die Wärmedehnungszahl der Auskleidung (13) und der Hülle (11).
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Präzisionssprengladung (12) spannungsfrei in die Hülle (11) eingeführt wird.
     
    6. Verfahren zum Anbringen von einer Präzisionssprengladung in einer metallischen Hülle nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Präzionssprengladung (12) gepresst und/oder isostatisch gepresst wird.
     
    7. Verfahren zum Anbringen von einer Präzisionssprengladung in einer metallischen Hülle nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Präzisionssprengladung (12) während mindestens 2 Stunden abgekühlt wird.
     
    8. Verfahren zum Anbringen von einer Präzisionssprengladung in einer metallischen Hülle nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Präzisionssprengladung (12, 3) während des Abkühlens mit einer Schutzhülle (5) umhüllt wird.
     
    9. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Formen und Abmessungen der Präzisionssprengladung (12) zumindest teilweise spanabhebend erzielt werden.
     
    10. Hohlladungsgeschoss hergestellt nach dem Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülle (7, 11) des dünnwandigen Munitionskörpers aus einem Leichtmetall, wie Aluminium- oder Magnesiumlegierung, oder aus einem glasfaser- oder kohlenstoffaserverstärkten Kunststoff besteht.
     
    11. Hohlladungsgeschoss hergestellt nach dem Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Präzisionssprengladung (3, 12) der dünnwandigen Munitionskörper aus Nitropenta, Hexogen mit oder ohne Trinitrotoluol, oder Oktogen mit einem phlegmatisierenden Zusatz, wie Wachs oder Kunststoff wie Methylmetacrylat, besteht.
     
    12. Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 zur Herstellung von dünnwandigen Munitionskörpern für die Fliegerabwehr und für Raketengeschosse.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht