Online-Nachricht - Dienstag, 18.06.2013

Umsatzsteuer | Unternehmereigenschaft bei Tätigkeit neben der Haupttätigkeit (EuGH)

Eine natürliche Person, die bereits für ihre Haupttätigkeit der Umsatzsteuer unterliegt, ist auch für jede weitere, (nur) gelegentlich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit als Steuerpflichtiger (Unternehmer) anzusehen, sofern diese Tätigkeit eine Tätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der MwStSystRL darstellt (; Kostov).

Hintergrund: Als Steuerpflichtiger gilt nach Art. 9 Abs. 1 der MwStSystRL, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt. Als „wirtschaftliche Tätigkeit“ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen. Nach Art. 12 der MwStSystRL können die Mitgliedstaaten darüber hinaus auch Personen als Steuerpflichtige betrachten, die (nur) „gelegentlich“ eine der in Art. 9 genannten Tätigkeiten ausüben.
Sachverhalt: Bei dem bulgarischen Verfahren geht es um die Unternehmereigenschaft eines privaten Gerichtsvollziehers, soweit er weitere Leistungen erbringt, die nicht in den Tätigkeitsbereich eines Gerichtsvollziehers fallen. 2008 verpflichtete sich der Kläger, als Beauftragter, im Rahmen von drei Verfahren zur Immobilienversteigerung Angebote abzugeben. Für den Fall, dass er den Zuschlag erhalten sollte, verpflichtete er sich, das Eigentum an diesen Immobilien zu übertragen. Die Auftraggeberin verpflichtete sich im Gegenzug, die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen, das Eigentum zu erwerben, und eine Vergütung zu zahlen. Das vorlegende Gericht wollte u.a. wissen, ob eine Person, die für ihre Tätigkeit als selbständiger Gerichtsvollzieher mehrwertsteuerpflichtig ist, für jede weitere, gelegentlich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit als „Steuerpflichtiger“ anzusehen ist.
Hierzu führte der EuGH weiter aus:

  • Zwar kann sich im Umkehrschluss aus Art. 12 Abs. 1 der MwStSystRL ergeben, dass eine Person, die nur gelegentlich einen in der Regel von einem Erzeuger, Händler oder Dienstleistenden getätigten Umsatz bewirkt, grds. nicht als „Steuerpflichtiger“ im Sinne dieser Richtlinie anzusehen ist, doch folgt aus dieser Bestimmung nicht zwangsläufig, dass ein in einem bestimmten Tätigkeitsbereich agierender Steuerpflichtiger, der gelegentlich einen Umsatz in einem anderen Tätigkeitsbereich bewirkt, für diesen Umsatz keine Mehrwertsteuer zu zahlen hat.

  • Art. 12 Abs. 1 der MwStSystRL ist vielmehr dahin auszulegen, dass er sich nur auf Personen bezieht, die nicht bereits für ihre wirtschaftliche Haupttätigkeit mehrwertsteuerpflichtig sind.

  • Art. 9 Abs. 1 der MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass eine natürliche Person, die bereits für ihre Tätigkeit als selbständiger Gerichtsvollzieher mehrwertsteuerpflichtig ist, für jede weitere, gelegentlich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit als „Steuerpflichtiger“ anzusehen ist, sofern diese Tätigkeit eine Tätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der MwStSystRL darstellt.

Quelle: EuGH online
Hinweis: Den Text der o.g. Entscheidung finden Sie auf den Internetseiten des EuGH. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.
 

Fundstelle(n):
NWB IAAAF-09842