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Deutschland überholt Japan als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt – doch das zeigt den Abstieg der beiden alternden Länder

Renovierungsbedarf: Deutschland überholt Japan als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Die Gründe sprechen aber für den Abstieg beider Länder.  - Copyright: PICTURE ALLIANCE
Renovierungsbedarf: Deutschland überholt Japan als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Die Gründe sprechen aber für den Abstieg beider Länder. - Copyright: PICTURE ALLIANCE

In keinem großen Industrieland entwickelt sich die Konjunktur so schlecht wie hierzulande. Dennoch meldet der Internationale Währungsfonds (IWF), dass Deutschlands Wirtschaft die von Japan überholt. Für die Entwicklung gibt es vor allem zwei Gründe – für Deutschland ist sie zudem eine Warnung.

Die Prognose unterstreiche „die lang anhaltende Schwäche der japanischen Wirtschaft“, schreibt die japanische Tageszeitung Nihon Keizai Shimbun, kurz Nikkei. Und um die Dramatik zu verdeutlichen, blickt sie auf das Jahr 2000 zurück: Damals war Japans Wirtschaft nach den USA die zweitgrößte der Welt und zweieinhalbmal so groß wie die deutsche.

Im Jahr 2010 schob sich China bereits auf Rang 2, in diesem Jahr wird nun die deutsche Wirtschaft jene Japans überholen, wie der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert.

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Weit erstaunter darüber als die Japaner dürften jedoch die Deutschen sein. Denn die deutsche Konjunktur läuft ausgesprochen schlecht, von Krise ist seit Langem die Rede, Klagen kommen aus fast allen Branchen. Der Konsum ist mau, der Export lahmt, und selbst die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent.

Noch erstaunlicher wird die Aussicht, dass Deutschland zur drittgrößten Wirtschaftsnation aufsteigen wird, wenn man die anderen Details der IWF-Prognose betrachtet. Denn auch diese sagt für das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr ein Minus von 0,5 Prozent voraus, für Japan dagegen ein Plus von zwei Prozent.

Deutschland überholt Japan. Das sind die Gründe

Wie passt das alles zusammen? Dafür gibt es zwei wesentliche Erklärungen, und im Wesentlichen handelt es sich vor allem um einen statistischen Effekt. Aber eben auch nicht ganz. Vielmehr kann die Entwicklung auch als Warnung für Deutschland verstanden werden.

Zum einen wird die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts stets inflationsbereinigt dargestellt, die Teuerung wird also herausgerechnet. Die Wirtschaftskraft wird aber nominell dargestellt, als absolute Zahl, die natürlich durch die Inflation erhöht wird.

So kommt es, dass Deutschlands BIP in diesem Jahr nach Abzug der Inflation zwar schrumpft, in absoluten Zahlen jedoch wächst die Wirtschaftskraft eben durch die Inflation deutlich.

In Japan dagegen wächst die Wirtschaft nach Abzug der Inflation zwar um zwei Prozent, die Teuerungsrate dort ist jedoch erheblich niedriger als in Deutschland. Die Folge: Das Wachstum in absoluten Zahlen ist weit geringer als das deutsche.

Zum anderen trägt auch die Entwicklung der Wechselkurse zum Stabwechsel auf den vorderen Rängen der Wirtschaftsnationen bei. Denn der IWF rechnet dafür das jeweilige nationale BIP in Dollar um.

Der Euro war vor zwölf Monaten weniger als einen Dollar wert, inzwischen steht er wieder bei rund 1,07 Dollar. Das deutsche BIP würde allein dadurch selbst bei Stagnation in US-Dollar gerechnet um sieben Prozent steigen.

Ganz anders dagegen in Japan: Der Yen verliert seit einigen Jahren beständig an Wert, gegenüber dem Dollar in den vergangenen drei Jahren rund ein Drittel, gegenüber dem Euro in ähnlichem Umfang. Dadurch schrumpft das japanische BIP in Dollar gerechnet, selbst wenn es in Yen wächst.

All das führt dazu, dass die nominelle Wirtschaftskraft Japans in diesem Jahr mit 4,23 Billionen Dollar hinter der deutschen liegen wird, die auf 4,42 Billionen Dollar kommt.

Diese statistischen Effekte können einen großen Teil der Verschiebung erklären, aber nicht alles. Tatsächlich steckte Japans Wirtschaft fast drei Jahrzehnte lang in einer Dauerkrise, war gefangen in Deflation und Miniwachstum. Auch in Yen gerechnet ist Japans BIP seit dem Jahr 2000 bis heute gerade mal um rund zehn Prozent gewachsen, das deutsche BIP dagegen um rund 90 Prozent.

Ein wesentlicher Grund für Japans Misere war und ist die demografische Entwicklung. Schon seit 1995 schrumpft dort die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter, in Deutschland begann dieser Prozess erst vor wenigen Jahren und ist bislang noch sehr mäßig.

Allerdings wird sich der Rückgang der Zahl der Erwerbspersonen in den kommenden Jahren hierzulande rasant beschleunigen, wenn die Babyboomer in Rente gehen. Schon bis 2030 dürften fünf Millionen Bundesbürger mehr in Rente gehen, als junge Erwerbstätige hinzukommen. Das japanische Beispiel ist daher auch eine Warnung für Deutschland.

Auf Deutschland kommen künftig mehr Rezessionen zu

Was die Entwicklung konkret für Deutschland bedeutet, haben die Ökonomen Rainer Kotschy und David E. Bloom ausgerechnet. Demnach wird das deutsche Wirtschaftswachstum allein durch die demografische Entwicklung bis 2050 rund 0,9 Prozent pro Jahr geringer ausfallen wird, als es bei gleichbleibender Bevölkerung der Fall wäre. Das klingt wenig, ist aber fatal, wie ein Rückblick zeigt.

Zwischen 2000 und 2020 gab es in Deutschland drei Rezessionsjahre, etwa jedes sechste bis siebte Jahr war also ein Rezessionsjahr. In jener Zeit gab es aber zudem drei Jahre, in denen das Wachstum geringer als 0,9 Prozent war. Künftig würden daraus folglich ebenfalls Rezessionsjahre, sodass dann etwa jedes dritte Jahr ein Rezessionsjahr wäre, wenn die künftigen 20 Jahre ähnlich verlaufen wie die Jahre bis 2020.

Doch in den ersten beiden Dekaden des Jahrhunderts profitierte Deutschland in enormem Maße von der Globalisierung und von der billigen Energie aus Russland. Das ist nun vorbei, die kommenden Jahre dürften daher eher schwieriger werden. Am Ende könnte in Deutschland dann nicht nur jedes dritte, sondern vielleicht jedes zweite Jahr Rezession herrschen, das Wachstum damit praktisch zum Erliegen kommen.

Wenn dann auch noch die Inflation zurückgeht und der Wert des Euro gegenüber dem Dollar fällt, kann es daher schnell wieder vorbei sein mit dem Platz unter den ersten drei in der Rangliste der größten Wirtschaftsnationen. Vielleicht gibt es noch einmal einen Platztausch mit Japan, viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass sich ein anderes Land schon bald vor beide schiebt: Indien.

Dessen Wirtschaftskraft beziffert der IWF für dieses Jahr auf 3,73 Billionen Dollar, also rund 15 Prozent weniger als in Deutschland. Doch angesichts der Wachstumsraten der indischen Wirtschaft wird der Subkontinent mit ziemlicher Sicherheit die beiden alten Industriestaaten schon in absehbarer Zeit überholen.

Der Artikel erschien zuerst in Welt.