Veröffentlicht:
23. April 2024
Aktualisiert:

Ladezustand

Der Ladezustand (State of Charge oder kurz SoC) gibt den Prozentsatz der Energie an, die zu einem gegebenen Zeitpunkt in einer Batterie oder einem Energiespeichersystem gespeichert ist. Der Prozentsatz ergibt sich durch das ins Verhältnissetzen des aktuellen Standes mit der vollen Kapazität des Speichers. Der SoC ist somit eine wichtige Kennzahl für die Bewertung der Energieverfügbarkeit und der allgemeinen Systemleistung eines Speichersystems. Er kann für Batteriespeicher im Netz oder in Privathaushalten, für Elektrofahrzeuge (EVs) und sogar für Heizstäbe verwendet werden.

Ladezustand verschiedener Energieanlagen

Ladezustand für verschiedene Energieanlagen

  • Batterie: Der SoC einer Batterie gibt an, wie viel Energie in dem Gerät gespeichert ist und wie stark es je nach Energieerzeugungspotenzial oder Verbrauchsbedarf am Standort geladen oder entladen werden kann.
  • EV: Der Ladezustand spielt eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der Reichweite und Leistung des Fahrzeugs. Die Fahrer:innen müssen den gewünschten Ladezustand überwachen, um ihre Fahrten effektiv zu planen und zu vermeiden, dass ihnen unterwegs der Strom ausgeht.‍
  • Heizstab: Ein elektrisches Gerät, das zur Erzeugung von Wärme verwendet wird. Typische Anwendung ist beispielsweise die Warmwasserbereitung. Sobald das Wasserreservoir eine ausreichende Temperatur erreicht hat, kann das Heizelement abgeschaltet werden. Bei diesem Use Case zeigt der SoC an, wie viel Strom der Heizstab benötigt, um die gewünschte Temperatur zu erreichen.
Ladezustand der verschiedenen Energieträger

Ladezustand und Energiemanagementsysteme

Der genaue Ladezustand einer Energieanlage ist der erste Schritt zu deren Steuerung. Die Optimierung des Ladezustands jeder Anlage im Einklang mit anderen dezentralen Energieressourcen (DERs) ist jedoch nur mit einem Energiemanagementsystem (EMS) möglich.

Ein EMS integriert zahlreiche Anlagen und berücksichtigt alle ihre Anforderungen, um die Energieflüsse im gesamten System zu optimieren. In einem Haushalt könnte beispielsweise lokal erzeugter Solarstrom zum Laden eines EVs verwendet werden, und sobald dieses den gewünschten Ladezustand erreicht hat, könnte das Heizelement dann mit Strom versorgt werden. Auch überschüssiger Solarstrom könnte zum Aufladen einer Batterie verwendet werden. Durch die strategische Steuerung der Lade- und Entladezyklen ermöglicht ein EMS den Geräten, auf Strompreis- oder Nachfrageschwankungen zu reagieren und dabei stets den lokalen Strombedarf zu decken.

Durch Echtzeitanpassungen wird sichergestellt, dass der EV, die Batterie oder das Heizelement den gewünschten SoC erreicht, ohne das Netz zu belasten oder die Geräteleistung zu beeinträchtigen. Dieser Ansatz maximiert den Anteil des aus lokalen, erneuerbaren Quellen bezogenen Stroms, wodurch der Eigenverbrauch von Solarenergie gesteigert und die Stromkosten minimiert werden. Eine solche Integration verbessert die Effizienz, die Kosteneffizienz und die Stabilität von erneuerbaren Energiesystemen.

Ladezustand vs. Energiezustand vs. Gesundheitszustand

Der SoC sollte nicht mit dem Energiezustand (State of Energy, SoE) oder dem Gesundheitszustand (State of Health, SoH) verwechselt werden. Der SoE stellt die verbleibende Energie der Batterie unter bestimmten Betriebsbedingungen dar, zu denen auch Last- und Temperaturschwankungen gehören können. Im Gegensatz zum SoC, der sich auf den unmittelbaren Ladezustand konzentriert, ist der SoE ein dynamisches und kontextabhängiges Maß für die verfügbare Energie einer Batterie. Er berücksichtigt Echtzeitfaktoren, die sich auf die Energieverfügbarkeit auswirken können, was ihn zu einem wertvollen Parameter für die Gewährleistung einer zuverlässigen Leistung in komplexen, sich verändernden Umgebungen macht. 

Der SoH hingegen bewertet den Gesamtzustand und die Alterung einer Batterie. Er ist definiert als das Verhältnis zwischen der maximalen Ladekapazität einer Batterie und ihrer Nennkapazität im Neuzustand. Der SoHberücksichtigt die langfristige Verschlechterung und den Verschleiß, den Batterien im Laufe der Zeit erfahren.

Durch die Messung des SoH kann man feststellen, wie gut eine Batterie ihre ursprüngliche Kapazität und Leistung im Vergleich zum Neuzustand beibehält. Der SoH-Wert ist entscheidend für die Vorhersage der Batterielebensdauer und die Bestimmung, wann eine Wartung oder ein Austausch erforderlich ist, um die Zuverlässigkeit und Sicherheit von Batteriesystemen zu gewährleisten.

Faktoren, die den SoC beeinflussen 

Der Ladezustand einer Batterie gibt das Maß der gespeicherten elektrischen Energie im Verhältnis zu ihrer vollen Kapazität an; es gibt jedoch zahlreiche Variablen, die den SoC einer Batterie beeinflussen können.

Faktoren, die den Ladezustand beeinflussen

Lade- und Entladestrom

Die Geschwindigkeit, mit der eine Batterie geladen oder entladen wird, beeinflusst ihren SoC. Wenn eine Batterie mit einer höheren Stromstärke geladen wird (Schnellladung), erhöht sich der SoC-Wert schneller, während eine Entladung mit einem höheren Strom den SoC schneller verringert.

Ladespannung

Während der Ladestrom den Fluss der elektrischen Ladung (Ampere) in eine Batterie bezeichnet, ist die Ladespannung das während des Ladens angelegte elektrische Potenzial (Volt). Eine höhere Ladespannung führt ebenfalls zu einem schnelleren Anstieg des SoC, muss aber innerhalb sicherer Grenzen geschehen, um ein Überladen zu verhindern.

Temperatur

Es gibt eine Reihe verschiedener Batterietypen, beispielsweise Lithium-Ionen-, Blei- und Nickel-Cadmium-Batterien, wobei jede Art einzigartige Eigenschaften aufweist, die das jeweilige Ladeverhalten beeinflussen. Die Batteriechemie bestimmt Faktoren wie das Spannungsprofil und die Kapazität.  

Art der Batterie

Es gibt eine Reihe verschiedener Batterietypen, z. B. Lithium-Ionen-, Blei- und Nickel-Cadmium-Batterien, und jede hat einzigartige Eigenschaften, die ihr SoC-Verhalten beeinflussen. Die Batteriechemie bestimmt Faktoren wie das Spannungsprofil und die Kapazität.

Alter und Verschleiß

Mit zunehmendem Alter der Batterien nehmen ihre Kapazität und ihre Fähigkeit, eine Ladung zu halten, ab. Das bedeutet, dass der maximale SoC einer alten Batterie selbst bei gleichen Ladebedingungen wahrscheinlich eine geringere Kapazität hat als eine neue Batterie.

C-Rate

Die C-Rate ist ein Maß für die Lade- oder Entladerate im Verhältnis zur Kapazität der Batterie. Höhere C-Raten (schnelles Laden oder Entladen) können sich auf die Genauigkeit der SoC-Schätzung auswirken, da einige Batterietypen bei hohen C-Raten ein nichtlineares Spannungsverhalten aufweisen können.

Selbstentladung

Batterien können im Laufe der Zeit durch Selbstentladung an Ladung verlieren, auch wenn sie nicht benutzt werden. Dies hängt von der Batteriechemie ab und kann sich auf die SoC auswirken, wenn die Batterie gelagert und über einen längeren Zeitraum nicht benutzt wird.

Entladungstiefe, Überladung und Entladung

Wie tief eine Batterie entladen wird, bevor sie wieder aufgeladen wird, kann sich ebenfalls auf ihren gesamten SoC auswirken. Wiederholte Tiefentladungen können die Gesamtkapazität verringern und das Gesamtverhalten und die Leistung des Akkus verändern. Andererseits kann das Laden eines Akkus über seine maximale Kapazität hinaus den Akku schädigen und seine SoC-Genauigkeit beeinträchtigen.

Nutzer:innenverhalten

Die Art und Weise, wie eine Batterie von Endnutzer:innen verwendet wird, einschließlich der Ladegewohnheiten und Nutzungsmuster wie konstante Tiefentladung, übermäßige Geschwindigkeit und schnelle Beschleunigung, kann sich auf das SoC und den allgemeinen Zustand der Batterie auswirken.

Batterie-Management-Systeme (BMS)

Viele moderne Batterien, insbesondere in EVs und Unterhaltungselektronik (Consumer Electronics), sind mit BMS ausgestattet. Das BMS überwacht und verwaltet den Zustand der Batterie, einschließlich des SoC, indem es verschiedene Faktoren wie Spannung, Strom und Temperatur berücksichtigt. 

Energiemanagementsysteme (EMS)

Die Einbindung eines mathematischen Batteriemodells in ein regelbasiertes Energiemanagementsystem kann die Spannung und den Ladezustand bewerten und so das Laden und Entladen einer Batterie optimieren. Durch die smarte Steuerung des Energieflusses kann ein EMS die Lebensdauer der Batterie verlängern, die Effizienz verbessern und einen stabilen Ladezustand aufrechterhalten, um eine optimale Leistung und Langlebigkeit der Batterie zu gewährleisten, sei es im Haushalt, in der Industrie oder in einem EV.

Kalibrierung und Messgenauigkeit  

Die zur Messung des SoC verwendeten Methoden können sich auf die Genauigkeit auswirken. Batteriemanagementsysteme und Energiemanagementsysteme verwenden Algorithmen und Spannungs-/Strommessungen, um den SoC zu schätzen, und die Kalibrierung ist für die Genauigkeit unerlässlich.

Berechnung des Ladezustands

Die gebräuchlichste Berechnung des Ladungszustands sieht wie folgt aus:

𝑆𝑜𝐶(𝑡) = 𝑄𝑟𝑒𝑚𝑎𝑖𝑛𝑖𝑛𝑔(𝑡) ∗ 100 [%] ( 1 ) 𝑄𝑚𝑎𝑥(𝑡)

Batteriemanagementsysteme sind in hohem Maße auf eine präzise SoC-Berechnung angewiesen, um die Leistung zu optimieren, die Zuverlässigkeit zu erhöhen und die Lebensdauer der Batterie zu verlängern. 

Die Berechnung des Ladezustands einer Batterie, sei es im Zusammenhang mit Energiespeichersystemen oder Elektrofahrzeugen, ist jedoch aufgrund der unterschiedlichen Batterietypen und -anwendungen sowie anderer oben genannter Faktoren eine schwierige, aber entscheidende Aufgabe. In den letzten Jahren wurden umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durchgeführt, die darauf abzielen, die Genauigkeit der SoC-Schätzung zu verbessern. Im Folgenden werden die am häufigsten verwendeten SoC-Berechnungsmethoden vorgestellt.

Berechnungsmethoden

Methoden zur Berechnung des Ladezustands

SoC-Berechnungsmethoden sind entscheidend für die Bestimmung der verfügbaren Kapazität einer Batterie. Diese Methoden verwenden verschiedene Techniken (und können für den Laien sehr technisch sein), um den SoC zu schätzen, von direkten Messungen bis hin zu mathematischen Modellen. Jeder Ansatz bietet einzigartige Vorteile und Einschränkungen und ist für verschiedene Use Cases und Batterietypen geeignet.

Ah-Metrologie

Diese Methode berechnet den Ladezustand durch Messung der Amperestunden (Ah), die einer Batterie hinzugefügt oder entnommen wurden, und ermöglicht so eine Schätzung der verbleibenden Ladung.

Die Leerlaufspannungsmethode (OCV)

Dabei wird die SoC auf der Grundlage der Leerlaufspannung der Batterie geschätzt, wobei eine Beziehung zwischen Spannung und SoC zur Bestimmung der Ladezustände verwendet wird.

Ah-Metrologie-OCV-Kombi-Methode

Diese kombinierte Methode verbessert die Genauigkeit der SoC-Schätzung durch die Integration der Ah-Metrologie und der Leerlaufspannung (OCV) bei gleichzeitiger Korrektur von Variablen wie Lade-/Entladeeffizienz, Alterungsfaktoren, anfänglicher SoC und Batteriekapazität. Die Simulationsergebnisse bestätigen die Wirksamkeit dieses geänderten Modells, indem sie die Schätzfehler reduzieren und seine Machbarkeit und Zuverlässigkeit bestätigen. 

Coulomb-Zählung

Diese Methode verfolgt den Fluss der elektrischen Ladung in und aus einer Batterie, um den SoC durch Integration des Stroms über die Zeit genau zu bestimmen.

Methode des Innenwiderstands

Die SoC wird durch Analyse des Innenwiderstands der Batterie berechnet, der sich mit dem Ladezustand ändert. Ein höherer Innenwiderstand bedeutet einen niedrigeren SoC.  

Kalman-Filter-Methode

Bei dieser Methode wird ein mathematischer Filter, der Kalman-Filter – ein rekursiver mathematischer Algorithmus, der zur Schätzung des Zustands eines dynamischen Systems verwendet wird – eingesetzt, um den SoC auf der Grundlage einer Kombination aus Messungen und Systemdynamik vorherzusagen, was eine robuste und genaue Schätzung ermöglicht.

Ladezustandmanagement

Den Ladezustand einer Batterie richtig zu verwalten ist für eine effiziente und zuverlässige Energiespeicherung von entscheidender Bedeutung, insbesondere für diejenigen, die keine tiefgreifenden Kenntnisse über die verschiedenen SoC-Berechnungsmethoden haben (die sich hauptsächlich hinter den Kulissen abspielen). Die Verwaltung des Ladezustands ist eine der Funktionen eines intelligenten Energiemanagementsystems.

Einstellung des minimalen und maximalen SoC

Den Ladezustand durch ein Energiemanagementsystem zu verwalten ist ebenso von zentraler Bedeutung für intelligente Batteriespeicher und Ladestrategien für Elektrofahrzeuge. Es schützt EV-Batterien, indem es den SoC innerhalb seiner idealen Grenzen hält und so eine effiziente Energienutzung und eine lange Lebensdauer der Batterie fördert. Um sicherzustellen, dass zahlreiche EVs an einem Standort innerhalb ihrer Parkzeit den gewünschten SoC-Wert erreichen, ohne die Netzgrenzen zu überschreiten, ist modernste Technologie erforderlich. Maßnahmen wie dynamisches Lastmanagement und Peak Shaving sind entscheidend.

Ladezustandsmanagement

Intelligente Ladelösungen

Ein Energiemanagementsystem kann das Laden und Entladen von Batterien auf der Grundlage schwankender Strompreise effizient steuern. Durch die Integration von Echtzeit-Preisspieldaten kann das EMS den Batteriebetrieb auf die Möglichkeiten zur Kosteneinsparung abstimmen.

In Schwachlastzeiten, wenn die Strompreise niedrig sind, plant das EMS das Laden der Batterie und optimiert so effizient die anfallenden Kosten. Umgekehrt veranlasst das EMS in Spitzenzeiten mit höheren Preisen das Entladen der Batterien, was die Abhängigkeit vom Stromnetz verringert und Stromkosten einspart. 

In ähnlicher Weise spielt ein EMS eine zentrale Rolle bei der Ermöglichung des bidirektionalen Ladens, das einen EV in eine flexible Anlage verwandelt. Durch eine intelligente Verwaltung des Ladezustands eines E-Autos, genauer gesagt durch ein Home-Energy-Management-System (HEMS), wird sichergestellt, dass die Batterie in Zeiten mit geringer Stromnachfrage optimal geladen wird. Die überschüssige Energie kann entladen und ins Netz zurückgespeist oder für den Betrieb von Haushaltsgeräten verwendet werden. Damit wir ein EV zu einem mobilen Energiespeicher, der die Optimierung der Autarkie weiter vorantreibt.

Die Fähigkeit des EMS, den Ladezustand, die Netzbedingungen und individuelle Nutzerpräferenzen in Einklang zu bringen, maximiert den Wert des E-Autos als vielseitige Anlage, die die Netzstabilität und Kosteneinsparungen unterstützt.

Erweiterung der virtuellen Kapazität

virtuelle Erweiterung

Photovoltaik(PV)-Anlagen sind ein hervorragendes Beispiel dafür, wie virtuelle Kapazität in ein Energieökosystem hinter dem Zähler eingeführt werden kann. PV-Anlagen tragen zur Kapazitätssteigerung bei, ohne den Netzkapazitätspunkt zu erweitern. Und ein EMS verwaltet den Ladezustand von Energiespeichersystemen und E-Autos.

Das EMS stellt sicher, dass überschüssige Energie, die von PV-Anlagen erzeugt wird, effizient in Batterien gespeichert wird; gleichzeitig synchronisiert es den Ladezustand von EVs mit der lokalen Solarenergieproduktion. Auf diese Weise maximiert ein EMS die Nutzung erneuerbarer Energien während der Spitzenerzeugungszeiten und stellt sicher, dass die EVs dann geladen werden, wenn die Sonne scheint. Dadurch minimiert sich die Netzabhängigkeit und die virtuelle Kapazität der Haushalte wird optimal genutzt.