Diese deutschen Unternehmen partizipieren am Agrarmarkt

Diese deutschen Unternehmen partizipieren am Agrarmarkt

Der Krieg in der Ukraine führt zu Ernteausfällen und es gibt bereits eine Vielzahl von Berichten, die vor einer anstehenden Hungersnot warnen. Im aktuellen Börsenausblick unseres Heibel-Tickers habe ich mir alle 160 Unternehmen der DAX-Familie dahingehend angeschaut, ob sie bei der Lösung einer Hungersnot helfen können, oder aber Beeinträchtigungen erleiden dürften. Es ist eine erste Übersicht, mit der ich uns auf die zu befürchtenden Meldungen der kommenden Monate vorbereiten möchte. Je nach Entwicklungen werde ich dann künftig einzelne Unternehmen näher beleuchten.


Wenn es ein Unternehmen gibt, das verlässlich schlechte Quartalsmitteilungen ausgibt, dann ist das Deere, der US-Hersteller von Landwirtschaftsmaschinen. Man sprach über Lieferengpässe, gestiegene Kosten und negative Währungseffekte. Die Aktie gab gestern zwischenzeitlich um 2,5% nach.

Doch wenn man das Ergebnis mit den Ankündigungen des Unternehmens von vor einigen Monaten vergleicht, dann zeigt sich schnell, dass Deere ein Profiteur der aktuellen Entwicklungen ist: Die Ukraine ist mit 13% Weltmarktanteil der größte Getreideexporteur der Erde. Es ist schwer, im Krieg die Produktion aufrecht zu erhalten. Russland und Indien haben bereits angekündigt, kein Getreide mehr zu exportieren, da man zunächst im Falle einer Hungersnot die eigene Bevölkerung versorgen möchte. Es braut sich eine Hungersnot zusammen, die vermutlich einmal mehr die ärmsten Länder besonders schwer treffen wird.

Neben John Deere ist auch Deutz eng mit der Landwirtschaft verbunden. Die Aktie ist stark zurückgekommen, weil die Absatzmärkte Ukraine und Russland wegfallen. Doch perspektivisch dürften beide Unternehmen mMn davon profitieren, dass höhere Lebensmittelpreise den Bauern die Möglichkeit gibt, neue Maschinen zu kaufen.

Ich habe mir die 160 Unternehmen der DAX-Familien dahingehend angeschaut, wer denn Lösungen für die von vielen im Herbst erwartete prekäre Versorgungssituation anbietet, und wer darunter leiden dürfte. Es sind überraschend viele Unternehmen, die mittelbar an der Nahrungsmittelindustrie hängen.

Es handelt sich um einen ersten Wurf, mit dem ich uns einen Überblick verschaffen möchte. In den kommenden Monaten werden meiner Erwartung zufolge vermutlich irgendwann überraschende Probleme auftauchen. Ich möchte, dass wir auf solche Probleme vorbereitet sind und werde die im Folgenden genannten Unternehmen dann je nach Ereignis eingehender anschauen.

Negative Auswirkung einer Lebensmittelknappheit

Covestro bietet Isolierschaumstoffe an, mit deren Hilfe die Kühlkette von der Ernte bis zum Verbraucher aufrechterhalten werden kann. Zudem werden Kühlschränke mit Isolierstoffen von Covestro effizienter. Ich gehe davon aus, dass lokale Nahrungsmittel an Bedeutung gewinnen werden, daher werden künftig weniger Isolierstoffe für den Transport benötigt. Grundsätzlich ist dieser Geschäftsbereich für Covestro jedoch zu klein, um eine nennenswerte Auswirkung auf den Gewinn zu haben.

Symrise liefert Geschmacksstoffe für Nahrungsmittel und Getränke. Wenn es weniger Nahrungsmittel gibt, fällt auch die Nachfrage nach Symrise-Geschmacksstoffen. Immerhin macht dieser Teil des Geschäfts 61% des Umsatzes bei Symrise aus. Die Aktie ist ziemlich hoch bewertet (KGV 2022e von 35), ist in meinen Augen daher akut gefährdet.

Evonik Industries liefert Wasserstoffperoxid, mit dem Verpackungen von Lebensmittel keimfrei gemacht werden. Aber hier ist der Anteil am Konzerngeschäft vernachlässigbar.

Fuchs Petrolub betont, dass ihre Schmierstoffe bei der Nahrungsmittelproduktion für die verwendeten Maschinen höchste Anforderungen erfüllen. Hmm, das ist ebenfalls nur ein sehr kleiner Anwendungsbereich für das Unternehmen.

Lanxess liefert ebenfalls Produkte für die Lebensmittelproduktion. So wird ein Harz angeboten, das bei der Zuckerverarbeitung dafür sorgt, Farbe und Zusammensetzung zu steuern. Aber auch für Lanxess dürfte der Anteil am Geschäft vergleichsweise gering sein.

Wacker Chemie bietet eine Vielzahl von Produkten an: Aromen, Milchpulver und Backpulverkomponenten, die durch chemische Prozesse hergestellt werden. Gerresheimer liefert Glasverpackungen. Rational stattet Großküchen aus, Metro dürfte Probleme bekommen, die Regale zu füllen.

Verbio ist in meinen Augen gefährdet: Zwar bietet das Unternehmen Ethanol aus organischen Reststoffen an, könnte sich somit der Diskussion “Tank oder Teller” entziehen. Doch den Löwenanteil des Umsatzes generiert Verbio noch immer mit Ethanol, das aus Nahrungsmitteln produziert wird. Auch Südzucker wird davon negativ betroffen sein, denn derzeit liefert Drop Energie mit dem Verkauf von Ethanol, das mit Zucker produziert wird, einen großen Teil des Konzerngewinns.

Krones bietet Abfüllanlagen für Getränkeproduzenten an. Ich kann mir schwer vorstellen, dass dieser Bereich negativ beeinflusst wird, doch die Verbindung zur Branche ist gegeben.

Diese Unternehmen können helfen

Allen voran ist hier Bayer zu nennen: der Konzern hat nun jahrelang mit der Übernahme von Monsanto zu kämpfen gehabt. Doch Monsanto bietet Saatgut an, die auf gegebener Fläche mehr Ertrag versprechen und somit einen großen Anteil bei der Bekämpfung einer Hungersnot haben könnten.

BASF arbeitet vorwiegend an Tierfutter und forscht nach Enzymen, die es den Tieren besser ermöglichen, die Nahrung aufzunehmen. Ziel ist die Reduktion des Getreideeinsatzes bei der Tierfütterung, um das gleiche Ziel zu erreichen.

K+S bietet Kalium, Magnesium und Natriumprodukte an, die in der Lebensmittelindustrie zum Würzen oder Konservieren verwendet werden. Weniger Volumen würde auch bei K+S zu einem Rückgang der Nachfrage nach den entsprechenden Produkten führen. Allerdings würde dies zu einem verstärkten Einsatz des Kali-Düngers führen, um eine bessere Ernte zu ermöglichen.

HelloFresh packt überwiegend lokale Produkte in die Kochboxen. Preiserhöhungen der internationalen Märkte würden sich in den Lebensmittelketten niederschlagen und könnten es HelloFresh erleichtern, ebenfalls Preiserhöhungen durchzusetzen.

Delivery Hero könnte von Verbrauchern genutzt werden, die bestimmte Lebensmittel verlässlich zu Hause haben möchten und die schlechte Erfahrung leerer Regale umgehen wollen. Die Aktie ist jedoch nichts für meinen Geschmack, da das Unternehmen noch immer Verluste schreibt.

Die BayWa ist eng vernetzt mit den bayerischen Landwirten und ist aktiv am Düngemittelmarkt und bietet eine Vielzahl von Tierfutter an. Der Gewinn im Agrarbereich hat sich zuletzt vervierfacht. Die Aktie ist seit Februar bereits um 33% angesprungen.

KWS Saat liefert Saatgut und dürfte steigende Preise der Nahrungsmittelindustrie auch mit steigenden Preisen für das Saatgut beantworten. Allerdings hat KWS Saat 10% Umsatzanteil in Russland und der Ukraine.

Soweit ein erster Überblick

Ich werde in den kommenden Wochen und Monaten einzelne Titel näher beleuchten. Die oberen Titel jedoch, die vermutlich negativ von den Entwicklungen betroffen werden, sollten wir in den kommenden Monaten meiden.

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Eins noch, ich traue es mich fast nicht zu sagen: Die letzte globale Hungersnot im Jahr 2010 führte zu Aufständen in vielen Ländern bis hin zum arabischen Frühling. Rheinmetall, die schon am Ukraine-Krieg profitieren, würden im Falle globaler Unruhen nochmals einen Nachfrageschub nach ihren Panzern erleben.

Rallye dürfte sich fortsetzen

Sie können es auch in unserer letzten Sentimentanalyse lesen: Ich gehe davon aus, dass sich die Rallye fortsetzen wird. Entsprechend habe ich es mit Verkäufen aus unserem Portfolio aktuell gar nicht so eilig. Es gibt aber eine Reihe von Kandidaten, die ich gerne kaufen möchte. Doch dazu sollte es eine nennenswerte Verschnaufpause geben. Wir bleiben also am Ball. Mein Ziel ist es, unser Portfolio bis zu den Sommerferien dahingehend zu überarbeiten, dass wir den Sommer über ein wenig ruhiger auf die Märkte schauen können.

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