Fünf persönliche Erkenntnisse, wie Unternehmen und Start-ups erfolgreich zusammenarbeiten können

Fünf persönliche Erkenntnisse, wie Unternehmen und Start-ups erfolgreich zusammenarbeiten können

Ein Corporate auf der einen, ein Start-up auf der anderen Seite: Das kann ein Kultur-Clash sein. Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn schon unterschiedliche Perspektiven bei der Zusammenarbeit von jungen und etablierten Unternehmen eingenommen – ich weiß um Erwartungshaltungen und Reglementierungen auf beiden Seiten. Etwa die Bedeutung von Zeit: Dass etwa die Zusage einer „schnellen Entscheidung“ für ein Start-up eher wenige Tage dauert, für ein Corporate durchaus einen Zeitraum von wenigen Wochen meinen kann. 

Umso wichtiger ist, sich im Vorfeld in die Perspektive des Gegenübers hineinzuversetzen und zu wissen, was das Ziel und die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit sein sollen. Ganz besonders aber muss die Umsetzung so gewählt sein, dass sie für beide Seiten fair, attraktiv und realistisch umsetzbar ist. Nur eine Implementierung auf Augenhöhe wird die Beziehung zwischen Start-up und Corporate langfristig mit Erfolg krönen.

Aus meiner bisherigen Arbeit habe ich vor allem fünf Erkenntnisse dazu mitgenommen, auf was es für eine gute und produktive Zusammenarbeit zwischen Corporate und Start-up ankommt:

1. Realistische Erwartungen und KPIs

Wer Start-ups und ihre Potenziale ansieht, sollte natürlich groß denken. Skaleneffekte, der berühmte Hockey-Stick des exponentiellen Wachstums – alles in Ordnung. Aber in der operativen Zusammenarbeit sollte auf beiden Seiten eine gesunde Portion Realismus vorherrschen. Das bedeutet, dass die KPIs immer auch auf Vergleichswerten fußen und nicht aus der Luft gegriffen sein sollten. 

2. Rückhalt des Top-Managements

Wer in größeren Unternehmensstrukturen arbeitet, weiß, wie wichtig Unternehmenspolitik ist. Wenn ein Start-up zum Spielball zwischen Abteilungen und Führungskräften wird, schadet das beiden Seiten. Es sollte also den Rückhalt des gesamten Top-Managements haben, um wirklich produktiv – und somit mittelfristig auch zum Vorteil des Corporates – agieren zu können. 

3. Skillset des Corporate Teams

Die Zusammensetzung des Corporate Teams, das mit dem Start-up zusammenarbeitet, ist das A und O. Hier kommt es auf eine breite Palette relevanter Fähigkeiten an; natürlich fachliche – rund um Wachstumspotenziale, juristische Fallstricke, etc. – aber auch menschliche. Die Bereitschaft zum Vernetzen, zum Sparring und Austausch sind extrem wichtig.

4. Verankerung im Unternehmen

Das Start-up sollte im Corporate an einer adäquaten Stelle angedockt sein. Wie genau das aussieht, hängt vom Einzelfall ab – gibt es etwa bereits eine Startup-Partnering-Abteilung und festgelegte Prozesse oder ist die Zusammenarbeit die erste ihrer Art? Ist geplant, weitere Start-ups an Bord zu holen und wenn ja, wann? All das sind Fragen, die bei der Verankerung im Unternehmen klug geprüft werden sollten. Wichtig ist in jedem Fall eine gute Mischung aus Freiraum und Eingliederung in bestehende Strukturen. Denn wenn eine produktive Zusammenarbeit zwischen den auf dem Papier so fremd klingenden Mindsets gelingt, ist dies auch ein Beitrag zum Business Development.  

5. Vertrauen und ausreichend Zeit

Mit einem Start-up wirklich Fahrt aufzunehmen, braucht Zeit. Es gibt keine Formel und keine unumstößliche Timeline, der es nur zu folgen gilt, um erfolgreich am Ziel anzukommen. Es steckt viel Trial and Error im gesamten Prozess und die Bereitschaft, sich immer wieder neu anzupassen. Daher müssen Gründer:innen einfordern, dass das Corporate ihnen die adäquate und realistische Zeit gewährt, die es braucht. Und sie müssen wissen, dass ihnen Vertrauen in ihre Vision gewährt wird. Nur so können sie erfolgreich agieren.

Ohne gelebte Kommunikation ist alles nichts

Die Zusammenarbeit zwischen zwei Playern, die eigentlich grundverschieden sind, kann nur gelingen, wenn Kommunikation gelebt wird: Innerhalb des Corporates und des Start-ups, aber vor allem auch zwischen den beiden Welten. Dafür braucht es faire und attraktive Vereinbarungen, mit denen beide Seiten gut leben und arbeiten können.

Ohne diese Kommunikation wird es zu dem Clash der Kulturen kommen, der im Zweifel dafür sorgt, dass die gemeinsame Reise eine kurze sein wird.


Marco Hauprich

More than 20 years of success as pioneer in digital transformation and in innovation

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100% Zustimmung

Sabine Pracht

Journalistin, Moderatorin, Coach, Gründerin

2y

Sehr interessanter Beitrag. Wir versuchen seit Jahren, die etablierten Konzerne und die Start-ups in der Reisebranche zusammenzubringen. Und ich kann nur bestätigen: Ja, es sind zwei Welten. Am erfolgreichsten sind meiner Wahrnehmung nach die Start-ups, die schnell Kontakt zu den Etablierten suchen und sich nicht nur als Disrupter begreifen, sondern als neuen Teil einer bestehenden Branche. Auch höre ich immer wieder von Start-ups - übrigens auch von Gründern, die vorher in Konzernen gearbeitet haben –, dass die großen Unternehmen viel zu langsam sind, um schnell marktreife Ideen gemeinsam aufzusetzen. Bis die Konzerne "anbeißen" ist das ein oder andere Start-up mit einer guten Idee finanziell schon nicht mehr marktfähig. In unserer aktuellen Titelgeschichte wird deutlich: Konzerne, die sich eigene Innovation Labs leisten, sind offener, auch mit Start-ups gemeinsam neue Produkte aufzusetzen. Beispiel: Die Lufthansa mit ihrem Innovation Hub.

Dr. Anja Henke

Business Growth - Potential, Strategies, Change, Innovation, Productivity, Sustainability

2y

Wenn Konzern und Start-up zusammenarbeiten, treffen zwei Welten aufeinander. Der Konzern, der auf Effizienz und Bewahren getrimmt ist, das Start-up, das Neues aufbaut und wenig vorhersehbar ist. Diese Unterschiede reichen weit, bis in die Köpfe der Beteiligten. Das wird oft unterschätzt. Daher geht eine funktionierende Lösung weit über Kommunikation hinaus. Hier drei Ansätze.   Beide Seiten, besonders der Konzern, müssen verstehen, welche Art von Innovation gemeinsam funktioniert und welche nicht. Das bleibt jedoch oft nebulös. Wenn Disruption dann wirklich passiert, sind Ängste vor Verlust da.   Der Konzern muss sich klar darüber sein, was die Beweggründe sind. Ideal gibt es einen Plan für die Erneuerung, in der das Start-up eine eindeutige Rolle spielt.   Die Zusammenarbeit braucht Klarheit. Das gelingt in speziell aufgestellten Teams im Unternehmen und Start-up. Diese Teams benötigen übergreifende Steuerung von einem erfahrenen Manager, der Erfolgsfaktoren und Stolpersteine kennt, der gut ausgleichen und entscheiden kann.   Das alles wird durch Kommunikation transportiert. Kommunikation ist jedoch das Mittel, nicht die eigentliche Aufgabe. Sind diese Faktoren von Anfang an gemanagt, steigen die Chancen für Erfolg.

Dieter Gräfen (Sinn-Macht-Medium)

Wissen Sie noch, oder verstehen Sie schon? Systemisches Bewusstsein nutzen - Un-Sinn vermeiden

2y

2018 nahm ich an einem Austausch großer Pharma Konzerne und Startups teil. Die Berichte waren durchgehend sehr ernüchternd. Viel Show, wenig Resultate. Auch die Forschungen von Markus Göbel u.a. in DFG Projekten zu MultiStakeholder Management zeigen unterschiedliche Dilemma, die professionell gemanagt gehören. Das geht weit über die unterschiedlichen Geschwindigkeiten hinaus. Auch ECO Systeme funktionieren nicht ohne Steuerungsmodelle, mit denen wir seit 2016 zuerst in LifeScience in Leverkusen und nun u.a. Automotive weiter experimentieren

Stephan Bauer

Manager @Microsoft | Metaverse & AI Transformation | Speaker & Researcher | Lecturer | BCG Alumni

2y

Lieber Peter - Deine Erfahrung deckt sich auch mit unseren Studienergebnissen, die wir 2019 (qualitativ u. quantitativ) veröffentlicht haben. Happy read: https://www.bcg.com/de-de/publications/2019/corporate-startup-relationships-work-after-honeymoon-ends

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