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Andreas Gryphius (1616-1664)

Es ist alles eitel



Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reit jener morgen ein;
Wo jetzund Stdte stehn, wird eine Wiese sein,
Auf der ein Schferskind wird spielen mit den Herden;

Was jetzund prchtig blht, soll bald zertreten werden;
Was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein;
Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.
Jetzt lacht das Glck uns an, bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Taten Ruhm mu wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, bestehn?
Ach, was ist alles dies, was wir fr kstlich achten,

Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind,
Als eine Wiesenblum, die man nicht wiederfindt!
Noch will, was ewig ist, kein einig Mensch betrachten.


Andreas Gryphius (1616-1664)

Trnen des Vaterlandes

Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret!
Der frechen Vlker Schar, die rasende Posaun
Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Karthaun
Hat aller Schwei, und Flei, und Vorrat aufgezehret.

Die Trme stehn in Glut, die Kirch' ist umgekehret.
Das Rathaus liegt im Graus, die Starken sind zerhaun,
Die Jungfern sind geschnd't, und wo wir hin nur schaun
Ist Feuer, Pest, und Tod, der Herz und Geist durchfhret.

Hier durch die Schanz und Stadt rinnt allzeit frisches Blut.
Dreimal sind schon sechs Jahr, als unser Strme Flut
Von Leichen fast verstopft, sich langsam fort gedrungen.

Doch schweig ich noch von dem, was rger als der Tod,
Was grimmer denn die Pest, und Glut und Hungersnot,
Da auch der Seelen Schatz so vielen abgezwungen.

1636








Christian Hofmann von Hofmannswaldau (1616-1679)

Vergnglichkeit der Schnheit
Es wird der bleiche tod mit seiner kalten hand
Dir endlich mit der zeit um deine brste streichen /
Der liebliche corall der lippen wird verbleichen;
Der schultern warmer schnee wird werden kalter sand /
Der augen ssser blitz / die krffte deiner hand /
Fr welchen solches fllt / die werden zeitlich weichen /
Das haar / das itzund kan des goldes glantz erreichen /
Tilgt endlich tag und jahr als ein gemeines band.
Der wohlgesetzte fu / die lieblichen gebrden /
Die werden theils zu staub / theils nichts und nichtig werden /
Denn opffert keiner mehr der gottheit deiner pracht.
Di und noch mehr als di mu endlich untergehen /
Dein hertze kan allein zu aller zeit bestehen /
Dieweil es die natur aus diamant gemacht.


Paul Fleming (1609-1640)

Wie er wolle geksset seyn
Nirgends hin / als auff den Mund /
da sinckts in de Hertzens Grund.
Nicht zu frey / nicht zu gezwungen /
nicht mit gar zu fauler Zungen.

Nicht zu wenig / nicht zu viel!
Beydes wird sonst Kinder-spiel.
Nicht zu laut / und nicht zu leise /
Beyder Ma' ist rechte Weise.

Nicht zu nahe / nicht zu weit.
Di macht Kummer / jenes Leid.
Nicht zu trucken / nicht zu feuchte /
wie Adonis Venus reichte.

Nicht zu harte / nicht zu weich.
Bald zugleich / bald nicht zugleich.
Nicht zu langsam / nicht zu schnelle.
Nicht ohn Unterscheid der Stelle.

Halb gebissen / halb gehaucht.
Halb die Lippen eingetaucht.
Nicht ohn Unterscheid der Zeiten.
Mehr alleine denn bei Leuten.

Ksse nun ein Jedermann /
wie er wei / will / soll und kan.
Ich nur und die Liebste wissen /
wie wir uns recht sollen kssen.

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