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Hinweis zur PDF-Ausgabe dieses Werkes (Stand 62010)

Liebe Leser/innen und Intresennten/innen, der gemeinntzige Verein BTQ e.V. und der Blue Anathan Verlag habe sich entschlossen DIE LETZTE CHANCE FR EINE ZUKUNFT OHNE NOT neben der Hartcover-Printausgabe nun auch als gratis PDF-Datei zu verbreiten, um das Wissen und Wirken von Raoul Heinrich Franc und seiner Frau Annie Franc-Harrar einer greren Leserschaft zu verfgung zu stellen. Deshalb bitten wir Sie, sollte Ihnen dieses Werk gefallen und bevor Sie 700 Seiten ausdrucken, dann doch die Printausgabe beim www.BAV-Versand.de zu erwerben oder eine Spende an BTQ e.V. (http://btq-bundesverband.de/spenden.php) zu entrichten. Neben dieser PDF-Ausgabe sind weitere Bcher von Raoul Heinrich Franc als PDF-Ausgabe geplannt. Diese knnen Sie ebenfalls gratis herunterladen unter den Adressen: Beim gemeinntzige Verein BTQ e.V. http://btq-bundesverband.de/ Beim Forum Franc-Harrar http://www.france-harrar.de/ Beim Blue Anathan Verlag www.bav-Versand.de unter Download Wir suchen finanzielle Unterstzung, um dieses Werk in Englisch zu bersetzten, um es ebenfalls als frei PDF-Datei weltweit verbreiten zu knnen. Bei Interesse nehmen Sie bitte mit uns, BTQ e.V. kontakt auf.
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ANNIE FRANC-HARRAR

DIE LETZTE CHANCE FR EINE ZUKUNFT OHNE NOT

ANNIE FRANC-HARRAR

DIE LETZTE CHANCE FR EINE ZUKUNFT OHNE NOT

__________________________________________ BTQ-Eigenverlag & Blue Anathan Verlag

1. Nachdruck 42007 2. Nachdruck 32008 Copyright 2008 by BTQ e.V. Alle Rechte, auch das der bersetzung und Verfilmung vorbehalten. Herstellung: Blue Anathan Verlag Printed in Germany BTQ e.V., Birkenstr. 10, DE 74592 Kirchberg/Jagst, Tel.: 0 79 54 / 216, Fax: / 925 995 Blue Anathan Verlag, Osterwiesen 4, DE 72401 Haigerloch- Bittelbronn Tel: 0 74 74 / 917 503, Fax: / 917 32 69 Internet: http://www.france-buch.de

Das Forscherehepaar Raoul Heinrich Franc und Annie Franc-Harrar Das Bild entstand wahrscheinlich 1942 in Dubrovnik

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Alles, alles sargt die Erde ein Und mit ihren nimmermden Hnden Nimmt sie Frucht des Baums und Frucht der Lenden, Ohne Unterschied begrbt sie Blatt und Stein. Nie verndert sich ihr Angesicht. Nie erbleichen ihre dunklen Wangen. Sie ist ohne Sehnsucht und Verlangen, Spricht kein Urteil, achtet kein Gericht. Was die Himmel senden, hlt sie fest. Gutes, Bses legt sie still zur Ruhe, Sammelt langsam in der groen Truhe, Was da wandert zwischen Ost und West. Aber kurz nur ist die finstre Rast Derer, die sie bei sich aufgenommen. Aus dem unentwegten Gehn und Kommen Bleibt nicht einer lang bei ihr zu Gast. Alle wechseln Maske nur und Kleid. Drosselkehle wandelt sich in Flieder ... Bunter Tausch der Leben, Tausch der Glieder. Erde frgt nicht. Sie entlt sie wieder In das Gaukelspiel der Endlichkeit.

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Inhaltsverzeichnis
Geleitwort zur Neuauflage Vorwort der Autorin I. Kapitel Wie wird Humus? Die kosmischen Vorbedingungen Die irdischen Vorbedingungen Das Klima Das Wasser Die Luft Das Licht Das Leben Was ist Inkohlung Il. Kapitel Was ist Humus? Die Formen der Humusbden Unentbehrliche Mineralien Metalle Chemie des Bodens III. Kapitel Der groe Umbau Die unterbrochene Aufschlieung Die Auflsung der Krper Der Tod der Pflanzen Das Allzumenschliche Historische Abfallverwertung Abwsser Abfallverwertung der Natur und des Menschen. Mll Das Tempo des Abbaus 5 9 13 13 24 58 73 94 118 138 142 158 158 173 190 199 228 228 229 234 241 249 253 257 261 266

IV. Kapitel Die Humusverwstung 270 Unstabile Erdoberflche Wann und wie setzte die Verwstung durch den Menschen ein? 276 Einflsse des Ackerbaues 285 Der Weg des Humusschwundes 292 Vermeidbare und unvermeidbare Schdigungen. 294 Grofeld und Garten 301 Die Zerstrung des Waldes. 320 8 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Der Komplex Wald Forstwirtschaft Humusverwstung durch Waldbodenzerstrung Vernichtung im Unterirdischen Die europische Scholle ndert ihr Gleichgewicht Die Kulturwste Masseninfektion durch Lebensprozesse Luftverpestung Pflaster und Kanalisierung Gestorbener Boden der Stdte V. Kapitel Die Antwort der Geschichte Vergangene Welt im Osten Anfnge der Antike Punier und Phniker Das Schicksal Roms Pest Hungerndes Europa England mu Kolonialgebiet erwerben Oasenkultur in Nordafrika und europische Wirtschaft Ausblutung Europas Der Goldene Westen Vergeudeter Humusschatz Tropenamerikanische Paradiese gehen dahin. Weisheit der Terrassenkulturen Reichtmer der schwarzen Erde Der Griff nach den fremden Kontinenten Indien Lland China Der Fluch des treeks In Afrika versiegen die Strme Die Verdorrung Australiens So sieht die Antwort der Geschichte aus VI. Kapitel Humus kann nur durch Humus ersetzt werden .... Was tut die Natur gegen Erosion und Humusschwund? Geordnete Erosion wandelt sich in Fruchtbarkeit Die natrlichen Formationen Wald berwindet Erosion Auch aus dem Moor wird einmal Humus Was tat der Mensch bisher gegen Erosion und Humusschwund? Die Brache http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

337 339 345 349 354 360 365 368 372 375 379 379 398 405 411 435 447 450 456 458 461 468 476 479 482 494 498 511 514 520 524 532 538 538 546 549 552 555 558 560 9

Der Pflug Die Grndngung Organische Dngung Kompost Andere Naturdnger Mineralischer Ersatz Knstliche Dngesalze Ist das alles genug? VII. Kapitel Wie kann der Mensch dem Humusschwund endgltig abhelfen? Das wirklich Zweckmige Ruland bewaldet seine Steppen 1500 Oasen in der Sahara Knstlicher Regen Weltorganisation der Humusproduktion Durch mehr Verbrauch mehr Fruchtbarkeit! Gelenkte Abfallhumifizierung Welche Eigenschaften mu gemachter Humus haben? Nicht Maximalernten, sondern Optimalernten! Der Mensch braucht nur zu wollen Wiederherstellung der kosmisch bedingten Harmonie Literaturindex Stichwortregister

562 565 568 577 580 587 592 597 601 601 603 612 614 616 623 628 634 638 640 647 651 657

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Geleitwort zur Neuauflage Es gehrt schon etwas Mut dazu, ein ber fnfzig Jahre altes Buch in der Flut zeitgenssischer Verffentlichungen wieder verfgbar zu machen. Grund ist die zivilisatorische Entwicklung mit ihrer Bedrohung der menschlichen Kultur durch die Zerstrung der natrlichen Lebensgrundlagen. Die Gesellschaft fr Boden, Technik, Qualitt (BTQ) sieht die langfristige Entwicklungsmglichkeit der Land- und Forstwirtschaft als Grundlage der menschlichen Zivilisation nur im Einklang mit der Natur. Nur so knnen unsere Bden geschtzt und kulturfhig gehalten werden. Hier steht jeder Staat, jede Kommune, jede Familie als verantwortliche konstitutionelle Wirtschaftseinheit in der Verantwortung. Um dieses Bewusstsein zu frdern, leistet dieses Buch nach wie vor einen unschtzbaren Beitrag. Wer hat dieses Buch geschrieben? Annie Franc-Harrar (02.12.1886 23.01.1971) war als Verfasserin von Romanen bekannt. Sie untersttzte als Ehefrau die Arbeit des universellen Naturforschers Raoul Heinrich Franc und wirkte nach dem Tod ihres Mannes als Beraterin im Ministerrang der mexikanischen Regierung fr Humusfragen. Erosion und Humusschwund hatten angefangen, die kleinbuerliche Landwirtschaft Mexikos zu gefhrden. Heute stellen diese Prozesse eine globale Bedrohung dar. Ihre Erfahrungen aus der Zeit in Mexiko mit neuen Anstzen zur Bodenverbesserung hat Annie Franc-Harrar in dem Buch Humus, Bodenleben und Fruchtbarkeit (1957) zusammengefasst. Wovon handelt dieses Buch? Zuerst beschreibt die Autorin ausfhrlich die Entstehung und Eigenschaften des Humus. Dabei verwendet sie einen umfassenden Humusbegriff (Humus: lat. Erde, Erdboden). In Annie Franc-Harrars Auffassung ist Humus also eher als Mutterboden anzusprechen und geht ber die heute von der wissenschaftlichen Bodenkunde als Humus bezeichnete organische Substanz im Boden hinaus. Weitere Kapitel des Buches behandeln den Um- und Abbau der organischen Substanz und ihre mikrobiologischen Aspekte sowie Zerstrung des Humus durch die Ttigkeit des Menschen. Dabei geht sie u. a. ausfhrlich auf die Zerstrungsprozesse ein, welche den Niedergang Roms und anderer Hochkulturen besiegelten. Das Entwicklungsstadium unserer Zivilisation ist in manchem mit dem des spten Rmischen Reiches vergleichbar. Es treten neben verheerenden Folgen auf Wasserhaushalt und Klima soziale Ungleichgewichte und weltweite Spannungen auf. Rom hatte http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 11

als Ackerbauernstaat angefangen, der seine Lebensgrundlage pflegte, und endete als sklavenhaltender Kapitalismus, der an der Grundlage allen menschlichen Seins der hauchdnnen humushaltigen Bodenschicht Raubbau betrieb. Weiterhin beschftigt sich das Buch eingehend mit der Lebensgrundlage Wald. Die Funktionen und Vorraussetzungen des Waldes als Humusproduzent, Wasserspeicher und Wasserfilter werden ausfhrlich beschrieben. Ebenso wird aufgezeigt, wie wichtig das kosystem Wald ist, zugleich historische Zusammenhnge einer gesunden Gesellschaft und eines gesunden Waldes und welche Folgen wir zu erwarten haben, wenn dieser vernachlssigt oder gar zerstrt wird. Nicht umsonst wurden Groteile der Wlder, wie im alten Griechenland als Naturheiligtmer behandelt, so die Autorin. Anderseits sind bedeutende Imperien untergegangen, weil sie die Aufgaben des kosystems Wald nicht respektierten. Den Abschluss des Buches bildet die Beschreibung der damals bekannten Manahmen gegen Bodenerosion und Humusschwund. Dabei betont Annie Franc-Harrar nicht zuletzt die Notwendigkeit einer Humusgewinnung aus Abfllen ein bis heute nicht wirklich gelstes Problem und fordert als gemeinsame Anstrengung der Menschheit eine Weltorganisation der Humusproduktion. Die Letzte Chance fr eine Zukunft ohne Not ist aufgrund der umfassenden Darstellung natrlicher Vorgnge und ihrer Wechselwirkungen mit vom Menschen ausgelsten Prozessen (insbesondere in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft, Biologie, Geologie) ein gutes Beispiel ganzheitlichen transdiszplinren Denkens. Durch die Verknpfung der durch die Land- und Forstwirtschaft hervorgerufenen Umweltentwicklungen mit historischen Ereignissen, wie dem Aufstieg und Fall von Hochkulturen ist dieses Buch auch als ein frhes Werk der Umweltgeschichte anzusehen, die heute eine eigenstndige Disziplin der Geschichtswissenschaften bildet.

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Welche Bedeutung hat dieses Buch heute? Es ist wenig bekannt und wird wie ein Tabu behandelt, dass Deutschland der grte Agrarimporteur der Welt ist; Die sogenannten berschsse sind also nicht hier produziert, sondern importiert. Das ist insofern verstndlich als dieses Land viele Industriegter exportiert und als Kompensation Rohstoffe einfhrt. Auf dieser Grundlage gibt es in anderen Lndern kologische, soziale und wirtschaftliche Fehlentwicklungen. Alles was heute schon schreckliche Wirklichkeit ist, wie Regenwaldzerstrung, Waldraubbau, Klimavernderung, Wassernot, Sauerstoff- und Ozonabbau, Versteppung, Wstenbildung, Bodenversauerung usw. hat Annie Franc-Harrar schon damals vorhergesagt. Daraus ergeben sich mehrere Fragen: Kann es sich Mitteleuropa leisten, seine eigenen Lebensgrundlagen zu vernachlssigen und sich langfristig auf die Ressourcen ferner Lnder zu verlassen? Trgt das europische Agrarsystem somit eher zum Hunger in der Welt bei oder zur Lsung dieses Problems? Wie zukunftsfhig ist ein Land, welches seine eigenen Lebensgrundlagen nicht mehr pflegt und nicht schnell auf sie zurckgreifen kann, wenn internationale Spannungen auftauchen? Das Forscherehepaar Franc hat mit seinen Beitrgen zur kologie eine Grundlage geschaffen, auf welcher wir heute naturwissenschaftlich zeigen knnen und mssen, dass die Land- und Forstwirtschaft Methoden verfolgen muss, die zukunftsfhig sind und dazu wirtschaftliche und soziale Bedingungen braucht, die sie heute nicht hat. Was kann dieses Buch leisten? Das Buch macht uns die kologischen Bezge deutlich bewusst, damit wir unser Handeln in einem greren Zusammenhang sehen und besser begreifen. Hier hat unsere Zeit ihre Aufgabe und ihre Verantwortung nach dem Motto: Wir haben das Land von unseren Kindern geliehen. Somit leistet dieses Buch einen fundamentalen Beitrag zur Erhaltung unserer Lebensgrundlagen auch zuknftiger Generationen. Die Auseinanderentwicklung der Landwirtschaft in Neben- und Zuerwerbsbetriebe in benachteiligten Gegenden einerseits und industrielle Einheiten andererseits macht es schwer, allgemeingltige Rezepte fr die jeweilige Entwicklung in organische, zukunftsfhige Systeme zu formulieren. 13 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Wir sehen in diesem Buch eine Handreichung fr alle Menschen, die es auch an Freunde und Bekannte, insbesondere in jeder Hinsicht verantwortlich Ttige weitergeben sollten. Denn unsere Zeit braucht den notwendigen Ansto in zukunftsfhige Richtungen. Auf Grund seiner universellen Bedeutung hat das Buch eine allgemeine Verbreitung verdient. Das rechtfertigt die Neuherausgabe dieses Buches. Die Gesellschaft fr Boden, Technik, Qualitt (BTQ) wnscht diesem Buch hiermit eine weitere segensreiche Wirkungsgeschichte. Hartmut Heilmann, Vorsitzender, Kirchberg a. d. Jagst Dezember 2006

Technischer Hinweis zur Neuauflage: Da sich diese Neuauflage fast exakt an dem Seitenumbruch des Originalwerkes orientiert, fhrt dies dazu, dass viele Seiten nicht vollstndig bis zum Seitenende ausgeschrieben sind. Somit konnten wir den Index des Originalwerkes beibehalten, ohne den Index-Seitenbezug berarbeiten zu mssen. Obwohl eine hndische Fehlerberprfung nach der Textdigitalisierung (ORC) durchgefhrt wurde, knnen hier und da noch Fehler auftauchen. Wir bitten diesbezglich um Nachsicht.

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Vorwort der Autorin


Bcher werden nicht immer von Menschen geschrieben. Es ereignet sich gar nicht so selten, da der Mensch nur die schreibende Hand, den ordnenden Kopf leiht, whrend ein Buch in Wahrheit von den Verhltnissen geschrieben wird, die einen dringenden und unaufschiebbaren Umbau damit einleiten. Die Meinungsverschiedenheiten, die sich dann meist an solch ein Buch knpfen, haben auf die Notwendigkeiten, aus denen es entstand, wenig Einflu. Man bekmpft zwar den Umbau und die neue Einstellung, auf der er beruht, kann ihn aber nicht aufhalten eben, weil er im Zug allgemein neuer Erkenntnisse liegt. Als ich das Buch Die letzte Chance schrieb, hatte ich zuweilen den zwingenden Eindruck, auch bei ihm knne es sich um ein solches Werk handeln, in welchem der Autor gnzlich unwichtig wird, weil die Wandlung der Dinge, denen es vorausgeht, von so auergewhnlicher Wichtigkeit ist. Habe ich recht geahnt, so mu ich dieses Schicksal des vorliegenden Buches hinnehmen. Mge meine Persnlichkeit ganz in seinem Schatten untertauchen, wenn nur das Licht der Einsicht, das diesen Schatten wirft, weiterbrennt! Die Ehrlichkeit gebietet mir, zu sagen, da dieses Werk aus mehr als vierzigjhriger Arbeit entstand. Nicht ich allein habe diese Arbeit geleistet, wenn ich mich auch seit einem Menschenalter, soweit das in meinen Krften stand, daran eifrig beteiligt habe. Der erste Ansto zu diesem Komplex neuer Begriffe ist meinem verstorbenen Mann, Dr. h. c. Raoul H. Franc zu danken, der als erster im Jahre 1906 begann, die Lebewelt des Bodens zu erforschen, die er entdeckt hatte und unter dem Namen Edaphon (von edaphos, das im Boden Lebende) zusammenfate. Bis zu seinem Tode im Jahre 1943 wurde er nicht mde, sich teils durch Laboratoriumsuntersuchungen, teils durch praktische Versuche, teils darstellerisch mit dem Humusgedanken zu beschftigen. Seiner Arbeit und der seiner Schler nicht nur am Biologischen Institut Mnchen, von denen wohl die meisten in den letzten Jahren dahingegangen sind, sondern auch in den verschiedensten Lndern ist es hoch anzurechnen, da ein so groes Material zustandekam, das vergleichend aus Bden aller fnf Kontinente gesammelt wurde. Immer grer wuchs dabei das Humusproblem auf, zu immer einschneidenderer Weltbedeutung. Die Gefahr des Humusschwundes, die Besorgnis wegen der kontinentzerstrenden Erosion war lngst in unserer Arbeitsgemeinschaft erkannt worden, ehe man in anderen Lndern auf sie aufmerksam wurde. In Wort und Schrift haben wir auf beides hingewiesen. Aber die Zeit, da man darauf hrte, war wohl noch nicht reif gewesen. Es ist wahrscheinlich, da man mir entgegenhalten wird, da die Aera, in welcher der Mensch mit seiner Ernhrung sich von der grnen Pflanze unabhngig macht, nicht mehr ferne ist. Dieser Einwand besteht durchaus zu Recht. Wir werden es eines Tages ganz sicher lernen, aus Sonnenlicht und 15 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Luftgasen Eiwei, Fett, Zucker und Strke herzustellen. Nahrung wird dann keine Frage von Wichtigkeit mehr sein, denn sie wird einen so geringen valutarischen Wert haben, da es in dieser Beziehung keinerlei Mangel mehr gibt. Das hat indes gar nichts mit der Bedeutung des Humus zu tun. Dessen Unentbehrlichkeit erstreckt sich auf weit Greres. Denn ohne Humus gibt es buchstblich nicht den seinserhaltenden Umbau von Gestorbenem zu Lebendem, der allein in ihm und durch ihn geleistet wird. Und ohne Humus gibt es nicht den mindesten Schutz gegen die Erosion, unter welcher die Erdteile sonst unaufhaltsam hinschmelzen. Alle Prozesse auf der Erdrinde geraten in eine vllige Regellosigkeit, wenn der Humusaufbau und unablssige Humusersatz nicht optimal erfolgt. Dagegen ist die Ernhrung der Lebewesen gewissermaen geringfgig, obgleich von ihr wieder in allem und jedem das gesamte Leben auf der Erde abhngt. Aus der Bercksichtigung solcher Perspektiven heraus wurde dieses Buch geschrieben. Zwangslufig und das hing wiederum nicht von der Autorin, sondern vom natrlichen Umfang des ganzen Themas ab mute ein so weitgespannter Rahmen aufgestellt werden, da die Zahl der Einzelbeispiele einer sehr eingeschrnkten Auswahl unterlag. Anderseits scheint mir nichts so wichtig, als da alle dieses Buch verstehen knnen. Denn ich spreche wirklich zu allen, da jeder von den Fragen des Humus wissend oder unwissentlich mitbetroffen ist. Es mge der Fachmann also keine umstndliche Aufzhlung von Experimenten suchen oder die Auseinandersetzung mit Bebauungsmethoden, mit Analysen und Gegenanalysen. Er wird sie nicht finden. Denn Sinn und Zweck dieses Buches ist, berall die langgestreckten Linien einer unbedingten Kausalitt aufzuzeigen, die das Nahe mit dem zeitlich und rumlich weit Entfernten verknoten und die ewigen Kreislufe ewig wenigstens mit menschlichem Ma gemessen , die aus unendlich vielen solchen Verknotungen sich verdichten. Die heute noch etwas ungewhnliche Zusammenfgung rein naturwissenschaftlicher Tatsachen mit historischen Geschehnissen aus der Geschichte des Menschen und anderen aus der Erdgeschichte, aus der Flora und Fauna, der Kunde der Gesteine, der Protozoen, der Atmosphre und der Elemente wurde ebenfalls nicht willkrlich von der Autorin gewhlt. Sie war unumgnglich ntig, um den Leser ber Zusammenhnge sich klar werden zu lassen, die ber den Humus aufs tiefste in das Werden und Vergehen unserer sichtbaren und unsichtbaren Welt eingreifen. Weltprobleme und die Verwstung der Erde ist ein Weltproblem machen vor nichts halt. Sie schieben sich berall in die zeitlichen Verkettungen ein. Sie streben einem gemeinsamen Nenner zu, so wie sie von einem gemeinsamen Nenner ausgehen. Wir stehen unleugbar am Beginn einer neuen Welt. Sie wird wie jede neue Welt zunchst die Selbstaufhebung lange als unbedingt gltig gehegter Meinungen fordern. An ihre Stelle wird sie grundlegend andere 16 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Meinungen setzen, die den bisherigen in vielem diametral entgegengestellt sind. Ohne Umwandlung von Ausgelebtem lt sich kein neues Leben schaffen. Auch in diesem Buch werden Parallelen gezogen und Folgerungen aufgezeigt, die vielleicht Althergebrachtes verletzen. Aber in welchem Zusammenhang immer, es geschah stets aus der berzeugung, da die ganze Natur solche entscheidende nderungen verlangt. Humus ist das unbestechliche Znglein an der Waage, auf welcher unter anderem auch das Leben des Menschen gewogen wird. Was geschieht, wenn die Hand des groen Unbekannten, welche die Waage bedient, unser Leben fr zu leicht findet? Ich habe getrachtet, mich von den unvermeidlichen Irrtmern von Meinung und Gegenmeinung tunlichst frei zu machen. Angesichts der gefhrlichen Konsequenzen, die aus derartigen Irrtmern hervorgehen, scheidet ohnedies jede persnliche Selbstbercksichtigung aus. Es ist unwichtig, da der Autor recht hat. Es ist nur wichtig, da ihm die richtige Erkenntnis zuteil wurde. Dem habe ich nichts mehr hinzuzufgen. Aus der Gebundenheit des Individuums, dem keiner von uns sich entziehen kann, nehme ich doch an, da der neue und unzweifelhaft begehbare Pfad des Humusersatzes im groen, auf welchen ich in diesem Buch verweise, eines Tages wirklich eingeschlagen werden wird. Und da dieser Tag nicht allzuweit entfernt liegt, hoffe ich im Interesse jenes bergeordneten Ausgleiches, der, wenn auch auf oft schmerzlichen Umwegen, doch immer wieder unvergnglich ber allem Vergnglichen aufgerichtet wird.

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I. Kapitel

Wie wird Humus ?


Die kosmischen Vorbedingungen Selbst wenn ich noch so lange darber nachdenke, so finde ich keinen besseren Beginn fr dieses Buch, als das stliche Wort: Alles, was sich auf der Erde erfllt, hat im Himmel seinen Anfang. Mir scheint, man kann d ie tiefsten Geheimnisse nicht einfacher und nicht selbstverstndlicher ausdrcken. Und da der Begriff Humus die irdischsten Dinge, die es gibt, umfat, so darf man diese Weisheit des Ostens wohl auf ihn anwenden. Man mu es sogar tun, es bleibt gar keine andere Wahl brig. Das heit, da das Allererdgebundenste gar nicht auf der Erde anfngt, sondern irgendwo im Unbekannten des Universums, das uns in Wahrheit umso unbegreiflicher wird, je mehr wir von seinen Zusammenhngen erfahren. Nur eines wissen wir mit Sicherheit, es gibt auer dem Universum nichts Seiendes, und darum ist auch alles mit ihm verbunden. Wie soll das aber derjenige in seinen Zusammenhngen verstehen, der sich nicht fachgem mit einem der hier behandelten Probleme beschftigt, beschftigt hat oder zu beschftigen gedenkt? Diese Frage ist leicht und schnell gestellt, aber wie die meisten Fragen von Bedeutung nur langsam, umstndlich und weitausholend zu beantworten. Man mu dazu wirklich im Himmel beginnen. Warum? Es ist uns nicht immer bewut, da alles, was wir zu den irdischen Eigenschaften der Erde zhlen, in einem weiter bertragenen Sinn zugleich auch kosmisch ist. Die Astronomen freilich brauchen den festen Gegensatz irdisch kosmisch als den zuverlssigen Punkt, um von ihm a us das Weltall mit allen seinen Erscheinungen durch Vergleiche kennenlernen zu knnen. Diese Notwendigkeit besteht fr den Humusforscher nicht. Fr ihn ist es viel wichtiger, sich mehr der bereinstimmungen, als der Unterschiede bewut zu werden. Was also verbindet uns durch unseren Boden mit dem Auerirdischen, was ist hier wie dort das Vergngliche und das Unvergngliche? http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 19

Auch diese Frage ist nur auf groen Umwegen beantwortbar. Der Leser wird es am Schlu dieses Buches wissen, wie schwer, umfnglich und weitausgreifend die Zusammenhnge sind, die zu der Erklrung, die wir uns wnschen, gehren. Ich fange also mit dem an, was das Leichteste und Augenflligste am Humus ist: sein Name. Ich kann mich darauf berufen, da es von jeher allgemeine Gewohnheit war, so zu handeln und da nicht nur der Laie, sondern auch der Wissenschaftler diese Methode befolgt. Es gibt viele Dinge und Beziehungen, bei denen man ber Errterungen bezglich des Namens niemals hinauskommt. Und bei denen man ber ihrer zeitweiligen Heftigkeit vergit, da man sich noch immer auf dem nebulosen Standpunkt vlligen Unbekanntseins befindet. Dem Wort Humus ist es ziemlich hnlich ergangen. Es leitet sich aus dem Lateinischen ab und soll in seinem eigentlichen Sinn wohl Boden bedeuten. Nmlich die blonde, braune, rote, graue bis tiefschwarze Substanz, von welcher der Durchschnittsmensch nur das eine mit Sicherheit wei, da sie der Ort ist, den er stndig mit Fen tritt. Das trifft nicht nur auf die Menschheit unisono, sondern ebenso auf die laufende, kriechende oder hpfende Tierheit zu. In derselben Substanz wurzeln unsere Gewchse mit recht wenigen Ausnahmen. Das sind die unwiderleglichen und unbestreitbaren Tatsachen, an die wir denken, wenn wir vom Boden sprechen. Daraus allein geht schon hervor, da der Boden fr uns etwas Unentbehrliches ist. Infolgedessen beruft sich jede Gewalt in, ber und unter Menschen von jeher auf den Boden. Das haben bisher noch alle historischen und vorhistorischen Reiche, Regierungen und Herrscher getan. Denn es gibt keine andere selbstverstndliche und natrliche Basis, um den Bau von Ideen, Meinungen, Verfgungen und Glaubensstzen zu errichten, die ihrerseits im Gegensatz zur Erde zuweilen weder gesund, noch selbstverstndlich und vor allem nicht immer natrlich und unleugbar waren. Wenn aber ein Irdisches fr sich in Anspruch nehmen kann, da es diese positiven Eigenschaften in grtem Ausma besitzt, so heit das, da es mit der Weltgesetzlichkeit bereinstimmt. Denn nur die Weltgesetzlichkeiten bewegen sich in einem so fest umrissenen und nicht ablenkbaren Kreis, der darum auch stets von Dauer ist. Weltgesetzlichkeiten die Silbe Welt drckt es schon aus sind aber bereits etwas Auerirdisches, also etwas Kosmisches. Da htten wir demnach aus der einfachen Feststellung des Namens und seiner Bedeutung einen unbestreitbaren Hinweis darauf, da es sich beim Boden um etwas handeln mu, das kosmische Zusammenhnge besitzt. Sehen wir also zu, wie weit man frher den Begriff Boden mit dem Begriff 20 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Humus identifiziert hat. Es erging ihm, wie allen menschlichen Begriffen. Von Zeit zu Zeit wechselten die Meinungen ber ihn und man gab sich nicht die Mhe, festzustellen, wie weit die neue Meinung besser sei als die alte. Wenn man in einem Lexikon, das zu Anfang unseres 20. Jahrhunderts erschienen ist, das Wort Humus aufschlgt, so kann man wrtlich folgenden Satz finden: Die Annahme der Humustheorie (siehe Agrikulturchemie), da der Humus Pflanzennahrung sei, hat sich als unzutreffend erwiesen ... In bodenchemischen Werken dagegen und deren gibt es zahlreiche vermit man selten die Feststellung, da Humus vorwiegend aus zersetzten Zellulosen entstehe, aber trotzdem in seinen stark nitrogenhaltigen Mischungen stets kolloidal sei ... Neuere Nachschlagewerke vertreten zuweilen die Ansicht, man habe es bei Humus ausschlielich mit Moorerde zu tun, also einem Lokalfall des Begriffes Boden, der von keiner allgemeinen Bedeutung, jedenfalls nicht im wirtschaftlichen Sinne sei. Anderseits predigen smtliche amerikanischen Fachwerke, da man alles tun msse, um den Humusschwund durch Wasser, Wind, ungeschickten Anbau und allzu groe Bodenausntzung zu verhindern, denn er fge den USA einen nicht wieder gutzumachenden Schaden in ihrer Landwirtschaft zu. Das ist nur eine ganz kleine und beliebig herausgegriffene Auswahl von Widersprchen, die sich bereits an den Grundbegriff Humus heften. Daraus wird der Uneingeweihte schlieen, da es sich offenbar um eine nicht vllig geklrte oder vielleicht berhaupt nicht zu klrende Sache handelt. Zumindest wird er glauben, er habe es im Humus mit einem Problem zu tun, das von groer Zwiespltigkeit, schwieriger Durcharbeitung und geringer bersichtlichkeit sei. Man kann nicht leugnen, da diese Meinung im allgemeinen und im besonderen nicht unzutreffend ist. Es ist ber wenige Dinge im Laufe von Jahrtausenden so viel gestritten worden, wie ber Humus und Humifizierung. Dem Zwiespltigen dieses Problems steht aber doch auch ein Einheitliches gegenber, das wieder, wenn auch in gnzlich anderer Form, auf seine kosmischen Zusammenhnge hinweist. Dieses Einheitliche besteht darin, da man die Funktionen des Humus zu jeder Zeit und berall besonderen Gttern ans Herz gelegt hat. Ich erspare mir viel Zeit und Raum, wenn ich darauf verzichte, die Humusgtter der unterschiedlichsten Vlker hier aufzuzhlen. Wir wissen ja alle, da es sie gegeben hat und gibt, von der hellenischen Demeter bis zum mexikanischen Regengott und der Maisgttin der Inkas. Sie sind alle sehr alt, viele von ihnen schon ein bichen abgentzt, aber die Mehrzahl amtiert immer noch. Freilich haben sie inzwischen die erstaunlichsten Gestalten angenommen. Aus lehmgestampften, butterbeschmierten, mit hren umsteckten menschlichen Abbildern sind sie zu gesegneten und wunderttigen Gerten geworden. Ich bin gar nicht so sicher, 21 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

da die mit irgendeiner lcherlichen oder albernen kleinen Maskotte behngten kanadischen oder russischen Riesentraktoren nicht vielleicht im Geheimen auch etwas wie eine Art Erd-, Humus- und Fruchtbarkeitsanbetung genieen. Denn es ist auch mit den Abbildern des Gttlichen so, wie mit allen menschlichen Dingen. Man ordnet sie von Jahrhundert zu Jahrhundert und von Generation zu Generation immer wieder anders ein, wirft sie dazwischen auch einmal zum unbrauchbaren Germpel und holt sie dann immer wieder reumtig hervor. Denn man wei ja doch nicht so ganz sicher, wie das mit den Gttern in Wirklichkeit ist. Was den Humus anlangt, so hat man ihn, wie schon gesagt, mit ganzen Scharen von Gttern umgeben, die aber alle nur eine Aufgabe haben. Sie sollen ihn schtzen und erhalten. Oder wenigstens das mit gttlichem Segen krftigen, was der jeweils Glubige zu diesem Zweck unternahm. Denn auch der Zweck war immer derselbe. Er hie: Mehr Fruchtbarkeit. Gewi geschah mangels wirklicher und ausreichender Kenntnisse von Seite des Erntenden nicht immer das Richtige fr die Ernte. Richtig und echt war nur die Inbrunst, mit der er zu seinen Gttern betete. Man ist manchmal versucht, zu glauben, es kme in gewissen Fllen sogar nur auf diese Inbrunst an. Die Priester der Erdgottheiten, die Schamanen, Medizinmnner, Geisterbeschwrer und Bannsprecher bei Naturwesen machten eigentlich nichts anderes, als da sie um Schutz und Hilfe flehten. Sie waren berzeugt davon, das genge. Sie glaubten an eine berirdische Hilfe, und vielleicht waren nur die Priester gyptens klug genug, der berirdischen auch noch eine irdische beizufgen. Sonst im allgemeinen bemhte sich die Dienerschaft hchster Wesen nie und nirgends um wirkliche Kenntnis des Humus und seiner Erfordernisse. Der Agronom verdankt ihnen so gut wie nichts. Es gibt keine Rezepte aus der Frhzeit der Menschheit, wie Humus zu bilden oder zu erhalten sei. Man nahm ihn als etwas Gegebenes, als etwas, das im Oberflusse vorhanden war, als etwas, um das man sich nicht zu bemhen brauchte. So ist es Jahrtausende durch geblieben: Glubigkeit und Unkenntnis. Genau besehen, haben die Humusgtter also dem Humus wenig gentzt. Und so wie uns der Name Humus keinen genaueren Aufschlu darber gibt, ob und was man sich in sprachschaffenden Zeiten unter ihm vorgestellt hat, so sind auch die gttlichen Hilfsmittel, deren man sich bediente, keineswegs aufschlureich. Sie sagen nicht einmal etwas ber die wirkliche Verbindung des Irdischen mit dem Kosmischen aus. Es ist sehr erstaunlich, da diese allgemeinen Unwissenheiten, die nur durch lokale Gebruche, die indes oft mehr ein Aberglauben sind, gebessert werden, so ber die ganze Erde gehen. Man erfhrt aus ihnen allen so gut wie nichts, vor allem nichts ber das, was sie vorspiegeln: die Beziehungen der Erdfruchtbarkeit zum Kosmischen, also zum Gttlichen. Man mu also, um Kenntnis darber zu gewinnen, von einem ganz ande22 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ren Standpunkt aus an das Problem herangehen. Es ist der Standpunkt der Forschung und uns seit Jahrhunderten vertraut. Die heutige Gestaltung und Zusammensetzung unserer Erdoberflche hat sich unzweifelhaft aus viel lteren, lngst vergangenen Zustnden herausgebildet. Man kann welcher Meinung immer ber die Art der Entstehung unseres Planeten sein und ich bin ganz sicher, da wir noch lange nicht bei der letzten und endgltigen angelangt sind , aber man kann nicht leugnen, da sie sich aus Prozessen entwickelt haben mu, die fr unser ganzes Planetensystem magebend sind. Die bereinstimmung der Spektralbnder beweist uns, da dieselben irdischen Elementgruppen auch in vielen anderen Gestirnen vorhanden sind. Hier ist also eine Basis kosmischen Verbundenseins, die unbestreitbar ist. Unser winziges Planetensystemchen ist kein Sonderfall des Universums. Soviel wir beurteilen knnen, ist es vielleicht durch eine allgemeine Verbindung seiner Kleinheit mit seinen verschiedenartigen Temperaturen, seinen Bestrahlungen und Wiederstrahlungen zu einer Form gebildet worden, die sich durch besondere Hinflligkeit, Wandelbarkeit und leichte Verbindungsfhigkeit seiner Grundstoffe auszeichnet. Das gilt fr das ganze irdische Sein. Ganz besonders aber trifft es auf jenen unendlich oft und unendlich gestaltenreich abgewandelten Proze zu, der von uns als Leben bezeichnet wird. Leben ist fr unseren Planeten mglicherweise das Charakteristische, aber vielleicht ist es auch nur unsere Art der Bindung des Lebens an Kohlenstoffe und Eiweie. Jedenfalls drfte es nicht der Wirklichkeit entsprechen, wenn wir annehmen, da auf anderen Gestirnen kein Leben vorhanden sei. Es wird nur anders sein, aber wahrscheinlich besitzt der Kosmos vielerlei Lebensformen. Insofern ist anzunehmen, da es auf anderen Sternkrpern wenig dem Humus Entsprechendes gibt. Denn Humus ist die Basis unseres irdischen Lebens, er ist buchstblich sein Anfang und sein Ende, er entsteht durch Leben, und Leben entsteht durch ihn. Er ist der vielfltigste, verworrenste, erstaunlichste, weiseste und zugleich primitivste Ausgleich zwischen den unzhligen Gestaltungen und den noch unzhligeren Bedrfnissen des Lebens. Er ist die unablssige Verwandlung jenes Zustandes, den wir Tod nennen und der wirklich auch ohne ihn Tod wre in neue, ins Unendliche hinaus geschwungene Lebensketten. So da durch den Humus berhaupt nirgends ein wirkliches Ende vorhanden ist, sondern da es nur Unterbrechungen durch Umstellung nicht mehr voll ausntzbarer Lebensformen gibt, aus denen bndelweise neue Lebensformen hervorgehen. Anfang und Aufhren verwirren sich in ihm in einem feinversponnenen Netz von Zusammenhngen, deren jeder Ursache und Wirkung zugleich ist. Und in denen alles sich verbindet und entgegentanzt, nicht minder feierlich und bedeutungsvoll, als sich Atome auf ihrer stofflich-unstofflichen Bahn im Seienden begegnen. 23 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Habe ich also nicht recht gehabt, als ich im ersten Satz dieses Buches das Wort des Ostens niederschrieb: Alles, was sich auf der Erde erfllt, hat im Himmel seinen Anfang? Das Gleichgewicht der Dinge erleichtert ihre Verstndlichkeit. Was immer ist, besitzt seinen Gegenspieler im Guten oder Bsen. Um zu wissen, wie die Erde ohne Leben wre und was aus ihr ohne Humus wrde, mu man sich jene Zustnde vergegenwrtigen, bei denen es sich nur um den einfachen mechanischen Zerfall der Oberflche unseres Gestirns handelt. Es ist sehr charakteristisch, da der Mensch zu allen Zeiten und in allen Sprachen einen solchen lebenslosen Zustand Wste nannte. Eine Wste entsteht dann, wenn einzig die Atmosphrilien die Zerkleinerung der festen Erdrinde verursachen. Auch sie ist also etwas Gewordenes. Die meisten Wsten bestehen aus Sand. Auch Sand ist etwas Gewordenes, so wie Humus. Er ist gewissermaen eine anorganische Parallele zu diesem. Auch Sand ist ein Zustand, und demzufolge enthlt er smtliche mineralischen Stoffe, die es gibt. Mit freiem Auge kann man das nicht erkennen, wohl aber im Mikroskop. Da zeigt es sich, da die feinst zurecht geschliffenen Krnchen, alle bunt durcheinandergewrfelt, allen nur denkbaren Gesteinen entstammen. Da gibt es Kalke und Kalkspate aus allen Erdzeitaltern, da sind die Urgesteine Gneis, Glimmer, Grauwacke, Granite samt den zugehrigen Schiefern, da sind Tone, Chlorite, Kaolinite, da sind die Silikate, in denen der frei kaum je vorkommende Weltbaustoff Silizium in allen nur denkbaren Bodenbestandteilen fast das Dreifnftel unserer Erdoberflche bildet. In der Wste Gobi setzt sich der Grund aus einer lockeren Schicht von Triebsand, lhaltigem Ton, Kieselerde und Kieselsanden zusammen, die gewissermaen als eine Art beweglicher Schutzhaut den festen Boden vor weiterem Zerfall bewahrt. In der Dsungarei dagegen hufen sich an den Fen der Gebirge wahre Hgel von Quarzkiesen, von Achat-, Chalzedon und Karneolscherben, die genau so von wtender Besonnung und scharfer Nachtklte in Stcke zersprengt sind, wie in der Sahara oder der auf der arabischen Seite gegenberliegenden Wste Et Ti die schalenartig zersprungenen Sardonyxe und Achatknollen. In den zentralaustralischen Wsten, der Nullarborplain, der gewaltigen desert, der Groen Victoriawste ist es wiederum der Laterit, der vom Lehmgelb bis zum brennenden Ziegel- und Granatbltenrot in allen Farben des Feuers gegen den unbarmherzig unfruchtbaren Himmel flammt. Alle diese heutigen Bodenaggregate waren nicht immer unfruchtbare Wsten, sondern ein Teil wurde zu ihnen durch Wachstum und Leben. Der jetzige Zustand des Sandes oder der Geschiebe, in dem sie sich befinden, ist eben jenes Wstenhafte, das nur mechanisch durch anorganischen Zerfall entsteht. Zu diesem anorganischen Zerfall gehren in erster Linie die 24 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

auerordentlich groen Temperatursprnge, die es in pflanzenbestandenen Gebieten berhaupt nicht gibt. In der sdstlichen Mongolei sinken die Frste bis zu minus 26 Grad C und eine Erhitzung an Sommermittagen steigt bis auf plus 50 Grad C. Das ist viel heier, als selbst der wrmebedrftigste Mensch als Bad ertrgt, denn unser Blut gerinnt lngst bei einer solchen Temperatur. Man begreift also die allgemeine Lebensleere. Und doch ist es nicht nur die Durchglhung und Durchfrierung allein, die den Organismen ein Dasein in solchen Zonen unmglich machen. Denn bekanntlich treiben im 80gradigen Karlsbader Sprudel in dicke Schleimmntel gehllte Grnalgen, und die ersten mikrobiellen Bewohner nackter Felshnge ertragen selbst bei uns eine Erwrmung bis zu fast Siedehitze. Sondern es ist diese Verbindung von Trockenheit, Hitze, Klte, Wind alle Wsten sind durchjagt von frchterlichen Staubstrmen nach Art des Sahara-Chamsins die eine Besiedelung mit Lebewesen von vorneherein ausschlieen. Ungestrt geht dort also der mechanische Zerfall vor sich, in dem kosmische Einflsse durch Licht, vor allem durch ultraviolette Strahlen, eine weit grere Rolle spielen, als man noch vor kurzem anzunehmen gewagt htte. Gar nicht zu reden von den dort noch viel strkeren brigen kosmischen Strahlungen, die mglicherweise zusammen mit dem Sonnenlicht wenigstens teilweise unsere Atmosphre durchschlagen und auf die Erdoberflche in einem Hagel hochwirksamer Strahlen niedergehen, da sie mit ihrer Gewalt das ganze Universum erfllen. Ihre unvorstellbar groe Kraft in Zusammenhang mit der Wstenverwitterung ist leider noch viel zu wenig erforscht. Wir wissen nur, da ihr ungehindertes Eindringen in bereits gelockerte Erdschichten deren rasche Vermorschung und Vernichtung beschleunigt. Alle diese Einstrmungen kosmischer Strahlen sind ausschlielich zerstrerisch, denn sie bedeuten ein unablssiges Zerbrechen, ein Ausdergestaltreien, ein die Kristallform in immer kleinere und noch kleinere Kristalle Aufspalten. Die Vorbedingung des irdischen Seins fllt also Krften aus dem unendlich berlegenen kosmischen Sein zum Opfer, um gewissermaen zuletzt durch sie wieder etwas wie freie Materie zu werden. Der titanische Kreislauf der Gestirne, ein Kreislauf von so unvorstellbaren Gewalten, da jede Phantasie an seiner Vorstellung erlahmt, bewegt auch die kosmischen Strahlungen scheinbar in einem groen Triebrad des Werdens und Vergehens. Licht als letzte uns sinnlich fabare Erscheinung, sich selbst vernichtend und formend, einen Strom von Gestaltung erweckend und wieder verschlingend, zerstrt auf der anderen Seite das gewissermaen eigengeschaffene Werk und zerlegt es in seine letzten und allerletzten Bausteine, bis wiederum nur die Welle der freien Energie brigbleibt, die sich in Licht verwandelt. Das Leben alles Leben, wo und wie immer es auch vorhanden sei ist sozusagen als kleinerer Kreislauf in das gewaltige Triebrad des Universums miteingebaut. Und ebenso ist es der Kreislauf des Anorganischen, der sich unzhlige Male mit dem des Lebens kreuzt und 25 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

schneidet und in dem alles wieder zu Kristallstaub wird. Dieser Kristallstaub ist jedoch nur ein Teil des irdischen Staubes, der als Staubregen oder Staubwolke auf uns niederfllt. Denn in ihm zhlte der gewissenhafte alte Ehrenberg einmal um 1846 ber Lyon die Organismen, die er enthielt. Er kam darauf, da sich in 720 000 Pfund Masse ein Achtel, nmlich 90 000 Pfund, ausschlielich organischen Ursprunges befand. Falsch wre es, zu glauben, da der Sand, den wir an so vielen Orten sehen, an sich bereits ein deutliches Zeichen des Zerfalles unseres Planeten sei. Davon kann keine Rede sein. Denn wir wissen sehr gut, da er zusammen mit Erosionsschutt in den Tiefen der Meere, in die er von Wind und Wasser hineingetragen wird, sich zu neuen Gebirgen verfestigt. Er gehrt in Wahrheit zu jenem gleichmig schwingenden Rad unendlich lange fortgesetzter Verwandlung, das mit vielen anderen hnlichen Rdern den irdischen Kreislauf bestreitet. Die Menschheit hat niemals eine Erde kennengelernt, in der es ausschlielich nur erst anorganischen Zerfall gab. Auch unsere Vorstellung zeigt uns nur ein vages und unbestimmtes Bild jenes Urzustandes, der materiell wohl sich ausgleichenden Kraftfeldern glich. Die Erdforschung hat ihm den schnen Namen Pr-Algonkium oder Pr-Archaikum geschenkt, aber sie hat nur wenig Kenntnisse hinzugefgt. Lngst gab es die Trennung in Wasser und Land. Aber das Land lag ungeformt von Erosion und spteren Mglichkeiten der Entwicklung da, eine dumpfe, unerweckte, gestaltlose Masse, aus der es vermutlich noch an vielen Punkten von Ausbrchen flacher Prvulkane rauchte. Aus diesen Prvulkanen flammten wahrscheinlich protuberanzenartige Atommassenzersprengungen. Die Wolken, die ber dieser leeren Erde schwebten, bestanden ganz sicher nicht nur aus Wasserdampf, und wohl auch nicht nur aus Kohlendyoxid, wie man es heute von der Venus und dem Jupiter annimmt. Wohl aber drften auch sie in hohem Mae radioaktiv gewesen sein, bildeten Tromben und wilde, in der Atmosphre kreisende Wirbel und warfen demzufolge Strahlungen aus, die einige Gelehrte fr stark genug halten, da ein Teil dieser erstentstandenen Verfestigung zerschmolz und sich wieder in den dampfenden, seichten, noch salzlosen Urmeeren auflste. Es ist ganz gewi nicht zufllig, da die Uranerze aus den allerltesten Erdschichten stammen. Man vermutet sogar, da alle der Uranpechblende verwandten Gesteine mehr oder weniger radioaktiv sind. Der erste Sand, der so auf rein mechanischem oder thermophysikalischem Weg aus den ersten mineralischen Ballungen rieselte, mag also ebenfalls radioaktiv gewesen sein. Vielleicht war auch er ein Teil des ersten, rasenden Wiederzerfalls der Materie, der mit stndigen Lichtblitzen, unaufhrlichem Funkeln und zahllosen Explosionen einherging. Ein phantastischer Anblick, der nie dem Auge eines lebenden Wesens, 26 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

geschweige denn einem Menschenauge zuteil wurde. Ein dsterschwl brtender Himmel, wolkenverhllt, darin ein ewig bewegtes Flackern und Wirbeln, kreisende, als Malstrom tief nach unten auslaufende Trichter tobender, heulender Luftexplosionen, tropfende Nsse und strzende Gewitter, hervorgerufen durch die wild erregte Atmosphre mit ihrem berhohen Wasser- und Ionengehalt. Und darunter das neugebildete Land, das seinerseits Teil an diesen strmischen Entfaltungen nahm und durch sie seine allererste Gestaltung empfing. berall glimmendes Glitzern oder in flammenden Garben aus unsichtbaren Schlnden geschleuderte Eruptionen, die mit ungeheurem Donner das Heulen der Luftwirbel berbrllten. Und das in breiten Flchen hingelagerte Urmeer, noch leblos, nur chemisch aus Gasen gebunden, das sich stndig aus der Hhe niederschlug und als Dampf qualm wieder emporrauchte. Eine rein kosmische Welt, an der noch nichts irdisch selbstndig war, als die Methoden der Verdichtung, Verflssigung und Vergasung der Materie aus unsichtbaren Kraftstrmen. berall rieselte es von jenem anorganischen Sand, der im Schmelzofen von Vulkanen zu Graniten, Porphyren, Tuffen, Aschen und glasigen Obsidianen zusammenflo. Die wieder wurden ihrerseits zerrieben und zerwaschen, verfestigten sich von neuem, zerlsten sich, verhrteten und versteinten abermals unter dem gewaltigen Druck darberhin gewlzter Lavamengen. Die Zeit war noch nicht geboren, wenigstens nicht die Menschenzeit. Aber es gab doch schon ein Nacheinander und auch schon eine Entwicklung. Denn mit der mchtig zunehmenden Verdichtung der irdischen Materie, mit der Eintiefung der Flachmeere, mit der Reinigung der Atmosphre begann allgemach eine, wenn zunchst auch trbe Erleuchtung der Erdoberflche. Immer strker drang das Sonnenlicht ein. Man glaubt, da damit langsam etwas wie ein radioaktives Eigenleuchten des selbstndig werdenden Erdplaneten erlosch. An seine Stelle traten alle die chemischen und physikalischen Prozesse, die ohne das Sonnenlicht nicht mglich sind, das heute der groe Motor unserer Welt ist. Denn wirklich, das Leben der Erde ist absolut an die Ausntzung des Sonnenlichtes gebunden. Ohne Sonne gibt es kein irdisches Leben, ohne irdisches Leben keinen Humus, ohne Humus keine organische Erneuerung, und ohne organische Erneuerung hier stockt das menschliche Wissen! Es kann nur ahnen, da das wieder einen Weg zur Sonne und ber die Sonne zu solchen kosmischen Kreislufen bedeuten wrde, in welcher der Eigenbegriff Erde ausgemerzt ist. Der pro-irdische Zustand unseres Gestirns ist uns also fast ganz unbe kannt. Die Vorstellungen, die man sich von ihm gemacht hat, wechselten von Jahrhundert zu Jahrhundert, zunchst je nach dem Stand der Metaphysik, spter nach den Erkenntnissen von Geologie, Physik und Chemie. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 27

Unsere Zeit stockt bei der Begriffswelt der Radioaktivitt. Im Jahre 2000 drfte man vermutlich bei Strahlen mit direkter Materiebildung angelangt sein. Und um 3000 hlt man auch das mglicherweise fr eine Art steinzeitlicher Beschrnktheit und lernt in der Schule von neuen Corpuscularwellen oder Fliehpunkten oder Sturzstrmen, die stndig das Universum durch rasen und Welten schaffen und zerstren. Vergleicht man tiefste metaphysische Geheimnisse der Vergangenheit mit dem, was uns heute exakte Astround Atomphysik heit, so sehen wir deutlich den Weg, der aus ehrfrchtiger Ahnung zu berechenbarem Wissen fhrt. Allmhlich wandeln sich dadurch auch fr uns schon die Weltgesetze in kosmische Gesetzmigkeiten. Freilich die Unendlichkeit und die grenzenlos unfaliche Struktur des Universums erlauben letzten Endes doch nur ein Zurckschieben unserer Erkenntniskulissen. Der Mensch in seiner Vergnglichkeit ist nun einmal nicht dazu geschaffen, das Sein zu erfassen und zu durchschauen. Das mag anderen Stadien von Wesen vorbehalten sein. Jedenfalls aber gibt es nichts unter den besonderen irdischen Eigenschaften, das nicht auch irgendwie vom Kosmischen beeinflut wre. Jede noch so alltgliche, noch so banale Kette von Geschehnissen ist irgendwo im Jenseitigen verankert. Wobei ich unter jenseitig nichts anderes verstanden wissen mchte, als was das Wort besagt, nmlich die andere Seite, die, obgleich wenig bekannt, eben doch die andere Seite aller Dinge ist. Also genau so zu ihnen gehrt, wie die diesseitige, die uns so allvertraut vorkommt. Vorkommt, bitte, nicht ist! Denn weniges auf der Erde ist so lckenhaft wie die menschliche Erkenntnis ber sie und lt infolgedessen so viele Trug- und Fehlschlsse zu. Doch das nur nebenbei. Es soll nur zur Erluterung dienen, da und weshalb wir die kosmischen Ursprnge des Humus nicht durchschauen knnen. Aus dem einfachen Grund, weil wir den eigentlichen, allerersten Werdeproze des Irdischen bisher nicht einmal annhernd kennen. Wir mssen uns logischerweise nur das eine sagen, da es einmal eine Ichwerdung der Erde gegeben haben mu, in welcher sie aufhrte, nur ausschlielich eine Abspaltung der Sonne oder eines teilweise noch ungeborenen Planetensystems zu sein. An diesem Punkt setzt nmlich ganz unzweifelhaft alles das ein, was sich uns heute als irdische Ablufe darstellt, einschlielich von uns selbst und allem, das wiederum das Werk des Menschen ist. Damals also begann auch die Mglichkeit des Lebens zeitlich unmebar lange vor dem Leben selbst und mit ihm die Mglichkeit einer Humusbildung. Vielleicht wre es richtiger, zu sagen, die Notwendigkeit einer Humusbildung. Denn das Leben als solches, begrenzt und gewissermaen von Anpassung zu Anpassung sich fristend, braucht unbedingt einen Zustand der Gestalt- und Funktionsvernderung, wozu auch eine jeweilige Vernderung der jeweiligen krperlichen Integrationsstufe gehrt. Wir mssen uns was leider viel zu selten geschieht! einmal ganz plastisch vorstellen, da nicht 28 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

nur die Elemente, sondern auch die Lebensfhigkeiten in ihrer plasmatischen Organisation stndig ineinander bergehen. Nicht nur durch das primitive Fressen und Gefressenwerden, sondern auf eine viel raffiniertere, subtilere, kompliziertere Weise. Die Kette der Lebensgestaltungen, wo sie nicht durch solche Einverleibung in allerdirektestem Kontakt sich vollzieht, mu doch immer und berall den gegenseitigen Anschlu finden. Ob es ein Weg vom Bakterium zum Nilpferd ist, ob es von den fossilen Pflanzenwelten bis zum Korn unserer Felder reicht, der Weg ist immer derselbe. Immer geht er ber den Humus. Wie denn sollte auch diese unaufhrlich sich wandelnde Gestaltung mglich sein, wenn nicht durch Humus? Er ist doch das leider nicht unerschpfliche, wenn auch nicht ganz so leicht zu erschpfende Reservoir, das alle ausgebrauchte Lebensform aufnimmt und wieder neugeformt zurckgibt. Tod bedeutet also, solange die Erde bestand, besteht und bestehen wird, im organischen Sinn nichts anderes, als die jeweilige Unterbrechung zeitbedingter Gestaltung mit der Mglichkeit unbegrenzter Neugestaltung. Was nmlich die krperliche Materie, die zehn Elemente anlangt, deren ganz bestimmt dosierte Verbindung das rtselhaft proteusartige Ding Plasma oder Lebensstoff ergibt. Und darum ist eben Tod ein Jenseits in dem vorhin errterten Sinn, die andere Seite des Lebens, aber untrennbar zum Leben gehrig. Der sichtbare Ausdruck der materiellen Umformung indes, der Ort, die Zeit, der Ablauf ihrer Prozesse und die Verteilung derjenigen Stoffe und Wesen, die an diesen Prozessen immer wieder beteiligt sind das eben ist Humus. Damit htten wir denn auch endlich eine, wenn auch etwas umstndliche, so doch den Tatsachen entsprechende Definition dessen, was Humus ist. Sie trifft und erklrt weit mehr, als der Hinweis auf den lateinischen Ursprung des Wortes. Denn der entstammt einer ra des menschlichen Denkens, in welcher man wenig geneigt war, sich mit solchen alltglichen Dingen eingehend abzugeben. (Kleine Randbemerkung: Was ist alltglich im Sinn von Weltausgleich?) Zugleich geht aber auch aus der soeben gefundenen Definition das eine hervor, da alle diese bezugnehmenden Urschlichkeiten zwar an das Irdische in jeder Hinsicht angepat sind, aber mit diesem zusammen direkt und indirekt im Kosmischen wurzeln. Ja, da Humus sogar der ganz besondere materielle Ausdruck des Kosmischen, also des Jenseitigen ist, weil er jene Seite des Lebens umfat, die eben die andere Seite ist. Jene dunkle, immer und allezeit unbegreifliche, in der alles wie in einem ewig geffneten Schlund verschwindet und alles wieder neugestaltet ans Licht tritt. Insofern mu man das noch besonders betonen? hat also jeder Mensch eine zwingende Veranlassung, sich mit Humus zu beschftigen, denn dieser ist Unterbrechung und Auferstehung seines Krperlebens. Das freilich betrifft nur das Individuelle. Darber hinaus gibt es noch unendlich viele Beziehungen zum Humus, und sie greifen in das Leben der Erde ebenso ein, 29 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

wie in Wirtschaft, Weltorganisation, Gesundheit und Zukunft der Menschheit. Aber wohl verstanden! immer aus dem Kosmischen ins Irdische hinber und vom Irdischen ins Kosmische hinaus. Die irdischen Vorbedingungen Vierzehn Stoffe kennen wir als Schpfer unserer Erdrinde. Es ist nicht hundertprozentig ausgeschlossen, da einmal noch einer oder der andere neue dazugefgt werden wird. Aber das kann nur dann geschehen, wenn es uns gelingt, tiefer in den Erdball einzudringen, als uns das bisher mglich war. Im groen und ganzen ist es nicht sehr wahrscheinlich, nur, wie gesagt, eben nicht vllig ausgeschlossen. Diese vierzehn Stoffe sind: Kieselsure, Kalk, Kohlensure, Tonerde, Kali, Natron, Phosphorsure, Schwefelsure, Chlor, Magnesia, Eisenoxydul, Eisenoxyd, Mangandioxyd. Das sind dreizehn. Der vierzehnte heit Wasser. Alle zusammen sind die Gtter unseres irdischen Ahnensaales, zugleich Schpfer und Geschpf, frher einmal Element genannt und als eine unteilbare Einheit angesehen, dann aber erkannt als ein in Atome Trennbares. Auch diese Erkenntnis wird, beilufig bemerkt, noch nicht die letzte und absolute sein. Denn das Atom ist eine viel zu komplizierte Bildung, als da mit ihm die Strukturierung der Materie htte beginnen knnen. Es mssen ihm ganze Ketten von anderen, viel einfacheren Bildungen vorangegangen sein, die als Vor- und Zwischenstufen dienten. Da wir heute nichts davon ahnen und auch keine technischen Vorrichtungen besitzen, um das festzustellen, ist kein Argument dagegen. Praktisch kommt diese Erwgung fr uns berhaupt nicht in Betracht. Denn gleich allen anderen Lebewesen besitzt der Mensch die Fhigkeit, zwar die ihn umgebenden Elemente nach jeder Weise zu bentzen, dabei aber von ihrer theoretischen Erkenntnis ganz unabhngig zu sein. Alles, womit wir bauen und werken, alles, was wir herstellen und verkaufen, sogar das, was unseres Daseins allerengste Notdurft ist das alles kennen wir in seinem letzten Aufbau nicht. Trotzdem handeln wir so, als gbe es fr uns nirgendwo einen verhllenden Schleier von Sais. So geht es uns nicht nur mit der Elektrizitt, sondern auch mit dem Atom. Die Mehrzahl der Menschen war durchaus damit zufrieden, in ihren Zeitungen zu lesen, da man durch gewaltsame Zersprengung von Atomkernen binnen wenigen Sekunden Millionen von Menschenleben vernichten kann. Und viele von ihnen glauben, durch diese Tatsache bereits den Bau des Universums verstehen zu knnen. O sancta simplicitas unnderbarer Mensch! Die Stoffe der Erdrinde sind also nicht darum unstabil, weil sie keine Elemente sind oder doch nicht das, was man einmal als Element verstanden hat. Wohl aber kann man daraus schlieen, da auch die Erde als selbstndiger Krper nicht stabil ist. Das zu wissen, ist sehr wichtig. Man begeht immer wieder den groen und nicht wieder gutzumachenden Irrtum, 30 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

da man in die Rechnung des materiellen Seins unser Gestirn als etwas Dauerndes einstellt. Alles in allem ist jedoch nichts an ihm dauernd, auer einem ununterbrochenen Wechsel von Verbindungen der vorhandenen Stoffe, der Zerreiung eben geschlossener Verbindungen und der Bildung neuer, anders gearteter Verbindungen. Das ist so allgemein und selbstverstndlich, da man ein ungeheures Aufhebens von den wenigen Stoffen macht, die bei diesem Narrentanz des ewigen Wechsels der irdischen Stoffe nicht mittun. Durch die Jahrtausende widerhallt der Ruhm von Gold, Silber, Platin, jetzt auch des Heliumgases, nur darum, weil sie sich in ihrem Aufbau nicht stndig verndern. Jedermann hat von ihnen gehrt, whrend ich besagten Jedermann nicht ohne weiteres fragen mchte, was Phosphorsure, Chlor oder Mangandioxyd ist. Nun sind die stabilen, die nicht verbindbaren Stoffe nicht nur wenig zahlreich, sondern auch gering an Masse. Mglicherweise mu man sie einfach als einen sauerstoffeindlichen, tellurischen Sonderfall ansehen. Wenn der Mensch nicht danach gieren wrde, Unvernderbares aufzuspeichern, weil sein vergnglicher Besitz sich dann in einen Stoff umwandelt, der weder von Suren, noch vom Feuer, noch von der Verwesung zerstrt werden kann, so wren die Edelmetalle fr das Leben praktisch wertlos. Sie wrden allmhlich zerschrotet und zersiebt werden, bis das Meerwasser sie dann endlich vllig auflst. Es enthlt ja ohnedies z. B. Gold in so feiner Zerstubung, da man immer wieder daran denkt, es ihm mit verschiedenen Mitteln zuletzt sprach man von Elektrolyse zu entreien. Mit dem Leben aber haben nur die wandelbaren Stoffe zu tun. Denn das Leben ist das Wandelbarste vom Wandelbaren. Darum ist es ausschlielich auf die vernderlichen Dinge angewiesen. Das ist ein circulus vitiosus, an dem nichts zu ndern ist. Man mu sich vorstellen, da die Elemente wie man der Bequemlichkeit halber die groen Vierzehn weiter nennen mag einst aus den unser Gestirn bildenden Gasen ausgefllt wurden. Vielleicht hngt es damit zusammen, da sie nicht berall gleichmig verteilt sind. Allerdings haben die vorbeigegangenen Erdzeitalter unglaublich viel zu ihrer rtlichen Umschichtung beigetragen. Es soll sich niemand einbilden, da irgendwo auf unserer Erdoberflche auch nur ein Stein noch an demselben Platz liegt, wo er ursprnglich entstanden ist. Wir knnen uns nicht einmal ein annherndes

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Bild davon machen, was und wie seinerzeit das gewachsene Antlitz unseres Planeten war, bis Erosion, Klima, Lichtdruck und Zerstrahlung an ihm herumzumeieln begannen. Es ist mehr als wahrscheinlich, da bereits ber jeden Punkt der Erde mehrmals Wasser, Sand, Gebirge und Ebenen hingewandert sind. Denn die Unstabilitt der groen Vierzehn bezieht sich nicht nur auf ihre chemische Zersetzbarkeit, sondern auch auf ihre lokale Verschleppung. Auch sie ist eine Zahl in der endlosen Rechnung der Erdvernderlichkeit, die man nicht auer acht lassen darf. Also weder an ihrem Ort, noch in ihrem ursprnglichen Zustand sind Gesteine auf uns gekommen. Wir sind und das klingt nur paradox, ist es aber nicht also Besitzer eines mineralischen Trmmerhaufens, und zwar eines Trmmerhaufens, der inzwischen bereits vielmals wieder abgetragen und neu aufgeschttet wurde, der wirr durcheinander geworfen liegt und so zerkrmelt und wiederum verfestigt ist, da man die frhere Beschaffenheit zum Teil nur noch vermuten kann. Wir, die Lebenden, brauchen uns indes ber diesen Zustand nicht zu beklagen. Denn mit dem, was einst Erdrinde war, knnten wir nur recht wenig anfangen. Wir sehen das an den eisenharten Graniten von Manhattan, wir sehen das an der finnisch-karelischen Urgesteinsplatte. Beide waren, als der Mensch noch nicht an sie rhrte, entweder von schweren Nadelholzwldern bestanden oder de, traurige Tundra. bersetzt in die Humuswissenschaft heit das: sie zerfallen zu einem sauren, unergiebigen Rohhumus, auf dem wohl der nomadisierende Jger, aber nicht der Ackerbauer und Grtner existieren kann. Geologie galt zumeist als eine Wissenschaft, die ihren Hauptzweck in sich selber fand. Erst in neuerer Zeit sieht man ein, da auch sie in das praktisch anwendbare menschliche Wissen eingeordnet werden kann, dessen man bedarf, wenn man etwas von den Beziehungen der natrlichen Welt ntzen will. Freilich ist damit stets etwas wie eine Art Entzauberung verbunden. Trotzdem versinkt bei solchen geologischen Studien ausnahmsweise nicht die Fabelwelt ausgestorbener Riesentiere und Riesenpflanzen. Es geht nur der dsterflammende, in seinen Zusammenhngen gnzlich unverstndliche Prospekt dahin, auf dem Sintfluten, Eiszeiten, Ketten von feuerspeienden Bergen und atemraubende Erdbeben in furchterweckenden Farben aufgemalt sind. Es verschwindet die Sinnlosigkeit versunkener Kontinente und zu Grabe getragener Urzeitgebirge. An ihrer Stelle steigt der langsame, stumme Zerfall der Berge herauf, die Abwehung der Mornen, die unablssige Erosionsarbeit der Strme und Flsse, die Zermorschung der Gesteine, die leise Verlandung der Seen und Moore, das Davongleiten der Ebenen. Kurz, das alltgliche Hin und Her der Wandlungen der Erdoberflche, das ebenso wenig Beachtung findet, wie die alltgliche Leistung von Millionen von Namenlosen in allen Vlkern, die in Wahrheit erst deren Kultur ermglicht. Das ist die geologische Wirklichkeit, an die man sich gewhnen mu. Letzten Endes vergeht auch die strenge Scheidung zwischen den Erdzeit32 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

altern und ihre Phantastik hochtrabender Namen. Denn dieser unsichtbare Zerfall und dieser stndige Umbau zieht sich wie einzher, unendlich langer Strom durch die Jahrhunderttausende dahin. In ihm geht alles unter, das Lebende und das Leblose. Aber immer wieder taucht aus ihm das Lebende und das Leblose auch wieder auf. Die groen Vierzehn wandeln noch immer als Bildner der Erdrinde unter uns. Freilich nicht mehr in der ursprnglichen Gestaltung und augenblicklich denn wir leben in einem Zeitalter sog. Erdruhe auch nicht mehr mit der ursprnglichen Gewalt. Da ist z. B. der Kalk. Er ist allgegenwrtig zu allen Zeiten und in allen erdgeschichtlichen Formationen. Natrlich hat er sein Eigendasein lngst aufgegeben. Je nach seinen vielen chemischen Verbindungen gibt es kohlensaure Kalke, weiche Kalkmergel, Dolomit in eisenharten Blcken, graue Wettersteinkalke, Kalksandsteine in wei und grau. Die Liaskalke sind rot, die Marmorkalke in allen Farben geflammt, gebndert und gefleckt, die hellen alpinen Kalke verwittern zu Grus, Kalkquarze zeigen einen alabastermilchigen Bruch. Und dann das Heer der kristallinen Kalke: Gips und Kalkspat, Aragonit, Plagioklas, Orthoklas, Hornblende, Augit. Denn Kalk ist ein berall und Nirgendwo, und dennoch gibt es meist zu wenig von ihm im Boden, und die Klage ber die kalkarme Erde wird immer vernehmbarer. Dabei verwittert er niemals nur rein mechanisch, sondern zerfllt stets auch chemisch, denn er ist gierig auf Verbindungen mit vielerlei Stoffen, unter denen er die Kohlensure mit am meisten zu bevorzugen scheint. Praktisch und tatschlich ist jedoch der ganze Boden von Kalk durchsetzt. In immer feinerer Zerkleinerung steckt er berall in der Erde, kristallinisch, krnchenartig, unregelmig gerundet. Man kann im Bild des Mikroskops feine, zierliche Gipsnadeln in ganzen Girlanden zu sehen bekommen. Und da mit den Regentropfen stets auch Kohlensure aus der Atmosphre zur Erde niedergerissen wird, so zerlst jeder Regen Kalk in Kalkbergen, und die Flsse verrieseln ihn und die Gletscher- und Gebirgsbche sttigen sich mit soviel Kalk, da sie davon hart werden und, wo immer man sie abfngt, berall Kalkkrusten hinterlassen. Und schlielich streicht die groe Kalkwelle mit sanft gewordener Brandung auch durch die drei Lebensreiche. Die Pflanzen nehmen sie in der Bodenlsung mit auf. Fr viele Vorgnge des pflanzlichen Lebens spielt Kalk die Rolle eines Katalysators. Sie bedrfen des Kalkes zu besserer Atmung. Buchen wachsen auf Kalkbden schlanker und der Holzkenner freut sich ber ihre grere Weikernigkeit. Der Agrikulturbotaniker kennt seine kalkholden Kulturgewchse ganz genau, und er wei, da vor allem Tabak und Hlsenfrchte zu ihnen gehren. Er hat sich lngst ausgerechnet, da ein gesundes Blatt 6-8 Teile Kalk enthalten mu (dagegen nur 1 Teil Magnesia), und da ein Spinat- oder Salatblatt mitunter zwei- bis dreimal soviel Kalk gespeichert haben kann, als sich im 33 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

umliegenden Boden befindet. Das ist nicht etwa nur gegenwrtiges Bedrfnis. Denn Braunkohle gibt, wenn man sie vllig verbrennt, in 100 kg Asche 18 kg Kalk dem Boden zurck. Und das ist jener Kalk, den einst ungeheure, kirchturmhohe Sequoien- und Sumpfzypressenwlder mit rauschenden Inseln von Magnolien, Sabalpalmen und stacheligem Palmetto dem morastigen, tertiren Sumpfgrund entzogen haben. Dann sind da die Tiere, die den Kalk zu einem festen Sttzgerst verwenden, das ihnen die Last ihrer Muskeln und Eingeweide tragen hilft. Hat jemand schon einmal darber nachgedacht, was er anfinge ohne Arm- und Beinknochen, ohne Schdelkapsel und ohne Rckgrat? Welch bewunderungswrdige technische Lsung, in die weiche Fleisch- und Muskelmasse ein kugel- und stabartig geformtes Stck Kalkgebirge miteinzubauen! Diesen berall vorhandenen Kalk, den die hoffende Mutter mit jeder Mahlzeit zu sich nimmt und den das Kind in ihrem Leib dann ohne weiteres dem mtterlichen Blutstrom entzieht! Einfach aus ihm wegnimmt, so da bekanntlich der gebrochene Arm oder Fu einer schwangeren Frau nicht eher heilen (heilen heit doch in diesem Fall, Kalk mit Kalk ausflicken, denn etwas anderes bedeutet der rztliche Ausdruck an der Bruchstelle einen Callus bilden nicht), bis die Geburt hinter ihr liegt. Das gilt nicht nur fr die Menschen-, das gilt ebenso fr die Tiermtter, die man mit Futterkalk versorgt, damit die Jungen starke Knochen mitbekommen und die Alten sie behalten. Und die weichen Molluskenleiber, die kein Knochenskelett brauchen knnen, die Schnecken und Muscheln, die bauen sich wenigstens auen herum Kalkschalen, mit denen sie sich schtzen und die ihnen Halt geben. Und da sind die vielen gepanzerten Krebse und da sind die unzhligen Kleinwesen, die den Kalk des Meerwassers ausntzen, der aus ihnen endlich zum Grund niederrieselt. Jawohl, man knnte nicht mit Unrecht sagen, da die Welt sozusagen aus Kalk besteht, aus jenem Erdbaustoff Kalk, der sich, selber unbeweglich, gleich einer Riesenraupe ber und unter ihrer Oberflche hinbewegt. Aber ebenso gut knnte man auch die Ansicht verteidigen, nicht Kalk sei der integrierende Bestandteil unseres Gestirns, sondern Kieselsure. Wer dieser Meinung ist, hat ebenfalls nicht unrecht. Denn, wie schon gesagt, mehr als drei Fnftel der Erdrinde sind Silikate oder Silikoide, was Verbindung mit Silizium (nmlich mit Kieselsure) bedeutet. Alle diese Quarze und Quarzite, unter denen sich auch manche echte Halbedelsteine finden (Aventurin, Karneol, Achat, Chalzedon, Turmalin, Granat, Epidot und viele andere), sind unbeschreiblich hufig. Sie nehmen die seltsamsten Gestalten an. Tonerdesilikate z. B. knnen einmal als die erdige Form von Aluminium den mchtigen Schichtensto der ungarischen oder dalmatinischen Bauxitlager bilden. Ein andermal knnen sie als Korund von Naxos kristallisiert sein, und das ist ein dem Saphir verschwisterter Edelstein, hochwertig und 34 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

teuer, nicht so sehr wegen seiner dsteren Wasserblue, sondern weil man aus ihm die ob ihrer Hrte unersetzlichen Schmirgelscheiben herstellt. Auch die Kieselsure wird von Lebewesen als Festigungs- und Sttzvorrichtungen angewendet. Da sie sich verhltnismig leicht in wsserige Lsungen verwandeln lt, kommt sie mit heien Geysiren und auch vielen kalten Mineralquellen aus dem Boden, wo sie Gesteine ausgelaugt hat. Diese Kieselsurelsungen durchtrnken die Erde, als sei sie ein Schwamm. Auch sie werden in den Saftstrom der Pflanzen durch den Wurzeldruck mithineingerissen. Und auch aus ihnen werden Sttzgerste, u. a. die Sttzgerste der Grser. Es sind viele Seiten in botanischen Werken darber geschrieben worden, auf welch wunderbare Art ein Getreidehalm seine schwere hre trgt und sich dabei, wenigstens so lange er noch grn ist, trotzdem noch kniend wieder aufrichten kann, wenn Wind und Regen ihn zu Boden drcken. Aber diese elastische Stabilitt verdankt er nicht nur seinem ausgezeichneten Bau, sondern auch der Kieselsure, die er auf erstaunliche Weise in seine Sttzfasern einlagert. So einfach und leicht durchschaubar wird, wenn man das erfhrt, die Erklrung dessen, da und wieso alle unsere Getreide bis auf den Hafer reine Steppenpflanzen sind und sich auf Steppen und Lbden am allerwohlsten fhlen. Denn diese beiden Bodenarten sind meist reicher an Silikaten als andere. Natrliche, nicht ausgentzte Steppenbden hindern die Auslaugung dadurch, da sich in ihnen Kieselsure und eine wsserige Aluminiumsubstanz (Aluminiumhydroxid) rasch zu einer tonigen Masse verbinden. Durch diese tonige Beschaffenheit wird die Ausschwemmung sehr stark behindert. Man wei sogar, da solche sehr feinen Tonpartikelchen in ihrer Atomstruktur eine negative Ladung besitzen. berall in der Materie aber fhlen sich positive Ionen (d. h. Atomkerne, die einen Teil ihrer Neutronen eingebt haben) durch die negativen Teilchen angezogen und umgekehrt. Der natrliche Ausgleich, der das Atom neutralisiert, ist zugleich gnstig fr die Krmelung des Bodens. Wenn ich vorhin von den Grsern und Getreide ist, wie bekannt, auch nur eine Art Gras als stndigen Kieselsure-Konsumenten sprach, so mu man darum nicht glauben, da sie die einzigen sind, die sich des natrlichen Glases bedienen. Sie sind in seinem Verbrauch sogar ziemlich bescheiden. Da ist der berhmte tropische Teakbaum (Tectona grandis) viel anspruchsvoller. Um sich der zahllosen Insektenfeinde, vor allem der nichts und niemanden verschonenden Termiten zu erwehren, imprgniert er sich mit so viel Kieselsure, da er praktisch gegen jeden Befall, sogar gegen Fulnis, immun ist.

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Freilich wird dadurch sein Holz und die Hlzer verschiedener Tropenbume, die es ebenso machen, so schwer, da sie das Schwimmvermgen einben. Aber noch mehr als sie nehmen die verschiedenen Schachtelhalmarten (Equisetacae) an Kieselsure in sich auf. Die kann man sogar ausglhen, und nachdem alles Sterbliche verflogen ist, bleibt ein zartes, hauchleichtes, glsernes Skelett brig, das von Feuer oder von Suren nicht mehr zerstrt werden kann. Der Chemiker drckt das so aus: Die Asche von Equisetum arvense enthlt durchschnittlich 97% Si02 und kann bei lteren Pflanzen noch mehr betragen. Damit begreift man pltzlich auch die Schachtelhalmwlder frher Erdepochen, z. B. des Devons, in ihrem sonderbaren Bau. Diese schnellwchsigen, sehr altertmlichen Riesengewchse, aufschieend aus warmbrtenden Smpfen, bedurften einer krftigen Versteifung, um 10-12 Meter Hhe zu ertragen. Aus den nassen Bden ihres Standortes entnahmen sie reichlich die Kieselsure, die in hochgesttigten Lsungen dort vorhanden gewesen sein mu. Und als die Riesen zu Zwergen wurden, die nur noch im allerbesten Fall einen halben Meter Hhe erreichten, da blieben sie doch bei der alten, wohl erprobten Verglasungsgewohnheit mit dem Erfolg, da schon die Hausfrauen und Mgde des Mittelalters ihr zinnernes Egeschirr und die zinnernen Humpen mit dem Zinnkraut zu putzen liebten. Denn die glasinkrustierten und glsern ausgelegten Stengel und Blttchen bewirkten eine mechanische Politur, hnlich dem Glaspapier, das es damals freilich nicht gab. Nicht sehr unterschiedlich benehmen sich Bambus (Bambusa) und unser Schilf (Arundo und Phragmites), natrlich aus denselben Ursachen. Desgleichen unsere Riedgrser (Carex). Und ganz besonders das spanische Rohr, das bekanntlich einer Kletterpalme entnommen wird , dem Rotang (Calamus), der den Ruhm hat, den lngsten Stamm der gesamten Baumflora mit ber 180 Metern zu besitzen. Sie alle erlangen durch eine bewundernswert sinngeme Anwendung des an sich beraus harten und sprden natrlichen Edelglases zugleich Festigkeit und Elastizitt in so hohem Ma, da sie smtlich mit dem lebendigen Baumaterial beraus sparsam sein knnen. Dafr knnen sie rascher wachsen und brauchen Wind und Regen nicht zu frchten. Die Bambusen lagern sogar dicke, opalartige Knollen im Stamm ab, die man Tabaschir nannte und seinerzeit als Heilmittel verwendete. Und noch eine uralte Pflanzenfamilie verbraucht Kieselsure. Aber sie lagert sie nicht ein, sondern baut aus ihnen Schachteln, die glsernen Schachteln, deren sich alle Kieselalgen (Bacillariaceen) bedienen. Sie verdanken diesen Schachteln sogar den Namen, denn ursprnglich sind sie zarte, einzellige Pflanzenwesen, hufig wasserklar, meist mit zwei grnbraunen lreserven aus dem Blattgrn verwandten Diatomin. Da sie sonst jeder Verschlechterung ihrer Umwelt, nmlich dem Austrocknen und Einstrzen 36 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

der natrlichen Bodenspalten, preisgegeben wren, schtzt sie das strahlendurchlssige Quarzglas ihrer Schachtel vor dem Zerdrcktwerden. Sie beleben fast ausnahmslos alle Bden und alle Verlandungszonen und ihre Zahl ist nicht einmal mehr astronomisch fabar. Man knnte ein Preisrtsel aus der Frage formulieren, ob es so viel Kieselalgen gibt, weil die Kieselsure so unermelich hufig ist, oder umgekehrt. Da sie sich eines kristallinischen Stoffes bedienen, ist auch ihre Form kristallinisch und nicht pflanzenhaft. Sie sind so uralt, da man sie bereits aus ltester Steinkohle herausgewaschen hat. Kieselsure als Baumaterial bewhrt sich also in der ganzen Pflanzenwelt und in den unterschiedlichsten Formen. Dieses Silizium ist ein Ewigkeitsstoff wenigstens fr die irdische Ewigkeit. Das Leben hat darum gelernt, ihn berall dort zu verwenden, wo eine Sache nicht zerbrochen und lange aufbewahrt werden soll. Alle Samenkrner, die sich als besonders steinschalig erweisen, sind meist mit unsichtbar dnnen Siliziumhuten umkleidet. Das ist fr die Pflanze sicher ein notwendiger und sehr nutzbringender Schutz. Was machen aber die Vgel, nmlich jene Krnerfresser, die vom Aufpicken solcher Smereien leben? Was fangen sie mit der verschluckten Kieselsure an? Auch dafr ist gesorgt. Sie lagern sie nmlich in ihren Federn, oft auch nur in den Federkielen ab. Auch der Vogelkrper ordnet sie also nach dem Prinzip rtlicher Verfestigung dort ein, wo es sich zugleich um Elastizitt und Unzerstrbarkeit handelt. Nun gehren allerdings auch Federn nicht zu den unvergnglichen Dingen. Nach dem Tod des Vogels, zuweilen schon bei seinen Lebzeiten, werden sie von milbenartigen, sichelklauigen und ganz im Verborgenen lebenden Federlingen (Philopterus) aufgezehrt. Mit ihnen, die zur groen Schar der Abbauer gehren, kehrt die Kieselsure denn auch schlielich wieder in die Erde zurck, aus der sie kam, nachdem sie eine Weile Samenkorn, Vogelschwinge und Insekt war. Dieses wunderbar edle Naturglas, das um so stabiler ist, je reiner es sich auskristallisiert, wird erstaunlicherweise verhltnismig leicht vom Wasser angegriffen. Schon durch kalte, unbedingt aber durch heie Quellen wird es aufgelst. Auch der Geysir behlt es nicht. Er setzt es rund um seinen Rand in Stufen ab, die sich zuweilen becherfrmig wlben und den ganzen Quellursprung bis zu mehreren Metern erhhen knnen. Schimmernd in sanften Regenbogenfarben, liegt es dann als Sinter, wiederum glassteinartig und auch von glserner Gltte, hingebreitet. Denn aus dem gelartigen Wasserglasstadium erhrtet es an der Luft bald wieder zu sprder Festigkeit. Bemerkenswert fr die Kieselsure sind ihre langen Moleklketten. Sie ist beraus geneigt, alle mglichen und unmglichen Verbindungen zu bilden. Bevorzugt werden Aluminiumverbindungen, die man als Basalt, Granit, Gneis und Porphyr unterscheidet. Selbst Rubine, Saphire und Smaragde http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 37

sind nichts als solche Kieselsureverbindungen, in denen der Sauerstoff eine groe Rolle spielt. Im allgemeinen ist in der Erde so viel Aluminium vorhanden, da man auf eine Handvoll annhernd 20 Gramm schtzt, ziemlich einerlei, woher man die Erde genommen hat. Die Metallurgen wieder sagen uns, da man aus 20 Gramm Aluminium bereits einen groen Elffel gieen kann. Es ist also ganz richtig, da Aluminium das Metall der Zukunft sein wird. Dabei setzt es dem Zusammenschmelzen mit anderen Stoffen nicht den mindesten Widerstand entgegen. Platin, Gold, Silber, Kupfer, Kobalt, Nickel, Zink und Eisen lassen sich mit Aluminium legieren. Und dieses hat dabei den Vorteil, nur ein Drittel so schwer wie Eisen zu sein. Aber auch Wismut, Zinn, Mangan und abermals Silizium lassen sich zu Aluminium dazufgen. Es gibt nur drei Stoffe, denen es absolut und unter allen Umstnden feindlich gegenbersteht, und das sind Antimon, Blei und Kadmium. Aber die Bedrfnisse des Menschen sind nicht die Bedrfnisse des Bodens. Der Boden braucht weder Amalgame noch andere Legierungen. Er kann mit festen Substanzen nur dann etwas anfangen, wenn sie entweder feinstzermahlener Staub oder aber wsserige Lsungen sind. Man darf niemals vergessen, da im Humus nicht nur der organische Umwerter aller Werte erblickt werden mu, sondern da das ebenso fr das Anorganische gilt. Damit fllt jedes Ding gewissermaen aus seiner eigenen Zeit und seinem eigenen Raum. Gebirge und Palste versinken unter den ganz gleichen Umstnden in der Erde, und alle Formen des Lebens gehen in sie ein und von ihr aus. Es gibt kein Wort in keiner menschlichen Sprache, das zu schildern vermchte, welches Sammelsurium von Vorgngen und Stoffen der Begriff Boden eigentlich darstellt. Wie buchstblich alles in ihm kreist, wie aber dort auch alle Raum- und Zeitgebundenheit aufhren und wieder verndert von neuem beginnen. Das Sein, und sicher nicht nur das Sein der Erde, ist ein gesetzmig geordnetes Nacheinander. Das wissen wir lngst. Es ist aber mit unseren heutigen Kenntnissen beraus schwer zu sagen, wie sich dieses Nacheinander des Seins auf den Humus anwenden lt. Wir kennen nicht annhernd alle die mehrfltigen bis vielfltigen Verknpfungen, die auf- und absteigenden Gestaltungsketten. Wir knnen kaum entscheiden, wo das Anorganische aufhrt und das Organische beginnt. Humus, mit heutigen Kenntnissen gesehen, ist noch immer ein heilloses Wirrsal von chemischen, mechanischen und biologischen Ablufen, die durch das Netzwerk des Lebens unaufhrlich neuverbunden werden. Man kommt nicht weiter, wenn man sich dieses Fadenwerk nur theoretisch vorstellt. Anschaulicher ist es, einzelne Beispiele aus ihm herauszulsen und in ihrer Funktion und Verknpfung zu betrachten. Da ist das Kali. Eine unersetzliche, glcklicherweise unendlich hufige 38 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Substanz, eine von denen, die in ununterbrochenem Wechsel durch organische und anorganische Krper wandert. Fein verteilt, auch in flssigen Lsungen, reit es im Boden die freiwerdende Kohlensure an sich, ehe sie an die Luft entweichen kann. Es tut das in Wechselwirkung mit einigen Bakterien und verschiedenen anderen Kleinwesen. Mitsamt der Kalilsung scheint die flchtige Kohlensure, die eigentlich der wahre Strkebaustoff ist, in der Pflanze gebunden zu werden. Mit Hilfe von Chlorophyll, das Strke, l und Zucker (nmlich ber die Brcke eines Polysaccharids) macht, vollzieht sich die Materialisierung dieses Gases. Wo immer die Pflanze mehr Kali aufnimmt, geschieht die Blattgrnarbeit in verstrktem Ma. Aus Erfahrung haben wir gelernt, unsere Zuckerrben mit reichlich Kali zu fttern, um durch ihren schnen, dicken, dunkelgrnen Blattschopf mehr Zucker in der Rbe zu speichern. (Das ist freilich nicht die Absicht der Zuckerrbe, die das Manko eines unerhrt armseligen, buchstblich nur aus einem Keimling bestehenden Samens durch die einjhrige Anlage eines Futterspeichers fr die Blte und Frucht des nchsten Jahres ausgleichen mu.) Die bessere Kohlensureverwertung durch Kali machen sich viele Pflanzen zunutze. Von den Kulturgewchsen zhlen Buchweizen, Roggen, Lupine und Kartoffel zu den echten und rechten Kalipflanzen, und Paprika ebenso wie Spinat sind Kalifresser ersten Ranges. Man glaube aber ja nicht, da das groe Kalibedrfnis nur auf unseren Feld- und Gartenbau zutrifft. Warum setzt sich der zierliche, kleine Erdrauch (Fumaria off.) so hartnckig auf frisch umgeworfenen Gartenbeeten und ckern fest? Nur darum, weil er einen greren Kalibedarf hat, als er auf ungedngtem Boden zu decken wre. Der bittere Beifu (man nennt ihn darum Arthemisium absinthum, weil man den dunkelgrnen Absinth aus ihm brennt) stirbt geradezu auf kaliarmen Bden. Hat Verlaine, der leidenschaftliche Verehrer des Absinths, es je gewut, da es an einer Kalifrage der franzsischen Bden hing, da seine bezaubernden Verse wolkengleich aus diesem giftigen Rausch aufstiegen? Klee ist nicht weniger auf Kali versessen. Und dann erst die Bume, allen voran die edle Kastanie (Castanea). Bei ihnen wirkt sich das Kali im Holzzuwachs aus. Wer also Stcke sprengt und die Zersetzung von Moderholz in der Erde dadurch unmglich macht, schdigt den Boden sehr wesentlich um Kali. Das spren nicht nur die Bume eines Waldes, sondern sogar die Pilze, bis hinunter zu den Bodenpilzen, denn auch sie bedrfen des Kalis als einer lebenswichtigen Substanz. Und weil es ihnen so lebenswichtig ist, darum speichern sie es alle in ihren Zellen und Geweben. Geht ihr Lebensproze zu Ende, so wird dadurch das unverwesliche Kali wieder frei. Es gelangt auf die natrlichste Weise wieder in den Boden. Geht aber der Kreislauf durch den Tiermagen, so ist dort das Kali weit weniger willkommen. Man wei von Kalikoliken bei Mensch und Rind, und einer der stndigen Einwnde gegen die knstlichen Dngesalze ist die relative bis absolute Unbekmmlichkeit der mit Kali ber39 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ftterten Pflanzen. Wie malos Gewchse gerade auf Kali erpicht sind, davon hat der Laie nicht immer eine richtige Ahnung. Der Pflanzenchemiker dagegen wei es ganz genau. Wenn er ein Gewchs in ein Huflein Asche verwandelt und dann die Asche untersucht, so verrt der Reichtum an Kali, wie sehr sich die Pflanze bemht hat, zu Lebzeiten dieses Leichtmetall zu speichern. Trotzdem dem Fachmann die Zahlen selbstverstndlich bekannt sind, will ich sie fr meine Leser hierhersetzen. Der Kaligehalt in der Asche von Bodenpilzen betrgt 8,7 39,5 Prozent, von Kartoffeln 60 Prozent, von Aprikosen 63 Prozent, von Pflaumen 66 Prozent, von Kaffeebohnen aber 80 83 Prozent. Sogar die Bodenbakterien besitzen noch 4-25,6 Prozent. ber das Schaf geht einer der vielen Fden des Kalikreislaufes auf recht absonderliche Weise weiter. Der sog. Wollschwei, das erste Waschwasser der schmutzigen Schafwolle, ist stark angereichert mit Kali. Nicht direkt, sondern im Lanolinfett, das fettsaures, essigsaures Kali enthlt. Und zwar so viel, da man es zu Pottasche zu verarbeiten pflegt, indem man es eindampft, glht und dann wieder auslaugt. Das Steppentier Schaf frit also die kalireichen Pflanzen der kalireichen Steppen- oder Kulturbden. Das heit, aus der Erde wandert dadurch das Leichtmetall Kalium in die Trockenflora und von da in das Wollfett ein. Die Pottasche aber wird auf vielfltige Weise entweder von der Industrie aufgenommen oder als Dnger ausgestreut. Tausend Irrfahrten hin und her sind mglich. Schlielich aber landet das Kali dort, wo es hingehrt, nmlich wieder im Boden. Alle diese Kreislufe von Geschpf zu Geschpf sind kurzlebig, wie es den wandelbaren Organismen entspricht. Ganz anders steht es mit den anorganischen Kreislufen. Sie haben nur das mit denen des Lebens gemein, da in gereinigter oder gar chemisch reiner Form weder bei dem einen, noch bei dem anderen jemals Kali gebunden wird. Niemals ist es das schne, silberweise Pulver, sondern immer nur ein Zerfallsprodukt. Feldspate in rohen und ungefgen Knollen in einer Form, die man Orthoklas und Plagioklas nennt, sind die Hauptlieferanten. Aus ihnen macht sich Kaliglimmer, Magnesiaglimmer, und ein ob seines minutisen Gefges Mikroklin genanntes Mineral frei. Das alles zerfllt und bindet sich immer wieder, bis schlielich nur Zeolithe und kaolinithaltige Erden brig bleiben. Aber das geht selbstverstndlich langsam und zieht sich oft durch ganze Erdperioden hindurch. Aus lngst untergesunkenen Festlndern wurde erdzeitalterlang einstmals Kali ins Meer geschwemmt und aus den Sedimenten dieser auch schon lngst nicht mehr vorhandenen fossilen Meere grbt dann

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der Mensch das Kali nach Jahrmillionen wieder aus. Dann heit es Kainit, schwefelsaures Kali und schwefelsaure Kalimagnesia. Davon ist das eine mit 12 bis 15 Prozent, das zweite mit 48 Prozent, die dritte mit 26 Prozent Kali ergiebig. Und damit setzt der Kreislauf durch die Zeit von neuem wieder ein und es ist nicht abzusehen, wann und wodurch er einmal sein Ende finden sollte. Seit man entdeckt hat (es geschah durch den bekannten Prof. Stoklasa), da Kali radioaktiv ist, baut man darauf allerhand Vermutungen bezglich seiner Wachstumsenergien auf. Man hat seine Radioaktivitt auch schon gemessen. Sie bertrifft diejenige des Trinkwassers, denn sie mit 30 095. Es ist also nicht bertrieben, wenn man sagt, da der so aufbauend sich bettigende Stoff Kali anderseits auch wieder am Zerfall der Erdrinde seinen Teil hat. Es ist aber bisher noch nicht genau erforscht worden, wie und wodurch sich seine Emanationen auswirken. Und so greift dies alles ineinander: Chlorophyllvermehrung, erhhte Zucker- und Strkeproduktion, Wollschwei und Zuckerrbe, Klee und Absinth, Kalikoliken und Pflanzenaschen, Rckgewinnung aus der Zuckerrbenschlempe, die fossilen Urmeere des heutigen Stafurter Beckens, Orthoklas und Kalidoppelsilikate, die ungeheure Kunstdngerindustrie, geheimes Leben unsichtbarer Bodenpilze. Und das alles wallt vorbei, um uns, durch uns, neben, ber, unter uns und wir werden zugleich von ihm umsplt und fortgetragen, ohne etwas dagegen tun zu knnen. Und immer wieder landet es im Humus als freigewordener Zerfall und als neue Gebundenheit des Seins. Da wir so sehr von ihnen abhngig sind, mssen wir wenigstens flchtig die wichtigsten Stoffe kennen lernen, aus denen sich der Boden aufbaut. Ein dunkles Gestein, berall vorhanden, heit Apatit. Aus ihm wird unweigerlich Phosphorsure. Lngst verrauschte Meereswellen jener alten Tethys, die einst als Ozean den grten Teil der heutigen Kontinente bedeckte, haben unter vielen andern Sedimenten eine Materie abgesetzt, die man Anhydrit nennt. Solcher Anhydrit, der als wasserfreier, schwefelsaurer Kalk in den Handel kommt, wird meist ber Steinsalzlagern gefunden. Er liefert schwefelige Stoffe. Ein gewisses schwefelsaures Salz entlt Bodenschwefelsure in die Erde. Magnesium wieder wird von Olivinen (die eigentlich ein dunkelschilffarbener Halbedelstein sind), von Augiten, Chloriten, von Serpentinen, Dolomit, von Hornblende, Kalk und Magnesiaglimmer ausgeschieden. Der Laie braucht sich alle diese Namen nicht zu merken. Der Fachmann kennt sie ohnedies. Sie stehen nur hier, um einen Begriff davon zu geben, wie wichtig die mineralische Aufschlieung und der Zerfall der Gesteine fr die Erde ist. Die Erdrinde ist in einer ununterbrochenen Aufspaltung begriffen. Verwitterung ist nichts anderes, als eine Art anorganischer Verwesung, eine Zermorschung von Gesteinen. Ein allgemeiner Zustand solcher sich auflsender Gesteine heit Zeolith. 41 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Aus allen mglichen Mineralien, meist Siliziumverbindungen, knnen Zeolithe werden. Auch aus Doppelsilikaten, an denen wieder Kali, Kalke, Natron und Tonerden beteiligt sind. Ihr kristalliner Bau ist schon lngst nicht mehr intakt, sie sind gleichsam aufgequollen, ihr Gefge ist gelockert von Feuchtigkeit und Gasbildung. Wieder wird etwas Allgemeines aus ihnen, eine lichte oder hellbrunliche Masse sie heit Kaolin oder Kaolinit. Sie zerrieselt zu einer sich mhlich dunkler frbenden Erde, in welcher sich die einstige Gestaltung ganz verliert. Die Humussuren, mit denen jeder Boden angereichert ist, sind es, die alles zerlsen. Ihnen fallen die Phosphate zum Opfer, zu denen sich der Apatit verwandelt, und aus den Phosphaten befreien sie die wertvollen Phosphorsuren. Sie reien Eisen aus der gewhnlichen Verbindung Eisenoxydul. Sie durchsetzen und zersetzen Tonerden, flocken sie auf, verwischen vllig ihren einstigen Quarzursprung. Die Kieselsure, die sich unbekmmert mit allen Elementen verbindet, wird allmhlich wieder aus diesen Verbindungen hinausgetrieben. Der erste Schrittmacher der Zerstrung ist immer das Wasser, das alles Lsliche herauswscht und wegschwemmt, Alkalien, Kalk, Magnesia. Zurck bleiben die wasserhaltigen, also in ihrem Bau schon krftig aufgelockerten Metallsilikate, Eisenoxyd, Eisenoxydhydrate, Magnesiasilikate. Das meiste wird fortgetragen. Bei geringer Feuchtigkeit und mangelndem Geflle bleiben Salze liegen und binden sich neu zu schwer lsbaren Stoffen. Dann nimmt der Boden eine seifige Klebrigkeit an, er wird undurchlssig und vergipst zuletzt zu einer festen, unbeweglichen Masse. Die Natriumkarbonate berwiegen darin. Ist es ganz schlimm, dann blhen Natron und Soda in weien Krusten aus und die obersten 8 bis 10 cm sind glitzernd von salzigen Kristallen, wie bei den Bitterseen am Suezkanal und in der australischen Wste. Aber solche extreme Salzstauung ist in einem normalen Boden nur sehr selten. Meist geht die Humifizierung, die ja das Anorganische ebenso umfat, ihren weltenalten Gang unbekmmert weiter. Die Silikate werden zu Zeolithen, die Zeolithe zerlsen sich zuletzt scheinbar spurlos unter dem unaufhrlichen Druck des stets in Bewegung befindlichen, ziehenden und saugenden Grundwassers. In der mechanisch und chemisch sich immer mehr zu wachsender Homogenitt umgestaltenden Masse werden Phosphorsure, Kali, Ammoniak (der vom organischen Zerfall brig bleibt) fast restlos, Kalk, Magnesia, Schwefelsure wenigstens teilweise, Chlor und Salpetersure gar nicht gebunden. Chlor, das hlich stechend riechende, gelbgrne Gas, entweicht bei jeder Art von Fulnis in die Luft und verschwindet ohne Rckstand in der Atmosphre. Salpetersure aber als Endprodukt von Ammoniak bildet sich zu Salpeter um und wird dadurch fr die Pflanzenwurzel aufnehmbar. Die kohlenstoffhaltigen Humussuren indes, die, wie es scheint, stndig der Oberflche des Bodens zustreben, wechseln dort im Licht ihre Gestalt auf merkwrdige Weise. Es wird ein fester, gelber, wachs42 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

substanzhnlicher Stoff aus ihnen, der merkwrdigerweise nach dieser Verdichtung anstatt 63,9 Prozent nur noch 61,5 Prozent Karbon enthlt. Warum das so ist, wei man nicht. Alle diese natrlichen Vorgnge enthalten noch viele ungelste Rtsel. Wo er nicht gestrt wird, geht dieser hier nur eben in Schlagworten angedeutete Proze der mineralischen Humifizierung berall auf der Erde stndig vor sich. Wrme beschleunigt, Klte hemmt ihn. Im arktischen Eis kommt er ganz zum Stillstand. Vielleicht gewinnt man aus diesen kurzen Hinweisen den Eindruck, er sei einfach und leicht zu durchschauen. Das aber entspricht nicht der Wirklichkeit. Er ist unvorstellbar viel komplizierter, in unablssig sich kreuzende Prozesse aufgespalten, die stndig ineinander hinbergreifen, so da uns heute noch die Kenntnisse ber viele Koppelungen und Verbindungen fehlen. Wichtig zu wissen ist nur eines: ob Apatit, Anhydrit, ob Kaolinit oder Zeolithe aus Silikaten, ob Kalkverbindungen oder Sulfate, ob Tonerden oder Chlorite was immer ein Gestein auch gewesen sein mag , jede Form, jedes Kristallgitter, jede Moleklstruktur zerlst sich zuletzt im Humus und wird Humus. Die Herkunft ist nicht mehr zu erkennen, weil neben dem mechanischen und physikalischen auch das chemische Gefge von Grund aus zerstrt und auseinandergerissen wird. Anders wie im Sand geht die Auseinanderlegung der Formen und Elemente viel tiefer, reicht in viel einfachere materielle Zustnde hinab. Die entbundenen Gase, die amorph gewordenen Kristalle, die zersetzten und in dieser Zersetzung neu absorbierten Suren, sie alle geben dem Humus nicht nur den Rang einer Sonderform, sondern einer Sonderformation. Ja, Humus ist eine echte Formation, und zwar die einzige, in der sich Abbau und Aufbau in harmonischem Gleichma die Waage hlt. Einmal war Salz viel kostbarer als Gold. Mit Gold konnte man nichts anfangen. Salz aber konnte man an die einfachen Speisen tun. Alle Pflanzenfresser brauchen Salz, denn keine Pflanze auer den wenigen, die am Meeresufer oder auf Salzbden wachsen, liebt es, Salz aufzunehmen. Jedenfalls, wer nur vegetarische Nahrung zu sich nimmt, bekommt mit ihr nicht gengend Salz in seine Gewebe und das hat zur Folge, da die notwendige Durchlssigkeit seiner Zellhute darunter leidet. Der Wissenschaftler sagt: Die osmotischen Vorgnge im Plasma vollziehen sich darum nicht in ge ngendem Ausma, weil die Diffundierung der Lsungen durch mangelnde Permeabilitt gehemmt wird. Das heit in der Sprache des Laien so viel, da die im Krper enthaltenen Flssigkeiten (nicht das Blut), die ihren Weg gemeinhin durch die Zellhute hindurch nehmen, daran verhindert werden, weil die Zellhute das nicht gestatten. Nmlich darum, weil der Spannungszustand bei mangelndem Salzgehalt nicht ausreicht, um diese Diffundierung zu erzwingen. Aus der Erwhnung dieses (natrlich hier wieder einmal unsglich ver43 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

einfacht dargestellten) Vorganges ersieht man, da das tierische Plasma ohne Salz nicht auskommen kann. Darum bentzt man, wenn eine Transfusion unmglich ist, bei stockender Herzttigkeit oder sehr groem Blutverlust die altbekannte physiologische Kochsalzlsung. Eine hnliche Sache vollzieht sich im Boden. Auch er ist ein Krper, in dem stndig Lsungen zirkulieren. Ihre Durchdringungsfhigkeit hngt zu einem nicht geringen Teil davon ab, da sie entsprechend mit Salzen angereichert sind. Salze gehren zum Bau der Erdrinde. Steinsalz ist eigentlich berall vorhanden, aber oft nur in kleinen Mengen und sehr zerstreut. Es gibt aber auch andere, die man alle zusammen Abraumsalze nennt. Warum? Weil der Menschheit das Steinsalz, als das allein geniebare, so ungeheuer wertvoll vorkam, da man alles, was darber als Decke lag, sorglos und ungeduldig beiseite warf. Denn das waren nur ungeniebare Bittersalze, die schlecht schmeckten und von denen einem bel wurde. Spter hat man diese Abraumsalze dann unterscheiden gelernt in Sylvin, Kainit, Carnallit, Glaserit, Krugit, Polyhalit und noch andere. Liebig hat zuerst erkannt, da diese aus einer ausgetrockneten Meeresbucht stammenden Bittersalze doch wohl nur aus dem Meerwasser sich dort abgesetzt haben konnten. Ins Meerwasser aber kamen sie mit dem strmenden Wasser der Flsse, die sie, wenn auch in kaum mehr sprbarer Verdnnung, aus dem Land, der Erde, den Gesteinen ausgewaschen haben muten. Er schlug die Brcke zwischen der Tatsache, da das Meer Salze enthlt, die das Wasser dem Boden entzogen hat und zwischen der Erkenntnis, da man also den verarmten Bden diese ausgelaugten Salze wieder zurckgeben msse. Mit diesem Gedanken hatte er im Prinzip den Schlssel zum mineralischen Ersatz der durch die Landwirtschaft ausgeplnderten Erde gefunden. Freilich glaubte er, damit schon alles getan zu haben. Dieser Irrtum war begreiflich, denn das Weltbild Liebigs stammte aus einer Zeit, da man in der Chemie die alleinseligmachende Wissenschaft erblickte. Es war auch kein vollstndiger Irrtum, denn, angefangen von der Bodenlebewelt, brauchen die Organismen wirklich jene Dngesalze. Man rumt sie heute freilich nicht mehr von den einst als nutzlos hinausgeworfenen Halden ab, sondern hat es gelernt, die meisten von ihnen knstlich herzustellen. Es war nur unrichtig, zu glauben, die Pflanze sei ein rein chemisches Wesen, das aus Salzen seinen ganzen Wachstumsproze bestreiten knne. Und die berzeugung von der Fruchtbarkeit des Humus sei eine berholte, sozusagen aberglubische Altvtermode. Aber davon wird spter noch die Rede sein. Kehren wir also zum natrlichen Salzgehalt der Erde zurck! Zunchst Salze sind keineswegs nur in der Erde und im Wasser allein. Auch die Atmosphre ist von ihnen erfllt. Alle Kstenwinde tragen Jodsalze und andere in feinem Sprhregen ber das Festland hin, gar nicht zu reden vom Menschen, der durch die Erfordernisse seiner Zivilisation seine ganze 44 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Umwelt mit Salzen anreichert. Man hat sich in England ausgerechnet, da auf ein Feld von 10 000 qm in einem Jahr aus der Luft 27 kg Kochsalz niederfallen. Wenn das Jahr fr Jahr, Jahrzehnt um Jahrzehnt geschieht, so mu natrlich am Ende aus dem Feld ein Salzacker werden. Es ist also kein Wunder, da berall dort, wo die Meerwinde weit ins Land hineinwehen, eine mehr oder weniger starke Versalzung des Bodens, der Luft, der Pflanzen stattfindet. Man sagt sich, das allheilende und allhelfende Wasser wird das Unheil mit der Zeit schon wegschwemmen. Aber darin irrt man sich leider. Natron, Magnesia, Soda hindern eben diese Wegschwemmung, denn sie binden alle Flssigkeiten mit solcher Kraft, da nicht einmal die saugende Pflanzenwurzel sie ihnen entreien kann. Wenn sie Bodenlsungen unter solchen Umstnden aufnehmen will (und dazu ist sie aus Grnden der Lebenserhaltung gezwungen), so zieht sie das Salz mit in die Pflanzengewebe hinein. Die wollen aber ihrerseits durchaus nichts von soviel Salz wissen. Die Strandnelke (Statice), eine echte Meerstrandpflanze, mit ihren starren, dunkel- oder blavioletten Blten, hilft sich dagegen so, da sie durch nach auen sich ffnende Kanle berall aus ihrem Krper das Salz wieder ausscheidet. Andere Salzpflanzen nehmen so wenig Wasser als mglich auf, und fhren ein Dasein gleich den ewig durstenden Wstengewchsen. Das scheint ihnen immer noch ertrglicher zu sein, als ihre Existenz stndig durch zuviel Salz zu gefhrden. Nur die Dattelpalme (Phnix dactylifera), die oft genug im Salzsand wurzelt, hat das Problem auf eine besondere Art gelst, die man allerdings als biochemischen Vorgang nicht kennt. Man wei nicht mehr, als da sie auch auf sehr salzreichen Bden niemals Salz in ihre Zellen aufnimmt. Sie mu also einen Modus der Filtration erfunden haben, der sicher der Nachahmung wert wre, aber leider lt sich schwer etwas nachahmen, das man nicht durchschaut. Wie gro diese organische Leistung ist, erkennt man erst, wenn man sich berlegt, da tropische Meeresksten bis zu 12 Prozent nur an reinem Kochsalz enthalten knnen (in Cuxhaven sind es nur 0,29 Prozent). Unter Umstnden ist aber auch der Norden nicht besser, sondern noch weit schlimmer. Ein alaunfhrender Flu in Finnland ist wegen seiner jhrlichen berschwemmungen darum geradezu gefrchtet, weil er, sobald er ber die Ufer tritt, jedes Mal die gesamte Vegetation bis zur Wurzel zerstrt. So leiden auch die schnen, trumerischen Grten am Mittelmeer, die nicht nur Bcklin so zauberhaft malte, sondern die auch in Wirklichkeit zauberhaft sind mit verlorenem Wellenrauschen und bitterem Lorbeerduft, beraus unter dem Salzhauch, der Bltter und Blten wie mit Feuer verbrennt. Kurzum die Erde ist ein Gestirn, voll von Salzen, und je lter sie sind, in um so strkeren Umlauf geraten sie auf ihrer Oberflche. Die Urgesteine besitzen verhltnismig noch am wenigsten, so wie sie ja auch arm an Kali sind. Aber Schiefer, Sande und Gips kann man fast berall als salzgemischt 45 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ansprechen. Sie erhalten davon alle eine zhe, undurchlssige Struktur, welche die Durchlftung hindert, weil eben das vom Salz gebundene Wasser nur langsam oder gar nicht verdunsten kann. Da gibt es dann, z. B. in gypten, alkalische Bden von so hohem Grundwasserstand, da der Landwirt kaum etwas mit ihnen anfangen kann. Solcher weier Solontschak oder schwarzer Solonetz, berhaupt alle diese Solotibden, mit einem sie fr den Fachmann gengend kennzeichnenden Sammelwort degradierte Alkalibden genannt, sind der Schrecken jedes Menschen, der auf ihnen etwas anbauen mchte. Das Salz ist also ein Danaergeschenk der irdischen Gtter. Im Oberma wird es ebenso gefhrlich, als es bei richtigem Ma unentbehrlich ist. Dieses Oberma ist jedoch leicht erreicht. Noch leichter im Boden, als im Krper, denn dort hemmt zuviel Salz die Humusbildung. Auf den Natronbden des ungarischen Alfld, die wahrscheinlich vor langen Zeiten ein alter Meeresgrund waren, gibt es durchschnittlich kaum 3 Prozent Humus, obgleich sie reich an Kali und Phosphorsuren sind. Diese berchtigten Szikes waren von je eine groe Sorge fr die ungarische Landwirtschaft. Man vermutet, da sie entstanden, als die baumfeindliche Trkenherrschaft im 16. und 17. Jahrhundert die urzeitlichen Birkenmoore abhauen oder abbrennen lie. Seither steht jede Humifizierung still und das Natron beherrscht den Boden. Es ist die echte Pontische Puszta, aus der in der trostlosen Drre vieler regenloser Sommer zuletzt die Sandpuszta wird. Von ihr wei man mit Sicherheit, da sie mit der Entwsserung der Smpfe von Alibunar begann, die zwischen 1722 und 1759 liegt. Grbt man in ihr tiefer, so findet man verklumpte Natriumzeolithe, die sich in Jahrhunderten nicht mehr zerlsen. Was immer man gegen solche Natronbden unternimmt, ob man sie kalkt, drainiert und auf alle sonst mgliche Weise zu verbessern sucht, man gewinnt niemals mehr als hchstens 40 bis 50 cm einer halbwegs brauchbaren, freilich humusarmen Krume, die wenig Ertrgnisse liefert. Selbst die widerstandsfhige Luzerne (Medicago) stirbt, wenn man sie dort im Frhsommer mht, nach dem ersten Schnitt mit groen, gelbweien, wie surebegossenen Flecken ab. Hier gibt es keine fortschreitende Humifizierung. Alle die Solotibden am Great Basin in USA, am Kaspischen Meer, in Zentralaustralien bergen

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bis zu 12 Prozent freier Kieselsure. Die aber schliet sich nicht auf, weil das Salz das Grundwasser festhlt und dadurch weder eine Wasserzirkulation in den Bodenadern, noch eine natrliche Auswaschung und Aufspaltung der Mineralstoffe stattfindet. Alle diese natrlichen Vorgnge werden fast vllig verhindert. Dadurch besteht keine Mglichkeit, da sich das Bodenleben ansiedelt, durch das jene organischen Substanzen entstehen, aus denen der Humus sich bildet. So ist das ein Circulus vitiosus, durch den die Unfruchtbarkeit eines von altersher verarmten und verdeten Landes erhalten wird. Alles das geschieht auch ohne Zutun des Menschen. Es gehrt zum einfachen und unabnderlichen Gang der Dinge. Pflanze und Tier haben gelernt, sich damit abzufinden, und meiden solche Orte bis auf wenige Arten. Der Mensch allein wehrte und wehrt sich aufs heftigste dagegen, da er sich mit irgend einer Naturgegebenheit abfinden soll, die ihm feindlich ist. So hat er es auch in der Salzfrage gehalten. Da er des Salzes bedarf, so beutet er es berall aus und wendet es fr sich an, ohne sich darum zu kmmern, wie sich dieser zustzliche Salzgehalt im Laufe der Zeit dann im Boden auswirkt. Doch davon spter. Da von Meeresniederschlgen schon einmal die Rede ist, so wre es wohl an der Zeit, jener Bodenarten zu gedenken, die ebenfalls mit dem Ozean, wenn auch auf andere Weise als das Salz, zusammenhngen. Ich meine die Schiefer und Sandsteine. Auch sie verlieren sich im Humus nicht weniger spurlos, wie alle brigen Gesteine. Aber auch schon vorher kann man nicht mit Sicherheit von ihnen sagen, woher sie einmal kamen. Denn sie sind nicht erdunmittelbar, sondern schon etwas Gewesenes und Gewordenes. Vom Schiefer kann man noch in den lteren Lexika zu Anfang dieses Jahrhunderts lesen, da man jedes in dnne Platten spaltbare Gestein so bezeichnet. Das ist zwar richtig, aber keine Erklrung. Die Geologie nimmt an, da Schiefer nichts anderes sei, als verhrtete, verfestigte, zuletzt unter Gesteinsdruck zusammengeprete Schlammschichten alter Meere, die niemand mehr gekannt hat. Es waren Abstze in Gestalt von Tiefsee- oder Flachseetonen, darum stets schwrzlich, weil so viel Organisches in ihnen begraben wurde. Alles, was aus der darberstehenden Salzflut unaufhrlich niederregnete, mndete im Ton des Meeresgrundes. Kein Wunder also, da es l- und Bitumenschiefer gibt, in denen einst faulende Massen groen Ausmaes eingeschlossen waren. Mglicherweise war das an seichten Buchten, die dann von hineingewehtem Staub und Sand austrockneten, so da unter luftdichtem Abschlu eine trockene oder halbtrockene Destillation erfolgte. Man wei das aber nicht ganz genau, vor allem wei man nicht alles und nicht von berallher. lschiefer kann man jedenfalls auf dickflssige, schwarzgrne ichthyolartige CSle anbohren, so wie das z. B. seit Jahrhunderten in St. Quirin am Tegernsee geschieht. Bitumenschiefer, staubfein in ihrer mineralischen Struktur, brennen zuweilen 47 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

mit wachsartig klarer Flamme, so da man im Notfall mit ihnen sogar heizen kann. Sie sind niemals tiefschwarz, klingen sanft, wenn man sie mit Metall anschlgt und machen den Eindruck vlliger Homogenitt. In Wahrheit aber sind sie nichts anderes als feinst ausgeflltes, organisches und anorganisches Material, eine marine Gegenerscheinung zu L, der ja auch nur feinster, ausgeblasener Mornen- oder Wstenstaub ist. Erdgeschichtlich findet man Schiefer stets irgendwo zwischen hrteren Gesteinsmassen miteingefaltet. In den Alpen bilden sie z. B. eine Art Pufferzone zwischen dem Sdrand der Nrdlichen Kalkalpen und dem Urgebirge der Zentralalpen, waldgrn, fruchtbar, mild geformt. Sie reichen von Innsbruck fast bis zum Rhein, in die Nhe des Arlberges und stlich zum Wiener Becken. Ganz Europa ist voll von Schiefern, nachdem doch Schiefer ein Zustand ist. Meist zeigen sie eine blasig aufgetriebene Struktur, und in solchen Hohlrumen war wohl einst Methan oder ein anderes Fulnisgas miteingeschlossen. Sie sind dicht bis locker, oft durchsetzt von Glimmer- und Tonbrocken. Feldspate aller Art und aller Verwitterungsstadien treiben sich samt Magnesiaglimmer in ihnen umher, um so hufiger, je reicher die Quarzbeimischung ist. Solche Quarzite wurden dadurch, da der zhe Tonschlamm sie wie ein Teig umhllte, an weiterer Aufschlieung gehindert. Kruterschiefer sind nur Schiefertone oder Tonschiefer, in denen sich Pflanzenabdrcke finden, die meist spt aus dem Tertir stammen. Dann gibt es Rtelschiefer, rot von Eisen, Kohleschiefer, grau und schwarz von verkohlten Substanzen, und Schieferletten, unregelmig bunt, die sich zuweilen als Bnder zwischen Sandsteine schieben. Das lt vermuten, da jene alten Meere also wechselnd rein mineralische Zersiebung und dann wieder Schlamm voll organischer Lebensreste auf derselben Stelle bereinander ablagerten. Geschah das, weil namenlose Flsse, die lngst vor aller Geschichte verronnen sind, hier ihre feinst zermahlenen Geschiebe absetzten und dann mitsamt ihrem ganzen Delta und dem Schelfsockel, den sie an einer ebenso namenlosen Kste aufhuften, weiterwanderten? Wir wissen es nicht. Wir unterscheiden nur eben viele Arten Schiefer, aber eigentlich sind diese Unterscheidungen ziemlich oberflchlich und besagen nicht viel. Die Geologen sprechen im allgemeinen von Schiefergesteinen und im besonderen von Gneis- und Glimmerschiefern, wovon die letzteren darum so heien, weil sie mit feinen, hellen, glnzenden, elastischen Plttchen durchsetzt sind. Die knnen aus dem Quarz herstammen, also Silikate sein, es gibt aber auch Kaliglimmer. Dann kennt man echte Urtonschiefer und als Gegenstck zu den quarzreichen auch quarzarme Schiefer. Lokal findet sich jeweils ein ganzes Heer von Sonderformen: Diabas-, Chlorit-, Kalk-, Talkschiefer u. a. m. Es ist eben der Zustand Schiefer, der, wie es 48 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

scheint, zum Kreislauf aller Gesteine gehrt. Wenn sie dann auch alle zuletzt im Humus endigen, so schlieen sie sich doch nicht in derselben Art und Weise auf. Zwar verwittern sie zumeist rasch angesichts ihrer geringen Hrte und Festigkeit. Aber die Glimmer- und Urtonschiefer lassen fast stets trockene Bden zurck, denen die kolloidale Bindigkeit fehlt. Besser verhalten sich die Gneisschiefer, die sich zuerst in Grus und dann in gelbe bis rotbraune Massen verwandeln. Bei nicht allzu hoher Lage kann darauf sogar ein Buchenwald wachsen. Die verschiedenen Tonschiefer jedoch liefern eisenhaltigen, also roten Grund, denn Eisen enthalten sie fast alle. Auch sie knnen Laubwlder tragen, von denen dann eine Verbesserung des Bodens zu erhoffen ist. Ohne das bleiben sie trocken, locker, gewissermaen brchig oder flieen bei hohem Grundwasserstand in einen kalten Sumpf zusammen, der nur Moorbirken und saure Grser erlaubt. Die schlechtesten Schiefererden werden schon durch ihre grauweie Fahlheit uerlich gekennzeichnet. Sie bleiben bei der Kaolinstufe stehen und humifizieren sich nicht weiter, da ihnen das dazu ntige Bodenleben fehlt. Freilich sind sie geologisch jung, fr gewhnlich erst tertir, und es mag sein, da die aufgehaltene Verwitterung in spteren Jahrhunderten wieder einsetzt. Im allgemeinen werden aus solchen Schieferbden zumeist nur Rohhumus, schlechter Fichtengrund oder Heide. Bei hohem Grundwasserstand ersticken sie in Nsse, bei niedrigem verdorrt, was auf ihnen wchst. Man mte sie berall knstlich beschatten, wenn man sie in Kultur nimmt, dasselbe, was auch der Wald tut. Das Meersalz, das noch von altersher in ihnen steckt, macht sich zuweilen unliebsam bemerkbar. Aber man kann ihm schwer beikommen, denn die Schieferaufschlieung ist immer unregelmig und mangelhaft. Von rechtswegen mte solcher Schieferbruch zuerst in Zementmhlen vermahlen, durchsplt und durch Filter abgepret werden, wenn man anstndigen Boden aus ihm gewinnen will. Aber wer kann das bei einer ganzen Landschaft, wie z. B. dem Rheinischen Schiefergebirge oder gar den Flanken des Harzes oder Urals, wo auch uralte Schiefer in riesigen Hgelflanken angehuft sind? Man darf eben nicht vergessen, da Schiefer ja eigentlich gar kein Gestein ist, sondern ein Konglomerat von Mineralien und organischen Resten, voll von fernsten Vergangenheiten und vergessenen Erdkatastrophen. Als er sich bildete, gab es Festlnder und Ozeane, die wir heute kaum noch in einigen groen Linien rekonstruieren knnen. Da die Entstehung von Sanden keineswegs nur vom Leben abhngig ist, wurde schon gesagt. Sie ist ein Vorgang, der jenseits von Tier und Pflanze

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und den mikrologischen Welten vor sich geht, denn sie braucht nur mechanische, klimatische und pluviale Vorbedingungen. Und Wasser. Denn es mu ein Medium da sein, das die eisenharten Felsen und Bergwnde zersprengt und zerreit und das die Trmmer wegtrgt oder wegschleppt. Anders ist seine Bildung nicht mglich. Darum man erinnere sich an den vorigen Absatz ist Sand jene erste Zerkleinerung der verfestigten Erdrinde, die noch direkt von kosmischen Einflssen, von Zersiebung und Zerstrahlung bedingt ist. Zerstrahlung wirkt auch spter noch auf ihn, aber in einem anderen, nicht mehr so entscheidenden Ausma von auen und von innen her. Allein das geschieht nur in der reinen Wste. Sonst verschwindet sie unter den Lebensvorgngen, aber vielleicht sind auch nur fr uns diese Lebensvorgnge vordringlicher, vertrauter und leichter durchschaubar. Der Zerfall durch Zersiebung aber setzte unzweifelhaft bereits dann ein, als die ersten Temperaturdifferenzen begannen und tropfendes oder strmendes Wasser sich bildete. Der Kreislauf des Irdischen, der nur eine Auswirkung der groen Kreislufe des Universums ist, kennt indes keinen Zerfall, dem nicht auch ein Aufbau in entsprechenden Ausmaen gegenberstnde. Wahrscheinlich ist in Bezug auf den Sand der Proze nicht so einfach, da eine Tonne zerriebener Geschiebe wiederum eine Tonne Gebirge liefert. Sondern die Erhaltung der Materie durchluft eine ganze Reihe von Zustnden, in die stets Teile des Zerfalls mit anderem Zerfall sich mischen und verschiedene Arten von Aufbau zu verschiedenen Zwecken sich rumlich und zeitlich verbinden. Der ganze Kreislauf ist darum niemals eine glatte, gleichgekmmte, parallel verlaufende Fadenstrhne, sondern weit eher ein dicht und kompakt ineinander versponnenes Gewebe, in welchem die einzelnen Kreuz- und Querfasern auf die unerwartetste Weise miteinander verknotet sind. Infolgedessen hat man es bei allen Sandsteinen stets mit recht berraschenden Bestandteilen und Zusammensetzungen zu tun. Prinzipiell sind auch sie Konglomerate, Reste einstiger Gebirge, mehr oder weniger fest verkittet. Niemals ist Sandstein ein primres Gestein, das so, wie es ist, der Erdrinde entstammt. Immer hat es schon viele Erdzeitalter hinter sich, die es in einer Weise aufgespalten haben, da man wie beim Schiefer die ursprngliche Zugehrigkeit nicht mehr erkennen kann. Trotzdem aber besitzt man vom Hergang seiner Entstehung eine recht gute Vorstellung. Irgendwann einmal wurde das aufgespaltene und bis auf Feinkorngre zerkleinerte Material mit Flssen oder Strmen zusammen ins Meer getragen oder geweht. Dort sank es auf den Grund und blieb so lange liegen, bis der Ozean (in diesem Fall zumeist die alte, unerhrt ausgedehnte Tethys) seine Wanderung fortsetzte. Es knnen auch Aufwlbungen des Grundes durch Schollenverschiebungen die Ursache gewesen sein, da dieses oder jenes Gebiet allmhlich oder pltzlich trockengelegt wurde. Jedenfalls aber hatten sich durch den Druck der seit Jahrmillionen lastenden riesigen Wassersule alle Bruchstcke bereits wieder zu neuen Massen zusammengepret. Als nur 50 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

noch Luft ber ihnen stand, besaen sie eine solche Aufwlbung, da ihr eigener Druck sie dann weiter verfestigte. In dem Augenblick jedoch, in dem sie dem Meere entstiegen, setzte bereits die erste Verwitterung ein. Dieses Gemengsel aus Brocken, Splittern und Krnern der verschiedensten Struktur mit staubkornfeinen Verkittungen dazwischen war ja nur mechanisch zusammengepret und infolgedessen viel weniger widerstandsfhig, als ein gewachsenes Gebirge. Zwar trugen aller lei Naturzemente zu seiner Struktur bei und erhhten seine Hrte. Aber sonst bestand es eben doch meist nur aus kupferhaltigen Grnsanden (Glaukoniten), aus Glimmern, aus Eisenton, aus Mergeln und Kalken, vor allem aber aus zerkleinerten, zerschlagenen, zerriebenen Quarziten. Das mu man nicht vergessen, wenn man von den Verwitterungsprodukten aus Sandstein spricht. Nur wenn seinerzeit gengend Tone oder Eisentone in ihn hineingeraten sind und das ist wieder eine Frage der organischen Beimischung des Meerwassers, also seines verschollenen Tierlebens und der Vegetation seiner Ksten kann man mit einiger Kolloidalitt rechnen. Sonst fehlt den Sandbden leider jede Bindigkeit. Sie rollen auseinander, und wenn sie auch der Pflanzenwurzel keinen Widerstand entgegensetzen, so lassen sie doch jede Feuchtigkeit hemmungslos durch sich hindurchflieen. Infolgedessen ist unter Sandbden erst dort mit einem soliden Quellhorizont zu rechnen, wo sich ein Tonlager dazwischenschaltet. Das kann hher sein, kann aber auch unter Umstnden hunderte von Metern tiefer liegen. Das letztere bedeutet unweigerlich, da die Sandflche drre Sandflche bleibt, was in diesem Fall gleichbedeutend mit Wste ist. Mergelsandsteine sind unzuverlssig und knnen nicht zum Bauen verwendet werden. Dagegen bilden sie einen weit besseren Humus, wenn sie, und das geschieht meist schnell, zerfallen. hnlich verhalten sich verschiedene lokale Formen der Grauwacke, die oft tonreich sind und selbst der anspruchsvollen Buche, sogar der Eiche, ertrgliche Lebensbedingungen schaffen. Verwitternde Keupersandsteine, aus denen sich die lieblichen frnkisch-schwbischen Hgellandschaften aufbauen, werden ber Erwarten fruchtbar, sogar dort, wo sie in trockenen Hgelflanken anstehen. Noch bessere Bden ergeben die roten Liassandsteine, die, reich an Eisen, gebunden durch Kalktone, oft in mchtigen Schichten lagern. Sie spiegeln immer etwas von dem ppigen Reichtum des spten Tertirs wieder, in dem sie gebildet wurden. Schattenhaft steigt berhaupt in Sandsteinen die vorbergewehte Erdgeschichte herauf. Was aus lebensreichen Epochen stammte, vermittelt auch in der Humusform neuen Lebensreichtum. Um so schlimmer sind dagegen jene Sandsteine, die noch aus dem Beginn des Erdmittelalters, aus der alten Buntsandsteinwste herrhren. Die unsgliche Armut jener Formation wirkt gewissermaen noch zeitlos nach. So mager und sprlich ist die rostfarbene Bodenkrume, die aus derartigen Buntsandsteinen entsteht, 51 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

da man solchen Boden weder umgepflgt liegenlassen, noch aus seinen drren Kiefernwldern Streu sammeln darf, um die kmmerliche und immer wieder stockende Humusbildung nicht zu sehr zu gefhrden. Es geschieht zwar zuweilen, da auf solchen Bden da und dort eine Krppeleiche aufwchst, aber ihr ganzes Dasein steht im Zeichen eines ewigen Kampfes und eines ewigen Mangels. Ganz hoffnungslos aber sind Quadersandsteine wie die des Elbgebirges oder die Nubischen Sandsteine, die bis zur Sahara vordringen. Sie zerfallen einfach wiederum zu Sand und bleiben vllig lebensleer. Da und dort stehen sie als grotesk steile, starre Felsen, um die der Wind heult. Uralter Kreidezeit entstammend, geben sie, genau besehen, deren Wsten nur an eine ferne Nachwelt weiter. Es haben sich aber auch eisweie Korallensande in Florida gebildet, deren Hrte und Elastizitt dem eines festen Gesteins gleichkommen, obgleich sie niemals bis zum Gestein verfestigt wurden. Sie tragen jene berhmte Autostrae von Daytona Beach, unvergleichlich neben dem Atlantik herlaufend. Aber eben nur eine Autostrae und keinen Humus, denn sie bestehen nur aus rapskorn- bis erbsengroen Quarzkrnern, zwischen denen nicht einmal Spuren organischen Lebensstaubes liegen. Alle diese Feldspat- und Kaolinsandsteine, diese Schilf-, Stuben- und Braunkohlensandsteine und wie sie sonst nach vielerlei lokalen Beimengungen heien, die zusammen ein gutes Stck der Erdoberflche bedecken, gehren zu jenen Bindungen, die unablssig weitergehen und ebenso in der Zukunft entstehen werden, wie sie in der Vergangenheit entstanden sind. Denn da die Erosion nicht aufhrt, Berge zu zertrmmern, und da die Flsse nicht aufhren, den Grus ins Meer zu tragen, so mssen sich dort zwangslufig stets von neuem Sandsteingebirge bilden. Vielleicht kehren sie schon zum zweiten oder dritten Mal oder noch fter aus abgebautem und wieder neu verfestigtem Material wieder. Aber das wird man ihnen nicht ansehen. Und die Millionen von Schicksalen, die mit ihnen zugrunde gingen und neu auferstehen, werden ebenso aus dem Gedchtnis der Welt fallen, wie der Sand der Ebenen in die Tiefen der Weltmeere fllt. Ist die Katastrophe eines Vulkanausbruches vorbei, hat der Tod die Tausende von Lebewesen vernichtet, haben sich die rauchenden, dampfenden Krater wieder beruhigt was geschieht dann? Die Erinnerung der Menschen ist kurz und geht verhltnismig bald als unpersnlicher Schattenri eines allgemein geschichtlichen Ereignisses in die Vergangenheit mit ein. Sobald die einzelnen Schicksale nicht mehr plastisch und fhlbar vor der Seele stehen, werden sie eingeebnet und mit nachfolgendem Vergessenheitsschutt zugedeckt. Noch viel krzer als das Gedchtnis der Menschen mu jenes der Tiere und Pflanzen sein, weil ihm doch der abstrakte berbau, die bersinnliche Vergleichsfhigkeit, fehlt. Wre das alles grundlegend anders, so wrden ganz sicher weder Menschen, noch Tiere, noch Gewchse sich unbekmmert wiederum auf 52 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

demselben Boden, unter nahezu denselben drohenden Gefahren ansiedeln. Ich war auf Martinique in den Trmmern der verbrannten, vergasten, ausgeglhten und von Asche und Lavafetzen berschtteten Stadt St. Pierre. Und ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie sie groenteils seither in einen ber Ruinen hingebreiteten Urwald verwandelt wurde, der von Vgeln und tropischen Echsen, von Insekten und Schlangen wimmelt. Die Menschen aber hatten sich gleich daneben in einem neuen Ort, St. Pierre le Carbet, niedergelassen, der so liegt, da er unweigerlich beim nchsten Ausbruch des Mont Pelle abermals verschttet werden mu. Es waren damals erst dreiig Jahre vergangen, und es war bei der Katastrophe wirklich alles Leben bis auf allergeringste Reste vernichtet worden. Aber wer kmmerte sich noch darum? Wer dachte auch nur daran? Niemand... Und so beschftigt man sich im groen und ganzen auch nicht sehr viel. damit, wie sich der Proze der Wiedereinordnung nach Vulkanausbrchen in die irdischen Ablufe vollzieht. Meines Wissens hat man systematisch zum ersten Mal nach dem um 1883 geschehenen Ausbruch des Krakatau Untersuchungen darber angestellt, was denn mit solch verwstetem und lebensleerem Land geschieht. Nach drei Jahren fand man, da die gewaltige Lavaschicht noch ziemlich unberhrt dalag. Wie viel von ihrer Oberflche durch Erosion abgetragen und fortgewaschen wurde, das allerdings ist niemals festgestellt worden. Es wre auch schwer mglich gewesen, da man die nahezu in zwei Teile gerissene Insel sogleich nach der Vulkanexplosion berhaupt nicht betreten konnte. Lava besteht aus einem wild durcheinandergeworfenen Gemisch von Gesteinen aller Art, die durch Schmelzgrade bis ber 3000 Grad hindurchgegangen sind. Dabei verwandelt sich Kieselsure in regelrechtes Glas, Kalke und Tone glhen vllig aus. Erden verdampfen und verflchtigen sich, samt Suren und Salzen. Es bleibt also nur ein Wirrwarr geschmolzener Mineralien liegen, eine Auswahl, getroffen nach Feuer- und Hitzebestndigkeit, aus der alles, auch das natrliche Kristallwasser, entwichen ist. Die hochgradige Verschmelzung bedingt eine auergewhnliche Verhrtung. Obsidiane entstehen. Das sind eigentlich verglaste Trachyte und Liparite. Wenn sie sehr feinkrnig und stark mit Luft- und Gasblasen durchsetzt sind, dann heien sie Bimsstein. Die enthalten so wenig an fester Masse, da sie nicht nur im Meer, sondern sogar im Swasser schwimmen und viele Tagereisen von Wind und Wellen dahingetrieben werden. Verfestigte Lava, die voll von allen nur mglichen halb- oder gar nicht geschmolzenen Kristallen und Lapillis (Steinbomben) steckt, so da sie grau, rotschwrzlich, braun, wei oder grnlich gebrochen aussieht, heit bekanntlich Porphyr und sehr feinkristallinisch gemischte Granit. Sozusagen sind alle vulkanischen Gesteine solche Lavamischungen mit vielerlei Namen, vielerlei Aussehen, mit mehr oder weniger verglasten Substanzen, mehr oder 53 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

weniger Einlagerungen. Sie tragen alle die unleugbaren Spuren der Vulkanhlle an sich, aus der sie ausgeschleudert wurden. Zunchst sind sie absolut lebensleer. Tuffe sehen nicht viel anders als sehr grolcherige Bimssteine aus, sind aber fr gewhnlich geschmolzene und wieder verhrtete Schlammassen, also eine Art vulkanischer Schiefer. Sie ergeben eine sehr feinkrnige Erde, die nicht einen einzigen Stein enthlt. Die berhmte Vega von Neapel, in welcher jahraus, jahrein fast ohne oder doch nur mit unzureichender Dngung eine dreifache Bebauung ohne Unterbrechung wchst und fruchtet, ist zumeist zerfallener Tuff, gemengt mit Laven. Das Bodenleben in ihm bleibt noch lange arm, um so reicher ist jedoch der Inhalt an Phosphor und Phosphorsuren. Man neigt heute der Meinung zu, da unterirdische Atomkerizzersprengungen, also eine Art natrlicher Atombomben, die eigentliche Ursache von Vulkanausbrchen seien. Erweist sich diese Vermutung als richtig, so wrde sich aus ihr eine Reihe von Erscheinungen mhelos erklren lassen. Vor allem die auergewhnliche Fruchtbarkeit aller Lavabden und das auffllige, gewissermaen berdimensionale Gedeihen der auf ihnen wachsenden Pflanzen. Sie wren dann zurckzufhren auf letzte Reste von Radioaktivitt, von der eine intensive, nicht mehr schdliche, gegenseitige Strahlung und Zerstrahlung der Materie ausginge. Daher der auergewhnlich rasche Verfall und die positive Reaktion der Gewchse, die man hnlich brigens auch nach der Katastrophe von Hiroshima bereits festgestellt hat. Zunchst wirken sich auf erstarrte Laven die Atmosphrilien aus. Heftigste Regengsse bis zu Schneestrmen gehren fast stets zu den Folgen groer Vulkanausbrche. Es dauert immer eine Zeit lang, bis die wilde Erregung der Luft auspendelt. Es ist mglich, da damit schon die Keime zu allererstem Leben gelegt werden. Am Krakatau fand man als erste Vegetation einen unerhrten Reichtum von Blaualgen (Cyanophyceen), der kilometerweit sich auf der Oberflche von zerfallenen Tuffen und halbverfestigten Aschen angesiedelt hatte. Man kennt diese Oscillatorien, die in viele Arten aufgespalten sind, aus der mikroskopischen Bodenflora sehr genau. Unter normalen Umstnden gehen sie, wenn sie es knnen, kalkreichen Bden stets aus dem Wege, bevorzugen dafr aber kieselsurehaltige Sande und Sandsteinderivate. Sie vor allem sind es, die unsichtbar die Flanken der Gebirge zerlsen, da sie sowohl gegen extreme Hitze, wie gegen extreme Klte und sogar gegen Bodenversuerung kaum empfindlich sind. Es ist leicht einzusehen, da die Umsetzung von Laven und Vulkanauswrfen um so langsamer vor sich geht, je glasiger diese sind. Ziemlich frh setzt jedoch an ihnen die Arbeit von kaum sichtbaren, wie mineralischer Grus oder unansehnlicher Schorf gestalteter Krustenflechten (besonders Parmelia-Arten) ein, welche z. B. verglaste Laven des Vesuvs aufschlieen. 54 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Das Endprodukt ist ein feiner, trockener Sand. Es sind das dieselben Flechten, die in nicht vulkanischen Bden sich der glnzenden Glimmerplttchen bemchtigen. Vulkanische Sande widerstehen der Humusbildung am lngsten. Im herabgeflossenen und allmhlich bergrnten Lavenmantel eines Vulkans bilden sie oft vllig vegetationslose Inseln oder Kegel als Zeichen, da das Leben auf ihnen kaum begonnen hat. Sie verfestigen sich auch nicht, sondern werden von jedem Wind fortgeweht. Zusammen mit Aschen kreisen sie als vulkanischer Staub dann oft jahrelang im Wirbel der Passate. Fast gewichtslos, da sie doch gnzlich ausgeglht sind, erheben sie sich so hoch in die Atmosphre, wie die hchsten Zirruswolken (deren Zone zwischen 6-10 000 Meter geschtzt wird). Dadurch wirken sie lichtbrechend und strahlenzerstreuend beim Sonnenuntergang. Wir kennen dieses Phnomen, denn der Vulkanstaub des Krakatau bescherte uns jahrelang schnere und farbigere Abendrten. Dieser Krakataustaub fiel nach genauen Beobachtungen erst nach einer Entfernung von tausend Meilen wieder zur Erde. Staubwolken des islndischen Heckla gingen nachgewiesenermaen in Holland, England und Skandinavien nieder. Es ist aber niemals berechnet worden, mglicherweise auch kaum berechenbar, wie sich solche Vulkanstaubberegnung auf die allgemeine Humusbildung auswirkt. Man hat wohl nie darauf geachtet. Wo berall in den vulkanischen Aschen die Kieselsurebeimischungen berwiegen, d. h. wo bei Katastrophen feuerspeiender Berge viele Silikatgesteine mitbetroffen wurden, die der Vulkan nicht als Lava auswarf, sondern als zuerst dunkle, dann schneeweie Asche aus seinem Krater ausblies, da verwittern auch die Aschen nur widerstrebend. Nahe bei Graz ist ein hbscher kleiner Badeort, voll von kohlesurehaltigen Quellen, der Gleichenberg heit. ber ihm streben zwei alte, vulkanische Berge auf, die der Volksmund Gleichenberger Kogel getauft hat. Jetzt sind sie waldgrn, einst aber trugen sie lngst verlandete und abgeflossene Heiwasserseen an ihrer Spitze. Geologisch gelten sie als sehr jung, aus dem spten Tertir, und damals mgen sie die Uferlandschaft eines unendlich verlngerten Mittelmeerarmes beherrscht haben. Ihre Gestalt zeigt, da sie ursprnglich echte Krater mit wilden Ausbrchen waren, von deren Flanken dicke, breite Lavastrme niederstrzten. Einen schnen, sdsteirischen Sommer lang kletterten wir auf ihnen umher und untersuchten die Bnke von verwitterten Olivinen, deren eine als Grat die beiden Kegel verbindet. Aus vulkanischen Trachyten brachen wir fingerlange Sulen von schwarzem Turmalin, da und dort auch wohl einmal ein regenbogenschimmerndes Stckchen edlen Opals. Halbopale aller Arten gab es in Hlle und Flle. In gewaltigen Quadern, aus denen man ob ihrer Hrte einst Mhlsteine ausgehauen hatte, glitzerte es berall von achatisierten Hlzern. Mit kochendem Sinter berkrustete Zapfen gewaltiger Sequoien und Zedern samt versteinerten Magnolien- und Palmenfrchten fanden sich am 55 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Ufer jener einstigen kochenden Kraterseen vor. An den Flanken aber, teilweise ganz entblt von mangelhaftem Grn, nur locker bersponnen von Ranken und Trockenbschen, konnte man ganze Nester alter Aschen ausgraben, noch grauwei, locker und vllig unverwittert. Ebenso habe ich sie am Vesuv und an den niebegangenen Flanken des Sdseevulkans Kao gesehen. Man kann sich der berzeugung nicht entziehen, da es auerordentlich schwer sein mu, da solche saure Aschen sich zu Humus umbilden. Unter einem milden, gengend regenreichen Klima, mitten in einer fruchtbaren Landschaft war im Gleichenberger Gebiet seit schtzungsweise einer Million Jahre nichts anderes erfolgt, als da kaum die oberflchlichsten Aschenschichten sich mit lockeren Ranken bespannen. Wenn man bedenkt, da von den Geologen geschtzt wird, da die Erde im Tertir an 750 Vulkane besessen haben drfte, von denen man freilich nur noch 520 ttige kennt, so wird man sich nicht darber wundern, da es unendlich viele vulkanische Mineralien und aus ihnen herrhrend auch unendlich viel mehr oder weniger saure Gesteine gibt. Zwar hat man in Neuseeland ausgedehnte Aschenbden festgestellt, die zu einer Art lockerer Tonerde verwittern. Das heit nichts anderes, als da sie einen basischen, also nicht sauren Charakter haben. Aber das ist gewi ein nicht allzuhufiger Fall. Beim Reichtum der Erdrinde an Silikaten kann es auch gar nicht anders sein, als da die sauren, silikatreichen Laven und ihre Zerfallsprodukte berwiegen. Sie stellen zwangslufig einen sowohl nach Quantitt als nach Qualitt fest umrissenen Groteil unserer humusbildenden Mineralien dar, und sie beeinflussen diesen Humus in hohem Mae. Nicht nur durch die gar nicht abzuschtzenden Mengen ausgehauchter Gase (vor allem der so unbeschreiblich wichtigen Kohlensure), sondern vor allem durch die Vernderung aller irdischen Gesteinsformen durch Einschmelzung, Veraschung, Kristallisierung, Ausglhung, Zerstubung und Verglasung tragen die feuerspeienden Berge auerordentlich viel zum Ablauf der Humifizierung bei. Man kann sagen, da die Humusbildung ohne sie und ihre Auswirkungen vermutlich ganz anders verliefe, als sie es tatschlich tut. Die unbestreitbare Hemmung, an welcher die Verhrtung und Verglasung die Schuld trgt, wird anderseits aufgewogen durch die auerordentlich intensive Mischung bei der Lavaeinschmelzung, die mit keiner anderen Mischungsmglichkeit verglichen werden kann, die uns oder der Natur sonst zur Verfgung steht. Es ist klar, da dann beim Zerfall solcher erstarrten Massen eine Feinkrnigkeit des Humus erreicht wird, welche die Pflanzenwurzel mit erhhtem Wachstum quittiert. Zwar ist bei Basalten und Andesiten der mechanische Widerstand gegen die abbauende Verwitterung ganz besonders gro, da sie gegen Erosion wenig angreifbar sind. Dennoch zerfallen zuletzt auch sie und liefern dem Boden Kieselsure von groer Reinheit, die wiederum allen siliziumverarbeitenden Pflanzen und Kleinwesen zugute kommt. Wobei man 56 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

noch in Betracht ziehen mu, da praktisch die Kieselsure sich ganz entschieden als fulniswidrig auswirkt, also eine nicht unbedeutende Rolle bei der Selbstreinigung des Bodens spielt. Nicht umsonst sind die Kieselalgen, die sich der Kieselsure bedienen, mit ganz wenigen Ausnahmen Bewohner von reifem, also nicht mehr faulendem Humus. Und wenn schon einmal der Zerfall so weit fortgeschritten ist, da freie Humussuren abgespalten worden sind, dann ist auch zumeist bei ungestrtem Fortgang der mineralischen Humifizierung gengend Wasser vorhanden, um das Zuviel an Suren auszuschwemmen oder durch Verdnnung unschdlich zu machen. Dagegen trgt die beraus feine Krmelung der allermeisten Laven- und Tuffbden zu ihrer reichlichen Durchlftung bei. Nach den uns zur Verfgung stehenden Untersuchungen darf man annehmen, da Vulkangesteine sich annhernd in derselben Art aufschlieen, wie etwa nackte Sandsteinwnde, bei denen durchschnittlich auf den Quadratzentimeter ca. 24 000 Lithobionten (buchstblich Felsenbewohner und Vorverwitterungsorganismen) kommen. Ihnen erst folgen die Flechten und Moose, und sie alle zusammen haben die einzigartige Fhigkeit, da sie beinahe alle Mineralien in unsichtbarer Weise (zum Groteil auer mit Kohlenund mit Schwefelsure) zersetzen und abbauen, sie mgen so kristallinisch festgefgt sein, wie immer. An 400 Cyanophyceen sie sind nicht immer blau, sondern oft blaugrn, farblos oder lila wie ein Amethyst kennt man, und sie alle gehren zu den ersten Pionieren des Lebens auf dem Stein. berhaupt alles, was ein Vulkan ausspeit, von den Steinbomben bis zum ausgeglhten Aschenstaub, und was im Fegefeuer seines Schmelzofens fr eine Zeit lang aus dem Leben herausfllt, das wird dann wieder ins Leben zurckgebracht. Der vergngliche Leib der Unsichtbaren nimmt es auf und so wird es wieder ein Teil der wechselnd anorganisch-organischen Welt. ber dem zernagten, zerwaschenen, zerschlagenen Erdgerippe liegen die Trmmer der mineralischen Vergangenheit unseres Gestirnes. Sie liegen als ungleichmig hingebreitete Decke, abgeglitten von den nackten Schultern der Berge, die sie noch immer weiter verlieren, vielfach gefaltet und gehuft in den Tlern, glatt und weit ausgespannt ber den Ebenen. Selbst die Meere unterbrechen sie nicht. Denn da ruhen sie nur untergetaucht bis in die gewaltigen Tiefen des Stillen Ozeans, die zwischen 9 und 11 km absinken, wobei es noch gar nicht sicher ist, da man nicht noch einmal tiefere Spalten auslotet. Dieser Trmmermantel zerbrochener, zerschliffener, wst durcheinander geschleuderter Gesteine und alter Flugeschiebe entstand wohl zum grten Teile durch Erosion. Einen anderen Teil liefern Vulkane, die wandernde Verlandung und neue Besitzergreifung von Land durch die Weltmeere, die trockene Zerblasung der Erdrinde in Wsten und wasserlosen Flugebieten. Nicht zuletzt kommen kosmische Zerstrahlung, Sonne, Temperatursprnge, http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 57

Wind und die alles aus seinem natrlichen Gefge reiende Hand des Menschen. Genau so wie auf alten Schotterebenen ruht ber dem ungefg hingeschtteten Pflasterwerk aufgeschlossener Erdrinde noch der feinere Schleier der sich aussondernden Sande, der kleinkrnigen Kiese, von Grus und pulverartigem Schlamm. ber allem aber ist eine Decke von feinstem, bindigem Staub hingebreitet, den man je nachdem L, Lmergel oder Mornenlehm nennt. Die unterste Erosionsbasis besteht also stets aus grobem Trmmerwerk, oft durchsetzt von ansehnlichen, wildkantigen Blcken, die gar nicht viel anders als die erratischen Blcke aussehen, welche das vorrckende oder wegwandernde Inlandeis einst aus der Arktis mitbrachte und dann irgendwo liegen lie. Bei strkerer Zerkleinerung fallen indes alle die schon einmal zusammengeschmolzenen oder durch Druck verfestigten Gesteine wieder in ihre Bestandteile auseinander. Granite zerbrckeln zumeist bis zur Hlfte zu Feldspaten und verwittern um so leichter, je grobkrniger sie sind. Da reichlich Kieselsure, besonders bei vulkanischen Gebilden, stets ein Hindernis schneller Aufschlieung ist, sagte ich schon. Ihre widerstrebende Verwitterung drckt sich in der stumpfen, runden Wollsackbildung aus, die man im Harz berall sehen kann. Auch diese Wollscke zerfallen zuletzt in einen groben, lockeren Schutt, und die Feldspate werden eine Art Brei aus lehmigen, oft alkalischen, aber immer kalkarmen Brocken. Naturgem knnen nur arme, kalte Bden aus ihnen werden, reichlich sauer, roh, nur eben fr den dunklen Fichtenwald oder die Heide geeignet. Und das ist denn auch die typische und charakteristische Flora des Harzes, wenn man einige gnstigere Buchenwaldflanken ausnimmt. Eigentlicher Humus fehlt. Er fehlt auch bei der Aufschlieung der meisten Porphyre. Aus denen werden nicht einmal Wollscke, sondern es bleibt ganz einfach ein ungefges Trmmerfeld liegen, in dem der Kundige die alten Felsitgesteine erkennt. Das Wasser rinnt nutzlos ber sie hinweg. Die in den Gerllen steckenden, einst mit ihm verschmolzenen Kristalle weichen ihm berhaupt nicht. Sie bleiben mit beispielloser Hartnckigkeit, was sie sind. Und so ergibt sich auch aus Basalt zunchst nur ein regelrechtes Steinfeld, mit dem weder der Regen, noch der Wind, noch das Leben fertig werden. Dort, wo die oft tiefdunklen Bden denn z. B. die sdsteirischen Basalte bei Feldbach sind schwrzer und beinahe noch hrter als Obsidiane , die immer voll von Eisen stecken, dann endlich in quellenreichen Gebieten ihre kristallinische Hrte und Brchigkeit verlieren, werden sie endlich auch fruchtbar. Dann ben sie, besonders unter dem Einflu zahlloser Buchenwurzeln, ihre Sprdigkeit ein und zerkrmeln sich zu feuchtem Mulm. Aber das dauert dann nicht Jahrhunderte, sondern so und so viele Jahrtausende, und inzwischen kommen und gehen die Geschlechter der Lebenden, und menschliche Kulturen huschen vorbei, wie Spiegelschatten an einer Wand. Erosion, Erdrinde, Humusbildung rechnen eben nach anderen 58 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Zeiten als wir. Nicht viel anders ist es mit den Kalken. Es gibt unerhrt harte, symmikte Kalke, vllig strukturlos, die in schweren Bnken entweder am letzten Ort ihrer Entstehung liegen bleiben oder auch von den Erdkrften weitergewlzt werden. So etwas ist z. B. der Dolomit, der berall Karrenfelder und klobigen, groben Schutt bildet, aus dem zuletzt ein heller Sand wie ein Bchlein wegfliet. Aus ihm, der selten sich mit dunklen Humusstoffen anreichert, wird aber zuletzt doch oft ein feuchter, ockergelber, beraus fruchtbarer Spaltenlehm, so wie man ihn zwischen Karstgesteinen findet. Zu diesem Trmmerwerk der Erdoberflche kommen noch die Reste der eigentlichen Urgesteine, die sich so langsam zerlsen, da allen Urgesteingebirgen dieselben sanften, weichwelligen Tler und Hgel eigen sind. Bei ihnen fngt die Verwitterung gewhnlich mit einem Zerbrechen zu hausgroen Blcken an, die der Spaltenfrost immer weiter auseinander sprengt. Auswaschung spielt eine groe Rolle bei ihnen, nicht nur mechanisch, sondern auch chemisch. Und so werden sie denn in verhltnismig aber eben wirklich nur verhltnismig rascher Zeit zuletzt doch zu einer richtigen, elastischen Humusdecke, aus der dann jene weichen und fruchtbaren Hnge, jene sanft geneigten Flanken entstehen. Sie ist es, die den steilen, grob und unordentlich zusammengeworfenen, steinernen Schutt- und Felsenkern harmonisch umhllt und, wenn mglich, zuletzt ganz einebnet. Keine schneren Laubwlder rauschen, als auf zerfallenem Urgestein. Schlielich aber gibt es noch eine Handvoll Mineralien, heimatlose, sozusagen gestaltlos gewordene Gesteine zumeist, die man Shne des Windes und Tchter des Wassers nennen knnte. Sie haben selten irgendwo Halt und Rast, denn alle Bewegung an der Erdoberflche betrifft sie zu allererst, da sie doch die eigentlich Flchtigen und Beweglichsten sind. Ich meine die Geschiebesande, die Mergel und den L. Fr uns stammen die allermeisten aus der Eiszeit, was eigentlich heien soll, da es sie zwar zu allen Zeiten gegeben haben drfte, da sie aber in Europa und einem nicht unwesentlichen Teil von Nordamerika (man denke nur an das Ohiotal) hauptschlich nacheiszeitliche Hinterlassenschaft sind. Sie fielen aus fossilen Strmen, sie rieselten aus verlandeten Seen und Kanlen und Quellbecken, so wie man derlei noch im Libanon und im einstigen Phnizien erkennen kann. Sie bilden sich unablssig neu, gleich den Sanden und den Schiefern und werden sich bilden, solange es geologische Vernderungen auf der Erdrinde gibt. Bei ihnen darf man nicht fragen, was fr Gestein sie einstmals gewesen sind, denn sie knnen beim besten Willen keine Antwort darauf geben. Sie sind ein Wirrsal aller nur mglichen Mineralien, unter denen aber, je feiner, je staubartiger die ganze Masse ist, die tonigen und lehmigen berwiegen. Sie sind gewissermaen ein erdgeschichtlich ausgefcherter Regenbogen, ein Aufhren jeder Vergangenheit, nur noch Gegenwart, nur noch Heute. Und als Heute von oft geradezu berraschender Fruchtbarkeit. 59 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Man darf sie allerdings niemals mit reinen Sandbden verwechseln. Denn die haben sehr oft den schon erwhnten echten Wstencharakter gleich jenen die um die Kaspisee herum abgelagert sind. Auch die Sandebene des Norddeutschen Tieflandes zhlt zu dieser Kategorie. Man kann zwar nicht gerade von Wste von ihr reden, aber man mu doch feststellen, da sie nicht mehr als 2-5 Prozent humser Beimischungen enthlt, whrend Lehmboden unter demselben Himmel doch immerhin mit 8 Prozent Humus angereichert ist. Liegen diese Diluvialmergel (man nennt sie auch Schlier) tief unten, wohin sie zwischen Rollsteinen und Kiesen abgesunken sind, als sie noch schwebende Flutrbe waren, dann wird aus ihnen ein grngrauer Lehm mit braunen oder unregelmig gefleckten Einschssen. Der ist zwar auffllig arm an allen Bodensalzen, dafr aber infolge einstiger organischer Beimischung von einer verhltnismig lang andauernden Fruchtbarkeit. Oft bildet er auch Quellhorizonte, auf welchen die stets bewegten Grundwasserstrme wellenlos dahinziehen. Die gelangen erst dann irgendwo als Bche ans Licht, wenn die Ebene allmhlich in Cafions (gleich dem gewaltigen Grand Caiion in Colorado) aufgesgt wird. Das beste europische Beispiel dafr findet sich in Oberschwaben, in der Haller Ebene, wo in engen Klingen 2-300 m unter dem Niveau der Ebene manch dnnes, schnell flieendes Wsserlein zutage kommt, das oft Mhlenrder oder ein Pochwerk treibt. Die oberen Diluvialmergel indes sind recht wenig stabil. Sie fallen Wind und Regen in ausgedehntestem Ma zum Opfer. Die wertvollen Kalke und Tone werden weggetragen und brig bleibt eine leere, nackte Sanddecke, in der noch viele Rollsteine begraben liegen. Sie ist unfruchtbar, enthlt fast keinen Humus und kann auch erst nach langer Zeit unter besonders gnstigen Verhltnissen welchen bilden. Alle diese eiszeitlichen Trmmerfelder sind berhaupt recht hoffnungslos, vom Standpunkt der Humifizierung aus gesehen. Sie reichen bis in die Gegenwart hinein, aber niemand hat an ihnen Freude, weder die Natur, noch der Mensch. Ein wenig gleichen sie den nicht mehr funktionsfhigen Organen eines Krpers nach Art des rudimentren Blinddarmes. Es war das alles wohl einmal ein fruchtbarer Boden, aber im augenblicklichen Zustand ist es eben keiner mehr, sondern es mu erst wieder einer aus ihm werden. Man knnte es den Rohzustand eines Bodens nennen, sinnlos hingeschleuderte Ingredienzen, Gerllwerk, Sande, Tone, irgendwohin vertragen, wo sie an sich nicht das mindeste zu suchen haben und nur die einst fruchtbare Erde mit unfruchtbarer Decke verhllen, wie auf der bayerisch-schwbischen Hochebene. Die Aussonderung von derlei Erosionsabfall geht auch noch in der Gegenwart weiter. Sie huft sich lokal dann zuweilen auf jene verwsteten Eiszeitreste, leere Geschiebesande fllen die Lcken zwischen den greren Gerllen aus, aber das Ganze bleibt unstabil und ist von trauriger Unfrucht60 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

barkeit. Man redet achselzuckend von jungen Alluvionen, und das will so viel heien, als da man mit solchem rollenden Grund so gut wie gar nichts anfangen kann, weil alle Bindemittel und beinahe alles Bodenleben fehlen. Sie sind einfach nicht vorhanden und ohne sie gibt es keinen richtigen Beginn einer Humifizierung und wenn es die bescheidenste wre. Dem Auge des Menschen zeigt sich ein solches Bodenbild dann etwa als Lneburger Heide oder Mrkischer Kiefernforst oder als Nordische Tundra. Im allerbesten Fall wird diese unfruchtbare berschttung allmhlich in die Tiefe hinuntergedrngt. Auf ihr breitet sich dann das aus, was die Aufschlieung der Erdrinde sozusagen als alltglichen Zuschu liefert: Jngste Schotter, Flusande, Swasserschlick und Schlamm (man nennt das auch Auetone), die doch immerhin 10-15 Prozent organische Reste mit sich fhren. Die bleiben in dem mineralischen Gewirr wie in Tausenden von natrlichen Reusen hngen. Von ihnen aus geht die Humusbildung in um so rascherem Tempo weiter, je mehr durch berschwemmungen und Erosion neues organisches Material samt humsen, tonigen, erdigen, lehmigen Substanzen herangebracht wird. Auwlder mit ihrer seltsam zackigen und unregelmigen Silhouette wachsen auf solchem Grund auf, dessen Grundwasserstand, ob reich oder arm an Bodensuren, stets ein auerordentlich hoher ist. Ein sich selbst erhaltender, sich selbst befruchtender Formenreichtum des Lebens, den bemerkenswert viele Pflanzen- und Tierarten bestreiten, stellt sich ein. Das Leben geht weiter, und das Leben ist immer strker. Etwas ganz anderes ist es mit dem L der Mornen. Den knnte man gewissermaen als eine Art schon halb humifizierte, mineralische Materie bezeichnen, Sammelsurium alles dessen, was aus Gesteinsstaub werden kann, grau von Tonen, gelb von Eisen und lehmigen Bestandteilen, bla von Kalken. Feinstes Glitzern zerriebener Silikate und Glimmerplttchen, erst unter der Lupe sichtbar, durchglnzt ihn. Zwischen den Fingern fhlt er sich etwa wie Bohnenmehl an, dem er auch etwas hnlich sieht, obgleich das eine wirklich nichts mit dem anderen zu tun hat. Durch diese seine lockere Struktur nimmt L eine unverhltnismig groe Menge Regenwasser auf und hlt sie durch seine tonigen Beimengungen auch lange fest. Geraume Zeit, manche Gelehrte tun es noch immer, betrachtete man ihn nur als eine Folgeerscheinung der Eiszeit, aber das ist sicher viel zu eng gefat. Denn man kann nicht daran zweifeln, da er durch Abblasung entsteht, und selbstverstndlich unterliegen den Windeinflssen nicht nur jene Mornenhgel, welche die Inlandgletscher einst weit ins Land hineinschoben (seitlich und vor sich her als Flanken- und Stirnmornen), sondern jede Bergwand, jede Aufwlbung und jede offene Flche. Was fr eine Rolle der L im geologischen Feinbau der Gegenwart spielt, das beweist zur Genge eine einzige Zahl: In China ist er bis zu 600 m hoch und darber angehuft Gemessen an seiner pulverartigen Feinheit, lt das nicht nur auf erdzeitalte Perioden, sondern auch auf eine solche Gewalt der 61 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Abblasung schlieen, da man die chinesische Llandschaft als ein erdgeschichtliches Unikum betrachten mu. Wie unglaublich fruchtbar solcher Boden ist, lt sich daraus ersehen, da es dort noch in 2200 m Hhe Weizencker gibt, die zu einsamen Drfern gehren. Dabei sind die Winter eisig und lang. Schneestrme fegen ber die nackten, steilen Hnge, wochenlang steigt das Thermometer nicht ber minus 23 Grad C, und im Frhjahr und Herbst verwandelt sich die ganze Provinz Kansu in einen einzigen, seifigen, brodelnden, ockergelben Morast, der die schmal hineingetretenen Bergpfade und Stufen unbegehbar macht. Alles ist gelb von L oder sonstwie von Lfarbe. Der Boden, die Berge, die Hufe der Last- und Weidetiere, die Mauern der Huser, die Gesichter der Menschen, der Weizen auf den Feldern und selbst der Himmel, dessen hohes, blasses Blau von Wolken von Lstaub mifarben berweht wird. Die einzigen anderen Tne sind das Rot da und dort zerstreuter, eisenhaltiger Felskltze und das dunkle Grn von Ulmen und Pappeln, die zuweilen als Tempelalleen gepflanzt wurden auch sie berpudert vom kaiserlichen Gelb des L. Europa ist arm an L. Man kennt keine hheren Lauflagerungen in unserem eigenen Kontinent, als ca. 30 cm, aber auch sie sind selten und sehr, sehr lokal. Die Beauce in Frankreich besitzt Lbden und ist darum als bestes Weizenland berhmt. Mglicherweise gab es einmal auf den spanischen Hochebenen und in den nordafrikanischen Lndern um den Atlas Lgebiete, aber dieser L ist lngst den Weg aller Erosion gegangen. Wohin verschwand er? Man wei nichts davon, denn die Methoden, die Erde als Ganzes und Zusammenhngiges zu betrachten, sind noch viel zu jung. In China mu man damit rechnen, da der Lstaub eine Befruchtung des Landes, buchstblich einen Segen des Himmels darstellt, nicht weniger als Regen und Tau. Angesichts der dort beraus hohen Schicht ist auch nicht mit einer Abwehung des unerschpflichen Reichtums des gelben Goldes der stlichen Erde zu rechnen. Ist die Ldecke jedoch geringer, so vers chwindet sie auf jede Weise, sei es durch Bebauung, sei es durch Aushagerung. Die lreichen ungarischen Weizenfelder (wie die ganze ungarische Natur eine vorgeschobene Enklave aus Fernost), die auf den einstigen Mustergtern sogar ausgiebig gedngt wurden, sanken nach siebzigjhriger, ununterbrochener Aberntung auf einen Humusgehalt von nur 3,2 Prozent, whrend die ursprnglich viel schlechteren Weidegrnde daneben, nie gedngt und vllig ungepflegt, heute noch 8 Prozent Humus besitzen. Und in Sizilien sowohl wie auf den griechischen Inseln verdeten die lhaltigen Kornkammern der Antike schon zu Beginn der Kaiserzeit so hoffnungslos, da man auf die unfruchtbar gewordenen Felder nur noch die riesigen Pferdeherden zum Weiden trieb. Die Unstabilitt des L trgt daran nicht zum geringsten Teil die Schuld. Als Verwitterungsprodukt stubt er aus den obersten Schichten aufgehuften Erosionsschuttes aus. Diese Ausstubung ist ein lang fortgesetzter Proze, 62 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

dessen Ende der Mensch nicht absehen kann. Was aber jenseits davon liegen bleibt, ist ein Gewirr unzusammengehriger Mineralien, das weder von der Luft, noch von der Flie- und Schwemmkraft des Wassers mehr erreicht wird. Es sintert immer fester zusammen. Zuletzt wirkt sich sein Eigendruck wie eine hydraulische Presse von ungezhlten Atmosphren an der ganzen Masse aus. Das hchst ungleichartige mineralische Material, wie es z. B. von einem Bergrutsch herrhrt, verbckt so zu einem harten, mauergleichen Schichtensto, den man nicht eigentlich Gestein nennen kann, weil er keines ist. Er heit demnach auch Nagelfluhe, Breccie oder Konglomerate. Darin steckt nun so ungefhr alles, was berhaupt nur in einem solchen Wirrwarr stecken kann. Da gibt es Trmmer jeder Art, deren scharfe Kanten durch zementartige Verkittung aneinandergefgt sind. Auch was sonst nur am Grund eines Flusses mitgetrieben wird, liegt in einer Breccie aufgespeichert. Schlielich sind selbst Marmore nur Breccien, in denen kristallinische Kalke und Silikate das bergewicht haben. Hier sind die Bestandteile hart, die Verkittung, in die oft Versteinerungen mit eingebettet sind, ist nahezu vollkommen unverwitterbar. Bei einer echten Breccie jedoch zerfllt das Material wiederum mit Leichtigkeit. Nur mit einer sehr feinkrnigen Nagelfluhe kann man bauen, weil nur sie gengend eigenen Zusammenhalt besitzt. Sonst, wo immer sie offen der Sonne, dem Frost, dem Regen und dem Wind ausgesetzt ist der in den Alpen gewhnliche Fall , zerfllt sie binnen kurzer Zeit zu dem, was sie war, zu Schutt und Gerll, ein unfruchtbares Trmmerwerk von Gebirgen, die vergangen oder im Begriffe sind, zu vergehen. Aus alle dem, das hier nur eben andeutungsweise aufgezhlt wurde, besteht der mineralische Aufbau des Humus. Auer ihm gibt es hchstens die eine oder andere lokale Sonderform, aber keine Gesteinsart von allgemeiner Gltigkeit. Die Kontinente sind eigentlich ziemlich gleichfrmig, die gewesenen und die gegenwrtigen Gebirge nicht wesentlich voneinander verschieden. Das Tropenklima fgt seinerseits nur roten Laterit dazu, aber eine Art Laterit brachte auch bereits die mitteleuropische Buntsandsteinwste hervor, Solcher Laterit ist ein meist leuchtend roter Boden, wenn auch nicht jeder rote Boden aus Laterit besteht, sondern oft nur Rotlehm ist. Das Wort wurde seinerzeit nur auf eine ganz bestimmte sdindische Roterde angewendet, die ich noch in Ceylon gesehen habe. Dann dehnte man den Begriff Laterit auf den Nipe-Ton von Cuba mit aus. Spter sprach man auch angesichts der westaustralischen Sandbden von Lateritbden, und schlielich bezog man auch die weiten, im Inneren liegenden Glibberwsten mit ein. Den Ursprung kennt man nicht genau. Er enthlt viel Tone, entsteht aber niemals aus Graniten oder aus anderen sauren Gesteinen. Da er nicht ein mal immer aus der Gegenwart stammt, konnte man dadurch feststellen, da der jngste Kontinent, der ja in allem der fremdartigste und seltsamste ist, schon fossile http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 63

Laterite besitzt, die (wie ich aus eigener Erfahrung besttigen kann) nicht anders aussehen wie die rezenten. brigens zerfllt Laterit ohne groe Widerstnde. In den australischen Goldgrbergebieten kann man viele Stunden im lockeren Lateritsand waten, der bis zum Augenschmerzen in einer weiglhenden Wstensonne von vielfltig eingesprengten Metallsplittern funkelt. Dort ist der Lateritsand, der unter tropischen Regengssen unerhrt fruchtbar werden kann, unsglich arm in seiner flammenden Nacktheit. Auch er ist so wie alle anderen Sande in seinem Zerfall von den Atmosphrilien abhngig. In keiner Weise kann man ihn hinsichtlich des Ablaufes der Humifizierung als etwas Besonderes ansprechen. Was die Erdrinde anbetrifft, so gibt es nichts Neues unter der Sonne. Auer allen diesen Mineralien und Salzen sind an anorganischen Substanzen nur noch Metalle vorhanden. Von ihnen wird spter ausfhrlich die Rede sein, denn auch sie spielen in der fruchtbaren Erde eine weit grere Rolle, als man zunchst fr mglich hlt. Alles in allem besitzt man im 1-Turnus die vollkommenste bersicht ber das irdische Sein aber in einer Form, die dieses Sein als Flle eines unendlichen Formenreichtums nicht mehr erkennen lt. Das Klima Der wrmste Punkt der Erde ist El Cosseir am Roten Meer, das eine Schattentemperatur von plus 60 Grad C erreicht. Als der Kltepol gilt die russische Stadt Werchojansk, in welcher man Kltegrade von minus 60-69 Grad C beobachtet hat. Die Sahara besitzt eine durchschnittliche Luftfeuchtigkeit von 8-15 Grad. In Cherrapunji in Assam fielen an zwlf hintereinanderfolgenden Tagen je 2898 mm Regen. Zwischen solchen Extremen liegen die Gebiete, wo es wrmere Sommer und kltere Winter oder wrmere Winter und kltere Sommer gibt. Die Klimaspanne unseres Erdballs betrgt also ziemlich genau 120 Grad C, nmlich je 60 Grad nach der Plus- und Minusseite. Und die atmosphrische Wasserversorgung hat ihren einen Pol in der Nullaborplain in Inneraustralien, wo ich einmal an einen nur aus ein paar Wellblechhtten bestehenden Ort kam, an dem es sieben Jahre lang nicht geregnet hatte. Der andere extreme Pol liegt in den Waldgebirgen Javas, wo jahraus, jahrein um 2 Uhr nachmittags ein Wolkenbruch einsetzt, der pnktlich um 6 Uhr aufhrt. Will man noch zwei andere Extreme nennen, so braucht man sich nur daran zu erinnern, da in den Robreiten stndig Windstille herrscht, whrend auf den Farern oder auf der Insel Malta die ununterbrochenen Strme jeden Baumwuchs unmglich machen. Das sind Tatsachen und Zahlen, die man in jeder Erdgeschichte und in jedem Atlas jederzeit nachlesen kann. Sie bedeuten nicht mehr und nicht weniger, als die uersten Grenzen des irdischen Klimas, die sich nach innen dann auerordentlich fein abstufen und auf eine sehr vielfltige Weise kom64 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

binieren. Im groen ganzen ersieht man daraus, da die Temperaturverhltnisse unseres Gestirnes zwar fr seine Lebewesen extrem genug, aber da sie doch nicht so extrem sind, da der Lebensstoff als solcher die Differenzen nicht ertrge. Denn er erhht sie sogar freiwillig und ohne dazu gezwungen zu sein. Die schon erwhnten Thermalalgen, die in kochenden Gewssern verschiedener Geysire auf Island, im Yellowstone-Park, sowie in heien Quellen Japans leben, ertragen 80 Grad Hitze und noch darber. Andererseits wei man aus Experimenten, da eine ziemlich ansehnliche Zahl von Bakterien die angenommene Weltraumklte von minus 273 Grad aushlt, und zwar auch auf lngere Zeit, unbeschadet ihrer Lebensfhigkeit. Das sind nun freilich Spannen, die nur ausnahmsweise in Frage kommen. Wohl aber wirkt sich die irdische Temperaturdifferenz (eben jene 120 Grad Celsius) auf jene ersten Ansiedler des Lebens aus, die nackte Felsen bewohnen. Die erhitzen sich unter der prallen Sonne ebenso bis auf 60 Grad, besonders wenn sie auf dunklen Basalten oder Urgesteinen sitzen. Nachts dagegen bei heftigem, trockenem Nordsturm durchklten sich ihre Standorte leicht auf minus 40 Grad C und darunter. Sie mssen also in ihrem Bau und ihren Lebensfunktionen die Mglichkeit eines natrlichen Ausgleiches besitzen, die ihnen das Dasein erhlt. Und dieser Ausgleich mu ein zweifellos viel besserer und zuverlssigerer sein, als der zwischen Mineral und Klima. Denn auch die groen Gebirgsstcke fallen ununterbrochen dem Spaltenfrost zum Opfer, Moose, Flechten, Algenkolonien dagegen niemals. Die ersteren knnen so glashart durchfrieren, da sie schon bei leisester Berhrung zu Staub zerfallen. Mildert sich die Temperatur und nehmen sie gengend Feuchtigkeit auf, dann setzen sie ihre Lebensfunktionen jedoch unbekmmert weiter fort, als htte es nie eine Unterbrechung gegeben. Durch Frost auseinandergespaltene Felsen, die sog. erfrorenen Gebirge, aber verlieren jeden Zusammenhalt und zerbrckeln unweigerlich zu Mulm und Grus. Nun beweisen uns die Spuren vorbergerauschter Erdgeschichte, da nicht allezeit und nicht allerorts dieselben Temperaturdifferenzen wie heute herrschten. Das allerorts ist dabei nur von geringer, sozusagen nur lokaler Bedeutung. Zweifellos sind die Weltmeere und aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Pole bereits einmal ber jeden Punkt der Erdrinde hingewandert oder werden es noch tun. Das ruft immer wieder dieselben Erscheinungen hervor, die rtlich ein anderes Klima mit anderen, verbesserten oder verschlechterten Lebensbedingungen schaffen. Es ist immer dieselbe Kette von Geschehnissen, die sich logisch ineinander schliet: Schollenverschiebung, Gebirgsbildung, Meerestransgression und -regression, Wasserhaushalt und Abtragung, Erwrmung oder Vereisung. Danach richtet sich die Tier- oder Pflanzenwelt und mit ihr die Humifizierung. Aber auch deren Ergebnisse sind in mehr oder weniger groem Umkreis rtlich bedingt. Etwas ganz anderes ist es mit der Frage, ob je ein einheitliches Weltklima bestand. Darber ist man noch immer sehr verschiedener Meinung. Ansicht 65 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

steht gegen Ansicht, und es fhrt keine Brcke von der einen zur anderen. Ursprnglich hat sich ein Teil der Erdforschung darauf festgelegt, da nach dem Erscheinen des Lebens auf der Erde keine gleichmig ber alle Breitengrade verteilte allgemeine Wrme mehr eingetreten sei. Dem folgten neue Hypothesen, da es bis zum Ende des Erdaltertums, unbedingt jedoch bis Carbon und Perm, ausschlielich nur Tropengebiete auf unserem Gestirn gegeben habe, und von da ab nicht mehr. Die letzte Meinungsnderung wieder besagt, unter allen Umstnden habe im Tertir und zwar bis zu seinem Aufhren, also im Miocn und Pliocn, zwar nicht gerade ein quatorial tropisches, wohl aber ein subtropisches Klima bis hoch in den Norden hinauf und bis in die heien Zonen hinunter regiert, das man mit vollem Recht als ein Weltklima bezeichnen knne. Jede dieser Ansichten fhrt fr sich unwiderleglich Beweise an. Im groen und ganzen kann man diese Beweise auch nicht ableugnen. Es ist also noch immer derselbe ungeklrte Zustand, und es besteht auch keine Aussicht, da man sich binnen kurzem darber einigen wird. Die grere Wahrscheinlichkeit liegt auf Seite der Erwrmung der einstigen Erde, denn das ist von der kosmischen Zugehrigkeit, von unserer eigenen Stellung zur Sonne und von der Art der Verfestigung der irdischen Materie (die aus ihrem spezifischen Gewicht hervorgeht) bedingt. Fr uns ist das allein zu wissen wichtig. Denn Humus kann sich nicht ohne Wrme bilden. Man mu also fr jede klimatische Temperatursteigerung, soweit sie nicht mit ausgesprochener Wstenbildung einherging, zugleich auch eine automatische Humusvermehrung einsetzen. Das bringt dann allein schon die Vermehrung der Pflanzenwelt mit sich. Schon die Subtropen beherbergen Tausende von Gewchsen, und man rechnet auf der ganzen Erde mit ca. 400 000 Arten Bltenpftanzen. Davon gehren nur wenige zur arktischen Flora. Aus dem Reichtum von beilufig 2000 Spaltalgen, die man bisher beobachtet hat, sind nur 36 Schnee- und Eisalgen bereit, nahe den Polen zu leben. Die zentralarktische Flora ist von lcherlich winziger Zwergengestalt. Sie wchst buchstblich auf dem Eis, und sie gefriert auch am Ende ihrer allerlngstens zwei Monate betragenden Wachstumsperiode selber regelmig wieder zu Eis. Der Humus, in dem sonst Gewchse wurzeln, fehlt fast vllig. Dadurch erhalten die Pflanzen nur einen minimalen Teil von Nhrstoffen und berhaupt keine Bodensalze. Da auf dem eisigen Grund nichts dergleichen vorhanden ist, versuchen sie, durch Polsterwuchs und Verwertung der eigenen abgestorbenen Stengel und Bltter sich wenigstens einen Bruchteil dessen zu verschaffen, was ein Gewchs an organischen Stoffen braucht. Ein allerkrzester Kreislauf erhlt so das armselige bichen Leben, das nur whrend der schnellvergnglichen polaren Sonnenperiode zu existieren vermag. In der halbjhrigen Nacht stirbt alles dahin, wird hoffnungslos von Schnee verschttet. Auch die paar Kleintiere, die von der Armut der Gewchse ihr elendes Dasein fristen, und unter denen 66 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

der Gletscherfloh (Isotoma saltans Ag. Desoria glacialis Nic.) der hufigste ist. Der rote Haematococcus, der mit hingebreitetem Algenstaub den Schnee wie mit frischen Blutlachen frbt und der die einzige Nahrung dieses winzigen, schwarzen arktischen Gletscherflohs bildet, wird seinerseits wieder von einem mikroskopischen Pilz (Cytridium haematococcii) bewohnt, den man zunchst fr seinen Parasiten hielt. Bei den heutigen Erkenntnissen ber Symbiose ist es aber viel wahrscheinlicher, da dieser Pilz sich an der Stickstoffproduktion beteiligt, und da er auerdem die Blutalge mit Feuchtigkeit versieht. Das ist in einer Frostwelt von minus 36 Grad C von allergrter Wichtigkeit, und mglicherweise ertrgt sie nur dadurch diese lebensfeindliche Temperatur. Der Haematococcus wiederum assimiliert mit seinem roten Farbstoff, und wahrscheinlich speichert er mit ihm auch Wrmestrahlen. Auch sein die gemigten Klimate bewohnender smaragdgrner Vetter Protococcus zieht ja den kalten und feuchten Winter einem heien und trockenen Sommer vor. So baut sich eine der nrdlichsten Bioznosen unseres Gestirnes auf aber es ist klar, da auf diese Weise kein Humus gebildet wird. Auf dem 4787 m hohen Pichincha in Ekuador, der freilich ber eine ganz andere Besonnung verfgt, ist der Lebensreichtum nahezu berhmt geworden. Man hat auf ihm nicht weniger als 21 Schneealgen gezhlt, die aber alle nach Art der roten Blutalge leben. Nun haben jngste Untersuchungen erwiesen, da die Wrmewelle am Ende des Tertirs doch nicht allzuweit ber Grnland, das man sich als einen damals immergrnen Laubwald gleich dem heutigen Massachusetts vorstellt, hinausgegangen sein kann. Denn in Alaska und auf den Neusibirischen Insein hat man fossile Gletscher aus dem Miocn aufgedeckt, deren Eiskerne unter einem Mantel von Lehm und Erde verborgen lagen. Aber wie immer von dem gewaltigen, ja fast unerschpflichen Reichtum an bestem Humus, den das Tertir uns zurckgelassen haben mu, ist in Europa leider nur sehr wenig auf uns gekommen. Ein Teil liegt als junge Faulschlammkohle unter den darberhin geworfenen Deckenschottern, aber das ist naturgem nur wenig. Dort, wo es keine eiszeitlichen Vergletscherungen gab, im Osten, Sden und uersten Westen, grnten freilich die Lorbeer- und Magnolienwlder mit ihren Palmeninseln und Zimtbaumhainen, mit ihren ppig verschilften Wasserrosen- und Lotostmpeln weiter, und darin lebten die ersten Riesendickhuter unbekmmert ihr stumpfes Leben. Aber im Osten, gegen Asien zu, dehnten sich auch damals schon weite Steppen. Spanien und Sdfrankreich dagegen mssen in ganz anderem Ma als heute unter eisigen, trockenen, strmischen Landwinden gelitten haben, welche die 1000 m hohe Inlandeismauer ununterbrochen nach Sden und Westen schickte, und die ber die Pyrenen nicht weniger als ber die Seealpen mit wilder Gewalt herabstrzten. Als dann aber endlich doch die Vergletscherung ihrem Ende entgegen ging, da brachen ozeanhohe Fluten sich vereinigender Eiswasserstrme berall in die zerstrte und verwstete 67 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Landschaft ein und vernichteten den Rest fruchtbarer Erde, der noch briggeblieben war. Die letzten Rckstnde des unersetzlichen Humuskapitals aus jener glcklichen subtropischen Tertirwelt wurden von strudelnden Wasserwirbeln davongeschleppt, die sie zunchst ausschlielich nach Sden und Westen, spter auch nach Osten ausbreiteten. Bis zum Schwarzen Meer, bis zur nrdlichen gis und zuletzt sogar nach Norden, in die Nordsee und die sich endlich wieder verflssigende Ostsee wurden letzte Spuren geschwemmt. Auch damit war noch kein Halt. Einen Teil verfestigten die Mornen als ungewisse Barre zertrmmerter, einstiger Landschaften mitten in den Ebenen. Auch sie wurden wieder auseinandergerissen. Der Isarsee vor Mnchen z. B. bedeckte mit den abgewanderten und auseinandergebreiteten Mornen der Nrdlichen Kalkalpen als mit einer hohen, unfruchtbaren Schotterdecke das ganze Bayerische Vorland. Darunter erst liegen die tertiren Schichten. Im allgemeinen verschwand der Humusschatz der Vorzeit in wtenden Strmen, brandenden Inlandseen, wochenlangen Regengssen und einer Erosion von solcher Unbndigkeit und Grenzenlosigkeit, da hchstens in engen Tlern noch kmmerliche Reste des ursprnglichen Bodens liegen geblieben sein knnen. berlegen wir uns das, was damals geschah, so erhellen sich uns mit einmal kaum je in Betracht gezogene Zusammenhnge. Gewi haben auch andere Kontinente ihre Eiszeiten gehabt, und sie werden nicht milder gewesen sein, als es die letztverflossene in Europa war. Aber sowohl Indien, als Sdafrika und Sdamerika hatten inzwischen Zeit, sich davon zu erholen. Und der Arktis, wo uneingeschrnkt noch immer die Eiszeit regiert, stellt das Leben ohnedies keine nennenswerten Forderungen an die Natur weil es eben so wenig Leben dort gibt. Europa aber kehrte seitdem unglcklicherweise klimatisch weder in die Tropen-, noch in die Subtropenparadiese zurck. Zwar hlt man allmhlich seine vier bis sechs zusammenhngenden Eiszeiten des Diluviums nur fr eine ganz unbedeutende Einsenkung zwischen dem Tertir und dem ohnedies fragwrdigen Quartr, als das man geologisch unsere Gegenwart bezeichnet. Aber das sind nach Erdzeitaltern gemessene Perioden, die mit dem Leben des Menschen (nicht einmal mit der historischen Menschheitsgeschichte) nichts zu tun haben und auf sie auch gar nicht angewendet werden knnen. Die Eiszeit ist und bleibt fr den Europer der nie mehr verwindbare Schrecken. Man ist sich dessen auch schon seit langem bewut. Der Reihe nach finden sich in geologischen Werken die unermelichen Schden aufgezhlt, die sie uns und unserem Erdteil angetan hat: die Verdung und Zerstrung der Landschaften, die allzu rasche Abtragung der Gebirge, die Vermurung und berschotterung weiter Ebenen, die Verarmung der Pflanzenund Tierwelt, die Belastung des Menschen mit Klte, Hunger, Armut und allem Unglck, das aus diesen drei Dingen entsteht. Vor allem aber die 68 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Barbarisierung des zwangslufig durch alles dies zum Raubtier gemachten, einst sanften, friedlichen, in einem reichen Eden sorglos lebenden Geschpfes, das man spter den Beginn des homo sapiens europaeus nannte. Nur eines hat man vergessen, trotzdem es zum Schwerstwiegenden gehrte, das Europa treffen konnte. Es war der fast vllige Verlust des Humuskapitals, das eine unendlich, unvergleichlich viel ppigere Pflanzen- und Tierwelt bis hoch hinauf in die nrdlichen Breitengrade zurckgelassen hatte, und von dem beinahe nichts auf uns gekommen ist. Und nachdem (davon wurde schon gesprochen und mu noch wiederholt gesprochen werden) die Bedeutung des Humus keineswegs nur eine Frage der Quantitt, sondern mindestens ebenso eine der Qualitt ist, so kann man gar nicht abschtzen, was aus der europischen Menschheit htte werden knnen, wre ihr uneingeschrnkt als glckliches Erbe die verschwenderische Lebenskraft des Tertirs in Gestalt seines Humuserbes in den Scho gefallen. So ist denn alles, was uns in unserem Kontinent an Humus erreicht hat, nicht der berflu eines wrmeren und glcklicheren Klimas. Die einstigen Paradiese der Vergangenheit sind uns wirklich und restlos verloren gegangen, soweit sie den Boden und seine Entwicklungen betreffen. Das ist von einschneidender Bedeutung. Wer, so wie ich, jahrzehntelang in den Tropen und Subtropen gelebt hat, dem braucht man nicht zu erklren, was Witterung und Wrme zur Selbstfruchtbarmachung der Erde beitragen. Schon bei uns ergeben unsere Wlder eine Vermehrung an Feuchtigkeit der Atmosphre, sogar bei Nadelforsten, deren Wasserkreislauf bekanntlich stark herabgesetzt ist. Dem Forstmann sind die Verhltniszahlen seit langem bekannt, aber da ich sie nicht bei jedem meiner Leser voraussetzen kann, gebe ich sie hier wieder: 100 g Tannennadeln verbrauchen pro Jahr 7,1 Liter Wasser, 100 g Fhrennadeln 9,4 Liter und 100 g Fichtennadeln 13,5 Liter. Die gleiche Menge Buchenlaub indes holt aus dem gleichen Boden 75 Liter heraus! Wobei man noch bedenken mu, da die Verdunstung der wachsverklebten Nadelholzbltter geringfgig ist, gemessen an der Leistung eines Laubblattes, das einen Groteil des getrunkenen Wassers durch Ausstoung bald wieder los wird. Dadurch erfolgt eine Feuchtigkeitsanreicherung der Luft, die wiederum nicht nur den Gewchsen, sondern vor allem dem Bodenleben zugute kommt. Und da man mit einer gengend ausgiebigen Kanalisierung schlielich sogar eine Wste in ein fruchtbares Land verwandeln kann, so ist ein geordneter, stndig auf Hochtouren laufender Wasserhaushalt gar nicht zu berschtzen. Wichtig ist es, da lang- und starkwurzelige mchtige Bume an ihm beteiligt sind, denn sie pumpen Wasser aus jenen Tiefenzonen, die sonst gar nicht daraufhin ausgentzt werden. Hlt man dagegen die typische flache Wurzelscheibe des Nadelholzes, die sich daraus entwickelt hat, da die Wurzeln in sauren Bden nicht gengend atmen knnen, so erkennt man sofort den Einflu der Vegetation auf den http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 69

Wasserkreislauf einer Landschaft. Fichte, Tanne und Kiefer sind die typischen nacheiszeitlichen Bume. Sie wuchsen auf einem humusarmen bis humuslosen Grund, in eisiger, stauender Nsse, immer in der Gefahr, durch berschwemmung ausgesplt zu werden. Gewi wurde mit dem vlligen Abklingen der Eiszeit das Klima langsam besser. Man nimmt an, da am Ausgang der Bronze- und Beginn der frhen Eisenzeit noch einmal eine energische Milderung erfolgte. Die rauhen Winde lieen nach, die Strme blieben endgltig in ihren Betten, etwas wie eine sanfte, liebliche Parklandschaft schob sich zwischen die tageweiten Smpfe, Wlder und Auen ein. Bis zu den Ksten der Nord- und Ostsee hinauf ragten riesige Eichenhaine, gemischt mit dem freundlichen, dunklen Grn der Buchen, bewohnt von einer, wenn schon nicht an Arten, so doch an Kpfen zahlreichen Tierwelt, die in allem sehr charakteristisch! zum Wald und nur zum Wald allein gehrte. Dieser europische Festlandswald reichte scheinbar von den westspanischen Provinzen (vielleicht mit teilweiser Ausnahme der Hochebenen) bis zum Don und der Wolga, wo er bereits einzelne Steppengebiete und Salzseen mit-umfate. Den sdlichen Saum Europas umfing ein subtropischer Balkanwald, der an die Adria und berall ans Mittelmeer reichte. Ja, er schlo auch dieses Mittelmeer nach Art eines Binnensees von ungeheuren Ausmaen mit ein, denn an den afrikanischen und vorderasiatischen Ufern gingen bis zu den Hhen des Atlas und Libanons dieselben quellenreichen Sdlandswlder weiter als eine einzige natrliche und zusammenhngende Formation. Der Mensch war damals noch ein Nebenbei, unwichtig, ohne Bedeutung fr die Zustnde der Erdrinde, selbst in jenem Kontinent, den er dann spter am nachhaltigsten und tiefgehendsten vernderte. Gespalten in einzelne Sippen und Kleinvlker, die wieder durch weite, unbesiedelte und zunchst gleich dem Alpenmassiv auch unbesiedelbare Gebiete getrennt waren, errichtete er wohl einige groe Stdte gleich dem damals mchtigen Hallstatt, aber auch sie beeinfluten nur einen verhltnismig geringen Raum ihrer Umgebung. Erst dann, als die unzusammenhngenden Verbnde zu mchtigen Staatsgebilden, gleich dem phnizischen, grogriechischen, punischen und rmischen Weltreich anwuchsen, griffen ihre Bedrfnisse ber die lokalen Ertrgnisse ihres Bodens hinaus. Erst von da ab wurden mehr Holzmengen geschlagen, mehr Wlder gerodet, mehr Boden urbar gemacht, als es mit dem Klima und der Natur harmonisch vereinbar war. Und damit, ungeahnt, gewissermaen unschuldig, so da man niemanden, weder einen Einzelnen, noch ein Volk, mit der Verantwortung dafr belasten kann, begann der Ruin von Europa mit dem Ruin seines Bodens. Denn da erst fing das Unheil, das noch aus der Eiszeit herrhrte, sich auszuwirken an. Mit der Vernichtung der Wlder, die noch bis ins Mittelalter 70 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

hinein andauerte (kaufte doch die durch Feuer vllig zerstrte Stadt Rostock um 1552 einfach einen ganzen Wald zum Wiederaufbau an, der dann bis zum letzten Baum niedergeschlagen wurde), ging die von diesen geschaffene rezente Humusdecke nur allzu rasch dahin. Entgegen den ukrainischen und sdungarischen Bden, die niemals eine Eiszeit kennengelernt hatten, war im brigen Europa nur solange eine wirklich ausgiebige, natrliche Humusproduktion vorhanden, als es eben dort noch die ausgedehnten Wlder, d. h. Urwlder gab. Als sie fielen, war es sehr bald zu Ende mit der Humusneubildung, und die Felder, kaum oder doch nur ganz unzulnglich gedngt, verschlangen unwiederbringlich den Vorrat an fruchtbarer Erde. Er zerging wie Schnee an der Frhlingssonne. Denn es fehlte darunter das Humuskapital des Tertirs, das die Eiszeit sinnlos hinweggerafft hatte. Das zu unser aller Unheil zerfroren, fortgeschleppt, in alle Winde zerblasen, mit unfruchtbarem Gerll verschttet worden war. Und nun gab ihm die unwissend fleiige Hand des senden und erntenden Menschen den Rest, die nicht vergeudete oh nein, man hat in Europa niemals fruchtbare Erde vergeudet! , aber in mhseliger Arbeit gleich einer Art von Schatzgrberei nahm und nahm und immer wieder nahm. Und nicht im entferntesten ahnte, wie bald der nicht wieder zu beschaffende Reichtum zu Ende gehen wrde zu Ende gehen mute. Dennoch soll man nicht sagen, da einzig der Wald seinen Humusbestand erhlt. Er ist wohl die einzige Formation, die auf natrlichem Weg Humus neu zu bilden vermag. Aber selbst die wilde Ursteppe hat es gelernt, ihren Humusbesitz zu bewahren. Schon in Nordamerika hat man sich davon berzeugt, da die Prrie, soweit sie eben noch Prrie geblieben ist, von den Zerstrungen der sog. kleinen Erosion nicht mitbetroffen wird. Im Osten des Schwarzen Meeres dehnen sich endlose Flchen eines trockenen, armen und ganz sterilen Bodens. Sie wehen im frhen stlichen Frhling von den ungezhlten Silbergrannen des Waisenmdchenhaares (Stipa pennata), wie man in Ungarn, wo es ebenfalls hufig ist, das hauptschlichste und schnste Sandgras genannt hat. Von ihm leben Heuschrecken und andere Insekten in astronomischer Zahl, die ihrerseits wieder die Steppenvgel, Steppenechsen und Steppenspinnen, darunter den gefrchteten und sehr giftigen Schwarzen Wolf, den Karakure (Lycosidae) ernhren. Von allen zusammen existieren wiederum die Nagetiere, Pfeifhasen, Muse und Ziesel. Wo seltene Bche das offene Land durchschneiden, reicht es freilich nicht zu Galeriewldern, nicht einmal zu Buschsumen. Aber weithin leuchtende Straen von Blumen ziehen sich an ihrem Rand dahin, halbmeterhoch, ppig und farbenfroh. Da wiegen sich hohe Wolfsmilchbsche, gelbe und weie Labkruter, Sterndolden und ungeheure Heracleumstauden, die zu den Riesen unter den Schierlingsgewchsen gehren. Bis zum Juni dauert diese Pracht. Dann brennt der drre, glhende Steppensommer alles zu Staub. Nichts bleibt, als 71 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

die Stipa und die zhen Wolfsmilchbsche (Euphorbiaceen), und sie schtzen als dichter, grauer Rasen den lockeren Boden, der dadurch festgehalten und nicht ins Endlose verweht wird. Was hier mit der pontischen Trockenftora geschieht, hat sein klimatisches Gegenstck im ungarischen Tiefland. Dort, wo die Bden immer wieder (wie auf der berhmten Pferdeweide Hortobgy) in reinen Flugsand bergehen, fhlt sich gewissermaen jede einzelne Pflanze verpflichtet, das ihrige zur Erhaltung der geringen Humusspuren beizutragen. Alle Gewchse benehmen sich dort gleich den Schuttstauern des Gebirges, sie weben unverhltnis mig groe Wurzeltcher und pressen von obenher durch drahtartig elastische Ranken und ausgebreitete Blattrosetten den gesammelten Humusstaub gegen den Grund. Schafgarbe, Knopfblumen, Schmetterlingsbltler, Sonnenrschen, Hauhecheln usw. nehmen bereinstimmend denselben Typus des Humussammlers an und daran ndern monatelange Trockenheit und unun terbrochene Luftunruhe nicht das mindeste. Selbst in der australischen Buschwste, im Scrub, trachtet, da eine zusammenhngende Pflanzendecke unter solchen extremen Verhltnissen nicht mehr mglich ist, wenigstens jeder einzelne Stachelschweingrasbusch (Spinnifex- und Triodia-Arten), jeder Eukalyptus, jedes flammende Portulakkissen so viel Humus unter sich zu speichern als eben nur mglich ist und das Gesammelte vor der Abwehung zu bewahren.

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Kurz das Klima an sich ist kein unbedingter, kein unwiderleglich entscheidender Faktor im Leben der Erdoberflche. Es ist nur ein bedingter Einflu, wenigstens bis zu einem gewissen Grad. Es lt sich ausgleichen und es wird auch stets bis zu einer bestimmten Quote ausgeglichen. Es gibt kein absolutes Klima, so wie es keine absolute Wste und keine absolute Fruchtbarkeit gibt. Nichts, was zur Erdoberflche und zur darberlagernden Atmosphre gehrt, ist absolut. Alles versucht, sich entweder selbst auszugleichen oder wenigstens dem Nachbarn keinen Widerstand gegen das harmonische Ausgeglichenwerden entgegenzusetzen. Meister der klimatischen Ausgleichung sind die Pflanzen. Infolgedessen bezieht sich ein Groteil ihrer Anpassungen auf Temperaturunterschiede und das, was von ihnen abhngt. Im Gegensatz zum Tier, besonders zum Grotier, das jeder Witterungsunbill davonlaufen kann, versucht die Pflanze alles nur Denkbare, um irgendwie doch immer wieder mit den neuen Anforderungen, welche die Umwelt an sie stellt, fertigzuwerden. Auch sie kann abwandern aber nur um den Preis, da sie Ableger, Frchte oder Samen hervorbringt. Um die letzteren jedoch zu reifen, braucht sie erst eine Frist ungestrten und gesteigerten Wachstums. Darum wirkt sich eine Klimaverschlechterung, wenn sie nicht wirklich tdlich ist, fr Gewchse zunchst in gesteigertem Wachstum aus. Denn nur darber geht der Weg, der unter solchen ungnstiger gewordenen Umstnden in bessere Verhltnisse fhrt. Um zu flchten das klingt sehr paradox, entspricht aber nur den Tatsachen mu eine Pflanze zuerst das tun, was die Flucht unntig macht. Sie mu also trotz des vernderten Klimas und der verschlechterten Lebensumstnde an Ort und Stelle bleiben. Dagegen werden Frchte und Samen mit sehr vielen Erfindungen, die dazu dienen, eine mglichst groe Ortsvernderung zu vollziehen, ausgestattet. Da die Pflanze nun direkt den Humus als allerwichtigste Voraussetzung ihres Daseins braucht, so leidet sie am meisten, wenn ihr dieser Humus in groen Ausmaen verloren geht. Ein Tier kann das andere fressen, wenn es hungrig ist, und tut es auch. Eine Pflanze ist in den allermeisten Fllen nicht dazu imstande. Zwar hat man jetzt beilufig 170 Arten von fleischfressenden Gewchsen gezhlt und glaubt, annehmen zu mssen, da die Bestialitt der Schwester Pflanze in aufflligem Mae zunimmt. Vielleicht ist das aber gar keine Bestialitt, sondern nur eine Folge der zunehmenden Humusarmut der Bden. Es gibt ja bekanntlich kaum ein insektivores Gewchs, das nicht auf ganz besonders armem, saurem oder kalklosem Grund wchse. An sich kann man aus dem Verhalten der Vegetation ablesen, da sie sich auf den Humusschatz des Bodens nicht unbedingt verlt. Immer trachtet sie, wenigstens selber so viel Humus zu bilden, als der eigene Verbrauch ausmacht. Sie handelt so, wie ein Mensch handeln wrde, der in einer Sache viele schlechte Erfahrungen gemacht hat und sich nun bemht, die ihm bekannten Verlustquellen durch eigene Geschicklichkeit zu verhten. 73 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Nun ist es fr ein Gewchs nicht leicht, sich seinen Humus zu bilden, denn alle Kruter und Grser besitzen einen in den meisten Fllen substanzarmen Krper. Aufgebaut nach dem groen Weltgesetz des geringsten Kraftmaes, verwenden sie auch nicht ein Gramm Gewebe mehr, als unbedingt ntig ist. Auch im tropischen Klima ist ihre Lebensdauer sehr beschrnkt. Infolgedessen enthlt ihr Aufbau auch dort trotz scheinbar wildstrmischer ppigkeit nichts berflssiges. Nur Bume und Strucher haben hier unleugbare Vorzge, und darum sind auch sie es, die sich an der nicht immer klimatisch direkt ausgelsten, aber doch stets klimatisch bedingten Humusneubildung als entscheidende Faktoren beteiligen. Allerdings besitzen auch sie nur eine sehr begrenzte Mglichkeit, und die heit Laubfall. Mit Hilfe des Laubfalles, dem bei ein- und mehrjhrigen Krutern und Grsern das Verdorren und Verschwinden des ganzen Gewchses gegenbersteht, vermag es die Pflanze, sich aktiv ihren ntigsten Humus aufzubauen, und es ist kein Zweifel, da sie die Unbill jener Klimate, in denen es Herbst und Winter gibt, auf sinnvollste Weise dazu bentzt. Von je hat die Forschung den Laubfall mit der Jahreszeit in Verbindung gebracht. Lange Kulturepochen hindurch, nmlich bis sie im Lauf des 18. und 19. Jahrhunderts die warmen Zonen der Erde besser kennenlernte, hielt sie ihn berhaupt ausschlielich nur fr eine Klimaanpassung. Es war ja auch so einfach: Der Winter kam und die wasserreichen, grnen Bltter erfroren. Das schadete dem Baum und darum warf er sie lieber vorzeitig ab. Damit er aber nicht zu viel des kostbaren Baustoffes verliere, rumte er sie wie eine ordentliche Hausfrau vorher sorgsam aus und die fleiigen, kleinen Chlorophyllscheiben, die schn smaragdgrn sommersber so brav Zuckersaft und Strke bereitet hatten, wanderten nun in den Baum hinber, ehe die gelben, roten oder braunen Bltter um Allerheiligen herum zur Erde fielen. Man hatte diese Erscheinungen, die man zunchst einzig dem gemigten Klima zuschrieb, zugleich richtig und doch auch wieder unrichtig beobachtet. Es ist unleugbar, da der Zweig mit einer festen Korkwand die Stelle, wo der Blattstengel sommersber festsa, nach auen zu abschliet. Er bereitet eine natrliche Vernarbung vor, von der sich jedermann berzeugen kann. Nur stimmt mit dem vorherigen Abtransport des Blattgrns nicht zusammen, da nicht nur aus wrmeren Gegenden hier eingewanderte Bume, wie z. B. die falsche Akazie (Robinie), sondern auch die nordische Esche (Fraxinus) ihr Laub unverfrbt abwerfen. Auch nicht alle Strucher beteiligen sich an der Herbstgilbung. Man war ziemlich erstaunt, als man beobachtete, da in den Tropen im sdlichsten Indien, in Ceylon, das nur fnf Breitegrade vom quator entfernt liegt, annhernd 100 Baumarten denselben Laubfall wie bei uns haben. Ja, noch mehr, da sie ganz ausgesprochen sogar dieselben Herbstfarben zeigen. Andere dagegen, wie der unvergleichliche schne Flammentrger (Poinciana regia), die Tamarinden u. . lagern einen dunkelgrnen Blatteppich um sich ab. Der klimatische Zeitpunkt ist ganz 74 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

verschieden. Ein Teil der Flora richtet sich den Laubfall so ein, da er vor der Trockenzeit, ein anderer, da er nach ihr eintritt. Der berhmte Teakbaum verfllt in einen richtiggehenden Sommerschlaf whrend der Trockenperiode und besitzt whrenddessen auch nicht eines seiner 50 bis 70 cm groen Bltter. Die beraus regenreichen ostjavanisch en Monsunwlder bieten dem Wanderer einen hohen, weichen Teppich braunen Laubes, in den er kncheltief einsinkt. Noch merkwrdiger wird die ganze Erscheinung des tropischen Laubfalles dadurch, da sie kaum vierzehn Tage bis drei Wochen dauert. Der Seidenwollbaum (Bombax malabaricum), die herrlich duftenden Tempelbaumarten (Plumiera) und viele andere ihresgleichen, bedrfen kaum zweier Wochen, um in vollkommen neuer Belaubung dazustehen. Es braucht nicht betont zu werden, da der Einflu des Lichtes, noch dazu in einem Breitengrad von fast vollkommener Tag- und Nachtgleiche, in dieser kurzen Zeit sich nicht ndert. Ebenso wenig die Durchschnittswrme von ca. plus 26 Grad C. Die Luftfeuchtigkeit steigt oder sinkt bisweilen, aber keineswegs immer. Was also veranlat die Bume aller Tropen dazu, dennoch ihren so auerordentlich kurzfristigen Laubfall durchzufhren? Man kennt Deutungen der verschiedensten Art, sie bercksichtigen aber alle nicht die Tatsache, da bei sehr vielen tropischen Bumen die Bltezeit direkt dem kurz vorhergehenden Laubfall folgt. Mir will vorkommen, da hier die eigentliche Ursache zu suchen ist. Sie besteht in der dringenden Notwendigkeit, durch frisch hergestellten Humus sich einen notwendigen Zuschu an fruchtbildenden Nhrsubstanzen zu beschaffen. Zu keiner Zeit braucht die Pflanze so viel gesteigerte Ernhrung, als wenn sie die nchste Generation heranreift. Dafr trifft sie jede nur erdenkliche Art von Vorsichtsmaregeln. Die Blte wird berwiegend aus dem Wachstum und den dadurch tglich aufgespeicherten Vorrten bestritten. Frchte aber gehen in ihrem Bedarf weit darber hinaus. Wenn man bedenkt, da die ungeheure Coryphapalme, die indische Talipot, sich nach 60- bis 80jhrigem Wachstum an einer einzigen Blte- und Fruchtperiode so erschpft, da sie danach zu einem drren Besen abstirbt, begreift man, was fr Anforderungen an die Pflanze gestellt werden. Zehn Jahre lang braucht die nicht minder gigantische Seychellennu (Lodoicea), um ihre 25 kg schweren Doppelnsse fertigzustellen. Aber auch, wo die Fruchtreife in viel krzerer Frist erfolgt, beansprucht sie die Krfte eines Gewchses in hohem Grad. Anderseits vollzieht sich in den Tropen die Humifizierung alles Fallaubes, berhaupt aller Abflle, mit einer uns kaum vorstellbaren Schnelligkeit. Alle organischen Umsetzungen bedrfen dort eines so geringen Zeitraumes, da in wenigen Wochen die vollkommene Humifizierung erreicht werden kann. Das wei z. B. der Bananenpflanzer. Wenige Gewchse plndern den Boden so auerordentlich aus, wie die Musa paradisica. Sie ist eigentlich nur ein Kraut, das aber bis zu zehn Meter hoch werden kann. Jeder Stengel besitzt 75 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

nur eine hchstens einjhrige Vegetationsperiode. Dann fllt er um und leistet keinerlei Wachstum mehr. Auf Bananenplantagen ist es seit langem blich, solche ausgefruchtete Pflanzen, noch ehe sie zur Erde sinken, umzuhauen und in Stcke zu zerhacken. Diese Stcke dienen als einzige Bodenverbesserung einer Pflanzung, die ihrem Besitzer fnfzehnmal so viel als Weizen, und dreieinhalbmal so viel als Kartoffeln an Nhrstoffen liefert. Das Kraut Banane schiet so schnell auf, da man es beinahe wachsen sieht, entfaltet Riesenfahnen von Blttern und bringt in wenigen Wochen 60 bis 80 Wurzelschlinge hervor. Mit Hilfe von Kieselsureeinlagerungen sind ihre Riesenstengel zwar hohl und auerordentlich leicht gebaut, aber sie mssen doch immerhin tropische Regen und Strme aushalten. Trotzdem zergehen die zerhackten Stcke gewissermaen in der feuchten Hitze, die stets in einer Bananenplantage herrscht, wie Zucker in einem Glas Wasser. Man nimmt sich auch gar nicht die Mhe, die Reste in den Boden zu bringen. Es gengt vollstndig, das Stckewirrsal einfach um die jungen Schlinge und auf dem unterirdischen Wurzelstock aufzuhufen. Um mehr kmmert sich niemand. Whrend einer Vegetationsperiode verschwindet alles spurlos. Der Kreislauf der Banane geht durch ihre Wurzelschlinge weiter. Sie bedarf keines Samens und man wei ja, da seit langem ihre Frchte kernlos sind. Bei uns ist die Humifizierung des Fallaubes eine bedeutend langsamere. Es fehlt die feuchte Hitze, die alle Abbauorganismen zu ihrem Gedeihen so notwendig brauchen. Sie ist ihnen so unentbehrlich, da sich innerhalb eines Komposthaufens stets 50 bis 80 Grad C Wrme bilden, was die Ursache ist, da jeder Dnger in groen Wolken ausdampft. Man knnte sagen, diese Wrme sei nichts anderes als ein Mikroklima der Aufschlieung, ein Ersatz fr die tropische Temperatur, die bei uns nicht zur Verfgung steht. Die Art der Aufspaltung ist indes vom Klima unabhngig. Bei uns sind es die ausgiebigen Herbstregen, die daran anschlieende Schneedecke und die Schneeschmelze, welche die notwendige Feuchtigkeit liefern. Unterm quator durchnssen die unvorstellbar ausgiebigen Regenzeiten oft wochenlang die Erde, so da alles in metertiefen Schlamm verwandelt wird. Die Wirkung ist letzten Endes dieselbe. Auch bei uns ist unter normalen Verhltnissen das meiste Fallaub eines Herbstes bis zum Frhling zwar nicht vllig zersetzt, aber doch stark vermorscht und zum Zerfall bereit. Im allgemeinen gelten Erlenbltter (Alnus-Arten) als diejenigen, deren Gewebe am leichtesten aufgeschlossen wird. Nur bei Nadelstreu liegt die Sache viel ungnstiger. Die braucht annhernd 5 bis 7 Jahre und zerlst sich dann immer noch weit weniger durch Pilz- und Bakterienarbeit, als durch die winzigen Erdinsekten, die sie in ihrem Darm durchverdauen und dadurch vorhumifizieren. So tut die Pflanze alles, was mglich ist, damit der Kreislauf zwischen dem Lebenden und Abgestorbenen nicht unterbrochen wird. Sie ist eine Meisterin darin, unablssig ihren eigenen Krper umzuwerten, auseinanderzulegen und 76 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

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wieder in neuer Form zusammenzusetzen. Das tote Tier, der tote Mensch bleiben da liegen, wo man sie hinlegt. Kein Gott kann bewirken, da aus ihnen an derselben Stelle wiederum ein neues Tier, ein neuer Mensch der gleichen Art entsteht. Die Pflanze aber bringt das Kunststck fertig. Sie bereitet sich schon im Leben darauf vor, nach ihrem Tode wieder zu sich selber zurckzukehren. Als Motor bentzt sie das Klima, und es schadet ihr nichts, wenn es auch ungnstig, kalt und an sich unbekmmlich ist. Es gibt kein Geschpf, welches das Klima so in den Dienst seines Daseins stellt, wie das die Pflanze auf der ganzen Erde tut. Kein Wunder, da sie die Erde beherrscht und nicht das Tier! Ich selber habe in der australischen Nullarborplain gesehen, wie jeder Busch, jeder Baum die abgetrockneten Zweige und Aste sorgsam unter sich fallen lt. Ein Jahrzehnt knnen sie dort liegen, und immer noch behalten sie scheinbar ganz unverndert ihre Gestalt. Berhrt man sie jedoch nur leise, so zerfallen sie buchstblich zu Staub. Die trockene Hitze, die eisige Klte der Wstennacht bewerkstelligen ein mechanisch-physikalisches Auseinandergleiten der organischen Form. Dieses Holz- oder Laub- oder Rindenpulver ist so fein, da der starke, kalte Morgentau, der typisch in allen Wsten fr die Stunde vor Sonnenaufgang ist, sich mit ihm vermischt und mit ihm allmhlich, Tropfen fr Tropfen, in den Sand einsickert. Man mu annehmen, da er auf solche Weise doch irgendwie wieder zu den Wurzelspitzen gelangt, oder von irgend einem Wurzeltuch aufgefangen wird. So erfolgt schlielich eine Selbstdngung ohne die Phase der Humifizierung, die zwar den Boden in keiner Weise anreichert oder gar verbessert, aber den Pflanzen doch innerhalb eines hchst armseligen Kreislaufes ihr Dasein auf eine unbeschreiblich kmmerliche Weise auf eigene Kosten erhlt. brigens zerfllt auch alle andere organische Substanz dort auf die gleiche Art. Bei Wanderungen durch den australischen Scrub stie ich auf Skelette von Pferden, die einst in der Nullarborplain verdurstet waren, als der groe Gold-Run im vorigen Jahrhundert die menschliche Habgier schlecht ausgerstet in die Wste hetzte. Sie lagen, in einzelne, von den Dingos und Beutelwlfen abgenagte Knochen zerstreut, und mit ihnen das eine oder andere Rad, eine Deichselstange, ein Zeltpfahl, gleichmig grau verwittert. Mehlfeiner Staub rieselte aus dem vermorschten Holz nicht weniger als aus den vermorschten Knochen. Unendlich langsam gingen sie in den Boden ein,

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der sie nur gleichsam widerstrebend aufnahm. Vieles war vom Winde verweht, anderes vom Sand zugedeckt worden. Aus einem aufgehuften, rotgelben Lateritstaubhgel schimmerte bleichfahl ein menschlicher Schdel mit wild erhhten Augenbrauenwlsten. Ich wnschte sehr, da es mir auf dem Umweg ber Pole, Tropen und Wste gelungen wre, den Begriff Klima insoweit klar zu machen, als er an der Entstehung des Humus auf unserer Erde beteiligt ist. Scheinbar sind es sehr unzusammenhngende Dinge, die da heraufbeschworen wurden. Aber das Klima verknpft sie alle mit einem unzerreibaren Faden. Wir haben gesehen, da nur die Pflanze es versteht, sich seiner unter allen Umstnden positiv zu bedienen. Dem Tier und dem Menschen fllt das schon weit schwerer. Jedenfalls darf man nicht vergessen, ohne tropische oder doch zumindest subtropische Wrme, die wenigstens einen Teil des Jahres mit Feuchtigkeit verbunden ist, entwickelt sich kein so ppiger Pflanzenwuchs, wie er in den quatorialen Zonen vorhanden ist. Der wiederum ernhrt eine so zahlreiche Fauna, da diese beiden Faktoren einem vervielfachten Bodenleben das Dasein ermglichen, das zugleich auch die mineralische Aufschlieung in verstrktem Mae besorgt. Der ganze Ablauf ist also zugleich beschleunigt und vervielfacht. Es gibt keine idealere Humusbildung, als die in den tropischen Lndern. Dadurch allein, nicht nur wegen anderer klimatischer Vorteile, werden diese stets vor den brigen bevorzugt sein. Trotzdem ermglichen gemigte bis nrdlich gemigte Klimate es immer noch, da ein schon vorhandener Humusschatz durch sie erhalten werden kann. Wird dieser jedoch durch Kulturland und Ernten laufend ausgentzt, so erschpft sich das Reservat schnell und wird im allgemeinen viel zu langsam wieder ersetzt, um den Ausfall gutzumachen. Denn Wald, Heide, natrliche Parklandschaft, Prrie und Wiesenland vermgen in einem Frhling und Sommer meist nur so viel Humus aus Wurzelrckstnden, durch Laubfall, durch Knllchenbakterien, durch natrliche Dngung aller Art herzustellen, als fr eine Wachstumsperiode notwendig ist. Eine Speicherung erfolgt nur ganz ausnahmsweise und kann nicht als Norm angesehen werden. Wird der natrliche Proze an irgend einer Stelle gestrt oder unterbrochen, so reicht dieser rezente Humus nicht aus, um das Gleichgewicht zu erhalten. Automatisch greift der Verbrauch auf etwaige anlagernde Humusvorrte zurck, die nun verhltnismig schnell aufgezehrt werden. Sind sie zu geringfgig, so verarmt der Boden immer mehr, und die Kraft der Fruchtbarkeit sinkt. Im grten Teil von Europa waren sie durch die besprochene Eiszeitkatastrophe seit langem viel zu gering. Einzelne Fruchtbarkeitsinseln fallen fast immer aus dem jeweiligen kontinentalen Klima heraus und unterliegen meist noch einem besonders gnstigen Lokalklima. Auf die Ganzheit eines Erdteiles wirken sie sich nur minimal 78 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

aus. Sozusagen sind sie nur ein Glcksfall desjenigen Volkes, das solche Orte gerade in seinem Besitz hat. So sind die USA durch ihre riesigen Stromtler, durch den krftigen, wetterharten und ausdauernden Pflanzenwuchs seiner Prrien und seiner Bannwlder, die sie gegen die kanadischen Nordstrme abdecken, mehr bevorzugt als andere Orte, die ber dasselbe gemigte Klima verfgen. Leider ist man sich in den Vereinigten Staaten dieser Bevorzugung nicht im vollen Umfang und mit voller Verantwortlichkeit rechtzeitig bewut geworden. Habgier, Unvernunft, Unwissenheit haben schwer an ihren Bden gefrevelt, die wie eine kostbare Erzmine ausgeplndert, vergeudet und vermindert wurden. Diese Schdigungen sind infolge des gigantischen Ausmaes, das von je zu allem Geschehen des Goldenen Westens gehrte, viel rascher sichtbar geworden, als in Europa, das jetzt die Folgen einer mindestens tausendjhrigen Miwirtschaft zu ben hat. Hier geht es nicht mehr um Meinung und Gegenmeinung, sondern um Weltprozesse, die unerbittlich in ihrer Gesetzmigkeit sind. Zuletzt mu man sich daran erinnern, da das Klima eines Breitengrades nicht unnderbar ist. Der Breitengrad allein entscheidet nicht einmal darber. Denn alle Klimate wandern, sei es nun wegen der verschobenen Erdachse, sei es aus anderen tellurischen Ursachen. Um zu verstehen, was solche Wanderungen bedeuten, um die Folgen vorher zu sehen, die sie auslsen knnen, ist es unbedingt notwendig, die klimatischen Vergangenheiten weit besser als bisher zu durchschauen. Die Erdoberflche ist nun einmal etwas Gewordenes und nicht etwas ein fr allemal Seiendes. Das bedeutet, da man auch damit rechnen mu, da dieses Seiende sich wieder in ein Werdendes verwandelt. Mit anderen Worten: Bis zu einem gewissen Grad kann ein schlechtes Klima planmig verbessert, aber auch ein gutes Klima durch Leichtsinn und Unvorsichtigkeit verschlechtert werden. Denn Klima ist ein Sammelkomplex von Lage, Hhe, Bewsserung, Besiedelung, Bepflanzung, von Windrichtungen und vor allem vom Zustand des Bodens. Und ganz besonders tief einschneidend sind die Folgen der klimatischen Erdgeschichte, obgleich sie lange vergangen ist. Jeder Ort wird heute noch von ihrer Auswirkung beeinflut, und mit diesen Auswirkungen ist stndig zu rechnen. Das Wasser Wir leben vom Wasser. Alles lebt vom Wasser. Ohne Wasser gibt es kein irdisches Dasein. Aber als der alte, griechische Philosoph Thales erklrte: Alles kommt aus dem Wasser!, ahnte er nicht annhernd, wie recht er da mit hatte. Und so ist denn auch der Humus aufs engste mit dem Wasser verknpft. Man bertreibt nicht, wenn man das so formuliert, da er ebenso sehr ein Problem des Wassers, als ein Problem des Lebens ist. Zu all den Vorgngen, die sich in ihm und durch ihn vollziehen, ist Wasser unerllich. Man kann http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 79

sich nicht mit der Erdoberflche beschftigen, ohne da man bei jedem Schritt auf ihren Wasserkreislauf stt. Von einem groen und weitreichenden Standpunkt aus gesehen, wechselt seine Wirkung zwischen aktiv und passiv, zwischen positiv und negativ, zwischen aufbauend und abbauend, zwischen schpferisch und zerstrerisch. Diese einander widersprechende Art seiner Auswirkung kann so kompliziert verknpft sein, da derselbe Zusammenhang sowohl das eine wie das andere bedeutet, da sogar dieselbe Auswirkung zugleich ttend und lebenschaffend ist. Diese Vielfalt der vom Wasser abhngigen irdischen Erscheinungen hat die Menschen von je verwirrt. Man konnte sich, obgleich jede Generation in jedem Land und unter allen Umstnden dazu gezwungen war, ununterbrochen zum Problem des Wassers Stellung zu nehmen, infolgedessen erst spt dazu entschlieen, es als einen der ganz groen irdischen Gesamtkomplexe anzuerkennen. Wassergottheiten gab es dagegen von je in Hlle und Flle. berall versinnbildlichen sie das, was offenbar dem menschlichen Geist den tiefsten Eindruck machte: Die absolute Unbestndigkeit dieses Elementes, das, in Wahrheit und richtig verstanden, weder ein Element noch unbestndig ist. Wie die meisten Dinge auf Erden, besitzt es seine eigene zyklische Form. Die erstreckt sich auf die Zustnde: gasfrmig, flssig und fest. Dampf ist eine Verbindung von flssig und gasfrmig, Schnee eine ebensolche zwischen flssig und fest. Wenn man sich einmal darber im klaren ist, da diese verschiedenen Formen nur funktionelle Anpassungen an verschiedene Umweltzustnde sind, so wird man mit Recht darber erstaunt sein, da ein so unfabar reicher Wechsel der Erscheinungen mit nur vier oder mehr verschiedenen Funktionsformen bestritten werden kann. Die Harmonie des irdischen Aufbaues, die ja nur ein Teil der kosmischen Harmonie ist, kommt dem Denker vielleicht selten so plastisch und anschaulich zum Bewutsein, als wenn er einmal unvoreingenommen dem Problem Wasser gegenbertritt. Wovon ich schon frher sprach, die Erreichung einer Vielfalt von Ergebnissen durch Mehrfachwirkung derselben Ablufe gerade das trifft ganz besonders auf das Verhltnis des Wassers zur Erdoberflche zu. Es verbreitet sich sozusagen netzfrmig in ihr, nach Art von Kapillaren, und nicht umsonst ist die Kapillare etwas, das es ohne Wasser nicht gbe. Sie ist, wo immer, die feinste Verzweigung einer Wasserleitung, und in allen organischen Krpern verluft die lebenserhaltende Flssigkeitswirkung auf der Bandbreite zwischen Kanalrohr und Kapillare. Es ist ihnen allen gemeinsam und unterschiedslos das eigen, da das Wasser in ihnen zirkuliert und niemals stille steht. Stillestehen der Krperflssigkeiten bedeutet Tod, ganz einerlei, ob es sich nun um Blut, Serum, Hormonlsungen, Sekrete oder Pflanzensfte handelt. Der Liquor im Rckenmarkskanal ist ebenso an bewegtes Wasser gebunden, als die Sfte der Verdauungsdrsen, die Entschlackung des 80 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Darmes und der Nieren. Auch die Wassertiere haben einen auf Wasser gestellten Kreislauf, bis zu den allerprimitivsten hinunter, und selbst Wstengazellen, Wstenvgel und Wstenechsen besitzen ihn, trotzdem man annimmt, da diese Tiere kaum jemals trinken, sondern nur den Tau des Morgens auflecken. Alle Pflanzen leben von dem Kreisen des Wassers in ihren Zellen, die Bume verfgen ber lange Leitungsrhren, deren Hubgeheimnis noch immer nicht geklrt ist. Bei den krautigen Gewchsen und den niederen Pflanzen passiert es vorwiegend durch die Zellhute mit Hilfe der schon erwhnten Osmose. Die tritt in Funktion, wenn die Flssigkeit in der einen Zelle mit mehr Zucker oder mehr Salzen angereichert ist wie in der anderen. Und da in Hinsicht dieser lebensnotwendigen Beimischungen die Nhrlsungen der Gewebe niemals bereinstimmen, so kriecht von Zellwand zu Zellwand unablssig eine leise, zarte Wasserwelle weiter, die wichtige Stoffe der Erhaltung mitbringt und lstige oder schdlichgewordene abholt. Die letzteren werden dann entweder in festen Kristallen irgendwo an einer ruhigen Stelle abgelagert oder durch die Hautffnungen hinausgebracht, wo ihre festen Bestandteile zuletzt als Kalk-, Salz- oder Kieselbelag sich inkrustieren. Alles das geht jedoch nicht ohne Wasser, sogar nicht ohne viel Wasser. Eine mittelgroe Birke (Betula) schafft an einem schnen Sommertag durchschnittlich 400 Liter Wasser aus der Erde herauf und gibt es in kurzer Frist zum grten Teil wieder an die Luft ab. Und ein Hektar Buchenwald saugt sogar von einem heien und trockenen Sommermorgen bis zum Abend 30 000 Liter auf. Bume bentigen nicht so viel Wasser als Eigenbedarf, sie brauchen es, weil es Bodensalze enthlt, aber nur in beraus schwachen Zustzen. So mu der berflu wieder abgepumpt werden und das geschieht, indem die Luft mit Wasserdampf angereichert wird. Den ntzen wieder die Bodenkapillaren aus und so dreht sich dieses Wasserrad durch Millionen von lebenden Wesen unter und ber der Erde hindurch, die alle an ihm Teil haben, es bedienen und von ihm bedient werden. Mit solchem berschssigem Wasser pflegt sich eine Anzahl von Gewchsen, die mehr Durst als andere haben, der Einfachheit halber selber zu begieen. Allen voran die Banane, deren gewaltige Blattfahnen whrend der Nachtkhle teils den eigenen ausgehauchten Wasserdampf, teils die sie umgebende feuchte Atmosphre ganz regelrecht kondensieren (man hat solches Kondenswasser bis zu 5 Prozent gemessen) und dann mit rinnenden Bchlein rundum den Boden durchnssen. Die Colocasie, der Taro der Sdsee, von dessen mehl- und zuckerhaltigen Wurzeln die Kanaken seit Urzeiten leben, spritzt sogar kleine Fontnen aus Lchern in seinen Blattgiganten aus. Und die ebenfalls hochtropische Dischidia (Dischidia imbricata) macht aus ihren Blttern geradezu einen hngenden Wassersack, in den ihre eigenen Kletterwurzeln berall hineinwachsen, damit sie stndig aus ihm trinken knnen Auch bei uns fangen schon die kleinen Haferkeimlinge, wenn sie mehr Wasser aufgenommen haben, als ihnen fr ihren Saftdruck gut tut, an, den 81 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

berschu in Tropfen auf der Blattspitze auszuscheiden. Die meisten Kruter verstehen das gleiche Kunststck. Wenn sie, glitzernd von Tropfenperlen, sich im frhen Wind wiegen, so ist keineswegs immer der Morgentau die Ursache. Denn zahlreiche, ja, sogar die Mehrzahl der jungen Bltter, lassen so einen Teil der zu sich genommenen Flssigkeit abflieen. Wieder andere, denen die Bodentrockenheit erfahrungsgem das Keimen erschwert, erleichtern sich die Arbeit des Sprieens, indem sie rund um den Keimling. die Erde durchfeuchten, um so schneller und mheloser zum Licht zu kommen. Mit solcher Wasserdruckhilfe arbeitet im warmen Klima der Bambus und bei uns die frhblhende Schuppenwurz (Lathraea squamaria). Aus diesen paar Beispielen, die man noch um so und so viele Hunderte vermehren knnte, sieht man bereits das eine: Die Erde ist voll Wasser. Sie ist das groe und unerschpfliche Sammelbecken, aus dem alle lebenden Geschpfe ihren Bedarf decken. Natrlich kann jeder, der durstig ist, aus einem Flu oder Bach oder See trinken, und das ist auch von je geschehen. Aber da es eben berhaupt hufig dergleichen Wasseransammlungen gibt, das ist wieder eine Folge des Zustandes unserer Erdoberflche, keineswegs nur der Segen der Wolken, die auf sie herabregnen. Dabei nimmt man an, da die jhrliche Regenmenge auf der ganzen Erde nicht weniger als 82 Trillionen Tonnen betrgt. Htten wir nach wie vor nur das nackte, unaufgeschlossene Erdgerippe, so wrde der Regen wenig ntzen. Der Kreislauf wrde, ohne zu befruchten, in steiler Kurve wieder zurck zur Wolke zielen. Auch so verdunstet leider die Hlfte, in Wsten sogar viel mehr, sofort, ehe es gewissermaen auch nur den Boden berhrt. Selbst ein Abstrmen in Gestalt von Flssen wrde nur mechanisch zertrmmern, einen steten Abbau bewirken, aber ohne aufzubauen. Wir mssen es uns einmal bis zu den Grenzen des Vorstellbaren klarmachen, da das Zerschlagen des mineralischen Erdgefges sozusagen ohne jede positive Folge wre, wenn es nicht das Leben gbe. Obgleich man vermuten darf, da die urzeitlichen, salzlosen Flachmeere sich mit der Zeit viel strker eingetieft htten, so ist es doch fraglich, ob sich aus ihnen wieder neue Gebirge htten bilden knnen. Eine endlose, rein mineralische Versandung und Verkiesung stellt doch nur die eine Hlfte der sichtbaren Welt dar. Diese tote Materie (der Ausdruck ist sicher nicht zutreffend, denn im hheren Sinn gibt es keine tote Materie) trgt dann als andere Hlfte das Leben. Und Leben ist nun einmal nichts anderes, als eine zwar rasende Beschleunigung allen Zerfalls, aber auch eine Ergnzung durch ebenso rasend sich vollziehenden Aufbau. Beide zusammen erst bewirken eine so unerhrte

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Produktion von freien und gebundenen, sich wiederum bindenden und befreiten Energien im Wechselspiel, da diese Energie- und Krfteproduktion sich nicht nur unweigerlich berall im Sein der Erde, sondern zumindestens innerhalb unseres Planetensystemes fhlbar machen mu. Darf man vielleicht daran denken, da dies berhaupt erst der letzte Sinn des wtenden Wirbelsturmes von organischem Sein ist? Mittler dazu, unentbehrlich und unausschaltbar, bildet das Wasser. Die Mischung H20 bedeckt in flssigem Zustand Vierfnftel der Erde. Doch kann man nicht genau berechnen, wie gro seine eigentliche Menge ist, weil man seine gasfrmige Form und seine verfestigte als Schnee und Eis nicht mit Zahlen einstellen kann. In der Erde kommt es in allen seinen Zustnden vor, das heit, es ist sowohl sichtbar und beweglich, als sichtbar und unbeweglich, als unsichtbar und beweglich. Seine Entstehung verdankt Wasser dem bekannten Vorgang, da durch die Verbindung mit Sauerstoff der Wasserstoff aus allen nur denkbaren Krpern herausgerissen wird. Durch diese Verschmelzung im Verhltnis von 2 zu 1 treten beide erst ber die Grenze des Unsichtbaren in die dem Auge sichtbare Zone ein. Dieser einfache, in allen Schulklassen demonstrierte Vorgang hat jedoch eine beraus weittragende Bedeutung, die darin besteht, da nicht nur keine Materie den flchtigen Wasserstoff zurckhalten kann, sondern da diese Verbindung Nasser auch so wenig stabil ist, da sie sich ebenso schnell wieder auflst, als sie gebildet wurde. Diese paar grundlegenden Eigenschaften des Wassers haben nicht nur zur Vernderung der Erdoberflche mehr beigetragen als man ahnt, sondern ohne sie gbe es weder eine der Eiwei-, noch eine der Kohlenstoffverbindungen, aus denen sich der Lebensstoff aufbaut. Die organischen Seinsformen beziehen berhaupt einen Groteil ihrer motorischen Beweglichkeit aus dem Wasser. Die flchtige Gasmischung Wasser nimmt auch mit Vorliebe irgendwelche, hufig ebenso flchtige Stoffe auf. Sogar Regen enthlt immer Stickstoff, Argon und Kohlensure. Das sind frei aus der Luft eingefangene Gase, die einfach unterwegs mitgenommen werden. Wir unterscheiden im Regentropfen davon gar nichts, sondern wir schtzen ihn nur wegen seiner Kalkarmut, die ihn weich macht. Festere Stoffe, wie Staub und Mineralien, werden unter natrlichen Verhltnissen nicht in der Atmosphre eingefangen. Ihrer bemchtigt sich das Wasser erst ganz nahe an oder in der Erde und bei der Verdunstung bleiben sie auch dort zurck. Unbeschwert von allem Irdischen ist nur die reine Gasverbindung, Wasserstoff und Sauerstoff. Die atmosphrische Zone, die ber der starrverfestigten Erdrinde schwebt, gehrt eben nur den Gasen. Sie nimmt nicht mehr feste Stoffteilchen auf, als bis das sonst schwarze Firmament blau

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erscheint. Der Wassergehalt ermglicht es, da diese leichten Stoffteilchen sich in stndiger Schwebe erhalten. Dadurch werden offenbar die fr uns wichtigen Blaustrahlen reflektiert, die wieder zur Assimilation der grnen Pflanzen unentbehrlich sind. In der Erde hat das Wasser viele Funktionen bernommen. Auf ihm beruht die Ernhrung der gesamten Pflanzenwelt, die durch ihre Wurzeln nur Lsungen aufnehmen kann. Ebenso wichtig, vielleicht noch wichtiger, ist die Erhaltung der Erdstruktur. Durch die kolloidale (lies wsserig-gallertige) Beschaffenheit des Humus wird stndig Wasser gebunden. Aber ohne vorherige Durchfeuchtung gibt es auch keine kolloidale Struktur. Die gesamte Bodenkleinwelt existiert durch das Bodenwasser. Sie kriecht, schwimmt, strudelt, fliet ausschlielich dort, wo die Erde feuchtkrmelig und von unzhligen feinsten, noch nicht einmal haardnnen Wasseradern durchzogen ist. Vertrocknet in langen Drreperioden oder durch Verlust der kolloidalen Struktur das Bodenwasser nahezu ganz, so verfallen die allermeisten Geobionten in einen Zustand krperlicher Erstarrung, eine Art von Trockenschlaf, der mit dem vlligen Aufhren aller Lebensfunktionen verbunden ist. Mit diesem Aufhren vollzieht sich eine allgemeine Gestaltvernderung. Bis dahin gibt es viele Schwimm-, Flie-, Kriech-, Schraubenformen der Einzeller, die notwendig sind fr ihr Dasein, ihre Nahrungsaufnahme, ihre Verteidigung und Fortpflanzung. Das Entschwinden des Bodenwassers verkehrt dies alles in die einzige Form der Leblosigkeit und Unbeweglichkeit, die allen anabiotischen Zustnden eigen ist. Eine dicke, oft runzelige, oft gallertartige, jedenfalls aber undurchlssige Auenhaut vertritt alle funktionelle Durchprgung. Der ganze Krper rollt gleich einem Sandkorn als runde oder ovale Zyste, Dauerspore oder als Konidie, sogar als Palmelle unbeweglich umher. Jeder Wind hebt sie in die Luft, hauchleicht und wesenlos wie sie ist, oder sie wird von Tieren weggetragen. Der Einzeller bestimmt sein Dasein nun nicht mehr selber. Er leistet auch so lange nichts fr den Boden, bis nicht das Wasser zurckkehrt. Denn fr den Boden und die Bodenwelt ist das Wasser wichtiger als Zeit und Raum. Alle die haarfeinen Wasseradern, das Kapillarnetz des Bodens, stehen untereinander in Verbindung. Uns kommt es vor, als verliefen sie willkrlich. Sie sind aber ganz bestimmt nicht nur willkrlich und zufllig angeordnet. Je nach Art der Bden spinnen sie sich dichter oder lockerer. Dementsprechend nehmen diese auch die Niederschlge mehr oder weniger optimal auf. In einem kahlen Gebirge wird Regen und Schnee kaum hher als zu 50 Prozent ausgentzt. Aus bebautem Kulturland gehen immer noch 30-33 Prozent glatt verloren. Im Rio-Mar, dem Flugmeer des Amazonas dagegen,

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wo jeden Tag von 2.30 Uhr bis 6 Uhr ein schrecklicher Wolkenbruch niedergeht, verwandeln sich die Ufer durch diesen Wasserberflu in Schlammbnke, die stndig nachstrzen. Von ihnen bleibt nur eine dickbreiige, graubraune bis morastdunkle Masse zurck, voll von Sink- und Schwebestoffen. Knnte man sie zur Bodenverbesserung verwenden, so wrde ihr Wert dem von jhrlich 618 150 000 Tonnen Dnger entsprechen. Hier herrscht absolut das Wasser, Wasser von oben, Wasser von unten, Wasser berall. Leider wird dieser ungeheure Reichtum aus dem brasilianischen Festland fast restlos ins Meer hinausgeschleppt. Das kann man nicht bezweifeln, denn der Vater der Strme entsalzt seine Mndungsbucht auf mehr als 100 km weit und das Wasser wird grn, s und schlammgelb. Dieses Zuviel an Wasser trgt erbarmungslos ganze Uferprovinzen weg und die wild aufbrllende Pororcd, die ber 20 m hohe Amazonas-Flutwelle, zerschlgt die Mndung des Riesenstromes zu einem immer mehr ausgeweiteten Deltatrichter. Zwischen unverhltnismigen Extremen bewegt sich der Wasserhaushalt der Erde. Dazwischen liegen alle nur denkbaren Formen. In sie mischt sich der Mensch mit seinen eigenen Bedrfnissen ein. Wenn 40 bis 50 ar Buchenwald also eine natrliche Formation whrend eines Sommers 11 250 hl Wasserdampf an die Luft verdunsten, so verschwendet ein Weizenfeld also eine knstliche Formation von gleicher Gre in derselben Zeit 100 000 hl. Schon die Bume beanspruchen 14mal mehr Wasser als das Gras, aber das gasfrmig in die Atmosphre des Waldes zurckgekehrte Wasser ermglicht wieder das Leben von ungezhlten Geschpfen. Sozusagen bleibt es als unsichtbar befruchtende Wolke zwischen den Stmmen und Zweigen hngen, whrend ber einer Wiese oder einem Feld der Wasserdampf sich fast sofort durch die Luftstrmung entfernt. Wo Wasseradern den Boden durchspinnen, bleibt er lebensfhig, und alle Prozesse vollziehen sich in ihm je nach ihrer Notwendigkeit. Immer aber stoen sie, sei es in der Tiefe, sei es knapp unter der Oberflche, auf reine Tonschichten, die sie nicht mehr durchdringen knnen. ber diesen fliet dann das von berallher zusammengesickerte Wasser als Grundwasserstrom dahin. Solche Grundwasserstrme oder auch Grundwassermeere machen so nimmt man an annhernd den dritten Teil des Wasserhaushaltes der Erde aus. Wie so oft, sind es auch hier die unsichtbaren Phasen, deren Wirkung am nachdrcklichsten ist. Der unsichtbare Wasserdunst als der groe irdische Befruchter, das unsichtbar gewordene Grundwasser als das in den Boden verlagerte Gleichgewicht, welches zweifelsohne den ganzen Wasserkreislauf in einem schwimmenden Wandelgang erhlt hier ist ein Mechanismus eingerichtet, der einer groen Gesetzmigkeit gleichkommt. Solche tonige Quellhorizonte bestimmen nicht nur in entscheidender Weise die Landschaft, sondern vor allem ihre Besiedelung. Sie knnen sich flach, weit hingestreckt, bis in 3000 m Tiefe hinziehen und dann hat man jenes geheimnisvolle unterirdische Swassermeer unter der australischen Wste, das man nur durch artesische Brunnen, die man mit Windrdern 85 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

treibt, nutzbar machen kann. Nichts ist so charakteristisch fr die riesigen Tierfarmen am Rande der Groen Sandwste oder der Victoriawste, wie das hohe Windrad, um das sich Klber oder Schafe in friedlichen Herden lagern, denn von dort aus sprudelt regelmig ihr Trinkwasser in die langen Barren. Auch die mittlere Sahara besitzt einen hnlichen Quellhorizont, der allerdings nicht annhernd so tief liegt. Auch er bedingt ein unterirdisches Swassermeer. Er hebt sich erst an den tunesischen und algerischen Sdabhngen des Atlas, und darum brechen auch dort berall die starken, sen Quellen hervor, die schon in rmischer Zeit berall kleine Badeorte erstehen lieen oder aus so groen Oasen wie Le Tozeur ein Dattelhainparadies machten. Dahinter aber beginnt erst die Sandwste, vollkommen drr, die bis an die vorgeschobenen Nordgrenzen des Sudans und an seine Elefantengrassteppen reicht. Einzig vom Wasserreichtum oder der Wasserarmut wird jenes Schema der Fruchtbarkeit bestimmt, das man bereits fr die ganze Erde aufgestellt hat. Es richtet sich nach dem Mastab der Pflanze, deren Krper zu 60-90 Prozent aus Wasser besteht, welches Wasser stndig ausgeschieden und stndig erneuert wird. Unter 90 cm jhrlichem Niederschlag gibt es nur Halbwsten, Wsten und Trockensteppen. Ein wenig darber bilden sich verkarstete Macchia, afrikanische Dornwlder und jene flchtige Einpaarwochenflora, wie sie auf den drrenden Bden von Vorderasien gedeiht. 90-150 cm jhrlicher Niederschlag knnen bei hherem Grundwasserstand schon eine Grasflur ergrnen lassen, bei ungnstiger Lage aber unter Umstnden auch nur einen Trockenwald, der windige Hhen besetzt hlt. Ihm entspricht der Typus der Mittelspanischen Hochebene in ihren geschtzteren Landstrichen. 150 cm Niederschlge knnen als Vorbedingung fr einen Hochwald gelten, aber freilich noch fr keinen Laubwald, sondern nur fr eine Mischung verschiedener Nadelhlzer. Ein Teil der japanischen Bergwlder, der von trocknenden Winden bestrichen wird, erhlt nicht immer so viel. Mit 180 cm jhrlichem Niederschlag beginnen bereits die Laubwlder, ja, unter warmem Klima gedeiht bereits ein Urwald. Der hochtropische Regenwald mit seiner unvorstellbaren ppigkeit, also groe Gebiete von Java, die amazonische Hylea, Tahiti, das sdlichste Indien bedrfen aber jhrlich 300-400 cm Niederschlge. Das kommt eigentlich einer unausgesetzten Regenzeit gleich, whrend welcher eben nur einen Teil des Tages eine flammende, wtende Sonne den Brodem ber der dampfenden Pflanzenwildnis durchbricht. Im Gegensatz dazu besitzt die Oase Kufra kaum nennenswerte Niederschlge, die es in der Libyschen Wste ohnedies nicht gibt, auch weder flieendes, noch stehendes Wasser. Sie lebt einzig davon, da ihr Grundwasserspiegel in nur 3 m Tiefe liegt, also mhelos sowohl von Baumwurzeln als von Zisternen erreicht wird. Als Beispiel dafr, wie sehr eine stark ausntzende Bodenbebauung den Grundwasserstrom in nicht mehr erreichbare Tiefen senkt, mchte ich an dieser Stelle die einst berhmten und 86 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

hochwertigen Tabakbden von Mitteldeutschland erwhnen. Sie knnen heute nicht mehr bebaut werden, denn in den Jahren 1935/36 trugen Staubstrme den leichten, lockeren Grund weg. Der Boden fehlt einfach, und Ursache dessen ist das Absinken des Grundwasserstandes durch rcksichtslose Ausntzung, wodurch in dem knstlich herbeigefhrten Steppenklima die Niederschlge der letzten Sommer bis zu ausgesprochenen Drreperioden eingeschrnkt wurden. Als anderes Extrem mu man hier das Moor nennen. So weit sich in Europa Moore befinden, sind sie zweifellos Eiszeitrelikte, also berbleibsel aus jenen unseligen Tagen der Inlandsvergletscherung. Das gilt aber nicht nur fr unseren Kontinent, denn auch zu Fen des Elbrus und weit hinein in den Kaukasus dehnen sich riesige Hochmoore, schweigend, kalt und traurig, einfrmig bis zum berdru. Hier stehen die Quellhorizonte so hoch an, da sie zumeist kaum unter der Oberflche liegen. Das Wasser beherrscht die Landschaft in einer Form, die man stauende Nsse nennt, wobei es so hochgradig versuert ist, da eben nur die reinen Moorgewchse dort gedeihen knnen. Alle anderen gehen wie an einer Vergiftung zugrunde. Die Armut an Sauerstoff wirkt sich so drastisch aus, da eigentlich die Humifizierung stillsteht oder in ganz abseitige Bahnen gedrngt wird. Soweit, berhaupt von Aufschlieung die Rede sein kann, vollzieht sie sich unter Luftabschlu und gleicht einer Art wsseriger, humussaurer Fulnis. Dagegen steigen aus dem niemals gengend humifizierten Faulschlamm am Grund Schwefeldnste, die sich mit Wasserstoff zu kaum lsbaren Sulfaten verbinden und aus denen die gespenstige berzahl von Schwefelbakterien dann wieder reinen Schwefel herausoxydiert. Fast vllig fehlt die freie Durchlftung, als Folge der mangelnden Umsetzung. Die Sphagnumpolster, die allein diesen Zustand ohne Schaden ertragen, weil sie in idealer Weise an ihn angepat sind, sintern in der Tiefe zu Torf zusammen, und ihr fahles Bleichgrn verfllt einer verkohlungsartigen Dunkelbrunung. Hier ist das Wasser buchstblich etwas wie der bse Geist der Landschaft. Es befruchtet nicht, denn infolge der Versuerung leben die Gewchse so kmmerlich, wie auf drrstem Boden. Es hindert also die Aufschlieung, die anorganische nicht weniger, als die organische. Sozusagen mu es sich erst aus diesem versuerten Zustand befreien, mu erst wieder als Wolke ber das Land hintreiben, um fruchtbar zu werden.

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Dem Moor aber gehen die Menschen mit Torfstich, mit Austrocknung und Kalkung zuleibe in belverstandenem Ntzlichkeitswahnsinn, der nicht begreifen will, da es nicht darauf ankommt, jeden Fubreit Boden zu besen, sondern da man einsehen mu, da dieses nachgelassene Eiszeiterbe auf unserem Boden doch zuletzt indirekt zu einem Segen wird. Und das darum, weil die Pflanzen das Wasser nicht austrinken und es darum dem Boden erhalten bleibt, weil unablssig die Wolken und kalten Nebel aus einem Moor aufsteigen und weil es ein, wenn auch selber unfruchtbares Wasserreservat ist. Denn eine Landschaft, ein Kontinent, deren grten Teil man in Kulturbden verwandelt hat, bedarf zum Ausgleich der Moore, um die Versteppung des Klimas, die nicht wieder gutzumachende Austrocknung der Erde anzuhalten. Keine Waage, auch nicht die der menschlichen Ernhrung und ihrer Notwendigkeiten, darf man einseitig belasten. Das Moor gehrt, nicht anders als die Streifen der Alluvionen an den Fluufern, die man jhrlich der berschwemmung preisgeben soll, zum wohlverstandenen Schonbau eines Erdteils. Leider kennt der Landwirt und alle, die von ihm abhngig sind, bisher nur (wissentlich oder unwissentlich) den gedankenlosen Raubbau. Dementsprechend wird auch mit der Nutzung des Wassers verfahren. Im Zusammenhang mit der Bodenfeuchtigkeit ist es notwendig, auch von der Sandflur zu reden. Auch sie gibt es unter allen Breitengraden, allen Himmeln, nach allen Richtungen der Windrose. Sie ist bedauerlicherweise eine der Grundformen der Erdoberflche, unverwstlich, und vielleicht sogar bis zu einem gewissen Grade unvermeidbar. Sie ist noch keine Wste. Das Leben fristet sich in ihr noch hin, aber es ist eben doch in Wahrheit nur ein Fristen, in welchem es kurze, zeitlich weitauseinanderliegende Hhepunkte gibt. Diese Hhepunkte gruppieren sich immer um eine etwas bessere Bewsserung. Woher das Wasser kommt, von unten oder von oben, tut wenig zur Sache. Das ungarische Alfld, das ich darum fter erwhne, weil ich es gut kenne, erhlt seine Wasserzuschsse nur im Frhjahr und im Herbst. Der blonde Sand in Kecskemit trgt trotzdem jene berhmten, ausgedehnten Aprikosenwlder, deren Frchte zu den hervorragendsten ihrer Art auf der ganzen Erde gehren, denn seine Quellhorizonte liegen nur zwischen 70 cm und 2 m tief. Viel schlechter sind die nordafrikanischen Sandfluren dran. Dort, wo die Trmmer des alten Karthago, richtig gesagt, jener siebenfach und zwlffach bereinander gehuften Stdte, die alle immer wieder Karthago hieen, in einem weit ber tausendjhrigen Profil aufgerissen liegen, dehnt sich heute eine fahlgelbe und unbeschreiblich de Sandflur. Wollige Berberschafe versuchen, von der bescheidenen sung sattzuwerden, aber ich bezweifle, ob es ihnen je gelingt. Auf dem nackten Boden spinnt sich endloses Rankenwerk eines groblumigen Eiskrautes, das man in Europa dann und wann im Kalthaus zeigt. Es heit Mesembryanthemum acinaciforme und seine schnen, asternartigen Blten tragen das helle Gelb und grelle Rosa von Papier88 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

struen. Soweit man sehen kann, bedecken sie die Ebene unter dem weidunstigen Wstenblau des Himmels, Gespinst eines mhevollen Pflanzenlebens, das sommersber im Staub erstickt. Diese Rankenbildung, von der bereits flchtig die Rede war, ist typisch fr die Sandflur. Vom Sandwein angefangen, macht jedes Gewchs dort lange Auslufer. Es gilt, den Grund festzuhalten, der sonst unweigerlich in Flugsandwirbeln davonzieht. Was das Moor zu viel an Wasser in Gestalt seiner stauenden Nsse hat, das besitzt der Sand zu wenig. Jeder Sand (und das ist sein angeborenes Schicksal) ist Himmel und Hlle derer, die auf ihm leben mssen. Denn die Sandflur ist zwar rein, rein von den tckischen Infektionen verjauchter, verseuchter oder versuerter Erde, aber sie ist auch ebenso leer. Darum kann sie nicht aufgeschlossen werden. Es gibt nirgends eine natrliche Humusbildung, wo die dazu notwendigen Organismen nicht oder nicht in gengender Anzahl vorhanden sind. Woher aber sollten sie hier kommen? Humus entsteht durch organisches Sein, organisches Sein ist an Wasser gebunden. Wenn man sagt, die Sandflur ist das Ende einer Pflanzenformation, so hat man recht. Wenn man sagt, sie ist ihr Anfang, so hat man ebenso recht. In beiden Fllen sind merkwrdigerweise die Erscheinungen die gleichen. Das Alfld verfgt ber einen durchschnittlichen Grundwasserstand von 0,70-2 m. Dunkle, flache Teiche liegen sogar hie und da zerstreut zwischen wacholderbestandenen Flugsandhgeln. Dagegen um ein paar andere Beispiele von Sandflur zu nennen ist die Salzkrautkste des El-Bahira, des verlandenden Salzsumpfes, der unzhlige Moskitos in die Stadt Tunis entsendet, vor deren Toren er sich grngrau hinbreitet, na wie ein Schwamm. Breite Sandstreifen an der Kste von Neu-Kaledonien in der Sdsee haben eine Hrte, als htte man sie mit Holzkeulen glattgeklopft. Auch ber sie ziehen sich gleich grnen Seilen lange, pflanzliche Gespinste einer Ipomoea (meist Ipomoea pes caprae L.) mit tiefen, rotlila leuchtenden Trichterblten besteckt. Frnkische Sandfluren tragen selten etwas anderes als mageren Kiefernwald, dazwischen nackten, silbrigweien Grund, unter dem bis zu vielen Metern Tiefe der wasserspendende Quellhorizont liegt. Und was die berchtigte Kiefernheide der Norddeutschen Tiefebene anlangt, so entspricht sie demselben Typus, ist aber noch rmer, noch hoffnungsloser, noch unfruchtbarer. Was auf Sand wchst, mu sich auf uerste Sparsamkeit einrichten. Denn auch die vom Himmel gespendete Feuchtigkeit verschwindet unaufhaltsam. Die Verdunstung ist enorm, denn keinerlei Bindigkeit, d. h. weder Ton noch Humus, stellen sich der Austrocknung hemmend entgegen. Was an Wasserdampf nicht nach oben entflieht, sickert raschestens in die Tiefe nach unten. Nebel auf einer Sandflur sind selten und dann nur bei hohem Grundwasserstand mglich. Wohl aber stubt das lockere, in keiner Weise in sich verfestigte Bodengefge schon bei leichtem Wind bereits aus. Die Niederhaltung der Oberflche ist also fr jedes Gewchs eine Lebensfrage. Diese 89 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Notwendigkeit ndert bei allen Sandpflanzen den artbedingten Wuchs. Ausnahmslos bildet jedes Gewchs Rosetten und Auslufer. Die windigen mexikanischen Hochebenen sind voll von solchen Rosettenpflanzen zwischen Schutt, scharfkantigem Gerll und ausgedehnten Sandflchen. Die Wurzeltcher der Sandgrser (Psamma und Elymusarten) stehen denen der Schuttstauer im Hochgebirge nicht nach. (Darum begann man in den arg durch Sandstrme verwsteten Weizengebieten der westlichen USA mit Kulturen solcher Sandgrser, deren wildwuchernde Wurzelspitzen und meterlange Auslufer geeignet sind, wie unzerreibare Drahtverhaue das lockere Bodenmaterial neu zu festigen.) Niemals wird auf einer Sandflur der ideale Feuchtigkeitsgehalt des Bodens mit 14,60 Prozent erreicht. Um diese Tatsache richtig einschtzen zu knnen, mu man wissen, da auch schwere Lehmbden es nicht ber 20 Prozent Feuchtigkeit bringen, da allerdings bei ihnen 5 Prozent Wasser gleichbedeutend sind mit einem Druck von 100 Atmosphren! Wie ist die Wasserbindungskraft des Sandbodens? Sie ist so gering, da sie sich praktisch nicht mehr auswirkt. berall auf unserem Gestirn wird die Pflanze besser mit der Wassergewinnung fertig, wie unter natrlichen Umstnden der Mensch. Nur er ist es, der ihr die schwer errungene Feuchtigkeit wegnimmt. Aber wo es keine Besiedelung gibt, wird der Kampf uni das Wasser nur von den Gewchsen unter sich ausgetragen. So ist das in den einsamen und unwirtlichen Dornenwldern der brasilianischen Catingas, die auf einer grauweien, lockeren Sandflur wachsen, zu denen in Wind und Sonne ein vorsintflutlicher Urgranit zerfllt. In Nordafrika sind es die Akazien, vor allem die Lebachakazie (Albizzia lebbek), die mit Vorliebe auf Sandgrund wurzeln. Und bei dem Nonplusultra aller Sandwsten, dem verdorrten Herzen Australiens haben alte Urmeere einst ein Binnenbecken geschaffen, das sich vom 20. bis 24. Breitengrade erstreckte. Das liegt noch dazu im Regenschatten, und so gehen die Wolken hoch am staubgrauen Himmel darberhin, leer, silbrig, dnn wie Gespinste aus Engelshaar, und der Wind zerblst sie unfruchtbar in der heien, drstenden Luft. Ganz sichtlich ist der Wasserkreislauf unterbrochen, denn die Quellhorizonte des unterirdischen Swassermeeres liegen viel zu tief, wie bereits erwhnt wurde. In Europa fallen die seltenen Hhepunkte der Belebung der Sandflur in die Zeit der natrlichen Bodenverbesserung im Frhling und Herbst. Tropische Sandfluren nehmen ebenso an den Regenzeiten teil. Dann trieft der lockere Grund von Nsse und fr einige Wochen werden die zahllosen zerstreuten Mineralsplitter durch flchtigste Besiedelung verbunden. Diese Grnalgen, die fast ausschlielich aus smaragdenen Fadenalgen, die den Familien Ulothrix, Microspora, Mougeotia und Lyngbya entstammen, wozu sich die verschiedenen Urkugeln (Protococcus) gesellen, wachsen mit Blitzesschnelle. Da sie krftig assimilieren, brauchen sie aus dem Boden nur Wasser und ein bichen Salze. Sie breiten sich ebenso wie die Gropflanzen aus und 90 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

verspinnen in 1-5 cm Tiefe (weiter hinunter pflegen sie des Lichtes wegen nicht zu gehen) alle erreichbaren Sandkrnchen. Dazwischen rudern mit goldbraunen ltropfen beladene Kieselalgen, die auf ihre Art ebenfalls assimilieren. Ihre Farbe erlaubt ihnen, sich am unteren Rand der Lebenszone aufzuhalten. Einzelne widerstandsfhige Rhizopoden (= beschalte Amben) gehen am tiefsten hinunter, denn diese Wurzelfler sind nicht unbedingt an Helligkeit gebunden. Mit der steigenden Trockenheit verdorrt alles. Aber das geht niemals so schnell, als da sich nicht stabile Dauersporen und Zysten gebildet htten. Einen Monat spter liegt dann wieder der nackte, unbelebte Sand da, freilich unsichtbar angereichert mit Lebensspuren, die im Schneckenschritt des ewigen Zeithabens langsam, langsam zunehmen. Und ein und zwei Monate danach wandern wieder die winzigen Bakterienkolonien, die sich zu unsglich armen Notgemeinschaften zusammengetan haben, zwischen der unfruchtbaren Sandkornwelt umher, mhselig nach ein bichen Nahrung suchend und sich nur durch eigenen Zerfall am Leben erhaltend. Nie entsteht auf solche Weise Humus, denn die Bewsserungshhepunkte sind zu selten, und das zarte, hinfllige Grnalgenvlkchen besitzt nicht die Fhigkeit, Mineralien chemisch aufzulsen. Es gehrt eigentlich nur teilweise zur Lebensform des Edaphons (wie R. H. Franck betont), sondern zur Gemeinschaft der Lithobionten. Ihr Dorado liegt viel mehr in den berschwemmungszonen und bergrnten Alluvionen des Nils oder des zyprischen Peiresias oder der ungarischen Theiss oder des Niederlaufes der Donau oder der westrussischen Riesenstrme. Dort erhalten sie stndig neuen Nachschub an Organismen. Und damit verlanden (wie r ichtig ist das Wort!) zuletzt auch die unfruchtbarsten Uferstreifen und Sandfluren immer vorausgesetzt, da nicht die Erosion sie fortsplt oder der Wind sie verweht und dadurch alles aus seiner zeitweiligen, langsam fortschreitenden Entwicklung gerissen wird. Denn die Erosion ist die groe Geiel, die das Wasser ber die Erde schwingt. Seit es Wasser und Boden gibt, fallen ihre Schlge unerbittlich auf sie nieder. Man knnte auch sagen, Erosion sei die groe Sge, die unermdlich die Erdrinde aufsgt, die ebenso unermdlich wieder sich selber zuschttet. So da die Festlnder gleichsam in einer ungeheuren Mhle zermahlen und weggeschleppt und anderen Orts wieder neu aufgeschttet werden. Erosion bringt alles in Bewegung, was seiner eigensten Natur nach vllig unbeweglich ist. Sie ist der natrliche Widerpart alles Starren und Verfestigten. Sie wirft Zeitabschnitte ins Zeitenlose und verwandelt unablssig mit Hilfe von verschwindender und neuauftauchender Materie den unwandelbaren Raum. Und so ist sie auch zum unermdlichen Vorbereiter der Humusneubildung geworden. In Form von Erosion bt das Wasser auf alles, Lebendes und Lebloses, seine strkste und nachhaltigste Wirkung aus. 91 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Heute ist es schon durch viele Zahlen bekannt, wie hoch man die Leistungen der Erosion einschtzen mu. Das Wort bedeutet eigentlich Zernagung, aber mit der Zernagung der Felsen ist es nicht getan. Mindestens ebenso wichtig ist die Zermahlung, Zerschleifung, Zersiebung des losgebrochenen mineralischen Materials. Damit wird aber nur die grobe Vorarbeit geleistet, da dieser Mechanismus des Wassers zu nichts anderem imstande ist. Trotzdem aber tut man gut daran, innerhalb der elementaren Verhltnisse in einem erodierenden Strom eine ungeheure Urkraft zu sehen, dessen Leistung auf die Dauer nichts Menschliches zur Seite gestellt werden kann. Da wir gerade auf diesem Gebiet ber viele und aufschlureiche Zahlen verfgen, so mgen ein paar davon als Beispiel hier angefhrt werden: Der kleine Leutrabach bei Jena trug an einem Gewittertag in 1 l Wasser 7,5 g feste Bestandteile weg. (Diese Zahl stimmt irgendwie nachdenklich, denn an 6-7 g feste Bestandteile transportiert auch 1 cbm Luft ber Grostdten.) Was aber den Leutrabach anlangt, so besa er damals eine Mchtigkeit von 41 cbm Wasser pro Sekunde. Er verschleppte also in Wahrheit in dieser kurzen Spanne 30 kg Erdrinde. bertragen auf ein nur 6 km langes Tal sind das pro Tag 2 592 000 kg Gerll und Flutrbe, und das knnte nur in fnf Gterzgen mit je 52 beladenen Loren befrdert werden. Das leistet ein unbedeutender Bach nach einem Gewitter! Ein ernstzunehmender Flu tut es nicht unter tglich 360 Gterzgen voll Erosionsschutt. So sieht die Festlandsabtragung in dem rumlich so beschrnkten Scheinkontinent Europa aus. In dem ungeheuren Weizengebiet von USA, das kurz vor dem zweiten Weltkrieg einen bebauten Distrikt von zusammenhngend 610 000 000 acres betrug, vervielfachen sich diese Angaben. Einschlielich der Winderosion rechneten die Fachleute dort den Bodenverlust im Jahre 1944 auf rund 1813 Millionen acres. 20 Millionen allein waren den Staubstrmen des Jahres 1934 im Mittelwesten zum Opfer gefallen. Das wirkte sich u. a. auf die 7 Millionen ha groe Reservation der NavajosIndianer aus, die an diese heutigen Mangelgebiete stt. Die Navajos sind Viehzchter. Sie muten aber, weil die Tiere nicht mehr genug Futter bekamen, seither die Kopf zahl ihrer Herden einschrnken. Das bedeutete, da sie sich nicht mehr selber versorgen konnten und nun vom Staat in ziemlich ausgiebiger Weise untersttzt werden mssen. So strahlen die Zusammenhnge in langen Ketten selbst in ganz entfernte Lebensbedrfnisse hinein und ndern Altvtersitten, die durch Jahrhunderte hindurch sich weiter vererbten. Natrlich wei man ganz genau, da der bebaute Boden unverhltnismig mehr durch Erosion gefhrdet ist, als der Naturboden. Schon regelmiger Fruchtwechsel verbessert den Verlust gegenber Monokulturen. Per acre werden nur 11 Tonnen Boden eingebt, wenn die Erosion auf solche Wechselwirtschaft trifft, dagegen 69 Tonnen bei einem Land, das Jahre hindurch immer wieder mit denselben Kulturpflanzen bebaut wird. Die ameri92 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

kanische Landwirtschaft, die ja das Glck hat, immer noch auf Naturbden zurckgreifen zu knnen, hat alle diese Zahlen mit groer Sorgfalt zusammengestellt. Das Gesamtergebnis aber erhellt wie ein gigantischer Reflektor grundlegende Zusammenhnge, an die frher nie ein Mensch gedacht hatte. Natrliche, d. h. sog. jungfruliche Bden besitzen keine Erosion es sei denn, da eine von auen her verursachte ganz groe Katastrophe sie miterfat. Vor kurzem umgebrochene alte Steppenbden, wie sie einen gewaltigen Teil des asiatischen Rulands bilden, verwittern beraus leicht. Trotzdem es sich um vllig flache Ebenen handelt, reien pltzlich zahllose Wasserrinnen ein, die zu Creeks zusammenlaufen. Die Erde der Seitenwnde wird bei strkeren Regengssen systematisch unterwhlt und ausgesplt. Das heit dort dann ein balky, und viele balkies machen das Pflgen und Eggen unmglich. Die unberhrte Ursteppe aber hat niemals balkies. Man nimmt an, da sich die Festlnder in weniger als einem Jahrhundert bis zu einem Meter auf ihrer Gesamtflche erniedrigen knnen. Wodurch? Durch Erosion. Keineswegs durch ungeheure, ein ganzes Gebiet erschtternde Katastrophen, Bergstrze, berschwemmungen, Erdbeben. Sondern auf jene gleichsam unsichtbare Art, die man selbst im Verlauf einer Generation nur wenig beachtet. Denn wer kmmert sich schon darum, da der Mander eines kleinen Wiesenbaches strker einschneidet, da eine Schlucht sich vertieft oder eine Strommndung sich immer weiter ins Meer hinausschiebt? Man wei ja von je, da Dnen wandern und Straen zuweilen vermurt werden. Wer regt sich darber auf? Das ist doch das unerforschliche Walten der Natur! Ja, gewi, es ist selbstverstndlich im Sinn des ewig Wandelbaren, das dem Kosmos zugrundeliegt. Es ist selbstverstndlich im Sinn einer unermelichen Kraftproduktion, ohne die keine Entwicklung, jedenfalls nicht die Entwicklung eines Himmelskrpers gedacht werden kann. Aber es ist hchst beachtbar fr das kurze Leben des Menschen und der meisten brigen Geschpfe, in die zwar nicht jene unsichtbare kleine Erosion (so nennt man sie in Amerika), wohl aber die groe Erosion sehr fhlbar einschneidet. Schlielich wird, wenn man erst einmal nach Jahrhunderten zu rechnen beginnt, der Mensch doch am meisten von ihr betroffen. Gingen ihm nur unfruchtbare Berghhen verloren, wre das wenig wichtig fr ihn. So aber verliert er gerade das, was fr ihn am unersetzlichsten ist, den Humus. Nichts unterliegt so sehr der leisen und immerwhrenden Absplung, wie das bebaute und vielmals umgepflgte Land, dessen natrliche Bodenstruktur durch die Hand des Bauern lngst zerstrt wurde. Man ahnt ja gar nicht, wie sehr der Aufbau der Bodenkrmelung durch das stets von neuem wiederholte Zerschneiden, Zerhacken, Umstrzen und Zereggen leidet. Auer in schweren Lehmbden geht die ursprngliche Bindigkeit dadurch allein bereits vollkommen dahin. Zu den notwendigen Reformen der Landwirtschaft, ber die spter ausgiebig zu sprechen sein wird, gehrt in erster Linie 93 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

eine Verbesserung der Bodenbearbeitung, die nicht nur an sich den natrlichen Aufbau weitgehend schont, sondern durch systematische Eintiefung allen Kulturlandes dessen Wind- und Wassererosion auf ein Minimum herabsetzt. Kalk verwittert von Anfang an chemisch. Die unzhligen Zwergenfinger rieselnder Regentropfen zerlsen ihn. Aus ihm entstehen durch die Kohlensure des Regenwassers alle mglichen Bikarbonate. Jedes Karrenfeld im Gebirge demonstriert unwiderleglich, wie wenig das Wort von den ewigen Bergen zutrifft, wenn sie, so wie die Alpen, grtenteils Kalkberge sind. Denn die wscht das Wasser buchstblich weg, wenn man ihm nur Zeit genug lt. Aber dieses kalkreiche Wasser, das hchst unbeliebt ist, trachtet, den bermig aufgenommenen Kalk auf die schnellste Weise wieder loszuwerden. Wo es geht, lt es ihn unterwegs liegen. Die Flutrbe, der Tal, verschleppt immer reichlich zur Hlfte Kalk. Die sonstigen Kalkniederschlge kann man berhaupt nicht alle mit Namen aufzhlen, so viele gibt es: Kalkschlamm, Kalkstaub, Kreide (d. i. organisch aus Kalkalgen gebundener Kalk), Kesselstein, nicht zuletzt die Kalkinkrustierung unserer eigenen Arterien, die sie brchig und schlagschtig machen. Sozusagen besteht ein ewiger Kampf: Die feinen Kalkteilchen mischen sich oberflchlich mit dem Wasser, das Wasser aber will sie nicht haben und setzt sie baldmglichst wieder ab. Allerdings wird auf diese Weise der Kalk in allen nur denkbaren Verbindungen ber die ganze Erdrinde hin zerstreut. Er findet sich ja auch in smtlichen Seinsformen, lebenden und leblosen, aber berall bedarf er der Hilfe des Wassers. Auch das Urgestein fllt zunchst der mechanischen Zertrmmerung der Verwitterung anheim. Dann fngt auch bei ihm die Auswaschung an. Auch hier sinken aus der obersten Schicht die Stoffe nach unten ab. Ein unterer Horizont wird so geschaffen, der sich mit Tonerdesilikaten, Eisen - und Aluminiumverbindungen anreichert. Es ergibt sich eine Art von neuem Ausgleich, der sich vor allem auf das Gleichgewicht der sauer reagierenden Wasserstoff mit den basisch reagierenden Hydroxylionen erstreckt. Freilich hat dieses Gleichgewicht (das in einem spteren Kapitel genauer verstndlich gemacht werden soll) wenig Bestand in einer so unstabilen Zusammen- und wieder Auseinanderwrfelung. Zuletzt aber verschwindet alles im Humus. In ihm gibt es ebensowenig Gesteins-, wie Verwitterungsformen. In ihm ist alles zu Ende und alles fngt von vorne an. Allein auch in ihm geschieht nichts ohne das Wasser. Aber wenn das Wasser auch ununterbrochen Erdrinde zerstrt und Humus zerlst und verschleppt, so hilft es doch auch nicht weniger entscheidend bei der Neubildung von beidem mit. Jeder irdische Kreislauf schliet sich an einem bestimmten Punkt. So vollendet sich denn in der Verlandung der 94 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

zeitlos gewordene Ring: Wolke, Regen, Grundwasser, Bach, Flu, See, Meer, das wiederum zur Wolke zurckkehrt. Die Gre eines stehenden Gewssers trgt zum Ablauf der Verlandung so gut wie nichts bei. Ob eine beliebige Entenpftze oder der Ontariosee er vollzieht sich nach den gleichen Regeln. Wasser hat eine ausgesprochene Abneigung dagegen, den Allerweltslasttrger zu spielen. Es setzt nicht nur den feinen Kalkschlamm, es setzt alles ab, was ihm auf seinen erdteillangen Wegen zufllt. Alle diese Substanzen nennt man mit einem gemeinsamen Namen: Sinkstoffe. Das Wort umschreibt schon ihr natrliches Schicksal. Sie sind smtlich schwerer als Wasser und darum bleiben sie auch nur solange in ihm aufgelst, als dieses in Bewegung ist. Im kleinen scheint ihre eigene Wasserverdrngung zwar minimal, aber im groen ist sie sehr bedeutend. Vor allem die vielen Silikate, da Kieselsure ja berhaupt die Gewohnheit hat, galleartig aufzuquellen. Die mischen sich mit Kalk und allen mglichen Partikelchen aller Gesteine, soweit man bei dieser schleierartig zarten Masse, die nur noch aus mikroskopischen Teilchen besteht, berhaupt noch das Wort Gestein anwenden kann. Smtliche Bodensalze, in bevorzugtem Ma Kali und Kaliverbindungen, finden sich in ihm. Humus wird durch eine seiner organischen Vorstufen vertreten, die man Detritus nennt. Das ist eine Art von Humusschlamm, sehr fein, stark tonig oder lehmig, mit Verwesungsstoffen aller Art aufs reichste durchsetzt. Er hngt bei seiner ausgesprochen kolloidalen Struktur meist in dicken, flaumigen, trotzdem aber nicht sehr kompakten Formen zusammen. Dazwischen treibt sich reiches Leben umher. Alle mglichen Arten von Einzellern, Wrmer, riesige Amben, eine Flle von Kieselalgen und Rdertieren, die im und vom Detritus existieren. Es ist eine entzckende und beraus formenreiche Welt, keineswegs friedlich, denn der Kampf um Raum und Nahrung ist ununterbrochen im Gang. Aber so gro ist der berflu an bewegtem Sein, da man nicht mde wird, ihn zu beobachten. Kommt flieendes Wasser zur Ruhe, so fllen sich sehr bald die Sinkstoffe aus. Sie sammeln sich auf dem Grund, am liebsten im Rhricht und zwischen Wurzeln und Stengeln der Wasserpflanzen. Im Detritus sind Humin- und Ultninstoffe als Suren wirksam. Aber niemals so stark, da eine schdliche Versuerung entsteht. Im Gegenteil! Detritus wird, wo es genug von ihm in leicht erlangbaren Massen gibt, mit Vorliebe so wie Gartenerde bentzt. Auf den pazifischen Salomoneninseln ist es Altvterbrauch, im seichten Lagunenwasser kleine Inselchen aufzuschtten, die aus dunklem Schlamm bestehen, der, weil er stark tonig ist, wie Kleister zusammenklebt. Auf dieses Bett huft man dann Erde von einem Swasserufer, und sei es auch nur von einem rinnenden Wsserlein. (Nichts ist auf Atollen seltener, als ses Wasser, und hufig fehlt es ganz.) Auf solchem wohlvorbereitetem Grund gedeihen dann Taro, Maniok und Igname hervorragend gut, die man im reinen Salzsand berhaupt nicht anpflanzen kann. 95 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Das Wunderbarste an hnlich seit Urzeiten ausgentzter Verlandung sind die Schwimmenden Grten in Mexiko. Es gab sie frher, ehe der Barbar Pizarro in das wohlgeordnete Staatswesen der Inkas einbrach, berall im Land, vor allem am Titicacasee. Heute sieht man sie nur noch in Xochimilko. Sie schwimmen buchstblich auf dem stillen Wasser der Kanle. Es sind meterhohe Detrituseilande, die immer wieder neu aufgeschttet und zuweilen von hohen Pfhlen festgehalten werden. In der brtenden Sonne erhitzt sich der aus Sinkstoffen abgesetzte Schlamm, der landesblich nur mit ruderfrmigen Spaten bearbeitet wird. Eine unvorstellbare, unschilderbare Lebensflle wimmelt in dem feuchten, warmen Grund. Es ist ein Idealhumus, den, man wei nicht wann, die Indianer sich so geschaffen haben und den auch Ureinwohner von Peru, noch weit frher als die Inkas, herzustellen verstanden. Bei ihnen werden solche schwimmenden Grten an den kurzen Kstenflssen angelegt, und die Frauen, denen diese Arbeit obliegt, fahren in Khnen zu ihnen hinaus und sen und ernten oft nur vom Kahn aus, da der Schlammboden nicht fest genug ist, da man ihn betreten kann. Obendrein wird der Grund noch mit sorgfltig gesammeltem Guano gedngt, auerdem mit Fischen. (Diese letztere Sitte ist den meisten Indianerstmmen gemein.) Riesig schiet der Mais mit halbmeterlangen Kolben auf, Bohnen, Gemse, Frchte aller Art, die farbenprchtigsten Blumen, alle Faserpflanzen, Baumwolle, Nesseln, als Einfassung oft Agaven alles gedeiht in unbeschreiblicher ppigkeit. Die Jahreszeit spielt keine Rolle. Unablssig wird gest und geerntet. Miernten sind unbekannt. Unabhngig vom Regen des Himmels befruchtet das Wasser von unten den Detritus, der sich in uner melichem berflu durch die Pflanzenabflle von oben stets neu bildet und nur vom seichten Grund heraufgeholt zu werden braucht. Wo der Mensch nicht Detritus und Sinkstoffe fr sich verwendet und das geschieht leider viel zu selten da bemchtigt sich seiner die Pflanze. Sie entwickelt in allen solchen Schlammbden eine ganz bestimmte Art kriechenden und sich verfilzenden Wurzelstockes, der typisch fr smtliche Verlandungspflanzen ist. Unter europischem Himmel ist es der Kalmus (Acorus calamus), der diese Form am besten ausgeprgt zeigt. Auf diese Weise wird in dem unsicheren Boden nicht nur eine zuverlssigere Verfestigung erreicht, sondern auch die Fhigkeit, mit unendlich vielen Wurzelfasern und -haaren die vorhandenen Nhrstoffe einzufangen. Wahrscheinlich speichert der Taro der Sdsee (Colocasia antiquorum Sch.), dessen ebare Knollenwurzeln bis zu 6 kg schwer werden knnen, nur durch seine Lebensweise so viel feine, weie, hochwertige Strke. Auch mit Hilfe von Stock sprossen der fantastischsten Art, die mitunter einem Enterhaken zum Verzweifeln hnlich sehen, verankern sich manche dieser Gewchse. Und alle natrlichen Abflle zersetzen sich in unglaublich kurzer Frist, so da stndig eine neue Anreicherung der Verlandungsbden erfolgt. Gleichzeitig wandern vom Ufer aus gewisse Flachwurzler unter den Sumpfgewchsen ein. Zwischen ihrem Wurzelstock sammelt sich eine halb 96 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

feste, halb flssige Substanz. Riedgrser (Carex) schieben dicke Bulten vor, die man im Ungarischen, wo sie geradezu eine Formation entwickeln Zsombele nennt. Sie schaffen Sttzpunkte fr neue Aufhufung. Der Wasserhahnenfu (Batrachium) versteckt hier seine Winterknollen. Laichkruter (Potamogeton), Krebsschere (Stratiotes), Froschlffel (Alisma plantago) und andere pflanzliche Amphibien fhren das verschwenderische Dasein der Immersatten, denen stndig neuer Lebensraum zuwchst. Noch viel reicher ist die natrliche Verlandungszone der Tropen. In ihr findet sich eine ungewhnlich groe Auswahl von Tieren und Pflanzen, denen es nicht schadet, wenn sie weit ins Brackwasser hinein vordringen. Sie haben zusammen sogar eine besondere Formation geschaffen, die rund um den quator reicht, die Zone der Wasserwlder, der Mangrove. Sie beginnt berall noch im Bereich von Ebbe und Flut und wandert die Flsse weit landeinwrts. Die Mangrove (Rhizophora- und Avicennia-Arten als Basis) ist mit diesem Zwischenbereich am besten fertig geworden. Sie stellt sich auf bogenfrmig gewlbte Stelzenwurzeln, so wie es auch der Pandanus (Pandanus L. fil.) tut, der oft mit ihr zusammen in einem wahren Gewirr nach allen Seiten sich spreizender Luftstbe wuchert. Unter tropischen Umstnden ist der Detritus der Brackwasserzone fast immer ein giftiger, stinkender Faulschlamm, in welchem die sauerstoffscheuen, anaeroben Bakterien den Vorrang haben. Er haucht stets Schwefelwasserstoff aus und ist auch von unzhligen Schwefelorganismen bewohnt. In Massen findet man die Schwefelbakterien Beggiatoa, Thiotrix u. a., die sogar auf das Tageslicht verzichten und metertief in einer gaserfllten Dmmerung hausen. Aber eben durch ihre Arbeit, die von denen einzelner Protozoen, sehr vielen Kleinwrmern und vor allem unzhligen schwarzen, roten und farblosen Mckenlarven untersttzt wird, humifizieren die uersten Rnder der Faulschlammdecke in berraschend kurzer Zeit. Das Ufer schiebt sich als eine tiefdunkle, fette Erde immer weiter vor, die nichts mehr von dem hlichen Bleigrau des faulenden Schlammes hat. An greren Tieren bewohnen ihn auer allen mglichen, oft sehr interessanten und seltenen Frschen meist nur die Bommifische, der Schlammspringer (Periophthalmus koelreuteri), die zeitlebens allerdings mehr auer Wasser als darin sich aufhalten, weil sie mckenfangenderweise berall auf niedrigen sten und Zweigen zu liegen pflegen. Auer ihnen siedeln nur die Kokosruber und die Winkerkrabben (Birgus latro und Gelasimus) in oft sehr tiefen Schlammlchern. Die Wurzelatmung der Mangroveformation geht nur durch die aus dem Schlamm aufragenden Stelzenwurzeln. Die Rhizophora selber ist lebend gebrend, denn sie wirft ihre halbmeterlangen Keimlinge, die wie Dolche aus den gespaltenen Frchten starren, schon aus ihrer mageren Krone ab. Auch sie stellen sich wenige Stunden nach ihrer hchst oberflchlichen Verankerung bereits auf elastische Stelzenbeinchen. Genau dasselbe tun die Sumpfzypressen (Sequoia) der floridanischen Wasserwlder, weit unten in 97 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

den Sdstaaten, im Seminolenreservat der Everglades. Auch sie stehen auf gewaltigen Wurzelstelzen und senden auerdem einen wirren, undurchdringlichen Palisadenzaun nach oben, nichts als spitze Atemwurzeln, die vielleicht dort nicht nur Luft schpfen, sondern auch etwas Licht genieen wollen, denn die breiartig fest aufeinandergelagerten Faulschlammschichten sind undurchlssig wie Zement. Hier wirkt das stehende, sauerstoffarme und mit Abbaustoffen und -organismen gesttigte Wasser als so kompakter Luftabschlu, da sich an diesem einzigen Ort der Welt (man sagt, hchstens noch in einigen hnlichen Wasserwldern von Honduras und Guatemala) auch heute noch lebende Braunkohle bildet. Das ist eine echte Faulschlammkohle, durchsetzt von den noch unverwesten Stmpfen der Sumpfzedern, die so lange kurzstmmig und fahlgrn um einen festen Grund kmpfen, bis sie endlich strzen. Aber nicht nur stehende Gewsser verlanden so, sondern selbst langsam flieende Strme. Der St. Marys River, der die Grenze zwischen Florida und Georgia bildet, ist kaum weniger breit als Donau oder Rhein in ihrem Mittellauf. Aber er ist so dicht berwachsen von Lotus, bunten Seerosen und einem Gewirr von Waterlilies (Eichhornia crassipes), da man berhaupt kein Wasser sieht. Die freiflutende Eichhornia mit ihrer wunderschnen, krokusblauen Bltenrispe, die als Wasserbewohnerin durch ihren mchtigen, schwarzen Wurzelschopf alle notwendigen Nhrstoffe verschwenderisch aufzunehmen versteht und sich mit schottenartig gebauten Schwimmblttern im Gleichgewicht hlt, ist berhaupt eine groe Plage der Tropenschiffahrt, da sie alle natrlichen und knstlichen Wasserlufe stndig verstopft. Die Stadt Jacksonville gibt seit Jahren mehr als jhrlich 2 000 000 Dollar aus, um ihre vom St. Johns River gespeisten Kanle immer wieder freizubekommen. Diese blaue Pest lebt ausschlielich vom Wasser und seinen Sinkstoffen, und sie gedeiht in prachtvollster, bis zu meterhoher ppigkeit, wie keine Landpflanze. Ihre Anpassung an dieses Leben ist so vollendet, da sie in ihrem Krper 93,4 Prozent Wasser und nur 6,6 Prozent Trockensubstanz enthlt. Dabei verfgt sie ber einen mineralischen Bestand, der erstaunlich ist und in welchem das Kali mit 11,2 Prozent obenansteht. Im St. Marys River huft die langsam ziehende, unsichtbar unter leuchtender Blumenpracht verborgene Wasserwelle dagegen whrend der Zeit der regelmigen berschwemmung die berchtigten Schlammvulkane auf, die es auch sonst im Bett mancher tropischer und subtropischer Strme gibt. Das sind einige Meter hohe, ungeschlachte Hgel, dann und wann sprlich bewachsen. Fest aufeinander gelagert, entwickeln sie mit Hilfe von Fulnisbakterien, unter denen ein Methanbazillus oben ansteht, reichlich Grubengas. Dieses Methan pret von Zeit zu Zeit die Hgelwnde in pltzlicher Explosion auseinander, bei der halbflssige, schndlich stinkende Schlammassen nach auen sprudeln. Nach kurzer Zeit schliet sich diese natrliche Kloake wieder, um dann an einer anderen Stelle aufzubrechen. 98 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Durch seine eigene Schwere bleibt das ausgeblasene Methan jedoch ber dem Schlammvulkan stehen. Mit Hilfe eines Schwefelfadens lt es sich leicht entznden und brennt dann mit halbmeterlanger, bleichblauer Flamme. Zuweilen machen sich Touristen das Vergngen, ein Dutzend solcher Hgel zu entznden. Es sieht phantastisch aus, dieser unsichtbare Strom, mit irrlichtblauen Fackeln berst, die aus einer Flut von Blumen stundenlang unter hllischem Gestank zngeln. Das alles ist Wasser als Wegbereiter, Mitschpfer, Aufbauer und Zerstrer von Humus. Das alles und noch viel mehr. Angefangen von der Sintflut, die wahrscheinlich auch nur eine bei vielen Vlkern und in vielen Sprachen bereinstimmend beschriebene Folge vorzeitlicher Erosion war, bis in die feinsten Zusammenhnge hochmolekularen Aufbaus und Abbaus hinein wirkt es weiter, negativ oder positiv, immer unentbehrlich und voll unvorhergesehener Mglichkeiten. Im grten und im kleinsten ist es mit den Schicksalen der irdischen Materie verflochten und versucht doch stndig, sich aus ihr zu lsen. Aus ihr kehrt es immer wieder in seinen eigenen Kreislauf zurck, aber auch dieser Kreislauf ist nur ein Teil der nicht von ihm zu trennenden irdischen Kreislufe.

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Die Luft ber wenige irdische Dinge hat man so widersprechende Ansichten gehabt, wie ber die Luft Das macht, sie war eigentlich das erste Problem, an welchem die einfachen Sinneseindrcke scheiterten. Man kann sie unvermischt weder sehen, noch riechen, noch schmecken, und ohne da sie sich in Bewegung befindet, auch nicht fhlen. Fr den Naturmenschen oder Eingeborenen ist, mit wenigen Ausnahmen, die Luft also das Unfabare und Undefinierbare geblieben, das sie viele Jahrtausende lang fr die Menschheit berhaupt gewesen sein mag. Wie sich das Tier zum Begriff Luft stellt, sagt uns eine vielfltige Beob achtung an unseren Haustieren. Vermutlich besitzen sie ein instinktives Bewutsein von Luft, ebenso wie auch die wildlebenden Tiere, aber nur dadurch, da sie auf die Witterung achten. Atmung ist ihnen sicher individuell ebenso unbewut, wie Verdauung und Blutkreislauf. Sie sind ganz einfach im allgemeinen Lebensgefhl mit inbegriffen. Wieder einmal grundlegend anders steht auch diese Frage bei der Pflanze. Sie ist das Lebewesen, das mit einer unnachahmlichen Feinheit und einem Differenzierungsvermgen ohnegleichen gegenber der Luft ausgestattet ist. Pflanzenatmung drfte, ausgenommen ruhende Samen, verhltnismig kaum geringer sein, als die des Menschen. Aber auerdem verstehen die Gewchse etwas, das dem Menschen durchaus abgeht, und das ist: auch ohne freien Luftsauerstoff zu atmen. Ein Keimling entnimmt dem eigenen Krper den in ihm gebundenen Sauerstoff und bewahrt sich so vor dem Ersticken, whrend er noch innerhalb der Samenschale eingebettet liegt. Freilich dauert dieser Behelf der intramolekularen Atmung nicht lange. Eine treibende Erbse oder Bohne hlt sie knapp 24 Stunden aus, ein Weintraubenkern aber immerhin mehrere Wochen. Diese sozusagen doppelte Atmungsmglichkeit ist fr das Pflanzenwesen keine nebenschliche Spielerei. Bakterien, die sich ihrer mit Vorliebe bedienen, sind ja im groen und ganzen auch nur Kleinpflanzen. Unter ihnen kennt man aber viele, die nie anders geatmet haben, als intramolekular. Man versteht das als eine notwendige Umweltanpassung, die ihnen innerstplasmatische Lebensrume erschliet, die ihnen sonst nicht zugnglich wren. Das ganze Dasein solcher Bakterien ist von dieser ihrer anaeroben Lebensweise bestimmt. Einzig durch sie wird ihr stndiger Aufenthalt in Krpern, in faulenden Substanzen und grenden Stoffen ermglicht. Die von ihnen veranlaten Zersetzungsprozesse, ohne welche ein Umbau weder im kleinen, noch im groen vorhanden wre, beruht auf der Fhigkeit, lebenden und toten Geweben Sauerstoff zu entreien. Diese Vorgnge gelten aber nicht allein fr Krper, sondern vor allem fr die Humusbildung mit allen ihren Vorbereitungsstadien und Zwischenformationen. So wunderlich und untergrndig sind die weltgesetzlichen Zusammenhnge miteinander verknpft. 100 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Prinzipiell gesehen, teilt sich die Lebensstufe Pflanze in zwei aufeinander angewiesene Hlften, die wie die beiden Seiten eines Globus zusammengepat werden knnen. Auf der einen Seite das ist ja allbekannt wird der Luft Kohlensure weggenommen, jenes giftige, den beiden anderen Lebensreichen unatembare Gas, das aus der Zersetzung aller Krper in Mengen frei wird, das aber auch jeder brennenden Flamme entstrmt. Dabei entflieht in verstrktem Mae Sauerstoff, fr welchen das assimilierende Chlorophyll keine Verwendung hat. Und hier beginnt die Ttigkeit der anderen Hlfte: alles, was durch Lungen, Kiemen, Stigmen (Tracheen) atmet, strzt sich auf eben diesen freigewordenen Sauerstoff, ohne den es nicht leben kann. Nach dem Ursprung wird nicht gefragt. Auch er stammt von Lebenden und Toten. Die Vorstufen des Lebens sind ebenso an diesem Proze beteiligt, wie die Nachstufen des Sterbens. Der erste Ablauf, jener der Kohlensureverwendung, wird durch den Motor Sonnenlicht betrieben. Der Motor des zweiten ist die Gesamtheit der Lebensprozesse. Auch sie vollzieht sich eigentlich niemals in vlliger Finsternis, sondern zumeist in einer Art organischen Zwielichtes innerhalb der Krper. Auch dieses Zwielicht stammt letzten Endes von der Sonne. Man kann also getrost sagen, da die Luftgasverwertung ausschlielich mit Hilfe von Licht in Gang gehalten wird. Durch die irdische Atmosphre stehen gewaltige Mengen Luft zur Verfgung. In ihr hat man entdeckt, da eine gewisse bereinstimmung zwischen dem organischen und dem Gasgehalt besteht. Wir messen zwar unsere Atemluft nach Schwere, aber dieser Begriff ist durchaus relativ. Normalerweise kann er sich auch nur auf die auf der Erde ruhenden untersten 100 km beziehen. Gegenwrtig hat man die Einteilung getroffen, da die Troposphre bis zu 20 km ber die Erde reicht, der sich die Stratosphre bis zu 80 km anschliet, welcher die Ionosphre folgt, deren obere Grenze noch unbekannt ist. Durch Flugzeuge und Raketen fngt man an, einiges von den Verhltnissen in diesen Zonen zu ahnen. Da der Luftdruck um so mehr abnimmt, je weiter eine Luftschicht entfernt liegt, ist eigentlich selbstverstndlich. Heute rechnet man schon damit, da 150 km von der Erdoberflche entfernt der Luftdruck rund 10 Millionen mal kleiner ist als unten. Dazu scheint es ganz ausgesprochene Temperatursphren zu geben. Der Kltepunkt mit 70 Grad C soll in 20 km Hhe erreicht werden. Einen Hitzepunkt mit 50 Grad C nimmt man bei 45 km Hhe an. Der Beginn der Ionosphre ist wiederum mit arktischen Temperaturen, nmlich mit 30 Grad C verbunden. Diese konzentrischen Schichten, von denen man noch nicht viel mehr wei, als eben die registrierten Grade, scheinen sich in warmen und kalten Ringen um die Erdoberflche zu legen. Man wird vielleicht noch entdecken, da das

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nicht nur mit der Sonnenbelichtung, sondern auch mit der eigenen Erdausstrahlung zusammenhngt. Aber dieses ganze Gebiet ist vorderhand noch so sehr Neuland, da man auf berraschungen gefat sein mu. Viele Tatsachen, die unsere Lufthlle betreffen, sind uns noch gnzlich unbekannt. So wissen wir z. B. nicht, weshalb auf der Nordhalbkugel der Erde etwas mehr Kohlensure der Atmosphre zugemischt ist, als auf der Sdhalbkugel. Der Unterschied ist freilich nur gering: er verhlt sich 2,82 1 gegen 2,66 1 in je 100 cbm Luft. Viel grer ist die Differenz zwischen Grostadt und offenem Land. Was ber den Dchern der Huser auf- und niederwogt, ist in 10 cbm Luft mit reichlich 3-4 1 Kohlensure angereichert. ber Feldern oder gar Wldern steigt der Kohlensuregehalt in derselben Luftmenge kaum je ber 2,5 1. Als Gasemulsion dies der neueste Begriff ndert sich unsere Atmosphre bis zu ca. 6 km Hhe nur sehr wenig in der uns bekannten Zusammensetzung. Dagegen ist die obere Grenze fr die sie bewohnenden unzhligen Bakterien und Viren schon bei 2000 m erreicht. Man erklrt das damit, da deren Schwebefhigkeit nicht so sehr durch eine Verdnnung des Gasgemenges, sondern ganz einfach durch die geringere Verunreinigung behindert wird. Auch sie, die scheinbar fast vllig Gewichtslosen, unterliegen ja doch der Anziehungskraft der Erde, die sie nach unten zieht. Dadurch wird die Luft ber 6 km Hhe um ein Wesentliches leichter und zugleich auch durchsichtiger. Das Leben der Organismen verschwindet allmhlich aus ihr. 2200-2400 m Hhe enthalten zumeist nur noch 5 Prozent der Bakterien, die in halb so hohen Hhen dahintreiben. Wie schon gesagt, mssen eben 2000 m als die obere Grenze schwebenden Einzellerlebens angesehen werden. Von da ab wird alles sehr unbestimmt. Immerhin wei man, da die Kokkenformen durchschnittlich nicht ber 800 m hinaufgehen, die Streptokokken nicht ber 1100 m, whrend die gefrchteten Erreger der Tuberkulose noch immer in 1300 m gefunden werden. Dann erfolgt der unerklrliche Hiatus, die immer wieder konstatierte, aber in ihren Ursachen vllig unbekannte Tbc-Lcke. Sie liegt zwischen 1400 und 1600 m. Ob diese Zone des Nichtlebenknnens nun mit Temperatur oder mit Belichtung oder mit anderen Luftfaktoren zusammenhngt, davon hat man bis heute keine Ahnung. Man wei nur, da sie im Norden merkbar ansteigt. Helsinki hat jeweils einen Luftbestand an Tbc-Erregern, der nie ber die Hlfte dessen hinausgeht, was sonst als europischer Durchschnitt gilt. Zieht man von Helsinki noch 400 km eine Linie weiter nrdlich, so stt man auf Luft, die praktisch vllig bazillenfrei ist. Man darf sich nicht darber wundern, da die schreckliche Tbc zu einer Menschheitskrankheit geworden ist. Sie findet sich berall in solch beng stigenden Mengen von Keimen, da man nicht bertreibt, wenn man sagt, da innerhalb der Bakterien des Luftedaphons (den durch Luft und Wind 102

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ber die ganze Erde hin vertragenen mikrobiellen und protozoischen Erdbewohnern) sie das bei weitem grte Kontingent stellt. Von plus 10 Grad C bis zu minus 20 Grad C sind die Erreger lebens- und teilungsfhig. Um wieviel weniger unempfindlich sind dagegen z. B. Cholerabakterien! Sie sterben schon bei 0 Grad C (was die leicht verstndliche Ursache ist, warum die Cholera zu den typischen tropischen bis subtropischen Seuchen gehrt und warum sie bei ihren Einfllen in Europa mit dem Sptherbst von selbst aufhrt und mit dem Sommer wieder neu aufflammt). Hier unterscheiden sich die Bakterien und sonstige Einzeller sehr merklich an den Grogeschpfen mit natrlicher Blutwrme. Deren Lebensoptimum liegt bei plus 35 Grad C. Amphibien, Reptilien und auch Pflanzen samt der Kleinwelt werden jedoch hchstens durch einige Stunden hindurch mit Hilfe der Sonnenwrme auf diese Temperatur von auen her erwrmt. Dennoch gibt es Forscher, welche die Meinung vertreten, da trotz der extremen Sprnge nach oben und unten organische Prozesse aufs beste eben nur bei diesen plus 35 Grad C verlaufen. So ist das, was wir als Inbegriff des Leichten, Reinen und Flchtigen zu betrachten gewhnt sind, in Wirklichkeit beschaffen: Es ist schwer, es ist in seinen untersten Schichten verhltnismig wenig bewegt, und es enthlt in ziemlich gleichmiger Verteilung ein ber- und Unma unsichtbarer Organismen. Auf letzteres hat sich die menschliche Lunge auch lngst schon eingerichtet. Denn auf seinem niemals stillestehenden Trottoir roulant kehrt das Flimmerepithel der Luftrhre, das stndig nach auen schlgt, in 1 cbm Luft bis zu 7 g fester Bestandteile aus, unter denen sich allein 30 Mikromillimeter Bakterien befinden! Diese 7 g fester Bestandteile in 1 cbm Luft erfordern brigens bereits eine besondere Anpassung des Menschen, die er seiner Kultur verdankt. Denn sie finden sich ausschlielich ber groen Stdten. ber einem Feld gibt es hchstens 2-3 g, ber einem Wald gar nur 1 g in 1 cbm Luft. Der europische Waldmensch der Vergangenheit kann nicht unter Tuberkulose gelitten haben. Das beweist diese einzige Zahl ganz einwandfrei. Denn die festen Bestandteile der Luft das ist eben jene Materie, welche die Hausfrau mit Staubsauger und Besen bekmpft und die man mit den neuen amerikanischen kombinierten Erwrmungs-, Abkhlungs- und Reinigungsapparaten zugleich aus der Atemluft herauswscht. Sie verfolgen seit den ersten Anfngen der Zivilisation den von da ab groenteils in geschlossenen Rumen lebenden Herrn der Welt, dem es nicht gelingt, mit diesem Nichts fertig zu werden. Wohl aber sieht es so aus, als seien in diesem Chaos von organischen Resten, zwerghaften Lebensformen, anabiotischen Zwischenstadien, Schdlingskeimen und mineralischen Feinsplittern doch 103

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irgendwelche uns notwendigen Stoffe vorhanden, die sich bis jetzt durchaus der Bestimmung entzogen haben. Fr diese Tatsache spricht folgende Beobachtung: Man kann mit elektrisch gereinigter Luft zwar einen Schnupfen in einer halben Stunde beseitigen, und schwere offene Wunden, z. B. den Schnitt einer Blinddarmoperation, unverbunden in acht Tagen heilen, man kann sogar absolut aufgegebene TbcKranke in solcher von aller Verschmutzung befreiten Luft am Leben erhalten (wenn die Seuche faktisch Teile des Lungengewebes briggelassen hat), aber selbst solche Flle ertragen nicht einen stndigen Aufenthalt in einem derartigen Himmelsodem. Nach 14-15 Stunden stellen sich Nervenstrungen schlimmster Art ein und die einzige Hilfe dagegen sind kleine Gaben natrlicher, also ungereinigter Luft Damit fllt der schne Traum eines gttergleichen, zu strahlender Reinheit erhobenen Menschen. Als Lebewesen ertrgt er einen solchen Olymp nicht einmal mit seinen Atmungsorganen. Denn auch er kann seinem Schicksal nicht entfliehen, das ihn zu einem Humusbewohner bestimmt hat und das ihm die Anpassungen verlieh, nicht nur stndig von Pflanzen sein Dasein zu fristen, sondern auch jenen Teil Humus, der mit den Passaten ununterbrochen die Erde umkreist, unaufhrlich einzuatmen und ebenso unaufhrlich wieder von sich zu geben. Denn was ist Staub anderes, als jener kunterbunte Mischmasch von gewesener, gegenwrtiger und zuknftiger Materie, teils schon aus ihrer Form gelst, teils wieder zu neuer Form sich vorbereitend? Ich habe oft genug Staub aller Art mikroskopisch untersucht. Eigentlich war ich immer wieder erschttert von dem armseligen Endprodukt des Jahrmarktes der Eitelkeiten, das sich stndig in ihm findet. Ich ahne nicht, ob sich die elegante Dame, der berhmte und ber ganze Kontinente durch seine renommierte Firma bekannte Schneider je eine Vorstellung davon gemacht haben, wie die allerletzte Station ihrer einst mit Gold aufgewogenen Kreationen aussieht. In Wirklichkeit sind es nur noch Textilfasern und -fserchen, die restlos den feinsten Aufbau von Seide, Leinwand, Wolle, Zellwolle und Kunstseide preisgeben. Auch Baumwolle findet sich in wattehnlichen Fragmenten. Ru ist in kompakten, schwarzen Flocken, Papier in allerdnnst zerschlissenen Flckchen da. Holz-, Glas-, Porzellan- und Steingutsplitter fehlen nie. Ebensowenig ein Sammelsurium von Haaren menschlichen Ursprungs, von Haustieren, aus Pelzen. Meist trifft man auch die elastischen Spiralgefe aus Pflanzenblttern und Stengeln. Dazwischen liegen immer Pilzsporen, rund, oval, Bohnen- oder keulenfrmig. Strkekrner sind meist nur teilweise aufgeschlossen. Hefen treiben sich umher, einzellig oder in den bekannten Bumchen. Metalle verraten sich durch glnzende, scharfzackige Kristalle. Ebenso kristallinisch sind auch Quarzite, Kalke, Gips, Glimmer. Tonerden mengen sich bleigrau zwischen dunkle, unfrmige Detritusklumpen. Im Winter gibt es Kohlenstaub, im Sommer hufen sich Graspollen, Bltenstaub aller Art bis zu dem der Nadelhlzer, die gefhrlichen Konidien des Mehltaus 104 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

(eine seiner hufigsten Fortpflanzungsformen). Sporen von allen mglichen Gropilzen, als da sind: Boviste, Peziza-, Telephora- und SphaerobolusArten. Die Pest der Stubenfliege (Empusa muscae) taucht unweigerlich Ende August, wenn nicht schon frher auf. Und unabhngig von der Jahreszeit kann man immer auf den unendlich feinen Sporenstaub von Mauer- und Baumflechten rechnen, auf Protozoen und ihre Zysten und Dauereier, auf Zygoten grner Spirogyra-Arten und Schwrmer anderer Algen, auf Wurmeier, Nematoden, Kieselalgen. Und nicht zuletzt auf Streptokokkenketten, die Erreger des gelben, blaugrnen und grnen Eiters (Staphylokokken und Bacterium pyocyaneum) und selbstverstndlich die Stbchen von Tbc. Das alles lebt, fliegt, schwebt im alltglichen Staub in solchen Massen, da man selbst in freier Regenluft (die bekanntlich viel reiner ist, weil zahllose Teilchen mit den Tropfen zur Erde gerissen werden) 32 000 Partikelchen auf 1 ccm gezhlt hat. Dabei werden in diesem Fall in unzhligen Wasserdampfblschen mineralische Lsungen gebunden und in denen stecken wieder viele Kohlenstoffverbindungen oder deren Abbauprodukte. Das ersieht man aus dem Unterschied zur Luft bei schnem Wetter. Da kann man auf eine Durchschnittszahl von 130 000 Partikelchen in demselben einen Kubikzentimeter Luft gefat sein. Und nun gar Zimmerluft! An der Decke eines Raumes, wohin die warme Luft sie trgt, schweben durchschnittlich 5 420 000 fester Teilchen, whrend es in Nasenhhe nur meist 1 860 000 Teilchen sind. Dagegen schleppt der bergfrische Hauch, der ber die 1800 m hohe Rigispitze hinweht, hchstens 210 feste Teilchen pro Kubikzentimeter Atemluft mit sich! Die Liste dieser gewaltigen Kontraste liee sich noch beliebig verlngern. Sie variiert natrlich auch. Es gibt Staub, der mit Geobionten bersttigt ist, es gibt solchen, in dem die Carbonderivate berwiegen. Die lebensgefhrliche Luft in Werksttten, wo Holz geschliffen oder poliert wird, wo man Steine abmeielt, wo Stroh-, Tabak- und Papierflckchen in Massen aufgewirbelt werden, fhrt bei mangelhafter Reinigung auf die Dauer zu schweren Erkrankungen der Atmungsorgane. Die Silicosis ist eine Art Verkieselung der Lunge durch Staub aus Silikaten. Man tut alles, um sie zu bekmpfen, aber man steht ihr, die Tausende von Menschenleben fordert, vorlufig noch ziemlich ratlos gegenber. Es ist ja allgemein bekannt, da die Lunge des kohlehauenden Kumpels ihre schn rosenrote Farbe gegen eine schwrzlichgraue eintauscht. Und da die Beschftigung mit Blei, Arsen und anderen Stoffen sich in einer Reihe spezifischer Lungenkrankheiten auswirkt, deren Heilung die Medizin noch lange nicht gewachsen ist. Merkwrdig ist dagegen, da bei den landwirtschaftlichen Arbeitern, die doch auf dem Feld, an der Dresch- und Hckselmaschine wahrlich genug Staub zu schlucken haben, dieser Staub offenbar nicht annhernd so gefhrlich zu sein scheint. Jene biologische Forschung, die am weitesten in die Probleme der Bodenbesiedelung eingedrungen ist, http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 105 PDF-Ausgabe 62010

glaubt zu ahnen, weshalb. Sie spricht von ganz neuen Grenzen innerhalb der bisher unverrckbaren Begriffe der Infektion. Sie glaubt bei den Krankheitserregern einen Teil der krpereigenen und dadurch angepaten Mikroben als Symbionten berhaupt ausschlieen zu mssen. Sie hlt berhaupt das Problem des plasmatischen Seins und der Bindung von Lebensstoff zu Lebensstoff bei gleichzeitigen organischen Funktionen fr unendlich viel komplizierter, aber damit auch fr unendlich viel erdnher, als man das noch vor einem Menschenalter zu tun gewagt htte. Noch die Biedermeierliteratur ist voll von Geschichten ber Irrlichter. Jeder wollte da, dort, an einem Kreuzweg, blaue Flmmchen herumgeistern gesehen haben. Jeder Wanderer wurde gewarnt, sich durch sie vom Weg weglocken zu lassen. Ich fr meine Person habe ein- oder zweimal in meinem Leben ein Irrlicht von ferne erblickt. Es wanderte mit zierlichem Hpfen ber eine nasse Wiese hin und hatte eigentlich gar nichts Aufregendes an sich. Aber vielleicht war es auch nur darum nicht aufregend fr mich, weil ich schon wute, da es nichts anderes sei als freigewordenes Grubengas, das freilich nicht einem Bergwerk, sondern irgend einem Faulschlammgrund entronnen war. Es bildet sich berall, wo es Verwesung und Fulnis gibt, und darum ist Methan ein nicht seltener Bestandteil der Luft. Es ist ein Teil jener groen Umsetzung von Tod zu Leben. Methan findet sich unendlich viel hufiger bei allen mglichen Gelegenheiten, als wir glauben wrden. Aber es ist jeweils meist nur in geringer Menge vorhanden und da merken wir es nicht. Das Lexikon sagt von ihm: Methan ist der einfachste Kohlenwasserstoff. Woher kommt dieser einfachste Kohlenwasserstoff? Aus dem sich drehenden Ring des Seins. Er ist eines jener flchtigen Stinkgase, das whrend der unvollkommenen Verwesung, die wir Fulnis nennen, sich von den zurckbleibenden festen Kohlenstoffen trennt. Richtiger gesagt, von ihnen getrennt wird, denn die aufspaltenden Mikroorganismen lsen es aus seiner bisherigen Bindung heraus. Ursprnglich nahm man an, da dies einzig und allein nur bei verrottender Zellulose geschehe. Dann hat man sich davon berzeugt, da auch eine ganze Menge von anderen Stoffen ebenfalls Methan freimacht: Pentosen und Pentosane (das sind Zuckerbildner und Zuckerarten), Formiate (Ameisensuresalze), Azetate (Salze der Essigsure), Butyrate (Buttersuresalze). Dazu kommen noch auerdem: Milchsure, Strke, Salze der hheren Fettsuren, beinahe alle Zuckerarten und eine Reihe von Eiweisubstanzen. Wollte man diese Liste mit einem Wort zusammenfassen, so knnte man an ihre Stelle beinahe eben so gut Lebensstoff setzen. Natrlich bildet sich bei Fulnis nicht nur Methan allein und als einziges Gas. Man mu sie als das verstehen, was sie ist: eine allgemeine Auseinanderlegung und Weiterverwendung aller vorhandenen Substanzen und Elemente. Dem Menschen scheint sie grauenhaft und 106 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

verabscheuungswrdig. Blickt man jedoch in ihre einzelnen Ablufe, ihre komplizierte Stufung und Bndelung hinein, so verflchtigen sich Schrecken und Abscheu und wandeln sich in eine tiefe Bewunderung der sinnvollen Gesetzmigkeit, die sich noch im Kleinen und Kleinsten auswirkt. An dieser Stelle mu ich noch einmal auf die welterhaltende Bedeutung der intramolekularen Atmung so vieler Bakterien zurckkommen. Denn ein Groteil dieser Fulnis- und Verwesungsprozesse (wobei man anstatt Ver wesung bekanntlich auch uerst langsame Verbrennung setzen kann) ist faktisch auf diese Tatsache aufgebaut. Man kann sich das ohne besondere Mhe klarmachen. Der allzu flchtige Sauerstoff entspricht gewissermaen in seinem Verhalten dem Ende eines Fadenknuels, mit welchem man das ganze Fadenende aufrollen kann. Zusammen mit der Methanfreimachung wird auch Wasserstoff freigemacht. Meist beginnt es sogar mit dem Wasserstoff. Die ganze Gesellschaft abbauender Bakterien arbeitet berwiegend anaerob. Sie wickelt das besagte Fadenende immer weiter auf. Kohlensure wird sogar noch dann abgespalten, wenn sich die Fulnisvorgnge bei plus 75 Grad C vollziehen. Die Methanabsonderung erreicht bei 55-60 Grad C Wrme ihr natrliches Ende. Aus dem toten Eiwei der Tierkrper entfernt sich das entsetzlich stinkende Schwefelwasserstoffgas. Ammoniak, Indol, Skatol, freie Fettsuren mischen sich mit ihren eigenen Gestnken hinein. An der Zerreiung und Zerlegung arbeiten stets auch Fulnispilze, die sich genau auf besondere Ttigkeiten spezialisiert haben. Sie stellen ausgesprochene Koprophyten und Zersetzer von Exkrementen. An letzterer Ttigkeit beteiligen sich sogar einige Moose. Selbst unter den Grogewchsen hat man richtiggehende Leichenfresser ermittelt. Da ist der Stechapfel (Datura stramonium), das bse Hexenkraut, das in so vielen Inquisitionsprozessen eine frchterliche Rolle spielte. Man rieb sich das Gift, das er enthlt, in die Haut ein und verfiel dadurch einer wsten, orgiastischen Vision von hemmungslosen Ausschweifungen und der Wahnvorstellung, man trge einen Pelz oder ein Federkleid. Hyoscyamin heit dieses Gift, und es wird nun schon seit Jahren mit Vorsicht und Erfolg in der Medizin angewendet. Und nun wie seltsam! mute man sich davon berzeugen, da der Stechapfel mehr Gift herstellt, wenn er ber modernden Kadavern wchst! Die gleiche untergrndige Beziehung zur Verwesung besteht brigens bei der Thuja occidentalis, die man als Cypresse so oft an Grbern und auf Friedhfen gepflanzt sieht.

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Auch dieser Totenbaum ist ein direkter Verzehrer von Toten. Andere wie der, der Beinwell (Symphytum) oder das auch zu den Hexenkrutern gehrige, dem Stechapfel brigens nah verwandte Bilsenkraut (Hyoscyamus) msten sich am liebsten mit faulenden Fkalien. Es scheint, sie vermgen die umgesetzten und zu einfachsten Amiden und Aminosuren aufgespaltenen Eiweistoffe direkt in sich aufzunehmen. Bei alledem werden aller Ecken und Enden Wasserstoff und Methan frei. Man kennt die Zellulosebakterien, die das bewerkstelligen, leider noch lange nicht vollstndig. Man hatte bis 1923 bereits erst 15 von ihnen festgestellt, die zumeist nicht einmal zu den anaeroben gehrten. Auf Methan eingearbeitet ist ein eigener Methanbazillus (Bac. methanicus), dem man nachgewiesen hat, da er das Grubengas in Kohlensure umwandelt. Ein anderer, der den schnen Namen Bacterium hexacarbovorum erhalten hat, verarbeitet Methan ebenso wie Leuchtgas oder das giftige Toluol nach anderer Richtung hin zu Kohlenstoff weiter. Wahrscheinlich haben aber auch noch manche Spaltpilze die Fhigkeit, Gase auf- und umzubauen. Gase und Suren sind berhaupt die letzte Stufe der Zerlsung. Sie werden dann sogleich an Ort und Stelle wiederum von den darauf spezialisierten Gruppen anderer Kleinlebewesen zur Nahrung und Atmung aufgefangen. Diese vielfltig eingeordnete Wirtschaft der Leichenfledderer des ewigen Wandels geht vermutlich nicht bermig friedlich vor sich. Trotz Stufung und Arbeitsteilung ist man gegenseitig doch auf Mord und Raubberfall eingestellt. Der Kleine frit den noch Kleineren und wird selber vom Greren verschluckt. Was alles man in unserer eigenen Sphre als Tragdie des Allzumenschlichen zu betrachten gewhnt ist, das spielt sich mit der dazugehrigen primitiven Barbarei schon weit tiefer auf der Formenleiter des Seins ab. Dennoch geht die endlose Mahlzeit am reich gedeckten Tisch des stets freigebigen Todes niemals ber die Grenzen des Biologischen hinaus. Es erfolgt keine gewaltsame Zerreiung, die etwa in die atomre Stufe, nicht einmal in die molekulre unter allen Umstnden hineinreicht. Der Ring des Lebens, der sich unaufhrlich dreht, entlt die irdischen Baustoffe, wenn sie einmal in ihn hineingeraten sind, nicht so leicht aus seinen Speichen. Zwischen ihm und den physikalischen Erdzustnden wird eine scharfe Trennungslinie eingehalten, die viel unbersdireitbarer ist, als die vielleicht nur vom Menschen aufgerichtete zwischen den Lebensreichen, die ohnedies in absehbarer Zeit vermutlich ganz aufgehoben werden wird. Man stelle sich vor, da ber jedem humusreichen Boden ein See von Kohlensure steht, der fr alle Gewchse ein unentbehrliches Bad von Nhrgasen bedeutet. Er quillt unaufhaltsam aus der Erde herauf. Man knnte ihn gewissermaen mit dem Rauch einer Tag und Nacht, jahraus, jahrein ohne Feierstunde beschftigten Esse vergleichen, wenn diese unterirdische Esse nicht kalt wre und dieses Laboratorium nicht mit immer nur auf ganz kurze Zeit geheizten Ofen arbeiten wrde. 108 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Dieser Kohlensuresee hat in der organischen Hlfte des Bodens seinen Ursprung. Die Pflanzenwurzeln atmen stets Kohlensure aus. Eine noch nicht voll bewiesene Vermutung meint, da sie sich ganz allgemein so verhalten, wie es der oberirdische Teil eines jeden Gewchses bei Nacht tut. Denn dann atmen auch die Stengel und Bltter Sauerstoff ein und geben Kohlensure ab. Nur das Licht kehrt diesen Proze um. Diese Erklrung hat viel Wahrscheinlichkeit fr sich. Denn die tropischen berpflanzen auf Urwaldbumen, die ihre Wurzeln berall, nur nicht im Boden haben, bilden in ihnen genau so Blattgrn und assimilieren damit ebenso, als ob sie Bltter wren. Die bakteriellen Zersetzer im Boden sind aber vor allem die unermdlichen Kohlensurelieferanten. Sie sind nun einmal die groen Reinemacher, die Straen- und Gelndeaufrumungskolonnen, die Ausdemwegschaffer von allem Unbrauchbaren. Man kann sich nicht oft und nicht eindringlich genug das Wunder vor Augen halten, da es Wesen gibt, die allein dadurch, da sie atmen und mit unstillbarem Appetit sich unaufhrlich sattessen, die ganze Zerlegung nicht mehr bentzbarer, ihrer harmonischen Zusammenfgung beraubter Krper besorgen. Sie sind unsglich primitiv, diese Paradefresser und nichts verschmhenden Allesvertilger. Sie verfgen nur ber ein Minimum von Subintelligenz (wobei man hier unter Intelligenz nichts als die Tatsache verstehen mu, da ein Geschpf mit augenscheinlich minimaler Wahlfhigkeit doch sein individuelles Dasein erhlt). Das reicht aus, um sich der geeigneten Rohstoffe zu bemchtigen, nachdem sie mit nie versage ndem Instinkt aufgesprt wurden. Was aus dem, was sie gerade selber nicht brauchen, wird, ist ihnen denkbar gleichgltig. Sie lassen es liegen oder entweichen je nachdem. Das den blaugrnen Eiter erregende Bacterium pyocyaneum (ein hchst gefhrlicher Eindringling, wenn er in lebende Krper gert) wurde versuchsweise auf Asparaginsure gesetzt, die zu den Eiweizerfallsprodukten hauptschlich pflanzlichen Plasmas gehrt. Rund 72 Prozent Kohlensure schied es bei der Aufspaltung ab, d. h., sie wurden von ihm aus dem vorhandenen festen Kohlenstoff herausgerissen und verflchtigten sich. Weitere 14 Prozent Kohlensure nahmen die Bakterien in sich auf und auerdem verleibten sie sich noch 14 Prozent aller mglichen kohlenstoffhaltigen Abbausubstanzen ein. Aus solchen und hnlichen Experimenten es gibt deren Tausende und aber Tausende ersieht man bereinstimmend, da die Zersetzer fr sich selber nur einen Bruchteil ihrer Produktion beanspruchen. Weit mehr als eine Gruppe Bakterien sind nun einmal keine Einzelwesen aufzehrt, bleibt anderen Gruppen oder wird (aber nur selten) berhaupt nicht gentzt. brigens ist die organische Aufschlieung und Gasproduktion niemals auf Bakterien allein beschrnkt. Mikroskopische Pilze und vor allem Schimmelhttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 109

pilze beteiligen sich stets mit daran. Diese Teilhaberschaft hat es zumeist mehr auf die freiwerdenden Suren abgesehen, eben jene Asparaginsure, Bernsteinsure, Zitronensure, und hauptschlich auf die schon mehrfach erwhnten Humin- und Ulminsuren. Dagegen berlassen sie ihrerseits wieder den Bakterien den Lwenanteil an Stinkgasen, an Kohlensure, an Luftstickstoff. Alle diese gasfrmigen Elemente entfliehen groenteils in die Bodenluft und gelangen mit ihr wiederum in die Atmosphre. Fr den Menschen sind sie ausnahmslos giftig und in Mengen geradezu unatembar. Man erstickt in ihnen. Alle die Unflle von Leuten, die durch Grubengase in alten, mit Faulschlamm erfllten Brunnen betubt wurden, die bei der unvorsichtigen Ausrumung von Jauche- und Senkgruben umkamen, sind nur das Ergebnis der rasenden Umsetzung jener mikroskopischen Welt, die man smtlich als Saprophyten zusammenfat. Sie brauchen solche vergiftete Luft, denn ihre Lebensprozesse sind auf sie gestellt. Die menschliche Lunge dagegen ertrgt man mu sich der alten Schulweisheit bei dieser Gelegenheit erinnern nicht mehr als ein Gemisch von 21 Prozent Sauerstoff, 78 Prozent Stickstoff und einen vielfltig zusammengesetzten Rest von 0,06 Prozent Kohlensure, Argon und schwachen Spuren der seltenen Edelgase. Hier darf man sich vielleicht ins Gedchtnis zurckrufen, da ein Teil der bodenbiologischen Forschung die Meinung vertritt, da Kohlensure, die einmal organisch gebunden war, von nun an innerhalb der Lebensgestaltung weiterkreist und gleich Eiweien oder Zellulosen lange, vielleicht fr immer nicht mehr aus diesem Zirkel herausfindet. Da sie dadurch auch irgendwelche Vernderungen erleidet, die allerdings chemisch unerkennbar bleiben, sondern sich vielleicht nach Art von Isothopen zu einander verhalten. Auch diese Hypothese hat einiges fr sich. Denn wir halten ja auch organisch gebundenen Kalk, Phosphor oder Schwefel fr etwas prinzipiell anderes und wissen jedenfalls, da sie mitunter andere Wirkungen als rein mineralisch entsprungene haben knnen. Demnach wre eine rein geologische Kohlensure, wie sie aus Mofetten, z. B. jenen bekannten der Solfatara, aus der Hundegrotte auf den Phlegrischen Feldern und aus Vulkanen ausgeatmet wird, zwar chemisch dasselbe, aber wirkungsgem doch wieder nicht dasselbe wie jene Kohlensure, die dem Umbau des Lebens ihr Dasein verdankt. Unter allen Umstnden hat die Pflanze einen unverhltnismig greren Kohlensurebedarf als Tier und Mensch. Kohlensure ist auch einer der ersten Stoffe, die dem zerfallenden Leib schleunigst entfliehen und in das Reich der Mikroben und Wurzeln und Bltter zurckkehren. Dort ist sie unzweifelhaft positiv, aufbauend und lebenschaffend. Das gibt zu denken. Ihr schpferisches Prinzip ist weder in der Tierheit, noch in der Menschheit verankert. 110

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Zahlen vereinfachen das Weltbild auf eine erstaunliche Weise. Darum greift das denkende Gehirn, das die Sinneswahrnehmungen und die Vielfalt ihrer Verknotungen sonst nicht meistern kann, immer wieder zu Zahlen. Und es ereignet sich dann das Verblffende, da die Zahl, an sich das Abstrakteste, Unbildhafteste, das wir kennen, mit einem Mal bildhaft wird, plastisch, lebendig, da sie sich wiederum in etwas Vorstellbares verkehrt, das sie von Natur aus gar nicht ist. Hier stelle ich also zwei Zahlen einander gegenber: 1,5 Milliarden Menschen atmen tglich 12 Millionen Kilo (ca. 5-7 Millionen cbm) Kohlensure aus. Aber eine einzige Eiche im Gewicht von 40 dz speichert bereits 1750 cbm Kohlensure. Unglaublich, nicht wahr! Dabei stellten schon seinerzeit die berhmten Entdecker der Zelle, Saussure und Schleiden, fest, da die gesamte menschliche und tierische Ausatmung und die auf der ganzen Erde erfolgte Verbrennung von Holz und Kohle zusammen hchstens ein Zehntel des wahren Bedarfes an Kohlensure decken wrden. Diese Gleichung ist im Verlauf von beilufig hundert Jahren immer wieder nachuntersucht und im Hinblick auf die Zunahme sowohl von Menschen, als von Industrien neu durchgerechnet worden. Sie hat sich aber im Prinzip darum nicht grundlegend gendert, weil eben der gewaltig angestiegenen Zunahme von Menschen und Fabriken auch ein nicht weniger gewaltig gehufter Verbrauch von Lebensmitteln gegenbersteht, der seinerseits einer Massenverwertung von Kohlensure gleichkommt. Was bisher ber dieses Gas gesagt wurde, vermittelt wohl schon den Eindruck, da es jenem januskpfigen Gott gleicht, dessen Antlitz zugleich gegen den Pol des Lebens und den des Todes gerichtet ist. Es besitzt einen Kreislauf, der ununterbrochen zwischen Aufbau und Abbau pendelt. Woher sollten die Pflanzen die unentbehrliche Kohlensure nehmen, wenn Menschen und Tiere nicht sterben wrden? Beide Waagschalen stehen zuletzt gleich, denn auch vulkanisch freigewordene Kohlensure ist Spaltprodukt von Gesteinen und Gebirgen. Auf der einen Seite ist Ausatmung, Verbrennung, Fulnis, Vergrung, Zersetzung aus ihnen allen erscheint die Kohlensure. Auf der anderen Seite stehen Einatmung, Zelluloseaufbau, Fettemanation, Holz-, Zucker- und Strkebildung, Urnahrung der Lebenden und schon verschwindet die Kohlensure, sie verfestigt, verbindet, materialisiert sich in tausendfltiger Gestalt. Wunderbar ist dieses Verschwinden in der grnen Pflanze. Es setzt eine sinnvolle, kleine Maschinerie im Blatt voraus, die man Spaltffnung nennt. Eine solche Spaltffnung ist eigentlich eine selbstndig sich bedienende Tre, die so etwas wie Verstand und Urteilsfhigkeit besitzt. Also eine Art Wunderding, dem auch kein mit Selenzelle und elektrischem Kraftfeld ausgestatteter Robot gleichkommt. Diese denkende Tre besteht aus zwei halbmondfrmig gegeneinander gestellten Zellen, die den schmalen Schlitz zwischen sich beliebig verengern und erweitern knnen. Sie tun das willkrhttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 111 PDF-Ausgabe 62010

lich nach Bedarf, veranlat von einem Motor, der Turgor heit, und nichts anderes als der an- oder abschwellende Wasserdruck in den Geweben ist. Darunter liegt nach innen zu etwas, das ma n allenfalls pflanzliche Kieme heien knnte. Eine Atemhhle, die sich als Gasvorhof ntzlich macht. Durch die Spaltffnung wird berschssiger Wasserdampf hinausbefrdert, auch Lsungen aller Art, Salze, Mineralien, Stoffe, deren die Pflanze sich irgendwie entledigen mu. Zugleich aber lt sie auch durch dieselben Spaltffnungen Kohlensure herein. Dort, wo, wie im Wald und unter dichtem Gebsch, die Luft jenen optimalen Kohlensuregehalt von 3-5 Prozent besitzt, den die Pflanze im Durchschnitt bentigt, leidet sie niemals daran Mangel. Absichtlich und sehr geschickt sind die Schliezellen an der Blattunterseite angebracht, denn von unten steigt ihnen ja der wegen seiner natrlichen Schwere nur langsam aufquellende Gasstrom entgegen. brigens sitzen sie viel dichter, als die Poren auf der menschlichen Haut. Auf einem Millimeter finden sich zuweilen bis zu 600 Stck. Ein groes Kohlblatt arbeitet mit mehreren Millionen. Die ffnung der Schliezellen hat man oft beobachtet. Sie tun sich in 2030 Minuten einmal wie ein atemholender Mund auf. Auch die genauen Zahlen ber die aufgenommenen Mengen kennt man. Eschenbltter beginnen mit 0,2 Milligramm und erreichen eine Hchstleistung von 0,5 Milligramm Gas. Buchenbltter verbrauchen 0,3-0,4 Milligramm pro 1 cm Blatt in einer Stunde. Die ganze Ttigkeit ist an das Tageslicht gebunden. Nachts schlieen sich smtliche Tren des Zellenreiches und die Kohlensureaufnahme steht still. Nun wei man freilich trotz alledem nicht, wie die Pflanze es fertig bringt, die innigst miteinander gemischten Luftgase schon bei der Einatmung zu trennen. Unserer Atmung scheint das unmglich zu sein. Wir brauchen den Eisengehalt unserer roten Blutkrperchen, die sich mit seiner Hilfe des Sauerstoffes bemchtigen, whrend sie in den feinsten Bronchienkapillaren langsam an dem aufgenommenen Luftstrom vorbergetrieben werden. Auch die Pflanze besitzt ein blutkrperchenartiges Organ, das in den ueren Blattzellen unter der meist glasartig glatten, durchsichtigen Auenhaut zu sitzen pflegt. Wir wissen es schon, es ist jenes Wunder Chlorophyll, das Blattgrnscheibchen oder das Chlorophyllkorn. In seinem Aufbau, vor allem aber in seiner chemischen Zusammensetzung ist es unseren Erythrozyten beraus hnlich. Ich kann es leider nicht vermeiden, hier zuweilen von Bekanntem und lngst Gewutem zu sprechen. Aber man kann nicht ber Humus schreiben, ohne da man die grne Pflanze mit ihrer Chlorophyllarbeit erwhnt. Denn nur durch sie ist sie grn, ist sie berhaupt Pflanze. Im ueren, dem sog. Palisadenepithel sitzen pro qmm schtzungsweise 403 200, im darunter liegenden Gewebe, dem sog. Schwammparenchym, auf demselben winzigen Raum immer noch 92 000 Blattgrnscheiben. Man rechne, wenn man Lust dazu hat, sich einmal aus, wieviel das auf einem groen Rizinus112 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

oder Rhabarberblatt betrgt! Die Blattgrnscheibchen sind es, welche die Kohlensure verarbeiten. Wir wissen keineswegs ganz genau, wie das vor sich geht. Wir wissen nur, da es geschieht. Unser Wissen ist berhaupt etwas wie ein Mosaik, aus dem noch viele Steinchen fehlen. Das Bild der Natur erscheint uns darum so oft unklar und an vielen Stellen zerrissen und fast sinnlos. Es gibt zwischen Humus, Pflanze, Tier und Mensch noch so Zahlloses zu erforschen und zu klren, da da und dort die eigentliche Arbeit erst noch zu tun ist. Und nun wieder zurck zur Kohlensure als einem wichtigen Bestandteil der irdischen Atmosphre! Was bedeutet das schon frher genannte Wort Aushagerung? Es wird eigentlich nur von den Fachleuten der Agronomie bentzt. Das ist hchst bedauerlich. Denn hinter ihm verbirgt sich ein bser Dmon, der immer mehr von der Fruchtbarkeit des Ackers zehrt und die groe Mhe des Pflgens und Sens oft ganz vernichtet. Das Wort Aushagerung hat den Sinn von Abwehung und Bodenverarmung durch den Wind. Man kann es auch so sagen: Die Luft zerstrt, was die Luft geschaffen hat. Wie soll man das verstehen? Das Verstehen ist leider auch in diesem Fall leichter, als das Bessermachen. Ich beginne da doch alles menschliche Wissen zunchst von je mit einer Beschreibung anfing auch hier mit einer Schilderung des Vorganges. Die Erde hat viele offene Flchen, wenngleich die meisten erst dem Menschen ihr Dasein verdanken. Die natrlichen sind Ursteppen (das Wort fiel schon) und waren wenigstens seit sehr langer Zeit kein Wald mehr. Niemals ist vielleicht zuviel behauptet, aber manche Steppen haben sich seit Erdzeitaltern nicht gendert. Die vom Menschen herrhrende Steppe ist aber eigentlich alles bebaute Land, das nach einiger Zeit sie mag krzer oder lnger dauern sich zuletzt unweigerlich bisher in eine Kultursteppe verwandelte. Aber die Ursteppe und die Kultursteppe sind fr immer in einem unterschieden, in der Wirkung, welche die bewegte Luft, der Wind, auf sie ausbt. Die Ursteppe wird durch ihn wenig oder gar nicht verndert. Sie bleibt, was sie ist, d. h. ein jungfrulicher, nmlich ein natrlicher Boden. Die Kultursteppe hat jedoch im Wind ihren rgsten Feind, der sie stndig bedroht. Denn sie entbehrt die widerstandsfhige, aus Wurzeln, ausdauernden Grsern u. . fest zusammengesponnene, schtzende Pflanzendecke, die sie ein fr allemal vor der Abwehung bewahrt. Die hat die Ursteppe und sie behlt sie, auch unter den extremsten Verhltnissen. Selbst die nordische Tundra entbehrt sie nicht. Dort sind es Moose und Flechtenpolster, deren Wachstum niemals abreit. In dem einzigen, monatelangen Sommertag unter der Mitternachtssonne, der auf der nrdlichen Halbkugel in der ersten Julihlfte seinen Hhepunkt erreicht, wiegen sich http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 113

dazwischen oft halbmetergroe Sgrser. Fingertief liegt im hohen Norden unter der humussammelnden Moos- und Flechtenzone das ewige Bodeneis. Aber in den flachen Niederungen, wo es Eisfuchsbaue und verlassene Zeltpltze wandernder Samojeden gibt, sprieen schne, grne Rasenflchen auf. Dort bildet sich jene dunkle Erde, die man Laydy nennt und die von flieenden Schlammbndern gedngt wird (so wie auf Island). Darber schttet sich ein unbegreiflich bunter, unbegreiflich ppiger Blumenflor: Alpenmohn (Papaver), Grasnelken (Armeria), Rittersporne (Delphinium), Kreuzkruter (Senecio), Vergimeinnicht (Myosotis) und manche andere. Nie schlft der Wind. Nie kommen die Luftstrmungen zur Ruhe. Aber niemals zerreit die scheinbar so wenig stabile, so ungesicherte Pflanzendecke. Elastisch ineinander verflochten, behtet sie sich und den unwirtlichen, arktischen Grund, den sie deckt. So bleiben auch die Prriebden in den mittleren USA, soweit sie noch nicht dem Weizenbau anheimfielen, durch eine tiefwurzelnde Grasvegetation vor der Aushagerung bewahrt. Nie bilden sich auf ihnen Lcher, Risse und die sog. gullies, mit denen die verderbliche Wanderung der Bden beginnt. In spteren Kapiteln wird ber all das noch ausfhrlich zu reden sein. Durch die systematische Gegenberstellung vieler Angaben aus den verschiedensten Breitengraden hat man sich bereits ein ziemlich genaues Bild davon gemacht, wie es sich dort, wo man ihn in Ruhe lt, mit dem sog. Kohlensuresed verhlt. Da ein guter Humus pro Hektar durchschnittlich 5000-8000 kg (d. s. 3000-5000 cbm) Kohlensure an die Luft abgibt, so mte er in etwa 30-50 cm Hhe auf einem Hektar ruhig und unbewegt ber dem Grund stehen bleiben. Eine Wiese, ein Weideland, Getreide- und Kartoffelfelder und der Groteil der Gemsebeete wrden also teils ganz, teils wenigstens zur Hlfte von ihm umsplt werden. Dieser Idealfall tritt jedoch leider niemals ein. Denn es ist der Wind, der eine so leichte Materie unaufhrlich bewegt und durcheinander weht. Sehr dichte und sehr geschlossene Prriebestnde und die bermannshohen Grasfluren der sdamerikanischen Pampas halten mglicherweise einen Teil dieses Kohlensurestromes fest. In Europa aber erfreut man sich nirgends so verschwenderischer ppigkeit. Auch unsere Wiese ist schon lngst keine Urwiese mehr. Auch sie hat den Reichtum einer natrlichen Formation schon seit Jahrhunderten eingebt. Sogar wenn man sie mit jeder Bodenbearbeitung verschont, unterliegt sie durch den Wind einer immerwhrenden Kohlensureverdung, die einer direkten Wachstumsschdigung gleichzusetzen ist. Das leise Auf- und Absteigen der Luftgase zwischen Boden und Blatt erfolgt daher in einem Ausma, das viel geringer ist, als es eigentlich sein mte. Dennoch trgt die Aushagerung, die unserer Landwirtschaft als so ausgesprochener Feind gegenbersteht, auch wieder ihrerseits zur Humusbildung bei, wenn man nmlich die Erde als Ganzes nimmt. Freilich plndert sie die Lnder da aus, aber doch nur, um sie dort zu bereichern. Bei 114 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

jahrtausendelang fortgesetzter, niemals unterbrochener Aushagerung bilden sich zuerst Halbwsten und zuletzt Wsten. Die Geologie nimmt an, da der Lberflu Chinas gar nicht aus China, sondern aus der Wste Gobi stammt, die durch die Abwehung zu einer nackten, pflanzenlosen Einde wurde. Sie wre also eines der groartigsten Beispiele der Unfruchtbarmachung durch Wind. Und darum besteht auch eine entfernte Mglichkeit, da sie, wenn sich die Windrichtung eines Tages durch irgendwelche bergeordnete Zusammenhnge ndern sollte, sich auch wieder begrnen knnte. Denn auch die Erdoberflche unterliegt dem gewaltigen Kreislauf, der keine Zeit und keinerlei Menschenrechte und Menscheninteressen anerkennt, sondern nach tellurischen Gesetzen Jahrtausende lange Wandlungen einleitet und unbekmmert durchfhrt. Von der Fachgeographie werden solche Probleme bis jetzt leider viel zu wenig beachtet. Sie stellt die hartnckig festgehaltenen und starrsinnig bewehten Zugstraen kaum je in Rechnung, wenn sie von der lokalen Durchprgung eines Gebietes spricht. Darum beschftigte sie sich bisher auch niemals mit der Frage, warum die Bewaldung von Ebenen sich viel weniger leicht auch dort erhlt, wo der Mensch keine Schuld an ihrer Ausmerzung trgt. Da dagegen in allen Landstrichen die Gebirge unter natrlichen Umstnden mit Wldern bedeckt sind. Sie bilden in Wahrheit, besonders unter den gemigten bis subtropischen Breitengraden, die eigentlichen Waldinseln. Denn an ihnen strandet fast berall die Aushagerung. Sie berschttet von den verschiedensten, jeweils lokal bedingten Windrichtungen aus die Bergflanken mit abgewehten Erdspuren und dem allerfeinsten Staub, den sie stndig von der obersten Oberflche wegtrgt. Diese ununterbrochene Anreicherung mit anorganischen und organischen Luftsinkstoffen begnstigt die Begrnung steiler Bergwnde in einem viel hheren Grad, als man allgemein fr mglich hlt. Und wenn auch nur die Widerstandsfhigsten unter den Lebewesen Fu fassen knnen, so gelangen sie eben auf diese Weise doch in eigentlich extrem unzugngliche Lebensrume und hemmen die gerade dort sonst schrankenlose Erosion. Dazu gibt es ein Gegenstck, das freilich auch nicht als solches bekannt ist, weil man es in botanischen Fachwerken aufsuchen mu. Unter den Ethesien des quators, der glckseligen Zone ewiger Windstille, erfolgt so gut wie keine Abwehung. Zwar ist die Wassererosion sowohl im afrikanischen Kongo, wie im brasilianischen Amazonasurwald eine sehr bedeutende, die Lufterosion dagegen sehr schwach. Praktisch entsteht unter vom Menschen unberhrten Verhltnissen kein Landverlust durch sie. Es gibt einzig infolge der Temperaturspanne als Ausgleich zwischen Tag und Nacht vertikale Strichwinde. Diese unendlich leisen Zephyre wehen nur lokal und verfolgen meist die Richtung der durch den Urwald ziehenden groen Wasseradern. Sie sind es, die den Samen und Sporenstaub all der http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 115 PDF-Ausgabe 62010

zahllosen berpflanzen abholen und wiederum auf ste, Zweige und Bltter tragen. In Anpassung daran sind diese pflanzlichen Fruchtformen so unendlich leicht und staubfein, da sie praktisch fast gewichtslos scheinen. Eine Reihe ist mit ganz raffinierten Flugapparaten ausgestattet, die aber alle nur auf eine schwache Luftbewegung berechnet sind. Orchideenstaub denn es ist wirklich nur ein Staub hat an Zartheit nicht seinesgleichen. Er enthlt denn auch einen so winzigen und lebensunfhigen Keimling, da dieser der ihn ernhrenden Symbiose mit mikroskopischen Pilzen bedarf, um berhaupt nur die ersten Zellteilungen beginnen zu knnen. Alle diese Epiphyten verdanken also nicht nur ihr eigenes Dasein den Niederwinden des Urwaldes, sondern diese schaffen ihnen auch die brige Lebensmglichkeit. Sie alle sind hervorragend geschickte Sammler von Lufthumus, von dem sie fast ausschlielich existieren. Auch er ist von auerordentlich feiner Struktur, und auch ihn nimmt der vertikale Wind mit auf Stmme und in Baumkronen. Es ist selbstverstndlich, da er berall, in Nischenfarnen, unter Orchideenbndeln, zwischen Lianen und unter den buntscheckigen Schmarotzergewchsen auf den Rinden, ganz ebenso die Kohlensureproduktion betreibt, wie unten im Boden. So da in einem Urwald der gesamte Kohlensuresee nicht nur erhalten bleibt, sondern auch zu einer sonst nirgends erreichten Hhe ansteigt. Die vollkommene Windstille in einem tropischen Urwald, welche die Luft in einen feuchtheien, dampfenden Brodem verwandelt, ist fr die meisten Gewchse geradezu zur Lebensbedingung geworden. Alles ist darauf eingerichtet, da sich nichts um sie bewegt. Die ber- und durcheinander wuchernden Gespinste der vielfltigen Lianen, der Baumfarne, der noch immer nicht alle bekannten berpflanzen, der Bromeliaceen, Orchideen, Passifloren und Araceen muten ihrem Wirtsbaum ein derartiges Gewicht zu, da er es nur bei vlliger Luftruhe schleppen kann. Wenn ein solcher Urwaldriese dann einmal strzt, so erkennt man mit Staunen erst die ungeheure Last, die er viele Jahre durch bewltigte. Zentnerschwere Netze von Rankenwerk und Farnbndeln reit er mit zu Boden, ein unkenntliches Wirrsal von ineinander verknueltem Grn, von Frchten und Blten, die alle auf oder in der dnnen Rinde des Stammes oder der Zweige Wurzel geschlagen haben. Was tief unten im Schatten wchst, ist womglich noch empfindlicher gegen den leisesten Luftzug. Anthurien, Caladien, Begonien, Araceen und viele andere besitzen weichgewebte Samtbltter von ansehnlicher Flche und fast ohne Randversteifung. Sie zerreien sofort, sobald auch nur ein mittelstarker Wind sie trifft. Selbst die an sich krftigen und zhen Ranken der Vanille sterben ab, wenn sie unter Wind geraten, er sei kalt oder warm, feucht oder trocken. Die Vanillegrten auf Tahiti und im tropischen Sdamerika mssen darum mit besonderer Sorgfalt angelegt werden. Allerdings beteiligen sich, wie vorhin schon erwhnt, alle diese Epiphyten ihrerseits wieder in sehr erheblichem Mae an der Freimachung von Kohlen116 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

sure. Der Proze fngt hier mit der Zersetzung dicker Polster parasitischer Flechten und Moose an, die, wie es scheint, durch die Keimlinge von greren berpflanzen stark beschleunigt wird. Alle diese Smlinge sind wahrscheinlich von der ersten Stunde an Humusverzehrer oder existieren nur durch Pilzsymbiosen, die ihrerseits ebenso wieder auf den Humus angewiesen sind. Der Humusschatz, den Nischenfarne, Asplenien und Platycerien unter ihren kapsel- und topfartig zusammengebogenen Grundblttern bergen, beluft sich oft auf mehrere Kilogramm einer geradezu idealen Erde. Kein Wunder also, da der tropische Ur- und Regenwald der einzige Ort der Welt ist, wo sich die Kohlensure nicht nur aus dem Boden, sondern aus vielen Etagen stammaufwrts bis zur Laubkrone bildet. Diese Durchgasung der Urwaldluft macht zwar dem Menschen einen Marsch durch diese grnen Hllen keineswegs zum Vergngen, schafft aber den Pflanzen ein wahres irdisches Paradies. Man nimmt infolgedessen auch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit an, da die ungewhnliche Hhe der Tropenbume (ganz gleich, welcher Gattung sie angehren) mit diesem verschwenderischen, den ganzen Luftraum erfllenden Kohlensureberflu irgendwie zusammenhngt. Anderseits ist es natrlich auch die wohlttige Windstille, die sie zu keiner Verteidigung gegen Angriffe von Strmen durch alle mglichen Versteifungen und Verfestigungen zwingt. An der Kohlensureproduktion im Urwald beteiligen sich brigens als wichtige Teilnehmer auch Mikroben. Unter den unzhligen, in z. T. unvorstellbaren Mengen vorhandenen Kleinwesen finden sich selbstverstndlich auch jene Bakterien, die auf der ganzen Welt durch ihre Kohlensureabscheidung einen besonderen Ruf erlangt haben. So atmet das Bakterium Clostridium gelatinosum in 24 Stunden pro 1 Milligramm 480, das Bakterium Hartlebi 600, der Azotobacter chroococcum sogar 1270 Teile Kohlensure aus. Diese durchschnittliche Zahl wird unter tropischen Urwaldverhltnissen noch dadurch gesteigert, da ebenso unwahrscheinliche Mengen dieser Kleinwesen dort leben knnen. Nach alledem kann man sich auch ohne groe Fantasie vorstellen, was aus der Kohlensureproduktion wird, wenn solche Urwlder auf die brutalste Weise pltzlich kahlgeschlagen oder niedergebrannt werden. Diese Katastrophe denn es ist wirklich eine Katastrophe zieht die schwerstwiegenden und einschneidendsten Vernderungen nach sich. Ein Verderbnis des Bodens entsteht, das von da an nicht mehr aufzuhalten ist. Ich selber habe auf Neukaledonien solche sinnlos verwstete Grnde gesehen. 70 Jahre vorher wuchsen auf ihnen noch prachtvolle, tropische Urwlder mit 80 m hohen Kaurifichten, riesigen Banyans, herrlichen Palmen. Nun aber zogen sich die Hgel hinter der Stadt Nourni'a als ein graubrauner, von der Hitze versengter trockener Teppich kurzer, stacheliger Grser empor, aus welchem keine Blume, kein Busch mehr sprote. Der schnell zerfallende Boden zeigte alle Zeichen beginnender Erosion. Wohl entstand nach jeder Regenzeit ein wenig feuchter Humus, aber er vermochte sich nicht zu halten. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 117 PDF-Ausgabe 62010

Jedes reichere Pflanzenleben war wie ausgelscht. Wir untersuchten die Bodenkleinwelt. Sie war artenarm und geradezu erbrmlich. Und die Ursache? Man hatte Prospektored auf der Suche nach Gold und anderen Erzen erlaubt, mit Dynamit den ganzen Urwald abzusprengen. Seither gab es weder Bume noch Quellen mehr. Auch im gemigten Klima bedeutet jeder Kahlschlag, vom Standpunkt der unentbehrlichen Kohlensureanreicherung aus bewertet, praktisch die Umwandlung eines humusgebrenden fruchtbaren Bodens in eine humusvernichtende Kultursteppe. Denn nicht nur der Wasserkreislauf, sondern vor allem die Kohlensureabgabe, die ein Laubwald leistet, ist durch nichts zu ersetzen. Der Gasausgleich von unten nach oben wird radikal gestrt. Dadurch allein schon hrt jede natrliche Humusneubildung auf. Und dann geht unweigerlich das ist immer die nchstfolgende Stufe durch die Aushagerung nicht nur die oberste Bodenkrume, sondern auch die gleichmige Chlorophyllversorgung verloren. Die Pflanzen werden im allgemeinen magerer, sie wachsen blattrmer heran, sie sind schwchlicher und anflliger. Schlielich endet die Kultursteppe in einem der berchtigten degradierten Bden, welches Wort man ebenso gut mit unfruchtbar und nicht mehr wachstumsfhig bersetzen kann. Diese letzte Entwicklung zum Schlechten kann nur dann hintangehalten werden, wenn man vom ersten Augenblick an das Richtige und wirklich alles tut, um doch bis zu einem gewissen Grad die harmonischen Verhltnisse des Bodens zu erhalten. Man kann es, denn auch die Natur besiedelt oft sehr schlechte, durchaus minderwertige Bden in Sibirien, Nordruland und Nordamerika mit einer Art von Buschwldern, die dann von sich aus langsam das Land verbessern, weil sie ja doch unter allen Umstnden etwas Humus und etwas Kohlensure erzeugen. Vielleicht ist diese Tatsache nicht genug bekannt. Wir stecken noch immer viel zu tief in den Vorstellungen einer rein mechanistischen, nmlich rein chemischen Bodenwirtschaft. Wir denken viel zu wenig daran, die Erdgeschichte als Beispiel fr Humusbildung oder Humuszerstrung zu werten. Wir sind gegenwrtig zu tiefst in jenem tragikomischen Miverstndnis befangen, da wir uns einbilden, unseren unentbehrlichen Kulturgewchsen das Leben durch unsere Klugheit und unser Besserwissen zu erleichtern, whrend wir es ihnen in Wirklichkeit bis zur Unertrglichkeit erschweren. Denn wir miachten absichtlich und unabsichtlich die natrlichen Vorbedingungen der Humusneubildung und denken in den wenigsten Fllen daran, wie sehr sie auch von einem ganz bestimmten Zustand der Atmosphre abhngig ist. Ganz besonders drckt sich die disharmonische Unausgeglichenheit gegenwrtig in der Beschaffenheit der Luft ber groen Stdten aus. Die ist so stark mit Abbauprodukten aller Art angereichert, da ihre Einatmung dem Menschen ganz gewi nicht bekmmlich ist. In den landwirtschaftlichen Gebieten wre eine Zunahme der notwendigen Gase zugunsten der sie verar118 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

beitenden Pflanzen mehr als wnschenswert. ber den Ansiedelungen der Menschen hufen sie sich indes bis zur Krankmachung. Man wird, wenn einmal ein Weltstaatenbund besteht und die Prinzipien unserer Wirtschaft sich nicht bis dahin von Grund auf gendert haben, wirklich Maregeln treffen mssen, um eine richtigere und zweckmigere Verteilung der Atmosphre je nach ihrer Eignung herbeizufhren. Vorlufig bedeuten jene Schlechtluftinseln ber Industriezentren und Weltstdten eine Art therischer Leichenfelder, die das organische Leben in hohem Grad gefhrden. Beladen mit einem molekularen Trmmerwerk unvollkommen verbrannter Stoffe ist diese oft mehrmals ein- und wieder ausgeatmete Luft zumeist bedenklich sauerstoffarm. Sie kommt gar nicht so selten an jene von Vulkanen heran, die eine Menge gefhrlicher Abgase aushauchen. Nun wrde ganz bestimmt niemand den Aufenthalt in einem Krater als einen Luftkurort bezeichnen. Aber die Mehrzahl der Kulturmenschen sehnt sich danach, in Weltstdten zu wohnen und zu leben. Und Tausende von den Fortschritten der Technik begeisterter junger Ingenieure trumen von nichts anderem, als ihr Dasein in Rauch, Qualm und die ungesunde Luft von groen Fabriken zu verlegen. Sehr hufig handelt es sich bei dieser modernen Luftverseuchung keineswegs nur allein um die Kohlensure und die mit ihr verwandten Gase. Man mte sich ebenso um die Zusammenklumpung des Luftstickstoffes kmmern, denn auch er bedeutet nicht nur eine Durchbrechung der natrlichen Ordnung, sondern auch eine grobe Schdigung aller drei Lebensreiche. Und Hauptsache! die gesamte Humusbildung und damit die gesamte Fruchtbarkeit ist von der richtigen, d. h. der optimalen Verteilung des Luftstickstoffes bedingt. Von je galt er als eines der schwierigst zu durchschauenden irdischen Probleme. Seine zyklischen Kreislufe schwingen unaufhrlich von festen Krpern und Flssigkeiten zu Gasen hinber und wieder zurck. Man nimmt an, da er in der Erdatmosphre etwa bis zu 9-10 km hoch reicht, whrend der viel leichtere Wasserstoff mindestens um 1 km hher steigt. Seit 1772 wei man etwas von seinem Vorhandensein, aber da er in unserer Atemluft 19 Volumprozent ausmacht, das hat man erst wesentlich spter erfahren. Er ist Jaul und geht ungern Verbindungen ein. Seine einmal geschlossenen Verbindungen tun das aber viel leichter, als er selber, und dann wird er einfach mitgerissen. Es widerspricht aber seiner ursprnglichen Natur, und insofern ist er das exakte Gegenteil von Wasserstoff und Sauerstoff. Wenn man sich dieser an sich ja allgemein bekannten Tatsachen erinnert, dann begreift man erst die Rolle, welche der Humus bei der Stickstoffbildung und der Stickstoff bei der Humusbildung gegenseitig spielen. Um den trgen Stickstoff wiederum in das Leben zurckzubefrdern, bedarf es eines Heeres von ausgezeichnet geschulten Bodenorganismen. Von allein tut er nmlich berhaupt nichts. Er liegt in den verfaulenden Proteinen, denn das ist die http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 119 PDF-Ausgabe 62010

Form, in welcher man ihn mit Leichen, Krperschlacken, Exkrementen u. dgl. in den Boden bringt. Sozusagen wartet er darauf, da der bewegliche und verbindungslsterne Sauerstoff ihn aus ihnen befreit. Geschhe jedoch nur das, so htte das zur Folge, da er mit ihm restlos in die Atmosphre entwiche. Es entstnde also zwangslufig ein Loch im Stickstoffkreislauf, das immer grer wrde. Entsprechend seiner Erweiterung mte die Lebewelt immer mehr verarmen. Eine Umwandlung zur direkten und unheilbaren Vergasung der Erdoberflche mte notgedrungen eintreten, die man auf gar keine Weise hintanhalten knnte. Ihr logisch vorauszusehendes Ende wre der vollstndig in den schwebenden Gasring der Atmosphre zurckgeflohene Stickstoff und eine absolut lebensleer gewordene Erde. Denn man braucht nur anstatt des Wortes Stickstoff das seines festen Aggregatzustandes Eiwei zu setzen, anstatt Eiwei nur Blut Blatt grn Fleisch Lebensstoff also Mensch, Tier und Pflanze. Dann ist sich doch sicher auch der Naturunkundigste nicht mehr im Zweifel darber, da es um Leben und zwar um alle Formen des Lebens geht. Die Wichtigkeit dieses Prozesses zwingt mich zur nochmaligen Wiederholung des eben Gesagten: Von sich aus wrde der Stickstoff, aus welchem die Lebewelt einen bemerkenswert wichtigen Teil ihrer Krper bestreitet, angesichts seiner Abneigung, sich mit anderen Stoffen zu verbinden, es glatt verweigern, von einem Leib in den anderen, vom Tod ins Leben hinberzugehen. Nur die Mikrobenwelt, die im Humus lebt, stellt sich als verbindende Brcke dazwischen. Sie bringt es fertig, den Stickstoff, der sich bereits aus Kadavern und Exkrementen wieder in seine Gasform rckverwandelt hat, festzuhalten und neu zu binden. Sie selbst tut das nur einzig darum, weil eben ihre eigene Existenz und ihre eigene Vermehrung ausschlielich an Eiwei, nmlich Stickstoff geknpft ist. Das groe Wunder des Seins besteht ja berhaupt fast immer darin, da jeder die Dinge tut, die zu seinem Wohlergehen ntig sind und da daraus, wenn sie nur richtig getan werden, der alles umfassende und dauernde Ausgleich entsteht, zu welchem der Tod ebensoviel beitrgt, wie das Leben, die Zersetzung ebensoviel, wie der Aufbau. Doch dies nur nebenbei. Die Mikroorganismen, sowohl jene des Humus, als jene des ihn vorbereitenden Zerfalls, bemchtigen sich ausnahmslos des trgen Stickstoffes und gliedern ihn wiederum in den Ring des Plasmas ein. Darum ist die Stickstoffanreicherung des Bodens (und aller Bden der Welt) um so grer, je mehr Organismen in ihm vorhanden sind. Das kann man auch mit anderen Worten sagen: Je mehr Humus, um so mehr Stickstoffbindung. Damit ist aber die Kette noch nicht geschlossen. Denn die Gropflanze vermag den ihr unentbehrlichen Stickstoff berhaupt nur als Salpetersure 120 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

aufzunehmen. Es gibt zwar viele Stufen der Stickstoffbindungen, aber fr ein Gewchs kommt eben nur diese eine in Betracht. Und diese einzige Stufe wird nur von der Bodenlebewelt hergestellt. Alle frheren Zustnde des Stickstoffes und der Salpeter ist nur die letzte in der groen Umwandlung knnen von den mit Chlorophyll arbeitenden Pflanzen nicht aufgenommen werden. Die wenigen Ausnahmen, die es dabei gibt, kommen fr die gesamte Flora gar nicht in Frage. Die Zersetzungsstadien fallen in der Hauptsache nur den Pilzen der Ruderalflora und den Schmarotzern zu. Damit man sich einen Begriff von den tatschlichen Leistungen der Bodenorganismen machen kann, setze ich hier wiederum eine Zahl her: Der schon genannte Azotobacter chroococcum verzehrt in 20 Tagen 125 Milligramm Luftstickstoff. Dagegen mu man eine andere Angabe halten, da 1 ha Boden in einem Jahr berhaupt nur 4-8 kg Luftstickstoff aufzunehmen imstande ist. Man begreift also ohne weiteren Kommentar, da besagter Azotobacter als der intensivste Luftstickstoffsammler geschtzt wird. Bis auf weiteres zhlt man ihn zu den allerwichtigsten Bodenbakterien, und wenn man einen grundlegenden Fehler begeht, so liegt dieser nicht daran, da man ihn fr unentbehrlicher als die anderen hlt, sondern da man glaubt, man knne ihn beliebig auch auerhalb seiner natrlichen Lebensgemeinschaft und Lebensgesetze verwenden. Aber alle natrlichen und knstlichen Gasanreicherungen des Bodens sind leider den Bewegungen der Auenluft unterworfen. Sie knnen sich immer nur bedingt auswirken, und eine der Hauptbedingungen wre eigentlich, da man sie so wenig wie mglich strt. Sie geraten sehr leicht auer allem Gleichgewicht, und ein solches gestrtes Gleichgewicht wieder herzustellen, ist dann meist sehr schwierig. Der Mensch ist zwar zumeist der Ansicht, da die Fallwinde, die sich von Bergflanken herabstrzen, auf dem Festland eigentlich die schlimmsten und schdlichsten seien. Und es ist ja wahr, da die Bora im Sdosten, der Mistral im Sdwesten stark genug sind, um das aus Schutt und Verwitterungsbrocken zusammengetragene Erosionsgut immer weiter nachbrechen zu lassen. Die Nacktheit der Berge, die dort unten im Eilzugstempo verwittern, ist zu einem sehr hohen Prozentsatz der stndigen Abblasung zuzuschreiben. An offenen Hngen kann infolgedessen von einer gleichmigen Humusneubildung keine Rede sein. Jede geordnete Wasserfhrung versagt vollstndig. Nur fr einige Herbst- und Frhlingswochen rauscht es von wild brausenden Torrenten, die aber auch nicht ein Gramm Erde mehr briglassen und selbst den nackten Fels unterwaschen. Und dennoch gibt es auch dort eine Humusbildung und zwar eine solche, auf welche die Luft beinahe keinen Einflu mehr hat. Das klingt recht unglaubhaft, entspricht aber trotzdem den Tatsachen. Diese Humusbildung vollzieht sich jenseits der Grenze, die dem menschlichen Auge gezogen ist. Lange wute man nichts von ihr. Man sah http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 121 PDF-Ausgabe 62010

nur die Lieblichkeit der Bergblumen, aber man ahnte nicht einmal, wieviel das Leben der Unsichtbaren bereits vorgearbeitet haben mu, bis auch nur ein Edelwei, eine Alpenrose keimen kann. Schon seit dem vorigen Jahrhundert hat man sich davon berzeugt, da unter der Formation der Moose und niederen Kruter noch die der Steinflechten siedelt, welche die eigentlichen, von keiner Unbill abzuschreckenden Pioniere sind. Einige von ihnen sind brigens nur dem geschulten Blick von ihrer Kalk- und Granitunterlage unterscheidbar. Was sieht man von ihnen? Nichts anderes, als die steinfarbenen, grauen, weilichen oder rtlichen Krusten von Verrucaria-, Rhizocarpon- und Lecidea-Arten, die so innig mit dem Felsen verschmelzen und so tief in ihn eindringen, da sie als notwendige Anpassung in ihrer Gestalt alles Pflanzenhafte verlieren. Abgesehen von der rostbraunen Farbe des Veilchensteins (Trenthepolia jolithus), fhren sie auch alle dasselbe Leben der Einsamkeit, des vlligen Angewiesenseins auf sich selbst, wie die duftende Veilchenalge, die man die lngste Zeit hindurch fr ein mineralisches Gebilde von absonderlicher Art hielt. Schon an diese dem Fels fest und unablsbar angeschmiegten einfachen Geschpfe rhrt die wild bewegte Luft nicht mehr. Sie sind durch ihren besonderen Wuchs jenseits der Zone, in welcher ein Gewchs Wind oder Strme sprt. Noch viel weniger aber haben die Unsichtbaren damit zu tun, die noch um eine Stufe tiefer auf der Lebensleiter sitzen. Sie sind hier die allerersten Vorbereiter der Humifizierung, einer Humifizierung freilich, die gar nicht oder nur sehr sprlich oder erst dann sich auswirkt, wenn der Schutt und Grus sich in einen fruchtbaren Talgrund verwandelt hat. Alle zusammen hat man sie Lithobionten (das Wort wurde bereits er whnt) genannt, die auf dem Stein Lebenden. Das tun sie buchstblich. Auf, vom und durch den Stein existieren sie. Aber bei der berall gltigen Raumnot ist auch der unwirtlichste Ort stark gefragt und von unersetzlichem Wert. Zur Brderschaft der Felseremiten kann sich berhaupt nur melden, wer ber einen dicken Schleimmantel verfgt, mit dem man sich an den Stein kleben kann, damit man gegen den Wind unempfindlich ist. Das Essen beschaffen die paar Chlorophyllkrner, die dahinter, wie hinter einer glsernen Wand, sitzen. Unsichtbar sind sie alle, diese Urpflanzen, fast ausnahmslos zur Klasse jener 24 000 Spaltalgen (Schizophyceen) zugehrig, die man zusammen als Verwitterungsflora bezeichnet. Zumeist nur einfache oder zusammengesetzte Kugeln oder Fadenbndel, von dem reinen, ungebrochenen Grn des Smaragds, das an schnen Tagen ein berma von Sonnenlicht empfngt. Wahrscheinlich sind sie nicht nur wind- und temperaturfest (denn es wurde bereits gesagt, da sie unbeschadet eine Durchhitzung bis auf plus 60 Grad C und eine Durchfrierung auf kaum weniger Klte ertragen), sondern auch strahlenfest. Praktisch gibt es fr sie keine Hhengrenze. So, wie sie den Montblanc erklimmen, so sind sie auch die Erstbesteiger anderer 122 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Hochgipfel. Auch der Hochgebirgswinter strt sie nicht, denn auf eine unbegreifliche Weise vermgen sie selbst im Eissturm Wasser in ihren Gallertmnteln so zu speichern, da es nicht gefriert und dadurch nicht die Zellwnde zerreit. Damit unterscheiden sie sich als eine Art lebendes Wunder von jeder anderen grnen Pflanze. Mit ihnen fngt das windsichere Leben auf dem Stein an. Mit ihnen beginnt auch der organische nicht der chemische Zerfall, dem der eisenharte Granit ebensowenig entgeht, wie der porse Kalk. Das Kleinste besiegt das Grte. Nicht Dauer nmlich Dauer einer der unvollkommenen irdischen Formen sondern Wandlung ist auch hier alles. Wandlung, welche die unbesiedelbaren Gebirge schlielich doch zu den Mttern des Seins fhrt, die unaufhrlich fruchtbar sind. Denn Humus ist doch nur ein Konzentrat der Fruchtbarkeit, die aus Fruchtbarem entstand und wieder zu Fruchtbarem wird ... Und schlielich bettigt sich die tausendfltig zersprengte und angetzte Felswand zuletzt selber als Humussammler. Sie speichert Spaltenhumus. Tatschlich gibt es nicht den dnnsten Ri und nicht die haarfeinste Runse, in welchen sich nicht im Lauf der Jahrzehnte Humus ansammelt. Zusammen mit meinem Mann haben wir beide solchen Spaltenhumus aus Dalmatien, Griechenland und Albanien untersucht. Er entspricht dort an auerordentlichem Lebensreichtum etwa dem Speicherhumus unter tropischen Epiphyten, ist ihm in seiner Zusammensetzung sehr hnlich und entsteht so wie dieser bei vlliger Ausschaltung von Winderosion und atmosphrischer Austrocknung. In ihn versenken alle die merkwrdigen Gewchse der Macchia ihre Wurzeln und von ihm bestreiten sie ihr ganzes Dasein, vor allem die unbegreifliche und zauberhafte Pracht ihrer Frhlingsbltenflle. Seine Kohlensure- und Luftstickstoffproduktion ist freilich mehr als gering. Sie wird auerdem stndig weggeweht. Jeder Jochwind trgt sie mit davon. Mglicherweise ist das so beraus karge Wachstum aller Macchiabume die Folge davon, da sie kaum nennenswert mit Kohlensure versorgt werden und darum auch nur verhltnismig wenig Zucker und Strke herstellen knnen. Man hat den mangelhaften Wuchs bisher auf die Wasserarmut geschoben und sich vorgestellt, da der unablssige Durst alle diese Cypressen, Steineichen und wilden lbume zu so beraus mageren Jahresringen zwingt. Da aber der Spaltenhumus, dem die Wurzeln eifrig nachkriechen, oft bis tief hinein in die Felsen reicht, und da er stets eine berwiegend tonige Beschaffenheit hat, so erhlt er sich auch bei monatelanger Drre immer feucht. Der starke Tau des Morgens gibt allen diesen Pistazien-, Steinlinden- und Granatapfelbschen zudem einen sehr wertvollen Zusatz. Aber alle hungern sie nach Kohlensure und Luftstickstoff. Sein steter Mangel mindert alles, was zur ppigkeit des Wuchses fhren knnte. Sie leben eigentlich ein sehr extremes Leben von groer Unausgeglichenheit, und die ganze unermeliche Anpassungsfhigkeit und Geduld einer Pflanze ist notwendig, auch dies zu http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 123 PDF-Ausgabe 62010

bewltigen und sich darauf einzurichten. Fassen wir all dieses Widersprechende zusammen, so ist auch die Luft einer der gewaltigen humusschaffenden Demiurgen. Sie ist es auf dieselbe sich geheimnisvoll entgegenwirkende Weise, wie es alle die groen Kreislufe sind. Es gehrt offenbar zu deren Erhaltung, da sie zugleich aufbauend und zerstrend sich auswirken, nach dem uns allen so wohlbekannten Ormuzd-Ahriman-Prinzip. Dahinter steckt wohl die Notwendigkeit des kosmischen Ausgleichsgesetzes, dem die Erde als ein Stck Universum sich nicht entziehen kann. Das Licht Jahrtausendelang hat einer dem anderen gedankenlos das Wort nachgesagt: Alles ist Staub und mu wieder zu Staub werden! Das rhrte daher, da man als Mensch hinter dem Staub keine nchste Phase der Materie mehr erkennen kann. Man mute erst mit allen nur denkbaren optischen Instrumenten, die mit dem Elektronenmikroskop ganz sicher auch noch nicht den letzten Abschlu gefunden haben, den Weg des Irdischen fortsetzen. Auch ihn sind wir noch nicht zu Ende gegangen. Ein ganzer Himmel von neuen Zustnden hat sich aufgetan, in denen zuletzt die festen Bestandteile der Erde verschwinden. Wenn aber die Welt nicht aus Staub entsteht und sich wieder zu Staub zerlst woraus entsteht und wohin verflchtigt sie sich dann? Der Prospekt, den die Erkenntnis der letzten physikalischen Ergebnisse vor uns aufrollt, ist weit schner, trstlicher und dauerhafter, als der des Staubes, der im Geheimen so lange die Menschen erschreckte. Feste Materie ist von der Wissenschaft von heute nur als eine Form erkannt worden, die nicht bleibt und wohl auch nicht bleiben kann. Sie ist eine der zyklischen Ballungen in einem Kreislauf der Energien, von Kraftfeldern, die sich gegenseitig ausgleichen. Gestaute Wellen tun sich zu Krpern zusammen, freie Wellen wandern unbehindert durch den Weltenraum. Alle strahlen sie, und ein Ausschnitt aus diesem Strahlennetz wird uns sichtbar als Licht. Dieser gesetzmigen Ordnung unterliegt alles Irdische, also auch der Humus. Er, das Erdhafteste alles Erdhaften, ist erst recht nicht davon ausgeschlossen. Auf einem Gestirn, dessen Elemente sich ununterbrochen in einem Wandeltanz um ihre eigene Wesenheit befinden, mu Licht also notgedrungen einer der groen Initiatoren des Lebens sein. Fertiger Humus ist ein bereits vollzogener Ausgleich, freilich so wenig dauerhaft, wie alle die uns umgebenden Ausgleiche es sind. Allein auch er unterliegt dem Licht, vor allem den ultravioletten Strahlen, die ja bekanntlich eine viel hhere Durchschlagskraft als das sichtbare Licht besitzen. Aber auch dieses wirkt unzweifelhaft auf ihn, d. h., er reagiert auf eine Bandbreite von 400-800 Billionen Schwingungen in der Sekunde. Vom purpurnen Augenfleck der kleinen Geiler in einem Tropfen bis zu 124 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

dem ziemlich bereinstimmend gebauten Wirbeltier-, dem viel besseren Vogel- und dem wahrscheinlich noch vollkommeneren Insektenauge besitzen Mensch und Tier nur verhltnismig kleine Organe, die zum Sehen, d. h. zum Aufnehmen des Lichtes bestimmt sind. Ganz anders ist es mit der Pflanze. Sie sieht mit ihrer gesamten Blattoberflche, was man durch Experimente oft genug ausprobiert hat. Man braucht bekanntlich nur die oberste Blatthaut einer Tradescantia, jener allgemein beliebten Ampelpflanze, vorsichtig abzuziehen und feucht ber dem Objektiv eines Mikroskops zu befestigen, so kann man durch die zahlreichen, wenn auch sehr primitiven Linsen hindurchschauen und sogar hindurchphotographieren. Auge sitzt hier neben Auge, und jede Linse ist mindestens so leistungsfhig, wie die eines Kodaks. (Lange bevor man das wute, hie dieses Gewchs brigens bereits Auge Gottes, was mir immer als ein nachdenklich stimmender Zusammenhang schien.) Es gibt sogar Gewchse, die zeitlebens in mehr oder weniger tiefer Dmmerung hausen und darum sich der Reflektoren bedienen. Einen solchen recht gut funktionierenden Lichtspiegel aufzustellen, hat nicht nur die darum vielfach untersuchte Goldalge (Chromophython Rosanoffii Woron.), sondern auch das reizende Leuchtmoos der Mittelgebirge (Schistostega osmundacea) gelernt. Aber auch bei ihnen ist die Sehleistung an das Chlorophyll geknpft, und das ist etwa so, als ob wir mit unserem Magen zugleich auch auer der Verdauung noch sehen knnten. Aber doch wieder nicht ganz so, denn das Wirbeltierauge bedarf jenes Wuchsstoffhormons Karotin, oder eigentlich eines seiner Abkmmlinge, des Karatinoids, das sich dann schlielich in das uns allen unentbehrliche AVitamin verwandelt. Nun scheinen das Karotin und seine Abzweigungen zu jenen Katalysatoren zu zhlen, deren Wirkungskreis immer weiter wird, je mehr man sich mit ihnen beschftigt. Vorderhand hat man es als den entscheidenden Sehstoff kennengelernt. Aber da es aus Krpern, und zwar aus sehr vielen Krpern und Krperschlacken immer wieder in den Humus zurckkehrt, so mten nun Forschungen klren, wie weit es dort an der Strahlenvermittlung beteiligt ist. Wenn der Fachmann von seiner phototaktischen Wirksamkeit spricht, so meint er damit, da es Licht, d. h. gewisse Lichtgruppen, absorbiert. Im Wirbeltier-, auch im menschlichen Auge, bildet das Karatinoid den wichtigsten Bestandteil des Sehpurpurs, und das verrt wieder, da man es gewissermaen als eine der vielen Eiwei-Funktionsformen betrachten darf. Sein Maximum liegt im Grnen, und mglicherweise hngt es damit zusammen, da unser Auge so ausgesprochen grnempfindlich ist. Der ganze Sehvorgang ist auch fr uns hier darum sehr interessant, weil man die Vermutung nicht los wird, da bestimmte natrliche Farbablufe an der Pflanze sich vielleicht auf eine nicht ganz unhnliche Art vollziehen. Jedenfalls scheint die Assimilation durch das Chlorophyll ein Vorgang zu sein, der bereinstimmung mit unserem Leben aufweist. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 125 PDF-Ausgabe 62010

Man hre nur! Der Sehpurpur nimmt Teile des Sonnenspektrums in sich auf. Dadurch warum, ist chemisch nicht ganz geklrt erblat er. Er macht berhaupt irgend eine Art von chemischem Verfall durch. In dessen Verlauf befreit sich aus ihm das Karatinoid, das sich seinerseits nun in ein Sehgelb (genannt Retinin) umbaut. Zugleich aber entsteht auch aus ihm jenes unentbehrliche A-Vitamin. Nichts aber ist wichtiger fr unser Sehen, als der Schlaf. Denn die Dunkelheit leitet unfehlbar jene Regeneration des Sehpurpurs ein, die fr den nchsten Tag notwendig ist. Ein Tag scheint die gesamten Sehkrfte in der Retina des Auges zu verbrauchen, in jenem noch nicht kleinfingernagelgroen Augenhintergrund, der ohne Unterla Sehbilder einfngt, die dann mit Hilfe des Sehnerven im Gehirn registriert, d. h. bewut gemacht werden. Der Humusforscher jedenfalls darf nicht vergessen, da Sehen ein Vorgang ist, der zuletzt den Humus mit einem sehr bedeutungsvollen Vitamin anreichert, das nicht nur fr unser Wachstum und fr unsere Widerstandsfhigkeit gegen Infektionen einfach unausschaltbar ist, sondern das ganz dieselben Wirkungen auch fr die Gewchse besitzt. Es macht gewissermaen fassungslos, daran zu denken, da alles Erhabene, Wunderbare, aller Zauber des Erschauens, die ungezhlten Weltbilder und die sich an sie knpfenden Erinnerungen, das Bild geliebter Menschen und geliebter Landschaften, die subtilsten seelischen Erahnungen, die aus ihnen in uns eingehen da das alles und noch unvorstellbar viel mehr auch mit im Kreislauf des plasmatischen Seins ttig ist, um das Provitamin Karotin den Pflanzen weiterzugeben! Unfalich scheint es, daran auch nur zu denken! Und doch steckt eine Wirklichkeit dahinter, die heute schon zum Teil erkannt ist, obgleich sie noch lange nicht in jenen allgemeinen Wissensschatz berging, der so off mit geduldig durchgefhrten Experimenten beginnt und der Einsicht in eine den ganzen Kosmos umfassende Weltgesetzlichkeit endet ... Es ist nicht wahrscheinlich, da die Rotpunktaugen der Rdertiere und Algenschwrmer, die Schwarzpunktaugen der Plattwrmer (Plathelminten) und Strudelwrmer (Planarien), sowie der verschiedenen Regenwrmer (Lumbriciden), die alle direkt zur Fauna des Humus gehren, auf einem hnlich komplizierten Sehvorgang beruhen. Aber trotz ihrer sehr einfachen Struktur spielen Vitamine und Wuchshormone auch dort ihre Rolle als Transformatoren einzelner Lichtgruppen des Sonnenspektrums. Der Allerweltsanreger Karotin bedient sich brigens keineswegs nur der Umwandlung in Sehgelb. Auch davon hat man bereits Beweise in der Hand. Da gibt es den lustigen, kleinen Mistpilz, den Pilobolus, einen der vielen Verzehrer vergrender Eiweie. Vor ein paar Menschenaltern feierte er in den pflanzenphysiologischen Laboratorien wahre Triumphe. Man nannte ihn den vorbildlichen Artilleristen und wurde nicht mde, die Zielsicherheit zu bewundern, mit der er seinen winzigen schwarzen Kopf 126 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

abschiet. Er selber lebt als kristallwei blitzender, kaum 1-2 cm hoher Zwerg ausschlielich auf Ropfeln, und in seinem schwarzen Kopf sitzen zahllose, ebenso schwarze Sporen, die jedoch nur im Sonnenlicht (man behauptet jetzt auch, in anderem sehr hellem Licht) keimen knnen. Seine Maximalleistung ist die fast unglaubliche Schuweite von 200 cm bei schrgem Lichteinfall von oben. Auch er arbeitet mit Karotin, das aber bei ihm in einem farblosen Lipoid (einer fetthaltigen Verbindung) gelst ist. Aber man hat festgestellt, da sein Maximum die blauvioletten Strahlen des Spektrums sind, die den erstaunlichen, kleinen Motor in Gang halten. Viele Mist und Jauche abbauende Pilze und es gibt deren unzhlige vertragen bei ihrer milchglasweien und fast elfenhaften Zartheit das langweilige Licht nur schlecht. So sind z. B. die hinflligen blassen Coprinuspilze derart empfindlich, da Rotlicht auf sie wie vllige Finsternis wirkt. Bei kurzwelliger blauer Strahlung dagegen dehnen sie sich und wachsen mit fast sichtbarer Schnelligkeit. Noch mehr! Blaulicht ist auch erforderlich, um ihre Sporenreife, z. T. sogar schon die Anlage der sporentragenden Lamellen zu ermglichen. Denn Licht ist Schicksal. Licht verhngt das Werden und Vergehen ganzer Generationenketten. Was Licht im tierischen Leben bedeutet, das begreift man erst, wenn man einmal ein groes Meerleuchten kennenlernt. Wir haben verhltnismig oft dieses Glck gehabt und waren jedesmal von neuem darber entzckt. Diese Illumination der Tiefe entbehrt indes warum, ist mir nicht bekannt fast vllig der gelben Strahlen, die sich hchstens an Korallen im Pazifik finden. Sonst berwiegt ein prachtvolles elektrisches Blau, ein ebenso prachtvolles Opal- oder Silbergrn, ein strahlendes helles Lila. Nur die Feuerwalzen (Pyrosoma) und Salpen (Thaliacea) glnzen zuweilen in einem unbeschreiblich anmutigen Scharlachschimmer. Meist ist es immer wieder Wei, Blau und Lila, was sich zur Farbenpalette der zauberhaften Feerei der tropischen Ozeane zusammenfindet. Nur der Naturunkundige glaubt indes, da Meerleuchten das einzige und einmalige Phnomen leuchtenden Lebens sei. Die wenigsten ahnen, da die Erde zu ihren Fen voll von Licht ist, da sie selbstndig sich erhellt, da Humus nicht ewige Finsternis, sondern, genau besehen, etwas wie ein ewiges Licht bedeutet solange eben auf unserem Gestirn etwas ewig ist. Zuerst beobachteten die Forscher quatorialer Lnder leuchtende Pilze. Man glaubte ihnen zuerst nicht so recht. Da wurde eine Dame mit dem Schleier (Dictyophora) beschrieben, die nur wenige Stunden der Nacht blht. Nacheinander entdeckte man sie in allen warmen Zo nen. Meist war sie silberwei, dann und wann rosenrot, in Brasilien trug der hochaufgerichtete Stiel einen orangefarbenen Kopf, aus dem ein schneefarbenes Spitzengewebe herabflo, in Australien schimmerte sie in grnlichem Schwefelgelb. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 127 PDF-Ausgabe 62010

Gleichzeitig ging ein unbeschreiblich scheulicher Aasgestank von dem ganzen geheimnisvollen Ding aus. Immer steckte sein Fu im dichtesten, feuchtesten, schwrzesten Urwaldhumus. Man stie in Indien und anderswo dann auch noch auf andere Leuchtpilze. Man untersuchte schlielich auch in der Heimat die Blau- und Rotfule modernder Holzstmpfe. Und endlich traf man wiederum auf die Lebewelt der Unsichtbaren. Der alte Christian Ehrenberg, der erste Mikrobenjger zu Anfang des 19. Jahrhunderts, schlug sich zu seiner Zeit unentwegt mit den eigensinnigen und verstndnislosen Dickkpfen seiner Epoche herum, die durchaus nicht daran glauben wollten, da der grnleuchtende Schimmer auf frischgeschlachtetem Fleisch oder toten, aber keineswegs verdorbenen Fischen nicht die angezauberte Vergiftung durch eine bse Nachbarin seien. Sondern irgendwelche, ganz harmlose Kleinwesen, die weder dem Sonntagsbraten, noch der Fischpartie zu schaden vermchten. Es gelang ihm aber niemals, seine Widersacher zu berzeugen, die mit dem fanatischen Mut der Unwissenheit, unter Anrufung aller Gtter und Teufel, gegen ihn kmpften. Zuletzt aber und das war vor beilufig einem Menschenalter gerieten die illustrierten Zeitungen diesseits und jenseits des Groen Teiches in gewaltige Aufregung, denn ein Wiener Botaniker hatte eine Bakterienlampe konstruiert, die in schnem, mildem Wei Wochen hindurch schimmerte und so hell war, da man bei ihrem Schein lesen konnte. Man vermochte sie sogar bei ihrem eigenen Licht zu fotografieren. Man fabelte bereits von den unerhrten Mglichkeiten einer Gratisbeleuchtung als Ersatz des teuren elektrischen Stromes. Es wurde aber nichts daraus. Man verga das Kaltlicht des Bakterienlmpchens, das so etwas wie eine Weltsensation zu werden versprach, und hat es meines Wissens niemals angewendet. Obwohl das schlielich genau so wenig schwierig gewesen wre, wie die industrielle Zchtung von Hefepilzen. Diese verschiedenen, zeitlich und sachlich weit auseinanderliegenden Geschehnisse kann man leicht unter einen gemeinsamen Nenner zusammenfassen. Sie mssen ein und derselben organischen Erscheinung aus der Welt der Einzeller zugeordnet werden. Zuerst sprach man von einem rtselhaften Stoff, dem man den Namen Photogen verlieh. Man wute von ihm nicht mehr, als da er unter allen Umstnden Wasser und Sauerstoff brauchte, ob, um zu leuchten oder um zu entstehen, darber war man sich in keiner Weise klar. Auch das Photogen wurde vergessen. Dagegen hat man bis heute auer dem Bacterium phosphoreum, welches als das hufigste Leuchtwesen zum berwiegenden Teil ein Humusbewohner ist, noch mindestens 30 andere Leuchtbakterien entdeckt. Einige davon gehren fast ausschlielich zum Leben des Meeres sie bewohnen z. B. Quallen und Feuerwalzen und gehen Zellengemeinschaften dort ein, die zum groen Teil noch ganz und gar unerforscht sind. Die zahlenmig weit grere Hlfte aber mu man zu den 128 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Bewohnern des Bodens, frei oder in Symbiosen, rechnen. Von ihnen wieder scheint ein Teil an der wichtigen Aufschlieung des Fallaubes beteiligt zu sein. Unter der obersten trockenen Laubschicht liegt stets eine andere, die sich aus durchfeuchteten und halbzersetzten Blttern gebildet hat. Schimmelpilze wuchern zwischen oder ber ihnen in graugrnen, fahlweigrauen oder ruschwarzen Flocken und Watten. Diese Mucorinen, die in ber einem halben Hundert Arten ber die ganze Erde sich ausbreiten und nun mit einmal in der Medizin einen Ehrenplatz bekommen, sind eigentlich Allesfresser, aber in der Weise, da sie sich je nach Geschmack auf die vielen faulenden vegetabilischen Stoffe spezialisiert haben. Es scheint, als msse man in ihnen zugleich eine Art Nhrmtter fr jene ganze Bioznose sehen, die durch und von faulenden Blttern lebt. Dazu nun gehren auch jene Leuchtbakterien, die man auf altem und schon der Zerlsung nahem Laub in Gestalt von unregelmigen, fahlen oder bleichgelblichen Flecken beobachten kann. Man mu sie wahrscheinlich fr sehr ausgedehnte Bakterienkolonien halten (keine Monokulturen, die es in der freien Natur berhaupt kaum gibt), und bei Dmmerung oder in vlliger Finsternis entsenden sie eine deutlich erkennbare schwache Helle, nicht rein wei, aber doch zart und weilich glimmernd. Am besten beschreibt man es als ein Fluoreszieren und glaubt die Meinung vertreten zu knnen, da die Lebensvorgnge in diesen Mikroben so intensiv verlaufen, da es zu einer Abspaltung von strahlender Energie kommt. Es ist auch die Vorstellung nicht von der Hand zu weisen, da sie tagsber Unmengen von ultravioletten Strahlen assimilieren, die eben wieder in dieser Form abgegeben werden. So nimmt man ja auch an, da die Larve unseres Johanniswrmchens (Lampyris noctiluca), die ein reiner Humusfresser ist und ebenfalls schwach leuchtet, mit faulenden Substanzen jene Leuchtbakterien sich einverleibt, die von da an in ihr und dem erwachsenen Kfer weiterleben. (Sie sitzen bekanntlich im Fettkrper und stehen auf rtselhaft symbiotische Weise mit dem Eigenleben des Tieres in Verbindung.) Aber auch sonst mu man angesichts dessen, da leuchtendes Holz leuchtende Bltter, leuchtende Tierkadaver von annhernd hnlichen Leuchtorganismen bewohnt werden, den ganzen Vorgang der Humusbildung zuordnen. Es ist ein Licht der Verwesung, ein Licht des Abbaus, das da glimmt. Das Wunder der Zerlegung, vollzogen im Unsichtbaren, kndigt sich der brigen Welt durch Strahlung an. Um die Bedeutung, welche diese Fluoreszenz bei den humusbildenden Organismen verrt, besser zu verstehen, mu man sich ihren Ablauf vergegenwrtigen. Was in allen Stoffen Licht absorbiert, sind stets Atome oder Molekle. Es ist, so wie beim Sehproze, ein Einsaugen von Strahlen. Zuweilen bleibt es bei der dunklen, uns unsichtbaren Wrmestrahlung allein. (Das ist der Fall beim Abbau faulender oder grender Stoffe unter mehr oder weniger intensivem Luftabschlu. Dann steigt die Temperatur binnen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 129 PDF-Ausgabe 62010

Stunden auf ber Siedehitze, und der Heubazillus [Bacterium subtilis] erhitzt das feuchte Heu bis zur Selbstentzndung.) Oder aber es erfolgt eine lonisierung, d. h., es spalten sich von den Atomen einzelne Neutronen ab, die negativ geladen sind. Es knnen aber auch Elektronen abspringen, deren Ladung positiv ist. Solch ein flchtiges Elektron nimmt den eben gewonnenen Energieberschu jedoch gleich wieder mit, und so geht er dem Krper verloren. Ein derartiges Energie-Plus kann aber auch zu freier Strahlung werden, und das erzeugt Fluoreszenz. Der an sich hchst komplizierte Vorgang, der uns noch lange nicht vllig durchschaubar ist, folgt jedoch einem Gesetz von allgemeiner Gltigkeit. Von auen her aufgenommene Lichtquanten (der grte Lichtquant, mit dem man rechnet, ist eine noch immer so geringe Energiemenge, da man erst nach 200millionenfltiger Vervielfachung mit ihr 1 g Gewicht 1 cm hoch heben knnte!) entsprechen niemals der Fluoreszenz, die durch sie entsteht. Sie ist immer geringer, weil eben Energie verloren geht. Infolgedessen ist das wiederum ausgestrahlte Licht stets energiermer, als das aufgenommene. Da aber energiermer gleichbedeutend mit langwelliger ist, so stel lt sich mit einmal eine wichtige Erkenntnis ein, die uns zu den Problemen der Durchleuchtung des Humus zurckfhrt: Denn fast alle Pilze nehmen zwar erhebliche Mengen von ultravioletten Strahlen aus dem Boden auf, aber sie geben in ihrem eigenen Spektrum nur blaues oder grnes, zuweilen sogar selbst gelbes Licht zurck. Das bedeutet nichts anderes, als da sowohl im entstehenden, als im gereiften Humus ein Strahlenabbau erfolgt, der die groe Umbaustation alles organischen und anorganischen Seins unablssig mit kosmischen Energien anreichert. Diese Energien kommen wieder dem Wachstum der Pflanzen, den vom Humus sich nhrenden Kleintieren und vor allem der Bodenlebewelt zugute, die sich selbstverstndlich ihrerseits an dem weiteren Strahlenumbau in verschiedenartigster Weise mitbeteiligen. Man ahnt erst, was das Sonnenlicht und was die kosmische Strahlung fr unser Leben ist. Der Humus aber schiebt sich gleichsam als ein Strahlenfilter und als ein tausendfltig arbeitender Transformator zwischen alle diese Leben, die beginnen oder eben zu Ende gingen. Die Welt ist wahrhaftig voll von Wundern und Geheimnissen, je tiefer man in materielle Bindungen hineinsieht! Schlielich aber gibt es noch einen Fall von irdischer Energieverwertung. Dabei absorbiert ein Molekl zwar Strahlung, aber es ntzt sie nicht fr sich selber aus. Sondern es gibt sie die Ursache ist uns unbekannt unverndert an das Gewebe weiter. Dann nennt man das: ein Molekl ist ein Sensibilisator von Licht. Der Leser mge angesichts der schwierigen, scheinbar zum Humusproblem nicht unbedingt notwendig zugehrigen Auseinandersetzung nicht ungeduldig werden! Ich tue alles, um ihm nicht mehr zuzumuten, als zum richtigen Verstndnis ntig ist. Denn an die Tatsache, da es eben einen 130 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

solchen Sensibilisator Licht gibt, knpft die allerwichtigste Vorbedingung des Lebens auf Erden an die Assimilation des Blattgrns. Es ist nicht auszudenken, was mit der organischen Welt geschehen wrde, wenn diese Assimilation einmal stillestnde. Das Leben wre zu Ende. Die Lebensreiche zerfielen. Tier und Mensch mten verhungern. Aus der Erde wrde ein finsterer, pesthauchender Hades. Der Gaskreislauf versiegte. Die Gewsser wrden nach einiger Zeit vertrocknen. Die Weltstdte, der Weltverkehr, der Welthandel alles wrde aufhren, alles ginge unter in seiner endlosen, zum Schlu sich selbst mumifizierenden Verdung. Keine Grotat der Menschheit, kein chemisches oder technisches Genie knnte uns vor dem Massentod bewahren, ein Massentod, aus dem es keine krperliche Auferstehung gbe. Denn buchstblich ist der unentbehrliche Vorgang der berleitung von Tod in Leben an die Arbeit der Blattgrnscheiben geknpft. Es wurde zwar dieser einzig dastehende biochemische Vorgang bisher schon mehrmals erwhnt, aber er bedeutet im Kreislauf des irdischen Seins etwas so Auerordentliches, Einmaliges und Unerhrtes, da es auch in Hinsicht der aufs engste verbundenen Humusbildung geradezu eine gebieterische Notwendigkeit ist, einen genaueren Begriff davon zu vermitteln soweit wir selber bereits schon einen haben. Das Ganze ist eine Dachorganisation des Plasmas, sie ist von einem so zweckmig funktionierenden Geheimnis des Seins umwoben, da man noch immer nicht die eigentlichen Motoren und ihre unsichtbare Anordnung durchschauen kann. Das Schpferische im Chlorophyll ganz analog im Blutkrperchen ist ein Farbstoff. Der geht aus der unglaublich verwickelten, unglaublich kompliziert aufgebauten molekularen Verbindung hervor, in der Kohlen- und Wasserstoffatome die Hauptrolle spielen. Die Struktur des Blattgrns ist inzwischen aufgedeckt worden. Ich kann sie auch nicht annhernd hier beschreiben, denn sie ist nur fr den Fachchemiker als Formel verstndlich. Uns mu es gengen, zu wissen, da es sich in zwei sich uerst nahestehende Formen unterscheidet, von denen die eine zwei Wasserstoffatome mehr und ein Sauerstoffatom weniger besitzt. Das Chlorophyll bringt eine Zwischenverbindung Phytol hervor, dem als Farbstofftrger in den roten Blutkrperchen das Hmatin und sein Abkmmling Hmin entspricht. Durch Assimilation stellt ein Gewchs Strke her, die sich tagsber in den bekannten Schollen in der Blattzelle so anhuft, da fr die arbeitenden Chlorophyllscheiben kaum noch Platz ist. Die Riesenmolekle der Strke zusammengesetzt aus einzelnen Kohlehydratmoleklen haben wiederum einen Bau, in dem die Strkemoleklverkettungen an Zahl sehr gro, aber wahrscheinlich nicht immer gleich sind. Das Wasser, das zu dem ganzen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 131

Proze notwendig ist, wird durch die Wasserleitung in den Zellgefen und Adern herbeigeschafft. Die Energiequelle ist, wie schon gesagt, Sonnenlicht. Die baut die Pflanze zunchst in chemische Energie um. Wie, das wei man auch nicht annhernd. Man kann jedoch mit dem Mikroskop in einer Blattzelle, die am Morgen noch vllig strkefrei war, sehr bald die angesammelten Strkekrnchen erkennen. Das ganze geht nur durch das Blattgrn. Man hat fr den so ungeheuer wichtigen Vorgang den guten Vergleich gebraucht, da, wenn die Pflanze eine chemische Maschine und der Antriebsmotor das Licht ist, der bertragende Treibriemen Chlorophyll heit. Buchstblich ist das Blattgrn der Sensibilisator der sog. Photoreaktion. Es ist jener unnachahmliche Farbstoff, der Licht verschluckt, und zwar die roten Strahlen des Sonnenspektrums. Dadurch wird er energiereicher und kann infolgedessen Energie abgeben und umbauen. In diesen Umbau von Energien ist der gesamte Stoffkreislauf der Lebensenergie mit eingeschlossen. Mit dieser eingefangenen und umgewerteten Sonnenenergie, die wir Licht nennen, bestreitet die Erde ihre ganze organische und schlielich auch die anorganische Gestaltung. Gibt es berhaupt einen wichtigeren chemischen Vorgang? Der Rohstoff aber, der ununterbrochen verarbeitet wird, ist die Kohlensure, die mit der Luft aus dem Kohlensuresee vom Humus aufsteigt. Ohne sie wrden Maschine Pflanze, Elektromotor Licht und Treibriemen Chlorophyll nur einen Leerlauf darstellen. Durch die Spaltffnungen des Blattes wird die Luft regelmig eingeatmet und innerhalb der Zelle wird sie in Kohlenstoff und Sauerstoff geschieden, wobei der Sauerstoff durch eben dieselben Spaltffnungen sofort entflieht. Und dieses bichen unsichtbare Geschehen gengt, um die Schalen der Lebenswaage seit Jahrmillionen pendelnd im Gleichgewicht zu erhalten! Seit neuerer Zeit haben besondere Forschungen uns daran denken lassen, da nicht allein die Rotstrahlen, sondern auch die fast doppelt so kurzen Blaustrahlen des Sonnenlichtes im Chlorophyll wirksam sind. Jedenfalls kann man davon heute schon berzeugt sein, da ungefhr alles, was an biochemischen Vorgngen sich in der Pflanze abspielt, die Auswirkung von Strahlen und aus Strahlen gewonnener Energien ist. Ob es sich um die Beweglichkeit der Gelenke, um Steigerung oder Senkung des Turgors, um Verengerung oder Erweiterung der Spaltffnungen, um Wachstumsbewegungen, um Ausschleuderung von Samen oder Bltenstaub handelt, um das sanfte Kreisen haltsuchender Ranken, selbst um die Bewegung von Geieln und Schwimmsumen alles wird in Gang gesetzt durch die geheimnisvolle Macht von unsichtbarer Strahlung und sichtbarer Lichtenergie. Dabei ist es durchaus nicht immer derselbe Teil des Spektrums, der in Ttigkeit tritt. Im allgemeinen frdert blaues Licht das Lngenwachstum und die Streckung einzelner Zellen. Aber Hefen lieben 132 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Blaulicht durchaus nicht. Man kann sogar mit ihm ihre ungestme Teilung geradezu zum Stillstand bringen. Wer wei es, da man Lebewesen mit Licht tten kann? Der Arzt, der bei Rotlauf Rotlicht verordnet, weil der Erreger, einer der Bewohner der Umsetzung faulender Stoffe (also hauptschlich an Blaulicht angepat), das langwellige Rotlicht nicht ertrgt. Aber mit fnf Lichtquanten kann man auch Hefen tdlich lhmen, mit einem Quant die teils ntzlichen, teils unbekmmlichen Colibakterien vernichten. Manche pathogene Erreger, die, wie der Coli, nicht nur den menschlichen Darm, sondern auch die Jauchepftzen besiedeln, kann man mit Bruchteilen davon bereits unschdlich machen. Im allgemeinen regen schwache und schwchste Dosen von Strahlungen fr kurze Zeit in Gewchsen Atmung und Sftezirkulation an. Sie wirken sozusagen wie ein Narkotikum, das erst aufpeitscht und dann erschlafft. Das trifft besonders auf die untere Bandbreite im Ultraviolett zu, die dem sichtbaren Violett noch so nahesteht. Die unbeschreiblich herrliche Farbenpracht der Bergflora des Himalaya, die wunderbar leuchtenden Kakteenblten auf den einsamen mexikanischen Hochebenen, der Almwiesenzauber nicht nur in Europa, sondern auch in den Anden und den Kordilleren das alles ist Ergebnis des ungehinderten, stark mit Ultraviolett angereicherten Lichtstroms auf den Gipfeln, hoch ber dem heifeuchten Dunst der Tler. Die Pflanzen werden dadurch zuletzt so empfindlich, da sie berhaupt auch nicht mehr den geringsten Schatten ertragen. Gerade die hochalpine Flora, die sich bis zu 3000 m Hhe hinaufwagt, lebt in ihrer elfenhaften Zartheit gewissermaen nur noch vom Licht. Die meisten benehmen sich so, wie der unglaublich grazile Schnee-Enzian (gentiana nivalis), der seine reizenden, zierlichen, tief dunkelblauen Sternblten fast augenblicklich schliet, sobald nur der leiseste Wolkenschatten ber sie hingeht. Er tut das beliebig oft in einer Stunde, er, der so winzig ist, da er zuweilen nur 1 cm hoch wird und nur eine einzige Blte entfaltet, deren Samen auf Windflug eingerichtet sind und darum nur 0,00015 g pro Korn wiegen. Es ist unwahrscheinlich, wieviel an ultravioletten Strahlen die Pflanzen im Durchschnitt verschlucken. Es scheint unter allen Umstnden mehr zu sein, als sie an sichtbarer Strahlung aufnehmen. Man hat Untersuchungen darber angestellt, was denn eigentlich von diesen Unmengen durch die dickhutigen Kruterstengel und die borkigen und verkorkten Rinden der Bume hindurchgeht. Das ist verhltnismig wenig. Und trotzdem geschieht es immer wieder, da in ganz ungeschtzten, humuslosen Halbwsten, selbst an nackten, hohen Bergflanken jene Gewchse, die man doch seit undenklicher Zeit an solche extreme Standorte angepat glaubt, durch das berma von Strahlen gettet werden. Man hat mit Rntgenstrahlen und sog. Korpuskularstrahlen auf experimentellem Weg versucht, solche Vorgnge nachzuahmen und zu beobachten, http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 133

was denn eigentlich dabei geschieht. Schon vordem hatte man erfahren, da man mit stark kurzwelliger Strahlung sowohl Menschen als Tiere umbringen kann. Solche Hochfrequenzen fhren dann einen echten Plasmatod herbei. Alle Krperfunktionen geraten in Unordnung. Kein Organismus, und sei es der strkste und kraftvollste, ertrgt solche bermchtige Angriffe aus dem Kosmos. An sich ist es schrecklich, zuzusehen, wie der Lebensstoff sich zusammenballt, wie berall Hohlrume (bei Einzellern sind es Vakuolen) entstehen, wie das Plasma in verklumpten Schollen zerfllt. Spter bilden sich in der vernderten Struktur zahllose Krnchen. Grnalgen (z. B. Spyrogyra), deren Chromatophoren stets regelmig in lange Schleimbnder eingebettet sind, verlieren zunchst in ihrer Gallerte jeglichen Zusammenhalt. Scheinbar stellt sich dieser nach einiger Zeit wieder her, funktioniert aber kaum oder nur hchst mangelhaft. Die Wurzeln vieler Gewchse ziehen sich unter Rntgenstrahlen krampfhaft, wie bei grten Schmerzen zusammen, und die Saftsteigung in den Geweben stockt. Moose, man hat das bei Bryum capillare beobachtet, ben berhaupt die Fhigkeit der Plasmastrmung ein, denn die Durchlssigkeit der Zellwnde verliert sich entweder ganz oder beschrnkt sich nur noch auf einzelne Stoffe. Kurzum wenn wir es nicht lngst schon wten, so wrde es uns von den lebenden Wesen auf diese Weise mitgeteilt werden: Auch Strahlung aus dem All ertragen die Irdischen nur in der abgemilderten Form, die ihnen ihre natrlichen Lebenszonen bieten. Die natrlichste, ausgeglichenste und bekmmlichste von allen aber ist die Humuszone. Sie umfat alle drei Lebensreiche und sie allein ist imstande, Licht umzubauen, zu filtrieren und es auf die vielfltigste Weise zu transformieren. Es wird noch davon die Rede sein, da jedes Bodenkrmchen von unzhligen, allerfeinsten Pilzfden durchsponnen ist. Viele davon sind schneewei, andere blulich silbergrau, einige rostrot oder dunkel blutfarben. Stets sind auch Schimmelpilze (Aspergillus-, Mucor-, Penicilliumarten) mit ihnen vergesellschaftet, die wieder ihrerseits Stoffwechselprodukte ausscheiden, die auf die meisten Leuchtbakterien lichtfrdernd wirken. Denn natrlich wimmelt der Boden auch von Leuchtbakterien, die dort im berma alles Gewnschte finden. Sie haben es doch ganz besonders auf Zellulosen in allen Stadien der Aufschlieung abgesehen, und an denen fehlt es niemals. Die Freundschaft, um nicht zu sagen, die Symbiose zwischen Photobakterien und Schimmelpilzen ist sogar soweit gediehen, da das Photobacterium tuberosum sichtlich langsamer wchst und weniger gut gedeiht, wenn neben ihm die Perlenbumchen gewisser Kpfchenschimmel fehlen. Wahrscheinlich tragen die Bodenpilze aber auch selber zu der bescheidenen Illumination im Humus bei, teils selbstleuchtend, teils durch Bioznosen mit Leuchtbakterien. Ein Groteil von ihnen zhlt zu unseren Hutpilzen, die ja bekanntlich nur die Fruchtkrper jener silbrigen Fadengespinste in der Tiefe sind. Von ihnen wieder rechnet eine ansehnliche 134 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Anzahl zu den Holzverzehrern, und gerade unter denen gibt es geheimnisvoll schimmernde. Nicht nur der Hallimasch (Armillaria mellae) webt ber alte Stmpfe mit seinen schwarzen weispitzigen Hyphen ein weilichgrn phosphoreszierendes Fadengespinst. Auch andere, ganz harmlos aussehende Pilzhte ziehen in oder auf der feuchten Walderde elfenzart glimmende Netze. In sdjavanischen und indischen Urwldern bernehmen sogar davon war schon die Rede die Pilzhte selber das Aussehen von Lmpchen, deren Schein mehrere Meter weit reicht. Vermutlich steckt auch in ihnen symbiotisches Bakterienlicht, das durch die Hyphen bis zu den Sporentrgern empor wandert. Es entstammt dem Humus, und nach Zerfall der kleinen Pilzlampe kehrt es wieder in ihn zurck. Der Pilzfruchttrger war nur eine der zeitlosen Stationen des unsterblichen Bakteriendaseins ... Der Hauptteil des organischen Bodenlebens spielt sich in den obersten Schichten ab. Das wechselnde Lichtbedrfnis stuft es nach Zonen. Auf der Erde lebt, was den vollen Schein des Tages braucht: Die Erdinsekten, die mancherlei Kferlarven, die Milben und winzigen Spinnen, Ameisen und die lustige Gesellschaft der Springschwnze. Sie fristen ihr Dasein von berfllen unter sich, von Zersetzungssubstanzen, aber auch von Moosvorkeimen, von assimilierenden Algen, Algenschwrmern, grnen Geieltierchen. Auer ihnen aber haben sich auch jene sonderbaren Tiergesellschaften angesiedelt, die einzig auf gegenseitigen Nutzen hin gegrndet worden sind. Gewissermaen sind sie etwas wie das tierische Gegenstck der Flechten (Lichenophyceen), die als Cladonien, Baeomyceten u. a. auch zur obersten Erdvegetation gehren. Es sind mikroskopische Einzeller, in die grne oder gelbe Algen einwandern. Man nennt diese Zoochlorellen und Zooxanthellen, wei aber von ihrer Lebensweise so gut wie gar nichts. Nur eben das, da sie in Amben, in groen Wimpertierchen, in langgestreckten Geilern zuweilen in smaragdenen Sumen oder ganzen Tapetenbehngen sitzen. Manchmal sind es nur einige, manchmal in einem einzigen Wirt bis 100 000 und mehr. Der erschimmert dann wie ein durchsichtiger Edelsteinschrein und fhlt sich offensichtlich wohl dabei. Bisher hat man in solchen Organismen nur je eine Art von Symbionten entdecken knnen. Zweifellos sind sie uerst ntzlich. Denn sie assimilieren (was der Wirt nicht kann) und bauen dadurch Strke auf. Wie durch den fremden Krper hindurch so viel Kohlensure bis zu ihnen dringt, ist noch die Frage, aber sagen wir, sie stammt aus der Ausatmung des Wirtes. Geklrt ist der Vorgang durchaus nicht. Aber vermutlich geben sie von der gespeicherten Strke stndig sozusagen als Mietzins an den greren Organismus ab. Der freilich erweist sich oft als weit weniger rcksichtsvoll. Er verleibt sich die schon einverleibten Algensymbionten nochmals und dann endgltig ein, indem er stets einen gewissen Prozentsatz von ihnen mitverdaut. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 135

All dieses Leben ist also auf die Oberflche des Bodens angewiesen. Es verhlt sich so zum Licht, wie die normale Flora und Fauna es eben tut. In ca. 5-30 cm darunter spielt sich dann das brige Bodenleben ab. Nicht nur dort, wo es keine hhere Humusschicht gibt, sondern berhaupt. Selbst in den bis zu 6 m hoch gehuften Humuszonen des Tschernosems in der Ukraine und der Bacska verhlt es sich nicht anders. Unter 0,5 m stt man nur noch auf Bakterien und Pilzgespinste, die mit weilichen Geweben Krmchen mit Krmchen verbinden und so die ganze Schicht durchwuchern. Das Edaphon ist durchaus auf die noch irgendwie lichtdurchlssige Zone beschrnkt. Am tiefsten gehen die Blaualgen (Cyanophyceen), die in annhernd einem halben Meter unter der Oberflche dasselbe Phnomen wie die Tiefseetange zeigen, die noch in 30 m unter dem Wasserspiegel zu assimilieren vermgen. Aber nicht mit Blattgrn, sondern mit lila, purpurnen und braunen Farbstoffen, die mehr oder weniger alle dem Anthocyan entstammen, das indes auch wieder mit Chlorophyll verwandt ist. Bei manchen dieser Tiefwasserbewohner sitzt das Blattgrn sogar noch zwischen den Chromatogenen wie man die blauen und roten Farbstofftrger in der Pflanze nennt. Es ist aber praktisch nicht mehr wirksam. Die groe Durchsichtigkeit aller erdbewohnenden Mikroben spricht ebenso dafr, da sie Strahlen aufzunehmen imstande sind, als der glserne Glanz jener Organismen, die zu ihren Schalen sich des Quarzglases bedienen. Kieselalgen (Bacillariaceen) und Wurzelfler (Rhizopoden) die letzteren sind nur beschalte Amben bringen teils aus ihrer Haut Gehuse hervor, teils fabrizieren sie solche mit Hilfe sorgfltig von ihnen selbst aufgeklebter allerwinzigster Mineralsplitter. Sie verlassen solche Gehuse zeitlebens nicht, und wenn sie sich teilen (was die bevorzugte Art ihrer Vermehrung ist), so schafft sich das Tochter- oder Zwillingswesen, das aus einem Exemplar entsteht, sofort die unbedingt notwendige feste Schutzhaut an. Bei den Kieselalgen besteht sie aus reinem, schnem Kristallglas und ist stets schiffrmig gestaltet. Da sich diese Miniaturpflnzchen, die mit ihren Chromatophoren nicht nur assimilieren, sondern durch deren lige Beschaffenheit auch ihr Eigengewicht erleichtern, lebhaft hin- und herbewegen, so hat man in dieser biotechnischen Funktionsform einfach eine Schwimmform erkannt, die ihnen das Umhergleiten erleichtert. Denn sie durchziehen die wassergefllten Bodenspalten oft in dichten Flottillen, wobei ihr Weiterkommen auf einem ziemlich komplizierten Gleitrollen beruht. Ein elastisches Gal lertband, ebenso durchsichtig wie die glserne Schachtel, umfliet diese stndig nach Art eines Raupenschleppers der Lnge nach. Durch zwei ffnungen an den beiden Spitzen mndet es immer wieder ein und kann nicht abgleiten. Das ganze Wesen, abgesehen von den beiden ltropfen, ist wasserklar und infolge seines reinen Quarzglases sicher durchlssig fr ultraviolette Strahlen. Kieselalgen gehen infolgedessen nur ganz ausnahmsweise tiefer als 136 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

20-30 cm. Ihre lfracht ist um so grner, je nher der Erdoberflche sie leben. Die Rhizopoden welchen Namen ihre Scheinfe (Pseudopodien) verursacht haben, mit denen sie langsam und bedchtig weiterkriechen bedrfen ihrer amphoren-, kugel- oder tassenartigen Behausungen aus dem gleichen Grund wie die Kieselalgen. Beide schtzen sich durch sie, die hervorragend technisch vollendet gebaut und auf sparsamste Weise mit geringstem Materialverbrauch hergestellt sind, um nicht nur Feuchtigkeit fr ihre nackte Haut zu bewahren, sondern auch, um in den stets eintrocknenden und zusammenstrzenden Bodenspalten nicht zerquetscht zu werden. Beiden steht kein anderer Rohstoff wie Kieselsure zur Verfgung. Beide verwenden ihn optimal und mit nachahmenswerter Akkuratesse. Gerade an den Rhizopoden erweist es sich wieder, da die technisch einwandfreieste Form auch zugleich die edelste ist. Man sieht kaum so symmetrische Vasen und Tpfe, wie die, welche sich ein Wurzelfler erbaut hat. Denn er erbaut sie sich buchstblich. Es gibt unter ihnen Arten wie die Trinemen und Euglyphen, bei denen die Glasplttchen aus dem Mantel reihenweise und in dachziegelartiger Anordnung hervorgehen. Die elastische Membran, die mglicherweise dem Conchiolin der Conchylien chemisch nahesteht, erstarrt dann mitsamt ihrem glsernen Belag zu kristalliner Festigkeit. Nach der Vermehrung, bei welcher der neugeborene Wurzelfler aus der Schalenffnung des anderen hervorschlpft, wobei beide noch eine geraume Zeit Mund an Mund aneinander haften, beginnen sie sofort nach der Trennung mit dem Bau ihres Gehuses. Andere Rhizopoden gehen mit dem Hausbau auf eine andere Manier zu Werke. Sie nehmen mit den Pseudopodien, wie mit einer geschickten Hand, Splitterchen um Splitterchen auf und drcken es auf den weichen Hautmantel. Auch hier erhrtet die fertige Form, die oft noch mit greren, regelmig angebrachten Steinchen geschmckt erscheint. (Wahrscheinlich dienen sie der Verfestigung, denn sie finden sich meist bei den greren Arten.) Sieht man im Mikroskop der mhevollen Arbeit eines solchen Bauwerkes zu, so kann man sich dem Eindruck nicht entziehen, da dieses Geschpf, das nur den Bruchteil eines Millimeters mit und weder Augen, noch Hirn, noch Sinnesorgane irgendwelcher Art besitzt, unter dem umliegenden mineralischen Splitterwerk sehr sorgfltig die Quarzkrnchen auswhlt und andere Gesteine verschmht. Das Tier in diesen verschiedenen Schalen zeigt in Gestalt und Gre kaum Unterschiede. Es sieht aus, wie ein halbflssiger Schleimtropfen, mit pulsierenden Vakuolen und einem oder auch mehreren Zellkernen. Also unterscheidet man nur nach den Gehusen, und das ergibt viele Tausende von Arten, die der Bodenbiologe kennen mu. An diesem Punkt ist man eigentlich stehen geblieben, jedenfalls in tiefer schrfenden Erkenntnissen nicht um vieles weiter gekommen. Dabei sind die Rhizopoden in unendlichen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 137 PDF-Ausgabe 62010

Mengen auf der ganzen Erde vorhanden. Sie sind buchstblich in jedem Boden, und verschiedene Arten bewohnen auch Sumpfwasser und Meer in hauchdnner Zartschaligkeit. Dennoch scheint es, da auch sie ihre ganz besondere Beziehung zu der Strahlung des Bodens besitzen und sich ich kann es nicht anders ausdrcken dessen auch irgendwie bewut sind. Wo ihnen nur von Eisen rot- oder dunkelgefrbte Bden zur Verfgung stehen, da werden auch die Huschen dunkel, meist rostfarben. Aber auf ein solches lichtundurchlssiges Gehuse setzt sich eine Difflugia, Gromia oder Pseudochlamys stets symmetrisch einzelne grere Quarzkristalle von aufflliger Helligkeit! Weshalb? Hier die selbst nur einigen Fachleuten bekannte vermutliche Erklrung: Die aus Kieselsure selbst hergestellten Dachziegel sind stets nur einfach lichtbrechend. Die aufgeklebten Quarzfragmente jedoch sind doppelt lichtbrechend. Der Liditgenu der innen wohnenden Ambe soll unter allen Umstnden gesichert werden. Bei ihrer absoluten eigenen Durchsichtigkeit mu man annehmen, da sie das volle Spektrum und nicht nur einige Lichtgruppen bentigt. Um sich das zu ermglichen, baut sie also entweder aus ihrer eigenen Mantelhaut ein entsprechendes durchlssiges Gebude (das tun, wie bereits erwhnt, die plttchenlegenden Arten Trinema, Geococcus, Euglypha, Nebela und vielleicht noch Arcella, die allerdings gerne Eisen einlagert) oder aber sie setzt wenigstens durchlssige Quarzfenster bzw. Reflektoren auf. Fnde sich jemand, der sich einmal die Mhe nhme, jene Lichtverstrkungs- und Scheinwerferwirkungen genau nachzurechnen, so wrde er vermutlich ganz bestimmte, stndig wiederkehrende Strahlenbrechungen entdecken, die fr die beschalten Amben von Lebenswichtigkeit sind. Aber auch die anderen Geobionten sind von ungehemmter Durchsichtickeit. Die Wimpertierchen (Ciliaten), die Geiler (Flagellaten), zahlreiche Kleinwrmer, die man den Nematoden zuzhlt, und die grten unter ihnen, die ebenfalls dem Wurmgeschlecht zugehrigen Rdertiere (Rotatorien). Dieselbe Durchsichtigkeit findet sich auch in Vielzellern, z. B. in glasklaren Mcken- und anderen Insektenlarven. Sie hngt ganz offenkundig mit demselben Aufenthalt, denselben Umweltbedingungen zusammen. Man darf doch nicht vergessen, da die allerfeinsten Gesteinsreste berwiegend aus Quarziten bestehen. Bergkristalle, Olivine, Granate sind in solcher Zerkleinerung lngst nicht mehr farbig. Auch sie sind also geeignet, als lichtbrechende Reflektoren zu wirken. Wenn man auch bisher noch nie daran gedacht hat, die Struktur des Bodens einmal von diesem Standpunkt aus auf ihre Licht- und Belichtungsqualitten hin zu prfen, so kann man doch nicht leugnen, da sie eine Zone darstellt, die weit mehr Mglichkeiten zu gegenseitiger Strahlenwirkung besitzt, als man bisher auch nur ahnte. 138 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Letzten Endes gehrt auch der Humus zu dem alle und alles durchdringenden Strahlenmeer, in welches unser ganzes irdisches Sein eingebettet ist. Und so mssen wir uns denn ein-fr allemal darauf einstellen, da alle Lebensvorgnge einheitlich von Strahlungen ausgelst, begleitet und vielleicht sogar gelenkt werden. Wo wir es verfolgen knnen, da sehen wir denn auch berall das gleiche. Die Belichtung des Bodens, der Pflanzen, der Samen, der vermittelnden Tiere greift allerorten in die natrlichen Ablufe ein. Ein Weg in den Wald enthlt die Ergebnisse diesbezglicher vieljhriger Laboratoriums- und Bibliotheksarbeit, wenn man sie nur sinngem zusammenfgt. Da ist ein Buchenjungschlag mit ziemlich dichtem, an 4 m hohem Kronendach. Im Winter erreicht die einfallende Lichtmenge den Boden fast uneingeschrnkt, denn das Fallaub liegt locker und nicht allzu hoch. Die Schneedecke das wei man schon nimmt nicht nur nichts von der Helligkeit, sondern verstrkt sie noch. Sie wirkt als eine strahlungsmige Vervielfachung. Nie ist der Laubwaldboden so gut belichtet, wie unter der Last eines wenn auch halbmeterhohen Schneebelages. Die Frhjahrssonne steigert noch durch den regelmig um die Mitte Februar einsetzenden Lichtsprung, die aktinische Hherwertigkeit des Lichtes, diese Wirkung um ein Mehrfaches. Aber schon das Aufsprieen von Veilchen (Viola), Anemonen (Anemona), von Lungenkraut (Pulmonaria) und Primeln (Primula) verringert die Lichtintensitt auf und in der Erde. Ende April erhlt der Waldboden nur noch ein Drittel der vollen Belichtung. Dann kommen die Bsche. Die Buchenkronen belauben sich. Immer mehr sinkt die Bodenhelligkeit, die durch all das Blattwerk noch durchdringt. Am 1. Juni gelingt das nur noch dem 142. Teil der Sonnenstrahlen, im August nur noch dem 107. Teil, obwohl bis dahin die meisten Kruter und Blumen lngst ihre Vegetationsperiode abgeschlossen haben. bertragen auf die Verhltnisse im Humus sieht das so aus: Im Sptherbst setzt das zweite Jahresmaximum des Bodenlebens ein, das unzweifelhaft von den Oktober- und Novemberregen bestimmt wird. Dann folgt mit dem Bodenfrost ein merklicher Stillstand. Der bezieht sich zwar auf alle Geobionten, am wenigsten allerdings auf die Bakterienwelt, und beruht weit weniger auf der Temperatursenkung, als auf dem Wassermangel und Lichtschwund. Dadurch wird allgemein die Vermehrung eingeschrnkt. Hier berwiegt also der Rckschlag nach der Seite der Durchfeuchtung hin, denn auch sie kann nicht ersetzt werden. Sogleich nach dem Abklingen des Bodenfrostes und mit der neu anhebenden Lichtintensitt setzt das groe Frhlingsmaximum ein. Die Erde belebt sich in einer unvorstellbaren Flle. In rasender Hast lsen Teilung, Sporenbildung und alle Arten der Fortpflanzung einander ab. Hand in Hand http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 139

damit findet eine strmische Bodenumsetzung und beschleunigte mineralisch-organische Aufschlieung statt. Der Mensch bemerkt von allen diesen Dutzenden verketteter Ablufe so gut wie gar nichts. Es fllt ihm hchstens auf, da die Erde einen Wohlgeruch ausstrmt, der mit nichts zu vergleichen ist und uns mit Sicherheit die neu sprossende Vegetation ankndigt. Man mu einen Blick ins Mikroskop tun, um eine Lebenssteigerung ohnegleichen zu sehen.

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Mit vollendetem Frhling oben vollendet sich auch der Frhling in der Tiefe. Man hielt lange den Eintritt eines hochsommerlichen Minimums fr die Ursache der pltzlichen Einschrnkung, und die schrieb man wieder der verringerten Bodenfeuchtigkeit zu. Im Laubwald, wo die Wasserzufhrung durch Moose geregelt und ber die heien Monate hin aufrechterhalten wird, hngt sie jedoch unzweifelhaft mit der starken Abnahme des Lichtes zusammen. Zwar knnen einzelne Geobionten, wie die Kieselalge Nitzschia putrida, nachgewiesenermaen auch im Dunkeln (das heit natrlich, durch ultraviolette Strahlen) assimilieren. Sonst aber ist die Differenz zwischen Ende Mai und Ende September unter unserem Himmel sehr auffllig. Im Hochsommer stockt berall das Bodenleben. Bacillariaceen wandern entweder tiefer oder sterben bei langer Trockenheit und man findet viele leere, auseinandergefallene Schalen. Rhizopoden ballen sich in ihren Huschen zu Zysten zusammen. Dauersporen, Konidien, Palmellen von Pilzen, Dauereier und Staub aus Flechtensoredien sind die Trockenheits- und Dmmerform der meisten Bodenorganismen bis zu den Vielzellern der Rdertiere und Nematoden. (Zysten entstehen dadurch, da das edaphische Individuum freiwillig und selbstndig seine gesamte Krperflssigkeit ausstt, worauf sich ber seine nun nicht mehr funktionsfhigen Organe oder Organellen, berhaupt ber den ganzen Lebensstoff eine wasserdichte, sehr feste Haut bildet. In deren Schutz ist es weder fr Ortsvernderungen, noch fr vllige Finsternis, noch fr Bodensuren mehr empfnglich, sondern dauert in einem man nennt das anabiotischen Zustand zwischen Tod und Leben, einer Art lebendem Scheintod aus.) Der Bestand an Lebewesen kann whrend eines Minimums unter extremen Umstnden bis auf die Hlfte sinken und die Vermehrung ist, mit Ausnahme der Bakterien, beinahe ganz eingestellt. Um diese Zeit steht und das wohl aus den gleichen Ursachen auch das Wurzelwachstum, auer jenem der groen Bume, beinahe vollkommen still. Bei Krutern und Grsern jedenfalls ist die Wurzelbildung bis dahin beendet. Der fast ausnahmslos schneeweie Wurzelschopf, der schon durch diese Farbe verrt, da er mit allen, besonders mit unsichtbaren Strahlen Kontakt aufnehmen kann, hat bis zu Anfang des Sommers sein Maximum erreicht. Ist er sehr flach und sind die Bden hitzig (wie zumeist die hellgrauen oder blonden Sandbden der ungarischen Steppe), so kann er sich gegen das eingedrungene berma von Licht nicht mehr schtzen. Der Wurzel geht es dann so, wie einem zu lange der Sonne ausgesetzten Menschen. Sie erleidet einen regelrechten Sonnenstich, der sie in allen ihren Ttigkeiten lhmt. Mitunter stirbt das Gewchs daran ohne von auen ersichtlichen Grund ab. Die ungarischen Bauern, die diese Erscheinung seit langem kennen, versuchen durch dunklen Dnger, durch aufgelegtes Stroh oder sonst durch lockere knstliche Bedeckung, die zugleich auch gegen die Aushagerung schtzt, rechtzeitig abzuhelfen. Aber trotzdem bildet sich ganz von selber und ohne Zutun des Menschen in solchen Gebieten eine Auswahl http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 141 PDF-Ausgabe 62010

ganz besonders lichtfester Pflanzen heraus, die alle veredelte oder unveredelte Steppengewchse sind: Sonnenblumen (Helianthus), Weizen, gewisse Arten von Bohnen, Tomaten, Mais, Paprika, Krbisse und Melonen. Dabei wei man vom Mais (Zea mais), der als Riesengras auch nur ein Flachwurzler ist, da er besser gedeiht, wenn man ihn hufelt, so da zu Zeiten der beginnenden Kolbenreife mehr Licht in den Boden eindringen kann. Das schon genannte wichtigste Bodenbakterium, der Azotobacter, bewohnt fast ausschlielich die alleroberste Bodenzone. Er ist hochgradig aerob, also sauerstoffbedrftig, doch ist ihm Licht ebenso unentbehrlich. Als echter Humusbewohner fehlt er freilich in reinen Wstenbden, die keine Stickstoffproduktion besitzen, aber ebensowenig wird man ihn in ermdeten, nmlich arg verschlmmten und dadurch ungengend durchlfteten und durchlichteten Bden entdecken. Rohhumus, die durchschnittliche Erdqualitt unter Fichtenwldern, die eine ganz hnliche Struktur zeigt, ist ebenso arm an Azotobacter. Rohhumus ist auer allen mglichen schlechten Eigenschaften, die ihn zum Schrecken aller Bodensachverstndigen machen, berhaupt eine der ungengendst belichteten Bodenarten. Nicht nur enthlt er keinen Azotobacter, sondern, was nicht weniger wichtig ist, auch keine Regenwrmer (Lumbriciden). Und findet man ja einmal dort ein solches fr die Humusbildung so unentbehrliches Geschpf, so ist es mager, dnn, augenscheinlich elend genhrt. In ganz seltenen Fllen ist es mit jenem leuchtenden Schleim bedeckt, wie es in fetten, humusreichen Bden selbstverstndlich ist. Dieser Lichtmantel wird fast stets vom Bacterium phosphoreum veranlat, das aber seinerseits wieder nicht an Orten gedeiht, wo selbst die Schimmelpilze, mit denen es sich vergesellschaftet, oft kein richtiges Auskommen finden knnen. Der Regenwurm ist ausschlielich Humusfresser und -verdauer. Seine blarosa Haut ermglicht es ihm, alle einfallenden Lichtspuren zu verwerten. In leichten, lockeren Steppenbden, z. B. im Veliko-Anadolischen Gebiet in Ruland, geht er denn auch sehr tief, wie behauptet wird, bis ber 2 m. Aber in der Nadelstreu, die sich so auergewhnlich schlecht und langsam aufschliet und dabei in dichten Schichten zusammengeballt auf der Erde liegen bleibt (eine einzige Fhrennadel braucht bekanntlich zu ihrer Humifizierung mit Hilfe des Darmes von Erdinsekten nicht weniger als sieben Jahre!), kann er nicht leben. Es gibt unter seinesgleichen aber so lichthungrige Arten steppenbewohnender Einsiedler, da sie auswandern, sobald ihr Gebiet mit Bumen bepflanzt wird. Sie kehren wieder in die Steppe zurck und werden unter Baumschatten durch andere, das gedmpfte Licht liebende Sorten ersetzt.

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Zum Schlu mu indes doch noch des Einflusses, den die Sonnenstrahlung auf die Keimkraft der Samen ausbt, Erwhnung getan werden. Es gibt viele Flle, aus denen ich nur einige hier nennen mchte, weil sie besonders charakteristisch sind. Sdliche oder subtropische Walnuarten (Juglans) keimen regelmig besser, wenn die Nsse aus einem heien und trockenen, also lichtstarken Jahr stammen. Unser Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) flieht den Schatten und keimt auch nicht an schattigen Orten. Bis zu hundert Jahren und darber kann sein kleinkrniger Same in der Erde unentwickelt liegenbleiben, wenn er nicht genug Licht hat. Er geht ganz einfach im unbesonnten Boden nicht auf. Sein Idealfall ist ein brtend heier Kahlschlag, windstill und schattenlos. Die Lichtpflanzen verstehen sich berhaupt nicht dazu, mit weniger Sonne auszukommen. Reine Steppengewchse wie die Klette (Arctium lappa) sterben, wenn ihr Standort dauernd auch nur in Halbschatten gert. Licht brauchen auch die bsen Brandpilze (Hemibasidiomycetes), um ihre Saugfden (Haustorien) zu entsenden. Wenn Puccinia graminis einen Weizenhalm bereits befallen hat, und inzwischen trbes oder wolkiges Wetter einbricht, so bedarf es fr ihn einer Woche und lnger, um auf seinem Wirt festen Fu zu fassen. Licht ist das Schicksal der Lebenden, aber wahrscheinlich sind sich die Lebenden nicht immer dessen bewut. Namentlich dann nicht, wenn sie Menschen heien. Was Strahlung, sichtbare und unsichtbare, fr den ganzen Komplex Humus bedeutet, ist noch lange nicht allgemeinverstndlich zusammengefat worden. Jener in der Dunkelheit sich vollziehende Teil des vorhumifizierenden Abbaus bedient sich ganz sicher in hohem Ma nicht nur der ultravioletten Strahlen, sondern auch des Pilzlichtes und des Glimmens von Bakterien, die beide irgendwie untrennbar mit der Verwesung verbunden zu sein scheinen. Die Aufbauer aber sind unbedingt intensive Verbraucher von Sonnenlicht, wobei jedoch ebenfalls das ultraviolette Licht mitverwertet wird. Fr uns lngst nicht mehr erkennbare Energiewellen unsichtbaren Lichtes sind immer noch wirksam fr Bakterien und Einzeller und beeinflussen ihre Lebensleistung. Und damit auch die Gesamtleistung der Organismen, die dadurch gesteigert oder abgeschwcht wird. In einem bis vor kurzem noch gar nicht ausdenkbaren Ma ist das Licht der Sonne und die kosmische Strahlung ebenso wie die gegenseitige Bestrahlung (ber die man noch am allerwenigsten Bescheid wei, obgleich die amerikanische Forschung jetzt behauptet, da ausnahmslos jeder Krper Strahlen empfngt und aussendet) wichtig fr die Durchbildung des Humus, fr seine Struktur, seine Entstehung, seinen Verbrauch. Alle seine vielen Stadien, seine Haupt- und Seitenketten sind abhngig von der groen Strahlenheit des Seins. Doch ist uns der harmonische Ausgleich dieser verschiedenen Strahlen, Energien und Lichtquanten untereinander so gut wie noch ganz unbekannt. Der Bodenphysiker mu erst noch entstehen, und er wird den Bodenbiohttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 143 PDF-Ausgabe 62010

logen und den Bodenchemiker dort ergnzen, wo diese beiden die von auerhalb herrhrenden Probleme des Humus nicht mehr lsen knnen. Vor allem eben nicht jene so unendlich wichtige und so unendlich unbekannte Frage der Abwicklung des groen Umbaus durch Licht und Strahlung. Das Leben Vom Zauberstab des Lebens ist hier schon verschiedentlich in allen mglichen Zusammenhngen die Rede gewesen. Wir wissen es bereits, da die Kreislufe des Seins scheinbar wirr und unsglich unbersichtlich durcheinander gehen. Sie kreuzen sich so vielfltig, da sie als gleichzeitiger Auf- und Abbau manchmal nicht auseinanderzuhalten sind. Dennoch mu man sich einmal prinzipiell darber klar werden, was das Leben als solches beim Proze der Humifizierung geleistet hat und in welcher Weise es als Humusbildner in Betracht kommt. Mu ich hier noch einmal wiederholen, da im Humus alles endet? Nicht nur werden alle Gesteine ausnahmslos zuletzt zu Humus, sondern, einmal zerlst, sind sie auch nach ihrer ursprnglichen Beschaffenheit nicht mehr zu unterscheiden. Sowohl der Wasserhaushalt, als die Klimaauswirkungen gehen groenteils mit Hilfe von Organismen vor sich. In diesem Fall ist beides in die aufbauende Phase mit eingeordnet. Im anderen Fall bleibt sie nur mechanisch, also eigentlich nur Abbau. Auer in der Tiefe der Weltmeere kennen wir keine Neubildung von Erosionsschutt zu knftigen Gebirgen. Der Vorgang selber ist uns vllig unbekannt. Aber alles, was sich nach der Aufwlbung ereignet, ist nur einsetzende Abtragung, also negativ. Solche Abtragung liefert zur Humusbildung einzig das grobe, mineralische Grundmaterial, nicht mehr. Das aber mu erst wieder vom Leben durchgeprgt werden. Licht zersplittert zwar Gesteine, aber es tut nichts zu ihrem Aufbau. In den Wsten werden sie nicht nur durch Temperatursprnge, sondern auch durch die kurzwellige Strahlung zersprengt, in schalenfrmige Konkremente auseinandergerissen. Die Sahara man erinnere sich an frhere Teile dieses Kapitels liegt voll von Splittern durch die Sonnen- und Weltraumstrahlung. Vulkane beteiligen sich an der Kohlensureproduktion. Hier biegt ein physikalischer Kreislauf sichtbar ins Organische um. Ein Geschehen in der Erdrinde sei es nun radioaktiv bedingt oder nicht wirkt sich also hier im Zustand der Vegetation aus. Dort, wo Vulkanketten in einem warmen, regenreichen Klima sich aufwlben, hnlich den Pithons auf Martinique oder dem Massiv der Grande Soufriire auf Guadeloupe oder dem viergipfeligen Diadem auf Tahiti, tragen sie einen undurchdringlichen Mantel immergrner Urwlder. Die schweren Schwaden des Kohlendioxyds, die stndig an ihren Flanken herabfluten, rufen ein schrankenloses Wachstum 144 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

hervor. Die Ausstoung riesiger Wolken von Wasserdampf, die zu allen noch ttigen feuerspeienden Bergen gehrt, durchfeuchtet stndig die Luft. Die Bden enthalten mehr Phosphor, mehr Schwefel und in Gestalt von Laven alles Mineralische in einer der Humifizierung ntzlichen Konsistenz. berall aber flicht sich in das Anorganische das Organische untrennbar ein. Es mndet gewissermaen in ihm, wie in einem allen Elementarzustnden gemeinsamen Ziel. Immer wieder hat man den Eindruck gehabt, da das Leben der eigentliche Sinn des ewigen Wandels auf unserem Gestirne sei. Da ohne Leben sich kein Humus bildet, gehrt zu den Binsenwahrheiten aller Bodenwissenschaft. Das wrde soviel heien, als da er mit dem Leben zugleich begann. Das freilich knnen wir nicht beweisen. Da wir ber die Anfnge des Organischen berhaupt so schlecht unterrichtet sind, so knnen wir vorderhand auch nichts ber die des Humus aussagen. Hchstens in der vorsichtigen Form: Die unbekannte Entstehung des Lebens brachte auch die unbekannte Entstehung des Humus mit sich. Unsere Kenntnis der ersten Humusbildung setzt sehr spt ein. Man kann sie kaum weiter zurcklegen, als bis zu den Steinkohlenwldern. Das bedeutet, in eine Zeit, in welcher es schon eine wenn auch altertmliche Waldflora gab, eine Formation von Sumpfwldern, einfrmig zwar, aber doch nachweisbar aus verschiedenen Etagen, nmlich flutenden Gewchsen, Grsern, Bschen und Bumen zusammengesetzt. Dem mssen viele andere, viel primitivere Stadien der Vegetation vorausgegangen sein. Von ihnen wissen wir so gut wie gar nichts. Wir knnen nicht einmal den Zusammenschlu mit einer ausgestorbenen Tierheit ahnen. Die Steinkohlenwlder waren Waldsmpfe. Alle die Pflanzen, die sich zu diesem Verband zusammengetan hatten, mssen in hohem Grad feuchtigkeitsliebend gewesen sein. Dieses Bedrfnis ist so tief in ihre Wesenheit bergegangen, da sie es auch heute noch sind. Die Schachtelhalme der Gegenwart wachsen mit Vorliebe immer noch im Morast, genau so wie ihre Urahnen, die Calamiten. An der Silhouette und am Bau erkennt man schon, da die vorsintflutlichen Siegel- und Schuppenbume (Sigillarien und Lepidodendren) auf nassem, schwankendem, wenig stabilem Grund standen. Sie strebten zwar alle ins Riesenhafte, aber nicht in die Hhe, sondern in die Breite. Mit mchtigem Wurzelwerk durchwucherten sie den Schlamm. Die heutigen Baumfarne (Cyathaeceae) und die Brlappe haben noch immer die uralte Gewohnheit beibehalten, feuchte Schluchten zu besiedeln. Seit damals ist die Welt um vieles trockener und lichter geworden. Sie knnen also nur noch in versteckten Winkeln so leben, wie sie es einst gewhnt waren. Und sie wurden auch kleiner, unbedeutender, unwesentlicher, diese Geschpfe einer Frhvergangenheit, die als Letzte der Letzten noch briggeblieben sind. Ein Waldsumpf aber kann nur aus Schlamm aufwachsen. Wie war dieser Schlamm? Bestand er aus denselben Zusammensetzungen, wie wir sie heute kennen? Darber wissen wir einiges, aus dem man wieder anderes schlieen kann. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 145 PDF-Ausgabe 62010

Man hat aus dem Steinkohlenstaub fossile Kieselalgen herausgewaschen. Das wrde an sich schon beweisen, da die damalige Bodenwelt der gegenwrtigen nicht ganz unhnlich gewesen sein kann. Aber diese fossilen Kieselalgen gleichen aufs Haar unseren jetzigen rezenten Formen. Es sind zwar nur wenige Arten aus den ca. 4000 verschiedenen bekannten Bacillarien oder Diatomeen aber sie sind in groen Mengen vorhanden. Sie bildeten wahrscheinlich auch jene Kieselgur, die ausschlielich aus ihren Schalen besteht und in gar nicht so seltenen Lagern an allen mglichen Orten auf der Welt abgebaut wird. Sie verraten viel mehr, als man es auf den ersten Blick fr glaubhaft hlt. Niemals sind Diatomeen ruberisch. Durch ihre Assimilationsttigkeit leben sie von Kohlensure und Licht. Es mu in diesen natrlichen Schlammbnken unermelich viel Kohlensure abgeschieden worden sein. Sie bestanden vermutlich zumeist aus Detritus, der groen Weide und dem Refugium fr alle Kleinorganismen. Auch heute kann man lebende Kieselalgen im Mikroskop meist im Detritus whlend beobachten. In einem berma von Nahrung schwelgend, treiben sich Unmengen von Bakterien in ihm umher. Er ist die Welt der Protozoen und vieler Bodenpilze. Alle die schweren, groen Dauereier der greren Ruber stranden in ihm oder liegen wohlgeborgen in seiner Hut, auch die von den unterschiedlichen Kleinkrebschen, den Hpferlingen und Ruderkrebschen (Cyklops und Daphnia), die wahrscheinlich auch damals schon ausgedehnte Gewsser mit ihrer Brut bevlkerten. (Denn in knapp zwei Monaten kann ein einziges Daphniaweibchen es auf nicht weniger als 1 291 370 075 Nachkommen bringen, whrend ein Hpferling kaum ber 4400 Millionen jhrlich sich vermehrt.) Aus dem massenhaften Vorhandensein von jenen fossilen Kieselalgen in der Steinkohle kann man also mit unbedingter Gewiheit schlieen, da es mit ihnen zugleich auch enorme Schichten von Detritus gegeben haben mu. Natrlich waren auch die anderen uns schon bekannten Schlammbewohner da. Sie haben sich nur nicht erhalten, weil sie infolge ihrer Zartheit sich nicht erhalten konnten. Immerhin glaubt man Spuren von Rhizopoden zu erkennen. An sich ist es selbstverstndlich, da auch Grn- und Fadenalgen, unbeschalte Amben, Flagellaten, die feinen smaragdenen Zierdinge, die ruberischen Ciliaten nicht fehlten. Sie sind ja alle uralt, viel lter als der Mensch. Vermutlich sind sie auch lter als die ganze Steinkohlenformation, Ihr Entstehen liegt weit dahinter im wesenlosen Grau einer uns in ihren Ursachen wie in ihrer Entwicklung gleich unbekannten Vorzeit. Aber die Bildung von Wldern hat nicht nur Humusspeicherung zur Folge, sie setzt sie auch voraus. Das hat man angesichts der stiefmtterlichen Behandlung des Humus viel zu wenig bedacht. Aber zwischen der ersten Humusbildung und dem, was die Forschung um doch einen festen Punkt zu haben als Landsteigung des Tieres und Landsteigung der Pflanze normierte, ist ein sehr weiter Weg. Auch das schne Wort Algonkium ist nur 146 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ein Name, der eine verschollene Zeitspanne deckt. In Wirklichkeit wissen wir gar nichts von den Anfngen des Lebens, weder zeitlich, noch sachlich. Wenn wir etwas vermuten knnen, so ist es hchstens dies, da winzige, durchaus zwerghafte Lebensformen den groen und bergroen vorausgingen, da also die Einzeller vor den Vielzellern entstanden und die durch Teilung sich fortpflanzenden Arten begannen, und nicht die Trger zweier verschiedener Geschlechter. Diese Feststellung soweit man sie bereits als Feststellung bezeichnen kann ist nicht mehr als ein Strohhalm, getaucht in ein Meer des Nichtwissens. Aber immerhin doch ein Strohhalm. Ein anderer Strohhalm ist die Erwgung, da man sich wahrscheinlich zu Unrecht das erste Leben als einen Schleimtropfen vorstellt, wie man so lange meinte. Plasma ist eine unendlich komplizierte, hochmolekulare Eiweiverbindung. Aber nichts auf der Welt fngt mit solchen unerhrten Komplikationen an, wie lebendes Eiwei, das, wenn es eine Pflanze aufbaut, aus ca. dreiig verschiedenen Aminosuren zusammengesetzt ist. Diese Stufenleiter ist noch dazu abhngig von der Qualitt jener Aminosure, die in geringster Quantitt vorhanden ist, und von Kettenreaktionen, die nur der gewiegte Fachmann halbwegs durchschauen kann. Die Symbiose der Atome, die wir molekulare Zusammenschlieung nennen, will ebenso entwickelt, also gelernt sein, wie jede andere Symbiose. Als Beweis dafr schreibe ich nur eine der berchtigten Eiweiformeln, die des Serumalbumins, hier hin: C450 H120 N116 S6 0140. Das ist kein Beginn chemischen Aufbaues, das ist einer seiner Hhepunkte! Dasselbe gilt von den Kristallseelen, den flssigen Kristallen, die man ebenfalls eine Zeitlang als den Beginn des Lebens ansah. Auch sie sind schon viel zu kompliziert. Und schlielich haben einzelne Forscher auch schon daran gedacht, da ber die Gesteine, besonders den so wandlungsfhigen Kalk, vielleicht der Weg gegangen sein knnte. Nimmt man doch an, da im irdischen Kalk allein 25 000 mal so viel Kohlensure gebunden ist, wie in unserer Atmosphre. Das hat die Veranlassung gegeben, sich eine Linie der Lebensentstehung vorzustellen, die sich aus beraus primitiven Formen starren Gefges zu halb starren und endlich zu kolloidal-gelartigen entwickelte. Aus ihr seien endlich jene Systeme entstanden, die einen Krfteverbrauch durch Bewegung durch einen Krfteersatz mittels Ernhrung ausglichen.

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Wie immer nun diese probiontischen Stadien beschaffen gewe sen sein mgen sie sind restlos untergegangen. Ob Mutationen sie in die Richtung der heutigen Plasmastruktur lenkten, wissen wir nicht. Schlielich kommt man ja allmhlich darauf, auch hinter dem Begriff der Mutation nur eine neue, noch unerforschte Ursache zu suchen. Das erklrt zwar nichts, erleichtert auch nichts, ist aber gerechtfertigter fr eine kausale Welt. Aus allen solchen Erwgungen mte man eigentlich ableiten, da der erste Humus hochgradig mineralisch gewesen sein drfte, da er erst allmhlich immer organischer wurde. Wenigstens jener der Festlnder, die sich nun langsam bildeten. Mit ihnen ging er dann auch wieder unter. Es gibt auf der ganzen Erde nur eine einzige Form, in der sich ehemaliger Humus wenn auch nicht als Humus erhalten hat. Voraussetzung dazu war, da die Pflanzen schon ihren ersten Aufstieg bewltigt hatten. Da berhaupt die Assimilation durch grnes Chlorophyll anstelle jener Assimilation der Tiefe getreten war, die in uralten Tangen sich auf jene dumpfen Purpure, die goldenen Braune, die tiefen Lilas beschrnkte. Diese Welt der grnen Pflanze hing mit unserer sptgeborenen Gegenwart, wenn auch in Form fossiler Arten, aber doch durch dieselben Lebensprinzipien desselben Lebensstoffes zusammen. Sie war eine Welt, in der sich das organische Sein den Humus als groen Umbau bereits geschaffen hatte. Aber, wie gesagt, dieser erste Humus kam in einer anderen Form auf uns. Notgedrungen ging er den wieder aus dem lebendigen Leben herausfhrenden Weg der Verkohlung. Was ist Inkohlung? Man vermutet schon, es handelt sich um den natrlichen Vorgang, aus dem Kohle entsteht. Sein durchschnittlicher Ablauf ist ungefhr folgender: Die Faulschlammbildung der Steinkohlenwlder (und spter auch der Braunkohlenformation) war auf das reichlichste mit Kohlensure durchsetzt. Sie mu Bakterien und Abbauorganismen in astronomischer Zahl enthalten haben. Da diese anaerob lebten, ist mehr als wahrscheinlich. Sie waren also auf die Herausreiung organisch gebundenen Sauerstoffs angewiesen, welcher Vorgang Temperaturen bis zu 75 Grad C entwickelt. Das wissen wir genau, weil sich die Zelluloseaufschlieer und ihre Arbeitsmethoden seit damals nicht gendert haben. Diese Zelluloseaufschlieer zersetzten alles, was in den brodelnden Schlamm einsank. Ob es Rasen jener Psyllophyted genannten Urgrser waren, ob Kronen der Farn-, Siegel- und Brlappbume eine vermutlich viele Meter hohe Schwammschicht unwegsamen Morastes nahm sie auf. Was an Rieseninsekten, an Ursauriern, an vorweltlichen Fischen zugrunde ging, verweste mit im Faulschlamm. Der Luftabschlu bewirkte bei greren Stmmen und Wurzelstcken eine sehr langsam wirkende Destillation, die 148 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

erste Stufe der Inkohlung. Es gab also eine nicht ganz normale Humifizierung, bei der sich zuerst Rinden, Zweige, Bltter so zersetzten, da die harten Teile sich durch eine Art Verschleimung erweichten, whrend Bast und Kernholz immer dunkler wurden, nachdem sie sich zuerst orange frbten. Ist es einmal so weit, dann zerschmilzt die Zellstruktur wie unter einer Lauge und wandelt sich zu einem dicken Brei, in dem Schimmelpilze in unvorstellbaren Mengen hausen. Im Verlauf der biochemischen Prozesse, die unaufhaltsam einander folgen, wird von den Organismen ein erheblicher Teil Zellulose veratmet. Lignine und Lignite entstehen. In den Calamitenwldern zehrten vielleicht Pilze die festen, von eingelagerter Kieselsure harten und glatten Gewebe dieser Riesenschachtelhalme auf. Aus ihrem zerfallenden Zellgefge schpften sich dann Trillionen von Kieselalgen das Silizium in wsseriger Lsung heraus. Lignine und Lignozellulosen aber wandelten sich auf demselben Weg weiter bis zum Humus um. Aber es blieb nicht bei der Humusbildung, und vor allem wurde aus dem Humus nicht wieder ein vorsintflutlicher Wald. Die Luftabschlieung wirkte sich weiter aus und verhinderte, da sich das Rad einer natrlichen Entwicklung gesetzmig aufwrts drehte. An den ltesten, den silurischen Kohlen erkennt man noch Spuren pflanzlicher Struktur. Man erkennt die Streifung, die nicht nur den Schiefer- und Faserkohlen eigen ist. Sie verrt die ber der eingeschmolzenen Zellmasse abgelagerte Faulschlammschicht. Nur dem Fachmann leserlich, haben sich hier erdgeschichtliche Runen in die werdenden Kohlenflze eingeschrieben. Ganze Waldstcke mssen damals im Sumpf untergetaucht sein und kamen nie wieder ans Tageslicht. Oder eine Flut von Schwemmsanden, voll von mitgetragenem Moder, ergo sich ber urweltliches Grn ... Die Steinkohlenperiode gilt in der Geologie als eine Epoche voll wilder Auffaltung, voll von feuerspeienden Bergen, erfllt von der strmischen Erhebung des Variskikums, jenes Urgebirges, das in Gestalt einer quergelegten Spirale vom heutigen Nordamerika ber ganz Europa weit nach Asien hinberreichte. Der Ural, die europischen Mittelgebirge, die Appalachen sind seine letzten, sichtbar stehengebliebenen Stmpfe und ein Groteil liegt in der Tiefe des Atlantiks begraben. Die gewaltig gesteigerte Vulkanttigkeit trug durch nicht minder gewaltige Aushauchung von Kohlensure gewi nicht wenig zum Wachstum solcher erdteildeckenden devonischen und silurischen Riesenwlder bei. Man glaubt, damals ein einheitliches Weltklima annehmen zu drfen, und mit ihm eine unbedingte Herrschaft der Pflanze, die mit dumpfer und unbndiger Lebensgier diese Epoche ganz und in allem zu der ihrigen machte. Die seit vielen folgenden Erdzeitaltern lngst vergessenen Auffaltungen des Variskikums hatten die gigantische Durchschnittshhe des Gaurisankars oder des Mount Everest. Man hat aus den Stteln sogar zweieinhalbmal so hohe Gipfel wie den des Montblanc herausgerechnet. Sie wurden in einer geradezu frchterlichen Erosion rasch wieder abgetragen. Das bedeutet, da http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 149 PDF-Ausgabe 62010

sich berall an den Hngen und Bergmassiven bersteilte Flanken bildeten, berronnen von Schleierfllen und tobenden Wildbchen. Wenn die Geologen meinen, das ganze Variskikum knne nicht unter 10 000 m hoch gewesen sein, so heit das, in das Problem der Steinkohlenentstehung bertragen, da ein Groteil der Wlder nicht nur in den Tlern, sondern vor allem an den Steilflanken Fu gefat hatte. Sie wurzelten also mehr oder weniger alle auf Rutschterrain, und so glitten sie denn auch bei den hufigen tektonischen Beben, die Entstehen und Vergehen eines jeden Gebirges begleiten, in die Tiefe, wo sie von nachstrzendem Schutt und ausgedehnten Muren eingesargt wurden. Man glaubt durchaus nicht, da das Schwarze Gold in den flachen Ebenen, wie sie die Gegenwart kennt, entstanden sein knne, denn jene Ebenen schliefen damals fast ausnahmslos in dem titanisch ausgebreiteten Urmeer Tethys. So sind Auffaltung des Variskikums, Steinkohlenwlder und riesige fossile Humusbildung auf das engste aneinander geknpft. Eines hing vom anderen ab, und alle zusammen sind nur Teilerscheinungen einer Erdentwicklung, die sich nach anderen Notwendigkeiten des natrlichen Ausgleiches vollzog. Jedenfalls in einem anderen Tempo, als wir uns dies heute plastisch vorstellen knnen. Die bis auf wenige Ausnahmen ausgereiften Landschaften der gegenwrtigen Erde lassen sich in nichts mit diesem Erdaltertum vergleichen. Alle Mglichkeiten der Oberflchenvernderung wirkten sich in Maximas aus, die in raumbeherrschenden, unnachgiebigen Krfteballungen gegeneinander spielten. Gewissermaen rangen Riesen gegen Riesen in blinder Naturkraft. Und so mu man eben das berma jener Epoche in allem und jedem begreifen: Ein Zuviel an Gebirgsauffaltung, ein Zuviel an Erosion, ein Zuviel an Vulkanismus, ein Zuviel an Wasserdampf-, Kohlensure- und Lavaproduktion, ein Zuviel an Bewaldung und aus alledem resultierend eine verschwenderische Humusbildung, die dann als Humus gar nicht zu ihrer natrlichen Wirkung gelangte, sondern durch die Inkohlung davon ausgeschaltet wurde. Das alles griff mit kolossalen Strungen ununterbrochen in seine gegenseitigen Ablufe ein, sich zugleich hemmend und beschleunigend. Das einzige, das aus dieser von Kataclysmen durchtobten Epoche auf uns kam, ist auer einem noch immer nicht ausgebeuteten Reichtum an Erzen ein unwahrscheinlich groer berflu an Kohle, Graphit, Teer und Bitumen,

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den diese Frhzeit der Erdgeschichte uns dort hinterlie, wo sich einst himmelhoch die Urgesteinsgipfel und spteren breiten Plateaus des alten Variskikums aufreckten. Nun gibt es nicht nur eine Sapropelstreifung zwischen Kohleschichten, sondern auch echten Humus. Auch der liegt, zu Streifen zusammgepret, zwischen der Glanzkohle, die, an sich tiefschwarz, sprde, von gleiender Gltte und muscheligem Bruch ist. Sie heit auch Pechkohle, und wo sich jene Streifung bemerkbar macht, ist sie durchsetzt von feinen und groben Fasern, die jedoch immer von Landpflanzen herrhren. Je organischer, um so kohliger ist die Kohle und um so hher infolgedessen ihr Heizwert. Das begreift man allein schon aus den Wassergehaltstabellen, die fr junge Kohle bis zu 60 Prozent anfhren, whrend sie in durchschnittlich guter Steinkohle allerhchstens 7 Prozent rechnen. Zu Anfang, als man den organischen Ursprung der Kohle entdeckte, machte man sich von ihr das Bild einer fossilen Holzkohle. Man stellte sich vor, diese sei durch unermelichen Druck und hohes Alter schlielich einfach zu Steinkohle geworden. Dieses Bild entspricht jedoch in keiner Weise der Wirklichkeit und ist so falsch, wie viele vorgefate und nicht gengend durchdachte Meinungen. Die Tatsache heit vielmehr und das ist fr das Problem dieses Buches von grundlegendem Wert: die meiste Kohle ist Humuskohle. Das kann man daraus schlieen, da es in jenen vllig versunkenen Vergangenheiten nicht nur berschwnglich viel Humus gab, sondern da dieser Humus von auerordentlichem Zellstoffreichtum gewesen sein mu. Denn nur dadurch vermochte sich aus ihm so viel Kohlenstoff zu bilden, da es zu einer bis zum Endprodukt Kohle vollendeten Inkohlung kommen konnte. Man versuche nur einmal, die 3-20prozentigen Humusbden, auf denen unsere Ernten durchschnittlich reifen, oder gar die erbrmlichen humusarmen Rohhumusbden, mit denen die Mehrzahl unserer Forste vorliebnehmen mu, einer Inkohlung zu unterziehen! Man wrde sich sehr wundern, was da fr ein verschwindend armseliges Produkt die Mhe lohnt! Keine Demonstration knnte den prinzipiellen Unterschied zwischen einem humusaufbauenden und einem humusabbauenden Erdzeitalter besser beweisen. Wohl sind in alten Steinkohlenflzen noch mchtige, selber ganz in Kohle verwandelte Stmpfe von einstigen Sigillarien und Lepidodendren eingebettet. Aber eben dadurch kann man sich davon berzeugen, da die brige Kohlenmasse nicht nur aus reinem Holz besteht. Sondern da sie oft nur der Rckstand von fossiler Waldstreu und dicken, teilweise humifizierten Waldmoorablagerungen ist. Auerdem gibt es bekanntlich echte Humus flze. Die stehen z. B. in der Kannelkohle in der Zeche Schlgel und Eisen auf solchem Wurzelboden an. Ihre Streifung erklrt man sich so, da immer wiederkehrende berschwemmungen oder regelmige berflutungen aus http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 151

dem Sumpfgrund sie von Zeit zu Zeit durchnten. Aber man macht sich trotzdem man nur wenige Naturprodukte so genau wie die Kohle in allem, was ihre Verwertung und Ausntzung anlangt, kennt im groen ganzen doch ein wahrscheinlich recht unzulngliches Bild von den Vorbedingungen ihrer Entstehung. Schon allein das nie fehlende Vorkommen von so viel Grubengas (Methan) in der Steinkohle lt unbedingt darauf schlieen, da die trockene Destillation entweder mit Fulnisprozessen verbunden war oder diesen direkt nachfolgte. Die Fulnisprozesse, die als Abbaustufe der Humifizierung vorausgehen, knnen wieder nur durch Verwesung organischer Stoffe entstehen. Sonst ergbe sich eine Mumifizierung, bei der schlielich alle umsetzenden und aufschlieenden Ablufe innehalten. Von Mumifizierungen entdecken wir jedoch keine Spur. Alles, was uns in der Kohle begegnet, ist immer wieder nur derselbe, frher oder spter unterbrochene Humifikationproze, der offenbar noch unterirdisch eine Weile weitergefhrt wurde, bis er dann in eben jener Destillation endigte, die keineswegs nur die versunkenen Wlder, sondern auch den Humusgrund, aus dem sie hervorgingen, mitbetraf. Daher rhrt es, da uns in der Form der Kohle eben auch ein Teil des fossilen Humus erhalten blieb. Was nicht der Inkohlung verfiel, verschwand irgendwie aus dem Erdgeschehen, denn es verkam in Erdbeben, unter Lavastrmen, es geriet mit der Erosion in die Ozeane und wanderte wohl auch mit diesen weiter. In der schon im Perm beginnenden Wstenbildung wurde es ausgedrrt und als Staub vom Wind weit ber die damaligen Festlnder vertragen. Vor allem aber wurde es von der rasend aufwuchernden Pflanzenwelt als Humus aufgebraucht und verging, als sie verging. Wie immer dieser Humusschatz aus dem Ende des Erdaltertums zerstreute sich in alle Elemente. Er hat sich (abgesehen von dem durch die Inkohlung konservierten) restlos verloren. Er kehrte wieder in seine Urbestandteile zurck, teils in der organischen, teils in der anorganischen Verkettung. Denn mit den brigen Eigenschaften des Lebens teilt er auch dessen immerwhrende Vergnglichkeit. Braunkohle verhlt sich im Prinzip nicht anders als Steinkohle. Sie ist aber stets jnger, liegt zumeist aber nicht immer lange nicht so tief, denn sie ist fast ausschlielich als Erbe des Tertirs auf uns gekommen. Wohl gibt es auch hochglnzende Pechkohlen unter der Braunkohle, wie z. B. im Haushamer Bergwerk, das weit unter den Schliersee vorgedrungen ist und mehr als 900 m tief hinabreicht. Aber zumeist frdert man sie nur im Tagbau. Trotzdem auf Java und in Sdasien sehr alte Flze noch aus dem Eozn angefahren wurden, die an Kalorien der Steinkohle angeblich gleichkommen, ist sie niemals dasselbe wie diese und kann es auch niemals werden, denn die Wlder, die in der vorletzten Erdperiode verkohlten, entstammen einer vllig anderen Flora. In ihnen wuchsen verschiedene Arten von Sumpfzedern (Sequoien) und Nadelhlzern, die auch heute noch leben. Demzufolge grnen 152 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

in Guatemala, im sdlichsten Mexiko und um den Golf von Honduras herum hnliche Wasserwlder, wie die schon erwhnten der floridanischen Everglades, aus denen sich heute noch nachlebende Braunkohle bildet. Dagegen ist der Vorrat an Braunkohle auf unserer Erde sehr gro, und kein Kontinent ist ohne sie. Alle Lignitkohlen sind echte Holzkohlen, hellbis dunkelbraun, oft zu Sphnen zerspalten, die denen des frischen Holzes noch durchaus gleichen. Aber auch zur Braunkohlenbildung trug der Humus sein wesentliches Teil bei. Alle die weichen, erdigen, leicht zerreibbaren, mulmigen und schnell zerfallenden Substanzen, die man als Moorkohle kennt (die das Material zu Braunkohlenbriketts liefert), die Bltterkohle, Stinkkohle, der Rohstoff fr die Malerfarbe Klner Umbra, berhaupt alle die Erdkohlen und Bitumenkohlen (wie die aus Mittelbosnien) sind nichts anderes als tertire Humuskohlen. Das ist auch ganz selbstverstndlich. Ich habe selber gesehen, wie sich die Bildung der lebenden Braunkohle vollzieht. In den von Opossums, Waschbren, Alligatoren, Schildkrten, Ochsenfrschen und vielen giftigen Schlangen bewohnten Sumpfzypressenwldern wird der Zwischenraum zwischen den gestrzten Stmmen von triefendem Faulschlamm ausgefllt. Darber steht das Wasser oft meterhoch. Alles, was an Tier- und Pflanzenleichen in diesen Morast gert, vermodert unter und zwischen dem unerkennbar verflochtenen Gewirr von Ranken, Rinden, Wurzelknorren, Kronen, Bschen bis zu den an 6 m hohen Halmen des Riesenpfahlrohrs (Arundo donax), den Wiesen von Sgegrsern (Cladium) und dem Palmettounterholz, die von weien Lilien leuchten. Aus alledem bildet sich ein zher, dunkler Faulschlamm, der sich in schweren Klumpen zusammenballt und sich wahrscheinlich irgendwo auf dem Boden tief eingesenkter Quellhorizonte verfestigt. Hier sieht man in die Entstehung von fossilem Humus hinein. Er schuf so wie heute die Vorstufe der Inkohlung. Denn er schuf ihre biologischen und chemischen Vorbedingungen, auch die der Vergrung, Verwesung und zuletzt der trockenen Destillation. Er lieferte die Organismen, die das alles zustande brachten. Natrlich warf man frher auch die Torfbildung mit der Braunkohle zusammen. Auch hier irrte man sich. Denn es findet zwar ebenfalls eine Einschmelzung und Aufschlieung von Zellulosen statt, die zum Schlu in einem unerkennbaren Wirrsal von Faserwerk endigt. Es wird aus wenig Pflanzenwurzeln, viel Faulschlamm und hauptschlich Torfmoos (Sphagnum) zusammengepret. Aber hier ist berhaupt keine Humusstation dazwischengeschaltet, weil auch von keinerlei Humusgrund die Rede ist. Das Sphagnum steht ganz einfach aufrecht in einem Seebecken, das durch die Torfbildung verlandet. Die rasch und ins Endlose wachsenden einzelnen Moosstengel haben die Eigentmlichkeit, auch dann noch Wasser zu pumpen, wenn sie bereits abgestorben sind. Infolgedessen erhlt sich die schwammartige Beschaffenheit und es kommt gar nicht zu einer Vererdung. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 153 PDF-Ausgabe 62010

Bestenfalls entsteht nur Detritus, denn jedes Torfmoor ist zugleich Sammler von hineingewehtem Luftedaphon, das dann auch viele Amben und Rhizopoden in ihm entwickelt. Durch die stauende Nsse entstehen stets Humussuren, aber durch die mangelnde Humifizierung fehlt die Mglichkeit eines Sureausgleiches. Die Surezahlen stimmen darum fr gewhnlich mit denen des schlimmsten Rohhumus berein, d. h., sie bewegen sich um 3-5 pH herum. Diese wenigen Angaben gengen wohl schon, um zu erklren, da sich aus Torf niemals Kohle bilden kann. Torf und Vertorfung sind nur eine Art abseitiger Zwischenstufen, sie sind nur eine Zelluloseeinschmelzung, arm an Stickstoff, reich an Suren, fast ohne mineralische Beimischung. Die schwarzligen Lachen, die da und dort aussickern, beherbergen ein nicht ungefhrliches Mikrobenleben. Ntzliche Nitrate entstehen nicht mehr, der Abbau geht nur bis zu den giftigen Nitriten. Die Schwefelverbindungen spielen eine bermig groe Rolle und sie werden von eigens darauf spezialisierten Organismen zerlegt und umgebaut. Da stt man immer wieder auf eine Microspira desulfuricans, ein lebhaft bewegliches, schraubenfrmiges Spirillum, das massenhaft im schwarzen, oft nach Teer oder Petroleum stinkenden Faulschlamm umherwimmelt. Schwefelwasserstoff, befreit durch zersetzende Bakterien, steigt mit dem Gestank nach faulen Eiern aus der zuweilen unheimlich brodelnden Tiefe. Andere Schwefelbakterien, unter denen sich manchmal rote Purpurbakterien oder die Gruppe der Thiosulfatbakterien befinden, oxydieren im Licht unterschweflige Sure oder solche unvollstndige Schwefelverbindungen, die dann wieder zur Basis von Sulfiden werden. Etwas wie ein auf winzige Grenzen eingeschrnkter Schwefelkreislauf spielt sich so ab, herrhrend aus faulenden Krpern, der den Grund so ungeeignet fr das normale Pflanzenleben macht, da er von fast allen Gewchsen gemieden wird. Nur die eiszeitliche Birke (Betula nana), scharfe Riedgrser (Carex-Arten), Fettkraut und Sonnentau (Pinguicula und Drosophyllum) und noch ein paar Simsen wagen es, sich neben solchen dsterschillernden Torflachen niederzulassen. Und auch davon decken die beiden letzteren ihren bescheidenen Eiweibedarf durch Fleischnahrung, die sich in Insektengestalt in ihren als Fliegenfalle wohlbewhrten Blttern fngt. Schlielich, oft erst nach Jahrhunderten, geht dann alles in den Faulschlamm ein und macht als Moder-, Sumpf-, Pech- oder Spicktorf zum Schlu doch noch eine Art von halbvergorener Inkohlung durch. Sein mineralischer Gehalt ist so geringfgig, da er hchstens 15 Prozent Asche hinterlt. Sonst geht er ber maximal 6 Prozent Stickstoff und 60 Prozent Kohlenstoff nicht hinaus. Dagegen kann er nicht lange genug getrocknet werden, denn seine schlammige Beschaffenheit veranlat ihn, bis zu 90 Prozent Wasser aufzunehmen. Natrlich wird er um so humser, je lter er wird. Aber leider ist das eine Art von minderwertigem Humus, der erst vielfltig verbessert, sozusagen veredelt werden mu, ehe Mensch, Tier 154 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

und Pflanze Freude an ihm haben. Man hat nicht unrecht, wenn man die ganze Vertorfung als einen Abweg der Humifizierung bezeichnet, der, wie alle Abwege, weitab vom Ziel fhrt. Da Torf dem Menschen als Brennmaterial ntzt, hat damit nichts zu tun. Denn auch dadurch gelangt er erst auf einem umstndlichen und weitgesponnenen Umweg wieder in den groen Kreislauf zurck, in den er niemals am Ort seiner Entstehung, sondern meist sehr entfernt einmndet. Aber es gibt einen noch greren Umweg, der noch weiter von der Humifizierung wegfhrt, obgleich er einige Frhstadien mit ihr gemeinsam hat. Man braucht sich nicht lange zu besinnen, was damit gemeint ist. Welcher Zeitgenosse wird nicht an das Erdl denken? Es gibt ein Bacterium perfringens (auch Bact. Welchi genannt), mit dem man sich eine Weile sehr intensiv beschftigt hat und das immer noch besonderes Interesse erweckt. Man wute von ihm, da es auf anaerobe Weise von verseiften Fetten lebt, hnlich seinen in der menschlichen Gallenblase hausenden Genossen. Also setzte man es eines schnen Tages kurzerhand auf Seife und wartete ab, was nun geschehen wrde. Richtig fing es sehr bald an, diese aus Olivenl hergestellte Seife zu zersetzen. Die Verwandlung war vollstndig. Die Seife lste sich auf in Kohlendioxyd und in eine schwarze, wasserfeindliche Flssigkeit, die man nur mit viel Geduld zum Brennen bringen konnte. Auerdem aber entstand Petroleum. 1400 kg Seife ergaben allerdings nur 1 cbm Petroleum, aus dem man durch Destillation jedoch 250 1 Benzin herausholte. Seither ist der franzsische Bakteriologe, dem dieses Experiment zuerst gelang, der festen berzeugung, da Petroleum nur so entstanden sein knne, da ungeheure Fettmassen aus aufgehuften Tierkadavern mit bakterieller Hilfe in das Blut der Erde umgewandelt worden seien. Nun stellt man sich ja tatschlich seit lngerem vor, da vorsintflutliche Tierleichen zu natrlichen Friedhfen durch Wasserstrmungen zusammengetragen wurden. Dadurch, da sie teils unter schweres Salzwasser, teils unter zusammenhngende Sandschichten gerieten, erfolgte so glaubt man keine richtige Verwesung. Es kam nur zu einer Art faulender Fettvergrung, sagt man sich seit der Bekanntschaft mit dem Bact. perfringens. Andere Forscher denken aber auch an unermelich groe Mengen von

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Fischlaich, Meertieren, Fischen und unterschiedliche Flach - und Tiefseebewohner, die in seichten Buchten angesplt und dort gewaltsam verlandet worden seien. Fr diese Hypothese spricht die chemische Verwandtschaft des Petroleums mit dem schwarzgrnen Ichthyol und anderen unzweifelhaften Fischlen. Gegenwrtig meint man allerdings, die natrliche Fettquelle in undenkliche Zeiten lang aufgespeichertem, beraus reichhaltigem Meeres- oder Swasserplankton (der unsichtbaren Wasserlebewelt) suchen zu sollen. Darin aber ist sich die gesamte Forschung einig: Ohne Bakterien entsteht kein Petroleum. Der Gasdom, der allezeit ber einem unterirdischen Cilsee schwebt, besteht zum grten Teil aus Kohlensure. Nach einer Salzwasserschicht, meist mit mehr oder weniger Sand vermischt, steigt im Rohr erst das 01 herauf. Der Olsee selber kann an 1000 m tief liegen. Etwa so weit gehen die kalifornischen Bohrtrme, die weit drauen im Meer zu schwimmen scheinen, hinunter. Trotzdem hat man auch aus ihnen mit dem hellen oder dunklen, dickflssigen oder wasserdnnen Bohrstrahl lebende Bakterien herausgefischt, die unter gar keinen Umstnden von auen hineingelangt sein konnten. Man konnte nicht daran zweifeln, da sie entweder dieselben oder doch die Nachkommen jener Bakterien waren, die einst vor Jahrmillionen aus irgendwelchen Tier- oder Pflanzenmassen jene flchtigen Kohlenwasserstoffe abspalteten, die dann als Erdl liegenblieben. Welch endlose Generationsketten primitivsten Lebens schwingen hier in die verschollene Finsternis der Erdfrhzeit zurck! Bakterien pflegen sich, wenn sie ungestrt sind, fr gewhnlich alle halbe Stunde zu teilen. Welcher Menschenkopf vermag sich ein solches gigantisches Bakterienwesen auch nur annhernd plastisch vorzustellen? Vieles an Einsichten ber die Erdlentstehung ist noch umstritten. Wie bei der Kohle, wei man besser, wie man diesen wichtigen Stoff verwenden kann, als wie die Vorbedingungen seiner Herkunft waren. Dennoch mssen wir auch die Erdlbildung fr einen Sonderfall der fossilen Humusbildung halten, bei welcher dieser gezwungenermaen in andere, dauerhaftere Konservierungsformen berging, ehe er zu ausgereiftem Humus wurde. Anaerobe Bakterien wie das Bact. perfringens (das natrlich nicht als einziges beteiligt ist) bedrfen anaerober Nhrbden. Sie kommen nicht aus der Luft, denn sie knnen nicht in freiem Sauerstoff leben. Sie tun es auch heute nicht. Sie sind reine Abbauer und Aufspalter. Sieht man sich um Beispiele aus der Gegenwart um, so verfllt man auf die Playones jene zahllosen Schlamminseln, die, beladen mit geknickten Stmmen, Lianen, Schlingfarnen, nicht nur auf dem Magdalenenstrom, sondern auch auf allen anderen Urwaldstrmen hinaus ins Meer treiben. Unterwegs stranden sie oft genug in Altwssern oder Seitenarmen, werden immer wieder von neuem Material berhuft, tief in den schwammigen, nassen 156 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Grund hinuntergedrckt und versinken von Zeit zu Zeit vllig unter dem Wasserspiegel. Neue Faulschlammschichten verschtten sie. Schlielich erfolgt eine Zersetzung mit mchtiger Gasbildung, hnlich den Schlammvulkanen auf dem St. Marys River. Unschilderbare Massen saprophytischer Bakterien und Aufspaltungsorganismen finden hier ein wahres Dorado. bertrgt man dieses Bild der Gegenwart auf jene gestorbene Erdvergangenheit, so ndert sich nichts Grundlegendes daran. Wenn es auch nicht dieselbe Flora und Fauna war, so sind es doch dieselben Vorgnge der Aufschlieung, in der auch sie zu Ende liefen. Vervollstndigt man diese Vision des Gewesenen noch durch herantreibende tierische Leichenfelder, durch unendliche tote Fischzge, die vielleicht in jenen schwefeligen Gewssern erstickten, oder durch verfaulende, fettbuchige Riesendrachen, deren Verwesung gestrt und abgebogen wurde so knnte man sich sehr wohl vorstellen, wie jener Stoff sich entwickelte, der dann unsere moderne Epoche des Autos, des Flugzeugs, berhaupt des Explosionsmotors schuf. Es ist eine merkwrdige und nachdenklich machende Parallele, die sich da wie ein weit geworfenes Lasso verankert: Wtender berflu organischen Lebens gebiert einen nicht weniger wtenden berflu der Technik. Und beider Produkte manifestieren sich als ein Heraustreten aus dem ewigen Kreislauf. Sie kosten Fruchtbarkeit der Erde. Aber auf unendlich vielen, kaum mehr berschaubaren Umwegen fhren auch sie zuletzt dann doch irgendwann einmal in die groe Ordnung des Lebens und Todes zurck ... Damit sind die Arten der Konservierung von Humus in der Natur aufgezhlt. Die Erde kennt keine anderen. Wir sind freilich daran gewhnt, Petroleum, Steinkohle, Braunkohle, Torf nur praktisch einzuschtzen. Wir haben immer verbrannt, was sich verbrennen lie und in Energien verwandelt, was dazu geeignet schien. Die Zivilisation ist ein unersttlicher Moloch, der bedenkenlos verschlingt, was ihm erreichbar ist. Er achtet wenig auf natrliche Zusammenhnge. Kohle war lebendiges Leben, Torf und Erdl desgleichen. Gemessen am Umfang unseres Gestirnes und unserer Atmosphre, bedurften sie einer gewaltigen Menge von Gasen, Licht und mineralischen Substanzen, um ihr rein materielles Dasein aufzubauen. Der Verbrauch an Stoffen und Energien war jedenfalls so gro, da die Oberschicht der Erdrinde sowohl, wie die Unterschicht unserer Lufthlle irgendwie in Mitleidenschaft gezogen worden sein mu. Jedenfalls unterbrachen sie mit der Konservierung den vorgeschriebenen, wohlausgewogenen Kreislauf. Durch sie wurden riesige Massen organischer Substanzen abgelenkt und gewissermaen der Bahn des Lebens entfhrt.

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Welche Folgen das fr die nchsten Erdperioden hatte, wissen wir nicht. Es ist aber ganz unwahrscheinlich, da es gar keine Folgen gehabt haben sollte. Durch Inkohlung und ldestillation wurden Berge von fossilem Humus ihrer Funktion entzogen. Sie konnten also weder gestorbenes Leben aufnehmen, noch wiederum neues Leben aus ihnen schaffen. Es stehen uns keine Zahlen zur Verfgung, wie gro diese Bodenschtze einmal gewesen sein knnen. Man hatte, als man anfing, sie zu verwerten, keine Ahnung von ihrem Umfang. In England begann man Kohle schon im 9. Jahrhundert abzubauen. Die lquellen von Baku bentzte man bereits in der Antike. Eine ganz oberflchliche berschlagung endet bei vielen Billionen Tonnen in einstigen Kohlenflzen. Heute glaubt man, da auf der ganzen Erde noch beilufig 5 Billionen Tonnen Steinkohle und an 2900 Milliarden Tonnen Braunkohle zur Verfgung stehen. Wieviele waren es aber? Wer kann das wissen? Noch weniger kann man das Petroleum schtzen. Man entdeckt zwar immer noch neue lfelder und wiegt sich in der Hoffnung, mit besseren Methoden noch mehr herausholen zu knnen. Dennoch aber frchtet man, da das unterirdische lvorkommen ein wahrer Ozean, so lange man ihn nicht berhrte bei dem fantastischen Verbrauch der Gegenwart hchstens noch fnfzehn Jahre ausreichen wrde! Nehmen wir nun an, diese Zahlen, die als Industrie -Information in allen Lndern kreisen, seien richtig. Nehmen wir an, die gesamte Vergangenheit htte nur den zehnten Teil dessen verbraucht, was das 20. Jahrhundert frdert, verbrennt, vergast, verflssigt. Nehmen wir an, es seien noch in der Arktis, Antarktis oder unter dem Meeresgrund 50 Prozent mehr als geschtzt unberhrt vorhanden. Dann wrde das alles zusammen an 12 bis 15 Billionen 6000 Milliarden Tonnen Kohle betragen. Bekanntlich entsprechen 10 Tonnen Kohle einem Ausma von 11-13 cbm. Da wir aber auf unserem ganzen Planeten nur 136 410 000 qkm Festland besitzen, kann, wer sich dazu die Zeit nimmt, ausrechnen, welche Menge an Leben dadurch der Erde verloren ging. Denn es ging wirklich verloren. Nicht nur der Humus verkohlte, sondern auch seine ganze Lebewelt, Tiere, Pflanzen, das Reich der Unsichtbaren alles schwand mit ihm dahin. Es schied aus der Fruchtbarkeit der Erde aus, es tauchte in ein wirklich totes Seitengeleise des irdischen Seins unter, es fand keinen Weg mehr zurck in den das grundlegende Gleichgewicht erhaltenden Ausgleich. Aber darber hat man kaum jemals ernstlich nachgedacht. Und doch gibt es, wollte man nur einmal eine diesbezgliche Frage stellen, eine Antwort, die man ganz gewi nicht berhren wrde. Denn die Erdgeschichte gibt sie jedem, der sie kennenlernen will. Durch viele Jahrtausende hindurch hallt sie nach. Trotzdem hat der Mensch sie niemals zu vernehmen gewnscht. Oder hat er sie nur nicht richtig verstanden? 158 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Im Perm fand die erste Steinkohlenbildung ein pltzliches Ende. Mit einmal wird das Klima khler. Der Pflanzenmantel der Tler und Hnge wird so oft unter dem nachstrzenden Erosionsschutt des Variskikums begraben, bis sich eine massive Schotterdecke weit hinaus in die Ebenen schiebt. Diese Schotterdecke ist noch berall vorhanden, sie reicht vom Altai und China ber den Don, durch ganz Europa, ber Belgien, England nach Nordamerika hinber. Sie ist zuweilen in Hunderte von Metern dicken Schichten aufgehuft. Damit fllen sich weite Strecken der an den Scheifsockeln flacher werdenden Tethys allmhlich aus. Langsam hebt die groe Austrocknung an. Da und dort bilden sich an einstigen Meeresksten und scheinbar aus spten Galeriewldern noch limnische Kohlen, aber das sind nur schmale Flze, deren Material hauptschlich aus riesigen Schilfwldern stammt. Ein flaches Zechsteinmeer reicht noch lang ber das Altertum der Erde hinber bis in ihr Mittelalter. Aber auch das Zechsteinmeer verdorrt. Es hat weder so lange gedauert, noch war es tief genug, da sich neue Gebirge aus ihm htten erheben knnen. Sein Grund enthielt scheinbar zumeist Sande, die letzten feinzermahlenen Reste jener unbersehbaren Schottermassen des Variskikums, die sich ber die norddeutsche Tiefebene und eigentlich in ihren Auslufern ber ganz Mitteleuropa erstreckten. Reine Sandbnke dehnten sich von Holland bis nach Ruland aus. Man wei, da sich in den tiefsten Mulden wie in einer Lagune die eindampfenden Meeressalze ausfllten. Sie bildeten Ste von Kali, Karnallit, Kainit und Steinsalzen, ungeheuer, gigantisch, die durch sptere allmhliche Einsenkungen immer tiefer hinabglitten. In Sperenberg bei Berlin es sei nur daran erinnert hob sich die Steinsalzdecke allein an 1200 m hoch, bei Aschersleben und Stafurt zwischen 350 und beinahe 500 m. Man darf also an eine titanische Salzwste denken, so wie die Gebiete um den Eriesee in Mittelaustralien. Man hat alle diese geologischen Tatsachen bisher immer widerspruchslos hingenommen. Man dachte nicht einmal daran, nach dem Warum zu fragen. Erdperioden waren eben Erdperioden, und ihre grundlegende Verschiedenheit war etwas Natur- oder Gottgegebenes. Wir leben aber was niemand leugnen wird in einer kausalen Welt. Da wir keine Ursache einer gewaltigen Vernderung kennen, bedeutet nicht, da es keine Ursache gibt. Wre es nicht logisch, zu denken, da jener ungeheure, offenbar uneinbringliche Humusverlust aus dem Ende des Erdaltertums die Ursache des groen Umschwunges sein knnte, der einen groen Teil der Festlnder dann gnzlich unfruchtbar machte? Denn dem Zechsteinmeer folgte unmittelbar die Buntsandsteinwste nach. Diese Buntsandsteinwste bedeckte den umfangreichsten Teil unseres eigenen Kontinentes. Folgend den abgetragenen Stmpfen des Variskikums ging http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 159

ihr lebenzerstrender Schritt aber auch ber England hinber nach Virginia, Nordkarolina, Connecticut und weiter. berall, wo unter mchtig aufgetrmten Schotterschichten die Lebenskraft der Steinkohlenwlder und ihrer Humusmassen unerreichbar, unerweckbar begraben lagen, dehnte sich nun die Wste mit Sand, rotgebrannten Gesteinen (in Amerika New Red Sandstone), mit Tonlagern, Gips und Steinsalz. Die Humusformation des Lebens war noch einmal in die lebenslose Formation von Sand, Salz und Brckelschiefem zurckgekehrt. Der erste groe Wldertraum, der Traum von der unbegrenzten Herrschaft der Pflanze, war ausgetrumt ... Das ist der wahre Roman von der Inkohlung und ihrem gewaltsamen Ende. Ungeheuerliche Zusammenhnge harren hier noch der Erhellung. Unser gegenwrtiges Wissen reicht nicht annhernd aus, sie durchsichtig und verstndlich zu machen. Bei dieser Wende der Erdzeiten, whrend dieses Kampfes zwischen organischem und anorganischem Umbau, stehen die grten Gegenstze ihrer Entwicklung einander feindselig gegenber und wir verstehen nicht, warum. Warum setzten die Umwlzungen frher auf der nrdlichen Erdhlfte ein? Warum wurde das indische Festland von einer schrecklichen Eiszeit heimgesucht, whrend auf der anderen Seite der Erdkugel noch die Waldsmpfe der Steinkohlenzeit grnten? War die zeitliche Verschiebung, da in China und in Sdafrika unermeliche Wlder erst im Perm und noch in den Tagen der Buntsandsteinwste untergingen, vielleicht bedingt durch eine uns noch unbekannte Gleichgewichtsbestrebung? Genaues wissen wir nicht. Wir sind auch keineswegs sicher, da wir es jemals erfahren werden. Tatsache und unbestreitbar ist nur dies: Auf die Wucht der Vernichtung frhester Urwlder folgte berall die Wste. Das lt sich berall erkennen. Nur hat man eben, wie schon gesagt, ein solches Ereignis als etwas hingenommen, das uns urschlich unfabar ist. Man hat es als eine Laune der Natur angesehen. Oder man war der Meinung, da die Erdepochen nun einmal in Extremen ablaufen mssen, da das sozusagen eine Vorbedingung des irdischen Seins sei. Man verfiel nur auf eines nicht: da vielleicht eine Erklrung zu erlangen sein knnte, wenn man versuchte, aus dem Eigenleben unseres Gestirnes, aus den gesetzmigen Ablufen seiner vielfachen Umsetzungen, die sich im Humus und seiner Geschichte manifestieren, die nderungen auf seiner Oberflche zu begreifen. Bisher haben wir die Vorgnge in der uns umgebenden Natur sehr oft falsch oder ungengend verstanden, weil wir sie nicht als eine zusammenhngend aufeinander wirkende Einheit nahmen. Wir verfgen ber eine Flle von Beobachtungen. Wir halten unzhlige Fden von Einzelgeschehnissen in der Hand. Das allein aber ist noch nicht alles. Nur mit Hilfe des

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Kausalittsgedankens, jener unabgleitbaren Mathematik des Wortes ist es mglich, den Einblick in die Vorgnge unseres Gestirnes zu erhalten, der das alles erst logisch verstndlich macht. Denn ohne ein solches logisches Verstndnis kann man sich auf unserem Planeten allenfalls als Wilder, nicht aber als ein den historisch zusammengewachsenen Vlkerverbindungen zugehriger Kulturmensch zurechtfinden. Jeder einzelne, nicht nur die Gesamtheit, mu sich mit seiner Umwelt so gut wie mglich einrichten. Dazu bedarf er einer Ordnung in seinen Einsichten, die ihn allein befhigt, sie richtig anzuwenden. Die Erkenntnis der Weltgesetze mu davon gefolgt werden, da man sich ihrer auch wirklich bedient. Und unsere sichtbare Welt ist im Irdischen ohne Kausalitt undenkbar. Fat man alle die unterschiedlichen Antworten auf die Frage: Wie wird Humus? also nun in diesem Sinn zusammen, so erblickt man ihn als eine Ganzheit, die wiederum der Ganzheit der Erde gegenbergestellt werden kann. Die Ganzheit Humus besteht aus sehr vielen und vielerlei anorganischen Faktoren, die jedoch durch einen einzigen organischen, nmlich das Leben, erst ihrer eigentlichen Bestimmung zugefhrt werden. Leben bedeutet im Humus alles. Es ist Sensibilisator und Katalysator, es ist der unaufhrlich laufende Motor, der alle seine Prozesse stndig im Gang hlt. Das ist uns nun ganz eindeutig klar geworden. Aber wenn Humus nur durch Leben entsteht, so entsteht auch Leben nur durch Humus. Auch daran lt sich nicht rtteln. Dieser circulus vitiosus geht restlos ineinander ber. Die kosmische Vorbedingung schuf die Basis der irdischen Vorbedingungen. Die zerteilen sich wieder in zeit- und raumbedingte Geschehnisse. Aber die ganze Erde trgt zur Entstehung und Erhaltung des Humus bei, hat dazu beigetragen, wird dazu beitragen. Er ist gewissermaen der Brennpunkt, in welchem sich die Einflsse des Wassers, des Klimas, des Lichtes, der Luft, der Gesteinsdecke einigen. Hier findet gewissermaen ihre natrliche Verwebung statt, denn hier besteht zugleich auch die einzige Brcke, auf welcher sichtbar und unsichtbar die Lebensgestaltung in die Auflsung des Todes, die Auflsung des Todes in die nchste Lebensgestaltung hin und zurck wandert. Und nun zum Schlu noch ein paar Worte, welche die Erdgeschichte betreffen. Der verhngnisvolle Humusausfall durch die Inkohlung hat sich dann im Erdmittelalter nochmals wiederholt. (Allerdings nicht in Europa, denn dort gab es erst wieder im Tertir einen solchen gewaltigen berflu an Wldern. Bis dahin aber folgten sich immer wieder Meereseinbrche, berschwemmungen und Wstenbildungen, so da nur gebietsweise Wldertone sich bilden konnten.) Aber von Natal bis zum Kapland liegen Kohlenfelder, die man

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bis lange nach dem Perm zurckdatiert. Die chinesischen Provinzen Szt'schwan und Jnnan besitzen noch immer unschtzbare Mengen von Stinkkohle (also Faulschlammkohle), und die Mandschurei ist voll mit einer schwarzen Pechkohle, die ebenfalls aus jngeren, in diesem Fall sogar schon jurassischen Schichten herrhrt. Auch die australischen Kohlenbecken, tief unten im sdlichen Viktoria, in Neusdwales und bei Sydney, sind aus spten Erdperioden. Aber in Europa begann erst wieder mit der Auffaltung der Alpen im Tertir die Vorbedingung zur Inkohlung. Auch die Uralpen verfielen demselben Schicksal einer enorm raschen Abtragung, welche dieselben riesigen Schotterfelder von unfruchtbarem Erosionsschutt weit ins Vorland hinein verschleppte. Alles, was schon einmal an lange vergangenen Auseinandersetzungen zwischen einem Hhepunkt des Pflanzenlebens und seinem katastrophalen Niederbruch sich ereignet hatte, spielte sich noch einmal ab in demselben rasenden, alles verwstenden Kampf der Weltdemiurgen Wasser, Klima, Luft und Licht, der dann mit dem jngsten der geologischen Unglcke, der Eiszeit, endigte. Im Humus und seinem Schicksal spiegelt sich also die ganze Erdgeschichte. Nur ahnte die Menschheit bis heute so gut wie gar nichts davon. Sie glaubte an den Zufall, an das Extreme, an das Unberechenbare. Humus das war hchstens eine Frage fr Grtner und Bauern ... Denn der vergngliche Mensch hat das Vergngliche aus tiefster Seele. Es fllt ihm auerordentlich schwer, einzusehen, da auch Vergnglichkeit nur eine andere Form von Dauer ist. Freilich einer Dauer, die durch den Wechsel der Gestaltung und nicht durch die krampfhaft herausgegriffene Stabilisierung einzelner Daseinsformen ihr Vorhandensein bestreitet. Leider steht dieser grundlegenden Einstellung das entgegen, da auch die menschliche Lebensspanne von der Geburt bis zum Tod nichts anderes als eine solche willkrlich herausgegriffene Form ist, die man doch um jeden Preis verlngern und ins Ewige hinein festhalten mchte ... Alle Geschpfe fgen sich ohne Protest in das Zeitliche ihrer Zeit. Ohne inneren oder ueren Widerstand gehen sie in den Humus ein und steigen wiederum aus ihm auf. Sie gehorchen blind dem Naturgesetz. Der Mensch aber wird niemals blind gehorchen. Er hat es auch nie getan. Es ist wahrscheinlich nicht einmal seine Aufgabe, es zu tun. Erkennend soll er sich in das erd- und kosmosgesetzliche Weltgeschehen einfgen, denn er, der einzige Sohn dieser Erde, der logisch, also ber die Sinneswahrnehmung hinaus abstrakt denken kann, hat die Fhigkeit dazu. Darum mu er es endlich begreifen, wie und warum Humus entstand. Er kann sich bei objektivem Nachdenken der Tatsache nicht entziehen, da nicht nur alles, was er it und womit er umgeht, Humus ist, war oder sein wird, sondern auch er selber trgt zu dem Humusschatz seines Gestirns bei. Er schwebt in der Kohlensure, die vom Chlorophyll assimiliert wird, er perlt in 162 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

den mineralischen Bodenlsungen, die mit dem Saftdruck in die Pflanzen steigen. Auch aus seinem zerfallenden Krper machen sich Stickstoff, Kohlenstoff, Kali, Phosphor, Schwefel frei, die dann wiederum zum Gewchs oder Tier werden. Es ist kein Raub, den die Erde damit an ihm begeht, denn jeder Krper enthlt doch jene vierzehn Elemente der Erdrinde. Darum mu er sie auch wieder an die sublimste Form ihrer Oberflche, den Humus, zurckgeben. Denn man soll es sich immer von neuem vorsagen: Nur durch diese einzige Mglichkeit der Zerlegung und Neubereitmachung wird aus dem Humus wieder ein atmender Leib. Und alles, was dieser Leib im Rahmen von Jugend, Liebe, Glck und Wunschbefriedigung erleben kann. Von Millionen Erdenjahre dauernden Epochen bis zur Auflsung einer toten Mcke ist also das Werden von Humus die Vorbedingung vom Werden des Lebens. Dster oder prachtvoll buntschimmernd steigt es als verfhrerischer Springbrunnen aus seiner dunklen Tiefe. Und mit ihm steigen gebndelt Raum und Zeit in zahllosen Einzelformen. Denn auch sie wurzeln im Humus, dem einzigen greifbaren Sammelphnomen, das Schranken setzt, damit sich Schranken wiederum heben.

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II. Kapitel

Was ist Humus ?


Die Formen der Humusbden Wir wissen, Humus unterscheidet sich nicht mehr von Humus. Wohl aber unterscheiden sich Humusbden von Humusbden. Denn der mineralische Zustand der Erde bringt es mit sich, da der Humus als Verwitterungs- und Aufschlieungsprodukt nur eben als oberste Decke ber den darunter anstehenden Schichten lagert. Je nachdem diese Decke nun dick oder dnn ist, nennt man einen Boden fruchtbar oder unfruchtbar. Im besonderen gibt es aber noch feinere Unterschiede. Die scheinen von der bereinstimmung des Untergrundes mit seiner Humusschicht abzuhngen. Denn dort, wo die Erde stndig bebaut wird, besitzt sie nur ganz selten mehr als einen halben Meter Humus. In Europa rechnet man mit der einzigen Ausnahme des Tschernosjems (flchtig wurde bereits im vorigen Kapitel dieser Name erwhnt) durchschnittlich sogar nur mit 30 cm. Noch genauer gesagt, man ist sehr froh, wenn man soviel findet, und bemht sich unablssig, da sich diese Menge nicht verringert. Tschernosjem gibt es brigens nur im Osten. Weder das Herz unseres Erdteiles, noch der Westen haben ihn scheinbar jemals besessen. Nun kommen Getreide, Wiesenpflanzen, fast alle Blattgemse und beinahe alle Gartenblumen mit einer solchen Humusschicht von einem Drittel Meter sehr gut aus, besonders, wenn es sich um guten, reifen Humus handelt. Allein bereits die Rben brauchen mehr. Ganz unzulnglich ist sie fr Bume und Strucher. Aber leider versteht man unter den besagten 30 cm das europische Maximum. Der Querschnitt unserer Bden hlt darum, ich sagte es schon, zwischen 10 und 25 cm. Diese magere Humusdecke ist von vorneherein prdestiniert fr alle Mangelerscheinungen. Infolgedessen ist die Frage des Untergrundes unter normalen und anormalen Verhltnissen von allergrter Wichtigkeit. Es ist nicht schwer, einzusehen, da der Ausgleich zwischen einer Humusdecke und dem Sockel, der sie trgt, nur dann vorteilhaft sein kann, wenn er einigermaen bereinstimmt. Diese bereinstimmung mu sich auf Wasserfhrung, Gehalt an Bodensalzen, Surezahl und nicht zuletzt auf 164 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

hnliche mineralische Stoffzusammensetzung beziehen. Prinzipiell anders werden auch dann immer noch Belichtung, Erosion und der organische Bestand sein, gar nicht zu reden von Durchlftung und Krmelung. Ein ausgesprochener Unterschied zwischen oben und unten ndert jedoch das ganze Bild. Wenn einen halben bis einen Meter unter der Oberflche ein wasserundurchlssiger Quellhorizont liegt, der keine Feuchtigkeit nach unten durchlt, sondern alles nach oben drngt, so verschiebt das den Zustand der obersten Humusschicht um annhernd 150 Grad. Ist dagegen erst in sieben, acht oder noch mehr Metern Tiefe derselbe Quellhorizont vorhanden, so heit das: alle Gewchse sind auf Bewsserung von oben her angewiesen. ber die entscheidet dann nicht nur das jeweilige Klima, sondern auch das nchstgelegene Einzugsgebiet eines Flusses, sogar die geographische Lage nach Himmelsrichtung, Windstrich und Mglichkeit einer berschwemmung. Natrlich existiert berall ein Mikroklima des Bodens, das wiederum das Bodenleben nachteilig oder vorteilhaft beeinflut. Unter unseren Durchschnittsverhltnissen ist meist die direkt unter dem Humus gelegene Schicht auffallend nhrstoffarm. Man schreibt das den Langwurzeln zu, die durch Einverleibung alles Brauchbaren in der Tiefe einen wahren Raubbau treiben. Diese Ausraubung scheint wenn vielleicht auch nicht allein die Schuld daran zu tragen, da zuweilen trotz reichlicher Dngung die beiden obersten Bodenschichten unverhltnismig rasch verarmen. Um mit den schlechtesten Bodentypen zu beginnen, die auf solche Weise entstehen, nenne ich hier die Podsolbden. Sie ziehen sich in einem breiten Grtel quer von Nordeuropa bis nach Nordasien und bilden so eine Zone bis aufs uerste herabgeminderter Fruchtbarkeit. Das Wort ist russisch. In genauer bersetzung bedeutet es Unter der Erde. Mit ihm umreit ma n eine ganze Integrationsstufe, die in sich wieder vielfltig zerspalten ist. Die allerbesten auch die zahlenmig geringsten Podsolbden reichen beinahe an die milden, feuchten Mulmbden des Laubwaldes heran. Zumeist aber sind die, die man antrifft, der dauerhafte Kummer eines jeden Landwirtes, der mit ihnen zu tun hat. Denn sie zeigen alle Zeichen der Erschpfung, noch ehe der Mensch berhaupt Hand an sie gelegt hat. Man kennt die Ursache ihres erbrmlichen Zustandes. Es ist eben der mangelnde Ausgleich zwischen Humusschicht und Untergrund. Er schafft die Disharmonie, die nicht wieder gutzumachen ist. Bei den echten Podsolbden mu man darauf gefat sein, da eine kaum handbreite Schicht von fruchtbarer Erde direkt auf mineralischem Rohboden aufliegt. Dort, wo die beiden zusammentreffen, entsteht etwas wie eine elende Zwischenzone, die Bleicherde. Die ist fahlgelblich bis fahlgrau, oft sogar weilich. Wahrscheinlich darum heit sie in manchen Gegenden Deutschlands auch Weimulde. Ihre Qualitt entspricht beilufig dem Untergrund einer Sanddne. Praktisch kann man so gut wie nichts mit ihr anfangen. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 165

Es sieht so aus, als sei sie ein Rckstand und berbleibsel jener unglckseligen Eiszeittage, einfach zusammengeschwemmte Sande. Die liegen manchmal in mchtigen Bnken, locker verfestigt, vllig lebensleer. Das Stck Erdgeschichte, das man aus ihnen ablesen kann, ist eintnig und dster. Als dem abgeschmolzenen Inlandeis auch in Europa etwas wie eine Pluvialzeit folgte, hufte sich auf diesen verwaschenen Sanden schlielich ein mooriger Niederschlag organischen Lebens, Detritus, Schlamm, zhe, faulende Pflanzenteile. Das bildete dann jene magere, schwarze Decke, die man zu Unrecht mit dem Wort Humus ehrt, denn sie ist hchstens nur ein saurer Rohhumus. Die Bleicherde unter ihm kann sich nicht verbessern. Nordischer Nadelwald, kmmerliche Fichtenheide haben sich seit Menschengedenken dort angesiedelt, wo es Podsolbden gibt. Die dulden keine natrliche Veredelung des Grundes, weil sie keiner Konkurrenz weichen, brigens auch keine pflanzliche Verbesserung ergeben. Sie nehmen auf, was aus der dnnen Rohhumusdecke nach unten geschwemmt wird. Die Bleicherde bleibt, was sie ist und was sie seit dem letzten Erdzeitalter war. Wenn ihr die ewig hungrigen und ewig luftsuchenden Fichtenwurzeln ihrerseits das karge bichen Bodenlsungen wegnehmen, so spendet sie wieder ebensowenig, um die Rohhumusdecke ber ihr anzureichern. Das Bodenleben ist denkbar armselig. Darum wird auch kein Sauerstoff frei, und so sinkt in solchem Podsolland der Oxygengehalt mitunter bis auf 1 Prozent. Das alles gengt natrlich nicht, um auch nur eine wirklich humusschaffende Krautvegetation zu ernhren. Es bleibt bei Polstern unsglich gengsamer Hartgrser, bei Moosen, Erdflechten, allerbestens Halbstruchern. Was wchst sonst auf ihnen? Die de, traurige Landschaft der nordischen Tundra, eine Renntierflechtenheide, ein Birkenmoor, ein Kieferngrund, ein Fichtenstangenforst. Dann und wann versucht ein Unentwegter und Unbelehrbarer sich wenigstens ein Stck Weideland zurechtzumachen. Meist aber ist es verlorene Liebesmhe. Und versteigt er sich gar dazu, einen Acker umzupflgen, so tun ihm hchstens Kartoffeln oder Hafer, allenfalls noch ein niedriger Buchweizen (Fagopyrum esculentum) den Gefallen, eine zweifelhafte Ernte zu erbringen. Denn dort, wo seit den Tagen des Elchs und Urs verschlafene Heidemoore grnten, blau von Moos- und Heidelbeeren (Vaccinium), scharlachfarben von Preiselbeeren (Vaccinium vitis Idaea), mit geheimnisvoll gleienden schwarzen Torflachen und offenen, hellen Bleicherdespiegeln dazwischen dort verkommt auch das hrteste Saatgut, und die Kartoffeln tragen hchstens walnugroe Knollen. Dabei ist die Bleicherde noch nicht einmal das schlimmste Unglck, das einen Aufbaubeflissenen treffen kann. Denn unter ihr befindet sich erst der noch viel gefrchtetere Ortstein. Das sind buchstblich steinhart verkittete Massen, manchmal dunkel bis teerfarben, bisweilen auch okergelb bis weilich, oft durchlcherte Klumpen, oft breite Lager gleich kompakten Bnken, 166 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

zusammengesetzt aus Sanden, Kalken, allerlei glimmerhaltigen Substanzen, die von eisenschssigen Grundwssern undurchdringlich verbacken sind. Durch Ortstein kommt keine Pflanzenwurzel mehr durch. Er erstickt alles. Er ist der lebensfeindlichste aller Rohbden, weit schlimmer als gewachsener Fels. Wo sich einmal Ortstein gebildet hat, dort ist jeder Versuch, den Boden zu verbessern, absolut aussichtslos. Es gibt nur eine einzige, brutale Methode, seiner Herr zu werden. Man hebt die dnne Oberschicht ab, sprengt die verklumpten Bnke mit unwahrscheinlich groer Mhe los und setzt sie in ungefgen Trmmern der Luft und dem Licht aus. Dann endlich zerfallen sie verhltnismig rasch zu einem brckeligen, unfruchtbaren Grus. Auch die ausgedehntesten Ortsteinlager finden sich, so wie die Podsolbden, im Norden Europas. Die Lneburger Heide ist praktisch nur ein einziges, riesiges Ortsteinbecken. Von da aus strahlt er nach Holland und Norwegen hinber. Endlose Erika-(Calluna) und Heidelbeerfluren zeigen mit Sicherheit den Ortstein in der Tiefe an. Wo es Eichenwlder gibt, entsteht niemals Ortstein. Im Volk, das ihn gut genug kennt, heit es, da auch der wilde Knoblauch, der zumeist Brenlauch genannt wird (Allium ursinum), es nicht zult, da er sich bildet. Merkwrdig ist, da man in ihm eine Formation der Gegenwart erblickt, etwas wie eine ganz besonders schlimme Entartung nach natrlicher oder knstlicher Bodenausplnderung. Sind Bden nur halbwegs mit ihrer Humuswirtschaft in Ordnung, so ist es ganz ausgeschlossen, da Ortstein entsteht. Er ist im vollsten Sinn des Wortes ein toter Boden, ein Fluch fr Mensch, Tier und Pflanze, ein Fluch fr die Landschaft ... Schlimmeres als Podsolbden mit darunter lauerndem Ortstein gibt es auf Erden unter den vom Menschen besiedelten Bezirken nicht. Alles andere ist besser. Ein gewaltiger Unterschied besteht schon zwischen ihnen und den unterschiedlichen Braunbden, die alle zusammen zwar den einheitlichen Namen Rendzina-Bden besitzen, aber keineswegs immer ein und dasselbe sind. Sie nehmen einen erheblichen Teil der gemigten bis warmen Zone fr sich in Anspruch. Charakteristisch sind sie fr Sd- und Ostengland, fr Thessalien, fr viele Landstriche des amerikanischen Kolosses. Auerdem gibt es sie in einer besonderen Form auf der westindischen Insel Barbados. Hier erweist sich, was es heit, wenn bei einem Boden Unter- und Oberschicht bereinstimmen. Die Oberdecke erreicht allerdings nicht jederzeit das sehr geschtzte Kaffeebraun, sondern verrt die lokalen Einschlge. ber den Kreidefelsen von Cornwall leuchtet sie fast wei, in Wales glht sie, da sie vom darunter liegenden Lias dessen Farbe annimmt, rost- bis tomatenrot.

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Auf Barbados hat sie sich wie schon gesagt, als Spezialitt aus sehr dunklen, stark mit organischen Stoffen durchsetzten Korallenkalken gebildet und steht demgem tiefschwarz an. Zu den mittel- und westdeutschen Kalkbden zhlt man auch die streckenweise mit eingesprengten graubraunen Rendzinabden. Da und dort kann man sie sogar im Latent oder im Rotlehm ausfindig machen. Es ist typisch fr die meisten zu dieser Bodenart gehrigen Erden, da sie stets etwas einseitig mineralisch gemischt sind. Das mu man immer wieder feststellen. Entweder sie haben zu viel Kalk- oder aber zu viel Kieselreichtum. Sie neigen berhaupt zu einem anorganischen bergewicht. Immerhin gedeiht auf ihnen recht gut ein offener Savannenwald oder auch eine afrikanische Baumsteppe. Was die organischen Kohlenstoffe anlangt, so kann man in solchen Rendzinabden mit einem Gehalt von 9,6 Prozent rechnen, selten mehr. Dafr mangelt es an Phosphor und allezeit ist der Stickstoff zu wenig. Das berwiegen des mineralischen Bestandes fhrt immer zur schnellen Austrocknung, so da die notdrftige Krmelung grusartig zerfllt. Freiwillig siedeln sich darum auch nur die Trockenheit liebenden Gewchse an, und man tut gut daran, das bei jeder Art von Anbau zu bercksichtigen. Bei tiefliegendem Grundwasserspiegel geht alles in eine Steppe ber. Aber erstaunlicherweise kommt es nur unter auergewhnlichen Umstnden zu wirklichen Trockenheitsschden wohl, weil sich eben nur eine solche Flora einfindet, die an wenig Wasser angepat ist. Das gleiche einseitig mineralisch bedingte Verhltnis verbindet auch fast stets Ober- und Unterschicht. Es wird also den Pflanzen nicht zugemutet, da sie zur selben Zeit in zwei verschiedenen Bodentypen wurzeln. Was ihnen fehlt die strkere organische Beimischung und eine gleichmigere Durchfeuchtung das fehlt ihnen oben ebenso wie unten. Dafr sind Bodenversuerungen selten (eben wegen des zu groen mineralischen Bestandes), und eine ausgesprochene Rohhumusbildung kommt nur dann in Frage, wenn bei ungengender organischer oder zu reichlicher Kunstdngung die Bden zu viel und zu einseitig ausgentzt werden. In den gesamten Randgebieten um das Mittelmeer mu man die Terra rossa als eine ganz bestimmte Bodenformation gelten lassen. Denn auf ihr beruht eine Landschaft, die fr diesen doch immerhin gengend groen Landstrich so charakteristisch ist, da sie sich in dieser Ausprgung nirgends in der ganzen Welt so wiederfindet. Ihre absolute Einheitlichkeit wird wohl nur den berraschen, der nicht wei, da Afrika erst hinter dem Atlas beginnt. Die Sahara, die nur das Aufhren der europischen Eiszeit zu der

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Sandwste gemacht hat, die sie heute noch ist, war sehr lange ein eingesenktes Meeresbecken, dessen Reste noch immer in der Groen Syrthe erkennbar sind. Nach ihrem Aufsteigen mu sie teils offene Savanne, teils mit dichten Galeriewldern bedeckt gewesen sein, durchzogen von Riesenstrmen, voll von weidenden Urelefanten und von Herden ausgestorbener tertirer Sugetiere. Ein Teil der Forschung nimmt an, da der Nil mit seiner mchtig vorgeschobenen Mndung, der ja selber im Bett eines verschollenen Urnils fliet, den letzten Rest jener fruchtbaren und ppigen Saharalandschaft enthlt. Allerneuestens glaubt man, da dieses Saharaparadies sogar noch bis in die steinzeitliche Pfahlbauernzeit hinein gedauert haben knnte. So mu man es also verstehen, da die Umfassungszone des Mittelmeeres zu einem in sich geschlossenen Typus gehrt, der nirgends davon abweicht. Sowohl in der Gestaltung der Berge und Ksten, als in der Art der Verwitterung, in den herrschenden Windrichtungen, vor allem aber in der Flora und Fauna. Und diese einheitliche geographische Lebensform brachte wiederum einen Menschen hervor, der sich trotz denkbar verschiedener Rasseneinflsse doch zu der einheitlichen Zivilisation und Kultur der Antike entwickelte. Der Humusforscher mu als die gemeinsame Ursache dieser Einheitlichkeit jene Terra rossa erkennen, die allen Mittelmeerlndern vorherrschend eigentmlich ist. Sie ist in Bau und Aussehen unzweifelhaft jenen schon genannten Lateriten und Rotlehmen verwandt. Sie bildet warme Bden, die alle pflanzlichen und tierischen Rckstnde schnell und restlos aufschlieen. Das Ziegelrot bis zuweilen fast Schwrzlichbraun ihrer Tnung stammt von dem starken Gehalt an Eisen, den die zerfallenden Kalke liefern. Denn es sind hauptschlich Kalkgesteine, die sich als Atlas, Libanon, Epirus, Kleinasiatisches Gebirge, als Balkan, Karst, Velebit, Seealpen und Spanische Sierra aufgewlbt haben. Die Terra rossa enthlt sehr viele Tone, die man als ein letztes Abbauprodukt der Verwitterung ansieht. Man mu gerechterweise indes sagen, da unter den subtropischen Klimaverhltnissen und nach der Art ihrer Bildung bereits eine natrliche Neigung zur Verkarstung besteht. Gewi haben, von den Phnikern angefangen, die Vlker des Altertums bis zu den Venetianern zu Zeiten ihres ausgedehnten sdstlichen Kolonialreiches die Sdlandswlder auf das schamloseste ausgeplndert. Zweifellos wurde das Rad der Erosion dadurch in beschleunigte Bewegung gesetzt. Die intensive und immer von neuem wiederholte Entwaldung in der brutalsten und barbarischsten Form hat die ursprngliche Aufschlieung der Gesteine zu deren Ungunsten gendert. Eine Humusbildung vors oben wurde infolgedessen ganz unmglich. Unberhrt vom Menschen, htte es, meint man, aber wenigstens zu einem langsameren Ablauf des ganzen Abtragungsprozesses kommen mssen.

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Man vergit leicht dabei folgendes: Alle Kalkgebirge haben gewisse natrlich-romantische Verwitterungsformen, die durch die schnelle Auflsung der Kalkkristalle infolge der im Regen vorhandenen Kohlensure entstehen. Das wirkt sich im Ausmeieln derartiger Steilhnge, Grattrme und zerscharteten Karrenfelder aus, so da das Sterben der Berge sich bei ihnen weit rascher als anderswo vollzieht. Der ganze Vorgang ist schrfer, ungehemmter, wilder. Dazu kommt das an Extremen reiche Mittelmeerklima mit monatelangen Sommerdrren, frchterlichen Borastrmen, heftigen Schirokkoregen, der weit ins Land hinein getragenen Versalzung der Luft, die mit gleichzeitiger krftiger Jodanreicherung Schritt hlt, auerdem der ganzjhrige, pralle und meist schattenlose Sonnenschein, der Reichtum an ultravioletten und kosmischen Strahlen das alles hat eine hochgradige natrliche Zermrbung des Gesteins zur Folge. Herrhrend aus erdgeschichtlichen Entwicklungen, zeigen sich die schweren, symmikten Kalke, die typisch fr die Mittelmeergebirge sind, berall von meist querliegenden Bndern von harten Aragoniten, Calciten und Quarziten gefeldert. Man mchte denken, da das wie Versteifungen oder Verfestigungen sich auswirkt. Weit gefehlt! Die Verwitterungskraft unter diesem schnen Himmel ist so gro, da sich senkrechte Spalten bis tief hinunter ins Gestein ziehen. Diese Risse saugen alles Wasser ein, das nicht als Torrente brausend ber die Wnde hinabstrzt. Der Quantitt nach ver sickert viel mehr Wasser in diesem zerklfteten Felswerk, als man fr mglich hielte. Ein Teil rinnt gleich weiter durch finstere Stollen und enge Kanle, sammelt sich in den zahllosen Karsthhlen, von denen nur der geringste Teil bekannt und erschlossen ist, fliet auf deren Sohle in Strmen und rauschenden Wasserfllen dahin, steht in nachtschwarzen Seen und mndet zuletzt als kurze, unterirdische Schlundflsse irgendwo ins Meer. Ein ganz wesentlicher Teil jedoch bleibt im Spaltenhumus zurck, der unentbehrlich fr die Entstehung der Terra rossa (wrtlich rote Erde) ist. Diese Erscheinungen gelten fr alle die Kettengebirge und Auffaltungen rund um das Mittelmeer, auch fr den Afrikanischen Atlas, dessen eigentlicher Kamm ja aus massiven Kreidekalken aufgerichtet ist. Spaltenhumus aber ist nichts anderes, als die gewissermaen in die Bergwnde hineinverlegte und von innen nach auen wirkende Humifizierung des Gesteins, zugleich seine Anreicherung mit Leben und Lebensresten. Mit meinem Mann zusammen habe ich oft solchen Spaltenhumus untersucht. Mineralisch besteht er aus lehmgelben bis kastanienbraunen kalkigen Tonen. Er ist zu jeder Jahreszeit, auch im Hochsommer und Hochwinter, gleichmig feucht und von einem geradezu unerhrt reichen Leben erfllt reich nicht nur an Arten, sondern auch an Individuen. Sein Detritusgehalt ist enorm, der an Kochsalz gering, der an wichtigen Bodensalzen jedoch 170

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ziemlich hoch. Er mu die Mglichkeit einer tief hinabreichenden Belichtung besitzen, vermutlich durch ein Netzwerk von Spalten, das sich kreuz und quer berschneidet und durch welches Helligkeit noch in scheinbar vllig finstere Klfte einfllt. Die tiefwurzelnden Stmme der Cypressen (Cupressus), Aleppokiefern (Pinus maritima), das Buschwerk der wilden Feigen und Granatpfel (Mala punica) und alle die anderen Halbstrucher, bis hinunter zu den nach Art der Schuttstauer wahre Wurzeltcher webenden Blumen und Lianen knnen einzig nur durch den Spaltenhumus bestehen. Sie treiben ihre unterirdische Krperhlfte bis weit ins Gestein hinein, und das zauberhafte Bild der aus nackten Felsen blhenden Primavera siciliand steigt aus Tiefen, die kaum ein Mensch erahnt. Vergleicht man den Spaltenhumus mit unseren Bden der Alpen und Hochalpen, die fast immer eine seichte, oft moorige Rohhumusdecke ber Kalken und Urgesteinen bilden, gar keine kolloidale Tone zeigen und infolgedessen auch oft bis in die Kontaktzone hinunter austrocknen, so sinkt die Waagschale sehr zugunsten des ersteren. Solche alpine Bden erreichen allerdings in den Anden, den Kordilleren, den afrikanischen Hochgebirgen Hchstgrenzen von 3900-4200 m. Im milden Golfstromgebiet Grobritanniens findet man sie immer noch in 600-900 m. Dagegen ist der Spaltenhumus seinerseits wenig abhngig von der Auenwelt der Jahreszeiten, des Luftdruckes, der Zerstrahlung und demgem berall zu finden. Wo sich in den Sdalpen (und eigentlich nur dort) Spaltenhumus zeigt, da wird er in gleicher Weise von den tiefreichenden Pflanzenwurzeln ausgentzt. Die wenigen immergrnen Gewchse, die es auer Nadelhlzern dort gibt, scheinen aus ihm ihre erstaunliche Lebenskraft zu schpfen. Wo die hhlen- und dolinenreichen Mittelmeergebirge zerfallen, da mischt sich dann der Spaltenhumus mit den roh verwitterten Felsgeschieben und den wild zerscharteten Blcken zu wsten, fast unbegehbaren Karrenfeldern. Hier erst setzt die erste organische Durchprgung im groen ein. Von hier aus verbreiten sich gesteinszerlsende Bakterien, Flechten, die Besiedelung mit lithobiontischen Algen. Mit einem Wort: Die so lange ins Innere der Felswnde verlegte Humifizierung setzt sich im Einklang mit feiner und feinster Verwitterung nun auch nach auen fort. Die dem ganzen Mittelmeergebiet eigenen, wtenden, wolkenbruchartigen Schirokkoregen waschen naturgem die kalkigen Substanzen in rascherem Tempo aus und schwemmen sie ins Meer oder in die Tler. brig bleiben zuletzt die kolloidalen Tone, denn sie saugen sich gleich einem Schwamm mit Feuchtigkeit voll und halten sie fest, wenn ihnen auch nur der geringste Oberflchenschutz zuteil wird. Die starke Beimischung von Eisenrost trgt anderseits wieder zu erhhtem organischem Leben vor allem der wichtigen Bodenalgen bei. Kurzum die Terra rossa ist der ideale Sonderfall einer Erdmischung, die zwar keineswegs alle die notwendigen Eigenschaften, nicht einmal das Aussehen und uerliche Verhalten von Humus besitzt dazu ist sie fast http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 171

stets zu tonig und zu wenig gekrmelt , die aber trotzdem von sich aus zu den fruchtbarsten Bodenformen gehrt. Ganz nebenbei wo sich Terra rossa ungestrt und ohne Auslaugung ablagern kann, wird bereits in Jahrzehnten ein beraus hochwertiger, schwarzer Humus aus ihr, der in der Hand des Kenners zuweilen wahre Wunder tut. Der Fachmann unterscheidet auerdem noch Rot-, Braun- und Schwarzerden. Roterden wurden hier schon verschiedentlich erwhnt. Sie sind auf der ganzen Erde eigentlich hufig, aber keineswegs einheitlich nach Aufbau, Ursprung und Leistung. Die mhrischen Roterden, fr gewhnlich mit sehr viel Kalk gemischt, hneln nur uerlich z. B. den rheinpflzischen Roterden, die mit den bekannten, so beraus leicht verwitternden rheinischen Rotsandsteinen nahe verwandt sein drften. Man kennt sich mit den roten Bestandteilen der Erdoberflche berhaupt noch nicht sehr gut aus. Es ist ausgesprochen schwierig, sie nach Herkunft zu trennen. Man vermag durchaus nicht immer mit Sicherheit zu bestimmen, ob sie versunkenen Wsten, ob sie roten Tiefseetonen, ob sie Ksten oder Ebenen entstammen. Das Erdmittelalter ist jedenfalls reich an ihnen gewesen, und auch die schnen, roten Liaskalke des Tertirs liefern nach der Verwitterung rote Konglomerate, Sande und tonhaltige Substanzen. Tonhaltig sind sie im allgemeinen alle. Und smtlich verdanken sie ihre rtliche bis brennendrote Farbe ihrem Reichtum an Eisen und Eisenverbindungen. Auch mu man bedenken, da dadurch, da mit der Wanderung der Pole und der Verschiebung der Weltmeere man nennt sie Transgression bald da, bald dort auf unserem Gestirn ein tropisches Klima herrschte, sich an den verschiedensten Orten auch echte Tropenerden finden. Die sind alle berwiegend rot. Die fossilen Laterite, die bereits im vorigen Kapitel kurz erwhnt wurden, sollen z. B. in den westaustralischen Sandebenen dadurch entstanden sein, da noch Seen oder Riesensmpfe brigblieben, als die groe Entwsserung des jngsten Kontinentes begann. Auch die Nipe-Tone auf Kuba drften auf hnliche Weise sich gebildet haben, jedenfalls nicht aus dem Aufhren eines Geflles verschollener Strme. Alle diese fossilen, halbfossilen und ganz rezenten Laterite besitzen eine ansehnliche Palette in Rot. Ein hoher organischer Gehalt ist ihnen allen eigen. Gleich den roten Baumwollbden der amerikanischen Sdstaaten sind sie zuweilen fruchtbarer als schwarze Erde. Wo eine langandauernde Eiszeit das Land verwstete, fehlen sie hufig ganz. Dies und ihr hoher Tongehalt sind das Gemeinsame der Rotbden, sie mgen nun wann, wo oder wie immer entstanden sein. Noch eines kommt dazu: Saure Gesteine nach Art von Granit liefern niemals Laterite. Aber die roten Nigeriabden haben trotzdem die Eigentmlichkeit, da sie um so saurer werden, je tiefer man in ihnen vorstt. An sich erodieren die meisten Rotbden weder leicht, noch schnell. Bei ihrem hohen Tonzuschu verhrten Hitze und Trockenheit sie in hohem 172 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Ma, und so geht eigentlich nur in den Regenzeiten eine merkbare Aufschlieung vor sich. Die den Pflanzenwurzeln wirklich zugngliche Schicht ist von geringer Tiefe. Sie betrgt durchschnittlich an 15 cm, wenn die natrliche Verwitterung nicht gestrt wird. Trotzdem rechnet man nicht nur wegen seines Eisengehaltes wenigstens den Laterit zu den guten Humusspeicherern, besonders unter quatoralen und subquatoralen Verhltnissen. Denn man hat beobachtet, da er dort, wo der klimatische Jahresdurchschnitt ber 20 Grad C liegt, unter normalen Wasserverhltnissen mehr Humus hervorbringt, als die Vegetation auf braucht. Gemeint ist damit die Vegetation des Waldes, der Waldsteppe, der reichlich von Baumgruppen unterbrochenen tropischen Savanne. Das macht ihn, wie begreiflich, fr die ganze Plantagenwirtschaft auerordentlich wertvoll. Der schnell wie eine Sintflut ansteigende Reichtum der Sdstaaten-Pflanzer, das frstliche Herrenleben der Baumwolldynasten war nichts anderes, als der berflu der roten Lateritbden an Humus. Dieser Humus hielt durch seinen hohen Tongehalt das Wasser der winterlichen Regen fest und gab es erst langsam und stetig wieder ab. Baumwolle gehrt doch bekanntlich zu den rgsten Bodenausplnderern, und allein ihr Wasserbedarf bewegt sich unter den gnstigen Umstnden im gyptischen Ashmouni um 10 000 cbm pro ha herum, wenn man eine Maximalernte pflcken will. Und in Carolina, Alabama oder Louisiana rechnet man schlielich auch 50 cbm Wasser pro Tag und ha. Und noch etwas, das zugunsten des Laterits spricht: In gypten dngte man eine Zeit lang die Baumwollfelder mit Hunderttausenden von grobzermahlenen Mumien, die man von ihren geteerten Leichenbinden befreite und die aus den unerschpflichen Massengrbern herausgeholt wurden, die als ungeheure Schlnde das gemeine Volk unter den Pharaonen aufnahmen. Gegenwrtig arbeitet man mit gewaltigen Mengen von Kunstdnger, hauptschlich Phosphorstickstoff. In den Sdstaaten aber dachte man whrend der groen Hochkonjunktur gar nicht daran, zu dngen, denn wer htte diese herzogtumgroen Plantagen auch mit soviel Dnger versorgen sollen! Einzig der rote Humus aus dem zerfallenden Laterit brachte so ausgiebig Bodennahrung hervor und versorgte die Landstriche als Erbschaft der schnen Waldsavannen mit soviel Feuchtigkeit, als notwendig war. Denn die indianischen Nomadensippen, die unzhlige Generationen lang dort friedlich wanderten, ahnten nicht einmal etwas von seinem Reichtum und rhrten nicht daran. Die Tonerdesilikate also sind es, die diesen Rotboden so wertvoll machen. Darum ist er auch dem Bauxit so nahe verwandt, jenem kupferfarbenen Aluminiumerz, das heute in der Weltwirtschaft eine so bedeutende Rolle spielt. Einst brannte man es zu feuerfesten Tiegeln, man verwendete es als Zement, man machte Tonerdeprparate und Soda aus ihm, lange, ehe man darauf verfiel, da man das silberweie Metall Aluminium daraus schmelzen knne. In Kanada und Arkansas glaubt man, da der Bauxit vulkanischen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 173 PDF-Ausgabe 62010

Ursprunges sei und das Ergebnis zerfallender Basalte. Vielleicht gilt das auch fr die Bauxite vom Vogelsberg und die riesigen ungarischen Lager. Die Herkunft der jugoslawischen, tunesischen und marokkanischen ist noch irgendwie ungewi. Fr die Humusbildung macht das wenig aus. Denn sie verluft nach ein und demselben Gesetz, da ein wenig langsamer, dort ein wenig schneller, je nachdem Sonne und Regen der unterschiedlichen Breitengrade hineinspielen. Unter natrlichen Umstnden zersetzt sich auch der Bauxit stets wieder zu Humus, indem aus ihm ein Aluminiumhydroxyd wird, aber kein Aluminium, sondern fruchtbare Erde. Gedenkt man dessen, was die Flugzeugbomben aus Tausenden von Stdten und Hunderttausenden von Leben machten, so ergibt sich eine merkwrdige Parallele, die nachdenklich stimmt. Es endet eben alles im Humus, nur manchmal auf Umwegen. Eine Reihe von Braunerden sind nicht sehr fest umrissen. Sie stehen sowohl den Rendzina-wie den Podsolbden nahe. In Europa mchte man sie fr reine Waldbden, in Amerika fr echte Prriebden, in England fr natrliche Ackerbden halten. In Wirklichkeit sind sie alles das, aber auch noch mehr. Denn es gibt hervorragend gute Braunerden als Baumwollbden, so wie die im Wad el Schafi Lugad. Auch im Sudan tragen braune Bden noch in verhltnismiger Hhe das weie Gold. Die Getreidelnder Iowa, Illinois, Missouri besitzen zumeist Braunbden, die berhmt sind ob ihres Basengehaltes, mit ander en Worten nicht versuern. Fast ganz Westeuropa erfreute sich einst sehr ergiebiger Braunbden, die heute freilich lngst ber Gebhr ausgentzt sind. Noch viel mehr Braunerden gibt es von New York bis Nordcarolina. Auch die englische Parklandschaft, die man versuchsweise in den letzten Jahren wiederum zum Teil in Ackerland verwandelt hat, wchst auf Braunerde. Die jngsten Ernten auf ihr waren erstaunlich ergiebig kein Wunder, da sie doch so viele Generationen berhaupt so gut wie gar nicht ausgentzt worden war, sondern nur gepflegt wurde und nichts als Rasen und alte Bume zu tragen brauchte. Wo Braunerden unter Laubwald liegen und das ist sehr hufig der Fall da ersetzen sie sich auf natrliche Weise durch den jhrlichen Laubfall. Freilich schtzt sie das auf geneigtem Gelnde nicht vor der Auswaschung. Aber da sich alle Aufschlieung in ihnen rasch vollzieht, so ist der dadurch entstandene Verlust vielleicht geringer, als anderswo. Unendlich viele auf den Braunerden mit Vorliebe hausenden Kleininsekten, auch zahllose Wrmer bis hinauf zu den groen Tau- und Regenwrmern, vermehren den organischen Bestand. So ist es verstndlich, da man hier mit einer Schicht von 30-40 cm rechnen kann, die reich vom Leben durchprgt ist. Der amerikanische Prriegrtel, der einmal 3600 km lang und rund 1200 km breit war, der vom Michigan- und Mississippigebiet bis zum Golf von Mexiko reichte, bestand ebenfalls aus ausgezeichneten, dunklen Braunerden. Gleich zu Anfang sagte man ihm im berschwang der Begeisterung nach, man knne 150 Jahre lang auf ihm sen und ernten, ohne da seine 174 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Fruchtbarkeit nachliee. Das ist nun freilich arg bertrieben. Aber drei bis fnf Generationen hat man hier doch gerodet, gepflgt und eingeheimst, ohne dem Boden etwas zurckzugeben. Diese jungfrulichen Braunerden sind reich an Detritus, reich an Bodenleben, besonders an Rhizopoden, und hervorragend gekrmelt. Das letztere Wort kann man bekanntlich mit hervor ragend durchlftet gleichsetzen. Erste Ernten auf ihnen sind unvergleichli ch gut. An diese Braunbden knpft sich denn auch eigentlich die teils tragische, teils erfolgreiche Geschichte der Eroberung des amerikanischen Westens durch den weien Mann. Und alle die heute schon legendr gewordenen wilden Indianerkmpfe, die Massenhinmordung der Bffelherden, der unschilderbare Weizenberflu der Prrie, der in ununterbrochenen Schiffsladungen nach Europa flutete. Und der wieder war es, der den unaufhrlichen Hungersnten dann endlich in der zweiten Hlfte des 19. Jahrhunderts ein definitives Ende machte, trotzdem unser Dauerhumus damals schon lngst aufgezehrt war. Allerdings hat man durch verstndnislose Ausbeutung den Segen der westlichen Prrie- und Waldbden an vielen Orten in sein Gegenteil verwandelt. Die schrecklichen Staubstrme des Jahres 1934 waren ein Menetekel der verschwindenden Braunerden, deren Struktur bis zum Untergrund vollkommen zerstrt war. Dort, wo ganze Lnder sich in schwrzliche Wolken verwandelten, wieder Humus zu gewinnen, ist sehr schwierig. Denn die sandbindenden Grser (hauptschlich Psammophila-Arten) knnen selbstverstndlich noch geraume Zeit keine fruchtbare Erde, sondern nur erste, magere Verwitterungsprodukte schaffen. Was auf diese Weise entsteht, entbehrt vor allem des wichtigen organischen Lebens, des Edaphons in weitest gezogenen Grenzen. Kunstdnger aber deckte eben doch nur den mineralischen Verlust, dessen Gre man ganz genau kennt: pro Tonne Weizen 23,5 kg Nitrogen, 9 kg Phosphor, 6 kg Kali. Das ist indes nur der Verbrauch an Nhrsalzen und noch lange nicht die Summe des Bedarfs der ganzen Pflanze. Und wer stellte die ruinierte Bodenstruktur, die Wasserwirtschaft, die Kolloidalitt der Krume wieder her? Der Tschernosjem hat der Bodenkunde lange als ein Rtsel gegolten. Zunchst darum, weil man nach den herrschenden Zeitbegriffen versuchte, ihn nur vom Standpunkt der anorganischen Wertschtzung aus zu beurteilen. Man trachtete, ihn aus besonderen mineralischen Zusammenhngen herzuleiten. Aber wenn schon der Humus an sich nichts mehr von den Gesteinen verrt, denen er seine Entstehung verdankt, so tut das der Tschernosjem noch weniger. Er ist berhaupt nur mit den Begriffen der Humuswissenschaft zu fassen, denn er ist konzentrierter Humus, konzentriert in allen seinen Teilen, sozusagen Nhr- und Dauerhumus in einem. Auch dieses Wort ist russisch und soll bedeuten Schwarze Erde. In Wirklichkeit ist der Tschernosjem aber gar nicht schwarz, sondern fast nie http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 175 PDF-Ausgabe 62010

anders, als dunkel kastanienbraun. Und sehr charakteristisch ist ein blulichweier bis bleichgrauer Schimmer, der ihn berall durchspinnt. Das rhrt von den zahllosen, feinsten bis allerfeinsten Pilzfden her, die ihn durchwuchern. Der Bodenbiologe wei, da dieses Myzel allein schon ein Beweis dafr ist, da solch eine Erde weder jemals austrocknen, noch versuern kann. Vor dem ersteren bewahren sie die feuchtigkeitsspeichernden Bodenpilze, vor dem letzteren die ausgeglichene, ideale Humifizierung. Ich sagte schon frher, da es die echten Tschernosjembden in Europa nur im Osten gibt. Vor allem in der Ukraine und im Banat. Sie sind fett, ohne schwer zu sein, vorbildlich aufgeschlossen, wirklich harmonisch aus Organischem und Anorganischem gemischt, bar jeder Fulnis, d. h. vollkommen ausgereift. Es gibt zwar Angaben von russischen Forschern, nach welchen man auch kalkarme Tschernosjembden kenne, aber hier bedeutet das einen anderen, als den gewohnten Zusammenhang. Denn infolge der wunderbaren Krmelstruktur entwickelt die Pflanze eine ungewhnlich krftige Bewurzelung, die wieder mehr Kalklsung nach oben pumpt, als das Gewchs eigentlich fr sich selber bentigt. Aber auch eine gewisse Kalkarmut scheint hier nicht zu schaden. Denn ein natrlich hoher Tongehalt, der allen Schwarzerden eigen ist, hindert mit der Entwsserung auch jede bermige Auslaugung von Bodensalzen. Die Tschernosjembden haben 7-20 Prozent Humus, und der ist in kompakten Lagern von 0,5 bis zu 2 m aufgehuft. Es soll sogar einzelne Gebiete geben, in denen man bis zu 4 m gemessen hat. Das ist etwas ganz Unerhrtes unter den sonstigen europischen Verhltnissen, etwas ganz Unvorstellbares, noch dazu auf so ausgedehnten Gebieten, die nach Osten zu erst in den Halbwsten der Kaspisee endigen. Unter den Bodenpilzen finden sich alle gewohnten Formen, nur die den Rohhumus liebenden Cladosporium-Arten sind selten. Sehr bemerkenswert fr diese prachtvoll ausgereiften Bden ist die Ausgewogenheit in den Gruppen der Protozoen. Kieselalgen und Wurzelfler halten einander die Waage. Nematoden sind ausgiebig vorhanden. An der Oberflche zeigen

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sich berall Ketten und Nester von Grnalgen und Urkugeln, die ein wahres Netz von assimilierendem Leben ber ihn spinnen. Nichts fehlt, keine Gruppe ist imstande, die andere zum Schaden des allgemeinen Ausgleiches zu benachteiligen. Mineral aufschlieende und Luftstickstoff sammelnde Bakterien sind in Mengen zu finden. Die Fruchtbarkeit ist denn auch auerordentlich. Sie steigt pro Hektar bis zu 36 dz Weizen an. Man soll sogar schon 40 dz geerntet haben. Und noch viel wichtiger es ist eine erstaunlich stabile Fruchtbarkeit, die sich wenig ndert. Es gibt dort, wo noch keine Ausntzung vorliegt, kaum Schwankungen, so wie es auch keine Schwankungen des Klimas gibt. Drreund Nsseperioden fehlen. Der ganze Tschernosjem ist ein anschauliches Beispiel dafr, wie sich ein Boden verhlt, der in sich hochwertig und im Gleichgewicht ist. Auch er entstammt jahrhundertealten prachtvollen und ppigen Wldern. Wahrscheinlich wre jeder natrliche Urboden so, aber wir, die wir in Europa auf eine mindestens 700 Jahre whrende ununterbrochene Feldwirtschaf zurckblicken, kennen seit sehr, sehr langem berhaupt keine Urbden mehr. Wir haben es in Mittel-, West- und dem allergrten Teil von Sdeuropa fast ausschlielich mit Bden zu tun, die entweder unreif, oder krank oder zu Tode erschpft sind. Im besten Fall sind sie mit sehr groer Mhe auf einem gewissen Status erhalten, der eben noch eine landwirtschaftliche Bebauung verlohnt. Wir haben uns freilich an alle diese Mngel unserer Bden so sehr gewhnt, da wir uns gar nicht mehr darber wundern und noch weniger auf die Idee verfallen, ein Boden knne so gesund und kraftvoll sein, da er nicht einer stndigen Hilfe und Aufrechterhaltung bedrfe. Fr uns ist es selbstverstndlich, da man dngen und mit vielen Gerten den Boden bearbeiten mu. Da sich ganze Wissenschaften damit beschftigen, was alles man an knstlichen Hilfen der Erde noch zuteil werden lassen oder wie diese mit Hilfe von reinen Wasserkulturen, z. B. die Versuche der Hygroponika womglich ganz ausgeschaltet werden knnte. Infolgedessen haben wir eine Bodenwissenschaft geschaffen, die den gesunden Boden kaum in Betracht zieht, sondern nur den hilfsbedrftigen und minderwertigen. Die Tschernosjembden sind dagegen in Wahrheit gar nichts anderes, als gesunder und in gengender Menge vorhandener Humus. Da sie uns so auerordentlich vorkommen, liegt eben nur daran, da wir es sonst in der Hauptsache mit degradierten, ausgelaugten, entkrfteten Bden zu tun haben, die durch den systematischen Humusentzug vllig aus allem Gleichgewicht gebracht und absolut disharmonisch geworden sind. Um sie in den frheren Zustand zurckzuversetzen, bedrfte es Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte der Ruhe und einer sorgfltigen Pflege. Nun sind aber die Erfordernisse der Welternhrung leider so, da wir http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 177

ihnen von Rechts wegen nicht einmal das Ausruhen eines einzigen Sommers gnnen knnen. Ein Wahnwitz treibt die Menschheit an, noch immer neue, bermige Massen von Nachkommen, deren Zahl in gar keinem Verhltnis zu ihren Lebensmglichkeiten steht, in die Welt zu setzen. Ein wesentlicher Prozentsatz von ihnen pret sich in wenig fruchtbaren und ertragsmig ungeeigneten Teilen der Erde zusammen. Von Zeit zu Zeit tritt dann eine schonungslose Ausrottung anstelle des unertrglichen bermaes. Und darum knnen wir unseren Feldern und unseren ausgeraubten Bden trotz ihrer augenscheinlichen Erschpfung keine Erholung gnnen und nicht die notwendige Pflege bewilligen. Darum leben wir fast ausschlielich von Pflanzen und Tieren, die von solchen krnklichen, vergifteten, entharmonisierten Bden stammen. Darum fangen unter tausend Vorwnden die Hungersnte wieder an, und die Erde verdorrt, und die Eingeweihten zittern um das, was uns an Fruchtbarkeit zurckgeblieben ist ... Aber davon spter. Whrend der Tschernosjem beinahe der einzige, bisher noch nicht entnatrlichte und entartete Boden ist, sind die Tropen in dieser Hinsicht weit besser daran. Sie besitzen verschiedene Typen von Schwarzerden von noch immer hchst bemerkenswerter Fruchtbarkeit. Dabei ist es fr den Nichtfachmann vielleicht etwas unwahrscheinlich, zu hren, da es unter den quatorialen Regengssen und angesichts der viel intensiveren Sonnenstrahlung keineswegs immer zu einer vollstndigen Durchschwrzung auch der besten Erden kommt. Die schon in anderem Zusammenhang genannte Insel Barbados, deren Zuckerrohrertrgnis vielleicht nur von dem der FidschiInseln bertroffen wird, hat das Glck, sowohl rote Laterite, als echte Schwarzerden zu besitzen. Auch hier sind die roten Laterite bei weitem fruchtbarer. Das wiederholt sich mehrfach auch andernorts, denn man vermutet, da die hohen Eisengehalte nicht immer eine organische Karboni sierung zulassen. Anders ist es da, wo sich bereits schwarze oder doch sehr dunkle Gesteine (Laven, Basalte, Porphyre) unter tropischem Klima in Humus umsetzen. Da werden dann so fabelhafte Erden wie der indische Regur daraus. Sein Muttergestein ist ein fast teerschwarzer Porphyr, der jedoch, wie viele mineralische Vulkanprodukte, sehr wenig Ton enthlt. Er zerfllt denn auch in einen sehr feinkrnigen Grus, der sich whrend der Regenzeit in einen schwemmsandartigen Schlamm umbildet. Beim Trocknen rieselt er einfach auseinander, ohne da man auch nur das geringste dazu zu tun braucht, und wird eine Art pulverfeiner Staub. Eine Bodenbearbeitung erbrigt sich tatschlich. Es gibt auch keine, denn der eingeborene Arbeiter sagt: Er pflgt sich ja von selbst! Man pflanzt nur die anspruchsvolle Baumwolle auf ihm, die erstklassige Ertrgnisse liefert, sowohl nach Quantitt wie nach Qualitt. An sich sind die Regurbden nicht einmal selten. Es gibt sie berall, wo der sog. Dekanporphyr ansteht. An den wenigst bevorzugten Gelnden 178 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

liegen sie 0,30-1,50 cm hoch. Sonst gehen sie bis zu 6 m in die Tiefe. Einen ergiebigeren, bearbeiteten Humusschatz gibt es nirgends auf der Welt. Damit knnte man die Aufzhlung der uns bekannten Typen von Humusbden abschlieen. Wie man sieht, umfat sie recht zahlreiche Abstufungen in lockerem Verband, dem man eine Reihe lokaler Spielarten zugeordnet hat. bergnge von einer zur anderen sind hufig, die Grenzen fast nirgends scharf. Trotzdem hat man immer wieder versucht, Bodensysteme nach verschiedenen Gesichtspunkten aufzustellen. Man hat alle mglichen Nomenklaturen erfunden, um der Vielartigkeit der Bden Herr zu werden. Ich nenne hier ein paar, die sich aber auch nicht allgemein durchsetzen konnten vielleicht, weil die Bodenkunde bisher noch weniger allkontinentale Begriffe entwickelt hat, als andere Wissenschaften, z.B. die Medizin oder die Philologie. Die russische Bodenkunde unter Sibirtzew vertrat eine Zeit lang die Einteilung in zonale Bden, die sie vom Laterit bis zur Tundra durchfhrte. Zu den Intrazonalen wurden die Salz- und Rendzinabden bis zu den reinen Mooren gerechnet. Als Azonale fate sie Alluvionen bis zum nackten Erdskelett zusammen. Der Bodenforscher Vilensky wieder schuf eine Tabelle je nach dem Durchschnitt der Bodenfeuchtigkeit. Er teilte sie in thermogene, phytogene, hydrogene und halogene Bden ein. Der Franzose Villar griff das Problem von der biologischen Seite an, die dem Humusbegriff natrlich am meisten entspricht. Er unterschied nach unreifen, reifen und berreifen Bden. Aber obgleich alle diese Systeme sich, jeder von seinem Gesichtspunkt aus, an wichtige bodenbiologische Zusammenhnge halten, so erfassen sie doch alle zusammen nicht das Wesentliche: sie betonen nicht das einseitig Disharmonische gegenber dem ausgeglichen Harmonischen als einzig anzustrebenden Endeffekt zwischen Mineralischem und Organischem, zwischen Klima-, Feuchtigkeits-, Belichtungs- und Struktureinflssen. Man kommt doch nirgends darber hinaus, da Humus ein komplexes System von ungeahnt groem Umfang ist, ausgewogen zwischen vielen und vielartigen Teilen. Und eben deshalb leicht zu stren und durchaus nicht so leicht wieder aufzubauen. Unentbehrliche Mineralien Von der Funktion der Erde im Zuge ihrer Selbstreinigung durch vollkommene Umstellung aller willkrlich in sie hineingelangten Substanzen werden die chemischen und mineralischen Verbindungen ebenso erfat, wie die biologischen das ist ein Satz, den man als Axiom aufstellen knnte, weil er so vieles erklrt. Nur geht die Umwandlung weder in dem einen, noch in dem anderen Fall ber die elementare Grenze hinaus. Darum bleiben auch die Bodenmineralien, abgesehen von gewissen zyklischen Formen, zu meist das, was sie sind. Es ndert sich weit weniger ihre Wesenheit, als ihr http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 179

Aggregatzustand. Ebenso mu man sich merken, da sie untereinander stets in einem bestimmten Ausgleichsverhltnis stehen. Das setzt sich nach einiger Zeit immer wieder durch. Auf ihm beruhen gewisse Austauschvorgnge, z. B. zwischen Kalk und Kali. Wo der Boden natrlich kalireich ist, da pflegt er meist kalkarm zu sein und umgekehrt. Das kann man an folgendem Fall am besten beweisen. Wenn es einem einfllt, Fichten mit Kali zu dngen (was ganz gewi nicht hufig vorkommt), so verringert sich der Kalkgehalt in den Nadeln. Die Wirkung ist so eindeutig, da die Nadeln von vierjhrigen Fichten dann nicht einmal mehr so kalkreich sind, als solche von dreijhrigen. Warum; Der Kalizusatz bringt eine krftige Anregung mit sich, die veranlat, da die Kalkverbindungen im Boden rascher und intensiver ausgewaschen oder doch gelst werden. Anstatt des verloren gegangenen Kalkes nehmen die Nadeln dann Kali auf denn die Erde ist kalkrmer geworden. Gleichgewichtsverschiebungen wie und durch was immer sie herbeigefhrt werden ziehen unweigerlich Vernderungen der Bodenbeschaffenheit nach sich. Das komplexe System Erde trachtet sich dann nach anderer Seite auszugleichen. Darum ist, was die in ihm enthaltenen Stoffe anlangt, sein Zustand ein so labiler. Das schtzt ihn, so lange es geht, vor greren Schden. Wre er starr, wie etwa eine Mauer, so wrden wir ununterbrochen die schrecklichsten Einstrze erleben. Um wieder zum Kali zurckzukehren denn es gehrt zu jenen Bodenelementen, die mit am meisten von dieser Labilitt betroffen sind , so braucht es die Pflanze, um ihre Krpersubstanz aufzubauen. Sie bedarf seiner zur Bildung des Zellgewebes, jener hlzernen Schachteln, in welche die kleinen, grnen Chlorophylltiere eingesperrt sind. Jedes Blatt, jeder Stengel besteht aus solchen hlzernen Schachteln, wovon man sich im Mikroskop leicht berzeugen kann. Vor allem aber besteht das Holz aus ihnen, und aus dem vermodernden Baumstrunk kehrt das Kali dann wieder unverndert in die Erde zurck. Es ist also eine geradezu unsinnige Unvernunft in Hinsicht des Kaligehaltes des Waldbodens, wenn man bei einem Kahlschlag nicht nur die Stmme abfhrt, sondern auch die Wurzeln und Stcke sprengt und wegschafft. Das mu eine nachhaltige Kaliverarmung des Bodens herbeifhren. Auerdem ist Kali aber auch noch bei der Absorption der Kohlensure, also bei der eigentlichen Assimilationsarbeit, notwendig. Das geht bis zu den Bodenalgen hinunter. So ist man darauf verfallen, alle jene Kulturgewchse, die schnell eine enorme Blattflle entwickeln sollen, mit Kali zu berfttern. Der Grtner tut das ganz besonders gerne bei Spinat und Salat (meist, ohne die letzten Zusammenhnge zu ahnen), vor allem aber geschieht es bei der Zuckerrbe. Dieser den Futterrben brderlich nahestehende Vertreter jener domestizierten Pflanzen, die infolge ihres erbrmlich armselig ausgestatteten Samenkornes eine zweijhrige Vegetationsperiode brauchen, sammelt natr180 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

lich den Zucker, um im zweiten Sommer Blte und Frucht aus diesem Vorrat zu bestreiten. Der Landwirt veranlat ihn nun durch eine sorgfltige und trotzdem immer wieder zurckschlagende Veredelung, viel mehr Zucker, als er brauchen wrde, zu speichern. Die unveredelte Rbe lt sich auf keine hhere Sstoffproduktion als allerhchstens 5-7 Prozent ein. Denn mehr hat sie nicht ntig, und freiwillig leistet keine Pflanze mehr, als ntig ist. Nun aber kommt der zuckergierige Mensch und schttet Scke voll Kali auf das Zuckerrbenfeld. Dadurch lassen seine Pfleglinge einen gewaltig groen, festen, dunkelgrnen Blattschopf aufschieen, welcher der Kalimstung sein Dasein verdankt. Mit Hilfe dieses bermig groen Blattschopfes wird viel mehr Zuckersaft hergestellt, und es gibt kostbare, hochgezchtete Rbensorten, die bis zu 27 Prozent Zucker liefern. Da auf solche Art der Boden in einen disharmonischen, viel zu kalireichen Zustand gebracht wird, kann niemand bestreiten. Das gespendete Kalisalz wird von der Zuckerrbe ja nicht restlos aufgenommen. Das wrde den Gesetzmigkeiten der Bodenumsetzung durchaus widersprechen, auch dort, wo man ihm noch andere Dngesalze zusetzt. Nun versteht man unter Zuckerrbenbden im allgemeinen sehr schwere, fette, stark tonige Bden, so wie die ursprnglich weitberhmten, heute freilich auch schon stark ausgeplnderten und teilweise ganz zugrundegerichteten Bden der Magdeburger Brde, die gengend feucht sind, um die wachsende Rbe mit ihrem verschwenderischen Blattwerk mit reichlich Wasser zu versehen. Die berreiche Kalidngung, ohne welche ein solches Mehr an Zucker eben nicht zustande kommt, verdichtet aber auf die Dauer durch anorganische Versalzung (der Fachmann nennt sie Verschlmmung) den an sich schweren und ohnedies nicht ideal gelfteten Boden immer noch mehr. Das wieder hat unausbleiblich zur Folge, da das Bodenleben und die organische Umsetzung darunter leiden, da es eine ungengende Vermehrung des Edaphons gibt und sich zuletzt sowohl die organische, wie die anorganische Aufschlieung nicht mehr in harmonischem Ausma vollzieht. Das Ende ergibt sich von selber. Die Bden verschlmmen und versalzen so sehr, da ihre Hochwertigkeit nach einiger Zeit sinkt. Als erstklassige Bden sind sie nicht mehr zu gebrauchen, denn auch das Zuckerertrgnis geht dadurch zurck. Da aber heute Zucker sowohl in der Eigenernhrung eines jeden Landes, als auch innerhalb von Import und Export eine wichtige Schlsselzahl darstellt, so schlgt ein solches Absinken immer weitere Wellen, die schlielich auch an die goldenen Mauern der Weltwirtschaft mitnend anbranden. Ich habe dieses Beispiel der Disharmonie durch bermige Kalidngung etwas ausfhrlicher, freilich unter Weglassung der einzelnen komplizierten Nahzusammenhnge, gestaltet, als es sonst die Raumverhltnisse dieses Buches erlauben. Aber ich habe es deshalb getan, weil uns hier eine klare, berblickbare Linie zur Verfgung steht, die anschaulich und http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 181 PDF-Ausgabe 62010

allgemeinverstndlich genug ist, um in ihrer Bedeutung von jedermann eingesehen zu werden. Kalimangel ist selbstverstndlich ebenso unbekmmlich. Er ruft ein durchgngiges starkes Kmmern der Kulturgewchse hervor. Die Bltter entwickeln nicht ausreichend Chlorophyll, sondern bleiben gelb oder gelbgefleckt. Auch eine gewisse Schlaffheit fllt an ihnen auf, da der Saftdruck den der Botaniker Turgor nennt nicht gengend stark ist. An sich sind Halmgewchse weniger kalibedrftig als Rben. Man baut also darum, um bereits einen gewissen Bodenausgleich zu erzielen, gerne Getreide als Vorfrucht fr Wurzelgewchse, denn man hat die Erfahrung gemacht, da diese dann Bodensalze besser aufnehmen. Ihr Kalibedarf ist enorm. Entzieht doch eine gute Ernte gewhnlicher Futterrben dem Boden pro Hektar 450 kg Kali! Dann und wann versucht man, sehr ausgebeutete cker, die durchaus nicht mehr tragen wollen und nicht einmal das Saatgut erbringen, wieder aufzuforsten. Angesichts ihres elenden Zustandes beginnt man vor allem in Nordeuropa natrlich nur mit Fichten oder noch lieber mit Fhren, die doch bekanntlich auch mit dem schlechtesten Grund zufrieden sind. Sehr hufig werden jedoch die meisten der jungen Bumchen von der Ackersterbe oder Ackertannenkrankheit vorzeitig hinweggerafft. Man schreibt das einem langsamen Verhungern der Setzlinge infolge Kaliarmut zu. Denn auf schlechtesten Bden knnen Pflanzen ebenso wie Menschen oder Tiere verhungern ... Wenn der amerikanische Farmer, der zum erstenmal frisch umgebrochenes Land aberntet, bis zur nchsten Aussaat die Stoppeln stehen lt, so gibt er ihm damit einen Teil des Kalientzuges unwissentlich zurck. Aber bei alten Kulturbden gengt das lange nicht mehr. Vor mir liegen ein paar Zahlen, die Deutschland betreffen, aus dem Jahre 1941: Danach herrschte auf den sddeutschen Bden eine unbedingte Kaliverarmung von 27 Prozent und eine bedingte von 37 Prozent. Westfalen war mit 64 Prozent, das damalige Sudetenland mit 65 Prozent kalipassiv. (Man soll aber nicht glauben, da es anderswo in Europa wesentlich besser ist!) Sozusagen kann man es eigentlich keinem Landwirt verargen, wenn er, mit einer solchen Auskunft von einem staatlichen bodenchemischen Institut in Hnden, nun alles daran setzt, um seinen Feldern mehr Kali zuzufhren. Er glaubt doch ehrlich, nichts besseres tun zu knnen. In Wahrheit ist die Reaktion auf die Dauer gerade entgegengesetzt. Denn das Gleichgewicht des Bodens wird in immer tiefgreifenderem Ma gestrt, und die Verdung wird immer schlimmer.

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Immerhin lt sich sogar in dieser einseitigen Materialisierung des Begriffes Fruchtbarkeit ein gewisser Fortschritt feststellen. Denn man ist davon abgekommen, die Bodennhrsalze, so wie frher, einzeln in beliebigen Massen zu geben. Jetzt wird berall Volldnger propagiert. Das heit, man gibt die drei wichtigsten Salze, oft auch mit Kalkzusatz gekoppelt, um Bodenversuerung, Verschlmmung und Versalzung nach Tunlichkeit einzuschrnken. Dennoch mte berall verlangt werden, da die Mengenverhltnisse der unentbehrlichen Mineralien nach den jngsten und revolutierenden Erfahrungen endlich richtig festgelegt und jedem Landwirt mitgeteilt werden. Denn der Schaden, der sonst entsteht, ist ein Schaden, den die Allgemeinheit zu tragen hat und der sich auf das Kunstdngergeschft im ganzen dann zuletzt ebenso auswirkt, wie auf Ernhrung, Einfuhr und Valuta eines Landes. Der reife, wirklich fruchtbare Humus enthlt alle diese Stoffe nicht in Maximal-, sondern in Minimalzahlen. Man mu entgegen den bisherigen Ansichten sogar die Mglichkeit in Betracht ziehen, da die Bodensalze gleich gewissen Metallen vielleicht erst dann ihre hchste Wirksamkeit entfalten, wenn sie mengenmig gering, dafr aber harmonisch eingefgt sind. Wie sonst sollte man es sich erklren, da eine erstklassige humse Gartenerde niemals mehr als maximal 2 Prozent Kali und durchschnittlich 1,5 Prozent Phosphorsubstanzen enthlt! Ebenso wird man im besten Humus nicht ber 1 Prozent Stickstoff, oft sogar nur 0,1-0,3 Prozent finden. Warum man trotzdem behauptet, da jeder Boden unter 3 Prozent Stickstoffgehalt prinzipiell stickstoffhungrig sein msse, ist eigentlich nicht einzusehen. Was den Phosphor anlangt, so scheiden ihn merkwrdigerweise gewisse Pflanzen direkt und fast stndig aus. Denn Senf (Sinapis), Buchweizen, Lupinen (Lupinus) drften mit etwa 20-30 Prozent ihrer Trockenmasse mit Phosphor angereichert sein. Dasselbe soll fr Stroh gelten. Aus der Atmosphre, die im Sauerstoff gebunden stets auch Phosphor enthlt, reit ihn das Blattgrn mit Hilfe der gelben und roten Strahlen des Sonnenspektrums heraus und bindet die nun organisch gewordene Phosphorsure in ihrem Zellsaft. Das ist gleichsam das Reservoir, aus dem sie ihn vielfltig verwendet. Das kann nur die Pflanze, weder Mensch noch Tier sind ohne Hilfsmittel dazu imstande. Dadurch ist sie allen Geschpfen so unendlich berlegen und alle sind auf sie angewiesen. In Wahrheit bestimmt die Pflanze das Leben auf unserem Gestirn. Mit Schlacken und gestorbenen Krpern kommt der Phosphor wieder vieltausendfltig in die Erde. Man hat in wachsendem Mae den Eindruck, da er dort weniger der Auswaschung unterliegt, als alle anderen Salze. Denn alle seine mineralischen Verbindungen sind kaum oder gar nicht wasserlslich. Vielleicht erklrt sich daraus, warum er meist an Ort und Stelle liegen bleibt, so da man von seiner nesterweisen Verteilung im Boden spricht. Das gilt auch fr die knstlichen Superphosphate und hat wie http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 183

alles sein Gutes und sein Schlechtes. Das Gute besteht hauptschlich darin, da man mit Phosphordngung auch einzelne Pflanzen dngen kann, so wie das die chinesische oder indianische Landwirtschaft seit Jahrtausenden mit Erfolg tut. Das Schlechte mu man darin suchen, da die ungleiche Phosphorverteilung auch ungleiche Phosphoranreicherung, dadurch ungleiche Ertrgnisse und berhaupt eine ungleiche Bodenbeschaffenheit auf demselben Grundstck verursacht. Abgesehen von dieser allgemeinen Phosphorisierung aller Erden auf der ganzen Welt, die unablssig kommt und geht, besitzen einzelne bevorzugte Landstriche aber auch natrliche Phosphorlager in Gestalt von Phosphaten, die in sehr bedeutendem Ausma vorhanden sind, aber den verschiedensten Ursprung haben knnen. Sie haben mit Apatiten gar nichts zu tun, die als mineralische Phosphorlieferanten gelten, da sie phosphorsauer sind. Denn hier handelt es sich um hochgradig mit uralten Verwesungsstoffen durchtrnkte, oft noch mit Knochensplittern untermischte, ockerfarbene, versteinerte Massen, die ganz so aussehen wie verhrteter Lehm, ohne es doch zu sein. Die floridanischen Phosphate habe ich selber gesehen. Sie stellen ein gewaltiges Lager dar, das stlich von der Bai von Tampa Tampa ist auch der grte Phosphathafen im Polk County liegt. ber ihre Herkunft zerbricht man sich noch immer den Kopf. Die ganze Halbinsel Florida tauchte nmlich berhaupt erst im Tertir aus den Fluten der Tethys auf und blieb bis auf den einzigen, 300 m hohen Mount Iron, als vllig flaches Land liegen. Zusammen mit den vielen kleinen Keys an seiner sdlichsten Spitze bildet sie den schiefen, gekrmmt ausgenagten Westrand des Floridastromes. Die Erosion der vorletzten Erdepoche hat also keine entscheidende Rolle auf ihr gespielt, dafr fehlt es ihr zu sehr an Gebirgen. Gleichwohl stellt man sich mit unseren heutigen geologischen Kenntnissen nichts anderes vor, als da Riesensuger, vielleicht auch noch letzte Herden von Riesensauriern, Fischungeheuern oder ausgestorbenen Warmbltlern gleich den da und dort immer noch versteckt lebenden Seekhen, den Manatis, in unschildbaren Massen hier zusammengeschwemmt wurden. Auch daran denkt man, da sie vielleicht in unterseeischen Hhlen vermoderten. So knnte ein uraltes bonebed entstanden sein, das Jahrtausende um Jahrtausende verborgen lag. Denn die Seminolen machten fr ihre winzigen Urwaldpflanzungen niemals von ihm Gebrauch. Man wei berhaupt nirgends von Eingeborenen, da sie auch nur Hhlenlehm bentzen, der ihnen doch oft genug leicht zugnglich ist. Solchen Hhlenlehm kennt man nmlich von vielen Orten der Erde, whrend Phosphatlager bis jetzt auer in Florida hauptschlich in Nordafrika, vor allem in Tunesien, in Europa nur in Frankreich und Belgien aufgedeckt wurden. Wo wilde Tiere leicht in Hhlen gelangen knnen, da werden diese 184 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

von ihnen gerne als Friedhfe verwendet. Das ist ein uralter Instinkt, dessen letzte Veranlassung uns noch undurchschaubar ist. Schon die Riesensuger des Tertirs besaen ihn und handelten danach. So schaffte man z. B. in Gweinstein in der Frnkischen Schweiz seit Menschenaltern die berbleibsel von unzhligen Hhlenbren (Ursus spelaeus Rosenm.) heraus, die einen ausgezeichneten, hochgradig phosphorhaltigen Dnger lieferten. Anderswo sind es die Auswurfsspuren von Myriaden von Fledermusen, die undenkliche Zeiten lang immer in ein- und derselben Hhle berwinterten. Im ungarischen Bihargebirge, das voll von tiefen Zerklftungen ist, liegen in Grotten seit weit ber tausend Jahren viele Meter hohe Schichten von solchen Fledermausexkrementen. An manchen Stellen wurden sie whrend des letzten Krieges lastzugweise fortgeschafft. An anderen sind sie noch ganz unberhrt, und es werden immer neue aufgefunden, meist allerdings nur durch so unzugngliche Fupfade zu erreichen, da sie nicht ausgebeutet werden knnen. Da ich Gelegenheit hatte, solchen Fledermausguano biologisch zu untersuchen, so konnte ich feststellen, da er weilichgelb aussieht, von talkiger bis brckeliger Struktur ist und scheinbar nur langsam humifiziert. Trotzdem haust ein reiches Bodenleben in ihm, in dem die Abbauer natrlich berwiegen. Der Phosphor- und Nitrogengehalt ist wechselnd, aber immer bemerkenswert hoch. Selbstverstndlich besitzt ihr Dngewert eine ganz andere Wirkung, als die rohen, rein chemischen Salze, denn er hat ja die organische Durchprgung bereits hinter sich. Demzufolge richtet er auch niemals Schden durch Verschlmmung an. Das einzig Bedauerliche ist nur, da er sich, gleich anderen organischen Bodenschtzen in keiner Weise ergnzen lt, sobald er einmal aufgebraucht ist. Er kommt auf uns als Vermchtnis der Vorzeit, mit dem man sparsam umgehen mu, wie mit einem kostbaren Erbe. Ersatz gibt es nur bei einer natrlichen Phosphorquelle beim Guano. Aber auch bei ihm nicht berall und nur in ganz besonderen Fllen. Sonst stammt auch er aus der Vergangenheit und ist unersetzlich, gleich l oder Kohle. Das Wort ist aus dem peruanischen huano ins Spanische korrumpiert worden, bedeutet aber da wie dort Mist. Denselben Sinn hat es in Ketschua. Er wurde beileibe nicht von Pizarro und seinem gierigen Schwarm aufgestbert. Denn die Inkas bewirtschafteten ihn schon lange vorher. Er wird verschieden bewertet, aber der beste liegt noch immer auf den Guano-Inseln vor Sdperu. ber die Hhe der Lager kursieren verschiedene Angaben. Die Zahlen bewegen sich zwischen 30 und 450 m, aber bereinstimmend wird gemeldet, da sich der Guano zu schneeweien Bergen erhebt. Er bildet eine fantastische Miniaturlandschaft, voll von eiszapfenartig aufgerichteten Stalagmiten, die aus nichts als aus Vogelexkrementen bestehen. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 185

Die wieder rhren ausschlielich von verdauten Seefischen her. Der harte Kalkboden der kleinen Eilande scheint jahrtausendelang von Mven, Alken, Fregattvgeln, Seestrchen und anderen Fischefressern des sdamerikanischen Pazifiks als Brutsttte und zugleich als W. C. bentzt worden zu sein. Hier fhrten sie ihr Landleben, hier verdauten sie ihre Beute und sphten mit unersttlichem Appetit nach neuen Mahlzeiten aus. Die Jahrtausende gingen zeitlos an ihnen vorber, so zeitlos, wie an jedem tierischen Sein. Generationen starben und wurden neu ausgebrtet. Eine gab der anderen ihre Lebensgewohnheiten weiter. Zumeist sttigten sie sich von ungeheuren Anchovisschwrmen, und die Vielfrae (landesblich Ganneted genannt) schluckten zu einer einzigen Mahlzeit 60-70 solcher Fischchen und gaben sie nach 15 Minuten wieder als Schlacken prompt von sich genau, wie sie es heute noch tun. Man wei nicht, ob die Inkas darauf verfielen, sie durch auf der Insel postierte Scharfschtzen vor den Kondoren und anderen Raubvgeln schtzen zu lassen, so wie das gegenwrtig geschieht (da doch fr die peruanische Zuckerindustrie die einheimische Guanogewinnung einen unschtzbaren Reichtum bedeutet). Alle diese Pelikane, Sturmtaucher und Seeraben und wie sie sonst noch heien, produzieren heute in Vlkern von annhernd 20 Millionen unersttlich Gefriger jhrlich an 180 000 t Dnger. Ob es seinerzeit mehr oder weniger waren, wissen wir nicht. Aber das wissen wir, da sie auch schon frher die wohlgeordnete und nach weisen Vorschriften geleitete Landwirtschaft der Inkas ermglichten. Da es an einer eigentlichen Viehwirtschaft dort ja fehlte, so waren sie die einzigen Lieferanten von Stoffen, welche die Felder dauernd ertrgnisreich machten. Die toten und verdauten Fische des Meeres befruchteten das lebende Land. Diese natrlichen Phosphor- und Stickstoffbergwerke werden von Augenzeugen so geschildert: Wo die Brandung in den ausgesplten Kliffen grere oder kleinere rodwools ausgewaschen hat, stinkt es nach alter Heringslake. Die ganzen Inseln stinken entsetzlich, sie verbreiten wahre Wolken von Ammoniak-, Harnsure- und Guaningerchen. Ganz frische Auswrfe zersetzen sich in brunlich-erdige Massen. Schlielich bleibt ein phosphorsaurer Kalk brig, der mit seinen 7-15 Prozent Nitrogen und 10-20 Prozent Phosphorsure schon von Liebig fr 33mal reicher an Stickstoff gehalten wurde, als bester Stalldnger. Sein Handelsname ist Guanophosphat. Man bewertet ihn nach Schichten und hlt die mittlere fr die beste, weil sie die phosphorreichste ist. Die untere soll hauptschlich aus unzersetzten Ammoniaken, die oberste, Surface guano genannt, nur aus durch den Regen ausgewsserter Bedeckung bestehen. brigens beutet man auch im Golf von Maracaibo einen Curassaoguand aus, in Wahrheit zerhackte Korallenkalke, imprgniert mit Vogelkot. Die Mnchsinseln liefern Sombreroguano, der dem Phosphat gleichkommt, da er mit 75-90 Prozent Phosphor ergiebig ist. Sowohl der Bakerguano als der 186 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

bolivianische Meijillonesguano weisen sogar 79 Prozent auf. (Der erstere wird aus der Sdsee gebracht und soll nicht ganz so gut wie jener berhmte von der schon vllig abgerumten Insel Walpole sein.) Schlielich gibt es noch einen Avesguano von den Avesinseln vor Venezuela. Der Spezialhandel macht genaue Unterschiede und schreibt jeder Sorte ihre Sonderwirkung zu. Der einheimische Landwirt streut als Gabe fr 1 ha 2-6 Zentner. Abgesehen von den peruanischen, werden die meisten anderen Eilande nicht mehr oder doch verschwindend gering von Vgeln weiter bewohnt. Nur die GuanoInseln vor Sdwestafrika waren noch im Jahre 1925 mit 7845 t hochaktiv. Es ist so wie berall. Die technischen Errungenschaften ermglichen einen beschleunigten Verbrauch und der Weltverkehr sorgt dafr, da alles, was nur halbwegs abbauwrdig ist, wo immer seine Nutzung findet. In ganz Europa kann nur Norwegen sich rhmen, etwas dem Guanovorkommen hnliches zu besitzen. Das sind die bekannten Vogelbrutfelsen, bei denen die Abflle der Vgel in breiten, weien Streifen ber das senkrechte Gestein herabrinnen. Wo sie den Boden erreichen, werden sie schnell zu Humus, whrend auf den echten Guano-Inseln auch nicht ein Halm wchst. Im Norden aber trgt er die ppigsten Wiesen, die bis hftenhoch wogen. Die Grasblte ist von einer unter solchen Breitengraden ganz unvorstellbaren verschwenderischen Flle. Verstreut zwischen Nardus-, Agrostis-, Festucaund Poahalmen blhen Ampfer und rundblttrige Glockenblumen. Der milde, sanfte Duft der Pflanzen berdeckt den Gestank des Guanos, dem er doch sein Aroma verdankt. Natrlich sammelt man, wo es nur immer mglich ist, solchen Vogeldnger, der aber dort niemals lter wird, als einzelne Sommer. Man dngt die Haferfelder mit ihm und die kleinen Grtchen, die sonst nur wenig erbringen. Man schtzt ihn aber weit weniger hoch ein, als die fcherartig ausgebreitete Spur der Exkremente, die hoch oben im Norden auf den einsamen Tundren hinter unzhlbaren Scharen wandernder Lemminge zurckbleibt. Ihnen schreibt man es zu, da die Heide mit ihren harten Grsern und ihren endlosen Fluren von Renntiermoos in jedem Sommer so uner mdlich nachwchst, trotzdem sie von den weidenden Renntieren ebenso unermdlich abgeweidet wird. Dieser lemming squash wrde von den zer streuten Ansiedlern mit Gold aufgewogen werden besen sie nur Gold in ihren armen Htten. Auch sein Nutzwert liegt auf der Linie Ammoniak-Phosphat. So geht die Gier nach Phosphor rund um die ganze Erde. Er selber ist, so wie Kali, unvergnglich. Er wandert nur von Sein zu Sein. Gleichmig spinnen sie sich beide durch Leben und Tod, und das eine gibt ihnen so viel oder so wenig wie das andere. Es rhrt nicht an ihre innere Wesenheit. Vielleicht

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kann man vom Phosphor sagen, da er prinzipiell zunimmt, da er auerdem unablssig aus Gesteinen frei wird. Aber darber hat man noch nie eine Rechnung aufgestellt. Es wre auch beraus schwierig, denn von einer Phosphoreinheitlichkeit unseres Gestir ns ist gar keine Rede. Vorderhand auch nicht von einem einheitlichen Bedarf. Einige Erfahrungen, die wir mit Phosphor gemacht haben, sind leider nicht allgemein bekannt. So dies, da die Kartoffel ihn in jeder gebotenen Form ungern und schlecht aufnimmt, selbst im Stall- und im knstlichen Dnger. Da aber die Graswurzeln einer Wiese mehr von ihm aufschlieen, als beinahe smtliche Getreide. Eigentlich bringt man in den landwirtschaftlichen Schulen den Hrern nur die berzeugung bei, da whrend der Samenreife bei allen Kulturgewchsen Phosphorgaben unerllich sind, sobald man es mit lange bebautem Land zu tun hat. Das ist sicher richtig, denn in allen produktiven, denkenden oder sich gerade fortpflanzenden Eiweiwesen steckt Phosphor (bei uns in Lecithinform) in Ganglien, Eianlagen, Spermien und Sporen an beherrschender Stelle mit darin. Seine hohe Oxydationskraft, die ja auch als Atomttigkeit das Phosphoreszieren veranlat, drfte eine Beschleunigung aller Lebensprozesse herbeifhren. Wre man nicht schon von anderer Seite aus zu dieser berzeugung gekommen, so mte uns die Tatsache darauf bringen, da ein ausgesprochener Phosphatberschu im Boden die Ernte dadurch verringern kann, da die notwendige Wachstumsperiode zu stark abgekrzt wird. Ist der Boden jedoch phosphorarm, dann bildet nicht nur das Korn man vergleiche das eben Gesagte ber Fortpflanzung schlechte oder gar keine hren, sondern auch die Grasrispen entwickeln sich mangelhaft. Auch die Weidetiere, die frisch oder als Heu solche Grser vorgesetzt bekommen, werden phosphormangelkrank. Kein Zweifel, das seltsame, im Dunklen leuchtende Mineral rhrt irgendwo und irgendwie an die tiefsten Lebenskrfte. Man wei das, denn man kann durch nachtrgliche Phosphatgaben bis zu einem gewissen Grad eine lokale Reifeverzgerung infolge Schlechtwetters ausgleichen. Aber das ist noch nicht alles. Denn Pflanze, Tier und Mensch knnen ihr individuelles Dasein scheinbar nun einmal ohne Phosphor weder beginnen, noch fortsetzen. Das, was die Wissenschaft Kohlehydratstoffwechser nennt, wird bei allen dreien wohlttig und positiv von Phosphor beeinflut. Es gibt darum unter den Mangelerscheinungen einen ausgesprochenen Phosphorhunger, so wie es einen ausgesprochenen Zuckerhunger gibt. Aber der Leuchtende (phosphoros) ist darum noch keineswegs ganz durchschaut, sondern man erwgt noch immer mancherlei unklare Vermutungen ber ihn. Man wei auch das noch nicht, ob die Vorstellung, da er durch heftige Oxydation beim Denkproze die Schdelkapsel von innen her

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blulich erleuchtet, mehr als ein absonderliches Mrchen ist. Da er am Leuchten der unterirdischen Pilze mitbeteiligt ist, hrt sich schon weit weniger mrchenhaft an. In Verbindung damit erinnere man sich nur, da man mit einem schmackhaften Pilzgericht mehr Phosphor zu sich nimmt, als (ausgenommen Fische) mit allen anderen Speisen. In seiner noch viel zu wenig klar durchschauten Funktion als beim Abbau und Aufbau wirksamer Faktor des plasmatischen Geschehens ist er und das kann man mit Sicherheit sagen sowohl hier wie dort unentbehrlich. Darum kann man ihn auch aus dem Humus und allem, was mit ihm zusammenhngt, nicht ausschalten. Er ist etwas, wie das Znglein an der Waage des Lebensstoffes, das berall da spielt, wo das Geheimnis des Schpferischen Schpfung des krperlichen Weiterlebens oder Schpfung des Weltaufbaus durch Denken in Frage kommt. Auch das Magnesium ist einer jener Erdbaustoffe, die, weil sie eben berall vorhanden sind, wohl oder bel in den Kreislauf des Lebens mit aufgenommen werden muten. Denn es scheint uns logischer, zu denken, da dieser so beschaffen ist, weil er sich eben nach den schon vorhandenen Elementen und ihren Eigenschaften richtet, als da er imaginr vorher geplant gewesen sein sollte und diese erst spter in ihn gleichsam hineinwuchsen. So ist Magnesium denn in allen mglichen Verbindungen auch im Humus auffindbar. Niemals rein, sondern bestenfalls als Oxyd oder als Karbonat. Mit Vorliebe tut es sich mit Chlor oder mit Schwefel zusammen. Der Dolomit ist kohlensaurer Kalk und Magnesiumkarbonat. Magnesit und Magnesitspate werden stndig, wenn auch nicht gerade leicht, durch das Grundwasser aufgeschlossen, das dann, mit ihnen beladen, als Bittersalzquellen zutage tritt. In diesen konzentrierten wsserigen Lsungen wird es vom Krper nicht gut vertragen und baldmglichst hinausgeworfen, wovon seine abfhrende Wirkung herrhrt. Es zerfrit alle Steine und wird auch mit Leitungsrhren aus Blei fertig. Jedenfalls wirkt es am besten in homopathischen Dosen, in denen es unentbehrlich ist. Wo es fehlt, wird die Vegetation sichtlich davon betroffen. Die Nadeln der Koniferen leuchten dann gelb bis orangerot und die Bltter der Bume werden unangenehm gelbgrn. Um 1883 war man schon fast sicher, da es mit dem Chlorophyll in irgend einem unzerreibaren Zusammenhang stnde. Aber erst unsere Generation hat die Beweise dafr erarbeitet. Diese Verbindung des Magnesiums mit dem Chlorophyll ist zwar funktionell nicht ganz durchschaut, aber zweifellos lebenswichtig. Man meint z. B., da das gemhte Blattgrn bei einer Heuernte beilufig zum fnften

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Teil nur aus Magnesium besteht und hlt das fr das ideale Mischungsverhltnis. Mit dem Phosphor geht es ebenfalls gern eine Ehe auf Zeit ein. Dann entstehen phosphorsaure Salze, die wieder in der Pflanze wirksam werden. Auerdem hat man Arsenverbindungen eruiert, Arseniate, die sich, aber nicht immer, an den natrlichen Ausgleichsvorgngen zwischen Magnesium, Kalk, Kali und Phosphor beteiligen. Man wird ihrer zuweilen im Humus habhaft. Aber das silberweie Mineral Magnesium hlt sich nicht lange in der Erde auf. Es hlt sich eigentlich nirgends lange auf, am lngsten noch in Pflanzen, wo es sich am Aufbau von Pektinsubstanzen beteiligt und an solchen Prozessen, die durch Enzyme gesteuert werden. Dazu zhlt vielleicht die Umsetzung und Aufspaltung durch Bodenpilze. Gewisse Forscher halten das darum fr wahrscheinlich, weil Pilze im allgemeinen ausgesprochen kalkempfindlich sind, whrend durch die Magnesiumaufnahme in Gewchsen eine gewisse Herabminderung des Kalkgehaltes erfolgen kann. Man schreibt ihm auch einen Einflu auf die Bildung von Zellwnden zu. Sollte sich das als unumstlich herausstellen, so htte Magnesium als Teilnehmer von jenen Pflanzenleimstoffen, die man alle zusammen Tunicine nennt und aus denen die interzellularen Sttzgerste aufgerichtet werden, eine weit grere Bedeutung, als man bisher annahm. Da es mit dem Farbstoff der Chloroplasten etwas zu tun hat, scheint zwar noch nicht ganz, aber doch einigermaen sicher. Es gibt verschiedene Linien mehr oder weniger parallel verlaufender Forschungen, die doch das eine ergeben haben, da 75 Prozent des im Pflanzensaft kreisenden Magnesiums nicht fr das Chlorophyll in Anspruch genommen werden. So bringt man es in Zusammenhang mit dem Blattgelb, dem Xanthophyll und neuestens mit dem unentbehrlichen Wuchsstoffhormon Karotin, das -es war schon die Rede davon - nur eine Vorverbindung zum A-Vitamin ist. Magnesium setzt in vielen seiner Verbindungen der Wasserlslichkeit den grten Widerstand entgegen, so als Magnesiumhydroxyd, als Phosphat oder Arseniat. Auch die Magnesiumkarbonate weigern sich energisch, sich in wsserige oder gallertige Lsungen umwandeln zu lassen, wenn nicht reichlich Kohlensure dabei vorhanden ist. Das hat natrlich seine Einflsse auf die Humusbildung und bedeutet, da solche Verbindungen ziemlich wirkungslos durch den Boden hindurchgehen. Zuweilen bleiben sie auch lngere Zeit liegen, bis sie dann doch einmal ins Grundwasser geschwemmt werden. In dieser Form sind sie also ziemlich unntze Gste auf dem Festland, denn der grte Teil ihres Kreislaufes bewegt sich von Meeressalz zu Meeressalz. Flchtig nur berhren sie das Leben, kommen, gehen und verschwinden wieder. Selbst von Blatt zu Blatt wandern sie. Das meiste Magnesium steckt in jungen Blttern, in den lteren findet sich wenig bis fast gar nichts. So ist

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man geneigt, die Alterserscheinungen des Laubes auf den steigenden Magnesiummangel zurckzufhren. Das ist nun wieder fr den Humusforscher von Wichtigkeit. Denn der Laubfall wirft vorwiegend ltere und gealterte Bltter zu Boden, die ihres Chlorophylls fast ganz beraubt sind und nur noch das Xantophyll und verwandte Verbindungen besitzen. Das wieder drfte die Ursache sein, da Herbst und Laubfall dem Boden nur wenig Magnesium zurckgeben und da es eben doch mit den Bodenlsungen hauptschlich aus der Tiefe heraufgebracht wird. Weshalb aber scheiden die Pflanzenwurzeln ganz allgemein auer Stickstoff, Kali, Phosphor und Kalk auch Magnesium ab? Ist das ein berflu, und wenn, woher rhrt dieser berflu? Gibt es vielleicht auch im Boden kreisende Magnesiumionen? Und worin besteht deren Ttigkeit? Hier fehlt das zusammenhngende Wissen und vieles ist noch zu tun. Sicher ist nur dies: auf sauren, verdorbenen, degradierten Bden treten die Magnesiummangelkrankheiten mitunter gehuft auf. Und das mu man wohl als Beweis dafr nehmen, da es irgend ein Magnesiumgleichgewicht im Humus gibt auch wenn es noch so labil ist und noch so sehr auf An- und Absteigen durch teilweise noch unbekannte Faktoren beruht. Fragt man irgend jemand Beliebigen, wie er sich den Schwefelkreislauf der Erde vorstellt, so wird er vermutlich die Achseln zucken und antworten, das sei ein Problem, das nicht zu seinen beruflichen Belangen gehre und ber das er infolgedessen leider keine Auskunft geben knne. Aber diese Antwort entspricht nicht der Wirklichkeit. Denn wenn der Schwefelkreislauf auch tatschlich mit dem oder jenem menschlichen Beruf wirklich in keiner Beziehung steht, so ist doch die Menschheit selber auf eine lebensnotwendige Weise mit ihm verknpft. Dabei kann man ohne bertreibung sagen, es gbe nicht nur nicht die Menschheit, sondern es gbe ganz sicher das Leben nicht ohne ihn. Er ist einer der ganz groen Zusammenhnge, die quer durch Leben und Tod hindurchschneiden und an dem einen ebenso beteiligt sind, wie an dem anderen. Die groe Mehrzahl verbindet mit dem Begriff Schwefel nur den Begriff Vulkan. Das ist selbstverstndlich richtig, aber ungengend. Denn in Solfataren und Vulkankratern ist er natrlich darum vorhanden, weil er sich dort in kristallinischer Form aus den ausgehauchten Gasen absetzt. Auerdem aber treibt er sich in der ganzen Welt in allen mglichen Sulfaten, Sulfiden, vor allem als Schwefelwasserstoff und Schwefelsure und in zahllosen anderen Verbindungen umher. Die ausgesprochen zyklische Form seiner Erscheinungen geht ber rhombische Kristalle, Flssigkeiten, Dmpfe zu Pulver und amorphen Massen. Er ist zwar chemisch gut bekannt, aber noch nicht als http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 191

Ganzes in den sinngemen Ablauf von einander folgenden Bedingtheiten gebracht worden. Schwefel gibt es in unzhligen Vermischungen in Krpern, vor allem im Lebensstoff Eiwei selber. Stets findet er sich in Eiern, Haaren (also auch in der Wolle) und in allerhand flchtigen len, z. B. dem Senfl, das sowohl Zwiebel als Knoblauch enthlt. Seine Fhigkeit, sich sozusagen fast mit allen vorhandenen Stoffen zu verbinden, macht den Schwefel allgegenwrtig und schaltet ihn als Zwischenglied in die meisten Moleklketten ein. Nach den Lebensprozessen gelangt er mit allerlei faulenden Stoffen in die Erde. Denn die Fulnis, die ja nichts als bekanntlich eine sehr langsame Verbrennung ohne Flamme ist, gibt ihm die Mglichkeit, sich aus zerfallenden Leibern oder Resten und Schlacken wiederum freizumachen. Er tut das in Gasform, als entsetzlich stinkender Schwefelwasserstoff. Braucht das schwere, mit 16 Kernladungen (also 16 Neutronen) versehene Schwefelatom das leichteste, nmlich das Wasserstoffatom, um mit ihm zusammen als Dunst zu entfliehen? Ein Groteil der belsten Gerche, welche berhaupt auf Erden bekannt sind, knpfen sich an diesen Schwefelwasserstoff. Und nicht weniger die Erinnerung an viele kleine Unglcke, bei denen Betubung oder Tod aus schlecht gelfteten und ungereinigten Brunnen und Jauchegruben stiegen. Denn dort verschwistert sich dieses bsartige Schwefelgas stets mit dem freilich geruchlosen Methan. Fulnis ist also an Schwefel gebunden. Das Entweichen des Schwefels aus eiweihaltigem Gewebe zerbricht gewissermaen den ganzen, hochkomplizierten Bau des Plasmas. Alles fllt auseinander, die Gestalt, ihre Bausteine und zuletzt das Baumaterial selber. Aber wie zerfllt es? Ein menschlicher Krper, wenn auch bis auf Gehirnzellen und Nerven mehrfach ersetzt, dauert doch 70, 80, selbst ber 100 Jahre lang aus. Der Riesenleib eines Elefanten kann sogar ein paar hundert Jahre alt werden. Sicher wurden die Sauriergiganten noch lter. Aber diese, wenn auch relative, lebenserhaltende Harmonie hrt mit dem Leben auf. Fast in demselben Augenblick beginnt das Auseinanderfliehen der bis dahin brderlich vereinigten und durch gemeinsame Leistung aneinander gebundenen Elemente. Man hat sich lange vorgestellt, da sich alle Prozesse einer solchen Zerlegung rein chemisch vollziehen und nur auf chemische Weise zustandekommen. Dann aber mute man sich davon berzeugen, da es in der Natur keine chemische Leistung ohne Chemiker gibt. Und bei der Fulnis sind sogar viele Chemiker beteiligt. Da wir sie nicht sehen, tut gar nichts zu Sache. Es sind trotzdem ganz hervorragende Chemiker, das kann man mir glauben. Zunchst sind es grere Tiere, welche die endgltige Auseinanderlegung vorbereiten. Eine Reihe von Aasfliegen, Aaskfern, Milben, Motten und Nematoden bestreitet davon nicht nur die eigene Ernhrung, sondern vor allem die ihrer Nachkommenschaft. Wenn die Gelehrsamkeit des Mittelalters behauptete, aus Kadavern gingen Wrmer und Schmeifliegen hervor, so 192 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

hatte sie bis zu einem gewissen Grad recht. Sie hatte nur versumt, zu beobachten, da diese Tiere zuerst als Eier an das verwesende Fleisch gelegt wurden. Denn nirgends ist die Tafel reicher gedeckt, als dort, wo der Tod den Gastgeber spielt. Und nirgends gedeiht das Leben besser und sorgloser, als eben vom Zerfall des Lebens. Dann aber oder eigentlich sogleich beginnen die Bakterien ihr Werk. Whrend die Insekten und Kleinwrmer noch die ganze faulende Masse vertilgen, sie sei in welchem Zustand immer, machen sich die Spaltpilze an die eigentliche Arbeit der Zersetzung. Sie lsen Stickstoff, Kohlenstoff, Phosphor und alle die anderen Substanzen heraus und gleich zu Anfang eben auch den Schwefel. Dessen Hauptanteil wird ebenfalls organisch sofort in Gasform umgebaut und trachtet, sich auf Nimmerwiedersehen zu entfernen. Das gelingt ihm niemals ganz. Das, was jedoch wirklich entflieht, verschwindet in der Atmosphre und wird erst nach unberechenbarer Zeit irgendwie, irgendwo wieder von Organismen eingefangen. Schwefelbakterien nehmen den flchtigen Schwefelwasserstoff und alle anderen flchtigen Verbindungen des Schwefels wiederum auf, lsen den Schwefel aus seiner kurzen Ehe mit dem Wasserstoff und verleiben ihn sich als Baustoff des eigenen Krpers ein. brigens tun sich mit ihrer Hilfe auch Eisen und Schwefel immer wieder zusammen. Auch Schwefeleisen geht in Bakterien ein. Es gibt solche, die davon auffllig geschwrzt werden. Gewisse Spirillen lagern in ihrem schraubenzieherartig gedrehten Krper kohlschwarze Krner von Schwefeleisen ein. Andere wieder speichern reinen Schwefel ebenfalls in Krnerform in sich auf, auch dort, wo sie in Schwefelquellen leben. Bakterien bringen ohne weiteres auch solche Kunststcke fertig, da sie den gasfrmigen Schwefel in chemisch reinen, mitunter sogar kristallinischen Schwefel umbauen und daraus dann wieder Schwefelsure machen. Die Schwefelsure veratmen sie oder scheiden sie aus, worauf sie fast augenblicklich mit kohlensauren Salzen verbunden und dadurch unschdlich der Fachmann sagt neutralisiert wird. Andere Schwefelbakterien wieder sammeln ihren Stoff in flssigen Tropfen auf, die mit wenig Sure dann zu rhombischen Kristallen werden. Diese schnen, klaren Schwefelkristalle hufen sich dann im Lauf der Zeit zu reichen Schwefellagern. Die berhmten Thermen des japanischen Yumoto und die des serbischen Vranje sind erfllt mit solchen schwefelspeichernden Bakterien, die hauptschlich der Art des Bacterium termophilus vranjensis zugehren. Ganz besonders merkwrdig aber sind die Arbeitsgemeinschaften, zu denen sich gewisse farblose Schwefelbakterien zusammentun (Monas Mller, Monas fallax und andere, z. B. Thiophysa Hinze, Thiovolum Hinze, Hillhausia mirabilis, H. palustris West und Griffith, Achromatium oxaliferum Schwewiakoff). Nicht nur im Schwarzen Meer, sondern auf der Sohle aller Hfen und Abwsser bilden sich Lager schwarzgrauen, zhen, ber alle Maen stinkenden Faulschlammes, der aus all den unschilderbaren, scheuhttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 193 PDF-Ausgabe 62010

lichen Lebensresten besteht, die da in jedem Zustand der Zersetzung zu ihm absinken. Im Donaufreihafen von Budapest vor der Insel Csepel soll er z. B. an 9 m hoch liegen und wird zuweilen ausgebaggert und irgendwo ans Land geworfen, ohne da das viel ntzt. Man kann sich also vorstellen, wie er sich vor den Kais von New York, in der Themse, an der Mndung der Seine, vor Rio de Janeiro anhuft. Hier nun vergesellschaften sich die Kleinwesen zu einem flach wie eine Linse liegenden Bakterienniveau oder einer Platte, die hher oder t iefer sinkt, je strker oder schwcher der Auftrieb ist, der sich nach dem Schwefelwasserstoffgehalt der Flssigkeit regelt. Es ist ein hervorragend zuverlssiges Laboratorium, das einzig aus Bakterien besteht, welche die aus dem Faulschlamm aufquellenden Gaswolken einfach als Rohstoffquelle verwerten. Durch ihre Ttigkeit wird von oben Sauerstoff heruntergebracht, oft scheint die Platte sogar bereits an der Grenze zu sauerstoffhaltigem Wasser zu schweben. Innerhalb des Bakterienniveaus erfolgt dann die chemische Zersetzung, bei welcher der Wasserstoff wieder frei wird, whrend der Schwefel zur Erhaltung der Schwefelbakterien dient. Geradezu unerhrt ist nun die Tatsache, da ein Teil der Mikroben in langen Ketten nach unten hngt, weil sie die Aufgabe haben, von dort her als sog. Bakterienfontnen ununterbrochen Schwefelgase herauf zubringen. Nur dadurch geht die Arbeit in der Platte gleichmig weiter. Schwefeletsen, das sich immer im Faulschlamm findet, wird ebenfalls heraufgeholt und, sobald es durch die Luft mit Sauerstoff in Berhrung kommt, zunchst in Schwefelwasserstoff und Eisenhydroxyd aufgespalten. Die weitere Behandlung erfolgt, als ob es reiner Schwefelwasserstoff wre. Man sieht, es handelt sich um eine fast ist man versucht, zu sagen wohldurchdachte Arbeitsteilung, die den augenscheinlichen Zweck hat, im Sektor Faulschlamm den Schwefelkreislauf weiter zu drehen. Ohne diese Bakterienarbeit wrde das Gestorbene sich nicht zersetzen, das Zersetzte sich nicht voneinander trennen, das voneinander Getrennte nicht abermals in neuer Form ntzlich werden. Macht man den Versuch, alle solche Organismen in ein Wasser zu bringen, das nach unserer Meinung wunderbar rein, bekmmlich, frisch und wohlschmeckend ist, so sterben sie unweigerlich binnen krzestem. So unendlich verschieden sind die Bedrfnisse des Lebens und so wenig Berechtigung besteht, unbesehen die Daseinsgrenzen des Menschen auf andere Geschpfe zu bertragen. Solche Organismen, die Schwefel umwandeln, aufspalten, verwenden, binden, gibt es sowohl im Meer, als im Swasser, es gibt sie in Leichen, Abfllen, Hausmll, Kloaken, Stallmist, Fabrikklrteichen. Aber nicht nur die Bakterien sind auf Dienst am Schwefel eingestellt, sondern auch Algen, Schimmelpilze, selbst Hefen. Am bekanntesten ist das fadenfrmige Schwefelbakterium Beggiatoa, das sowohl reduzierend, d. h. den Schwefel in primitivere Zustnde berfhrend arbeitet, als auch, da es ihn zum Schlu 194 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

kristallisiert. Bunt genug sind die Mglichkeiten, die alle wahrgenommen werden. Aus totem Eiwei wird Ammoniak, aus freiem Schwefel wird Schwefelsure oxydiert, Schwefelgase werden zerspalten, Sulfate, Sulfide und der feste Aggregatzustand knnen wieder in Gas rckverwandelt werden. Der schwarze Schlamm gewisser Heilbder ist ein Dorado fr einen Actinomyces pelogenes, der aus Sulfaten wiederum Sulfide macht. Die farblosen Schwefelbakterien werken in der Finsternis, die roten und grnen Purpurbakterien sind ohne Licht unfhig zu jeder Ttigkeit. Mit ihrem assimilierenden Bacteriopurpurin (auch Bacterioerytrin), das zwar grn, aber kein Blattgrn ist, bringen sie es zuwege, da aus Schwefelwasserstoff Schwefel, aus Schwefel Schwefelsure entsteht, und Schwefelsure vermag die Pflanzenwurzel in sehr verdnnter Bodenlsung aufzunehmen. Etwas hnliches vollbringen auch die Thiosulfatbakterien. Soll ich Namen solcher unermdlicher und unsichtbarer Laboranten aufzhlen? Hier sind einige: Rhodobakterien, Thiospirillium, Chromatium Oken u. a. Es ist mir nicht darum zu tun, den unvorbereiteten Leser in Verwirrung zu versetzen. Ich mchte ihm nur die berzeugung vermitteln, da hier ein Netz zielbewuter Funktionen vorhanden ist, das sich nach allen Seiten hin spinnt. Und da Schwefel auf dem Wege der Veratmung, der Verflssigung, der Vergasung, der Verfestigung, der Kristallisation so vielfltig umgesetzt wird, da keine Mglichkeit ungentzt bleibt. Vor allem aber, da aus jeder Kombination Leben und immer wieder Leben entsteht. Stetes Auf und Ab, Ballung und Zerlsung, Vermischung und Entbindung wechseln miteinander. Und alles das geschieht mit Hilfe des Lebens, um Leben zu erhalten, zu erneuern, gestorbenes Leben wiederum als Leben zu verwerten. Es ist atemraubend, an diese endlosen Funktionsketten im Unsichtbaren zu denken, die dann doch alle an irgend einem Punkt wieder ans Licht des Gesehenwerdens steigen und abermals ganz verwandelt sind und rastlos zu neuer Verwandlung eilen. Ich kenne keine Sprache, die treffende Worte fr diese ineinander verwobene Vielfalt des Geschehens htte ... Im Sichtbaren, auf der unserem Auge vertrauten Ebene, geht dieser Tanz verschlungener Funktionen dann weiter. Die Pflanzenwurzeln nehmen nicht nur schwefelsurehaltige Lsungen auf, sondern sie geben sie auch ab. Mit Hilfe solcher Schwefelsure zersetzen Moose, Flechten, die ersten grnen Pioniere, berall das Gestein, indem sie feinste Gespinste von Gngen hineintzen. In den Uferfelsen bohrende Muscheln und Schnecken tun ganz dasselbe, so Meerdatteln (Lithodomus) und Kferschnecken (Chitoniden und Placophoren). Dadurch ergibt sich etwas wie eine biologische Verwitterung, die immer weiterwirkt, bis zuletzt dnne Kanle von Sickerwssern das Gestein zerfressen. Man braucht nur porse Sandsteine zu beobachten, wie sie sich auf diese Weise auf den Zerfall vorbereiten. Im Elbsandsteingebirge kommt der Schwefel auf solche Art zum Ausblhen, in Graniten werden Wannen und Kessel ausgenagt, wie man sie berall in den europischen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 195 PDF-Ausgabe 62010

Mittelgebirgen sehen kann. Auf dem Balkan und in Amerika streut man Schwefel auf sehr schwere Alkalibden, um sie fruchtbarer zu machen. Man hat vorgeschlagen, dasselbe in Westamerika zu tun, um den dortigen, sehr schwefelarmen Bden zu helfen. Dort sind die Niederschlge gering und die Verwitterung hlt ein beraus langsames Tempo ein. Man wei, berall, wo der natrliche Ablauf stockt, bringt Schwefel ihn wieder in Gang. Im Humus geht die ununterbrochene Sulfatbildung an zahllosen Punkten vor sich. Um sie auszubauen, knnte man jede beliebige Sorte von Rohphosphaten kompostieren. Denn Kompost und Kompostierungsmethoden frdern durch Schwefelsureproduktion jede Art von Zersetzung, sie sei organisch oder anorganisch. Mit diesem einen Nenner knpft man mineralische an biologische Kreislufe. Nicht der Engel mit Flammenschwert verteidigt die Paradiese des Lebens, wohl aber der dunkle Gestaltlose mit der von Schwefelsure rauchenden Retorte ... Vor bald hundert Jahren war die Bildung von Schwefelsure im Boden bereits bekannt. Aber man zog keine Konsequenzen daraus. Man nahm sie nicht besonders ernst, weil man die ganze Humusfrage nicht ernst nahm. Erst auf dem Umweg ber die landwirtschaftliche Bakteriologie kehrt man jetzt wieder zu diesem Grovaterwissen zurck, freilich mit ganz anderen und viel wertvolleren Kenntnissen. Schwefel als Weltbaustoff Schwefel als Lebensbaustoff (man denke nur an die fantastische Wirkung der Sulfonamide!) diese Begriffe gewinnen jetzt allmhlich an Raum. Und damit ordnet sich auch der mikrobiell gesteuerte Schwefelkreislauf unserer organisch-anorganischen Vorstellungswelt ein, in der er von der Humusbildung nicht mehr zu trennen ist. Metalle Im vorigen Jahrhundert hat man sich mit Leidenschaft gegen die medizinische Homopathie zur Wehr gesetzt. Man konnte nicht glauben, da eine kaum sichtbare Minimaldosis eines Medikamentes schon zur Heilung gengen knne. Und es bedurfte vieler unleugbarer Beweise, bis man sich zu der Ansicht bekehrte, da Maximalmengen durchaus nicht immer das Alleinseligmachende seien. Seither wei man, da das nicht nur fr den gesunden und den kranken Krper gilt, sondern auch fr manche andere Beziehungen unseres Gestirnes, vor allem aber fr den Humus und die von ihm abhngige Pflanzenwelt. Auch sie findet in der Erde oft nur Minimalmengen von Stoffen, die sie bentigt. Man knnte also sehr wohl von einer Homopathie des Bodens sprechen, tut es aber nicht. Mindestens nennt man es nicht so. Der Bodenkundige redet von Spurenelementen, meint aber eigentlich nichts anderes damit. Zuweilen redet er auch von mineralischen Rckstnden oder von der Zusammensetzung der Aschengehalte aus Pflanzen. Gemeint ist aber immer dasselbe: nmlich, da ein guter Humus voll von Metallen und Metallsalzen 196 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

steckt. Noch mehr! Da er alle diese anorganischen Beimischungen in geeignetster Form fr das Leben bereithlt, das sie berraschend sinngem anwendet. Da ist z. B. das Zwillingspaar Eisen und Mangan. Vom Eisen wei auch der ganz Unbelehrte, da es unentbehrlich ist. Hat der Mensch nicht genug davon in seinen roten Blutkrperchen, so ist er bleichschtig. Hat die Pflanze nicht genug, so ist sie chlorotisch. Chlorose ist nichts anderes, als eine Art von Bleichsucht, nur fehlen dem Gras oder Blatt nicht die roten Wangen, sondern das frische Grn. Aber nicht nur bei Eisen- und Manganmangel kann eine Chlorose auftreten und das Blattgrn verbleicht, sondern sogar das Blattgelb macht dann einem schmutzigen, krnklichen Wei Platz. So sind das Eisen und sein Vetter Mangan unbedingt lebenswichtig. Nicht viel Mangan, Gott bewahre! Denn schon bei ganz geringen Manganmengen steigt in der Tomate der Gehalt an C-Vitamin um das Dreifache. Man hlt es fr ausgesprochen chlorophyllbildend. Ohne Mangan entsteht aber auch kein vegetatives Gewebe. Dann ist es wichtig fr die Entstehung von Aroma. Um in den berhmten Ananasplantagen von Hawaii, die als die vorzglichsten Erzeuger dieser unvergleichlichen Frucht gelten, die Duft- und Geschmacksstoffe ganz besonders zu entwickeln, gibt man dem Boden kleine Mengen von Mangan. Wie winzig selbst in extremen Fllen die Dosis ist, kann man daraus ersehen, da man auf 1 Hektar nur 1,2-1,4 kg Mangan rechnet. Und selbst das nur in ausgesprochenen Fllen von Kalk-Chlorose, wenn die Pflanzen mifarben zur Welt kommen. Auch die Drrfleckenkrankheit des Hafers vermag man mit Mangan zu heilen. Sie scheint etwas mit mangelhaftem Humusaufbau zu tun zu haben, und dieses Metall beseitigt die Ursachen durch besseren Ausgleich. Aber, wie schon gesagt, man darf mengenmig nur winzige Portionen verwenden. Sonst, wird behauptet, ruft es beim Menschen Magen- und Darmgeschwre hervor. Und da der Tee (Thea sinensis) bis heute als das manganreichste unter unseren smtlichen Kulturgewchsen gilt, so mgen seine bekannten Schdigungen sowohl von unrichtiger Zubereitung als von bermigem Gebrauch herrhren und im Zusammenhang mit dem auerordentlich hohen Mangangehalt 5 g in 50-60 g Teeasche zusammenhngen.

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Wir kennen zwar manganspeichernde Mikroorganismen, aber die Frage der Mangananreicherung im Boden ist noch keineswegs geklrt. Ein Bakterium, das offenbar darum Chrenothrix manganifera heit, sammelt nachweisbar dieses Metall und ist auch an seiner Umsetzung beteiligt. Bei einem nahe verwandten, Chrenothrix polyspora, das eigentlich Eisen ausfllen soll, ist wenigstens der Mangangehalt des Wassers dafr ausschlaggebend, ob es in Mengen gedeiht oder nicht. Schon der Vater der Mikrobiologie, der Altmeister biedermeierlicher Forschung, Chr. Ehrenberg, behauptete eine biologische Eisenbindung des Bodens. Sobald das Metall nicht mehr Erz sei, wrde es in bedeutenden Mengen von Einzellern aufgenommen. Diese Ansicht hat man vielfach angefochten, man mute ihm aber zum Schlu recht geben. Denn inzwischen hat man drei groe Bakteriengruppen festgestellt, deren ganzer Lebensinhalt im Sammeln von Eisenmoleklen besteht. Sie heien Gallionella ferrugineum, Spirophyllum ferrugineum und Nodofolium ferrugineum. Sie sind sehr interessant vom Standpunkt der forschenden Wissenschaft und eine wahre Landplage vom Standpunkt des praktischen Lebens aus. Alle zusammen haben sie nmlich die Gewohnheit, mit braunen, weichen Flocken das Wasser zu trben. Das schadet in einem See oder Moor (alles Moorwasser ist reich an Eisen) gar nichts, denn es gehrt mit zu den natrlichen Stufen der Verlandung. Wohl aber schadet es, wenn es in Leitungsrhren oder knstlich angelegten Staubecken geschieht. Da verstopft der wollige, ockerfarbene Schlamm schlielich die gesamten Zu- und Abflsse, wie das z. B. regelmig in Thermalbdern bei heien Eisensuerlingen der Fall ist. Oder es entstehen, wie seinerzeit in der Dresdener Wasserleitung, die schlimmsten Strungen, weil die Gallionella sich in Gestalt langer, fingerfrmiger Schluche berall in den Rhren festgesetzt hatte. Diese Eisenbakterien haben berhaupt absonderliche Gewohnheiten. Man beschrieb sie stets als fdige Gebilde, voll von gesammeltem Eisen. Mit Hilfe besserer Optik und besserer Beobachtung stellte es sich aber heraus, da der Mikroorganismus selber gar nichts mit Metall zu schaffen hat. Er ist und bleibt ein kurzes, unbewegliches Stbchen, das nur die Fhigkeit besitzt, Gallertrhren auszuscheiden und in denen wird das Eisenhydroxyd eingelagert, wie in einer ansehnlichen Peitsche. Als Griff an der Peitschenschnur aber sitzt an einem Ende jeweils ein Bakterium. Die mikroskopische Welt des Eisens ist fantastisch wie ein Zwergenreich des Mrchens. Nicht nur Bakterien gehren ihr an, sondern auch der Schimmelpilz Aspergillus niger, dazu verschiedene grne Zieralgen (Desmidiaceen). Sie bentzen das Eisen, so wie es einst die mittelalterlichen Ritter bentzten. Sie bauen richtiggehende Rstungen aus ihm, die dann als unvergngliches Skelett brigbleiben, wenn man das feine, anmutige Ding ausglht. Da gibt es die Mondsichel Closterium moniliferum, die sich mit einem Schleimstrang gleich einer Byssusmuschel aufrecht an irgend einem 198 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Stein anheftet und dort lebenslang hin- und herpendelt. Sie ist oft so voll von Eisen, da ihre beiden Enden fast schwarz sind. Da ist die Alge Cosmarium botrytis, ein reizender Miniaturstern sie heit auch Schmuckalge , da ist das Ceratium hirundinellum, das unablssig im Wasser auf- und absteigt, wie es alle diese Dinoflagellaten zu tun pflegen, feinst durchbrochenes, meist rostbraunes Filigranwerk, ausgezogen zu Zacken und langen Schwebestacheln. Oder da ist das Geielwesen Trachelomonas, das in einer eisernen Kugel wohnt, aus deren einziger ffnung ein beweglicher Geielfaden heraushngt, der das Ganze vorwrtspeitscht. Sie und noch ein paar andere hausen mit Vorliebe eintrchtig in kleinen Rinnsalen, die von Zeit zu Zeit mit ockergelbem Schlamm die Uferpflanzen bersplen und oft, ohne da die vorbergehenden Menschen sich darum kmmern, die Heilwirkung eines Eisensuerlings haben. Mit Schlamm und Rostflecken, mit langen Bndern und Streifen aus gallertigen Massen verlanden sie zumeist in erstaunlich kurzer Zeit. Die organisch-kolloidale Substanz verschwindet bald, wahrscheinlich von anderen Kleinwesen aufgezehrt. brig bleibt der abgelagerte Eisenrost, der sich dann immer mehr verfestigt und in einer Kristallform untertaucht, die sich als hexagonale Tfelchen abscheidet. Wie das geschieht, wei man nicht. Doch ist es wohl mglich, da sich die Umwandlung nach Art des Virus der Tabakmosaikkrankheit oder des Blutpilzes Mikromyces blastogenes vollzieht, die beide zeitweilig in eine Kristallform bergehen und von ihr aus jederzeit wieder ins Leben zurckkehren knnen. Das wrde damit bereinstimmen, da man meinem Mann und mir schon vor fast einem Menschenalter leben den Rost zeigte, den sein Entdecker fr eine Art von temperaturempfindlichen Eisenamben hielt. Leider wurden die Untersuchungen damals nicht weitergefhrt, und so kann ich nur hoffen, da sie gelegentlich einmal auf neuer Basis aufgenommen werden. Nach vollkommen vollzogener Verlandung geht auch die Zone der organischen Rostbildung, die sich im S-, ebenso wie im Salzwasser absetzt, in Humus ber. Die Mehrzahl der Organismen stirbt oder wandert aus. Nur einige, die am uersten Rand oder an der obersten Krume sitzen, existieren weiter. So kann man denn auch nach geraumer Frist noch Kolonien des Flagellaten Anthophysa vegetans antreffen, die auf schlangenartig gewundenen Eisenstielen sitzen und die man mehr oder weniger immer zu den Bestnden des Edaphons dazurechnen mu. Nur die Eisenbakterien berwinden alles. Es heit, sie knnten, wenn es gar nicht anders geht, schlielich auch ohne Eisen leben. Vielleicht ist das richtig, und sie vermgen ihre intensive Eisenatmung auch ohne diese Hilfe zu bewerkstelligen. Vielleicht aber greifen sie dann wieder die von ihnen selbst gespeicherten Rostlager an. Man wei das nicht so genau. Sicher ist nur das eine, da alle die verschiedenen Formen des Raseneisenerzes, aus welchem das Mittelalter und die Frhzeit ihren gesamten Rohstoffbedarf bestritten, sich seither http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 199

wesentlich verringert haben. Sie sind zu ihrer Entstehung ja an einsame Moore und nasse, verlandende Gelnde gebunden, und wo gibt es die noch im berbewirtschafteten Europa? Nur in Schweden sind heute noch ansehnliche und abbauwrdige Reste zu finden. West- und Mitteleuropa sowie der Sden sind ganz verarmt, trotzdem sie einst allerorten einen wahren berflu besaen. Im Stoffwechsel der Erdoberflche spielte indes diese organische Eisenbildung eine nicht unbedeutende Rolle. Denn sie war eine Zwischenform zwischen den oft in groen Tiefen geborgenen Erzen und jenen zahlreichen Eisensuerlingen, mit deren Hilfe das Eisen zuerst mobil gemacht wird. An sich aber ist ein zu groer Eisenverlust in der Erde durchaus nicht wnschenswert. Mensch, Tier und Pflanze bedrfen seiner. Selbst der unentbehrliche Stickstoffsammler Azotobacter weigert sich, in absolut eisenlosen Bden zu leben. Der Eisengehalt der Kuhmilch ist abhngig von einer gengend groen Zufuhr an Chlorophyll, und Chlorophyll selber entsteht nicht ohne die Anwesenheit von Eisen. Man darf wohl annehmen, da das Edaphon in seiner Gesamtheit eisenhold ist. Moorpflanzen sind es immer. Ganz besonders die Birke. Von den Gartengewchsen hat die Karotte einen ausgesprochenen Eisenbedarf. (Hngt das mit der Bildung des Wuchsstoffhormons Karotin zusammen?) Und das Grn stark eisengesttigter Bden verrt sich dem Kenner durch seine kraftvoll strotzende Farbe. Kein Smaragd ist so leuchtend, als die dichten Gespinste von Grnalgen in solchen Gewssern, die auf ihrem Grund eine ausgiebige Eisenflora aufweisen. Die eiserne Welt des Wassers und des Bodens, der Pflanzen und der Einzeller, sicher auch der Fische und greren Tiere ist also eine Welt friedlichen Ausgleiches mit gegenseitiger Bedrfnisdeckung. Fragen wir in diesem Zusammenhang lieber nicht, was der Mensch aus seiner eisernen Welt gemacht hat. Fr alle Stickstoffverbindungen sind Metallsalze, und sei es auch nur als Katalysatoren, ntig. Dieser Proteus Stickstoff ist ja so unberechenbar in seinen Neigungen und seiner Vernderlichkeit, da man immer neue Beeinflussungen konstatieren mu, die sein Wesen verndern, seine Wirkungen erhhen oder verringern. Am wenigsten Bescheid wei man jedoch auch heute noch darber, wie er sich zu den Strahlungen verhlt, denen er doch von allen Seiten ausgesetzt ist. Hier sind eifrige Forschungen im Gange, die aber noch lange nicht als abgeschlossen gelten knnen. In ihrem Verlauf hat man sich zunchst davon berzeugt, da Uran von vielen Pflanzen aufgenommen zu werden scheint. Die Art, wie die Pflanze mit diesem rtselhaften Metall umgeht, lt vermuten, da die Vorgnge, die es in ihr auslst, irgendwie lebenswichtig fr sie sind. Es scheint ihre Wachstumsprozesse zu beschleunigen, vielleicht auch zu verstrken. Unter vielen, aber in ihrem eigentlichen Sinn noch gar nicht durchschaubaren mir vorliegenden Angaben mchte ich hier nur eine einzige erwhnen, die wieder einmal die tiefgrndige Ver200 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

bundenheit des Lebensstoffes zeigt. Fichtennadeln und die menschliche Lunge haben in punkto Uranspeicherung eine in ihren Konsequenzen noch unbeurteilbare Parallele (6,6 108 gr U Lunge gegen 6,43 108 gr U Blatt). Das ist nicht viel, aber es gibt doch einen Fingerzeig. Dagegen wei man vom Aluminium ganz sicher, da es unentbehrlich ist. Aus frheren Abstzen dieses Buches hat der Leser bereits entnommen, da es gnstige Einflsse auf die gesamte Lebewelt direkt und indirekt ausbt. Auch vom Edaphon wird es ausdrcklich bevorzugt. Denn Bauxit und Bauxitverbindungen gehren stets zum Spaltenhumus, der wiederum bitte nachzulesen entscheidend fr die Vegetation in allen verkarsteten Gebirgen ist. Aber abgesehen davon gibt es ganz ausgesprochene Aluminiumpflanzen. Solche, die, wenn sie gerade auf Tonerdesilikaten wurzeln, eben auch Aluminium sammeln. Und solche, die sich ganz ausschlielich nur darauf spezialisieren. Unter den ersteren sind so ordinre Schuttbesiedler wie der Vogelknterich (Polygonum aviculare) zu nennen, der alle Misthaufen und allen Bauschutt heimsucht. Er wandert von Kontinent zu Kontinent und weicht nur den eigentlichen Tropen aus eine Art pflanzlicher Schakal, der wahllos verzehrt, was der Mensch briglt oder wegwirft. In einem ganz anderen, jedenfalls aber sehr auergewhnlichen Verhltnis stehen die Brlappe (Lycopodien) zum Aluminium. Sie reichem ihre staubfeinen, schwefelgelben Sporen mit einer solchen Menge dieses Metalls an, da diese, wenn man mit einer Flamme in die Nhe kommt, als Leuchtfeuer abbrennen. Das hat man bereits in den theaterfreudigen Tagen des Biedermeiers zu ungefhrlichen Bhnenblitzen bentzt. Aber schon lange vorher nannte man sie Hexenmehl und bediente sich ihrer bei mancher hllischen Urianserscheinung, wohl auch bei den gefrchteten schwarzen Messen. Farne haben berhaupt eine ausgesprochene Vorliebe fr Aluminium. Das, was man bei uns Mnnlichen Schildfarn (Aspidium filix masc.) nennt, und was die Krutersammler mit ihrem viel zu lebhaften Interesse verfolgen (der Wurzelstock enthlt einen wurmtreibenden Stoff), steckt ebenfalls voll von Aluminium. Und auch hier sammelt es sich in der Geschlechtsgeneration, zwar nicht in den Sporen, aber in den sporentragenden Trieben. Die Bden aller Solfataren, nicht nur der groen bei Neapel, bertragen ihren Aluminiumreichtum ebenfalls auf Gewchse, d. h., es gedeiht dort eben nur eine aluminiumholde Flora. Massenhaft gibt es stets Huflattich (Tussilago farfara), von dem man schon seit langem wei, da er in Blten und Blttern Aluminium speichert. Man kann ein fr allemal dort auf einen greren Gehalt an Tonerdesilikaten schlieen, wo die sonnengelben Huflattiche, die brigens auch in der Medizin als Heiltee verwendet werden, in Scharen den Boden von Bahndmmen und Cidland besiedeln. Jener schon erwhnte Vogelknterich liebt brigens offenbar Metalle an sich. Auf Zinkbden sammelt er beilufig 3,36-6,89 Prozent Zink und berhttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 201 PDF-Ausgabe 62010

trifft damit sogar das schon vor hundert Jahren angestaunte Galmeiveilchen (Viola calaminaria), das von den Bergleuten als Leitpflanze fr Kieselzinkerze hochgeschtzt wurde. Auf Kupferbden dagegen nimmt er, wenn man seinen Aschengehalt bestimmt, 0,032-0,040 Prozent Kupfer auf, scheinbar immer in Form von Lsungen allerschwchster Art. Dazu ist offenbar mehr oder weniger jede Pflanze befhigt. Denn die uerst geringprozentigen Zink- und Kupferbesprhungen, welche amerikanische Citrusplantagen erhalten, werden von den Blttern aufgesogen. Solche allerschwchste Kupferlsungen werden stets dann mit Erfolg empfohlen, wenn man es mit den beraus kupferarmen Bden einstiger Niederungsmoore zu tun bekommt. Der Metallausgleich der Bden ist in seinen einzelnen Zahlen zwar noch unbekannt, aber man kann nicht daran zweifeln, da ein solcher besteht. Das Wie und Was und Wieviel mu freilich erst ergrndet werden. Auch hier haben wir erst unzusammenhngende Angaben in der Hand, Nachweise von Einzelwirkungen, aber noch lange keinen symmetrischen Aufbau des Humus nach dieser Seite hin. Augenblicklich hlt man sehr viel von radioaktiven Metallsalzen. Sicher hat man nicht unrecht damit. Man hat auch schon festgestellt, da z. B. radioaktives Kupfer fr Tier und Pflanze lebenswichtig ist. Es soll anregend fr die Zellteilung wirken. Vom Kobalt hat man so lange etwas hnliches behauptet, bis dann gelang, nachzuweisen, da er als Komplex-Ion im Vitamin B12 tatschlich darinsteckt. Auch er gehrt zu den wichtigen Spurenelementen in der Erde. Auch Chrom und Titan bewirken sichtliche Wachstumsvernderungen, aber ebenfalls nur in allergeringsten Mengen. Mit gutem Gewissen kann man nur unterhomopathische Dosen empfehlen, soweit sie nicht schon in der Erde vorhanden sind. Man verwendet z. B. die bekannte Thomasschlacke als knstlichen Chromzuschu und erlebt zuweilen genau entgegengesetzte Wirkungen. Die ist man jetzt geneigt, auf viel zu groe Mengen des Spurenelementes Chrom zurckzufhren, das, wie alle die Metallbeimischungen, offenbar schdlich wird, wenn es die Harmonie des Bodens strt. Seit Jahrhunderten sind die Jodmangelkrankheiten in Alpentlern bekannt, die zu Kropfmibildungen und Kretinismus fhren. Man ist ber ihren Ablauf keineswegs im unklaren, wohl aber ber die entscheidenden Zusammenhnge. Man wei, da jene schattseitigen Tler, ber denen im Winter die Sonne bereits kurz nach Mittag verschwindet und im ganzen Jahr viele Stunden weniger scheint, ganz besonders stark davon befallen sind. Soundso viele Menschenalter schob man die Ursache auf die lokalen Trinkwsser, die, wie es hie, im reinen Kalkstein ganz besonders und katastrophal jodarm seien. Aber ganz sicher ist darin nicht nur die einzige Ursache zu suchen. Gewissermaen als Kontrollexperiment mu man jene Pflanzen heranziehen, die am lngsten der Sonne ausgesetzt und dann auf ihren Jodgehalt untersucht wurden. Ihre Aschenmengen verraten unwiderleglich die Jod202 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

anreicherung, sogar in nicht bermig mit Jod gesegneten Bden. Von dort aus wird eine sehr schwache Jodlsung an Erbsen, Tomaten, Raps (Brassica campestris oleifera), Gurken, Sauerampfer (Rumex) weitergegeben. Weniger Sonnenlicht aber bedeutet stets weniger aufgenommenes Jod. Weniger Jod im Pflanzenkrper ist gleichbedeutend mit weniger Jod in Fleisch und Milch und Gemsen. Weniger Jod in der Nahrung aber verursacht weniger Jod in Schlacken, Abfllen und Ausscheidungen, die als Dnger verwendet werden. Damit wird unweigerlich eine Jodverarmung des Bodens herbeigefhrt, die dann als circulus vitiosus weiter und weiter wirkt. Sonnenarme, verregnete Sommer haben lokal oft noch ein jahrelanges Absinken der Qualitt der Lebensmittel zur Folge, das dann den Gesundheitszustand des ganzen Bezirkes auf eine unerklrliche Weise ungnstig beeinflut. Die schlechte Jodwirtschaft der Bden aber wird durch allgemeine und spezielle Unkenntnis nicht ausgeglichen, und zum Schlu, wenn sowohl Boden wie Bevlkerung schwerste Schden zeigen, zerbricht man sich den Kopf ber die Zuflligkeiten, die das Unheil herbeigebracht haben knnten. Stckweise wird jetzt die Wirksamkeit der den Boden bildenden Faktoren aufgedeckt. Augenblicklich spielt in Agronomie und Gartenwirtschaft das Bor eine immer noch wachsende Rolle. Als natrlicher Vermittler zwischen Leichtmetallen und Mineralien steht es mit der Ordnungszahl 3 und 5 zwischen Aluminium und Kohlenstoff. Seine Kristallhrte wird nur noch vom Diamanten bertroffen. Gegen Suren und Oxydation ist es ziemlich gleich unempfindlich. Um im Boden wirksam zu werden, bedarf es einer enormen Verdnnung, die mit maximal 1 : 1 000 000 beginnt. Damit kann man schon sehr ansehnliche Vernderungen hervorrufen. In borarmen Bden wird der Kopfsalat ausgesprochen borhungrig, Tomaten und Melonen erkranken, wenn sie auch nicht die Spur von Bor erhalten. Auf all das wurde man durch die jetzt vielfach angewandten Wasserkulturen aufmerksam, die den Vorteil haben, da sie eine ganz genaue Kontrolle ermglichen. Aus ihnen wei man, da Bor die Entwicklung der Seitenbewurzelung frdert. Auch dies, da ohne Bor eine absonderliche Art von Chlorose auftritt, bei welcher die Bltter allerdings nicht fahlgelb, sondern rotviolett werden. Frchte speichern fast stets Bor. Die Besitzer amerikanischer Apfelplantagen behaupten, da die Borspuren in ihrer Produktion den A-Vitamingehalt steigern und daher haben sich leichte Borbesprhungen schnell eingefhrt. Unwahrscheinlich reich an Bor ist Braunkohlenasche, was vielleicht einiges ber den Zustand der tertiren Wlder erhellt. Man kann berhaupt von einem stndigen Kreislauf des Bors sprechen, denn 1 Tonne Mllerde ist mit 250 g borsurepositiv. Das wieder gibt einen nicht mizuverstehenden Fingerzeig fr die richtige Verwertung von Abfllen. Man hlt die Herz- und Trockenheitsfule der Rben fr die Folge von Bormangel. Dann hat man mit einiger Sicherheit herausbekommen, da die Knllchenbakterien der Leguminosen von denen noch zu sprechen sein wird ihre Ttigkeit einstellen, sobald ihnen in den Bodenlsungen nicht http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 203 PDF-Ausgabe 62010

gengend Bor zur Verfgung steht. In solchem Fall vergreifen sie sich, da sie ohne Stickstoff nicht existieren knnen, aber keinen selber anders als aus der Luft zu sammeln vermgen, dann am Nitrogengehalt ihrer Wirtspflanzen. Einige Bodenforscher sind der Ansicht, da Bor hnlich wie Mangan wirke (sie machen noch Einschrnkungen wegen des Kalkzusatzes), was etwas fr sich hat. Die letzten Zusammenhnge kennen wir vorlufig noch nicht, es ist aber wahrscheinlich, da sie in der Linie des Erforschbaren liegen. Dann wird es sich auch herausstellen, ob alle diese Spurenelemente direkt schon im Molekl oder nur als Katalysator oder Sensibilisator ttig sind. Wir knnen als sicher bis jetzt nur das annehmen, da sie zum Gleichgewicht des Humus beitragen, denn sie wirken ja nicht nur auf die Makro-, sondern wahrscheinlich noch viel entscheidender auf die Mikroflora und -fauna. Es darf aus diesem Gleichgewicht nichts fehlen und nichts zuviel sein, denn seine hchst komplizierte Organisation wird dann in vielen Kettenfunktionen gestrt, und diese Strungen werden unaufhaltbar weitergegeben. Komplexe Systeme von solcher Vielfltigkeit sind verhltnismig leicht aus der Ordnung zu bringen. Um sie aber von der Hand des Menschen aus wieder herzustellen, dazu wei der Kopf des Menschen leider noch lange nicht genug ... Warum nimmt berhaupt ein Gewchs Metalle in sich auf? Warum gibt es z. B. Gold- und Silberpflanzen? Es ist nahezu hoffnungslos, im gegenwrtigen Zustand unseres Nichtwissens darber Betrachtungen anstellen zu wollen. Hren wir also die Tatsachen! Die groen Silberlager von Montana wurden nachweisbar durch Prospektoren entdeckt, die sofort muteten, als sie die ihnen bekannte Silberpflanze (Erigonum ovalifolium) dort in Massen wachsen sahen. Auch im australischen Queensland gibt es ein, wie die Miner versichern, absolut zuverlssiges Leitgewchs, das sowohl Gold als Silber anzeigt. Es heit Lonicera confusa, ist also unserem Jelngerjelieber verwandt und soll notorisch nur dort gedeihen, wo es die beiden Edelmetalle in abbauwrdiger Menge gibt. So steht auch eine ganz bestimmte, weiblhende Strandvegetation, die vielerlei Namen trgt, in Kalifornien auf goldhaltigen Kiesen. Nun speichern diese Silikate allerdings nicht nur Gold, sondern vor allem auch Wasser, und das ist fr die Pflanzenwelt in diesem groenteils wstenhaften Land von auerordentlicher Bedeutung. In Australien sah ich die Goldadern in einem harten, grnen Granit, der dem dort ohnedies viel zu tief liegenden Grundwasser ganz unzugnglich ist. Trotzdem hat sich das schwer lsbare Rtsel ergeben, da Bume, die an den Mndungen von Goldgngen wurzelten, Gold gesammelt hatten. Man kam darauf, als man das Holz verbrannte. In einer Tonne Holzasche fand man Goldstaub im Wert von 0,40-4,60 DM. Heute ist der Golddistrikt eine absolut baumlose Ebene, abgesehen von den in Grten stehenden und knstlich gepflanzten und begossenen Bumen. Wie kam unter solchen erschwerenden Umstnden das Gold in das Holz? Man wei keine Antwort. 204 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Jedenfalls der Kreislauf aller Metalle bewegt sich auch durch den Humus hindurch. Das ist unleugbar. Und die unedlen unter ihnen scheinen um so wirksamer zu sein, je mehr sie selber nach ihrem eigenen Seinsgesetz fortwhrenden Vernderungen unterliegen. Eisen, Kupfer, Zinn, Zink, Kobalt und Bor wirken auf alle die direkten oder indirekten Humusverzehrer lebenerhaltend oder lebenvernichtend ein. Regenwrmer, Erdschnecken, Kfer, Spinnentiere und die Urinsekten sind also daran interessiert, wie es sich mit dem Metallgehalt der Erde verhlt. Ganz abgesehen von den Pflanzen und der Bodenlebewelt. Auch das mu noch erforscht werden. Wir werden vieles auf diese Weise erfahren. Es ist mglich, da die Humifikation auf die chemische Entmischung aller dieser Metalle Einflsse hat, die wir bis jetzt nicht einmal vermuten. Aber ihre Kristallisation selber liegt schon ganz jenseits des organischen Seins als unvergngliche Dauerstufe. Man knnte denken, da ein tiefer Sinn darin steckt, da die Metallurgie so wenig mit den lebengebundenen Abirrungen der Metalle zu tun haben will, whrend der Boden- und Humusforscher weltenweit entfernt von allem ist, was ber die vernderliche Form der Spurenelemente hinaus zum vervollkommneten und unvernderbaren Sein der Metalle fhrt. Chemie des Bodens Wir haben uns bisher eine Reihe grundlegender Kenntnisse erarbeitet. Mancherlei unvermeidbare Umwege, zahlreiche Beispiele haben wohl jedem der Leser die berzeugung verschafft, da im Humus die organische Seite von der anorganischen nicht zu trennen ist. Denn beides ist auf so unberschaubar komplizierte Art miteinander verknpft und ineinander verschlungen, da Abbau und Aufbau sowohl von dem einen, wie von dem anderen bestritten werden. Es gibt also ebensowenig eine ganz fr sich allein bestehende Biologie des Bodens, wie es eine starr abgegrenzte Chemie des Bodens gibt. Leider hat aber der forschende Geist den Humus nicht als etwas Einheitliches anzusehen gelernt. Zunchst beschftigte man sich ausschlielich praktisch mit ihm. Das waren Leute, die nur Handlangerdienste taten und gar nichts wuten. Sie erwarben sich einige Erfahrungen, die zu bemerken wenig Intelligenz erforderte und die gaben sie Generation um Generation weiter. Die Bden waren damals in einem weit besseren Zustand, denn die Zahl der Menschen erreichte nicht einmal einen Bruchteil der jetzigen Zahlen, und ungeheure Wlder sorgten fr natrlichen Humusersatz. Die leisen Vernderungen zu Ungunsten der Fruchtbarkeit wurden zuerst berhaupt nicht beachtet. Spter schrieb man sie irgendwelchen gttlichen oder jedenfalls unabwendbaren Einflssen zu. So kam es, da seit der Antike die Ertrgnisse abnahmen, und wir werden in dem dazu bestimmten Kapitel einen berblick http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 205

darber erhalten, wie sich das in der seinerzeitigen Weltpolitik fhlbar machte. Dann aber wurde im 19. Jahrhundert, als die Kalamitt der sinkenden Bodenfruchtbarkeit und der sich unabsehbar folgenden Hungersnte jedermann bereits vertraut war, pltzlich ein anderes Dogma gepredigt. Es trat auf mit der berzeugung, da nun fr diese belstnde ein Allheilmittel gefunden worden sei, und selbstverstndlich wurde es schon darum auf das heftigste bekmpft. Es setzte sich nicht leicht durch. Denn es kam von der Wissenschaft her, die nun mit einem Male auf einem Gebiete das Steuer ergriff, wo man bisher von der Freien Forschung noch nicht einmal gehrt hatte. So forderte es die Gegnerschaft aller der Unbelehrbaren, rein praktisch Arbeitenden heraus, die das Schwergewicht ihrer persnlichen Erfahrungen dagegen geltend machten. Das trichte Wort, da durch einen Zufall der Chemiker Liebig eine Bodenchemie begrndete, ist ebenso unzutreffend, wie berhaupt die Einstellung von Zufllen in die logischen Ablufe der Entwicklung. Denn es gibt keine Zuflle, sondern hchstens uns in diesem Augenblick noch unbekannte Zusammenhnge. Wir leben in einer kausalen Welt, in der keine Wirkung ohne Ursache zustande kommt. Wenn uns die Ursache unbekannt ist, so ist das nicht ein Beweis, da keine Ursache existiert, sondern nur dafr, da das Wissen der Menschheit unzulnglich und wenig diszipliniert ist und auf durchaus unsymmetrischen Wegen entstand. Im Fall Liebig aber lassen sich sogar die Zusammenhnge ohne weitere Schwierigkeit durchschauen. Die Groe Enzyklopdie, welche nicht nur an der Franzsischen Revolution, sondern auch an einer bis heute noch andauernden vlligen geistigen Umwlzung der menschlichen Zivilisation weitreichend beteiligt war, erwies sich auch hierin als Schrittmacher. Das Weltgesetz vom Krftegewinn am Punkt des geringsten Widerstandes setzt sich berall durch, und das Tun und Lassen des Menschen macht keine Ausnahme. Mit anderen Worten: Auch ohne die hchst achtbare Persnlichkeit Liebigs irgendwie zu unterschtzen, war zwischen 1803 und 1873 der Aufstieg der Chemie auf allen Gebieten dieser Weg des geringsten Kraftmaes, denn er war nicht nur am besten vorbereitet, sondern unter den zeitbedingten Umstnden auch der leichteste, krzeste und meistversprechende. Und darum wurde er begangen, wurde, eben weil er zeitbedingt war, in eine immer gefhrlichere Einseitigkeit hineingedrngt, und wird eines Tages berwunden, d. h. harmonisch in eine allgemeine Entwicklung der menschlichen Erkenntnisse eingeordnet werden. So wie man hundert und zweihundert Jahre frher berall mit den ersten Vergrerungslinsen Aufgutierchen entdeckte, die als neues Weltbild die Kpfe nicht wenig verwirrten, so beherrschte nun die Retorte und das chemische Laboratorium den Fortschritt des Wissens. Demgem fing man nun auch an, den Boden als eine chemische Angelegenheit zu betrachten. 206 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Man hatte alle Ursache dazu, sich mit ihm zu beschftigen. Die groe Hungersnot von 1817, die einer allgemeinen europischen Miernte folgte, war ein noch lange nachwirkender Schrecken. Vergleicht man zeitgenssische Biographien aus jenen Tagen, so findet man bereinstimmend die Klagen ber ungengende Ernten. Die ersten Industrialisierungen in bis dahin rein landwirtschaftlichen Gebieten wurden denn auch immer wieder damit motiviert, da und dort seien die Bden so schlecht geworden, da sie ohnedies nichts mehr trgen, und es msse dringend etwas geschehen, um der hungernden Bevlkerung eine neue Existenzmglichkeit zu schaffen. Die erste Landflucht, die damals einsetzte, wurde denn auch nicht dadurch veranlat, da der Fabrikarbeiter im ausgehenden Biedermeier ein leichteres oder angenehmeres Leben erwarten konnte. Davon war zunchst gar keine Rede. Es ging ihm hundeelend und er wurde ber alle Maen ausgebeutet. Geringer Sicherheitsschutz, noch ganz unbekannte Berufskrankheiten, Bleivergiftungen, Zahnfule, allerhand Intoxikationen, Berufsekzeme, Haarausfall und frher Tod, hauptschlich aber die Tbc, bedrohten ihn. Aber die Bden der alten Welt ergaben nicht mehr gengend Nahrung! Und die Regierungen konnten sich gleichzeitig der Tatsache nicht verschlieen, da die Geburten zunahmen, da Unruhen und Spannungen aller Art die Gemter beunruhigten. Und die stndige Drohung mit einer Revolution (die dann ja auch wirklich um die Jahrhundertmitte ganz Europa aufwhlte) war ganz dazu angetan, unberechenbare Umstrze heraufzubeschwren. Erst damit ergab sich politisch stark beeinflut auch die erste wesentliche Auswanderung im Jahre 1848/49, die dann ein gewisses Ventil schaffte. Man mge sich daran erinnern, da auch die Franzsische Revolution letzten Endes aus dem Unvermgen der einheimischen Landwirtschaft, Land und Volk gleicherweise zu ernhren, entstand. Die Spanne von einem halben Jahrhundert, bis diese Welle auch auf Deutschland und sterreich bergriff, erklrt sich daraus, da die fr die damaligen Verhltnisse recht bedeutenden Menschenverluste der Napoleonskriege pltzlich eine Art Luftraum geschaffen hatten. Erst als gegen Ende des 19. Jahrhunderts die ursprnglichen Bevlkerungszahlen stark berholt waren, vermochten die whrend dieser ganzen Zeit allgemein bekannten revolutionren Ideen die ntige Durchschlagskraft zu gewinnen. Da von 1800 bis zur Gegenwart die Gesamtbevlkerung der Erde von 500 Millionen Menschen auf 2250 Millionen zunahm, schuf eine Expansion von solch ungeheurem Druck, da whrend dieser fast anderthalb Jahrhunderte jede Predigt von Umsturz und Auflehnung gegen das Bestehende sozusagen zwangslufig Erfolg haben mute und auch Erfolg gehabt hat! Die Disharmonie, heraufbeschworen durch eine Verfnffachung der Menschhttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 207

heit, der in Europa selber gar nicht die Mglichkeit von Ernhrung und Versorgung gegenberstand, mute eine ununterbrochene Kette von Katastrophen, Staatsbankrotten, Kriegen und gesellschaftlichen Umwlzungen hervorrufen. Diese Erscheinungen folgten sich als Glieder eines unausbleiblichen Ablaufes, und wir alle sind Zeuge davon, da sie sich mit unbarmherziger Logik auch wirklich aneinanderreihten. Der sich spinnenfig in alle Gebiete hineintastende Materialismus, hervorgerufen durch die allgemeine Verschlechterung der Lebensmglichkeiten und einen wesentlich verschrften Kampf ums Dasein, schuf damals die blinden Gtzen eines ungerechtfertigten Glaubens, die materiellen Zustnde des Irdischen seien durch den Menschen aus ihrer Gesetzmigkeit herauszureien und willkrlich zu beherrschen. So fate man auch die neuerstandene Chemie auf. Man traute ihr alles zu, man erwartete von ihr um sehr vieles mehr, als sie berhaupt zu leisten imstande ist, und man glaubte kritiklos an ihre Berechnungen eben weil sie etwas Berechenbares, also etwas Fabares waren. Alle Welt schwelgte in chemischen Formeln und mathematischen Begriffen. Das Leben wurde zu einem mechanischen Problem, lsbar durch grtmgliche Mechanisierung. Die Vergttlichung der Maschine, der auch heute noch ein groer Teil der Geister verfallen ist, fhrte zu einer malosen berschtzung der Technik, und zwar der Technik als Selbstzweck und unangreifbare Weltanschauung. Der ungehemmte Fortschrittsglaube lie die Leistungen der Menschen auerordentlich berwerten. Sie richteten sich von nun an restlos auf das Erreichbare so sagte man. In Wahrheit spiegelte man sich vor, binnen kurzem alle Lebensrtsel zu lsen und die Natur nach Art eines gefesselten Riesensklaven bemeistern zu knnen. Ruhm, Reichtum und Ansehen waren auf diesem neuen Wege sprunghaft leicht zu erlangen. Der Grenwahnsinn eines entgtterten Universums strahlte auf den menschlichen Geist zurck. Man vergrerte die an sich sehr respektablen Leistungen der damaligen Generation von Wissenschaftlern und Forschern gewissermaen mit dem Elektronenmikroskop und blies sie zu einer Neugestaltung der Welt auf whrend sie doch eben nur der erste Beginn besserer Naturkenntnis und richtigerer Beobachtung waren ... Die Welt aber beruhte nach wie vor auf dem groen Gleichgewicht, das unter anderem aus einer langsamen Humifizierung der mineralischen Erdrinde und einer nicht allzuraschen und allzuheftigen Erosion der vorhandenen Festlnder besteht. Das aber sah man nicht ein. Man trumte sehr lebhaft davon, da knftige Genies die Menschen von dem schmutzigen und entwrdigenden Dienst an der Erde befreien wrden. Man stellte sich vor, man knne durch Nahrungspillen raffiniertester Art der bisherigen Gebundenheit an peinliche Krperlichkeiten entfliehen. Man sei dann nicht mehr darauf angewiesen, sich um den Gang der Jahreszeiten zu 208 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

kmmern, um Breitengrade, um Klimate. Das, was so viele Sorgen bereitete, die Relation zwischen Bevlkerungskopfzahl und Lebensmitteln, glaubte man nun ein fr allemal loswerden zu knnen. Jawohl, man glaubte das alles ganz ernstlich, und man hielt die Stabilisierung der menschlichen Willkr fr das Ziel des Fortschrittes und der Entwicklung, das nicht nur anstrebenswert, sondern auch erreichbar sei! Damals warf man wissenschaftlich den Humus endgltig ber Bord. Na trlich in der heiligen berzeugung, eine edle Tat zu tun, welche die Kpfe von einer Art mittelalterlichen Aberglaubens befreite. Aber der gescheite alte Albrecht von Thaer hatte mit seinen Grundstzen der rationellen Landwirtschaft eine Humustheorie aufgestellt, die genau das Gegenteil besagte. Freilich war sie damals, zu Zeiten Liebigs, schon alt, denn sie erschien zuerst 1818. Sie begrndete sich auf die antiken Schriftsteller, nach welchen die Pflanze nur aus dem Humus ihre Nahrung ziehen knne. Spter fand Thaer Nachfolger seiner Meinung in Boussingault und Hellriegel, beides angesehene Botaniker, die um 1883 noch immer schrieben, der weit hhere Stickstoffbedarf der Pflanze vermge nur auf organische Weise gedeckt zu werden. Dem stand nun freilich gegenber, da auf die ersten Nhrsalzgaben hin (es waren mitteldeutsche Abraumsalze) die Erntequoten zunchst strmisch in die Hhe schnellten. Wer konnte dagegen aufkommen? Der erste Bodenchemiker Justus von Liebig hatte Recht. Man konnte sich nach seiner Methode eine bis um das sechzigfache erhhte Ertragssteigerung herausrechnen. Es soll kein Wort darber verloren werden, da alles, was durch ihn und seine Schler geschah, wirklich im besten Glauben und mit dem Bewutsein unbedingt notwendiger Hilfe geschah. Der mitteleuropische Wirtschaftsraum produzierte durchschnittlich zwischen 1930 und 1990 nur ein Sechstel des erforderlichen Stalldngers. Sagen wir, da das, bertragen auf sein Jahrhundert, ein Fnftel bis ein Viertel des Bedarfes bedeutete. Aber die ganze natrliche Dngerwirtschaft vermag ja berhaupt die jhrlichen Ernteentzge im Boden nur mit 40 Prozent zu decken! Das ist die Basis, auf welcher sich die Lehre von der alleinseligmachenden Bodenchemie durchsetzen konnte. Ich bezweifle, da man sich in ihren ersten Anfngen so klar darber gewesen ist, als heute. Denn selbst gegenwrtig werden die eigentlichen Zusammenhnge nicht immer vllig durchschaut. Zu Zeiten Liebigs zog man brigens den Stalldnger gar nicht als Humuserneuerer in Betracht. Bodenchemisch gab es keinen Begriff Humus. Fr den Landwirt war er ein Buch mit sieben Siegeln, eine Art Urvterglaube, etwas wie ein althergebrachter und niemals richtig berprfter Brauch. Man glaubte an Humus, so wie man daran glaubte, eine lebend an die Stalltre genagelte Fledermaus bewahre vor bsen Geistern. Man glaubte aber man wute nichts. Auch als die bayerischen Bischfe von der Kanzel herunter gegen die neumodische Manier wetterten, einen Acker mit einem http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 209 PDF-Ausgabe 62010

unbekannten, weien Pulver zu bestreuen, anstatt mit gesundem Mist auch da geschah das durchaus nicht zum Schutz des Humus. Sie vermuteten ganz einfach einen Ketzer in dem Herrn aus Norden, der sich vielleicht unterfangen knnte, auch in anderer Beziehung dem unerforschlichen Willen Gottes in die Radspeichen greifen zu wollen. Wir wissen heute viel mehr. Wir haben uns davon berzeugt, da 1 ha Gartenland in einem einzigen Jahr 4000 kg Humus glatt aufzehren kann. Man mu sich bei Amerika dafr bedanken, da es mit konsequent durchgefhrten, weitschauend begonnenen Versuchen voranging. Schon im Jahre 1886 legte man in Sanborn Field bei Columbia im Staate Missouri jenes spter so berhmt gewordene Versuchsfeld 9 an, das man seither Jahr um Jahr mit Weizen bepflanzte. Bei der Ernte wurden auch die Stoppeln und Wurzeln sorgfltig entfernt. Die ersten Ertrgnisse auf diesem Urboden waren unleugbar gut. Gedngt wurde niemals. Im Lauf der Jahre jedoch verschlechterte sich das Ergebnis immer mehr. Jetzt bringt derselbe Boden berhaupt nur noch in jedem zweiten Jahr wenige magere Halme hervor. Von einer Ernte kann man nicht mehr sprechen. Man erhlt nur noch in langen Zwischenrumen ein armseliges Hufchen elender, winziger Krner. Man hat mit immer grerem Kopfschtteln zahlreiche Berechnungen angestellt, wie sich denn der Verbrauch von Bodensalzen verhalte. Eine davon bezieht sich auf eine Farm von 200 acres, die Weizen, Mais, Hafer, Luzerne und Gras liefert. Sie bt dadurch eine solche Menge von Mineralsalzen ein, da man fr deren knstlichen Ersatz pro Jahr 1630 Dollar ausgeben mu. Die extremsten Zahlen in der Welt-Landwirtschaft besitzt vielleicht Japan. In den letzten 50-60 Jahren erhhte sich (bis zum Jahr 1941 gerechnet) seine Bevlkerung auf das Doppelte. Es sah sich daher gezwungen, seine meist vulkanischen und nicht berall ergiebigen Bden auf das uerste auszuntzen. Es mute unter allen Umstnden mehrere Ernten im Jahr einbringen, und der japanische Landwirt hat es lngst gelernt, mit Frucht,

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Nachfrucht und zweiter bis dritter Nachfrucht stndig zu wechseln. Im Sptsommer st er auf die dann trockenen Reisfelder noch Weizen und Gerste. Davon sind diese trotz allerhand natrlicher Mischdnger, die nach uralten Methoden vor allem aus Exkrementen von Mensch und Vieh hergestellt werden, so mineralarm geworden, da mindestens die Hlfte der Mahlzeiten auch bei den rmsten aus Fischen bestehen mu. Nur dadurch wird der Mangel an Mineralsalzen und Vitaminen gedeckt. Man braucht nur frhere, darauf bezgliche Stellen in diesem Buch nachzulesen, was Nhrsalzarmut der Bden bei allen Geschpfen, die von ihnen leben, fr Unheil anrichten kann. Selbst die Kaninchen, denen man Heu von sehr nhrsalzarmen Wiesen vorsetzt, erkranken oder werden impotent. Versorgt man Wiesen mit Mineralsalzen, so steigt der Eisengehalt in der Kuhmilch mit einem Schlag auf das Doppelte an. Immer wieder berichten amerikanische Zeitungen von dem Wundermann aus Kentucky, der sich rhmt, er knne einen Groteil der menschlichen Krankheiten heilen, denn er verabreiche nur Nahrung von sehr stark mineralgedngten Bden. Weiter! 1 ha Kartoffelacker holt aus dem Boden 9mal mehr Phosphorsure als 1 ha Buchenwald heraus und 17mal mehr als ein gleichgroer Kiefernforst. Solche Zahlen knnte ich noch als Beispiel seitenlang anfhren, denn alle landwirtschaftlichen und bodenchemischen Werke wimmeln von ihnen. In Anbetracht des mir zur Verfgung stehenden beschrnkten Raumes will ich mich aber damit begngen, eine einzige dieser Relationsaufstellungen hierher zu setzen, die einfach und anschaulich genug ist, da auch der ganz Fernstehende ihre Bedeutung einsehen kann. Sie lautet so: Die dem Boden entzogene Nhrsalzmenge betrgt fr 1 ha: 111 kg Kali, 85 kg Stickstoff, 36 kg Phosphor (Phosphorsure). Die 40 Prozent Ersatz durch Stalldnger setzen sich fr 1 ha so zusammen: 46,1 kg Kali, 33,0 kg Stickstoff, 15,6 kg Phosphor. Der Ernteentzug wird also gedeckt mit 13,5 Prozent Kali, 6,3 Prozent Stickstoff, 4,8 Prozent Phosphor. Diese Grundrechnung schwankt dann und wann je nach Boden noch etwas. Sie kann auf 6,6 Prozent Kali, 8,9 Prozent Stickstoff, 6,1 Prozent Phosphor steigen. Aber auch das ndert nichts daran, da der altgewohnte organische Ersatz nicht annhernd ausreicht, und da bei der urvterlichen Dngung durch das liebe Vieh allein der Boden zuletzt verarmen mu. Nun mu man sich aber daran erinnern, da die Botschaft von Liebig sich ja gar nicht an die glcklichen Besitzer gut gefllter Milchviehstlle wandte. Er dachte vor allem an jene Kleinbauern, Husler, Hintersassen, deren Bden seit Jahrzehnten berhaupt so gut wie keinen Ersatz bekommen hatten, die nach Art eines Hungernden hinsiechten. Ihnen wollte er mit diesen Bodensalzen beispringen, denn hier erblickte er eine ganz unberschaubare Verbesserungsmglichkeit des Lebens. Hier war armen, niemals satten http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 211

Leuten zu helfen, die mit der unsglichen Mhe ihrer Hnde es nicht einmal fertig brachten, sich einigermaen gengend zu ernhren. Die Tat Liebigs brauchte, wie schon gesagt, ziemlich lange Zeit, um sich durchzusetzen. Sie hatte die ganze Trgheit des Althergebrachten gegen sich. Die bayerischen Bischfe waren nicht die einzigen, die leidenschaftlich gegen sie Sturm liefen. Das ganze Europa seiner Zeit stand gegen ihn auf und wollte nichts von einer Verbesserung wissen, die von der Chemie herkam. Es ist also ganz verstndlich, da sie sich maximal auch niemals in unserem Kontinent ausgewirkt hat. Der besa weder die Einheitlichkeit, noch die allgemeine Anpassungsfhigkeit dazu. Denn auf ihn trifft das tragische Wort zu, da alles, was in ihm geschieht, es sei gut oder bse, gerecht oder ungerecht, zum mindesten die Hlfte der Bevlkerung gegen sich habe. Nein, erst in den USA kam die Theorie von der knstlichen Wiederherstellung der Bodenfruchtbarkeit zum vollen Erfolg. Denn dort gibt es die grten zusammenhngenden Strecken Kulturland. Vor dem zweiten Weltkrieg hatten die USA rund 610 000 000 acres unter dem Pflug. Whrenddessen kamen noch 40 000 000 acres hinzu. Die dem Friedensschlu folgenden Jahre ergaben glcklicherweise Rekordernten, was dem Eingeweihten leicht begreiflich ist angesichts so vieler frischer Urbden und der bekannten ersten Steigerung der Ertrgnisse nach groen Gaben von Mineralsalzen. Nun produzierte Nordamerika in seinen ungeheuren Kunstdngerfabriken (abgesehen von sdamerikanischem Chilesalpeter) nur allein im Jahre 1945 577 000 t knstlichen Stickstoff (zuzglich eines Importes von 201 000 t). Dazu verwendete man 1 000 000 t Phosphate aus Florida. Alles zusammen erreichte genau die doppelte Hhe des Verbrauches in den Jahren 1935 bis 1939. Gegenwrtig sollen nach amerikanischen Aufstellungen die Farmer des Mittelwestens dreimal so viel Kunstdnger als im Jahre 1941 beziehen. Kurzum der Bedarf an knstlichen Mineralsalzen fr die gesamten USA erreichte im Juni 1945 die gigantische Menge von sage und schreibe! 2 763 587 t! Die erste Folge davon war, da annhernd 120 Millionen Menschen reichlich ernhrt werden konnten, da die Basis zu den riesigen europischen Ausfuhrzahlen des Marshall-Planes geschaffen wurde, da berhaupt ein wesentlicher Teil der Welt von amerikanischer Ausfuhr lebte. Und das in einem Land, in dem einst nur einige Hunderttausende nomadisierender Indianerstmme sagte ich es nicht schon? auf uralten Wanderwegen hin und wider zogen. So strahlte der Gedanke des deutschen Biedermeierprofessors, der dafr sein ganzes Leben lang in oft nicht wiederzugebender Weise angefeindet und beschimpft wurde, ber den ganzen Erdball hin.

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Betrachten wir nun den Ausgleich dieses gewaltigen Plus! Ich meine die Minusseite eines Erfolges, der so mchtig war, da USA noch im Juli 1947 nach den Mangelgebieten Europas zusammen nicht weniger als 500 Millionen bushel Weizen zu exportieren vermochte. Beginnen wir damit, uns ins Gedchtnis zurckzurufen, wie minimal die Nhrsalzmengen sind, die sich in einem hochwertigen, ausgereiften Humus finden. Das ist so wichtig, da ich hier noch einmal die Zahlen hersetze, die man sich gar nicht gut genug einprgen kann: 0,1 Prozent Nitrogen, 1,5 Prozent Phosphorverbindungen, 2 Prozent Kali. Das und nicht mehr braucht ein erstklassig guter Humus, der eine 20-30prozentige Erntesteigerung ohne Bodenerschpfung ermglicht. berprft man die Verhltnisse, die sich Jahrhunderte hindurch nicht nderten, so erfhrt man aus ihnen, da die gesamten Ernterckstnde von 1 ha Feld, in Kompost umgewandelt, nur 800-1500 kg Masse ergeben. Auch dieser Kompost weist keine anderen Stickstoff-, Phosphor- und Kalizahlen auf. Ein anderes Beispiel: Wenn man als Grndngung irgendwelche schmetterlingsbltige Gewchse einpflgt, so hat man sich herausgerechnet, da dadurch der Stickstoffzuwachs pro ha nicht ber 120-200 kg hinausgeht. Oder: 3300 kg drres Laub (was fr ein ungeheures Volumen!) geben dem Boden pro ha nur 13 kg Stickstoff zurck, wenn es Eichen-, und 22 kg, wenn es Buchenbltter sind. Selbst die Knllchenbakterien, die den sonst sich stets grtenteils verflchtigenden Luftstickstoff sammeln, leisten pro ha auch nicht mehr als 100 bis 200 kg Stickstoff. Hier haben wir vier Beispiele, jedes fr sich unanfechtbar, die aber alle darin bereinstimmen, da sie uns eine ganz andere Relation zeigen, als die Vorschriften fr knstliche Mineralsalze, die vollstndig aus diesem Rahmen herausfallen. Wie soll man das verstehen? Mit man alle diese Zahlen an der einzigen objektiv unbeeinfluten, nmlich an der des Bedarfes der Pflanzen, so ergibt sich interessanterweise folgendes: Im Verhltnis zu 100 Einheiten Kohlenstoff, den das Gewchs sich selber aus Luft und Licht beschafft, beansprucht es nur 0,62 Einheiten Phosphorsure, 1,47 Einheiten Stickstoff und 2,2 Einheiten Kali. Was heit das unter natrlichen Umstnden? Es kann nichts anderes heien, als da die Stickstoffspanne durch Luftstickstoff beglichen werden drfte, die Kalispanne durch im Boden kreisende Lsungen, da das Phosphorbedrfnis sogar merklich geringer ist. Alles zusammen aber ist der gesamte Nhrsalzbedarf verschwindend bescheidener als die Mengen von Kunstdnger, welche wir unbedenklich jahraus, jahrein auf den Boden streuen. Der Leser mge nachsichtig sein gegen die Hufung von Zahlen auf diesen letzten Seiten. Ich habe leider keine andere Mglichkeit, unwiderleglich die Differenzen darzustellen, die sich aus dieser bedenklichen Unstimmigkeit ergeben. Und mir liegt so sehr daran, da jeder, der dieses Buch zur Hand http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 213 PDF-Ausgabe 62010

nimmt, in ihm die Mglichkeit findet, sich selber einen Begriff von den unzulnglichen und einseitigen Berechnungen zu machen, die aus Irrtum und ungengender Einsicht als die unantastbare Wahrheit ber die Ernhrung des Bodens aufgestellt wurden. Ich habe erst jngst wieder eines der vergilbten Gartenbcher zur Hand genommen, das treuherzig und bieder die Erfahrungen eines alten Kunstgrtners der Mit- und Nachwelt genauestens mitteilt. Auf jeder Seite kann man so und so oftmals darin lesen: Man nehme guten, alten, wohl verfaulten, warmen Mist .... Da Pferdemist zuweilen schdlich sein kann, wei der Herr Isidorus aus dem Jahre 1779 ganz genau. Er bringt dem aufmerksamen Leser auch vielerlei Rezepte, wie solcher Mist zu pflegen, zu mischen, einzugraben, zu begieen und jeweils anzuwenden sei. Verfhrt man nach den Vorschriften dieses Werkes, das Dutzende und Hunderte seinesgleichen hatte, so besitzt ein einziger Grtner einen Dnger- und Kompostbedarf, an dessen Deckung heute niemand auch nur annhernd denken knnte. Es ist also kein Wunder, wenn man gegenwrtig noch immer der guten, alten Zeit nachseufzt, als die Wlder Europas von Herden wimmelten. Buchstblich die Wlder, denn sie wurden in ganz Mitteleuropa als der von Gott gegebene Aufenthaltsort smtlicher pflanzenfressender Haustiere angesehen. Denn ursprnglich war das Roden auch unter unserem regenreichen Himmel eine arge Mhe, und hatte man ein Stckchen Grund von Wurzeln und Stmmen und Buschwerk befreit, so ste man darauf, um Brot zu bekommen. Fr die Weide reichte es nirgends. Der Hirt im tiefen Wald, kmpfend mit wilden Tieren und nicht weniger wilden Menschen, war etwas Selbstverstndliches durch fast ein Jahrtausend hindurch. Das war auch der Sinn, wieso die Bauern dazu kamen, sich die Streu aus dem Wald zu holen. Es war der Dnger, den sie brauchten, denn man verfiel erst um das 18. Jahrhundert darauf, das Vieh in den Stall zu sperren und dort sich seiner berreste ohne so groe Umstndlichkeit und Gefahr zu bemchtigen. Der Wald galt als der natrliche Dngersammelplatz. Von ihren adeligen Herren waren die leibeigenen Bauern jederzeit gehalten, Korn und Brotfrucht zu schonen und sich fr ihr Vieh der wilden, unntzen Wlder zu bedienen. Man erinnert sich aber heute gar nicht mehr daran, wieviel diese Waldweide zur Zerstrung des Waldes beitrug. Durch den unausgesetzten Verbi durch die hungrigen Tiere wurde der Baumnachwuchs auf das schwerste geschdigt. Die Flora verarmte. Wenn man auch die Eichen um der Schweinemast willen meist schonte, so hieb man dafr alles andere rcksichtslos nieder.

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Im sog. Neuenburger Urwald (der aber um diese Zeit lngst kein Urwald mehr war) hielt man noch um 1780 auf keineswegs besonders ausgedehntem Raum nicht weniger als 234 Pferde, 961 Rinder und Ziegen, 660 Schweine und 1282 Gnse wie die Chroniken aussagen. Der Urwald ging dahin. Wre er nicht an etwas anderem zugrunde gegangen, so htte ihm die Bodenversalzung den Garaus gemacht. Denn man konnte dieser halbwild gewordenen Tiere nur dadurch Herr werden, da man an gewissen Orten groe Salzlecken aufstellte, zu denen sie regelmig immer wieder zurckkehrten. Die Ausscheidungen wurden dadurch hochgradig salzreich, und da man unbesehen Jahrhunderte durch mit solchen versalzten Exkrementen dngte, so nderte sich allmhlich die Bodenqualitt. Verschlmmung und Verbackung traten anstelle der frheren lockeren, duftenden, dunklen Humuskrume. Und hier sieht der Leser bereits, da diese scheinbare Abschweifung ins Historische eigentlich nur ein Beispiel ist. Ein warnendes Beispiel, denn dabei kann sich niemand darauf ausreden, er htte die Folgen seines Handelns nicht voraussehen knnen. Jeder, der mit Boden zu tun hat, wei, da mit der Zeit alle Weidebden stark bis unertrglich versalzen werden. Durch diese stndige Versalzung werden sie vollkommen in ihrer Struktur und ihrem chemischen Aufbau zugrundegerichtet. Die Pflanzenwurzeln ersticken, die Bewurzelung entwickelt sich nur mit arger Hemmung. Die Bume sterben zuerst ab. Die Bsche und das weniger empfindliche Strauchwerk folgen nach. Die einzigen, die solche verkrusteten Bden ertragen, sind die xerophilen Gewchse, Schlehen, Wacholder, harte Grser, die Heidekruter. Sie treten nicht zufllig anstelle des hochrauschenden Waldes sie sind seine armseligen berbleibsel, Bettler der Armut, die von Resten leben, denn es gibt fr sie weder genug Wasser (der Atmosphrendruck solcher verschlmmter Bden ist unberwindlich), noch ist die Bodenlsung durch die starke Versalzung gut aufnehmbar. Es ist genau dieselbe Erscheinung, wie sie auftritt, wenn der Mensch zuviel knstliche Dngesalze in den Boden bringt. Damals begriff man die Zusammenhnge nicht annhernd. Es fragte also auch niemand danach. Heute fragt man ... Die Pflanzenwurzel, die mit der Saugkraft einer Tag und Nacht nicht stillestehenden Pumpe arbeitet, kann nur Bodenlsungen aufnehmen, die auerordentlich verdnnt sind. Man rechnet als hchstes den maximalen Wert von 1-2 g Nhrsalzen auf 1 l Wasser, doch vertragen sie sicher oft nicht einmal soviel. brigens reagieren die Gewchse ganz verschieden. Keine mineralische Beimischung ist an sich ausgesprochen gut oder ausgesprochen schlecht. Es sind nur die Bedrfnisse der Pflanzen sehr verschieden. Klee gedeiht z. B. auf Gipsdngung ausgezeichnet. Waldfarne und Grser werden durch ihn in http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 215 PDF-Ausgabe 62010

ihrem Wachstum schwer gehemmt. Moose sterben mit ganz wenigen Ausnahmen durch die Bestreuung mit Holzasche rasch ab (alle Holzasche enthlt Kali in konzentrierter Form), Grser entwickeln sich nicht um vieles besser, aber Knteriche und alle Schotengewchse verfallen einer wilden ppigkeit. Es ist ganz unzweifelhaft, da man den Pflanzen eine ganz bestimmte Wahlfhigkeit zubilligen mu. Man irrt sich durchaus, wenn man glaubt, da sie durch ihre Wurzeln alles aufsaugen, was eben gerade vorhanden ist. Wo einem Gewchs Bodensuren und Salzgehalt zu viel sind, da sperrt es sich ganz einfach automatisch gegen sie ab und lebt nach Art einer Wsten oder Steppenflora mit einem Minimum an aufgenommener Feuchtigkeit. Da unsere Gemse in der berwiegenden Hauptsache so bereit sind, die knstlichen Salze, die man ihnen verabreicht, zu verwerten, hat seinen ganz besonderen Grund. Sie stammen nmlich fast ausschlielich von Halophylen ab, denn man hat sie aus der salzliebenden Strandvegetation herausgezchtet. Das gilt fr Spinat, Salat, Kohlarten, Lauch, Rben, auch fr die Zuckerrbe. Sie sind also verhltnismig unempfindlich gegen die Schdigungen aller Bodensalze, die ja auch durch das Meerwasser im Ufersand einsickern. Man wendet dieser pflanzlichen Speicherung von Substanzen, die besonders fr die Zuckerrbe charakteristisch ist, heute schon eine sehr groe Aufmerksamkeit zu. Da vieles dafr spricht, da Kali und Phosphorsure, die schon einmal durch einen zuckerbildenden Organismus hindurchgegangen sind, beim nchsten Mal eine grere Wirkung ausben, so ackert man als Vorsichtsmaregel den abgeschnittenen dicken Blattschopf auf den Rbenfeldern sorgfltig wieder in die Erde ein. Viele Zuckerfachleute in den USA halten eine Versumnis dessen fr die Ursache mineralischer Bodenverarmung. So spinnt sich ein ganzes Mosaik von Erfahrungen seit Menschenaltern durch die Landwirtschaft. Oft werden sie lngst angewendet, aber man wute niemals einen Zusammenhang. Oft kennt man ihn auch heute noch nicht. Der Dienst am Boden beginnt mit den Fusten und nicht mit den Kpfen. Allein wie berall rcht sich auch hier jede Einseitigkeit. Die berftterung mit mineralischen Salzen ist aber zweifellos eine Einseitigkeit. Die Pflanze, die ja nicht davonlaufen kann, versucht, solange es irgend mglich ist, sich anzupassen und mit groen und kleinen Mitteln sich vor Schaden zu schtzen. Ein Teil ihrer Lebensfhigkeit heit eben Anpassung. Darum setzt sie sich auch nicht von vorneherein zur Wehr, sobald sie ein Zuviel an Bodensalzen erhlt. Sie ist seit Jahrmillionen daran gewhnt, da sich ihre natrliche Umwelt einmal verschlechtert, einmal verbessert. Genau so ergeht es dem Bodenleben. Auch das Edaphon verfgt nur ber eine beschrnkte Bewegungsmglichkeit. So sucht jedes auf seine Weise mit der Vernderung fertig zu werden. Freilich sterben in allen Fllen allmhlich die edleren Pflanzen, die feineren und anspruchsvolleren Organismen aus. Wenn man sich auch gegen eine 216 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

extreme Versalzung und Versuerung der Bodenlsungen absperren kann, so vermag man es doch nicht vollstndig. Ohne Wasser gibt es kein Leben. So befolgen sowohl die einen wie die anderen die weitverbreitete Methode, zu speichern, was man weder verwerten noch aussperren kann. Die Einrichtungen fr Speicherung werden gewissermaen als die Gegenmanahmen anllich unserer allzu chemischen Einstellung angewendet. Jede Pflanze und eine ganze Reihe von Mikroben sind darauf eingerichtet, Kristalle von Stoffen, die sie entweder zeitweilig oder berhaupt nicht brauchen knnen, in solchen Zellen oder Winkeln aufzubewahren, die dem Stoffwechsel mehr oder weniger entrckt sind. Salze, Suren, Wachse, Harze werden so aus dem Wege gerumt mit dem sichtlichen Bestreben, sie zugleich unschdlich zu machen. Alle Melden speichern Kali, also das wurde bereits gesagt auch unser Spinat. Das veranlat, wenn man ihn it, oft die von vielen besonders Empfindlichen sehr gefrchteten Kalikoliken, whrend die Pflanze selber nicht den geringsten Nachteil davon hat. Man hat lngst beobachtet, da Weine, die aus sehr kalkhaltigen Weingrten stammen, die Arterienverkalkung ihrer Liebhaber positiv beeinflussen. Alle rzte kennen die Nachwirkungen von gewissen Arten Rotspon und gewissen sdsteirischen Schilchern, von denen es heit, da man in ihrer Heimat keinen anderen Tod als den des Schlagflusses stirbt. Aber solche, brigens noch viel zu wenig erforschte Zusammenhnge verschwinden gegenber einer viel wichtigeren Tatsache: Da eine bermige mineralische Anreicherung den Boden aus einem organischen Humus wieder in einen mineralischen und anorganischen humuslosen Zustand rckverwandelt. Ich bitte meine Leser, nochmals nachlesen zu wollen, was im ersten Grokapitel Wie wird Humus? ber die geologische Entstehung von Humus auseinandergesetzt wurde. Humus ist eine auf einem langen Weg durch sehr vielfltige Lebens- und Lebensabbauprozesse zustandegekommene Formation, in welcher stets das Organische berwiegen soll. Die ideale Zusammensetzung ist dann erreicht, wenn in 100 Teilen Erde die humse Substanz 65 Prozent, die Organismenmenge 20 Prozent, die mineralische Beimischung jedoch nicht mehr als 15 Prozent betrgt. Man versteht mich nun ohne weiteres. Eine Verschiebung nach der mineralischen Seite hin mu unter allen Umstnden eine Verringerung der humsen Masse herbeifhren. Eine Verringerung der humsen Masse ist aber gleichbedeutend mit einem Absinken des Organismenbestandes. Dieser ist also sowohl durch eine ungnstige Auslese als eine zahlenmige Abnahme an der Volleistung behindert. Sowohl die organischen Umsetzungen werden weniger vollkommen durchgefhrt, als da die anfallende anorganische Materie nicht ausgiebig durchhumifiziert werden kann. Hier wird ein Rad der allgemeinen Verschlechterung in Gang http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 217

gesetzt, das wir, einmal in Drehung begriffen, nur mit groer Mhe wieder zum Stillstand bringen knnen. Wir haben also jetzt in kurzen Stzen eine Art von Schlagwortschema, das fr die ganze Erde und alle Klimate gelten darf. Zugleich besitzen wir aber auch eine verstndliche Erklrung, warum Mineralsalze niemals Humus bilden, ja, warum sie direkt nicht einmal zur Humusbildung beitragen knnen. Die mineralische Stufe der Erde endete, als die Humusentstehung begann. Auf natrliche Weise kann diese seither fortgesetzte Humuserneuerung hchstens zeitweilig durch Erdkatastrophen unterbrochen werden. Aber sogleich danach man denke an den Krakatau setzt sie krftig wieder ein. Eine knstliche Neu-Mineralisierung durch den Menschen ist eine schwere Strung der Ausgewogenheit aller Vorgnge auf der Erdoberflche, sie ist ein lebensfeindlicher Rckschritt, und in ihrem Gefolge ziehen alle die Furien der Lebensvernichtung mit herauf. Es sind jene bsen Geister, die man zwar leicht beschwrt, aber unendlich schwer wieder los wird. Im Jahre 1935 wies Deutschland ein jhrliches Stickstoffdefizit von rund 300 000 t auf. Nicht nur das unselige Dritte Reich, sondern vermutlich jede Regierung htte diese Tatsache als alarmierend empfunden. Infolgedessen wurden die Kunstdngerfabriken mobilisiert und die nchsten Jahre standen im Zeichen eines sprunghaft angestiegenen Verbrauches von Kunststickstoff en in allen mglichen Mischungen. Die Namen tun hier nichts zur Sache. Die tatschlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Handelsdngern sind nicht bedeutend. Bedeutend ist nur das eine, da man unter den wohlklingendsten Bezeichnungen ein Vielfaches des natrlichen Bodenbedarfes an Nitrogen von da ab in Felder und Grten stopfte. Trotzdem man schon um 1630 erfahren hatte, da man Salpeter nicht nur zu hochexplosiven Sprengstoffen, sondern auch als Dnger gebrauchen knne, stellte man erst in unserer Generation Unmassen von Salpeter her, den man in Form des Kalksalpeters fr besonders wirksam hielt. Man brauchte also die chilenischen Natronsalpeter nicht mehr zu bezahlen, was in jeder Hinsicht vorteilhaft schien. Das alles geschah, um den Stickstoffmangel der einheimischen Landwirtschaft zu beheben. Man behob ihn, indem man ihn in sein Gegenteil verwandelte. Es war hier bereits von der Chlorose, der Bleichsucht der Pflanzen, die Rede. Sie rhrt zumeist von Eisen- und Manganmangel her, sie kann aber auch durch Eiweihunger entstehen. Auch im letzteren Fall ist das Wachstum gehemmt und die Farbe bleich bis rtlich. Noch mehr sind die Lebensvorgnge davon betroffen. Ununterbrochen wird der vorhandene Eiweivorrat der lteren Bltter zugunsten der jngeren abgebaut. Das hochmolekulare Eiwei des lebenden Pflanzenleibes zerfllt noch whrend des Wachstums sozusagen unaufhrlich. Es ist, als ob die hohe Konzentration der millionenatomigen Eiweimolekle dann nicht mehr zu halten wre. 218 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Da man die Reihenfolge des Eiweiabbaues die dann im Aufbau ebenso umgekehrt eingehalten wird in ihren Stadien genau kennt, da man keinen Zweifel darber haben kann, da Krpereiwei ber Aminosuren, Amide, Ammoniumsalze, Nitrite, Nitrate, Salpeter und Asparaginsure zersetzt wird (jede dieser Stufen ist wieder vielfach umlagerungs- und verbindungsfhig), so glaubte man zum Schutz der notleidenden Bden ein Gesetz formulieren zu mssen, das verfgte, ein Handelsdnger drfe nicht unter 5 Prozent Stickstoff enthalten, die Mischdnger dazu noch 5 Prozent Kali und mindestens 2 Prozent Phosphorsure. Das alles fabrikmig knstlich herzustellen, ist keine Frage. Die geschickten Chemiker erfanden immer neue Kombinationen: Thomasschlacke, Superphosphat allein, Superphosphat mit Schwefel, mit Kalk, ohne Kalk, mit Mangan, mit Gips, ohne Gips, Leunaphosphat, Nitrophoska, Kalkammonsalpeter usw. Das ganze Laboratorium marschierte auf und spendete verschwenderisch. Es lieferte bei Bezug gleich die unbertrefflichen Rezepte mit: Zuckerrben brauchen pro Hektar und Ernte mindestens 150 kg Reinkali, Weizen verlangt dagegen nur 40 kg u. dgl. Die Zahlen wurden festgesetzt, die in den Lndern unter allen Umstnden erreicht werden muten: in Frankreich mu der Durchschnittsertrag Weizen von pro Hektar mindestens 11-14 dz festgehalten werden, denn das entspricht dem Stande von 1872-1925! In Belgien darf derselbe Ertrag nicht unter 27 dz sinken, in Deutschland nicht unter 22 dz, in Holland und Dnemark nicht unter 31 dz! Um 1947 ist der nordamerikanische Eigenbedarf auf mindestens ca. 750 Millionen bushel Weizen gestiegen. Aber die europische Weizenproduktion, die einmal einen Standardertrag von 50-55 Millionen Tonnen erreicht hatte, sank. Um 1945 betrug sie nur noch 25 Millionen. berall auf den tausendjhrigen Kulturbden verminderten sich die Ernten. Weizen um 35-48 Prozent, Kartoffeln um 33 Prozent, Zuckerrben um 22-36 Prozent. Die aufregende Romantik der Zahlen der Weltwirtschaft setzte ein. Was soll das werden? Wir sind nicht mehr konkurrenzfhig! Wer redet von Konkurrenz, wenn man sich selber nicht mehr ernhren kann? Wir brauchen frische Bden! Wir brauchen neues Land! Wir mssen Eroberungen machen! Immer machte man Eroberungen, wenn die Heimat zu sehr ausgeplndert war! Neue Handelsvertrge! Drosselung des Importes! Steigerung des Exportes! Neue Industrien! Und mehr Stickstoff fr die widerspenstigen Bden, mehr Phosphor, mehr Kali, mehr Kalk! Es mu doch gelingen! Europa mu sich endlich selber versorgen lernen! Wir treiben einer Weltkatastrophe zu, wenn uns unsere Ernhrung im Stiche lt! Es wurde eine Weltkatastrophe. Denn Europa kann sich nicht mehr selber ernhren. Humus mu seine eigenen Gesetze befolgen und er gehorcht keinen anderen. ber ein gewisses Hchstma hinaus nimmt er knstliche Salze nicht mehr auf. Er verschlmmt. Er bildet Betonsohlen, die man kaum mehr bearbeiten kann. Darin degenerieren die Pflanzenwurzeln. Mit dem http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 219 PDF-Ausgabe 62010

Humusschwund verschwinden auch die umbauenden Mikroben, die allein imstande sind, Mineralien und Salze aufzuschlieen. Es wird demnach ein Groteil in den Untergrund hinuntergewaschen. Der kann damit auch nichts anfangen. Entweder er ist tonig, dann hlt er die Salze nutzlos fest und sie hindern ihn sogar an der mechanischen Aufbereitung. Oder er ist zu sandig, dann luft alles spurlos hindurch. Oder er ist gar felsig, dann ntzt es ebensowenig. Sehr versalzene Unterschichten, wie sie auch in der Natur unter Natron- und Sodabden liegen, halten jede Art von Feuchtigkeit mit solcher Kraft fest, da keine Pflanzenwurzel der Welt es fertig bringt, sie ihnen zu entreien. Wo das alles aber nicht geschieht, da machen sich sehr bald die Folgen der Eiweiberftterung geltend, die an sich eine Disharmonie und darum nicht minder unbekmmlich als andere Disharmonien ist. Die Wirkungen sind zuweilen ganz unberechenbar, zuweilen bereits genau bekannt. Wenn die Gerste whrend ihres Wachstums mehr als 1,4 Prozent Stickstoff erhlt, sind die Krner als Malz schlecht oder gar nicht zu gebrauchen. Gerste scheint knstliche berdngung besonders abzulehnen. Denn es gelingt zwar, durch erhhte Stickstoffgaben ihre Blattflche zu vergrern, aber Assimilation und damit die Strkeproduktion nehmen wie durch Experimente erwiesen wurde dadurch in keiner Weise zu. Im allgemeinen und berhaupt ergibt eine Stickstoffberftterung immer einen zu lange hinausgezgerten Reifeproze. Solche Pflanzen fallen in allen ihren Teilen leichter der Fulnis anheim, sie sind empfindlicher gegen Frost, bermige Besonnung und Austrocknung. Eine Rbenernte lt sich mengenmig freilich mitunter verdoppeln, ja, man kennt sogar Flle, da sie sich verdreieinhalb- bis verfnffachen lie. Die Qualitt nimmt allerdings nicht in demselben Ma zu. Es kann sogar geschehen, da der Zuckergehalt der einzelnen Rbe auf oder bis unter die Hlfte sinkt. Vom Weizen wei man, da ihn eine derartige berdngung anflliger gegen Brandpilze und andere Pilzschmarotzer macht. Apfelbume fallen leichter der Blutlaus zum Opfer. Die gestrte Harmonie rcht sich. Sie rcht sich immer. Es hat ziemlich lange gedauert, bis man zu der berzeugung kam, da mineralische Salze die Fulnisstoffe im Boden nur zersetzen, d. h., sie in mineralische, nicht in organische Verbindungen umwandeln. Es scheint, da darunter die Produktion von Kohlensure und Luftstickstoff leidet. Alles zusammen geht auf Kosten des Bodenlebens, das vom Leben der Wurzel unzertrennlich ist. Auf Bden, die schon einmal ein reiches organisches Leben enthielten, vollzieht sich am leichtesten und schnellsten der Vorgang der Nitrifikation. Was ist Nitrifikation? Das Wort wurde vorhin bei der Reihenfolge des Eiweiabbaus genannt. 220 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Hier mchte ich es genauer erklren. Es ist jene Zwischenstufe der Zersetzung, die lngst nichts mehr mit dem individuellen Krperleben zu tun hat, aber auch noch nicht soweit abgebaut ist, da neues Pflanzenleben aus ihr entstehen kann. Sie bezieht sich natrlich nicht nur auf die Eiweie allein, ich mchte aber die damit verbundene Eiweizerlegung hier als Beispiel anfhren. 60 g pflanzlicher Substanz enthalten durchschnittlich 1 g Stickstoff. Die natrlichen Ammoniakmengen, die aus Amiden hervorgehen, sind also sehr gering. Man schtzt sie auf 0,0005 Prozent bis 0,0002 Prozent ein und meint, da sie jeweils vom Gesamtstickstoffgehalt eines guten Bodens nur 0,169 bis 2,564 Prozent ausmachen. Man betrachtet bisher zwar den ganzen Vorgang nur von der rein chemischen Seite aus, tatschlich aber wird er ausschlielich biologisch abgewickelt eigentlich selbstverstndlich, da er ja zu den kreislaufmigen Abbaufunktionen des Lebensstoffes gehrt. Die Art des Bodens entscheidet aber trotzdem ber seine Beschleunigung oder Verlangsamung. Die Nitritbildung, also die Umsetzung der Ammoniakverbindungen, geht am besten auf Schiefer vor sich (man erinnere sich, da Schieferbden nur getrockneter Meeresschlamm sind) und auf guten Laubwaldbden. Sie verzgert sich auf Gneis und Granit. Auch die vulkanischen Bden wehren sich gegen schnelle Nitrifikation. Da sie trotzdem fruchtbar sind, rhrt von ihrem gutgekrmelten Zustand und ihrem Reichtum an natrlichen Bodensalzen her. Die in ihnen enthaltenen Stickstoffmengen bleiben lange liegen, und so ist die Produktion von Luftstickstoff fr geraume Zeit gesichert. Gipsreicher Grund ist fast immer vorteilhaft, Sandbden auch in dieser Hinsicht den schweren, kalten Lehmbden vorzuziehen. Dagegen aber hebt sich in allen verdorbenen, sauren, bermig kalkarmen, abnorm trockenen, humusarmen, oder Bden voll gestauter Nsse die Nitrifikation von selber auf. Ein der Erde hchst unbekmmlicher Stillstand der gesamten organischen Umwandlungsprozesse tritt ein, der zuletzt oft eine Art chronischer Faulschlammbildung herbeifhrt. Die Temperatur tut wenig dazu, wohl aber die verfgbare Wasserquantitt. Ohne Wasser stocken alle Lebensablufe, ob sie nun aufbauend oder abbauend sind. Die Beobachtung hat uns gelehrt, da 50-80 Prozent Wassergehalt

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des Bodens die bestmgliche Nitrifikation nach sich zieht. Sandige Bden arbeiten aber auch mit 9,5 Prozent, bei klimatisch bedingten Trockenheitsperioden sogar noch mit 7,3 Prozent Feuchtigkeit. Niemals wird eine kontinuierliche Wasserzufhrung verlangt. Auch sie verluft in der bekannten Kurve des ersten und zweiten Maximums April-Mai und September-Oktober. (Das gilt freilich nur fr unser gemigtes Klima.) Alle Phasen der Humusbildung sind brigens von diesem Frhjahrs- und Herbstmaximum abhngig, auch die Entstehung von Ammoniak. In der sommerdrren Steppe gibt es ein vlliges Aussetzen der Ablufe der Humifizierung, die pnktlich mit dem ersten Herbstregen wieder anhebt. Um das Bild der Nitrifikation auch mengenmig zu umreien, mchte ich hier ein paar Zahlen zitieren (Zahlen sind fr viele Leser weit anschaulicher als Worte). Sehr humusreiche, fruchtbare Bden schtzt man bei hundert Teilen auf 54-93 Teile Nitrifikationskraft, wenig fruchtbare, also humusarme, nur auf 4-26 Teile. Diese Angaben beziehen sich nicht nur auf Nevada wo diese Untersuchungen von Asby gemacht wurden sondern wahrscheinlich auf die ganze Erde. Nitrite an sich sind sehr vergnglich. Sie sind doch nur eine Zwischenstufe zum Nitrat. Die Kleinlebewesen, welche den Proze zu diesem weiterfhren, werden wir noch nher kennenlernen. Ihr Dasein ist seltsam, abenteuerlich und zutiefst bedeutungsvoll. Nitrite werden niemals von den Pflanzenwurzeln aufgenommen, denn sie sind samt und sonders giftig. Wohl aber Nitrate. Denn die haben bereits nicht nur Oxydation, sondern auch eine Neutralisierung (durch Kalk) hinter sich. Sie sind nichts anderes, als organisch entstandene Salpetersure bzw. Salpeter. Die zu mineralisch gemachten, also sozusagen enthumisierten Bden unterliegen in ihrem Umbau einem anderen Tempo. Sie sind arm an Luftstickstoff, noch rmer an Kohlensure, die organischen Abbauvorgnge gehen unregelmig gruppenweise gestaut, mit Hindernissen und beraus stockend vor sich. Die Bodenstruktur ist oft klebrig zh oder hoffnungslos unbindig. Im ersten Fall fehlt die kapillare Krmelbeschaffenheit, im zweiten die kolloidale Kraft. In allen solchen degradierten, erschpften, zugrunde gerichteten Bden bringt die natrliche Umsetzung es hchstens bis zur Nitrifikation. Dann greifen abermals Organismen in das gesetzmige Geschehen ein und drehen das Rad rckwrts. Da ihnen freier Luftstickstoff mangelt, so reien sie aus den Nitriten bereits gebundenen Stickstoff heraus, um ihr Leben bestreiten zu knnen. Die bedrftige Pflanzenwurzel geht leer aus, die anderen Mikroben, bis auf jenes Bacterium denitrificans und noch ein paar hnlich eingestellte Artgenossen, ebenfalls. Der Schaden ist mitunter gro und ohne eine grundlegende Umstellung gar nicht zu beheben. In diesem ganzen Vorgang mu man nichts anderes sehen, als eine Entartung der natrlichen Humusbildung. Sie ereignet sich aber leider immer hufiger in verschlmmten, nmlich in mineralischen Zustand rckversetzten 222 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Bden, sie ereignet sich als typische Erscheinung bei mangelnder Bodenkrmelung und vor allem bei einer sinnlosen berftterung mit (meist knstlichem) Stickstoff. Mit einem anderen Wort es geschieht immer wieder, da unsere ntzlichen und notwendigen bodenchemischen Errungenschaften falsch und bertrieben angewendet, zum Fluch, anstatt zum Segen der Menschheit werden. Die Salpeterbildung gehrt also zu den natrlichen Funktionen des Bodens. Dadurch indes, da sie an das Leben gebunden ist, hat sie, wie alles biologische Geschehen, eine gewisse Bandbreite zwischen Minimum und Maximum. Und nach beiden Seiten unterliegt sie verschiedenen Strungseinflssen. Davon nimmt die Bodenchemie leider viel zu wenig Notiz. Sie bercksichtigt kaum, da auer Metallen und Mineralien auch ein Umbau der verschiedensten organischen und anorganischen Stoffe stattfindet, in den verschiedensten Zeitrumen, mit den verschiedensten Zwischenprodukten, die wiederum unberechenbar auf der oder jener Stufe ausdauern, sich weiter verwandeln oder auch rckverwandeln knnen. Unser fragmentarisches Wissen von allen diesen ineinander verknoteten, verknuelten, auf unerwartete Weise voneinander abhngigen Prozessen ist noch lange nicht gengend, um uns einen einigermaen zuverlssigen berblick zu ermglichen. Aber andernfalls geht es nicht an, die ganzen organischen Ttigkeiten limine abzulehnen und nur das chemische Geschehen gelten lassen zu wollen. Oder aber in vlligem Miverstehen der Wirklichkeit Behauptungen aufzustellen gleich jenen: Es sei fr den Boden und seine Ergiebigkeit gnstig, von Zeit zu Zeit das gesamte Bodenleben zu vernichten und es aufs neue entstehen zu lassen. Solange noch solche Behauptungen gesagt und geschrieben werden knnen, ohne sofort der verdienten energischen Abwehr zu verfallen, halten wir noch immer an einem Standpunkt, an dem zunchst alle oder fast alle grundlegenden Begriffe gendert werden mssen. Es ist nahezu unglaublich, was Bakterien und Schimmelpilze chemisch leisten. Whrend der Aufschlieung tauchen bei der Humifikation flchtig eine Unmenge von Stoffen auf, die bei der Abspaltung ausfallen und als Nebenprodukte sofort wieder von ihnen verwertet werden. Ich will gar nicht die komplizierten Verbindungen nennen, denn sie werden den Leser nicht besser von dem Gesagten berzeugen. Aber ein paar einfachere Beispiele mu ich der Vollstndigkeit halber doch anfhren. Da ist die Tanninsure, die den Mucorarten, dem Aspergillus niger und dem Penicillium zum Opfer fllt. Sie und noch einige andere Schimmelpilze bemchtigen sich auch der Chinasure und machen aus ihr Phenolverbindungen. In Totem, in Abfllen, im Verlauf langer Zersetzungsketten stt man berhaupt auf die unerwartetsten Substanzen. Da gibt es Koffein und Tein, Vanillin, Cumarin und allerlei flchtige Duftstoffe, die therischen len oder Alkaloiden entstammen. Aber auch Benzidin, Naphtalin, Paraffine und Wachse, auch unterschiedliche Harze, http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 223 PDF-Ausgabe 62010

selbst Salyzilsure und Petroleum werden von Bakterien und Strahlpilzen (Actinomyzethen) aufgenommen und weggeschafft. Sie alle sind buchstblich die Laboranten, Zerkleinerer, Aufspalter, Vermischer im Humus. Als Einheit gesehen, verwendet dieses unsichtbare Leben alles fr alle. Es verarbeitet Gifte, Gummi, Schlacken, das Scheulichste und das Erlesenste, es macht keine Unterschiede zwischen dem einen und dem anderen, es verflssigt, vergast, verdaut, veratmet alle irdischen Stoffe und alle irdischen Zustnde. Zeit und Raum sind Worte, die ihm gegenber zur Bedeutungslosigkeit zusammenschrumpfen. Man wscht aus Steinkohlen noch immer lebende Bakterien heraus man lese in diesem Zusammenhang ber Inkohlung nach und sie unterscheiden sich von denen der Gegenwart fast kaum oder gar nicht. Infolgedessen sind einige Spezialforscher zu der berzeugung gekommen, da in der Hauptsache gewisse Micrococcus-Arten die Bildung der Kohle verursacht htten. Praktisch gibt es berhaupt nirgendwo einen Raum, bei dem man, wenn man nicht mit allergrter Sorgfalt sterilisiert, auch nur einen Augenblick sicher sein knnte, da er frei von Mikroben ist. Das alles schaltet die Bodenchemie nun fast vllig aus ihren Berechnungen aus. Das groe, ewig labile, ewig unexakte X, das Humus aus Leben, Leben aus Humus bildet, erweckt ihr Mitrauen und nicht selten ihre Abneigung. Der Techniker will nicht gerne mit der Eigenwilligkeit von Organismen zu tun haben (die man zunchst vergebens als mechanisch funktionierende Maschine abzustempeln versuchte), die jedoch eine, wenn auch nur winzige Wahlfhigkeit besitzen. Ihre Unfgsamkeit, ihre Minimalund Maximalspannen sind auf die Dauer absolut unberechenbar. In der Petrischale entarten sie mit Vorliebe und tun oft etwas ganz anderes, als im freien Land. Mit einem Wort mit den exakten, den anorganischen Dingen ist sowohl leichter, als zuverlssiger zu arbeiten. Diese schon unendlich oft wiederholten Einwnde sind verstndlich. Man beschrnkt sich also auf Kolorimeter, auf Verdampfen, Ausglhen, Zentrifugieren u. dgl. der Erdproben, die man an verschiedenen Stellen eines Ackers oder Gartens entnimmt. Das Ergebnis mu allerdings unvollkommen sein. Denn mitunter ndert sich die Bodenbesiedlung und damit die Bodenqualitt von Meter zu Meter durch Windstraen, Grundwasserstrme, Besonnung, durch die Art der frheren Vegetation, durch Dngung oder Nichtdngung. Das kommt in einer chemischen Bonitierung auch nicht annhernd zum Ausdruck. Auch eine Topfkultur lt sich in ihren Ergebnissen nicht ernsthaft mit dem Wachstum in Acker und Wald vergleichen. Sogar Freilandkulturen lassen mitunter unstimmige Ergebnisse zu. So und so bleibt es ein Bild aus der Retorte. Man wendet jetzt zwar allgemein die sog. pH-Rechnung an. Sie soll demonstrieren, wie klein oder gro die Versuerung eines Bodens ist. Man bentzt Tabellen, nach denen man alkalisch basisch und sauer unterscheidet. Aber auch hier hngt die Klassifizierung von der Leistung der 224 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Bodenorganismen ab. Ihre Arbeit wird gewertet, wenn man einen Fichtenwald- oder Heideboden mit 4-4,5 pH als stark sauer, einen Laubwaldmull mit 7 pH als mild und hums, einen gepflegten Gartenboden mit 7-9 pH als hochwertig und hums fruchtbar bezeichnet. Stark saure Bden sind immer Rohhumusbden. Schon im ersten Kapitel wurde ein anschauliches Bild vom Rohhumusboden gegeben, von seiner Entstehung und seiner Bedeutung fr die Landwirtschaft. Betrachtet man ihn vom chemischen Standpunkt aus, so ist sein Eindruck nicht weniger unerfreulich. Da er als Entartung des natrlichen Bodenzustandes (diese Entartung erstreckt sich heute leider auf halbe Erdteile) die Arbeit der salpeterbildenden Bakterien hindert, so kommt in ihm die Salpeterproduktion nicht selten zum vlligen Erliegen. Schon die schlechte Durchlftung macht ihnen das Dasein unertrglich, denn alle diese Nitrobacter, Nitroso- und Nitrobakterien sind im hchsten Ausma sauerstoffbedrftig. Man knnte sie ohne bertreibung zu einer Gruppe der Bodenlfter zusammenfassen. Mit dem Oxygenmangel ist jedoch stets eine stockende Aufschlieung und Befreiung von Kohlensure verbunden. Darunter leidet wieder die Assimilationsarbeit der Pflanzen, die das mit schlechterem Wachstum, schlechterer Blhfhigkeit und geringeren Ernten quittieren. Denn in einem Rohhumusboden nimmt das gesamte Bakterienleben nicht wie es eigentlich sollte zu, sondern stndig ab. Eine unbestreitbare Zunahme ist nur bei den Schimmelpilzen zu konstatieren. Denn die ertragen sowohl geringere Durchlftung, als strkere Versuerung, als die zunehmende Verdichtung der Bodenschichten ausgezeichnet. Sie scheinen sie sogar bis zu einem gewissen Grad zu bentigen. Weil viel weniger Bakterien vorhanden sind, so kann auch die Phosphorsure (weder die bereits vorhandene, noch die durch Dngung hineingelangte) nicht in gengendem Ma aufgeschlossen werden. Im Gegenteil! Sie geht in unlsbare Verbindungen ber, welche fr die Pflanzenwurzel nutzlos sind. Die Pflanzenwurzeln stehen berhaupt den Rohhumusbden mit einer gelinden Verzweiflung gegenber. Er verwehrt ihnen, in die Tiefe zu wachsen, also mssen sie sich notgedrungen flachkriechend ausbreiten. Das tun alle Fichten und die anderen Nadelhlzer, und darum werden sie so leicht von Windbrchen reihenweise niedergelegt. Aber auch Erika, Wacholder, Preiel und Moosbeeren, die zwar mitunter an zwei Meter lange Wurzelstrnge aussenden, mit ihnen aber nicht tiefer als zehn Zentimeter im Boden eindringen.

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Ein armseliges edaphisches Leben fristet im Rohhumus sein kmmerliches Dasein, armselig sowohl nach Zahl, wie meist auch nach Auswahl. Durchschnittlich kann man kaum den fnfzehnten Teil dessen erwarten, was in guten Humusbden ttig ist. Man hat eine ganze Reihe diesbezglicher Ursachen festgestellt: zu wenig Kalksalze, nicht genug aufnehmbare Phosphorsure, Magnesium und Kali, nicht ausreichende Mengen organischer Nhrstoffe, keine Regenwrmer. Fadenpilze berwiegen, anaerobe Organismen sind in der berzahl. Die natrlichen Abfallstoffe werden sehr verlangsamt zersetzt. Rohfule bedroht die Stmme der Nadelhlzer (denn Rotbuche, Weibuche, Hainbuche und Eiche weigern sich von vorneherein, auf Rohhumus zu wachsen). Auer der Fichte hlt ihn noch am besten die Birke aus und vor allem die unerhrt bescheidene und anspruchslose Kiefer. Wenn man also erfhrt, da der ob seiner Schnheit vielbesungene deutsche Wald zu 45 Prozent aus Kiefern besteht, so wei der Bodenkundige, was das bedeutet. Auch die subtropischen Kiefernwlder, die Cubean eine, die unglaublich harzreichen Pech- und Harzkiefern in Florida und Georgia, die Pinus maritima des Mittelmeeres, die marokkanischen Aleppokiefern, die italienischen Pinien, selbst die Schwarzkiefern, die am Semmering ihre westlichste Front haben und von da bis weit nach Osten ber den ganzen Balkan reichen sie alle weisen auf elende, saure Rohhumusbden hin, die jeder andere Waldbaum verschmht. In Wahrheit sind solche Wlder eigentlich nur Tundren, die eben mit Bumen bestanden sind, die aber im nrdlichen Finnland und Lappland ohne weiteres in echte Moosheiden bergehen. In ganz Skandinavien berwiegen bei weitem die Nadel- und Birkenwlder, nur Sdschweden und Dnemark erfreuen sich durch ausgedehnte sog. Lehmlinsen einer greren Fruchtbarkeit und weithingestreckter Buchenwlder. Hoch oben im Norden aber hrt alle Vegetation mit jenen schon beschriebenen Moos- und Flechtenpolstern, mit dicken Kissen weier und gelber Ranunkeln, mit niedrigem Gestrpp beerentragender Halbstrucher auf. Und ganz zuletzt ist die Welt dort nicht mehr grn, sondern weilich-grau von den endlos weit darber geworfenen Decken des Renntiermooses, mit schwarztorfigen Pftzen dazwischen. Dort bildet sich kein Humus, kann sich nicht bilden, hat sich nie gebildet. Es fehlt an der Nitrifikation. Richtiger, es fehlt an den Rohstoffen, welche eine Nitrifikation bewirken. Die Bodensuren imprgnieren, gewissermaen gerben die mageren, unvorstellbar zhen und harten Wurzeln aller dieser Rohhumusgewchse, so da dadurch allein schon der natrlichen Aufschlieung der allergrte Widerstand entgegengesetzt wird. Ihre endliche Vermoderung ist nhrstoffarm, hauptschlich stickstoffarm. Wahrscheinlich gbe es ohne die Leistung der bodenbewohnenden Kleintiere, die von Anfang an zu den ergnzenden Gruppen des Edaphons gerechnet wurden, berhaupt gar keine oder doch nur eine uerst geringfgige 226 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Nitrogenanreicherung. Wren die Bodensalze des Kunstdngers wirklich das Universalheilmittel, als das sie nicht selten propagiert werden, so mten sie gengen, um alle Rohhumusbden der Welt in brauchbare und fruchtbare Bden umzuwandeln. Dazu aber besteht so wenig Aussicht, da man nicht einmal einen interkontinentalen Versuch gemacht hat. Auf allen Rohhumusbden sind die Kleinorganismen von unschtzbarer Bedeutung und einer Wichtigkeit, die berhaupt nicht mit Worten auszudrcken ist. Vor allem die winzigen Bodenmilben leisten in der Verborgenheit Gewaltiges. Diese Orbatiden zermorschen und skelettieren Birken- und Erlenlaub, so da nur das unsglich zarte Spitzengespinst des Adernetzes erhalten bleibt. Man hat das lange Zeit einzig kleinen Minierraupen, Pilzen und Bakterien zugeschrieben, aber nun haben sehr ausgiebige Forschungen endlich den Beweis geliefert, da es sich dabei nur um die Arbeit der Moosmilben handelt. Die natrliche Aufschlieung der heimischen Gewchse dauert ohne diese Hilfe unerhrt lange. Gewissermaen schaltet sich also der Darm solcher Kleininsekten (obgleich die Milben zu den Spinnentieren gehren) beschleunigend dazwischen. Er besorgt fast die ganze Eiweianreicherung, und zwar in einer Form, die unter den gegebenen Umstnden geradezu optimal ist. Er verschafft durch seine Ausscheidungen den empfindlicheren edaphischen Wesen noch eine hinreichende Lebensmglichkeit, die einfach fr sie sonst nicht vorhanden wre. Da gibt es eine Galumna obvius, die durch ihre Exkremente den Boden geradezu mit hochwertigem Eiwei dngt. Sie beweidet in astronomischen Scharen, gnzlich unabhngig von Klima und Wetter, die trockenen Moosrasen. Sie scheint unstillbar gefrig zu sein, und dementsprechend ist ihr Darm pausenlos ttig. Ihre Abscheidungen lagern sich als dicke Schichten ab, die als eine Art organischer Stickstoffkraftnahrung wirken. Sie sind der einzige Zuschu, den dieser arme Boden je empfngt. Die dnne Humusdecke, charakteristisch in Flecken zerteilt, entsteht buchstblich nur aus solchen Milbenexkrementen. Auch dort, wo sich auf zerfallendem Felsgrund ber den bescheidenen Lithobiontensiedelungen Flechten einstellen, sammelt sich dieser Oribatidendnger. Er verbessert den Grund um so viel, da dazwischen erste Grser Fu fassen knnen. Bei uns hat sich eine hnliche winzige Arbeitsgemeinschaft zusammengetan, deren Zwergenhaftigkeit in gar keinem Verhltnis zu ihrem Nutzen steht. Jeder hat schon den einen oder anderen ihrer Teilnehmer gesehen, aber wohl niemand achtet auf sie, trotzdem die sog. Urinsekten (Collembolen und Tysanuren) die Ehre haben, weit lnger auf unserem Planeten anwesend zu sein, als der Mensch. Steingraue oder pflaumenblaue Springschwnze (Collembolen) tun sich mit winzigen Landschnecken (Vitrea http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 227

crystallina), allen mglichen Tausendflern und Steinkriechern (Diplopoden) zusammen. Sogar die Larven der Fliege Penthestria holoserica beteiligen sich eifrig an der Zernagungsarbeit. Landasseln (Cognitha), auch die langgestreckten Tausendfler (Julien), Ohrwrmer (Dermapteren) und einzelne auf drren Flechtenbscheln unermdlich weidende Schmetterlingsraupen (Lithosien) schatten alle zusammen hochwertige Prhumusstufen, von denen oft mehrere nacheinander erst bewirken, da sich etwas wie Humus bildet. Sie selber nehmen ausschlielich nur magerste und einfrmigste Zellulosen zu sich. Der Eiweireichtum ihrer Abscheidungen wre geradezu unerklrlich man hat sich auch lange genug darber den Kopf zerbrochen wte man nicht, da sie alle mit einzelnen, oft sogar mehreren Arten von Darmsymbionten ausgestattet sind, die ihnen diese kmmerliche Nahrung verdauen helfen. Ich habe darum hier und auch frher so ausfhrlich vom Rohhumus gesprochen, weil er leider gegenwrtig zu einem immer wichtigeren Problem der Landwirtschaft wird. Man kann seiner nicht Herr werden. Er hngt wenn man dieses Bild gebrauchen darf gewissermaen als Damoklesschwert ber jedem Kulturland. Gewi bezahlen wir, so wie bei der gesamten Bodenverschlechterung, auch in diesem Punkt die Snden der Vter, die, genau besehen, nicht einmal Snden, sondern nur strfliche Unwissenheit waren. Aber wenn wir schon dieser Begleichung nicht entgehen knnen (denn leider mu die vterliche Verschwendung immer von den Shnen und Enkeln bernommen werden), so sollen wir wenigstens trachten, es auf vernnftige Weise zu tun. Es geht nicht an, uns auch weiterhin dem Irrtum hinzugeben, als sei die Erde ein rein chemisches Problem. Sie ist auch ein chemisches Problem, aber sie ist es nicht ausschlielich. Im ganzen Umkreis der Humifizierung gibt es nicht eine einzige Frage, die nur allein durch den Chemiker zu lsen wre. Wohl aber ist seine Mitarbeit an tausend Punkten hochwillkommen und unentbehrlich. Er hat vollkommen recht, wenn er rt, man mge die Bodensuren rasch mit Gips und Kalk abstumpfen nmlich neutralisieren , aber denselben Erfolg erreicht man z. B., wenn man die den Fichtenforste fleiig mit Schneisen durchlichtet, wenn man berall Randgebsche wohlwollend duldet, wenn man wenigstens die Nadelhlzer untereinander mischt, wenn man berhaupt das Baumzuchthaus nach Mglichkeit seiner traurigen Einfrmigkeit entkleidet, die Drillpflanzungen aufgibt, auf gleichmige Stangen- und Langhlzer nicht solchen Wert legt, und die erzwungene und nur mit Gewalt aufrecht erhaltene Einheitsfront vermeidet. Dann wird das bse Wort Wo der Frster hat gefichtet, dort ist die Natur vernichtet! endlich wieder aufhren, einen realen Hintergrund zu haben. Der Forst worunter immer der Fichtenforst gemeint ist, denn Laubhlzer lassen sich nicht so entnatrlicht erziehen ist stets nur eine knstliche Formation. Er ist geboren aus reiner Profitgier, weil der ungeheure 228 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Bedarf an Grubenhlzern, an langschftigen Bau- und Schiffshlzern diese Art von Waldnutzung besonders rentabel macht. Weil berhaupt die immergrnen Nadelhlzer zwar viel minderwertigeres Holz herstellen, aber dafr schneller wachsen und mit dem miserabelsten Rohhumusboden zufrieden sind. (Erst der allerjngsten Gegenwart blieb es vorbehalten, unter dem Schlagwort Gellwolle nun auch die Buchenwlder auszuntzen, man knnte ebensogut sagen, zu verwsten.) Rohhumusbden sind vom Fichtenwald und dem ausgesogenen, verarmten Ackerland nicht zu trennen. Sie gehen den beiden voraus und sie folgen ihnen nach. Will man sie bekmpfen, so mu man also dort anfangen, wo sie entstehen. Und nicht erst warten, bis der Schaden wie eine Sintflut ansteigt. Man kann erfreulicherweise feststellen, da eine ganze Reihe biochemischer Forschungen schon auf die wirklichen Zusammenhnge weitgehend Rcksicht nimmt. So hat man die pH-Tabellen mit den Lebensgewohnheiten des Edaphons verglichen. Die bereinstimmung ist erstaunlich beweiskrftig. Jene Bakterien und Protozoen, welche fruchtbare Laubwald- und Gartenerde bewohnen, verlangen allermindestens 6,6-8 pH. Die in Ackerbden sehr ttigen Strahlpilze und berhaupt das Edaphon auf Kulturbden lebt und gedeiht nicht unter 7-7,5 pH. Die Schimmel- und Rohhumuspilze, die in schlecht verrottendem Laub, in Nadelstreu, in Fichtenbden mit stauender Nsse dichte rufarbene, rostrote oder graubluliche Weben spinnen, sind schon mit 4-4,5 pH einverstanden. Die Bedrfnisse der Bodenlebewelt, der Pflanzen und des Humus lassen sich also sehr wohl auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Bei jedem Bild des chemischen Bodenaufbaus mu man das mit in Rechnung stellen. Je weniger chemisch die Bodenchemie also ist, je mehr sie sich in eine Biochemie verwandelt, die der Eigenwilligkeit biologischer Prozesse Rechnung trgt, ein um so vollkommeneres und zutreffenderes Bild wird sie vom Boden erhalten knnen. Trotzdem gibt es selbstverstndlich eine chemische Analyse der Seinsstufe Humus. Sie sagt aus, da er, abgesehen von seinen unausbleiblichen Beimischungen an Salzen und Mineralien, aus folgendem besteht: Reste von Wachs- und Harzstoffen, geringe Mengen von Humusstoffen, entstanden aus zersetzten Kohlehydraten, hauptschlich aber stark saure, humifizierte Eiweikernstoffe und hnlich saure, wasserlsliche Ligninstoffe (Humoligninsuren, Ligninsuren usw.). Weiter sagt sie aus, da von all den verschiedenen Humusbaustoffen als Endprodukt aller Verrottung noch Fulvosuren brigbleiben. Das sind allerletzte Reste von Bruchstcken aus Pflanzenleibern, die deren einstigem Aufbaugerst entstammen und demzufolge besonders zh und wenig angreifbar sind. Kalk und Suren zerlsen sie nicht mehr weiter, da sie ohnedies nur noch aus Verbindungen ganz weniger Molekle bestehen. Ihre Menge ist verschwindend, ihre Konzentration auerordentlich hoch. Man schtzt wenige Milligramm auf http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 229

100 kg Boden. In der Jauche finden sie sich ebenfalls in braunschwarzen, rtlichen, bernsteingelben Lsungen, in denen auerdem auch Humalsure anwesend ist und sehr viel (man hat schon bis zu 55 Prozent festgestellt) gebundener Kohlenstoff. Auch das chemische Bild ergibt also nichts anderes, als das bodenbiologische. Humus ist ein Endprodukt, er hat alle Verwandlungen und Umsetzungen hinter sich, er ist nicht mehr Fulnis, nicht mehr Abbau, nicht mehr jenes Knuel strmischer Ablufe, das mit dem Tod oder der Ausscheidung von Schlacken die ja auch nur Folge vielfltiger Tode sind begann. Er ist nicht mehr die groe Disharmonie des Zerfalls, er ist aber ebensowenig die zielbewute Entwicklung rasenden Aufbaus. Er ist oder sollte es wenigstens sein ein wenn auch nicht zur lngeren Dauer bestimmter, so doch in sich ausgeglichener Zwischenzustand, harmonisch ausgewogen, wenn er wirklich alles enthlt, dessen er zur Funktion der Schaffung knftigen Lebens bedarf. Nach all diesen Betrachtungen, Zusammenfgungen von vielerlei Kenntnissen, nach dieser Durchdringung und Herauslsung jener Vorgnge, ohne die Humus nicht entstehen kann, nach diesem sich Vertrautmachen mit seinen einzelnen Faktoren, Zielen, Mglichkeiten und Bedrohungen bleibt uns in diesem Kapitel nur noch eines brig: eine Untersuchung seiner Struktur und ihrer Vorbedingungen innerhalb unserer irdischen Stoffe. Sein natrlicher Zustand wir wissen es schon kann nur ein kolloidaler sein. Die Kolloidform ist untrennbar von allen Gestalten des organischen Lebens. Warum? Sie ist die Form, in welcher alle Stoffe am leichtesten und ohne Anstrengung ausgetauscht werden knnen. Die Kristallform verfestigt die irdische Materie und setzt den meisten Austauschprozessen heftigen Widerstand entgegen, wenn es sich nicht gerade um Salzkristalle handelt. Die gebundene Anordnung in Kristallgittern baut stets ein unabnderliches inneres Gefge auf, das dann die Auengestalt nur im groen wiederholt. In einem Kolloid aber sind die Atompltze weit weniger klar abgegrenzt. Da besitzen die Atome eine viel grere persnliche Freiheit. Und obgleich wir uns nach Menschenart alle diese Vorgnge im unsichtbar Winzigsten ganz sicher viel zu materiell vorstellen, so entscheidet doch die Aggregatform eines Elementes ber alle Funktionen, die ihm zugemutet werden knnen. Die erst im Entstehen begriffene Bodenphysik hat das Wort: Schwarm wasser geschaffen. Darunter soll man sich vorstellen, da in de n Bodenlsungen Strme von Kationen dahintreiben, positiv geladene Ionen. Ionen sind bekanntlich Atomkerne, deren uerste Elektronenschale einige der negativ geladenen Neutronen verloren hat. Mglicherweise sind die 230 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

intensiven Zerfallsprozesse, die bei der Humusbildung unerllich sind, irgendwie an dieser Ionenbildung mitbeteiligt. Aus Experimenten nimmt man nun an, da die Kolloide des Humus berwiegend negativ geladen seien, und ganz besonders die des Tons. In seiner allerfeinsten Struktur baut sich der Ton jedenfalls nicht rein kristallinisch auf, denn er bestimmt doch von der mineralischen Seite her die kolloidale Humusstruktur. Wohl besteht er aus glimmerartigen Materialien wir wissen ja, wie nahe er dadurch dem Erdbaustoff Silizium steht , die indes durch Suren sehr leicht angegriffen werden knnen. Salzsure ist schon darum auf sie wirksam, da sie doch reich an Eisenverbindungen sind. Nun glaubt man folgendes: Solche glimmerartigen Materialien knnen freilich mssen sie nicht bereits in der ersten molekularen Zusammenfgung stark gestrt werden. Auf javanischen und argentinischen Bden hat man bereits solche Zonen der Strung entdeckt. Wo sie sich jedoch ungestrt zusammenfgen, da legen sie sich in Form von Primrkristallplttchen aneinander, und das ist offenbar die Ursache der zh-elastischen Beschaffenheit, die wir alle kennen, die der Ton als besondere Eigenschaft besitzt. Die Quellung geht nicht so vor sich, da sich Wasserstoffionen in und zwischen die Stoffmolekle einlagern, sondern dadurch, da nur die einzelnen Plttchen auseinandertreten. (Der Physiker kennzeichnet das mit dem Wort: Mizellenausweitune.) Kationen aller Art heften sich so an die Tonpartikelchen an. Es ist ein geheimes Hin- und Herpendeln der Krfte, das wir nur ahnen knnen und dessen eigentlichste Bedeutung uns noch lange nicht erfabar ist. Ununterbrochen gibt es Abstoung und neue Bindung. Die wunderbaren, unvergleichlich abenteuerlichen Romane des Seins beginnen schon hier bei der millionenfachen Verkleinerung, in der Welt der zwanzig und mehr Nullen, weit, weit unterhalb der Vorstellungsfhigkeit jeder menschlichen Phantasie. Da sind z. B. die sehr beweglichen Kalzium- und Wasserstoffionen, die aus freiem Willen stndig miteinander die Pltze tauschen. Hydroxydionen verndern sich dabei nicht, aber die anderen nehmen eine bestimmte Aciditt an, d. h., sie versuern den Boden, und dieser Vorgang ereignet sich sehr oft in Rohhumusbden. Ionisierung geht von einem zum anderen und greift, von den an der Oberflche schwrmenden Ionen ausgehend, nach Art einer Epidemie um sich. Kali-Ionen verjagen ihrerseits wiederum die Kalziumionen. Aber zwischen den Tonplttchen erfolgt eine so intensive Bindung der in Ammonsalzen ausgetauschten Ionen, da es anderen Kationen nicht mehr gelingt, sich an ihre Stelle zu drngen. (Fr den Fachmann schreibe ich hier die Formel NH4 N hin.) Das hat aber auch eine praktische Folge. Auf Tonbden gibt es unter 6 pH keine Verflssigung des Ammoniaks mehr, es kann also nicht mehr ausgewaschen werden, sondern der Boden hat es sich einverleibt. Beinahe dasselbe geschieht mit der Phosphorsure, whrend die negativ geladenen Chloranionen (wohl um ihrer http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 231 PDF-Ausgabe 62010

negativen Ladung willen) selten und vor allem niemals in Mengen absorbiert werden. Ein gewaltiges Krftespiel in kleinsten Ausmaen, in unendlich fein verteilter Masse findet so in unvorstellbar winzigen Bruchteilen unserer Zeitbegriffe statt. Im Abbild sich neu formender Weltbaustoffe wechselt Vereinigung und Flucht, und alle Eigenschaften viel grerer Krper sind schon, als Ahnung vorweggenommen, in der Unsichtbarkeit atomren Geschehens vorhanden. Durch sinnvoll konstruierte Apparate, die als Ionenaustauscher zu anderen Zwecken funktionieren, erhalten wir eine ziemlich plastische Vorstellung davon, wie sich auch im Humus stndig die Substanzen verndern und auswechseln. Die Basen der Zeolithe (man erinnere sich, da Zeolith ein bestimmter Zustand ist) sind zweifellos auch im Boden in fester Gestalt vorhanden. Durch salzhaltige Aufschwemmungen aber verschwinden sie in die Lsung, die sie nun ihrerseits festhlt, indem sie mit ihnen weiterzirkuliert. Auf diese Weise geht auch der Kalk aus der Erde verloren, denn Kalziumsulfat (das immer zu finden ist) bindet die Kalziumionen. Dieser Vorgang, der in der Industrie zur Enthrtung des Wassers dient, hat im Boden einen ganz anderen Sinn. Er ist die Ursache, warum unablssig der wichtige Kalk verschwindet und an seiner Stelle das unerwnschte Natronion nmlich die Versalzung tritt. Begreiflicherweise endigt die Austauschfhigkeit einer jeden Lsung irgendwann einmal und es erfolgt fr kurze Zeit ein natrlicher Ausgleich. Aber durch neue Zufuhr regeneriert sie sich wieder und der Proze geht weiter, der uns als schdliche Entkalkung bewut wird. Eine groe Rolle spielt auch die Schwefelsure, die, wie wir wissen, bei allen Fulnisvorgngen frei wird. Aber auch die wichtige, Gele, also Kolloide bildende Kieselsure kann durch Ionenaustausch ausgewaschen werden, und dadurch bt der Boden seine Bindigkeit ein. Die Ablufe sind viel komplizierter, als ein der Atomwelt Fremder voraussetzen kann. Auch hier finden gewissermaen Kreislufe statt, Kreislufe von Zustnden, die sich stndig wiederholen, abbauen, neu aufbauen. In einem natrlich guten Humus aber vollziehen sie sich in einer schon lngst festbegrenzten Harmonie, die alle Extreme gegenseitig unterbindet. Der Bodenchemiker fat alle diese Ionenaustauschvorgnge unter dem Schlagwort Sorption zusammen. Er hat einen sehr guten Begriff von ihnen, denn mit ihrer Hilfe stellt er fest, wie weit der Boden aufnahmefhig ist und wie weit nicht. Er wei sehr genau, da unberechenbare Mengen von Bodensalzen, natrliche und knstliche, nutzlos im Grundwasserstrom untertauchen. Auch er hat also das Bestreben, sich den kolloidalen Ton mglichst lange und mglichst ausgiebig zu erhalten, da er doch so viele Kationen und Anionen bindet. Gegenwrtig nimmt die Lehre von der Sorptionsfhigkeit des Bodens einen sehr groen Raum in der Bodenchemie ein. Aber, indem man so viele bedeutungsvolle Gesichtspunkte 232 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

und Beeinflussungen der Humusneubildung darber vernachlssigt, wird auch sie wiederum die Ursache, da eine an sich richtige Einsicht in ihrer einseitigen Anwendung dazu beitrgt, die schon vorhandene falsche Blickrichtung noch zu verstrken. Denn das komplexe System Humus wird auf diese Weise in seinem ganzen Umfang und in seiner ganzen lebendigen Vielfltigkeit immer weniger erfat. Es verwandelt sich immer mehr in eine Handvoll von Teilproblemen, ber deren Ziel und Zweck sozusagen die Einheitlichkeit vllig vergessen wird. Anstatt der weltbedeutenden Humusstufe der Erdoberflche erblickt man ein mit vielen geistreich ersonnenen Apparaten zu bewerkstelligendes Spiel, in dem Atome hin- und hergeschoben werden. Anstatt der groen Verbindung zwischen Leben, Tod und neuem Leben tritt ein Formelbuch berechnungsfhiger Vernderungen, die erst durch diese Formeln ihren wissenschaftlichen Wert erlangen. Anstatt sich die Frage vorzulegen: Wie erhlt man den Urernhrer der Welt, sieht man technische Spezialfragen, lange nicht so wichtig, als der Benzolring oder die Verwertung von Zellulosen. Man lehnt ganz bewut jenes Unexakte ab, das ber die streng begrenzte, disziplinierte Wissenschaft hinweg Brcken schlgt zu den Auswirkungen des Humus auf Gebirge und Ebenen, Meeresgrnde und Wsten, zu den Erdepochen der Vergangenheit und Zukunft. Man sieht nicht und will nicht in ihm den groen Filter erkennen, durch welchen die Kreislufe der vierzehn Erdbaustoffe gleich wie auf Planetenbahnen hindurchwandern. Wir wissen nun also, woraus Humus wurde und was Humus ist. Eine verwirrende Flle von Zusammenhngen, von denen uns manche erst andeutungsweise bekannt sind, zog vor unserem nachdenklichen Kopf vorbei. Niemand wird sich jetzt noch des Eindruckes erwehren knnen, da buchstblich die ganze Erde mit ihrer Entwicklung in die Humusbildung mit hineinverflochten ist. Und in demselben Ma haben auch alle Wissenszweige des Menschen damit zu tun. Auch sie knnen sich vom Humus nicht lsen. Ob nach krzerer, ob nach lngerer Frist, irgendwann mnden sie immer im Humus. Er ist der zeitlose Brennspiegel, der alle Ausstrahlungen des irdischen Seins sammelt und wieder zerstreut.

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III. Kapitel

Der groe Umbau


Die unterbrochene Aufschlieung Es ist allgemein bekannt, da die Wandlungen unserer Erdoberflche uns auf drei verschiedene Arten sichtbar werden: Durch die Oxydation, durch die Verflssigung und durch die mechanische Zerreibung. Die Oxydation, welche im Verbrennen ihren Hhepunkt hat, ist eine Zerstrung nicht nur des biologischen, sondern auch des molekularen Zustandes. Auer den flchtigen Gasen lt sie nur Asche zurck, die nicht brennbar, darum auch der Oxydation nicht mehr zugnglich ist. Aschen sind ausschlielich mineralisch und entstehen ebenso aus verbrannten Krpern, wie aus verbrannten Gesteinen. Aschen sind der letzte materielle Rest, der sichtbar brig bleibt. Die Verflssigung ist die andere Form der Zerlsung, die aber viel langsamer als die Verbrennung vor sich geht. Auch Verflssigung betrifft das Organische und das Anorganische gleicherweise. Auch sie reit alles Gestaltliche aus seinem natrlichen Gefge. Auch bei der Verflssigung werden Gase frei. Doch ist sie in vielen Fllen vor allem nur eine Umlagerung der festen Substanzen. Sie werden nur an einen anderen Ort transportiert, wobei sich allerdings ihr frherer Zustand ndert, indem er komplizierter oder vereinfachter wird. Whrend Verbrennung erst vor der atomren Stufe haltmacht, rhrt Verflssigung nur an die molekulare Stufe, insofern, als sie oft hochmolekulare Stoffe in niedrigmolekulare umwandelt. Die mechanische Zerreibung gilt hauptschlich fr alle Substanzen, die in der Erdoberflche in fester kristallinischer Form aufgespeichert liegen. Bei ihnen findet in diesem Stadium weder ein Umbau durch einen individuellen Lebensproze statt, noch verflssigen sich Gesteine oder Metalle ohne fremde Veranlassung. Die kristalline Struktur, das wurde schon erwhnt, bewirkt eine oft auerordentliche Verdichtung. Diese Verdichtung stabilisiert ihre Gestalt, so da sie oft mehrere Erdepochen lang unverndert ausdauert. Trotzdem aber fllt sie den Krften der Auenwelt zuletzt irgendwann zum Opfer und ist ihnen dann hilflos preisgegeben. Im Gegensatz zu ihrer ganz geringfgigen Selbstabntzung werden alle Gesteine und Metalle von den Gewalten der Erde sehr stark angegriffen und 234 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ihrer Zertrmmerung im Groen folgt stets eine Zerreibung im Kleinen. Sie sinkt zuletzt in ihrer Korngre noch weit unter den Begriff Sand. Aber auch dann noch bleibt die ursprngliche kristallinische Struktur im scheinbar nicht mehr Teilbaren erhalten. Das alles ist mehr oder weniger jedermann bekannt, und so brauche ich es wohl nur ins Gedchtnis meiner Leser zurckzurufen. Aber es haben sich sicher nur wenige jemals darber Rechenschaft abgelegt, da diese Stufe der Zerkleinerung zwar auf das intensivste mit der Humifizierung verbunden ist. Aber und das ist das entscheidende die mchtige Dreiheit Oxydation Verflssigung Zerreibung wird stets durch sie an einem bestimmten erdwichtigen Punkte gehemmt! Wrde sie es nicht, so zerfiele die Erdrinde in ein nicht mehr verbindbares Nebeneinander. Die stofflichen Kreislufe wrden rasch zerreien und das Phnomen Leben wrde auslschen oder wre nie entstanden. Dagegen ist die Unterbrechung an allen den Grenzen, die eine Fortsetzung der biologischen Ablufe sichern, die unbedingt notwendige Vorbedingung fr den Gestaltungs- und Funktionsreichtum des organischen Seins. Die Abstoppung ist nmlich nicht nur rumlich, sondern ebenso auch zeitlich. Aus dem strengen und unverrckbaren Ablauf des mathematisch Berechenbaren taucht die Erdmaterie dadurch pltzlich in ein Unberechenbares, Willenmiges, Instinktgetriebenes, Wahlfhiges mit einem Wort in die Stufe des Lebens. Denn Humifizierung und Humus bedeuten man mu sich das immer wieder sagen ebenso die erste Stufe des Lebens, wie die letzte des Todes. Die unterbrochenen Zerlsungs- und Zerkleinerungsvorgnge sind also eine Voraussetzung und Grundlage der Humusbildung. Ich mu das vorausschicken, denn unter diesen bestimmenden und lenkenden Auspizien erfolgt der groe Umbau. Die Auflsung der Krper Wir alle wissen, da zum Tod die Auflsung der Krper gehrt. Wir entziehen uns ihrem Anblick, weil dieser Anblick ein fr uns Entsetzen erregender ist, wenn er sich auf einen geliebten Hingegangenen bezieht. Trotzdem ist der Tod der Tiere und Pflanzen ganz dasselbe. Der Braten, den wir beim Fleischer erstehen, ist nichts anderes als Plasma, das die Phase der Leichenstarre hinter sich hat und sehr bald ungeniebar wre, wenn es nicht durch krftige Erhitzung zubereitet wrde. Und Heu ist nur mumifiziertes Gras und Wiesenblumen, deren Fulnis man durch Trocknung gehindert hat. Fulnis und Verwesung umgeben uns berall und allezeit. Wir achten nur nicht auf sie und vergessen ganz, da unsere tgliche Verdauung nichts an deres ist, als die unvollkommene Zersetzung mehr oder weniger bereits im Umbau befindlicher Stoffe. Sie beginnt schon im Mund, und alle unsere Verdauungssfte haben nur den Zweck, die Auflsung zu beschleunigen. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 235

Fulnisfhig sind vor allem die Stickstoffverbindungen, die Proteine, zu denen alle Krpereiweie, alle Fibrine und Kollagene zhlen. Hier wird die Arbeit von Fulnisbakterien, Vibrionen und Fulnispilzen durchgefhrt. Sie tun das nicht in wildem Durcheinander, sondern in bewunderungswrdiger Ordnung. Das, was man Fulniskraft des Bodens nennt, besteht in nichts anderem, als in dem lckenlosen Vorhandensein aller der notwendigen Zersetzer und Verrotter. Den Beginn der Umsetzungen mu man sich vielleicht hnlich vorstellen, wie das Herbeieilen der Leukozythen und Phagozythen bei der Infektion einer Wunde. Von allen Seiten kommen sie an, vermehren sich intensiv und gehen ungesumt an ihre Arbeit. Genau so ist es im Boden. In jedem gesunden Humus sind vereinzelt, praktisch also ganz bedeutungslos, solche Abbauer und Zersetzer anwesend. Sie sind ja in Wahrheit auch sonst berall, in der Luft, in den Flssigkeiten, auf und sogar in allen festen Gegenstnden. Kommt nun ein toter Krper in oder auf den Boden, so strzen sie sich von allen Seiten auf ihn. Eine rasende Vermehrung setzt ein, denn alle diese Organismen haben ein fallweise ungeheures Wachstum, dem zeitweilig wieder ein scheintodartiges Stillestehen gegenbersteht. Die Leichenfliegen (vor allen anderen die Arten Phora, Curtoneura, Calliphora) sind die ersten Schrittmacher. Sie leben weniger selber von totem Eiwei, als da sie in unvorstellbaren Mengen ihre schnell ausschlpfenden Eier an allen Kadavern ablegen. Lucilia und Sarcophaga folgen. Alle rechnen sie zu jenen wichtigen Umsetzern, von denen schon Linn schrieb, da eine Leiche von drei Fliegen ebenso schnell aufgezehrt wrde, wie von einem Lwen. Eigentlich mten auch sie zur Bodenlebewelt, dem Edaphon, gerechnet werden, denn als Larve leben sie ausnahmslos in der Erde. Das Begraben der Toten, das auer dem Menschen auch gewissen Tieren, z. B. den Elefanten, eigentmlich sein soll, rhrt eigentlich schon von den Praktiken her, welche die Abbauer von Totem anwenden. Schon die Aaskfer und Totengrber (Necrophorus-, Silva-, Hister-Arten) whlen mit Geschick jeden Krper ein. Sie tun es um ihrer Brut willen. Wieder einmal geschieht wie so oft in der Natur durch Unwissende das unbedingt Notwendige. Es geht ganz gewi weit ber die Begriffswelt eines Insektes hinaus, daran zu denken, da die groe Gesetzmigkeit verlangt, da abzubauende Eiweie im Humus unterzubringen sind. Aber sie handeln alle so, als ob sie das wten, denn der Fortpflanzungsinstinkt lt sie jedes Aas sobald als mglich einscharren. berdies entwickeln die Fliegen- und Kfermaden, meist blind, viele sogar fulos, einen unstillbaren Appetit. Sie verwandeln die Fulnis, die sie ununterbrochen verzehren, in ihr eigenes Leben und in hochwertige Exkremente, die wiederum Myriaden von Unsichtbaren Lebensraum und Nahrung gewhren. Alles das eben Gesagte trifft auch auf die beteiligten Ksefliegen (Pyophila cases und Pyophila petasianis) zu. Auch auf den fettaufspaltenden 236 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Kfer Dermestes lardarius, auf die Mottengattung Aglossa, auf die Grabmilben aus der Gattung der Gamasiden, Sarcoptyden, von Tyroglophus siro u. a. Da ist die Haare verzehrende Pelzmotte Tinea pelionella und Tinea bisiniella, da ist der berchtigte Museumskfer (Anthrenus museorum), der unermdlich Mumien benagt. Und schlielich kommen die Allesfresser unter den Kfern mit Namen Tenebrio obscurus und Ptinus bruneus gewissermaen eine Art Totentanz des Lebens ber Grbern und in ihnen. Sie alle machen ein und dasselbe: Mit Hilfe ihres unermdlichen Darmes spalten sie auf, zernagen, vergren und reien Stoffe aus den nicht mehr funktionsfhigen Geweben. Wir mssen uns endlich einmal daran gewhnen, Fulnis und Verdauung als das zu nehmen, was sie sind als ein schnelles und ziemlich gewaltsames Auseinandernehmen der einzelnen Teile eines gestorbenen Leibes. berall findet eine mechanische Vorverkleinerung durch Kauen statt, bei welcher durch den Speichel bereits die erste chemische Auflsung einsetzt. Der Magen besorgt das brige, scharfe Verdauungssfte, unter denen Salzsure und Pepsin besonders wirksam sind, werden angewendet. Einen Teil der Arbeit bernehmen vom Menschen bis zu den Insekten die Symbionten, die berall die Eingeweide bewohnen. Man mte sie von Rechts wegen irgendwie in den Organismus mit einrechnen, denn sie gehren in einem erweiterten Sinne mit dazu. Ihr Dasein ist etwas wie eine Parallele zum Dasein ihrer Wirte. Durch die Ttigkeit der Fulnispilze und Fulnisbakterien werden eine Reihe jener Stinkgase entbunden, die uns den Begriff Fulnis so ekelerregend machen. Auer dem schon genannten Schwefelwasserstoff gehren dazu: Ammoniak, Kohlenwasserstoffe, Amine, Indol, Skatol, Polypeptide und freie Fettsuren. Von diesen Stinkgasen wird zweifellos sogleich ein Teil wieder von Bakterien aufgenommen und so fr die Humusbildung verwertet. Es ist natrlich gnzlich ausgeschlossen, alle die Organismen, die sich an der Fulnis beteiligen, hier restlos aufzuzhlen. Das ist auch gar nicht die Absicht dieses Werkes, das nur Wegweiser neuer Einsichten sein will. Vollstndigkeit gehrt in ein rein wissenschaftliches Fachwerk, aber nicht in dieses Buch, das bestrebt ist, die berblicke im groen zu vermitteln. Immerhin glaube ich doch hierhersetzen zu mssen, da zu den ersten Gruppen der Aufschlieer stets Vibrionen, Spirillen, Micrococcen, das Bacterium termo und der unerhrt hufige Bacillus subtilis (den man in seiner ganzen Gefhrlichkeit als Heupilz kennt) gehren. Auerdem Fadenbakterien (z. B. die Cladothrix-Arten), Spirochaeten und Sarcinen. Sie alle zerreien das Gewebe, lockern die feste Substanz und verleiben sich die stickstoff- und kohlenstoffhaltigen Verbindungen ein, die einst lebendige Funktion ausbten. Alle Fulnis zeichnet sich dadurch aus, da die Prozesse sich in rasender Eile abspielen. Das rhrt sicher von der Massenhaftigkeit der daran beteilighttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 237 PDF-Ausgabe 62010

ten Mikroorganismen her. Wo Lsungen aus mit hochmolekularen Abbauprodukten gesttigter Feuchtigkeit oder aus ehemaligen Krperflssigkeiten sich bilden, da sind sie dicht mit Kahmhuten bedeckt. Im Mikroskop zeigt eine solche Kahmhaut, wie sie auch auf Jauchepftzen, Klrschlammbecken und Abwssern schwimmt, ein unschilderbares Gewimmel von kugeligen, stbchenfrmigen und zu Keulen oder Fden ausgezogenen Spaltpilzen. Was Leben heit, davon bekommt man erst einen Begriff bei diesem Anblick. Ein unaufhrliches Durcheinanderzittern, Tanzen, Wirbeln auf kleinstem Raum ist das, in dem die greren Ruber ihre alles verschlingenden Kreise ziehen. Denn solche Bakterienflle gleicht einer ungeheuren, sich stndig erneuernden Weide, einem ber alle Begriffe ppigen Schlaraffenland, in dem alle brigen Infusorien zu Gaste sind. Es ist eine Welt, in der das Leben sich selber verschwendet, indem es sich unerschpflich neu aus unerschpflichem Vergehen formt. Man vergit ber ihrer Betrachtung alles, was sich fr uns persnlich als Liebe oder Schmerz, als Hoffnungen, Wnsche oder Enttuschungen an den Tod als das groe Aufhren knpft. Man findet sich mit einmal dem allen khl und objektiv gegenber, als sei man ein Auenstehender, den diese Dinge nicht mehr berhren. Und fhlt sich dadurch ber sich und sein individuelles Schicksal hinausgehoben auf Grund der Kenntnis solchen dahingegangenen Krperlebens, das wiederum eine solche Flle von Leben erweckt. brigens entspricht es nicht den Tatsachen, wenn man glauben wrde, da einzig nur Bakterien abgesehen von den in ihrer Morphologie noch wenig erforschten Viren allein zum Abbau bestimmt seien. Die Weisheit einer lngst eingespielten Arbeitsteilung, die darauf beruht, bestmgliche Erfolge bei geringstem Kraftaufwand zu erzielen, setzt sofort auch grere Einzeller in Gestalt sehr gefriger Infusorien ein. Fast immer kann man darauf gefat sein, da als Vertilger der fulnisverursachenden Bakterien bereits Oikomonas termo auftaucht, und mit ihm das eine oder andere Pantoffeltierchen (Paramaecium bursaria oder Paramaecium putrida usw.). Groe Glockentierchen (Vorticellen) gedeihen im rgsten Unflat. In scheulich stinkenden Abwssern treibt sich immer noch die Euplotes patella, das Wimperwesen, gleich einem wirbelnden Stachelei umher. Nie fehlt von Flagellaten die Jauchealge Polytoma uvella mit ihrem hpfenden Umherirren, die Stickstoff in jeder Art von Auflsung frit und mit Hilfe ihrer Leukoplasten solche zerfallenden Stickstoffderivate in Strke umbaut. Dasselbe tut das verwandte Geielwesen Chlamydomonas (eigentlich und ursprnglich ein Sumpfbewohner), wenn es auf totes Chlorophyll stt. Farblose Euglenen findet man, die anstatt mit ihrem prachtvollen Smaragdgrn zu assimilieren, im Bodensatz einer ekelhaften Verjauchung umherkriechen. Zu Tausenden tanzt der ovale Geiler Ovatus bodo durch die mit Leben berstopfte Brhe und schwingt seine lange Vorderpeitsche bald links, bald rechts, whrend er sich bei den unvermeidlichen Zusammensten mit 238 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

der rckwrtigen Schleppgeiel im Gleichgewicht hlt. Die unablssig gestaltwechselnde Amba proteus kriecht rcksichtslos durch das Gewimmel, und die vielkernige Pelomyxa palustris, eine der lebhaften Riesenamben, wlzt sich dort, wo schon etwas Sauerstoff eindringt, querdurch. Ich habe sie nie anders gesehen, als bis in halber Leibeshhe wie ein Sack mit gefressenen Bakterien angefllt. Sie schiebt unbekmmert aus dem Weg, was ihr nicht von selber ausweicht. Kieselalgen sind mit der geringsten Artenzahl vertreten. Von ihnen finden sich in Fulnislsungen eigentlich nur jene farblosen, beraus winzigen, fast durchsichtigen Navicula-Arten, die so wie die anderen kleinen und groen Leichenfledderer am Tisch des Todes schmarotzen. Infolgedessen bilden sie keine Chromatophoren und assimilieren auch nicht. berall bohren sich dazwischen in einem giftigen, harten Blaugrn zitternde Schwingfden (Oscillatorien) umher, die Bndeln langer, gleichmig abgeteilter Stbe gleichen und mondsichelfrmige Sporen entlassen. Auch diese zeigen schon einen Schimmer jenes sonderbaren Blaugrns, der einzig dieser Algenart eigen ist und der in greren Tiefen oder bei noch strkerer Verunreinigung sich in Farblosigkeit oder ein amethystenes Lila umwandelt. Von den 400 Arten von Oscillatorien ist nicht sehr viel ber die Lebensweise bekannt. Vor allem hat man noch nicht mit Sicherheit herausgefunden, welche von ihnen nur saprophytisch, d. h. am Abbau beteiligt sind. Mglicherweise hat jede von ihnen die Fhigkeit dazu, wenn es sich als notwendig erweist. Mit dem harten Blaugrn hat es sicher seine besondere Bewandtnis. Denn ein ganz hnliches Blaugrn zeigt der Stichococcus, auch eine der Urkugeln, aber lnglich eifrmig oder in abgerundeten Stbchen, die sich als erste in jeden nur denkbaren Unrat wagt, wenn nur halbwegs hinreichend Sauerstoff vorhanden ist. Aber mit freiem Sauerstoff ist es bei der durchschnittlichen Fulnis nur schlecht bestellt. Darin unterscheidet sie sich ja von der eigentlichen Verwesung (mit der sie brigens zumeist unbekmmert zusammengeworfen wird), da sie sich unter vollkommenem oder doch teilweisem Sauerstoffausschlu vollzieht. Darum treten dann anstelle der aeroben Organismen die anaeroben, hauptschlich die schon genannten Schwefelbakterien. Auerdem ein Bacterium putrificus, das seinem Namen alle Ehre macht, und mit vielen anderen das berchtigte und sehr zu frchtende Bacterium mycoides. Die in der Fulnis fast stets anwesenden pathogenen Erreger, die von dort aus immer wieder Tier und Mensch berfallen, da sie (entgegen der allgemeinen Ansicht) mit dem Tod eines von ihnen befallenen Krpers keineswegs sterben, sind berwiegend anaerob. Sie wachsen und gedeihen in Fulnis aller Art und aller Stadien. Auch der Tuberkelbazillus mu zu ihnen gerechnet werden, obgleich er ausnahmsweise nicht nur ein aerobes, sondern sogar ausgesprochen sauerstoffhungriges Dasein fhrt. Sie leben alle mehr oder weniger von den giftigen Zerfallsprodukten des Stickstoffes, die sie ja auch in Form der Krankheit im lebenden Wirtsorganismus herstellen. Mit http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 239 PDF-Ausgabe 62010

ihnen allen kann man sich infizieren, nicht nur mit den frchterlich giftigen Ptomainen der Eiweifulnis. Man wute bisher nur vom Erreger des Starrkrampfes, dem Tetanusbazillus, da er Jauche und Fulnis bewohnt. Er ist aber durchaus nicht der einzige, sondern befindet sich dabei in groer Gesellschaft. Vielleicht ist er nicht einmal gefhrlicher, als Typhus-, Ruhr-, Cholera- und Rotlauf-Erreger, die seine Lebensgewohnheiten teilen. Er arbeitet nur schneller und prziser als die anderen ... In einem sind Fulnis und Verwesung ziemlich gleich: in ihrem Ablauf. Da wie dort folgen auf die Abbaubakterien die Bakterienfresser, nmlich die Infusorien. Die wieder fallen den Infusorienfressern anheim, die z. B. als Muscheltierchen (Stylonichia) Monaden und kleinere Flagellaten verschlingen. Und in den unermdlichen Kauapparaten der Rdertiere (Rotatorien) verschwinden wiederum die Infusorienfresser. Ist deren Nahrung zu Ende, so legen sie ausgiebig Eier und verwandeln sich selbst in Dauerzysten. So wird jede Fulnis letzten Endes durch sich selber aufgezehrt. Der Totentanz der leichenvertilgenden Lamien, der sich aus dem Dunkel und aus dem Gespensterheer des Staubes zusammengefunden hat, schwebt wieder auseinander und wartet berall vereinzelt gleich Wegelagerern auf neue Beute. Was brig bleibt von der zerlsten Form, ist eine Handvoll grndlich aufgespaltener Molekularverbindungen, so fein zerteilt, da sie ohne Schwierigkeit in knftiges Leben eingebaut werden kann. Der Tod der Pflanzen So wie es mit dem Sterben der Gewchse anders als mit jenem der Tiere bestellt ist, so geht auch ihre Rckkehr in den groen Kreislauf nicht ganz ebenso vor sich. Nur die Methode ist dieselbe. Denn immer mu die Zerlsung den Neuaufbau einleiten, und ohne Zerfall ist keine Umgestaltung mglich. Aber ein Baum ist kein Wurm. Er stammt aus einer anderen Lebenszone, wie in seinem Dasein, so auch in seinem Vergehen. Vor allem erfolgt bei ihm keine Eingrabung, denn es sind keine aasfressenden Insekten an seiner Auflsung beteiligt. Um so mehr Holzzernager, also alles, was im Mulm frit und whlt, sich verpuppt und als Kfer, Holzwespe, Falter, Ameise und Milbe sein ganzes Leben lang vom faulenden Holzstock nicht loskommt. Eine vllig in sich geschlossene Welt von aufeinander angewiesenen Lebensformen geht da solange in Holzmoder, Laub- und Nadelstreu aus und ein, bis alles zerfallen, aufgezehrt, und bis es suberlich in den Humus zurckgebracht ist. Auch hier werden Gase, besonders Kohlensure, freigemacht und in die Luft entlassen. Aber niemals sind Stinkgase darunter, die bei den reinen Pflanzenleichen nicht entwickelt werden. Vertrocknete Grser und Wiesenblumen duften wrzig nach Kumarin, faulendes Holz riecht feucht und waldfrisch nach Pilzen und nasser Erde. Nichts ist unappetitlich an dieser Verwesung, die mitunter auch nur eine sauerstoffarme Art von Fulnis ist. 240 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Die Hauptabbauer sind, abgesehen von den zernagenden Insekten, deren Exkremente direkt in den Humus bergehen, hier die Bodenpilze. Der Mensch will nicht gerne mit ihnen zu tun haben. Denn wenn er sich den Hausschwamm (Merulius lacrymans) unvorsichtig mit befallenem Reisig in seinen Keller einschleppt, so bedeutet das womglich die Vernichtung des ganzen Gebudes, mindestens aber einen ungebhrlichen Aufwand an Kosten und Arbeit, bis er ihn wieder los ist. Auch des hnlich verheerenden LohbeetLcherschwammes (Polyporus vaporiarus) wird man trotz Karbolineum und anderer Spezialmittel nicht so leicht Herr. Und erst die Schimmelpilze! Was stellen Schimmelpilze in einer Speisekammer an! Freilich tun sie auch dort nur dasselbe, was ihre Aufgabe in der Natur ist abbauen und zerlegen. Und keineswegs nur Kohlehydrate, sondern auch Stickstoffe. Hat man doch im Laboratorium beobachtet, da die Schimmelpilze Cephalothecium roseum 37 Prozent, Aspergillus terricola 32 Prozent, Botryotrichum piluliferum 24 Prozent und Streptothrix Foersteri 21 Prozent einer stickstoffhaltigen Substanz in fnf Tagen zersetzten! Auerdem aber gibt es viele Formen von Kleinpilzen, die mit ihren Myzelien in alle gestorbenen Pflanzenteile eindringen. Solche Hyphen sind zuweilen glasklar, oft schleimig, manchmal auch feinzottig. Sie kriechen wurmartig berall umher, sie zerlsen und zerlegen, nichts ist vor ihnen sicher. Jedes drre oder fulnisgrende Pflanzengewebe fllt ihnen zu. Sie sind unvorstellbar zahlreich. Die Gattung Microsphaerella hat an 500 Arten, die kleine Xylaria nur 200, ber 400 hat man bei Diaporta gezhlt und 6000 bei den sozusagen allgegenwrtigen Sphaerialis. Der hufigste aller Boden- und Humuspilze, braungrn, rostrot bis schwarzbraun (besonders, wenn er ganze Schichten von Fallaub miteinander verspinnt), zhlt nicht weniger als 160 Geschwister, die alle den Familiennamen Cladosporium fhren. Der Wichtigkeit wegen aber mu ich auch die anderen wenigstens mit Namen nennen, diese reizenden, zierlichen Totengrber der Pflanzenwelt, die an formvollendeter Schnheit nicht ihresgleichen haben. Sie sind alle auch im Humus vorhanden, zerstreut, nicht massenhaft, denn die ganze Gemeinschaft der Lebenden ist dort, wo nicht rasche Entwicklungen in Frage kommen, weit entfernt von jeder Monokultur. Eine pltzliche ber schwemmung mit einer einzelnen Alge, einem einzelnen Pilz kommt nur dann vor, wenn irgend ein bereits angebahnter Ausgleich einer besonderen funktionellen Leistung bedarf, zu der eben nur diese Art befhigt ist. Aber mit der vollbrachten Arbeit verschwindet auch der berschu der jeweiligen Lebensform in das unverfolgbare Unbekannte. Sie verliert sich, wird verfolgt, stirbt, sieht sich ihrer Existenzmittel beraubt. Ihre Fortpflanzung stockt oder wird bis auf wenige Individuen ausgemerzt. Mit den hundert Mglichkeiten der Auslese vollzieht sich der Ausgleich, bis nichts mehr zurckbleibt, als die wohlgeordnete, harmonische Gemeinschaft der Humushttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 241 PDF-Ausgabe 62010

lebewelt. Das hier Gesagte bezieht sich auf alle: Die Nectria, die Phoma, die Sphaeria, die Phyllosticta, die Syzigytes, die Botryosporien, die Koremien, die Monilien und Sclerotinien und wie sie alle noch heien. Wie sie aussehen? Viele stellen glnzende, schwanenweie, zitronengelbe, gold- bis orangefarbene Perlenbumchen auf. Sie winden sich gleich Bischofsstben, sie ballen sich zu rosenroten Himbeeren, sie verflechten sich zu feinstgedrechselten nebelgrauen, wolkenfarbenen, ebenholzschwarzen oder mahagonibraunen Gittern, sie hngen in zartesten Wedeln, sie bringen blten- und blatthnliche Ornamente hervor. Es gibt Kpfchen-, Pinsel-, Kolben- und Eischimmel, die man nach ihrem vorzugsweisen Aussehen so genannt hat. Alle, wie immer sie auch heien mgen, und welcher Gruppe und Unterfamilie man sie zugeteilt hat, besitzen ihren eigenen, oft sehr komplizierten Lebenszyklus mit verschiedenen Formen und einer doppelten Vermehrung durch Sporen und sog. Konidied, die wieder nichts anderes als abgeschnrte Teile des mtterlichen Pilzkrpers sind, die fr sich allein weiterwachsen. Auer Penicillium-, Aspergillus- und Mucorarten, die hauptschlich von Pflanzenhaftem zu Pflanzenhaftem wandern, haben sich andere auf die Zersetzung von Chitin spezialisiert, indem sie ausschlielich tote Insekten verzehren. Die meisten verstehen Tanninsure zu spalten oder ntzen Lignine, Cutin, Polyuronsuren, Polysaccharide, Strkearten und organische Salze aus. Fusarium, Trichoderma, Zygorhynchus und noch eine Reihe anderer Schimmelpilze ziehen saure Bden den ausgereiften bei weitem vor. Scheinbar sind sie eben Sureabbauer und -verwerter, denn sie finden bei einer so. differenten Versuerung wie 2,6-6,5 pH noch immer ihr Auskommen. Dann berwiegen sie jedes andere Leben und sind mitunter drei- bis viermal so hufig als selbst die verbreitetsten Bakterien. Untersuchungen, die von humusreichen und fruchtbaren Bden Italiens stammen, sind recht aufschlureich fr die in Frage kommenden Verhltniszahlen. 75 Prozent Bodenbakterien standen gegen nur 15 Prozent Bodenpilze, und das scheint dem natrlichen Humusausgleich zu entsprechen. Da sie jedoch viel umfangreicher als die Spaltpilze sind, so fllt ihre Masse immer viel mehr ins Gewicht. Zumeist hat man sich daran gewhnt, auf 1 g Boden 8000-1 000 000 Kleinpilze der verschiedensten Art zu rechnen, wobei die unendlich zahlreichen Pilzsporen sicher nicht immer mitgezhlt wurden. Es existieren aber auch Schtzungen, die auf dieselbe Bodenmenge 0,1-36 Millionen Strahlpilze allein angeben. Diese sehr groen Spannungen lassen schon darauf schlieen, da die Ttigkeit der Fulnispilze zwar immer bedeutungsvoll, aber hchst ungleich sein mu. Es ist bei ihrer abrupten Vermehrung also sehr schwer, eine halbwegs tragbare Durchschnittszahl zu finden. Trotzdem meint man, da die 242 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

zersetzenden Bodenpilze pro ha aus einem Boden 30 kg Stickstoff im Verlauf eines Jahres entnehmen knnen. Stimmt diese Zahl, so ist sie doch nicht richtig innerhalb ihrer edaphischen Ttigkeit eingesetzt. Denn die Actynornyzethen z. B., die man beschuldigt, den gefrchteten Kartoffelschorf dadurch herbeizufhren, da sie sich als Parasiten an den Pflanzen vergreifen, lassen die Kartoffeln hbsch in Ruhe, sobald ihnen gengend Stroh, Kartoffelkraut u. dgl. zur Verfgung steht. Man mu also annehmen, da bei den Kleinpilzen viele und sehr unzuverlssig berechenbare Faktoren mitsprechen, die das Bild ihrer Verbreitung jedesmal verndern. Whrend Fulnis und Verwesung tierischer Krper bei Frost stillstehen oder berhaupt gar nicht einsetzen (man erinnere sich daran, da die Leichen Abgestrzter in Gletscherspalten nach Jahrzehnten noch unversehrt aufgefunden wurden), berwintern alle Fulnispilze der Pflanzenwelt lebend im Humus. Klte und Bodenfrost tun ihnen nichts zuleide. Die wunderhbschen zierlichen Schleimpilze haben sogar im Sptherbst und Sptwinter ihre hohe Zeit. Seltsame Geschpfe sind diese Schleimpilze (Myxomyzethen), die alle zu den Holzverzehrern gehren. Als ein Volk einzelner Zellen wandern sie schwerfllig dahin, bauen dann, einer auf den anderen kletternd, einen gemeinsamen Fruchtkrper auf, ein anmutiges, filigranenes Gitterwerk, das mit einmal eine Einheit wird und sich spter wiederum in ein Volk wandernder Zellen auflst. In der Mooswelt leuchten diese Fruchtkrper oft korallenrot, oft zitronen- oder orangegelb, oft silberwei. Die unsglich langsam kriechende Herde, die in 24 Stunden noch nicht 1 cm macht, sieht aus wie ein Hufchen formlos hingesprhter Schaum. Da alle diese Bodenpilze, Strahlpilze und Schleimpilze, wie gesagt, den Winter ber ungestrt weiterarbeiten, so sind sie fr die Aufschlieung in dieser Jahreszeit auerordentlich wichtig. Ein Groteil der winterlichen Zersetzung des Stallmistes auf unseren Feldern beruht auf ihrer Ttigkeit. Erstaunlicherweise liegt ihr Temperaturmaximum trotz ihrer scheinbaren Hinflligkeit bemerkenswert hoch. Aspergilliaceen, Copriniden (die Mistpilze), Acromoniella ertragen ohne weiteres 40 Grad C Hitze. Sie unterbrechen auch bei 50 Grad C ihr Wachstum noch nicht. Das ist eine Erwrmung, die Infusorien (mit den ganz wenigen Ausnahmen der Thermalalgen und Lithobionten) berhaupt nicht, aerobe Bakterien nur ausnahmsweise aushalten. Die anaeroben freilich, besonders die thermophilen unter ihnen (das bekannte Bacteriurn mesentericus ruber und auer anderen vier streng anaerobe und hitzeliebende Clostridienarten, sowie das schon genannte Bacterium subtilis), stellen ihre Lebensfunktionen auch zwischen 66 und 72 Grad C Hitze noch nicht ein. Wohl aber erstarren sie gewissermaen schon bei niederen Temperaturen, die anderen nicht das geringste anhaben knnen. Sie sind es, die unsere Warmbeete heizen, wenn man ihnen Pferdemist und Stalldnger leider und unfreiwillig auch nasses Heu zur Verfgung stellt. Das wute man bereits in der Antike. Schon Plinius berichtete aus http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 243 PDF-Ausgabe 62010

gypten, da man Eier dort nicht anders ausbrten lasse, als indem man sie in natrlich erwrmten Tiermist steckte. Und noch im Jahre 1488 verbreitete man in Mitteleuropa die Abbildung eines solchen mit Mistwrme versorgten Bruthuschens aus dem Heiligen Land. Diese Wrme ist wirklich nichts anderes, als die heftigen Lebensvorgnge in solchen Bakterien, denen sich auch immer gewisse hitzefeste Strahlpilze zugesellen. Dafr haben die Bodenpilze gegenber den Spaltpilzen einen anderen Vorteil: sie ertragen die Wasserlosigkeit whrend langer Drreperioden ganz unbeschadet ihres Wachstums. Wie oft habe ich im Mikroskop beobachtet, da sich durstende Bakterien, die zusammen mit Pilzbrut in ein Trockenprparat geraten waren, krampfhaft fest an die Hyphen anhngten, so da sie diese zuweilen wie eine bergezogene Pelzmanschette umgaben. Sie saugten von ihnen immer noch ein bichen Feuchtigkeit, die das Myzel allein imstande gewesen war zu bewahren. Wenn man also die nachgewiesene Armut an Fulnis- und Bodenpilzen auf den Steppenbden des Ostens nur einfach mit deren Trockenheit erklrt, so ist das nicht ganz zutreffend. Denn es gibt keinen Pilz, der sich unter natrlichen Verhltnissen nicht fr seine Bedrfnisse genug Wasser beschaffen knnte. Sondern es fehlen, verursacht durch die monatelangen Drren und die unvermeidlichen Staubstrme, dort eben die Rohstoffe zu den lebensnotwendigen Umsetzungen. Es wird zuviel abgeweht, und anstatt der Fulnis tritt oft genug eine ausgesprochene Mumifizierung ein, die dann mit vollstndigem Zerfall in Staub und staubartige Substanzen endet. Unter solchen ungnstigen Umstnden ndern die Humuskleinpilze denn auch sichtlich ihre Lebensweise. Sie gewhnen sich in wachsendem Mae daran, Mineralien aufzuschlieen und betreiben eine mehr wurzelhafte Ttigkeit. Da diese Meinung richtig ist, das beweist die Tatsache, da es in Nordafrika, an den Rndern der Sahara, also unter extrem trockenen, fast vllig wstenhaften Umstnden, ein paar unterirdisch lebende Verwandte der franzsischen Trffel gibt. Diese Terfezia leonis und Terfezia boudieri wachsen so hufig, da sie in Algier geradezu eine Volksnahrung geworden sind. In Scharen ziehen die Eingeborenen hinaus und sammeln die wohlschmeckenden Knollen, wie man bei uns Kartoffeln in Scke und Krbe einsammelt. Praktisch kann man sagen, da sich noch kein Bodenpilz gefunden hat, der nicht an Umsetzung, Fulnis, Verwesung in irgend einer Form beteiligt wre. Sie haben auch alle die recht gefhrliche Neigung, nicht vllig aufgespaltene Stoffe des allgemeinen Abbaus in ihrem Krper zu speichern. Warum das ist bis jetzt nicht geklrt worden. Der bis zu einem halben Meter groe und bis zu 5 kg schwer werdende Riesenbovist (Lycoperdo bovista) riecht nicht nur nach Harn, sondern enthlt in seiner Trockensubstanz auch tatschlich 5 Prozent Harnstoff. Und die Stinkmorchel (Ithyphallus impudicus), die mit Hilfe ihres in Schleim zerflieenden dunkelgrnen Hutes weithin bestialisch nach Aas stinkt, wird von Aasfliegen genau so behandelt, wie faules Fleisch. 244 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Schlielich sind die beiden Alkaloide Amanit und Muskarin, die nicht nur die Giftpilze giftig machen, sondern die sich auch in alten, halbverdorbenen rohen oder gekochten ebaren bilden, ganz ausgesprochene Eiweigifte. Es sind obendrein an der raschen Zersetzung der Pilzhte fast ausnahmslos dieselben Bakterien als Aufspalter ttig, wie am Stickstoffabbau toter Krper. Der Pilzfeinschmecker nimmt also ganz direkt am Humuskreislauf teil, auch wenn er es nicht wei. Aber schlielich gibt es berhaupt einen greren Humusverbraucher wie den Menschen? Fassen wir das Erarbeitete also bersichtlich zusammen: Fulnis und Verwesung des tierischen, demnach auch des menschlichen Krpers, wird vorwiegend durch Bakterien bewirkt. (Man hat sie wohl, darum als Spaltpilze in die Klassifikation der natrlichen Systeme eingeordnet, weil sie den Pilzen eben in so vielem nahestehen.) Verwesung selber ist nur Fulnis mit reichlicher Sauerstoffzufuhr, also den aeroben Organismen berlassen. Fulnis ist dagegen Verwesung unter Sauerstoffausschlu und meist auch ohne Licht, und wird darum vorwiegend von anaeroben Mikroben ausgefhrt. Beides sind Formen organischer Oxydation. Die sog. psychrophilen Bakterien setzen die Verwesung auch ber den Winter bis zu 0 Grad fort. Bei eigentlichem Bodenfrost jedoch steht alles still. An sich bauen die Fulnisbakterien schnell ab und veratmen zuletzt den Rest, da sie alles, bis auf Aschen, in sich aufnehmen. Ihr strmisches Wachstum bestreiten sie mit Ammoniak, Kohlendioxyd, Nitraten, Schwefel, Metallen, Salzen und Gasen, stets mit Hilfe des Wassers. Die Zerlsung ist also dort, wo der Proze nicht gestrt wird, eine vollstndige. In den Humus geht von allen den freigewordenen Stoffen nur das ein, was die Organismen, nmlich die verschiedenen Gruppen des Edaphons, davon in sich aufnehmen. Alles andere ist dem engsten Kreislauf von Leben zu Leben verloren und fliet durch eine Art von Ausfllung oder Aussiebung in den nchstgreren anorganischen Kreislauf hinber. Als Mastab fr die Schnelligkeit des gesamten Ablaufes gilt die Menge der dabei freiwerdenden Kohlensure und des Luftstickstoffes, die beide wieder aufbauend, sowohl im Humus als in der Makroflora, sich auswirken. Im Gegensatz dazu geschieht die pflanzliche Zersetzung hauptschlich durch Bodenpilze. Alle, groe und kleine, mikro- und makroskopische, sind an ihr beteiligt. Die Bodenpilze scheinen ausnahmslos die Fhigkeit zu haben, jederzeit als Aufspalter zu arbeiten, sowohl hochspezialisiert, als allgemein funktionell. Auch die Pilzaufschlieung geht rasch, aber doch langsamer, als die durch Bakterien bewirkte. Besonders die berall sehr reichlich vertretenen Actinomyzeten sind durch die grndlichen, aber zeitlich verzgerten Abbauprozesse, die sie durchfhren, in hohem Ma humusbildend. Bodenpilze frdern die Zerlegung sehr hufig nur bis zur Nitritbildung, bevorzugen darum den sauren Rohhumus und auch durch vieljhrige Beweidung stark versalzene Grnde. Dafr ist der Feldchampignon http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 245 PDF-Ausgabe 62010

(Psalliota campestris) ein typisches Beispiel. Er wchst stets besonders krftig nach Bejauchung oder Dngung mit frischer Latrine. Durch diese Lebensgewohnheiten allein war es mglich, den edlen Champignon aus ihm heraus zu zchten. Die mikroskopische Bodenpilzwelt wurde meines Wissens bisher niemals auf ihren Gehalt an gespeicherten Eiweiderivaten untersucht. Es ist aber als unzweifelhaft anzusehen, da diese sich in ihnen genau so befinden, wie in den Hutpilzen und allen oberirdischen Pilzformen. Schimmelpilze begngen sich oft nicht nur mit totem Pflanzenplasma, sondern sie versetzen auch lebende Gewchse (ursprnglich wohl nur krnkelnde oder sonst besonders anfllige) in denselben Zustand des Zerfalls. Die Phoma-Arten z. B., von denen bisher 1100 unterschieden wurden, haben den Wurzelbrand der Rben auf dem Gewissen, dazu die Schwarzfule der Weinstcke, auch die Herz-, Kern- und Trockenfule der Rben. (Groe Feinde der hochgezchteten Reben sind Phoma uvicola und Laestadia bidwelli, dazu die Traubenfule Botrytis cinerea). Viele der Monilia-Arten, die eigentlich nur reife und halbreife Frchte verzehren jeder Grtner und Obstbaumbesitzer kennt unliebsam das braune Fulnisfeld, auf dem im Halbkreis die hellen Pusteln stehen , knnen unglaublichen Schaden anrichten. Man vermutet, wahrscheinlich nicht mit Unrecht, da sie, die Sclerotinien und Torulaceen, von pfeln, Birnen, Pflaumen, Aprikosen und Pfirsichen in die Bume selbst einwandern und deren Gewebe durchwuchern. (Mglicherweise ist der gefrchtete Marillenschlag, dem in Ungarn viele Aprikosenbume zum Opfer fallen, nichts anderes, als die zur Abwehr hervorgerufene berproduktion von Gummiflu, die inwendig die Leitrhren des Bastes verstopft und so die Wasserversorgung stillegt. Reichsragende Bume welken dadurch in wenigen Stunden ab und es gibt bis jetzt noch kein zuverlssiges Mittel dagegen.) Aber schlielich begngen sich auch die Bakterien nicht mit Totem allein. Es liegt in ihrem Interesse, fr den Tod zu arbeiten, und sie tun es als Krankheiten und Verseuchungen auf mancherlei Art. Sie sind so wie die Schimmelpilze die Schrittmacher der Auflsung, und sie sind die Auflsung selbst. Ihre Rolle ist erst dann ausgespielt, wenn der groe Umbau vorber ist.

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Das Allzumenschliche Halten wir Umschau, was weiter noch zum groen Umbau gehrt. Auer dem einmaligen Tod eines Lebewesens gibt es noch den vieltausendfachen Zerfall alles dessen, wovon es sein Dasein bestreitet. Der Lebensweg eines jeden Menschen und Tieres ist begleitet von allen nur denkbaren zerbrochenen Substanzen, die er it, verdaut, ausscheidet, als Gert, Kleidung, Transportmittel und wie immer sonst noch verbraucht. So wie der Weg einer harten Gammastrahlung durch eine Nebelkammer gekennzeichnet ist von den Spuren zerschlagener Atome, so bleibt rechts und links und hinter einem Lebenden eine vielfache Spur der Zerstrung zurck. Diese Zerstrung ist unfreiwillig, sie ist nicht einmal vom persnlichen Willen abhngig. Weit frher schon betrachtete man sie als das kosmisch Bse, als die dunklen Gtter Ahriman und Luzifer. Man hat ihr auch noch viele andere Namen verliehen. Man nahm eben an, da es so sein msse, da jedem Gott unaufhrlich sein besonderer Teufel gegenbertritt. Es mu auch so sein aber nicht im negativen Sinne als ewige Vernichtung, sondern im positiven als ewiger Aufbau. Da alle irdischen Aggregatzustnde, Verbindungen, Krper, Seinsformen so grenzenlos zerbrechlich und vergnglich sind, so mssen sie eben fortwhrend neu erstehen. Keine andere Dauer ist ihnen gegeben, als die Dauer unablssigen Wechsels. Dessen mu man sich bewut sein, wenn man die Nachtseite der Dinge, ihr Dahingehen und Verschwinden betrachtet. Dann hrt man endlich auf, etwas als gut oder schlecht nur darum einzuschtzen, weil es augenblicklich fr die eigene Persnlichkeit gnstig oder ungnstig ist. Gut ist alles, was dem ewigen Kreislauf und damit der Erhaltung der Kraft dient. Gewi, es gibt unaussprechlich Abstoendes und Ekelerregendes auf unserem Gestirn. Aber es ist da und wir mssen uns damit abfinden. Da es uns widerwrtig vorkommt, bedeutet gewissermaen nur, da es fr uns persnlich in dieser zerlsten Form ungeeignet ist. Aber haben nicht wir selber es in diese zerlste Form verwandelt? Eine Aasfliege kennt nichts Anziehenderes, als ausgeschiedene Verdauungsreste. Und wenn es sich um das liebe Vieh handelt, so ist ein Bauer auf wenige Dinge so stolz, wie auf seinen doch zweifellos unappetitlichen Dngerhaufen und seine zweifellos stinkende Jauchegrube, denn er hofft, da sich dieser, genau besehen, scheuliche Unrat eines Tages wieder in blhende Wiesen, goldenes Korn, fette Schweine, Eier, Milch, Kartoffeln, Obst verwandelt. Und wir alle hoffen das auch und finden durchaus nichts Anstiges daran, weil es eben so ist und sein mu und weil wir seit Jahrhunderten daran gewhnt sind. Im brigen pflegt in den Lndern der Zivilisation eigentlich nur der ge bildete Laie die Augen so ngstlich vor allen diesen Zusammenhngen z u schlieen. Und das letzten Endes auch nur deshalb, weil man ihn nie gelehrt hat, sich des groen, in Wahrheit unbeschreiblichen Wunders bewut zu http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 247

werden, da alle Abflle wieder als schnes, unschuldiges Leben neu ins Sein zurckkehren. Da sie nicht nur jenes beschmend Allzumenschliche sind und bleiben, vor dem man errten und das man vor sich und anderen verbergen zu mssen glaubt. Das beschmend Allzumenschliche betrgt pro Kopf und Tag 70-150 g. Man rechne sich aus, welch ungeheure Masse das bei 2250 Millionen Menschen auf der ganzen Erde ausmacht! Es ist also ohne weiteres zu begreifen, da sich in den Lndern, die von der weien Rasse bewohnt oder beherrscht werden, Tausende, ja Zehntausende von Arbeitern, Angestellten, Beamten allein nur mit seiner Wegschaffung beschftigen mssen. Wo es die geografische Situation erlaubt, da zieht man das flieende Wasser zu dieser Arbeit heran. Das ist eine uralte Tradition, trotz offenkundiger und von niemandem zu leugnender allgemeiner Nachteile. Wenn man sich ein Bild der Humusrohstoffe ausmalt, so ist es selbst verstndlich, da man auch die organischen Lieferanten bercksichtigt, denn von ihrer Beschaffenheit hngt doch weitgehend die Qualitt des Humus ab. Am besten wei man bei unseren Haustieren Bescheid. Vor allem ber die anfallende Menge. Ein Rind ist pro Jahr mit 100-150 dz, ein Pferd mit 68-85 dz, ein Schwein mit 13-15 dz und ein Schaf gar nur mit 6-8 dz Fkalien ergiebig. Wenn man sich berlegt, da all das in relativ krzester Frist aufgespalten und umgesetzt wird, so mu man anerkennen, da Bakterien, Hefen, Fulnispilze und alle brigen Saprophyten eigentlich Schwerarbeiter ersten Ranges sind. Die Frage der Humifizierung verlangt gebieterisch die Bestimmung des Lebensfaktors in allen Krperschlacken. Er ist unglaublich hoch. Der Laie wird es beinahe fr unmglich halten, da in 1 g frischem Rindermist (der trocken brigens nur 10 Prozent wirkliche Substanz enthlt, whrend die brigen 90 Prozent aus Wasser bestehen) zwischen 60 und 130 Milliarden Bakterien anwesend sind. Der Mensch, der doch mit einem viel krzeren Verdauungstrakt auskommt und viel sparsamere Nahrungsmengen zu sich nimmt, wird von klinischen Autoritten innerhalb seiner Eingeweide auf eine tgliche normale Zunahme von rund 100 Billionen Organismen eingeschtzt. Diese Darmflora verlt den Krper in ununterbrochener Regelmigkeit. Bliebe sie restlos in ihm, so mte er unter ihrer sich rasend vermehrenden Flle geradezu explodieren. Aber mit diesem unabsehbar sich stndig aus jedem Organismus entfernenden Strom von Mikroben ist der Grofilm der Abfallverwertung noch lange nicht beendet. Er ist nur eben der Beginn. Denn mit den Aufschlieern zusammen werden auch die Rohstoffe entfernt. Das ist ein buntes Gemisch von nicht mehr gebrauchsfhigen Dingen: Eingedickte Reste der notwendigen Sekrete, welche die chemische Verdauung gesteuert haben, also Galle, Pankreassaft, Darmsfte, Speichel, Cholesterine, Pepsin, Salzsure, Trmmerwerk von Blutzucker und Darmschleim. Dazu der Tribut der tglichen Organabntzung in Form von 248 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

abgeriebenen und ausgestoenen Epithelzellen der Darmwnde, von zerfallenen roten und weien Blutkrperchen, von Bausteinen aus den Nierenkanlen und der Feinstruktur der Leber. Das alles mischt sich mit den unverwertbaren Nahrungsresten, als da sind: harte Pflanzen- und Muskelfasern, unaufgeschlossenes Bindegewebe, Strkekrner, meist nur anverdaut, berschssige Fetttropfen, auch Kristalle irgendwelcher Art, oft die dunklen, oxalsauren Salze, die nicht mehr aufgelst werden. An ihnen haften die Substanzen, die aus der unentbehrlichen Darmfulnis herrhren, ohne die kein Bissen verdaut werden kann und die nur Halbprodukte der Aufspaltung sind: Schwefelwasserstoff, Methan, Skatol, Indol und alle die Stinkgase, die dem Dickdarm entstammen. Das Bilirubin der Galle entwickelt sich zu Sterkobilin und frbt die Masse in allen braunen Tnen, sie zugleich bis zu einem gewissen Grad desinfizierend. Die ganz besondere und sehr wohlgeordnete Verdauung des Allesverzehrers Mensch besteht darin, da, whrend der Dnndarm die fermentative Aufschlieung der Eiweie besorgt, die Bearbeitung der Kohlehydrate erst in den nchstfolgenden Abschnitten erfolgt. Und zwar so, da die Kohlehydratverdauung zugleich den Abbau der schdlichen Stoffe der Eiweifulnis mit bernimmt, so da bereits whrend des Aufenthaltes im Darm die Eiweikrperschlacken hochgradig entgiftet und zu harmloseren chemischen Verbindungen abgebaut werden. Und dieses ganze Wirrsal von Resten verschiedenster Art ist nun durchsetzt mit Bakterien, die an seiner Aufspaltung von Anfang an beteiligt waren. Vor allem der uerst wichtige Coli (Bacterium coli commune), das Kohlehydrate verzehrende Bacterium lactis aerogenes und das schon erwhnte Bacterium putrificum, das sich ber halbzersetzte Eiweie hermacht. Zu alledem kommt noch ein Wassergehalt von 75-85 Prozent. Natrlich wimmelt es auch noch von anderen Bakterien, Fulnispilzen und vielen Hefen, die teils im Darm als ihrem gewohnten Aufenthaltsort existieren, teils mit der Nahrung in ihn hineingelangen und ihn mit den Nahrungsresten auch wieder verlassen. Pflanzenfresser, besonders die Wiederkuer, haben z. B. vom ersten Speisebrei bis zu den Fkalien Unmengen aller nur denkbaren wilden Hefen in sich. Sie verschlucken sie als Nektarhefen mit Klee und vielen Wiesenblumen und es scheint, da sie ihrer zur Vergrung der verzehrten Pflanzenmassen dringend bedrfen. So ist auch der Schweinemist gleich den Pferdepfeln geradezu eine Reinkultur von Hefen und im ersteren sind noch Unmassen der unterschiedlichsten Spaltpilze vorhanden. Nie fehlen die fulnisfesten Oosporapilze. Da auf dem natrlichen Weg ebenfalls mitverschluckte Kieselalgen und hauptschlich Wurzelfler ungehindert als Zysten den Wiederkuerdarm passieren, mit dem Mist aufs Feld gelangen und dort nach dem nchsten Regengu in die Erde zurckwandern, ist zwar immerhin merkwrdig, aber doch nicht merkwrdiger als eine andere der zahllosen Odysseen, die sich bei den Lebewesen der Kleinwelt ereignen, und jedenfalls von keiner aushttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 249 PDF-Ausgabe 62010

schlaggebenden Bedeutung. Dagegen ist es schwer begreiflich, da derselbe den tdlichen Starrkrampf verursachende Bacillus tetani harmlos im Pferdedarm haust, wo er sich scheinbar der ntzlichen Ttigkeit der Aufschlieung hingibt, aber, eingeimpft in die Blutbahn, dasselbe Pferd an Starrkrampf zugrundegehen lt. Man hat dieses lebensgefhrliche, keulenfrmige Bakterium, das Kreatin-, also Eiweiabbauer ist, auch schon aus Menschen- und Katzeneingeweiden herausgezchtet, und Mensch und Katze sind nicht weniger empfindlich gegen Starrkrampf! Wie geht das zu? Ist der Verdauungstrakt eines Warmbltlers, der doch durch denselben Blutkreislauf mit dem brigen Krper verbunden ist, so immun gegen Blutgifte? Wie immer hier auch die vorderhand noch gar nicht entrtselten Zusammenhnge sein mgen wenn man zum Problem der Fkalien als Humusrohstoffe zurckkehrt, so knnen wir uns hier einer Erkenntnis von sehr groer Wichtigkeit nicht entziehen. Der ganze Verdauungsvorgang bei Mensch und Tier, in welchem man seit Jahrtausenden nichts anderes sah, als die unumgnglich ntige Nahrungsaufnahme, begleitet von einem hchst unvollkommenen Beiwerk abscheuerregender Ausscheidungen, ist in Wahrheit eine fr die Natur ebenso unumgnglich ntige Vorstufe der Zersetzung der aufgenommenen Eiweie, Fette und Kohlehydrate. Ohne diese Vorstufe der Zersetzung wre die eigentliche, auerkrperliche Aufschlieung wesentlich erschwert und verzgert. Dadurch aber, da bereits vorher eine ausgiebige bakterielle Bearbeitung stattfindet, wird allein eine Vollhumifizierung in so kurzer Zeit ermglicht, da innerhalb der Wachstumsfristen die Stoffe abermals fruchtbar werden knnen. Das bedeutet fr den irdischen Kreislauf die gutgegliederte Phase von Nahrungsaufnahme, Verdauung und Ausscheidung. Der eigene Organismus nimmt sich zu seiner Erhaltung aus einer Mahlzeit alles, dessen er zum Ersatz der durch die Lebensfunktion aufgebrauchten Substanzen bedarf (diese stndige Wiederherstellung des organischen status quo wurde schon immer als der Sinn der Ernhrung erkannt). Zugleich aber bereitet er den ihm selber unntigen Rest so zu, da er gewissermaen einen Idealrohstoff darstellt, welcher die sofort einsetzende Humusbildung in jeder Weise erleichtert. Er tut das selbstverstndlich nicht aus unerwartetem Altruismus, sondern ganz einfach darum, weil er auf andere Weise zu den ihm selber erwnschten Verbindungen nicht kommen kann. Jedenfalls aber gibt er den Verdauungsrest mitsamt den bisher an seiner Zerlegung symbiontisch beschftigten Bakterien und anderen Kleinorganismen ausgezeichnet zurechtgemacht an die Erde weiter. Dort vollenden Insekten und Saprophyten aller Art die weitere Umwandlung. An dieser Arbeit beteiligen sich auch die meisten der in den nun folgenden Vollzersetzungs- und Verjauchungsstadien weiterlebenden Teilnehmer der Darmflora. Zuletzt aber, nachdem alle Vergiftung, aller 250 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Gestank, alle Fulnis, alles Ekelhafte und Abscheuliche des ganzen Prozesses ausgetilgt ist, liegt da der reine, schwarze Humus, feucht und frisch duftend, Inbegriff aller Zukunft, fernen Blhens, fernen Fruchtens, jenes ewigen Wandels, der wie eine Fontne aus sich selber emporsteigt und wieder in sich zurcksinkt unaufhaltsam zeitenlos. So mu man diese Seite des groen Umbaues verstehen und in den Weltproze der irdischen Materie mit einbauen, als der beispiellos wichtige Faktor, der sie in Wahrheit ist. Es wre nun beraus zu wnschen, da die Humuswissenschaft, die ber kurz oder lang nach Art dieses Buches das ja nur ein bescheidener Vorlufer sein soll alle auf den Humus bezglichen Kenntnisse zusammenfassen wird, sich auch dieses Vorganges forschend annhme. Wahrscheinlich wird sich dann in Blde herausstellen, da das, was die menschliche und tierische Ernhrung dem Boden berlt, nicht zu allen Zeiten und bei jedermann gleichwertig ist. Ganz abgesehen von ausgesprochenen Hungerepochen und whrend herrschender Epidemien, wissen die rzte doch schon lngst, da Freude, Sorge, bermdung, die Art der geistigen und krperlichen Ttigkeiten dem Menschen auf den Magen gehen. Das mu sich unweigerlich auch auf die Qualitt der Krperschlacken auswirken in welchem Ma und wie, das eben mte einmal zuverlssig festgestellt werden. Es ist durchaus nicht ausgeschlossen, da sich dadurch das missing link zu einer Reihe von Anflligkeiten, deren offenbar allgemeine Ursache bis jetzt nicht eruiert werden konnte, entdecken lt. Dieser Gedankengang kommt nur dem Unvorbereiteten auf den ersten Blick ungereimt vor. Wir sind uns schon lange nicht mehr im unklaren darber, da Speichel und Harn mit Wuchsstoffhormonen hochgradig angereichert sind. Denn wir nehmen doch stndig, vor allem mit Obst und grnen Gemsen, viel mehr solcher Wuchsstoffhormone zu uns, als unser Krper verwerten kann. Dieses berma wird auf dem natrlichen Weg, vor allem durch die Ttigkeit der Nieren, wieder abgegeben. Man hat diese Abgabe mit nicht weniger als 2 Milligramm auf 1 Liter Flssigkeit gemessen. Das ist so viel, da man diese Auxine aus dem Harn in kristallisierter Form gewinnen kann. (Auf der Verwertung des jugenderhaltenden Follikulins, das man bekanntlich dem Stutenharn entnimmt, hat sich sozusagen eine ganze medizinisch-chemische Industrie aufgebaut.) Fr meine chemisch orientierten Leser schreibe ich hierher, da es sich bei solchen Auxinen meist um eine einbasische Trioxydsure aus der alphatischen Reihe (C18H3205) handelt. Eine abnorm zusammengesetzte Darmflora ergibt jedoch Heteroauxine aus B-Indolessigsure. Auxin und Heteroauxin wirken hormonal in gleicher Weise. Man braucht darber denn diese Arbeiten gehren in die reine Fachwissenschaft gar nichts Nheres zu wissen. Ob andere Suren, andere Verbindungen die Hauptsache ist, da auf diese Weise Wuchsstolle ttig sind und da Auxine http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 251 PDF-Ausgabe 62010

auf ihrem Weg durch die organischen Ausscheidungen wieder in Freiheit gesetzt werden. Man mu sich nur diesen ihren wunderbaren Weg vergegenwrtigen. Sie werden im Sonnenlicht von den grnen Blttern erzeugt, werden in Samen gespeichert, um in ihnen die Keimung einzuleiten und kommen aus der verdauten Nahrung so reichlich wieder zum Vorschein, da man sich ihrer auf dem Weg zu der Mikrolebewelt bemchtigen und sie als Heilmittel fr Mensch und Tier verwenden kann. Ihre Wirkung in der rohesten und primitivsten Form ist brigens bereits seit Jahrhunderten bekannt. In jenen alten, schon frher erwhnten Gartenbchern, die nur eine Sammlung praktischer Rezepte sind, findet man immer wieder den Rat, man mge schlecht gedeihende oder kranke Pflanzen mit Menschenharn begieen. Bis zu vier Liter auf einen Weinstock wird empfohlen, wenn der Weinstock bisher unfruchtbar war. Diese alten Hof - und Kunstgrtner zerbrachen sich freilich nicht den Kopf darber, was denn am Menschenharn so Wirksames sein mge. Es war ihnen ganz genug, zu wissen, da er ein probates Mittel sei, das sie bei jeder Gelegenheit anwandten. Wir wissen heute viel mehr von den Zusammenhngen wenden aber die Tatsachen leider viel weniger an. Trotzdem aber sollte man hierin einen sowohl wissenschaftlich begrndeten, als praktisch ausprobierten Fingerzeig erblicken. Man erzielt ja ohnedies bereits mit Hilfe von Auxin- und Heteroauxinbdern eine geradezu bernatrliche Belebung und Krftigung von Pflanzenkeimlingen, eine Vervielfachung der Bewurzelung. Man kann es nicht leugnen, eine Spanne unwiderstehlicher Wirksamkeit reicht von Organismus zu Organismus, quer durch die Lebensreiche hindurch, welche die Verwertung des vollkommenen Abbaus gewhrleistet. Das Tier berlt es ihm unbekannten Gesetzmigkeiten, seine krperlichen Ausscheidungen irgendwo und irgendwie zweckmig unterzubringen. In der gesamten Fauna ereignet es sich nur sehr selten, da Tiere sich sinngem ihrer Krperschlacken bedienen. Als Dnger wird eigener Kot meines Wissens wohl nur von den ihren Kohlrabipilz (Rozites gongylophora) zchtenden Blattschneiderameisen (Atta discigera) verwendet, die ihre Pilzgrten mit ihm fruchtbar machen. Denn Schwalben und wohl auch andere Vgel mauern eigentlich nur mit ihm, da er, trocken geworden, sich wie Zement verfestigt. Hausbauender Weise wird er indes von einem Kleinwesen bentzt, das, da es schmutzige und trbe Tmpel bewohnt, zu der groen Gruppe der Verlander gezhlt werden mu. Ich meine das hbsche, klei ne Rdertier Melicerta ringens, von dem ich wohl nicht voraussetzen kann, da sich jedermann schon mit ihm beschftigt hat. Dort, wo seine Heimat ist, lebt es 252 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

sozusagen ausschlielich von Fulnisorganismen kleineren Kalibers, die es sich mit seinem gleich einer Blte viergeteilten Rderapparat fleiig in den Schlund strudelt. Es hat nicht das mindeste Verlangen nach Bewegung, ganz im Gegensatz zu seinen schnellschwimmenden Verwandten, die zuweilen wie losgelassene Turbinenschiffe im Wassertropfen umhertoben. Sondern es lt sich gerne an Wasserpflanzen nieder und baut sich, ganz hnlich den kstenbewohnenden Federwrmern, eine feste Rhre, in die es sich bei Bedarf zurckziehen kann. Diese Rhre sieht aus, als sei sie sehr kunstvoll aus dunklen, gleichgroen Perlen zusammengefgt. Jede dieser Perlen ist jedoch nichts anderes, als ein gallertiges, ursprnglich bernsteingelbes Kotbllchen, das in einem besonderen, nur eben den Melicaten eigenen Pillenorgan durch rasche Drehung geformt und dann mit einer sch nellen, sicheren Bewegung oben an den Rand der Rhre festgeklebt wird. Dort verhrtet es sich und dunkelt langsam nach. Man wird zugeben, da diese Verwendung des eigenen Darminhaltes ungewhnlich und einzig dastehend ist. Wir wissen vom Urmenschen ber seine persnliche Stellung zu seinen eigenen Ausscheidungen kaum etwas Wesentliches. Vielleicht bentzte er sie, um mit ihnen Dmonen zu beschwren, wie das auch heute noch die Medizinmnner eingeborener Stmme tun. Oder er vergrub sie nach Art der Sdseekanaken, weil sie Angst haben, da sonst ein bser Geist Macht ber sie gewinnt. Von einer auf Exkremente auf gebauten Dngerwirtschaft kann man hchstens bei Mayas oder Inkas oder Azteken Spuren entdecken aber die waren alte und hochzivilisierte Kulturvlker und beileibe keine Wilden. In Europa sind es die antiken Vlker, aber auch erst die der Sptzeit, von deren Vorstellung von der richtigen Verwendung von Exkrementen Beweise auf uns gekommen sind. Die Geoponika, eine griechische Sammlung grtnerischer Rezepte eines unbekannten Autors vielleicht auch mehrerer Autoren um 912 v. Chr., empfiehlt als ganz besonders wirksam Taubenmist, dessen man nur in geringer Menge bedrfe, sonst noch Eselsund Ziegenmist. Von menschlichen Abfllen findet sich keine Andeutung. Die ungeheuren Kloakenanlagen sowohl von Rom wie von Byzanz, waren ein Weltwunder ihrer Zeit und die erstere unterstand sogar einer eigenen Gttin, der Venus cloacind. Die einen wurden in den Tiber geleitet, die anderen in den Bosporus. Beide sind aber fr die Fruchtbarkeit der zahllosen Grten in und auer den einstigen Riesenstdten niemals nutzbar gemacht worden. Man beschftigte sich mit der Ableitung dieser Abwsser einzig vom hygienischen und sthetischen Standpunkt aus. Und zwar so ausschlielich, da man annehmen mu, es htte damals berhaupt keinen anderen gegeben. Infolgedessen mangeln aus jener Zeit auch alle genaueren Angaben. Die Chroniken schweigen sich darber aus. Es ist kein Problem fr sie. Man rhmte nur die moderne Wassersplung, wohl nicht in der Art, wie wir sie kennen, aber doch immerhin zweckmig und jedenfalls in allen spthttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 253 PDF-Ausgabe 62010

rmischen Palsten und vornehmen Privathusern in Gebrauch. Die Sorge in Bezug auf schnellste Kloakenreinigung hatte ihre sehr gerechtfertigten Grnde. Am Goldenen Horn und in Ostia wurden immer wieder die Pest und alle Krankheiten des Orientes und der Levante eingeschleppt. Aus dem Osten kam nicht nur das Licht, sondern auch eine Epidemie um die andere. Und die rmischen Massenquartiere mit ihren hoch aufgestockten Husern, in denen unter Miachtung aller auch damals schon bekannten sanitren Vorschriften die misera plebs hauste, mit ihren zahl losen Schenken, Bdern und Lupanaren, waren jeder bsartigen Ansteckung ausgesetzt. So tat man wenigstens alles, um das, was man als Einfallspforte der stndig durch das Klima bedingten typhushnlichen Seuchen erkannt hatte, so gut wie mglich abzuriegeln. Die Viadukte und aus Tonrhren zusammengesteckten Abflukanle nach antiker Form blieben noch lange beispielgebend. Mit der Vlkerwanderung gingen allerdings auch sie dahin, und das hat unbestreitbar mindestens ein halbes Jahrtausend lang unzhligen Leuten Leben und Gesundheit gekostet. Das ist eine allgemein bekannte Tatsache. Was aber fast oder gar nicht bedacht wird, das sind die einfach unschtzbaren Mengen von Bodennhrstollen, welche der Landwirtschaft und damit der menschlichen Ernhrung seither verloren gingen. So vllig verloren gingen, da sie aus dem Ablauf von Saat und Ernte einfach ausgeschaltet wurden. Sie gelangten direkt ins Grundwasser, wurden aus dem fruchtbaren Land herausgewaschen und trugen hchstens dazu bei, den sich bildenden ozeanischen Schelfsockel um Europa rascher zu erhhen. Aus unserer Gegenwart, die sich gerne mit der systematischen Fundierung allgemeiner Geschehnisse beschftigt, stehen uns Zahlen zur Verfgung, die uns eine Vorstellung vermitteln, die eindringlicher als die eindringlichsten Worte ist: Man rechnet die tgliche Menge von Abwasser, die auf einen Menschen mit Waschen, Reinigung von Geschirr, Wsche, Bdern, Splung und mit den Kchenschmutzwssern fllt, auf beilufig 150 Liter. Das Verhltnis zwischen flssigen und festen Bestandteilen ist so, da auf 100 000 Teile Abwasser 82 Teile gelster (also bereits niedergeschlagener) Rckstnde und etwa 37 Teile sog. schwebender Sinkstoffe entfallen. Diese Aufstellung, bei welcher ffentliche und Fabrikabwsser berhaupt nicht mit einbezogen sind, wandelte sich im Laufe der Jahrhunderte, auch je nach Klima, Zivilisationsform und Lebensweise natrlich etwas ab. Aber selbst wenn man annimmt, da Antike und Mittelalter pro Kopf und Tag nur den dritten Teil dieser persnlichen Abwsser geliefert haben sollten (und das ist sicher nicht zuviel gerechnet) auch dann kommen derart bermenschliche Mengen an Rckstnden und Sinkstoffen heraus, da man sich fast versucht fhlt, von einer dritten, einer zivilisatorischen Erosion zu sprechen, die ein gutes Teil des europischen Festlandes sinn- und nutzlos weggetragen hat und noch immer wegtrgt. 254 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Es ist nicht ganz leicht, einzusehen, warum der Mensch, der im allgemeinen und im besonderen eine so tief eingewurzelte Vorliebe fr Maximalzahlen besitzt, dieser Vorliebe gerade dort nicht freien Lauf lt, wo sie den offenkundigen Tatsachen entspricht. Was ist das Hindernis? Ist es Gedankenlosigkeit, Oberflchlichkeit, leeres sthetentum? Oder ist es doch der zutiefst verborgene Abscheu vor der allzu nahen Berhrung mit jener schon erwhnten Nachtseite des Lebens? Mir kommt es so vor, als sei es nun endlich an der Zeit, anstelle alles dessen ein besseres, geklrteres Wissen zu setzen, ehe die bisherige folgenschwere Unwissenheit die Lebensaussichten in allen fnf Kontinenten zugrunde richtet.

Historische Abfallverwertung Man mu einen Blick in die Vergangenheit tun, um sich von der Richtigkeit dieser Behauptung zu berzeugen. Geschhe es, um unbekannte Verbesserungen kennenzulernen, so stnde es wahrhaftig nicht dafr, sich mit der Abfallverwertung des Mittelalters zu beschftigen. Es gab nmlich keine und noch viel weniger eine geordnete. Sie ist im Gegenteil sozusagen ein Schulbeispiel dafr, wie sich der groe Umbau vollzieht, wenn der Mensch die natrlichen Grenzen des Umsatzes bei weitem berschreitet, aber trotzdem nichts dazu tut, das berma an abbauwrdigen Dingen einer schnellen Verrottung zuzufhren. Und als Schulbeispiel mge sie hier fr europische Verhltnisse angefhrt sein. Die Ummauerung der Stdte, die fast ein Jahrtausend lang in dieser steinernen Haut eingeschnrt dahinvegetierten, hinderte jede normale Ausbreitung und damit auch den notwendigen Einfall von Licht und Luft. Infolgedessen waren von vorneherein alle Leiden, die aus einem Mangel an gengender Besonnung und gengender Durchlftung entstehen, in allen mittelalterlichen Stdten endemisch. Man knnte ebensogut sagen, sie seien epidemisch gewesen. Denn die Brger hausten in einer Art menschlichen Faulschlammes, und Bleichsucht, Krtze und smtliche nur denkbaren Verschmutzungskrankheiten, dazu eine immense Kindersterblichkeit, verdarben ihnen das Dasein mit einer Heftigkeit, die wir uns heute kaum vorstellen knnen. Das wunderschne, romantische Bild von Wall und Wehrgang, von hohen Giebeln und gotischen Trmen ergnzte sich durch einen beispiellosen Schmutz. Die antiken Stadtwesen schwemmten wenigstens ihren Unrat weg, den mittelalterlichen fiel das aber nicht im entferntesten ein. Es gab zwar Gossen als eingetiefte Lngsrinne in der Straenmitte. Aber die mndeten nicht in unterirdische Ablaufkanle, hchstens da die eine oder andere http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 255

einmal in die faulenden Gewsser des Stadtgrabens berflo. Soweit Stadtbche vorhanden waren, bentzte man sie zum Trinken, Bleichen und Waschen, und die Gerber und Frber nahmen sie fr sich in Anspruch. Bei der ohnedies nicht vorhandenen Straenreinigung wurden sie nicht verwendet. In dasselbe Wasser, das ein paar Gossen weiter fr die Kche geschpft wurde, warf man oft genug tote Hunde, Katzen und Schweine und Abhub aller Art hinein. Auch Nachttpfe und Leibsthle wurden dorthin ausgegossen. Die Gegenwart kann sich von der Vergangenheit in dieser Hinsicht einen annhernden Begriff machen, wenn sie sich in den Armenvierteln von Venedig den Inhalt der Lagunen betrachtet. Aber auch dieses Abbild, das uns etwa so anmutet wie westindische Negerviertel, ist ganz sicher noch uerst zahm gegenber den Zustnden, die zwischen 1100 und beilufig 1700 in jeder europischen Stadt selbstverstndlich waren. Die allgemeine Unsicherheit, die Gewiheit, da eine solche bewehrte Stadt trotzdem jederzeit berfallen und belagert werden knnte, hatte zur Folge, da jeder der Inwohner sich Geflgel und vor allem Schweine hielt. Diese ntzlichen Haustiere bildeten zugleich die einzige vorhandene Reinlichkeitspolizei, denn sie verzehrten schlielich ja doch den Groteil der Abflle, wenigstsens jene der menschlichen Nahrung, sie zugleich wieder in Fleisch und Fett umwandelnd. Anderseits vermehrten sie natrlich den Gestank, die Fliegenplage, den miasmengeschwngerten Staub im Sommer und die Schlammbildung auf den Straen im Winter. In Friedenszeiten trieben sie sich brigens tagsber auf der Strae umher, und besonders die Angriffslust der Eber und Sauen war unter den kirchengehenden Brgerinnen sehr gefrchtet. Alles, was von Mensch und Tier, auch von den vielen Pferden (da doch das Pferd das einzige Transportmittel war) brig blieb, wurde auf die meist enge Strae gekehrt, gegossen, geschttet und geworfen. Hufig flo ein trber, stinkender Bach, der bei jedem Regengu hoch anschwoll, voll von Unrat, in der Mitte der Strae dahin. Wolken eines giftigen Staubes drangen in der Hitze des Hochsommers in die Huser ein und legten sich auf den offenen Mrkten auf alle feilgehaltenen Lebensmittel. Man sagte verschiedenen dieser mittelalterlichen Stdte nach, da sie zwar ein Straenpflaster besessen, da aber die Brger es niemals zu Gesicht bekommen htten. Es lag unter einem wahren Gebirge von Abfllen, Schlamm und Straenkot, welches das Pflasterniveau in sehr schlimmen Fllen um ein bis zwei Meter erhhte. Das, was dem Europer an chinesischen Provinzstdten so unertrglich ist, dieser stndig wehende, mifarbene, belriechende Staubwind in allen Gassen und auf allen Verkaufsbuden das beachtete man damals bei uns ebensowenig, als man es heute noch im Reich der Mitte beachtet. (Wohlgemerkt, was ich eben sagte, gilt dort nur fr die Stdte. Auf dem Land und in den kleineren Orten, wo sich jedermann mit seinem Garten oder Feldbesitz 256 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

beschftigt, wird seit Jahrtausenden alles sorgfltig gesammelt, was zur Herstellung organischen Dngers verwendet werden kann. Jede Familie besitzt ihre Spezialrezepte fr die Mischung und Behandlung der Humusrohstoffe, und tatschlich hat sich die Ernhrung dieses seit Jahrtausenden unheimlich bervlkerten Staates bisher einzig auf die Methoden der Hausund Menschendngung aufgebaut.) Aber kehren wir zu den Zustnden des mittelalterlichen Europas zurck, nach dem alten Wort, da jedermann Ursache hat, vor seiner eigenen Tre zu fegen. So unglaublich es dem Zeitgenossen von heute klingt die Einrichtung von Latrinen primitivster Form war bereits ein ungeheurer Fortschritt. Wenn man in Chroniken liest, da noch in den Tagen des Sonnenknigs in den kniglichen Palsten in Paris Leute dafr bezahlt wurden, da sie am Morgen ausfegten, was die Hflinge mangels jeder Art sanitrer Vorrichtungen in den Slen und Galerien hinterlieen, wird man sich nur mehr ber wenige Dinge wundern. Auch nicht darber, da in deutschen Reichsstdten (man sagte das z. B. Bblingen nach) mehrfach Gefolgsleute hoher Herren, selbst Berittene, im Straenkot buchstblich versanken. (Spter gehrte es zu den Pflichten und Lasten der Stadtvter, vor kaiserlichen oder frstlichen Besuchen die Straen subern zu lassen, welche Forderung von ihnen jederzeit als ganz besonders unbequem, kostspielig und berflssig empfunden wurde.) In keiner Chronik wird man auch nur ein Wort darber finden, da einem zeitgenssischen Hirn jemals der Gedanke aufgestiegen sei, da sich hier eine unbeschreibliche Miwirtschaft breitmachte, die sichtlich und unverkennbar die schlimmsten Folgen hatte. Niemals dachte man daran, die stndigen Hungersnte und Versorgungsschwierigkeiten, die es auch whrend des Friedens schon bei kleinen klimatischen Unregelmigkeiten gab, irgendwie mit der Verarmung der Bden durch die Aufstapelung des Unrates in den Stdten in Zusammenhang zu bringen. Wallfahrten und Bittgnge wurden getan, Kriege wurden gefhrt, kleinere Fehden und Scharmtzel gab es fast tglich, Menschen wurden erschlagen, Tiere gettet. Der Boden erhielt keinen Humus, aber Leichen fielen ihm im berma zu. Gleich wie von gyptischen Geieln wurden Erwachsene und Kinder von den Strafen der miachteten Weltgesetze verfolgt. Sie duldeten und starben dahin und ahnten nicht, warum. Keine Frmmigkeit, kein Gebet half ihnen. Der erbarmungslos ausgleichende Tod warf mit Zinseszinsen der hungernden Erde zu, was das unvernnftige Leben ihr vorenthielt. Wozu soll ich noch seitenlange Beschreibungen hierher setzen, in denen nur immer wieder die malose und strfliche Unreinlichkeit jener Tage denn sie trug die Schuld an den unmglichen Verhltnissen, trotz der fleiig besuchten ffentlichen Badstuben beleuchtet wird? Generation um Generation lebte in Husern, die vom Keller bis unter das Dach gleich einem Schwamm von Ammoniak vollgesogen waren, der aus den Senkgruben und http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 257 PDF-Ausgabe 62010

nassen Winkeln stndig in sie eindrang. Alle Trinkwsser nahmen denselben scharfsuerlich unangenehmen Geruch und Geschmack an. Die Bden unter den Straen und zwischen den Gebuden waren durchsetzt von salpetersauren Salzen, aber es fehlten die hilfsbereiten Pflanzen, um sie wieder in Leben umzuformen. So blieb der groe Umbau gewissermaen Jahrhunderte hindurch stecken und gelangte nicht bis zur ntzlichen und befreienden Humifizierung. Die Unterbrechung rchte sich bitter. Auerhalb der Stdte wurde das Land immer unfruchtbarer, innerhalb ihrer Mauern lebten die Brger in einer stndigen Selbstvergiftung dahin, die sie allen den frchterlichen Infektionskrankheiten jener Zeit hilflos preisgab, indem sie sie unablssig zwischen ihnen ausste. Eines ist sicher: die gute alte Zeit war ein Dorado und sie war ein Paradies aber sie war es zunchst und in der Hauptsache fr saprophytische Mikroben und Fulnisorganismen! Wem daran liegt, ber alle diese, noch gar nicht so lange gebesserten Zustnde ein absolut zuverlssiges Bild zu erhalten, der braucht nur jene Schriften des Altmeisters der Hygiene, Max von Pettenkofer, zu Rate zu ziehen, die sich mit der Choleraepidemie in Mnchen im Jahre 1836 befassen. Um diese Zeit zhlte die heutige Grostadt nur 100 000 Einwohner. Entsprechend den damaligen Zustnden des in seinen E- und Trinkgewohnheiten unvergleichlich ppigeren Biedermeiers rechnet Pettenkofer das schon erwhnte Allzumenschliche pro Kopf und Tag, fest und flssig, auf rund 1,5 Kilogramm. Das wre gleichbedeutend mit jhrlich 54,75 Millionen Kilogramm Bodennhrsubstanz. Der erfahrene Arzt und Chemiker schtzte die Unterbringung des allergrten Teiles davon in sog. Schwindgruben hygienisch so ein, als ob man jhrlich 50 000 Leichen in und zwischen den Husern ungengend tief begrbe! Gassen- und viertelweise wurde eine solche Schwindgrube,

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die keinen Abflu hatte, sondern auf Versickerung im Boden berechnet war, mit den in Kbeln herangeschleppten Resten beschickt. Sie lag stndig offen, die Kinder spielten neben ihr. Pettenkofer war der erste, der eindringlich darauf hinwies, da regelmig von solchen Punkten der Stadt aus die Cholera ihren Ausgang nahm, da kein Haus in ihrer Nhe unverschont blieb, da Trinkwasser, Brunnen und Hausmauern gleicherweise verseucht waren. Aber mit welchen Anfeindungen quittierte die ffentlichkeit seine wohlmeinenden Warnungen, sein energisches Einschreiten gegen die schlimmsten belstnde! Und dabei htte jeder dieselbe Beobachtung machen knnen und htte zu derselben Schlufolgerung kommen mssen! Woran liegt es, da der Mensch die Gesetzmigkeit seiner Welt, von der er doch lebt und von der er in jeder Weise abhngig ist, so schlecht und so ungengend kennt? Beendigen wir also das historische Beispiel! Es gibt uns keine Antwort auf diese Frage ... Abwsser Eines der bisher am schwersten lsbaren Probleme der groen Stdte ist die Versorgung des Abwassers. Sie kostet enorm viel Geld. Bisher hat man noch keine befriedigende Methode gefunden, um seiner auf eine optimale Art Herr zu werden hauptschlich darum, weil es sich um so ungeheure Mengen handelt, die da Tag und Nacht dahinstrmen. Seit der antiken Cloaca maxima, die als eine Art achtes Weltwunder galt und es zu ihrer Zeit auch war, ist man ber das Kanalsystem nicht mehr hinausgekommen. Man hat zwar inzwischen auch andere Methoden anzuwenden versucht. Man probierte die Eindampfung mittels einer sehr teuren Maschinerie besonders dort, wo es sich um Fabrikklrteiche handelte, die mit ihren blen Gerchen die ganze Umgebung verpesten. Aber, abgesehen davon, da die Vernichtung von Abwssern im Sinn eines ausgeglichenen Ablaufes der lebenserhaltenden Stoffe geradezu ein Verbrechen ist, kostet die aufgewendete Energie eben viel zu viel. So unterbleibt aus Grnden des nervus rerum etwas, was aus Grnden besserer Einsicht ohnedies nicht in Betracht gezogen werden drfte. Fr die allerjngste Gegenwart ist es kennzeichnend, da man sich dessen allmhlich bewut wird. Mit anderen Worten, man versucht, durch Verrieselung und Verregnung teils die Abwsser loszuwerden, teils ihren Dngerwert der Landwirtschaft zu erhalten. Die Mglichkeit der Methangewinnung aus Klrteichen, die man mit organischen und anorganischen Abwssern speist, wurde bereits erwhnt. Sie ist aber niemals so ausgiebig, da man auerhalb des Betriebes der eigenen Anlage viel damit anfangen knnte. Ein Gewinn von Treibstoff in bedeutenderem Ausma ist auf solche Weise nicht zu erzielen. Trotzdem findet man in vielen Stdten gedeckte Klrgruben zur Methanerzeugung aus den stdtischen Kanlen. Aber auch dort bleibt immer noch die Sorge: Wohin mit http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 259 PDF-Ausgabe 62010

dem Schlamm und den ausgebeuteten Abwssern? Und letzten Endes verfgt man dabei doch nur ber verhltnismig geringe Mengen (100 cbm Schlammmasse sollen nach einer lokal wahrscheinlich vernderbaren Angabe tglich 20 1 Gas liefern) eines beraus giftigen und gefhrlichen Gases, das nicht einmal so weit brauchbar ist, da man es als Leuchtgas gleich dem Erdgas Propan verwenden kann. Alle Vorgnge, die sich in solchen hochgradig mit faulenden und Sinkstoffen aller Art angereicherten stdtischen und Werkkanlen abspielen, haben die Selbstreinigung des strmenden Wassers als Ziel. Denn die Erde versteht es anders als der Mensch allen Abbaues Herr zu werden, und zwar auf dem krzesten Weg und mit der sparsamsten Kraftanwendung. Infolgedessen sind die Methoden, die Boden und Wasser zu diesem Zweck bentzen, durchaus bereinstimmend. Sie knnen auch gar nicht anders sein, denn die Organismen des Planktons und die des Edaphons entstammen ein und derselben Mikrolebewelt, und die abzubauenden Abfallstoffe sind da und dort die gleichen. Das organische Leben aller Abwsser wurzelt im Sumpf, auf dessen Grund sich ja auch natrlicher Faulschlamm bildet. Von dort wurde ganz augenscheinlich auch die gruppenmige Arbeitsteilung bernommen. Die ganzen Ablufe sind nirgends prinzipiell anders, sondern nur beim menschlichen Produkt intensiver, weil eben auch der Grad der Verschmutzung um ein wesentliches intensiver ist. Ziel und Zweck ist da wie dort die Klrung des Wassers und die mglichst vollstndige Humifizierung des abgesunkenen Faulschlammes. Zu den Geschpfen, denen die weie Zivilisation eine ungeahnte Ausbreitung bescherte, gehrt in erster Linie der Abwasserpilz Leptomitus lacteus. In natrlichen Sumpfgewssern stt man kaum auf ihn. Er findet sich nur verschwindend ein, als einer der Zelluloseabbauer, der er ist. Die Entwicklung der Technik aber lt ihn die Weltwirtschaft auf seine Weise ausntzen, denn er ist von den Abwssern aller Zellstoff-, Papier-, Zuckerund Textilfabriken nicht zu trennen. In ihnen wuchert er zum rger der Fabriksleitungen in ungeheuren Massen und verstopft bisweilen sogar die Ausflsse. Dieser Dnnfaden (das ist sein deutscher Name) hat sich gewissermaen die Struktur seines Aufenthaltsortes angeeignet. Aus der Familie der Saprolegniaceen stammend, nimmt er wahre Riesenformen an. Ich habe ihn als langhinflutende, armdicke Zpfe und roschweifartige Strhnen im Wasser wallen gesehen. Meist bildet er aber pergamentgraue, glitschige Hute und Felle, die ganze Bachbette austapezieren. Ein unangenehmer Geruch, hnlich dem eines lange nicht mehr gelfteten Kellers, geht von ihm aus. Seine Leistung ist der Abbau hochmolekularer Kohlehydrate, aber er verschmht

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auch Eiweie nicht. Mit ihm beginnt der endgltige Umbau des Abwassers. Er leitet die Zersetzung ein. Dabei ist er infolge seines massenhaften Vorkommens seinerseits wieder Ernhrer und Aufenthaltsort fr beinahe alle Fulnisbakterien. Sie bewohnen ihn, nicht anders, wie sie unten am Grund den Faulschlamm bewohnen. Er ist etwas wie eine Zwischenepoche des Abbaues, ein ganz bestimmter Zustand im Reinigungsproze. Seine Anwesenheit, die sonst sehr unbeliebt ist (da er immer von Zeit zu Zeit entfernt werden mu), kennzeichnet jene Art von Fulnis, die der Fachmann als hochgradig faulend bezeichnet. Je denfalls erhht er die Faulfhigkeit auerordentlich. Solange es noch Leptomitus gibt, kann man auer ihm nur vorwiegend auf Bakterien rechnen. Spter kommen dann alle die saprophytischen Infusorien, die man berall bei der gleichen Ttigkeit antrifft und von denen schon mehrfach die Rede war. Noch spter wimmeln im Faulschlamm allerlei Mckenlarven, Wasserflhe (Daphnien), Hpferlinge (Cyclops), dazu die unterschiedlichsten Wrmer, vom Strudelwurm (Planaria) bis zu groen Nematoden. Sie alle zusammen verzehren den Faulschlamm, indem sie ihn unermdlich aufspalten, die einzelnen Abbauprodukte fressen, veratmen, verdauen, ausscheiden und die Ausscheidungen wiederum aufspalten. Unzhlige winzigste Kreislufe biochemischer Natur greifen wie ein allerfeinstes Rderwerk ineinander ein. Der Erfolg ist, da 60-70 Prozent der im Faulbecken sich absetzenden Masse von den Organismen einfach beseitigt wird, indem sie sie vertilgen und aus ihr das eigene Leben bestreiten. Gewissermaen endet damit der erste Akt des groen irdischen Schauspieles, betitelt Selbstreinigung des Wassers. Es ist ein Stck, das mit wenig nderungen nun schon seit Jahrmillionen wiederholt wird. Damit wandelt sich die ganze Materie. Das Wasser klrt sich und verliert seine zartesten Sinkstoffe, die sich als opalisierende Trbung und bler Geruch kundtun. Der Faulschlamm am Grund wandelt sich aus einer mifarben brunlichgrauen bis grnlichen Masse von der Beschaffenheit nassen Zements in ein Lager ausgefaulten Schlammes, das tiefschwarz ist und von unzhligen brodelnden Gasblasen wimmelt. Der charakteristische Fulnisgestank verliert sich und wird durch einen eigentmlichen Teer- und Petroleumgeruch ersetzt. So zeigt sich auch uerlich die fortschreitende Humifizierung, die in einer Selbstreinigung des Faulsch lammes besteht. Immer noch sind in ihm sehr viele Stickstoffverbindungen enthalten, auch reichlich Phosphorsure, aber verhltnismig wenig Kali. Die Verwandlung des Schwefelwasserstoffes in das unlsliche Schwefeleisen ist durchgefhrt. Damit erfolgt eine krftige Verminderung jener anaeroben Bakterienwelt, die schon frher beschrieben wurde. Denn im Faulwasser waren bisher weder Sauerstoff, noch Nitrate vorhanden. Es berwiegt auch der Ammoniakstickstoff zumeist den organischen. Die Reinigung beginnt mit einer echten und rechten Fulnisemulsion, die nach allen Richtungen hin http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 261

entbunden werden mu. Der Fachmann hat sich den ganzen Proze lngst in drei Stufen eingeteilt. Das frische Abwasser, das noch Sauerstoff enthlt und arm an Organismen ist, wird gefolgt von dem schalen Abwasser, das zwar schon in Fulnis begriffen, aber ohne jeden Sauerstoff ist. Aus ihm entwickelt sich das faule Abwasser, in welchem sich durch einen auerordentlichen Organismenreichtum die Zersetzungsprozesse auf ihrem Hhepunkt befinden. Das chemische Ende bedeutet das Aufhren der Fulnis, das mit dein Abbau aller hochmolekularen Stoffe gleichzustellen ist. Die Eiweikrper sind aufgespalten, die Kohlehydrate zerlegt. Der Ammoniakgehalt sinkt genau wie in der Jauche, die ja einen hnlichen Vorgang durchmacht und an seine Stelle tritt Salpeter und salpetrige Sure. Eine strmische Anreicherung mit Sauerstoff beschliet den ganzen Vorgang. Die vollzogene Humifizierung drckt sich in sehr bemerkenswerten Zahlen aus. 4,5-7 Prozent Humusgehalt im nassen, 27,4-49 Prozent im trockenen ausgefaulten Schlamm weisen Berichte von Klranlagen des Ruhrgebietes aus. Ganz besonders erstaunlich ist die groe Rolle, welche alle Fette im Abwasser spielen. Man mu hier eigentlich von wirtschaftlich untragbaren Verlusten sprechen, wenn man bedenkt, da auch heute noch auf der Welt der grte Teil der stdtischen und Werkskanle in Flsse geleitet wird, die den Inhalt unbesehen wegschwemmen. Getrockneter, aber noch nicht humifizierter Schlamm besteht zu 15-20 Prozent aus reinem Fett! Das Abwasserbudget von Deutschland buchte noch vor einem Jahrzehnt einen Fettverlust von 140 000 000 kg pro Jahr. Die Wollwschereien in der englischen Stadt Bradford sind klger. Sie verkaufen ihr Abwasserfett an chemische und Seifenfabriken und erlsen daraus schon seit vielen Jahren eine Einnahme im jhrlichen Wert von 120 000-300 000 DM. Die Zahlen schwanken, denn sie hngen von dem Ergebnis der Schafschur ab, sind aber immer recht ansehnlich. Und doch verbrennt man in eigenen Anlagen trockenen Faulschlamm! Das biologische Bild der vollzogenen Abwasserreinigung ergibt ein Verschwinden des bermaes an Fulnisorganismen, an dessen Stelle die Lebewelt des Reinwassers zurckkehrt. Durchschnittlich 60 km schtzt man die Spanne, die ein Flu braucht, bis er nach der Kanalwasserverseuchung einer groen Stadt wieder seine ursprngliche Reinheit erlangt. Nach 60 km gibt es wieder Fische und Fischfang, das sanfte Wiegen von Wasserrosen, das trumerische Rauschen von Schilf und Rhricht, wehende Weiden am Ufer und seidiggrne Algenwatten, die im Frhling auf dem blanken Spiegel schweben. Nach 60 km kann man wieder ungestraft baden und mit dem Wasser kochen. Selbst das empfindliche Pferd, das sich energisch weigert, in schmutziges Wasser auch nur seine Zungenspitze zu tauchen, hat kein Bedenken mehr. Denn nach 60 km sieht das Wasser wieder vllig durchsichtig aus, es beschlgt sich im Glase, Sauerstoffperlen steigen blitzend in ihm in die Hhe. Und der Ufergrund ist sauber und nicht vergiftet, 262 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

denn er enthlt nichts als natrliche Schlammflocken, die dicht von der Lebewelt des Planktons besiedelt sind und in der Libellen- und Eintagsfliegenlarven, Fischbrut, Froschlaich, Wasserschnecken und die winzigen Erbsenmuscheln des Swassers (Pisidien) kriechen und dahintreiben, so wie sie es seit Erdzeitaltern her gewohnt sind. Rechnet man nun mit dem allgemeinen Raummangel in Europa, rechnet man mit der sinkenden Kopfquote an einheimischer Nahrung, rechnet man mit der gar nicht zu berschauenden Menge hchst pathogener Organismen, die aus Krankenhusern, Sanatorien, Privatgebuden usw. stndig in die stdtischen Kanle gelangen, wo sie in den lauen, grenzenlos verschmutzten Wssern selbstverstndlich prchtig weiterleben und durch Wind, Grundund Trinkwasser wieder ungesehen an die Oberwelt steigen, um von neuem mrderisch in Menschen- und Tierkrper einzudringen rechnet man dies und auerdem die faktischen Verluste an befruchtenden Dngestoffen dazu, die endgltig der Erde durch die Abwsser verlorengehen, so begreift man den gegenwrtigen Zustand einfach nicht! Man ist in Hinsicht alles dessen sehr versucht, das historisch mittelalterliche Bild mit dem Heute zu vergleichen und mu sich ehrlich eingestehen, da zwar die Formen der angewandten Hygiene gewechselt haben, die Grundlagen der allgemeinen Einstellung zu dem groen Problem der Abfallverwertung aber eigentlich immer noch dieselben sind. Es ist klar, da der Mensch durch seine Zivilisation, zu der auch die Stdtebildung gehrt, die Frage des groen Umbaus fr sich auerordentlich kompliziert und erschwert hat. Aber es lge, wenn erst die magebenden Einsichten sich durchgesetzt haben werden, durchaus innerhalb der Mglichkeiten seiner Organisationsfhigkeit, diese Mistnde zu beheben. Dabei wissen die Fachleute ganz genau, da die Abwsser von nur 60 Menschen gengen, um den Stickstoffbedarf von 1 ha Land zur Gnze zu decken. Aber wie selten wird diese Tatsache immer noch in die Budgetberechnungen mit eingestellt. Und es wre doch schon lngst an der Zeit, da sich die Allgemeinheit worunter ich nicht nur die Allgemeinheit der Regierungen, Stadt- und Gemeindeverwaltungen verstanden wissen mchte endlich dessen bewut wird. Abfallverwertung der Natur und des Menschen Der Mensch ist kein Einzelgnger. Seine Begabungen entfalten sich erst, wenn er zu Familien, Sippen und Vlkern geballt mit seinesgleichen zusammenlebt. Dadurch allein hat er das Gesicht der Erde mehr verndert, als alle Lebewesen vor ihm, auch wenn sie ihn an Gre und krperlicher Kraft um das Vielfache berragten. Und so wie unserem Planeten, ist auch dem groen Umbau durch die Daseinsgewohnheiten des Homo sapiens ein ganz anderes Gehaben, sind ihm ganz andere Erscheinungsformen aufgeprgt worden. Das wird dem, der die Zusammenhnge zu erforschen trachtet, niemals klarer, als wenn er vergleichsweise dieselben Vorgnge in der Natur heranzieht. Dort befindet sich die Abfallwirtschaft im Zeichen eines vollkommenen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 263 PDF-Ausgabe 62010

Ausgleichs mit dem Neubedarf fr die nchste Generation und die nchste Wachstumsperiode. Normalerweise ist der Neubedarf sogar meist etwas geringer, sonst wrde alles Abbauwrdige und Abbaubedrftige sich restlos wieder in einen neuen Aufbau umsetzen. Das ist unter ungestrten Verhltnissen jedoch niemals der Fall. Denn dann knnte niemals Humus gespeichert werden. Es ist aber mit Sicherheit nachgewiesen worden, da jeder Urwald in jedem Klima bis zu 2 m Humus sammeln kann. Das allein entkrftet die Vorstellung, da die Pflanze unbedingt den ganzen Bodenersatz wieder sogleich in sich aufnimmt. Woraus besteht nun natrlicher Abfall? Er mischt sich das Warum ist uns ja jetzt vertraut aus Pflanzlichem, Tierischem und Mineralischem. Auch darin scheint es auf jungfrulichem Boden einen harmonischen Ausgleich zu geben, der sich allerdings sofort verschiebt, wenn irgend eine Nutzung, und sei sie noch so vorsichtig, beginnt. Soweit man aus den wenigen unberhrten Gebieten, die der Mensch der Erde noch gelassen hat, beurteilen kann, stellen im natrlichen Abfall die Gesteine ein Drittel, die Pflanzen mindestens eineinhalb und die Tiere hchstens ein halbes Drittel zu dem, was bereit ist, wieder zur Erde zurckzukehren. Freilich ist diese Angabe recht unstabil. Sie scheint je nach Klima, Feuchtigkeit, Besonnung und lokaler Lebewelt auch dort zu wechseln, wo der Mensch niemals hinkommt. Wahrscheinlich entspricht sie jederzeit irgendwie dem fr dieses Verhltnis magebenden Goldenen Schnitt. Tatschlich sind, abgesehen von toten Tieren und Pflanzen, stets Reste von Samenhlsen, abgefallene Blten, unzeitige Frchte, nicht zur Reife gelangte Smereien, zerflieende Pilzhte, die Chitinpanzer von Insekten, Raupenhute, Schleime, Hllbltter, verdorbene Tiereier, vegetabilische Wolle und Faserwerk aller Art in den Abfallrohstoffen des Waldes vor handen. Sie werden vervollstndigt durch die Reste grerer Suger, Amphibien und Reptilien. Das heit, durch Balgfetzen, Zhne, Knochen, Federn, Schuppen und Hute. Die anorganische Welt liefert dazu: Steinsplitter, Spuren von Metallen, sandige, salzhaltige, kiesige und kalkige Verbindungen. Das alles findet sich zusammen, um wieder gemeinsam in den irdischen Kreislauf einzugehen. Und ganz offenbar vollzieht sich der groe Umbau leichter und schneller, wenn alle diese berbleibsel aus den drei verschiedenen Seinszonen gemischt und nicht einseitig abgelagert sind. Dieser alleroberflchlichste berblick vermittelt bereits den Eindruck, da schon des Holzes wegen die Kohlehydrate in Form von Zellulosen berwiegen. Sehr begreiflicher Weise spielen also auch die Zelluloseaufschlieer im Edaphon die allerwichtigste Rolle. Sie reichen von den Bakterien bis zu den schon mehrfach erwhnten Kleininsekten des Waldbodens. Zu ihnen gesellen sich alle irgendwie auf Holz, Stroh, Laub, Rinden, Grser, Nadeln u. dgl. spezialisierten Klein- und Bodenpilze. Wir haben noch keine allgemeine bersicht ber die Frefhigkeit ein zelner Mikroben. Immerhin wurden Detailangaben erarbeitet, aus denen der 264 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Eindruck eines bereinstimmend unersttlichen Appetits hervorgeht. Amben umflieen, solange sie bewegungsfhig sind, unablssig Detrituskrnchen, aber auch Zysten, Algen und Bakterien. Von Paramaecien, den berall hufigen Pantoffeltierchen, hat man immer wieder beobachtet, da mit Hilfe ihres wandernden Magens, nmlich einer nach Bedarf hergestellten Reihe von Vakuolen, stndig dicke Bakterienbndel verdaut werden. Die Vakuole vertritt hier tatschlich die Eingeweide, sie bildet sich selbstndig und verschwindet im Krperinneren, wenn sie nicht mehr ntig ist. Einer der keineswegs seltenen fleischfressenden Bodenpilze, der durch Verschmelzung seiner glasklaren Hyphen Netze bildet, fngt mit ihnen kleine Wimpertierchen. Er wurde im Faulschlamm eines seit Jahren zugedeckten Brunnens aufgefunden, aber es ist natrlich ganz sicher, da er auch anderswo, z. B. in tiefen, sumpfigen Waldteichen, sein gefriges Unwesen treibt. Man kann wirklich von einem Unwesen sprechen, denn er klebt mit Hilfe eines tckisch hervorschieenden Schleimtropfens jenen harmlosen Trichoden (Trichoda pura Ehrb.), die harmlos auf ihm der Jagd von kleinen Bakterien obliegen (die wahrscheinlich in Symbiose mit ihm leben), den Mund zu. Nachweisbar fing dieser Laqueus malitiosus in einem 1,5 mm ausgespannten Netz in 20 Stunden 36 Wimpertierchen. Daraufhin schritt er zur Fortpflanzung. Was Rdertiere in sich hineinstrudeln, ist geradezu unermelich. Solange sie ihren Rderapparat in Ttigkeit haben, verschlingen sie Monaden und alles, was einigermaen kleiner ist, als sie. Die festsitzenden sind nicht weniger unersttlich. Ununterbrochen arbeitet ihr Kauapparat und die Schluckbewegungen folgen sich rhythmisch. In einem von kleinen grnen Monaden wimmelnden Klumpen von Detritus trieben sich auer fast drei Dutzend groer Glockentierchen annhernd ebensoviele Muscheltierchen umher. Die einen wie die anderen schimmerten bla apfelgrn von gefressenen Monaden. Aber die Monaden wurden nicht weniger und die Ruber verschlangen ohne Pause. Solche Beobachtungen gibt es im einzelnen in Mengen, nur sind sie eben leider nicht systematisch vergleichend zusammengestellt eine Arbeit, die groen Flei, viele Jahre dauernde Beobachtung und eine ungewhnliche Konzentration erfordert, aber zuletzt die Mhe lohnt, weil man nur durch sie endlich erfahren knnte, in welchem Tempo der organische Umbau vor sich geht.

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Dagegen wei man bereits mit einiger Klarheit, wie sich die letzte Umbildung in chemischer Hinsicht vollzieht. Alle die Eiweiabbauprodukte, Ammoniak, Amine und Aminosuren, der Luftsauerstoff und das Chinon (das seinerseits in jedem Boden aus Verbindungen von Kohlenwasserstoffen, Phenolen und Aminen entsteht) tun sich zuletzt zu den echten Humusstollen zusammen. Hier sind die Strahlpilze von ausschlaggebender Wichtigkeit. Nicht nur, weil sie innerhalb des Edaphons bis zu 40 Prozent verwandter Arten stellen, sondern weil nach neuesten Forschungen die Leistung ihrer keimenden Sporen entscheidend ist, da sie sich wirklich berall strahlenfrmig ausdehnen und so den Boden bis in seine feinsten Krmelungen regelmig mit Feuchtigkeit und ausgeschiedenen, humusbildenden Stoffen versorgen. Und auerdem scheint es, als ob noch eine Reihe anderer Organismen, wahrscheinlich aus der Bodenpilzwelt, daran beteiligt wre, da die Eiweispaltprodukte, die sich gerne mit Lignin, mit pflanzlichen Kitten und den kieselsurehaltigen Inkrustierungen verbinden, mit Hilfe des oxydierenden Sauerstoffes ebenfalls zu Humus werden. Hier kreuzen sich eine Flle von Einzelprozessen, welche, wenn nur gengend Humus vorhanden ist, auch die hrtesten Pflanzenfasern zerlsen und aufschlieen. Man kann sich also sehr gut vorstellen, da die Humus reserve eines jeden Urwaldes somit eine ganz bestimmte Aufgabe der Aufbereitung zu erfllen hat. Und wenn es heit, da die natrlichen Abflle erstaunlicherweise in nicht ausgeplnderten tropischen oder subtropischen Bden im Verlauf von kaum acht Tagen vollkommen zersetzt werden, so da nicht einmal Spuren der Verrottung brig bleiben, so kann man das nur verstehen, wenn man die Ttigkeit einer bergroen Menge von arbeitswilligen Kleinwesen in Betracht zieht. Es ist ganz sicher, da ein Boden umso ttiger ist, je mehr Organismen er enthlt. Und er enthlt umso mehr Organismen, je ttiger er ist. Hier hat sich lngst ein Kreislauf herausgebildet, den der Mensch mit seinen bermigen Bedrfnissen vorderhand da er nicht die gengenden Kenntnisse des groen Umbaus und seiner notwendigen Faktoren hat nur stren kann. Dagegen mu man nun die vllig disharmonischen Zustnde halten, wie sie durch die Bedrfniswelt des Menschen in immer noch steigendem Mae sich herausgebildet haben. Erst aus dieser Gegenberstellung erhellen sich die Schwierigkeiten, die als fast unlsbare Aufgabe bisher vor dem Menschen lagen, denn sie sind mit Technik und technischen Begriffen allein nicht entfernt zu bewltigen, sondern setzen eine eingehende Kenntnis der gesetzmigen lebenden Ablufe voraus. Der Massenbedarf der Masse Mensch schafft hier Probleme, die sich so weit ausdehnen, da sie ber die Fragen des Humusersatzes hinweg in die gesamte Zivilisation mit einbegreifen. Bisher haben sie bereits ein Maximum an Geld, Arbeit und Planung verschlungen. Der Erfolg entspricht diesem 266 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Aufwand durchaus nicht. Wenn irgend ein Problem, so mu dieses interkontinental durchgedacht und durchgestaltet werden. Detaillsungen, und wenn sie auch nicht ungeschickt im einzelnen Fall sind, gengen schon lngst nicht mehr angesichts der Weltbedeutung des Humusschwundes und der allgemeinen Bedrohungen, die sich an ihn knpfen. Da die menschlichen Abflle fr jede Stadt eine gewaltige Sorge sind, begreift man ohne weiteres, wenn man einiges von den Zahlen sich vergegenwrtigt, die darauf Bezug haben. Kehricht und Asche allein werden tglich von einem Menschen im Gewicht von durchschnittlich 320 g produziert. Die Nahrungsabflle rechnet man mit 70-100 g. Alles brige schtzt man auf 80-200 g. Das bedeutet, da pro Tag und Kopf von jedem von uns ca. 470-620 g Materie einfach weggeworfen wird. Nun denke man sich, wieviel das in einer mittleren, geschweige denn in einer wirklich groen oder Weltstadt ausmacht! Gar nicht zu reden von den Zerstrungen des Krieges, kommen dazu noch zahllose ausgediente Gertschaften und die Abflle der Industrie. Alles das zusammen bildet einen wahren Scherbenberg, auf dem in Wahrheit die Kultur der weien Rasse thront. Wir haben alle zur Genge kennengelernt, welcher Fluch fr eine Stadt aus der verzgerten Fortrumung des Mlls entsteht. Stndig strmt er aus Husern, Gassen und Straen heraus. Bleibt er auch nur acht Tage liegen, so herrscht eine beispiellose Unsauberkeit auf allen Geh- und Fahrwegen. Ich habe nach der Belagerung von Budapest und auch schon vordem diese ganze Kalamitt aus nchster Nhe kennengelernt. Ein unertrglicher Gestank, Wolken von schwarzen, gefhrlichen Schmeifliegen begleiteten diese Phase der beginnenden Desorganisation eines einst sehr gut geordneten und sauberen Stadtwesens. Typhus, Ruhr und bsartige Erkrankungen der Atemwege schwollen lawinenartig an. Man konnte die Fenster in den Straen, in denen sich gleich endlosen Riesenschlangen die Abfallhaufen in der Hhe mehrerer Meter dahinwanden, wochen- und monatelang nicht mehr ffnen. ber der ganzen groen Stadt lagerte die typisch ekelhaft sliche Mischung von Aas-, Verwesungs- und Mllgerchen, die sich an Speisen, Vorhnge und Kleider hngte und Monate brauchte, bis sie sich nach der Abrumung endlich verlor. Mll Wie werden berhaupt gegenwrtig die Stdte mit ihrem Unrat fertig? Jede trachtet danach, ihn so schnell wie mglich zunchst wenigstens aus dem menschlichen Bereich hinauszubringen. Dafr sorgen und das mit Recht die berall sehr strengen Vorschriften der Sanittsbehrden. Zumeist gibt es eine besondere Geleiseanlage, auf der nichts als die Mllabfuhrwaggons befrdert werden. Wo das nicht geschieht, fahren stndig besonders konstruierte Schwerlastautos (meist nach dem System der sog. Kolonialwagen die nach Mglichkeit jedes Ausschtten und Ausstuben http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 267

verhindern, zu den ausgedehnten Sammelpltzen, die sich stets stundenweit jenseits der Stadtgrenze befinden. Und dort? Dort bleibt der Mll zunchst liegen. Ich habe in sehr groen Stdten Mllanlagen der verschiedensten Art gesehen. Sie waren immer gigantisch, sowohl an Ausdehnung, wie an aufgestapeltem Material. In Mnchen befanden sich die Mllablagerungssttten seit vielen Jahren in Puchheim, wo sie ein riesiges Geviert bedeckten, trotzdem man seither Berge von Mll zur Auffllung ins Moor versenkte. In Wien gab es einmal eine Mistgstttn auf der Schmelz, wo menschenalte Berge gehuft lagen und wo die Beinlstierer mit gewaltigen Scken und gebogenen Eisenhaken ihr Gewerbe betrieben. Es bestand aus dem Herausfischen von Knochen, Fetzen, Drhten, Flaschen usw., die dann um geringen Erls in die Leim-, Knochenmehl-, Textil-, Glas- und Metallfabriken wanderten. Dieser armseligste Teil der Armut haust auch heute noch dort in schlecht zusammengeflickten Htten, errichtet aus alten Brettern und zerschnittenen Cilkanistern. Sie rhmen, wie warm der Mist hlt, der wie aus zahllosen unterirdischen Essen, von den Fulnisbakterien erhitzt, zum Himmel raucht. Der ewige Westwind weht stndig Staub aus dem groen Abbau ber die Stadt hin. Die Polizei wute von je, da die dunklen Geschicke manches Verbrecherlebens auf der Schmelz begannen oder zu Ende liefen. Man fand neben den Abfllen freilich auch manchmal Diamantringe von ansehnlichem Wert, volle Weinflaschen, silberne Lffel. Diebsgut, das spurlos verschwunden schien, wurde aus dem Abhub zuweilen als gefunden gemeldet. Es gab immer wieder erfolgreiche Razzien, und die verwegenen Gerchte, die sich um die titanischen Abfallhaufen der Weltstadt Wien schlangen, waren Legion. Heute wirft man einen groen Teil des tglich anfallenden Mlls beim Praterspitz in die Donau oder durch Kanalffnungen in die Wien, es dem Wasser berlassend, die Stadt von so viel Widerlichem, Unbrauchbarem und Ekelerregendem zu befreien. Sollte man nicht damit zufrieden sein, da das alles so bequem und billig aus dem Gesichtskreis der Brger entschwand? Fr die meisten Menschen ist das doch gleichbedeutend mit berhaupt ver schwinden. Im Lauf vieljhriger Humusstudien haben wir mein Mann und ich zahlreiche solche Grabsttten menschlichen Besitzes gesehen. Immer wieder berfllt einen dort das beklemmende, so oft miverstandene Wort von den Reichtmern der Welt, die zu Staub werden mssen. Denn wird dort nicht

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wirklich alles zu Staub, was einmal zum Inbegriff menschlichen Glckes gehrte? Hausrat, der mit dem Leben seiner Besitzer entstand und verging. Kinderspielzeug, das einst einen heierwarteten Sprling beseligte und das, nach seinem Tode oder seinem Erwachsensein verschenkt, dann im Mlleimer zerbrochen endete. Tische, an denen vielkpfige Arbeiterfamilien die einfachen Speisen aen, die ihre Geldbrse ihnen zu kaufen erlaubte. Matratzen, auf denen Liebe sich umarmte und Greise seufzend starben. Zerrissene damastene Vorhnge aus einem Palast oder Stadtpalais. Zerschlagene Platten von Spieltischen, auf denen Vermgen gewonnen oder verloren wurden. Abgeriebene Pelzstreifen, an die sich Bruchstcke der lcherlichen oder tragischen Geschichte einer Verfhrung knpften. Zerbrochene Lampen, zersplittertes, verbeultes, durchlchertes Geschirr, haarlose Besen, abgestoene, henkellose Eimer alltgliche Gebrauchsgegenstnde, ausgelebt gleich denen, die sie jahraus, jahrein in Hnden hatten. Unlesbare Bltter aus Bchern, Metalldinge, unerkennbare Holz- oder Kunsstofffragmente. Flaschenscherben aller nur denkbaren Farben und Gren. Die zermorschten Reste von Kleidern, von Zierdingen, von Handwerk, von Unterricht. Alles im Zustand der mechanischen und substanziellen Auflsung, des Dahingehens, des Formlosen. Ein Chaos gewesener menschlicher Bedrfnisse, gemischt mit Verwesung, behaftet mit Fulnis, beladen mit sinnlos gewordenen Schicksalen und Erinnerungen. Und Staub ... Staub ... Staub, unerforschbar in seiner Herkunft, ebenso unerforschbar in seiner nchsten Zukunft. Staub, die letzte, sichtbare Station alles irdisch Materiellen, und darum fr die meisten das Ende aller Endlichkeit. Wenn auch nicht das wirkliche und tatschliche Ende das Ende des Mlls ist der Staub jedenfalls. Freilich heit er fachgem anders. Er heit: Feinmll. Er ist das, was noch durch ein 5-10 mm-Sieb leicht hindurchrieselt. Sein Gewicht ist gering, seine Farbe ein einheitliches Grau. Er macht den Eindruck von Asche, ist es aber nicht. Er ist das Aufhren aller irdischen Form der Zivilisation und unterscheidet sich damit sehr wesentlich von dem Staub der Felder und Landstraen. Von der Gesamtmasse des Mlls macht der Feinmll ca. 62 Prozent aus. Der Grobmll betrgt nur 28 Prozent, und 10 Prozent ist die Mischung des Trmmerwerkes aus Metall, Holz, Scherben u. dgl., die man unter dem Namen Sperrgut zusammenfat. Die ganze Masse der unter dem Sammelbegriff Mll laufenden mensch lichen Abflle ist enorm. Hier einige Zahlen: Mnchen hatte im Jahre 1935 einen Anfall von 160 172 940 kg, Wien rechnet mit durchschnittlich jhrlich 400 000 t. In London wandern pro Jahr mehr als 1 300 000 t in die Themse. New York unterhlt eine ganze Flotte von Schiffen mit aufklappbaren Bden, die tglich eine Last von 1600-2000 Waggons in Long Island einladen und http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 269

weit auerhalb der Hudsonbai ins Meer versenken. Selbst so verhltnismig kleine Stdte wie Graz und Salzburg muten jhrlich schon vor einem Jahrzehnt 40 000 und 30 000 t wegschaffen. Um dieselbe Zeit gliederte sich in Mnchen-Puchheim (das heute nicht mehr voll arbeitet und mglicherweise den Betrieb berhaupt einstellt) der Anfall in folgende bemerkenswerte Relation: tglich wurden 1800 kg Knochen, 1300 kg Glas, 5000 kg Altmetall, 4600 kg Papier und 600 kg Lumpen herausgelesen. Nach dem zweiten Weltkrieg hat sich dieses viele Jahre lang gleichmige Verhltnis stark verschoben und wird in allen europischen Stdten vermutlich jahrzehntelang nicht mehr sein einstiges Gleichgewicht erlangen. Auch hier hat es wenig Sinn, diese geringe Auswahl von Zahlen zu einer endlosen Tabelle zu erweitern. Ich nehme an, sie gengen fr jedermann, um eine Vorstellung der ungeheuren Massen zu geben, die in Gestalt voll humifizierbarer Stoffe der Landwirtschaft und der Weltwirtschaft verlorengehen. Und zwar nicht aus einem unabnderlichen Zwang heraus verloren gehen, sondern aus einer durchaus unzulnglichen Organisation, die auf Miverstndnissen, Unkenntnis der wirklichen, bodenbiologischen Zusammenhnge und Unverstndnis der tatschlichen Notwendigkeiten beruht. Aber das alles mte nun endlich ersetzt werden durch die grundlegende Erkenntnis, da man unter jedem Himmel und unter allen Breitengraden dem Land so viel oder doch annhernd so viel Humus zurckgeben mu, als man ihm mit jeder Ernte fortnimmt. Selbstverstndlich hat auch der sich selbst berlassene Mll das Bestreben, sich mglichst schnell zu humifizieren. Denn als komplexes System ist Humus unendlich viel harmonischer, als das gnzlich disharmonische Substrat Mll. Und da im ganzen Universum sich die gesetzmigen Entwicklungs-, wie die Seinsgesetze in einer harmonisch ausgleichbaren Richtung bewegen (denn auch Kreislufe sind nur eine Ausgleichsform), so knnen sich halbe Zersetzungsprodukte nicht fr immer erhalten. Ich sagte eben, da ich im Verlauf meiner Studien Mll unter den verschiedensten Umstnden viele Jahre lang untersucht habe. In seiner Zusammensetzung spiegeln sich selbstverstndlich Jahreszeit und Lebensstandard merklich wieder. Die Wintermonate bringen vor allem im Norden bis zu 30 Prozent Asche, darunter hauptschlich saure und sehr schwer aufschliebare Koksasche. Die Sommermonate sind gekennzeichnet durch viel Gemse- und Obstrckstnde. In Budapest, wo hinter dem Vorort St. Lrincz wahre Gebirge von 15-25 Jahre altem Mll aufgehuft liegen, hatte sich in den letzten Jahren eine Art von Kohlengewinnung aus diesen Mllhgeln aufgetan. Dutzende von Leuten siebten den alten Mll auf Kohlen- und 270 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Koksstcke hin durch und trugen den damals sehr kostbaren Gewinn in Hunderten von Scken weg. Es entstanden dadurch gewissermaen geologische Aufrisse in den alten Ablagerungen. Man konnte ausgezeichnet in das Tempo der Aufschlieung hineinblicken. Das ausgesiebte Gut erwies sich als stark, aber keineswegs vllig humifiziert. Die helleren Aschenstreifen zeichneten sich noch von dem schwrzlichen Aussehen und der ungleichen Marmorierung ab. Die schichtweise Lagerung, jeweils zusammen 20-50 m hoch, hatte nur eine Aufbereitung auf anaerobem Weg ermglicht. Die machte sich durch den schwachen, dumpfen Schwefelgeruch bemerkbar. An anderen Stellen hatte sich noch der ehemalige Mllgeruch erhalten oder ging in beienden Ammoniakgestank ber. Immerhin waren die organischen Zumischungen uerlich vllig unerkennbar geworden. Einzelne Fasern verrieten zerlste Wollfetzen, da und dort fanden sich kleine, morsche Holzsplitter. Die zhen Spiralbndel aus Pflanzenstengeln hatten sich erhalten. Organisch berwogen, wie das ja vorauszusehen war, Bakterien und dichte Gespinste von Bodenpilzen. Eine mit Wasser angesetzte Probe verriet durch den nach wenigen Tagen auftauchenden Reichtum an fulnisliebenden Oscillatoriafden, da die Selbstreinigung noch lange nicht beendet war. Aus einer Zusammenstellung von einigen Dutzenden sehr sorgfltiger Untersuchungen solch alter Mllproben erwies sich bereinstimmend, da trotz des teilweise humusartigen Aussehens (allerdings nicht des echten Humusgeruches) zwanzig Jahre nicht gengt hatten, unter solchen Umstnden den groen Umbau herbeizufhren. Vllig unversehrte Schweinsborsten besttigten den Sauerstoffmangel. Denn dergleichen wird wie erwhnt von Haarlingen (Trichodestes- und Mallophaga-Arten) verzehrt, die als winzige, lausartige Kleininsekten alles, was Pelz heit, vernichten, aber ohne Luft nicht leben knnen. Allein auch anverdaute Schollen von Kartoffelstrke waren ganz unverndert. Zelthute pflanzlichen Ursprunges, Ruflocken, feinste Holz- und Textilfasern das alles ergab den unleugbaren Beweis dafr, da eine einfache Aufschttung von Mllhaufen nur eine unvollkommene, zeitlich ganz ungerechtfertigt lange dauernde Verrottung zustandebringt. Gewi wird alter Mll dort, wo er in greren Mengen zu haben ist, mit Vorliebe von Grtnern, besonders den Bulgaren, aufgekauft und anstatt des teureren und schwer erhltlichen Stallmist verwendet. Trotzdem aber ist er eine Strung der natrlichen Kreislufe. Auerdem ist er vom hygienischen Standpunkt aus objektiv gefhrlich. Stets sind in ihm, oft sogar in Mengen, Eiterbakterien (Streptokokken, Staphylokokken, Bact. pyocyaneum u. a.) vorhanden. Auch viele echte Saprophyten knnen mitunter seuchenerregend wirken. An anderer Stelle soll noch darber gesprochen werden, wie ungemein bedenklich es ist, halb oder schlecht und einseitig verrottete und http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 271

nicht gengend humifizierte Substanzen in der Landwirtschaft so, wie sie sind, anzuwenden. Hier wurden und werden die Natur und die natrlichen Ablufe nicht ausreichend und nicht mit dem ntigen Verstndnis beobachtet und darum grndlich miverstanden. Eine massenhafte, viele Meter hohe Aufschttung von Mll hindert die Humifizierung, schafft den Zustand einer chronischen Fulnis, zchtet die viel schdlicheren anaeroben Organismen und verursacht eine sehr mangelhafte und gnzlich ungleichwertige Aufschlieung der ohnedies in jedem Mll stark berwiegenden anorganischen Bestandteile. Durch die bermig lange hinausgezgerte Fulnis erfolgt eine viel zu geringe Durchlftung des Mllberges, das Nitrit- und Pronitritstadium wird konserviert, und dadurch werden jene Lebensgemeinschaften des Edaphons ferngehalten, die allein imstande sind, Mineralien aufzuspalten und zu zersetzen. Doch dieser Schaden ist sozusagen geringfgig im Verhltnis zu dem, was wie vorhin gesagt wurde de facto der Weltwirtschaft und den Kulturbden an humifizierbaren Werten verlorengeht. Das sind solche gigantische Mengen, da man erschrickt, wenn man versucht, sie auch nur annhernd zu berschlagen. Dabei fehlt in dieser noch immer nicht aufgestellten Statistik ohnedies eine ganze Anzahl berechenbarer Faktoren. Man hat sich z. B. niemals die Mhe gemacht zu erforschen, wie es sich mit dem Anfall der Kleinstdte, Mrkte, Drfer und Einzelsiedelungen verhlt, die doch agronomisch ihrerseits alle unter Humusschwund leiden. Man trachtet zwar jetzt unter dem Zwang der Not da und dort zu kompostieren. Aber das geschieht fast stets nach Urvtermethoden, die biologisch unrichtig und berhaupt unzulnglich sind. Sie bedrfen einer zu langen Zeit, bercksichtigen in vlliger Unkenntnis der sich dabei abspielenden Prozesse auch nicht die notwendige Zusammensetzung und andere Erfordernisse. Alles brige aber und das ist das meiste geht unbeachtet und ungentzt verloren. Der Gedanke einer organischen Mllverwertung, systematisch nach den Prinzipien der Humifizierung aufgebaut, fngt ganz, ganz langsam jetzt erst an, eine Frage von einiger Bedeutung zu werden. Da sie aber in Wirklichkeit ein Problem der Weltwirtschaft von allergrten Ausmaen und einschneidendster Wichtigkeit ist, davon haben die meisten verantwortlichen Kpfe leider noch keine Ahnung. Das Tempo des Abbaus In vierfach bereinandergestellten Integrationsstufen der Stoffwerdung (als Atom, Molekl, Element und Materie) vollzieht sich der hchst komplizierte irdische Aufbau. Dem steht ein ebenso komplizierter, annhernd hnlich gegliederter Abbau gegenber. Allerdings ist dieser Abbau selten oder nie vollstndig, da er wie in anderem Zusammenhang bereits erklrt wurde fast niemals bis zum uersten durchgefhrt wird. Aber schon die 272 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Moleklgrenze hat sich als beraus variabel erwiesen. Erst das Atom an sich ist und bleibt bei Abbau und Aufbau stabil. Die sechsfache Kernladung des Kohlenstoffatoms, die siebenfache des Stickstoffatoms, die achtfache des Sauerstoffatoms ndern sich freiwillig nicht. Auch nicht die hheren von Aluminium, Silizium, Kalk, Phosphor, Kali. Der groe Umbau rhrt insofern nicht mehr an sie, als er nur nderungen der Molekularverbindungen bedingt. Alle seine Funktionen sind scheinbar an keine atomre Neukonstruktion geknpft. Dagegen ist bei den organischen Verbindungen ein ununterbrochenes Auf und Ab in ihrer so beraus zerbrechlichen, hochmolekulren Struktur. Der rasend schnelle Ablauf von Abntzung und Regeneration bedingt ein atemloses Tempo. berall bleiben Zerfallsprodukte liegen. Diese Zickzacklinie von Aufbau, Abbau und Umbau vollzieht sich indes zu einem so entscheidenden Teil im Humus, da dieser damit allein schon dadurch an der gesetzmigen Struktur der Erde direkten und nicht auszuschaltenden Anteil nimmt. Das Protoplasma und alle seine Zerfallsprodukte sind uerst unstabil. Noch whrend des Lebens, geradezu als einer der Zwecke der Lebensfunktionen, gehen die Abbauprozesse in ihm vor sich, die stndig von Aufbauprozessen gefolgt werden. Dieser Ausgleich wird physikalisch dadurch bewerkstelligt, da sich unablssig hochmolekulare Substanzen mit riesigen Atomhufungen in niedrigmolekulare mit ganz wenigen Atomen verwandeln, die dann verhltnismig rasch wiederum zu hochmolekularen anschwellen. Das allein schon setzt eine auerordentliche Intensitt aller in Frage kommenden Prozesse voraus. Energieverschiebungen von raschestem Tempo und tiefreichendem Zerfall gehren zur Humusentstehung. Sie sind der Gipfelpunkt der strukturellen Umnderungen unserer Erdrinde. Sie machen tatschlich den Humus zum Urernhrer der Welt, da es ohne ihn eben keine Fruchtbarkeit gibt. Als solcher ist er ein in sich geschlossener, in sich optimal ausgeglichener Kreislauf. Man kann ihn als einen symbiotisch funktionierenden Gesamtkrper ansehen, der auch die Leistungen eines Gesamtkrpers vollbringt und so wie dieser gestrt, krank und unfhig gemacht werden kann. Das letztere geschieht dadurch, da man sein wohlausgewogenes Gefge entweder nach der chemischen oder der biologischen Seite hin willkrlich verschiebt und dadurch seine Gesamtfunktion einschrnkt. Ein ertrgliches Gleichma ist fr jeden Auf- und Abbau notwendig und weltgesetzlich bedingt. Wird zu rasch aufgebaut, so tritt binnen kurzem Mangel an aufbaufhigen Stoffen ein. Wird zu rasch abgebaut, so verringert sich die abzubauende Substanz in einem nicht mehr ertrglichen Ma und kann zum Tod fhren. Beides, disharmonischer Aufbau und disharmonischer Abbau, setzt die allgemeine Leistungsfhigkeit herab und verkrzt die Lebensdauer durch Hemmung und Einseitigmachung der notwendigen Lebensprozesse. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 273 PDF-Ausgabe 62010

Alle diese Erkenntnisse lassen sich ohne Einschrnkung auf den Humus bertragen. Darum kennen wir auch an ihm Erschpfung und Entartung, wenn seine Lebensprozesse sich unrichtig vollziehen. berdenkt man sich alle die Tatsachen, die hier ber den groen Umbau gesagt wurden, so modellieren sich die Eingriffe, mit welchen der Mensch nicht nur die Leistungen, sondern bereits das Werden des Humus strt, klar heraus. Zunchst verbraucht er durch seine Monokulturen, die er alle zusammen als Landwirtschaft bezeichnet, viel mehr Humus, als die Natur zu ersetzen in der Lage ist. Wenn er sie nicht verbrennt, huft er die humusfhigen, kreislaufmig zum Ersatz bestimmten Abfallrohstoffe beliebig an irgendwelchen Punkten der Welt in einem Zustand auf, in welchem sie absolut nicht richtig humifizieren knnen. Oder aber er bergibt sie, diese verseuchend, den flieenden Gewssern, die sie vertragen und verschwemmen, so da sie dem ausgeplnderten Land dadurch vllig entzogen werden. Durch diese beiden voneinander scheinbar ganz unabhngigen Schdigungen eines in Wahrheit untrennbaren Ablaufes verarmt er gleichzeitig den Boden, beraubt ihn seiner Fruchtbarkeit und beschwrt eine Welthungersnot herauf. Durch dieselbe unsinnige Verwstung aber frdert er auch in einem lebensgefhrlichen Ausma die Erosion und das vorzeitige Absinken der kontinentalen Schollen, vor allem ihrer Rnder. berdies werden durch unvollstndige und ungengende Humifizierung die Abfallrohstoffe in einen Zustand gebracht, in welchem sich alle sie besiedelnden und den Abbau vollziehenden Fulnisorganismen wenn schon nicht dauernd, so doch viel zu lange erhalten. Und da sich unter ihnen eine groe Anzahl von verpestenden Seuchenerregern befindet, so werden auch diese permanent in hochvirulenter Lebensfhigkeit geradezu gezchtet. Hier haben wir also einmal klar herausgemeielt das Fr und Wider des bisherigen Standpunktes des Menschen gegenber dem Problem Humus. Da er den bergroen Humusverbrauch bis auf weiteres nicht hindern, nicht einmal einschrnken kann, so ist er unbedingt darauf angewiesen, alle Ersatzmglichkeiten zu beachten und alles zu tun, um soviel Humus als nur mglich neu zu schaffen. Die dazu notwendigen Rohstoffe stehen ihm in ausgiebigstem Mae zur Verfgung niemand produziert mehr Abfall, als der Mensch und seine Zivilisation. Er mu nur lernen, ihn richtig zu verwerten, zu entgiften und auch den Boden nicht dauernd mit Giften in seinem natrlichen Aufbau zu stren. Denn kein Boden, auch der organismenreichste, ist imstande, so ungeheure Mengen von roher Fulnis aufzunehmen und zu zersetzen, wie aus Stadtwesen anfallen. Hier mu sich der Mensch mit gewissen Methoden dazwischenschalten. Er mu das, was abbaubedrftig ist, schon vorher abbauen. Der gewaltige Verbrauch bedingt eben als Ausgleich auch eine gewaltige Wiederneuherstellung. So stehen die Dinge heute und sie werden durch den gigantischen Zuwachs der Menschheit fr den Menschen selber noch auerordentlich erschwert. Es wird nicht leicht 274 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

sein, alle die aus der gleichen Ursache hervorgegangenen Strungen sowohl des Bodens, als des eigenen Lebens, als der geologischen Bedingtheiten wieder in Ordnung zu bringen. Es bedarf einer Weltorganisation von bisher noch nicht dagewesenen Ausmaen, um sie durchzufhren. Da bisher auch nicht im entferntesten daran gedacht wurde, Ursache und Wirkung hier als eine Linie zu erkennen, liegt eben man mu sich immer wieder daran erinnern daran, da man noch niemals das Humusproblem als etwas Einheitliches und Ganzes betrachtete. Darum schrieb man ihm auch nicht alle die Folgen zu, die tatschlich mit ihm verknpft sind. Erst langsam wird die ganze, weltumspannende Bedeutung sichtbar, erst allmhlich wird man erkennen, da sich hier die Achse befindet, um die sich der Lebensstoff dreht und an die man nicht rhren darf. Trotzdem wird dem Menschen der Gegenwart und Zukunft nichts anderes brigbleiben, als diese Einsicht. Er mu auf das eingehendste nicht nur den groen Umbau studieren, sondern er mu ihn auch in seiner Vielfltigkeit verstehen und sich davor hten, ihn nur als Teilproblem, bestenfalls als einzelne Abschnitte eines unbekannten Kreislaufes zu betrachten, wie das bisher geschehen ist. Der Kreislauf ist aufgedeckt, die Funktionen sind in der groen Auswirkung berall bekannt geworden, und die noch notwendige Forschungsarbeit bezieht sich nur auf die Herausarbeitung und Zusammenstimmung vieler einzelner Details zu einer Gesamtheit. Durch den Menschen und sein unberlegtes Benehmen, seine Willkrlichkeit und seine Gewaltttigkeit ist der Umbau alles Toten und allen Abfalls seit langem in Unordnung geraten. Es liegt also an ihm, ihn wieder in Ordnung zu bringen. Es geht nicht an ich wiederhole es wegen der groen Wichtigkeit nochmals , groe Gebiete durch Strung des Wasserhaushalts und der strukturellen Zusammenfgung der Erde zu verden und dafr Flsse und Strme auf lange Strecken hin zu verschmutzen. Es ist ein untragbarer Zustand, Gebirge von Mll aufzutrmen und durch ganz unzweckmige Behandlung bis zu einem Vierteljahrhundert an der zielbewuten Umsetzung zu verhindern, Fulnis und Ansteckungsgefahr zu vertausendfachen und nutzlos zu verlngern, wenn anderseits die Menschen hungern, weil sich die Ertragsmglichkeiten der Ernten stndig verringern. Die Weltwirtschaft, die sich unabwendbar gegen eine Hekatombe von Widersprchen immer wieder von neuem durchsetzt, kann sich nur dann zu einheitlichen Zielen entwickeln, wenn sie nicht nur eine Weltbewirtschaftung der Produkte, sondern auch eine Weltbewirtschaftung aller Abflle und umbaureifen Substanzen mit umfat.

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IV. Kapitel

Die Humusverwstung
Unstabile Erdoberflche Wir knnen nach allem, was wir wissen, nicht daran zweifeln, da der Weltproze in den irdischen Ausmaen immer wieder zur Bildung gewaltiger Humusmengen fhrte. Der Zustand unseres Erdaltertums ist gekennzeichnet durch die ungeheuren Wlder des Karbons. Und immer wieder gibt es von da ab Waldperioden in der Vergangenheit unseres Ge stirnes. Bei der Ausschlmmung feinzermahlener englischer und Ruhrsteinkohle bleibt fast stets jener an Kieselalgen reiche Bodensatz zurck. Er allein beweist, da sich der Grund dieser vorweltlichen Waldmassen aus Schlammniederschlgen gebildet haben mu. Auch die Kieselgurlager, von denen bereits die Rede war, setzen Swassertmpel oder Teiche von mrchenhafter Ausdehnung voraus. Nachweisbar gab es unter den Diatomeen des Devons bereits die Gattungen Navicula und Fragilaria. Sie sahen genau so aus, wie die von heute. Sieben Schneckengattungen (eine davon heit Capulus) gingen seit dem Beginn der altertmlichsten Erdepoche, dem Kambrium, unverndert weiter. Das ist ein Zeitraum, den die Geologie auf beilufig 1 600 000 000 Jahre einschtzt. Fast ebenso betagt sind vier Gattungen winziger Kammerlinge (ihr wissenschaftlicher Name ist Foraminiferen) und vier Gattungen von Armfern (Brachiopoden), urzeitlichen Krebstieren, die mit dem Kopf in einer muschelartigen Schale festgewachsen sind. Man kennt sie gleich der Zungenmuschel Lingula seit dem ltesten Silur. Die einzige Umweltbercksichtigung, die diesen urweltlichen Geschpfen zugemutet wurde, bestand in einer Anpassung an die zunehmende Versalzung der Meere. Aber auch sie vollzog sich nur in unendlich langen Zeitrumen, da das Salz erst ganz allmhlich aus den Gesteinen herausgewaschen wurde. Es ist aber wahrscheinlich, da jedes stehende Gewsser Schlamm absetzte, der durch unermeliche Belebtheit schnell zu Humus ausreifte, sobald die Verlandung die entsprechenden Fortschritte machte. Er hat sich nur nicht erhalten. Er versank mit jenen Riesenwldern, die ein damals wohl ziemlich einheitliches Weltklima in allen Festlndern gedeihen lie. Und die denn auch in allen Kontinenten ziemlich einheitlich untergingen, von heien 276 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Geisern, Vulkanausbrchen, Bergstrzen verschttet und berschichtet. Man mu wohl annehmen, da das Ende des Erdaltertums mit einer ber alle Maen groen Humusvernichtung zusammenfiel. Das Bild, das man sich von den Folgen der Verwstung macht, ist das von flachen Mooren, Tmpeln, ausgebrannten Wsten. Es ist unschilderbar trostlos, und ein vernunftbegabtes Wesen wrde wohl daran gezweifelt haben, da es jemals wieder diesen ppig berschumenden Pflanzenberflu auf Erden gbe. Wenn man auch den Ursprung des Lebens auf unserem Planeten noch immer als ein unlsbares Rtsel betrachtet, so macht man sich doch etwas wie eine Vorstellung davon, wie die Pflanze entstand. Man denkt an elektrische Luftentladungen, aus denen solche erste Stickstoffverbindungen hervorgingen, die sich dann zu den gegenwrtigen hochmolekularen Eiweien entwickelten. Die sollen mit dem Regenwasser in die Oberflche der Gesteine eingedrungen sein, aus ihnen Salze ausgelst und sie gebunden haben und auf diese Weise aus einem neubegrndeten organischen Kreislauf nicht wieder in die organische Form zurckgefunden haben. Er knpfte sich in allem an das Sonnenlicht, von dem ja berhaupt die Pflanzenbildung bedingt ist. Denn man hat nun so oft beobachtet, da das Chlorophyllmolekl beim ersten Lichtstrahl, der es trifft, sich aufmacht und in Schraubenlinien dem Licht entgegenwandert, da Hypothesen gleich dieser viel Wahrscheinlichkeit fr sich haben. Wie immer auch die einzelnen Phasen sich abspielten das allerlteste Erdaltertum endete mit der ersten Vernichtung einer geschlossenen Makroflora, so wie es vermutlich mit der ersten Zusammenfgung zu einer Pflanzenformation begann. Was aber zwischen der ersten Gestaltung von blattgrnbesitzenden Lebewesen und ihrer vererbbaren Form als Gattung eines Gewchses lag davon wei man nichts und wird vielleicht niemals etwas wissen. Dieses unbekannte Ding Leben mag sich hunderte-, tausende-, zehntausendemale gewandelt haben, bis es auch nur annhernd mit der Organisation einer Gliederung in Wurzeln, Stengel, Bltter und Fortpflanzungsorgane fertig geworden war. Und was die Frhstufen der irdischen Flora angeht, so ist von ihnen weniger als aus der Tierwelt auf uns gekommen. Nichts davon reicht ins Kambrium zurck. Denn das Urgras (die Forschung nannte es Psyllophyten), dessen Abdrcke man in bhmischen Steinkohlenflzen fand, ist wirklich nur primitivste Form, lang, dnn, ohne Blte und Frucht, gleich einem flutenden Algenfaden. Nachdem sich nun aber vom Palozoikum ab ein periodisches An- und Absteigen der Humusbildung bis zur Erdneuzeit verfolgen lt, in welchem die Perioden wtender Katastrophen durch Gebirgsauffaltung, Meereseinbrche und Vereisungen eigentlich nur kurze Unterbrechungen darstellen, kann man sich schwer der Folgerung entziehen, da ein solcher Ablauf irgendwie gestirnsgem typisch sein drfte. Vielleicht sind es Gliederungen, die zur unabwendbaren Vergnglichkeit der Erde gehren. Vielleicht sind http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 277

sie sogar nicht nur irdisch, sondern auch durch kosmische Ursachen bedingt. Man braucht durchaus nicht an die Katastrophentheorien eines Cuvier zu glauben, aber in scharfen Abschnitten massieren sich auf jedem Kontinent soweit er whrend der Vergangenheit Kontinent blieb epochale Vernderungen, die sich auch als Vernderungen in der Tier- und Pflanzenwelt unleugbar aussprechen. Und zu dieser Grostufe solcher meist ber alle Begriffe heftigen und tiefgreifenden Umwandlungen gehrt jedesmal die massenhafte, durch bergeordnete Gewalten bedingte Zerstrung riesiger Humuslager. Sie kehrt wie in einem figurenreichen Reigen immer wieder, sieht sich jedoch in ihrem Nacheinander erstaunlich hnlich. Alles, was Festland war, wurde von steten Umwlzungen betroffen. Unverndert blieben nur die unterseeischen Landschaften in den Tiefen des Pazifiks, und eben in ihnen erhielten sich jene wenigen altertmlichen, zu Eingang dieses Kapitels erwhnten Geschpfe als einzig stabile Lebensformen. Die Oberflche der Festlnder aber unterlag einem zyklushaft sich auswirkenden Ablauf von Vernderungen. Durchfeuchtung, Klimamilderung, Steigen des Grundwasserspiegels sind unzertrennlich von ihnen. Wsten wandeln sich in Halbwsten und Steppen, Steppen in Prrien, Prrien in Parklandschaften, Parklandschaften in Wlder. Weithingebreitete Seespiegel verlanden zu Smpfen und wehen bald danach mit einem Meer wogender Halme. Und ber allem steigt titanisch ein Urwald herauf, riesenhaft in seiner Lebensflle, riesenhaft auch in seinem zh umkmpften Untergang. Dann aber dreht sich das Rad zurck. Dieselben Etappen tauchen von neuem auf. ber Parklandschaft und Prrie drrt sich das Land zur Steppe aus, die zuletzt ihr Pflanzenkleid abwirft und zum Flugsand oder Kiesgerll einer Wste wird, mit glitzernden Salztmpeln durchwoben. In erbarmungsloser Nacktheit liegt sie fahl unter einem leeren Himmel. Bis in 40 cm Tiefe ist der Wstenboden tot, man findet nicht einmal Spuren von Leben, er ist ins Reich der Mineralien zurckgekehrt. Das ist das, was ich natrliche Humuszerstrung nennen mchte. Sie ist ein langsamer Weg natrlicher Verdung, der sich ber Jahrhunderttausende hinzieht. Meist aber wird ein jhes Ende gemacht. Eine Meerestransgression, das Aufbrechen von Vulkanketten, Erdbeben, sintflutartige berschwemmungen fegen ein Gebiet von Leben rein. Die Begrnung durch die Pflanzen immer beginnen die Pflanzen vollzieht sich, wie man es nach dem schon erwhnten Ausbruch des Krakataus beobachtete: Nach drei Jahren sproten auf der mchtigen, erstarrten Lavenschicht 11 Farne, zwei Arten von Krbchenbltlern, zwei Arten von Grsern. Aber vordem waren schon jene bereits beschriebenen Lithobionten in Gestalt unzhliger Blaualgen (Cyanophyceen) da, die sich gleich einem unsichtbaren Schleier ber Bimssteine, Aschen und Obsidiane spannten. (Es sind das dieselben Blaualgen, die 278 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

man auf Vorarlberger Sandsteinen auf einer scheinbar vllig nackten Oberflche mit 22 000 Individuen auf einen Zentimeter Grund zhlte. Dazwischen krochen und pendelten annhernd 2000 Kieselalgen auf demselben Raum hin und her.) Selbstverstndlich beginnt das Leben immer von neuem. Auch das ist eine der unabnderlichen Eigenschaften des Irdischen, da das Leben ber jede Behinderung weitergeht, da es keine noch so grauenhafte Form der Verwstung gibt, die es zuletzt nicht doch berwindet. Jeder Zustand der Erde, er sei so denkbar ungeeignet wie immer, wird unter natrlichen Verhltnissen zuletzt doch Trger einer Vegetation. Die Vegetationstypen sind unter sich unendlich verschieden, aber das ist ihnen bis zu den allerextremsten gemeinsam, da sie zur Bildung der Trockensubstanz von Gewchsen der 200-1000fachen Wassermenge bedrfen. Dieser Wasserbedarf wird auf die verschiedenste Weise gedeckt. In der Wste ist es fast ausschlielich der Tau, in humusreichen Gebieten besorgt der Humus den Wasserhaushalt, denn er saugt sich nach jedem Regen wie ein Schwamm voll. Die Trockensubstanz der Pflanzen selber ist zu 55-60 Prozent ein Geschenk des Sonnenlichtes. Der Kohlensurebestand der Luft, der normal drei Prozent betragen soll, liefert ihn durch Assimilation. Aber die restlichen 4540 Prozent Trockensubstanz mu die Wurzel wiederum aus dem Boden herausholen, der sie keineswegs freiwillig hergibt. Denn die Salze und Metalle sind ja nicht lose umherliegend, sondern mssen mit viel Anstrengung zuerst von den Unterirdischen freigemacht und aufgeschlossen werden. Wo sie knnen, trachten sie, dem Kreis des Lebens zu entfliehen, und da das nicht geschieht, liegt einzig daran, da der lebendige Leib sich ihrer vielgestaltig bemchtigt und sie nicht loslt, weil er sie nicht entbehren kann. Die Unterirdischen bringen sie den Oberirdischen dar, und die Oberirdischen geben sie schleunigst an die Unterirdischen weiter. Mittelstation ist ich mu das immer wieder betonen einzig der Humus. Wo der Humus fehlt, fllt der mhsam aufgebaute Ring auseinander. Die Teilnehmer flchten nach allen Seiten. Sie wieder zusammenzubringen, kostet schwere Mhe. Darum bedeutet Humusverwstung auch vom Standpunkt der Erdoberflche und ihrer Entwicklung aus eine so schwierig wieder gutzumachende Beeintrchtigung. Denn wenn die Strung einmal so weit gediehen ist, dann betrifft sie nicht nur das fertige Produkt Humus, sondern noch viel mehr jene Faktoren, ohne die er nicht entstehen kann. Auch sie werden mitvernichtet. Das Zerfallen der Kreislufe schafft ein Chaos, das den ganzen irdischen Werdeproze aufhlt, abbiegt, erschwert. Und zu der Neubildung vom Humuslagern gehrt als Voraussetzung immer wieder der Urwald, der aber selber wieder nur ein Schluverein aller vorhergehenden Pflanzenformationen ist. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 279

Nun wird spter zu der Frage Stellung genommen werden mssen, ob diese augenscheinliche Unstabilitt der Erdvergangenheit wirklich eine unter allen Umstnden unabnderliche ist. Oder ob sie nicht durch Zusammenhnge erzeugt wird, die abnderbar sind und eines Tages auch abgendert werden. Ob die Einteilung in verschiedene Erdperioden, von denen eine immer auf der Zerstrung der anderen aufgebaut ist, eine Entwicklung bedeutet, von welcher wir freilich kein Ziel und keinen Sinn kennen. Die Geologie hat diese Frage so przise freilich niemals gestellt. Sie hat vorderhand genug zu tun, den Ablauf der Perioden zu klren und ein plastisches Bild jeder einzelnen zu geben, was um so schwerer ist, je weiter die Vergangenheit in die Jahrmillionen zurckreicht. Wir knnen also vorsichtshalber nur von der Konstellation unserer Erdoberflche ausgehen, so wie sie sich bis jetzt in unserem Wissen malt. Und da allerdings sieht sie so aus, da eine periodische Humusverwstung in sehr langen Zeitrumen unvermeidlich zu sein scheint. ber den Zweck einer solchen erdgeschichtlich sich wiederholenden Humusverwstung wissen wir also so gut wie nichts. Wir mssen uns nur aus analogen Vorgngen sagen, da sie den gerade vorhandenen Lebensformen im hchsten Mae unbekmmlich war. Denn es lt sich die Meinung vertreten, da jedesmal mit ihr eine fast vllige Neugestaltung der Flora und Fauna zusammenfllt, die selbstverstndlich nicht zufllig geschah. Verschiedene Erdzeitalter konnten sich von diesem jeweiligen Zusammenbruch der Lebensgestaltung wieder erholen. Wie denn berhaupt auch die grauenhaftesten Katastrophen irgendwann einmal wieder ausgeglichen wurden und die Dominante des organischen Lebens dann wiederum die Geschehnisse auf der Erdrinde beherrschte. Die Zustnde in Europa dagegen sind ein anschaulicher Beweis dafr, was geschieht, wenn ein Erdteil das kontinentale Unglck einer ausgiebigen Vereisung nicht nur nicht mehr durch seine natrlichen Behelfe ausgleichen kann, sondern wenn gleichzeitig auf ihm Geschpfe von hoher Intelligenz und starker Fortpflanzungsfhigkeit entstehen, welche die Erdoberflche fr sich beanspruchen und Verstand und Energie genug besitzen, um diesen Anspruch durch zahllose Erfindungen auch praktisch durchzusetzen. Dafr (und fr die Rcksichts- und Einsichtslosigkeit, mit der das geschah) ist die Entwicklung von Europa und seiner weien Rasse ein schreckhaft klares Beispiel. In Europa begann die letzte aufbauende und ergnzende Humuszunahme erst mit dem Quartr. Das Quartr (wenn man es denn schon als ein selbstndiges Erdzeitalter gelten lassen will) war in keiner Weise geeignet, das frchterliche Minus der eiszeitlichen Verwstung auszugleichen. Es besa weder das Klima, noch die kontinuierliche Ruhe gnstiger Entfaltungen dazu. Und mit ihm kam der unerhrt erfinderische, zhe, unbeschreiblich anpassungsfhige europische Mensch. 280 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Die seit 300 000 Jahren schwach ansteigende Linie des kontinentalen Humusneuaufbaus wurde durch ihn und die durch ihn heraufbeschworenen Schicksale in absteigendem Sinn gekreuzt. Seit annhernd 5000 Jahren ist sie darum nur noch absteigend. Vom Diluvium ab wurde ein Groteil der damaligen Tierwelt ausgewechselt. Die Riesen der Sugetierwelt haben sich in allerletzten Nachfahren nur noch in den quatorialen Lndern erhalten. Sie sind ich sagte das schon, denn es ist ja allgemein bekannt im natrlichen Aussterben begriffen. Von einer Neuentwicklung neuer Formen ist nichts zu bemerken. Zwar ist deutlich eine grere und vielfltigere Ausntzung der Lebensrume durch viele Klein- und Kleinstformen zu erkennen, aber es ist keine Rede von der Bildung neuer Arten. Selbst der Mensch mit seinen hchst erfolgreichen Zuchtversuchen konnte bisher nur die vorhandenen nach allen nur denkbaren Richtungen und Beanspruchungen variieren. Die gegenwrtige Tierwelt ebensowenig als die vorvergangene trgt von sich aus nichts zur Humusverwstung bei. Denn wenn auch Insektenschdlinge gleich Nonne oder Borkenkfer groe Forste kahlfressen, so sind das eben Forste und keine Naturwlder, in denen es durch die harmonische Verteilung der Bume keinen solchen Kahlfra gibt. Das gleiche gilt fr Plantagen, also fr Obstfliegen, Kakaoluse u. . Immer handelt es sich dabei um entnatrlichte Monokulturen, die eben darum leichter jeder Schdigung zum Opfer fallen. Das Problem solcher Geschehnisse liegt auf einem anderen Gebiet. Es rechnet zu den unzhligen Fragen, wie vom Menschen verursachte Disharmonien am besten auszugleichen sind. Sonst aber beteiligt sich kein Tier in gefhrlicher Weise am Humusschwund. Tiere leben und sterben, ob sie nun Hufe, Klauen, Flossen oder Flgel und Krallen tragen, ob sie mit Chitin, mit Fellen, mit Schuppen, Schleimhuten oder Federn bekleidet sind, ob sie Gras, Fleisch, Laub, Frchte oder Aas fressen. Sie kommen direkt oder indirekt aus dem Humus und sie gehen, wo immer, in den Humus ein. Selbst die Tierwelt des Meeres ist davon nicht ausgenommen. Denn mit den namenlosen Gebirgen einer fernen Zukunft, die sie nach ihrem eigenen Tod mit Kohlenstoff und allen brigen lebensnotwendigen Stoffen anreichern, steigen auch ihre berreste wieder ans Licht empor, verwittern frher oder spter und gliedern sich in den mit dem Edaphon beginnenden Kreislauf der Lebensformen ein. Ob Jahrhunderte oder Jahrhunderttausende dazwischen liegen, tut nichts zur Sache. Zeit, die fr uns eine solche Rolle spielt, wird bedeutungslos, sobald sie unserer eigenen Kurzlebigkeit entrckt ist. Denkt man an die Fleischberge der Saurieraera, so mu man einsehen, da auch sie sich augenscheinlich den Gesetzen der Humusneubildung ein http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 281

ordneten. Die meisten von den gigantischesten Formen waren scheinbar Sumpfbewohner. Sie verzehrten also wohl nur in maloser ppigkeit aufwuchernde Wasserpflanzen und bereicherten zugleich den Faulschlamm am Grund mit ihren enormen Ausscheidungen. Es konnte kaum ein Verarmen der Bden durch sie gegeben haben. Ohne da ihnen in ihrem erbrmlich schlecht ausgebildeten Gehirn darber jemals ein Gedanke aufging, sorgten sie fr ihre eigenen Dngerstoffe, denn sie waren schon ihrer eigenen Krperschwere wegen unbeweglich, wanderten nicht, sondern blieben an Ort und Stelle. Die riesigen Herden von Weidetieren aber, die dann zu Beginn des Tertirs als frhzeitliche Pferde, Schweine, als jene sonderbaren Nashrner und ausgestorbene Nager auf offenen Savannen und endlosen Prrien lebten, zerstrten ihre Natur ebensowenig, wie sie die Millionen von Bisons zerstrten, die unabsehbare Epochen lang ber den nordamerikanischen Kontinent zogen. Raubtiere aber haben sich niemals um den Boden, auf dem sie jagten oder ihre Jungen grozogen, gekmmert. Sie nehmen am Aufbau und Abbau des Humus nur sehr indirekt teil. Hchstens die Schakalartigen verzehren bei groem Hunger auch Pflanzliches, und das ungern und selten. Auch sind Raubtiere niemals in Massen vorhanden. Sie brauchen einen sehr groen Lebensraum, nur Wlfe streifen in kopfschwachen Rudeln, die Katzenartigen tun es keinesfalls. Es liegt ganz auerhalb ihrer Lebensmglichkeiten, auf Zustnde der Erdoberflche einzuwirken. Wie immer man also die Frage frheren Humusverschwindens betrachten mag, man mu die Fauna als Ganzes dabei vllig ausschalten. Auch die menschenhnlichsten von allen, die Affen, haben kein Interesse daran, sich mit der Erde zu beschftigen. Sie sind fast ausschlielich Baumbewohner. Und was Insekten anlangt, so sind sie einzig auf der aufbauenden und umbauenden, aber niemals auf der humusverschwendenden Seite ttig. Im ersteren Fall sind sie unentbehrlich wir wissen es ja um so unentbehrlicher, je kleiner und unscheinbarer sie sind. Die gesamte Tierheit hat in keiner Periode, weder jetzt noch frher, in das Gleichgewicht der Humuserneuerung eingegriffen. Das erste Geschpf, das auf Erden in dieser Beziehung (oder, besser, auch in dieser Beziehung) aus dem scheinbar fr alle Zeiten vorgeschriebenen Gang der Dinge selbstherrlich heraustrat, war der Mensch. Wann und wie setzte die Verwstung durch den Menschen ein? Aber auch der Mensch der Urzeit hatte mit der Erde noch nichts zu tun. Denn er lebte, alles in allem, eigentlich nur als Tier unter Tieren, einflusslos auf seine Natur, die ihm mit bermchtigen Gewalten gegenber-

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stand. Er jagte wie ein Raubtier. Aber er mu wohl von Anbeginn an unvergleichlich erfindungsreicher und intelligenter gewesen sein, als alle Raubtiere, die er kannte. Zum erstenmal sind wir nicht nur auf unsere Vorstellungskraft angewiesen, wenn wir versuchen, uns ein Bild dieses Frhmenschen zu malen. Es gibt noch genug wildlebende Stmme, aus deren Lebensgewohnheiten wir ablesen knnen, wie unser frhester Vorahn es mit seinem Dasein gehalten haben mag. Denn abgesehen von den nrdlichsten Eskimos, die wirklich nur von Fleisch leben und ihren Bedarf an Kohlehydraten durch Tran, also Fett decken, gibt es heute keinen Stamm, der ausschlielich nach Art von Carnivoren sein Dasein erhlt. Fast immer werden wenigstens Smereien der tierischen Nahrung zugefgt. Diese Smereien sammeln zumeist die Frauen von wilden Grsern, Leguminosen und anderen Gewchsen. So wird es auch der Urmensch gehalten haben. Die nchste Stufe ist dann ein meist hchst barbarisches Ausrotten solcher Gewchse, die sich als unntzlich erwiesen haben. Man duldete sie nicht auf einem gewissen Platz, weil sie jenen, die man brauchen konnte, dort den Lebensraum wegnahmen. Blattschneiderameisen handeln hnlich, und es gibt auch andere Ameisenarten, die nur ein paar Grser allein auf ihren Bauten aussen und abernten, whrend alles brige ausgejtet wird. Es ist das gewissermaen wohl die primitivste Art Landwirtschaft, die den Menschen noch in nichts ber das Tier erhebt. Wie lange es dann dauerte, bis man bei der Errichtung eines Hochackers hielt, ist gar nicht zu schtzen. Sagen wir lieber so: In der keltischen Vorzeit gab es noch immer Hochcker. In China bedient man sich sogar heute noch ihrer in gewissen weit entlegenen Provinzen und fhrt gut damit. Denn vielleicht ist hier einst die Idealform des Gartenbeetes erfunden worden. Als der Bilang (wie er mit der keltischen Bezeichnung heit) scheinbar zuerst in der Menschheitsgeschichte auftauchte, lebte man aber wohl bereits in Pfahldrfern. Der herumschweifende Jger war sehaft geworden. Freilich wurde er es erst nach einer fr uns unendlich langen Frist, und wir kennen die direkte Ursache, die ihn dazu antrieb, durchaus nicht. Aber nun besa er Land, Haus, Herde. Von Dngung wute er nichts, wohl aber von Bodenbearbeitung. Denn man hat Reste von solchen urzeitlichen Bifangen aufgedeckt, die fast einen halben Kilometer (nmlich genau 400 m lang) sich ausdehnten. Sie lagen ursprnglich an den versumpften Ufern lngst verlandeter Seen auf der Bayerischen Hochebene, gegen das Versinken im schwammig weichen Grund durch eine Basis von aufgeschttetem und festgestampftem Kiesschotter geschtzt. Auf diesen zuverlssigen Sockel warf man gute Humuserde, die man dann zweifellos sorgfltig bearbeitete. Man kennt nicht die Instrumente, die zu diesem Zweck erfunden worden waren. Aus mancherlei Studien kann ich mir zusammenreimen, da man noch http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 283

nicht mit Handpflgen umzugehen verstand. Vielleicht bentzte man steinerne Hacken. Denn die wurden seit allerfrhesten Tagen zu allen nur denkbaren Dingen angewendet. Kannte man schon den Wert der Brache? Nichts verrt es. Vielleicht begngte man sich damit, die ausgebrauchte Erde abzurumen und nach einiger Zeit durch frische zu ersetzen. Darber fehlen uns alle Angaben. Doch gibt es eine Tatsache, die auf genaue und richtige Beobachtung schlieen lt. Entsprechend dem Humusniveau des europischen Festlandes begngte man sich im Alpenvorlande, in der Gegend des Mangfallgebietes und am Starnberger See mit 30 cm Dammerde, die dort mit einer Art Karst und Haue behackt wurde. Aber auch hier war der Pflug noch nicht in Gebrauch. Lange blieb man bei diesen Hochckern. Sie gingen aus der Jungsteinzeit ber die paneuropische Epoche der Hallstatt-, Bronze- und frhen Eisenzeit in die historischen Zeitalter hinein. Erst im 8. Jahrhundert fing man bei uns an, die heute noch blichen Flachbeete anzulegen. Auf solchen Flachbeetckern ste man ausschlielich Pflanzen, die der heimischen Flora entstammten. Ein wenig Einkorn (Triticum sativum monococcum), das ja berhaupt das Getreide des europischen Urmenschen war, wenig ergiebig, aber unverwstlich. Dazu Hafer, Gerste, Flachs, als Hlsenfrucht eine kleine, wilde Linse, um des les willen Raps (Brassica napus oleifera). brigens ist der Hochacker keineswegs nur eurasisch. Die virginischen Algonkinindianer legten ihn ganz hnlich in ihren prhistorischen Drfern an, innerhalb der Einpfhlung, die ihre Htten umschlo, nur pflanzten sie darauf Mais und eine Art ser Kartoffeln. Schon damals begann jene prinzipielle und sehr folgenschwere Gegenberstellung der menschlichen Lebensformen. Heute ist sie von keiner groen Bedeutung mehr, aber Jahrtausende hindurch war sie die Ursache tdlicher Feindschaft und tdlichen Miverstehens. Der Ansssige und der Nomade gliederten sich aus dem gemeinsamen Ursprung des Jgers heraus. Aber auch unter den frhzeitlichen Nomaden gab es eine Art von Ackerbauern. Sie war freilich ihrer wurzellosen, besitzfremden Lebensform angepat. Aber auch sie bestand lange Perioden einer Przivilisation hindurch, denn unter den obwaltenden Umstnden bewhrte sie sich als allein Angebrachtes. Als die ersten arischen Nomaden von Asien nach Westen wanderten, zogen sie gemchlich, von Ernte zu Ernte, wie sie ihnen die stlichen Ursteppen um 2000 v. u. Z. berall bescherten. Ihr Weg war beherrscht von einem groen und unbegrenzten Zeithaben, wie wir Sptgeborenen und Arbeitsgehetzten es lngst nicht mehr kennen. Im Frhjahr errichtete die Sippe leichte Flechtwerk- oder Tierhauthtten. Darin hauste sie, bis der locker mit sten oder Grabstcken aufgebrochene Boden die Ernte reifte. Sie waren Weizenesser, diese hellhutigen Nomaden, 284 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

und wahrscheinlich brachten sie als erste das Korn des Ostens nach Mittel europa. Mit ihren Zugochsen, spter wohl auch mit kleinen Wildpferden, pflgten sie vielleicht sogar schon. Aber die Pflge hatten noch lange keine eiserne Pflugschar. Mglicherweise glichen sie nur dem Kalo der Ukrainer, die einfach einen jungen Baum ausgraben und ihn mit seinem ganzen Wurzelstock gegen die Erde pressen, um diese aufzuwhlen. Mit steinernen Sicheln und Messern scheint man die hren geschnitten zu haben. Es ist anzunehmen, da man bereits verstand, sie mit Hilfe der Ochsen auszudreschen. Und dann eines Tages verlie man die Flechtwerk- oder Tierhauthtten und die abgeernteten Felder, die nie wieder bebaut wurden und ber die oft erst nach Jahrtausenden ein richtiger Pflug hinging, gelenkt von Menschen anderer Rasse, zu anderer Zeit und mit vllig anderen Lebenssitten. Diese Gewohnheit des Sens, Erntens und Weiterziehens war auch sonst das allgemein bliche. Dann und wann hielt man auch lnger an einem Platz aus. Mag sein, man wre gerne fr immer geblieben. Aber die weder gedngten, noch bewsserten Felder mitten in der Steppe oder auf Inseln erschpften sich nach ein paar Generationen. So muten neue Felder angelegt werden. Also ein ewiges Wandern, ein ewiges Weiterziehen, eine nie gestillte Unrast und die unsgliche Primitivitt der Lebensgewohnheiten aller Nomaden. Denn solches Nomadentum bildete sich ja nicht freiwillig oder aus einer ganz bestimmten Wesensart heraus, als Eigentmlichkeit der oder jener Rasse, sondern zwangslufig als eine Art von Schicksal, die immer wieder zum Verhngnis wurde. Es entstieg der schlecht durchgefhrten und in seiner Bedeutung miverstandenen ersten Art von Ackerbau als Dmon der Heimatlosigkeit. Man mute fortziehen, man konnte nicht bleiben, man durfte nicht bodenstndig werden, denn der Boden selber duldete es nicht. Er erhob sich gegen den Menschen, er wehrte sich gegen das Joch einer Bewirtschaftung. Gleich der Herde der Weidetiere, die auch auf einem unverhltnismig groen Raum zu grasen gezwungen ist, und als Bison oder Ren viele Tagesmrsche whrende Zge unternehmen mu, wanderten auch die Nomadenvlker als kleine oder zahlreiche Menschenherde dahin, der Fata- morgana einer festansssigen Zivilisation nach, die sie nie erreichten. Aber nicht nur auf der Ursteppe zogen die Nomadensippen umher. Die Frhzeit prgte Menschheitsformen aus, die sich unter hnlichen Verhltnissen bis in die Gegenwart erhielten. Die hinterindischen Vlker der Katschin und Karen roden immer noch mit Grabstcken, brennen dann, was von Busch und Baum brigbleibt, und sen in die Asche. Sie ahnen nichts von Dngung, nichts von Bewsserung. Ist das rohe Feld erschpft, so legt man anderswo neue cker an. Denen geht es nach ein paar Menschenaltern ebenso. Wenn dann nach so und so vielen Regenzeiten der Urwald nachgewachsen ist, kehrt der Stamm wieder an die frheren Pltze zurck, rodet neu, brennt neu und st neu. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 285

Ganz abgesehen davon, was an Lebewelt dabei zugrunde gerichtet wird, ist diese uerst extensive Methode der Landbebauung nur auf einem groen und sehr menschenarmen Gebiet mglich. Denn sobald die Besiedelung dichter wird, fehlt der Raum zum stndigen Hin- und Herziehen. Dann bleibt nichts anderes brig, als die Abwanderung, das Weiterfluten dieser unruhigen Menschenwelle, die zu keiner wirklichen Sehaftigkeit gelangen kann. In winzigen Ausmaen beginnt hier die erste Humusverwstung. Freilich mit der Mglichkeit eines vollkommenen Ausgleiches und demzufolge noch ohne jede grere Bedeutung fr Klima und Boden. Aber im Prinzip ist diese Einstellung bereits von derselben unwissenden Verantwortungslosigkeit getragen, deren Konsequenzen wir heute schaudernd erleben. Das Abbrennen und oft noch in die heie Asche Sen war einst auf der ganzen Welt blich. Von Ruland und Sibirien bis zu den Bainingvlkern auf der Gazellehalbinsel und den Melanesiern der Sdsee, von den kirgisischen Buschsteppen bis zu den Indianern des Amazonas-Gebietes zieht sich ein breiter Grtel verbrannter Wlder, rauchender Buschfeuer, trbselig zum Himmel starrender, verkohlter Baumskelette. In Australien bin ich im Sden und Sdosten stundenlang durch solch barbarisch vernichtete Natur gefahren. Aus weiten Weizenfeldern standen gleich Tabustcken bser Dmonen berall die beruten Ruinen von Rieseneukalypten, die zu entfernen man sich nicht einmal die Mhe genommen hatte. Indianer und afrikanische Eingeborene ziehen unbekmmert weg, sobald ihr Taro- oder Maniokfeld, ihre Durrah- oder Erdnupflanzung unfruchtbar geworden ist. Sie verschwenden keinen Gedanken daran, was aus ihm wird. Sie errichten neue Felder, neue Htten. Sie sind es seit Jahrtausenden so gewhnt. Einer bermchtigen Natur gegenber kennen sie nichts anderes. Die jngsten Forschungen ber die Mayas erzhlen uns, da diese einst wegen Erschpfung ihrer Bden Guatemala verlieen (man denke sich, die beispiellos ppigen Urwlder Mittelamerikas!) und nach Mexiko auswanderten. Sie hatten in ihrer Heimat eine bewunderungswrdige Kultur geschaffen, die Jahrtausende hindurch sich ohne das geringste Absinken erhielt. Sie ging auch nie durch die Angriffe von Feinden von auen her zugrunde, denn der Wall der grnen Wildnis wehrte erfolgreich alle Angreifer soweit es berhaupt damals in dieser Weltgegend welche gab ab. Aber Brgerkriege und Brudermord brachen in die alten und vornehmen Familien ein, als erst die Nahrung knapp wurde. In ihrer Heimat zu leben, war ihnen nicht mehr mglich. In der Fremde wurden sie als Kulturvolk niemals heimisch. Sie, die begabten, sanften, liebenswrdigen Maisesser, die, so lange sie sich erinnern konnten, in den warmfeuchten, fruchtbaren Brodem ihres Urwaldes eingebettet gewesen waren, vermochten auf der sonnenstarrenden, windharten mexikanischen Hochebene nicht Fu zu fassen. Auch heute noch sind ihre Nachkommen armselige, unwissende, eingeborene Knechte ... 286 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

In Argentinien, dem auserwhlten Weizenland, betrieb man bis 1930 Landwirtschaft nur als dngerlosen Raubbau. In Griechenland demselben Griechenland, das nach Platos Kritias einst von den herrlichsten sdlichen Laubwldern bedeckt war wird auch jetzt noch von den Bauern kaum je gedngt. Indien kennt den Begriff einer zielbewuten Bodenpflege durch die Hand des Eingeborenen auf weiten Gebieten noch nicht einmal dem Namen nach. In Brasilien sieht die allgemeine Rechnung des Farmers so aus: Den Urwald roden (das heit natrlich abbrennen), aus dem Boden pro Jahr zwei bis drei Vollernten herausholen, ausntzen, was auszuntzen ist. Fnfzig Jahre lang ist der beste Bauernhof wirklich wertvoll, lnger nicht. Dann wird der Boden wertlos, denn niemand denkt auch nur daran, seine fruchtbare Kraft zu erhalten. In diesem Stadium ist die ganze Plantage praktisch unverkuflich, ja, selbst als Mustergut vordem bekannter Grobesitz ist es bereits schon 10-15 Jahre frher. Die Kaufsumme verlohnt sich faktisch fr den neuen Besitzer nicht mehr, denn er hat Familie und mchte doch seinen Shnen einen gesicherten Betrieb hinterlassen. Schlielich verfllt das Haus, und die brigen Wirtschaftsgebude gehen in dem ppigen Klima binnen kurzem zugrunde. Der bisherige Besitzer sichert sich vom Landagenten ein neues, frisch zu rodendes Gebiet. ber das ausgesogene Land aber wchst wenn es gut geht abermals der Urwald hin, der in seinem unerschpflichen Reichtum wieder die Snden der Menschen gutmacht. Solange gutmacht als es noch Urwlder gibt! So ist es auch in Wisconsin, auf den einst hchstwertigen, rostfarbenen Waldbden. Sie waren einmal so wertvoll, da man sich kaum der Arbeit des Pflgens unterzog. Man kratzte nur eben flache Furchen zwischen verkohlten Wurzeln und vom Feuer halbzerfressenen Stubben. Die Mhe war gering. Denn man grub kaum 10 cm tief. Ste, erntete, ste, erntete. Die oberste, rasch abgebrannte Bodendecke wirkt sich wie eine konzentrierte Mineralsalzdngung aus. Darunter liegt fruchtbarster Humus. berschwnglich trgt das Land, solange eben noch etwas Asche und Humus brig ist. Aber die brutale Vernichtung der Wlder bringt stets ein Trockenerwerden des Klimas mit sich. Bei einer Niederschlagsmenge von 750-1000 mm im Durchschnitt sinkt denn auch das Fruchtbarkeitskapital, das einfach nur ausgebeutet und nicht ersetzt wird, bengstigend rasch. Zuerst verschwindet von den wichtigen Bodenbestandteilen der Kalk. Damit nimmt die Versuerung rasch zu. In 25-30 Jahren lohnt sich der Anbau nicht mehr. Die Farm ist unergiebig geworden. Ein kmmerliches Zwischending zwischen Busch und Scrub fristet sein armseliges Dasein. Der Boden ist so ausgeplndert, da nicht einmal ein Wald mehr auf ihm Fu fassen kann. Vielleicht in 100 Jahren wieder einmal ... Heute rechnen die verantwortlichen Wirtschaftslenker in USA allen Ernstes damit, da die besten Bden berall schon unter den Pflug genommen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 287

worden sind. Die gegenwrtig ausgentzten 1,48 Milliarden ha lassen sich hchstens flchenmig noch auf 1,6 Milliarden ha vermehren, was aber in der Ernte nur einen Zuwachs von 8 Prozent bedeuten drfte. Was darber hinausgeht, mte eine solche Klimaverschlechterung nach sich ziehen, da der endgltige Schaden den endgltigen Nutzen bei weitem berwiegen wrde. Wenn auch der Sinn und die Erwgung fr eine Ernhrung des Bodens viele Menschenalter hindurch vllig fehlten, so sah der Ackerbauer der Vorzeit doch wohl relativ frh ein, da er ohne Wasser nichts ausrichten konnte. Lange, bevor der Mensch daran dachte, seinen Acker zu dngen oder sonst auf irgendwelche Weise den Humus zu ersetzen, traf er die unterschiedlichsten Anstalten, um ihn zu bewssern. Bereits die Karthager (und es ist anzunehmen, da sie schon Vorgnger besaen, deren Nachahmer sie waren) zeigen sich mit der Anlage von Wasserstollen zum Fllen der Kanle vertraut. Es scheint, da ihre nchsten Vorbilder jene uns fast unbekannten autochthonen Vlker waren, die vor ihnen in Nordafrika und auf den Kanarischen Inseln lebten. Die schon waren sich darber klar, da z. B. die Sdhnge des Atlas ein einziges, weit ausgedehntes, enorm wichtiges Gebiet zur Bewsserung seien, weil die dort berall leicht zu erreichenden Quellhorizonte die Grundwasser ans Licht des Tages entlassen. Wir kennen heute noch im Oasengeviert uralte Brunnen, deren Entstehung weit in graue Vorzeit zurckreicht. Auch nimmt man von dem uralten Sulenbrunnen beim Dorf Gasturi auf der Insel Korfu an, da er noch punischen Ursprungs, also weit ber tausend Jahre alt sei. Die Karthager trachteten, mglichst keinen Tropfen der kostbaren Feuchtigkeit verlorengehen zu lassen. Sie durchsiebten die Randgebirge der Sahara mit zahllosen Stollen, die mit tief hineingetriebenen Bohrlchern die unten rauschenden Grundwasserstrme anschlugen. Die Groe Syrthe, einst berhmt ob ihrer unermelichen Ertrgnisse, wurde auf diese Weise versorgt. Aber seit die Araber aus der Wste herauf in Lybien und gypten einbrachen, verfielen die Kanle, und die Bohrlcher leiteten keine Spur Feuchtigkeit mehr in sie. Und damit verdorrten die Tausende von Terrassenfeldern, die der Knigin Afrikas, der berreichen Weltstadt Karthago, Korn, Frchte und Gemse lieferten. Ein viel weniger bekanntes Beispiel hat man in Ostturkestan vor annhernd einem Jahrzehnt aufgedeckt. Dschingis Khan prete mit Gewalt alle waffenfhigen Mnner als Krieger unter seine Feldzeichen. Das Land, nur bebaubar durch eine weitausgedehnte knstliche Bewsserung, deren sich vielfltig kreuzende Kanle von Wassermhlen und Schpfbrunnen gespeist wurden, erlag ohne diese Pflege. Damit ging die uralte Kultur von Turfan dahin. Die Stdte muten verlassen werden. In die fast immergrnen Fluren brach die Wste ein. Die Palste mit ihren Fresken und ihren Skulpturen wurden unter Staubstrmen begraben. Hier erhob sich einst ein Zentrum fernstlichen Wissens, das vom Schwar288 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

zen und Kaspischen Meer bis zum Balkasch-See reichte, das bis nach Persien und ins Hochland von Pamir hinein ausstrahlte und in dem man alles Wissen der zeitgenssischen Welt in Handschriften von gelehrten Iraniern, Tocharern und Uiguren sammelte. Auf mhevollen Expeditionen wurden von alledem wieder Spuren ausgegraben, die noch ein Bild einstiger Gre schwach widerspiegeln. Versunken und vergessen ist diese Vergangenheit, so da man Jahrtausende hindurch nicht einmal mehr die Namen der Vlker kannte. Aber es gibt keine Kultur, die weiterlebt, wenn der Acker, von dem sie sich ernhrt, verdet. Und da die Menschheitsgeschichte voll ist von solchen ausgeplnderten und verwsteten Ackerlndern, so ist sie auch erfllt mit vorzeitig gestorbenen Kulturen. Wo berall in den Bezirken, die ein an sich trockenes Klima oder Wsten als Nachbarn besitzen, die gyptische Sakije, die sdindische Picota oder der ungarische Pusztabrunnen stillestehen oder gar vertrocknen, da wird die mrderische Axt an die Grundfesten der Zivilisation und der menschlichen Besiedelung gelegt. Wo immer man die alten Chroniken nachprft keine einzige Regierung brachte es je zuwege, den Verfall ihrer Bden und die Zerstrung ihres Humusschatzes zu berdauern. Warum? Ursprnglich ist jeder Boden mit seinem einheimischen Klima harmonisch ausgeglichen. Das gilt ausnahmslos fr alle Bden und fr alle Klimate. In diesem hchst bewunderungswrdigen Ausgleich ist die Ttigkeit des Grundwasserstromes mit inbegriffen. Seine lokalen Einflsse werden stndig dadurch geregelt, da mit Hilfe der Kapillarfunktion die natrliche Durchfeuchtung nicht nur berall hindringt, sondern auch in der Erdkrume gleichmig verteilt wird. Nun wei man lngst, da sie dort, wo die Verdunstung grer als die Niederschlagsmenge ist, von unten nach oben wirkt. Wo sich die Verhltnisse umgekehrt verhalten, geht die Durchwsserung von oben nach unten. Es erfolgt also auch ohne Zutun des Menschen ein steter Austausch, der sich gegebenenfalls automatisch umstellt. Wo er jedoch ber den natrlichen Ausgleich, so wie er eben unter gewissen Zustnden mglich ist, hinausgeht, da machen sich sehr bald bedenkliche Schdigungen durch ihn bemerkbar. Im ersteren Fall werden etwa vorhandene Bodensalze auf der Oberflche abgelagert, was zuletzt zu einer schdlichen Salzverkrustung, jedenfalls aber zu einer Strung des Bodenlebens und seiner durchlftenden Ttigkeit fhren mu. Im anderen Fall werden zu viele wertvolle Nhrstoffe in die unteren Bodenschichten hinuntergewaschen und die Gefahr einer Podsolierung besteht.

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Ein Klimaxboden (dies das Fachwort fr Bden mit gut funktionierendem Wasserhaushalt) bildet sich berall dort heraus, wo sich die klimatischen Verhltnisse lange nicht ndern. Seine Beschaffenheit ist immer dieselbe, ganz gleichgltig, woraus der mineralische Aufbau besteht. Die Kapillarttigkeit eines Bodens ist auf andere Weise nicht mglich. An ihr aber hngt die Bindigkeit und das wurde bereits mehrfach betont an der Bindigkeit die Aufsaugungsfhigkeit fr Niederschlge und Bodenwasser. Es ist also eine unzerreibare Kette von ineinander verflochtenen Wirkungen, aus der auch nicht ein Glied fehlen darf. Was es heit, den harmonischen Aufbau eines Klimaxbodens in Unordnung zu bringen, das beweisen ein paar sehr aufschlureiche Zahlen, deren Bedeutung man nach dem eben Gesagten viel besser verstehen wird. Sie entstammen den Forschungen ber Erosion und jeder Bodenwirtschaftler sollte sie sich ber seinen Schreibtisch oder in sein Laboratorium schreiben: Die mitteleuropischen Flsse tragen auf 1 km ihrer Oberflche durchschnittlich jhrlich 33 000 kg Boden weg, die sdeuropischen nur 15 000 kg Boden, die sdasiatischen dagegen nicht mehr als 5000 kg Boden. Diese Angabe allein spricht Bnde. Denn dort, wo die Erde am lngsten und strksten ausgentzt, wo sie am meisten entnatrlicht ist, dort findet auch der grte Landverlust statt. Knstliche Regulationen, Meliorationen, Verbauungen und Flukorrekturen aller Art beschleunigen nur den Abflu der Wassermenge. Die so katastrophal erhhte Erosion aber rhrt einzig davon her, da durch die ununterbrochene Bebauung und meist sehr unzweckmige Bearbeitung kultivierter Gebiete ein noch immer steigender Humusschwund Platz greift. Die Kapillarttigkeit, also die Feinregelung des Wasserhaushaltes, wird auf ein Minimum herabgesetzt, und damit geht auch die Kolloidalitt zum grten Teil verloren. Wind und Wasser finden keinen Widerstand und setzen die begonnene Auseinanderreiung der Bodenteilchen fort. Daher die kolossale Abschwemmung, der eine (in diesen Zahlen nicht enthaltene, aber selbstverstndlich vorhandene) Windabtragung hnlichen Ausmaes gegenbersteht. Beide zusammen vollenden die Vernichtung der fruchtbaren Erde, und so entstanden berall Wsten, wo man unwissentlich dieses Rad unausbleiblicher Folgen jemals in Bewegung setzte. Heute sind in den einst so verschwenderisch reichen Humusmantel unseres Gestirnes bereits gewaltige Lcken gerissen, die sich in bengstigendem Tempo erweitern. Darber mssen wir uns endlich einmal klar werden. Der Humusschwund ist zum Weltproblem geworden.

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Einflsse des Ackerbaues Und nun kommen wir zum eigentlichen, zu der Achse, um welche die Grundvorgnge des Humusverlustes sich drehen. Denn die Einflsse des Ackerbaues wirken sich nicht nur von der Gasproduktion bis zur Aberntung schdigend aus, sondern sie spinnen sich auch in beinahe alle Detailablufe irritierend hinein. Ich will hier nur einige (denn der Raum erlaubt lngst nicht alle) kurz anfhren: Das berhandnehmen der Feldmuse, ber deren Schdlichkeit wohl kein Wort verloren zu werden braucht, ist eine direkte Folge der Versteppung weiter Landbezirke. Man war seinerzeit der Ansicht, da es nur eben mit einzelnen Trockenjahren zusammenhngt, und da der nchste nasse Sommer es dann von selber wieder ausgleicht. Das ist aber nicht richtig. Denn einesteils gehren zu dem Phnomen Versteppung eben lange Folgen von trockenen Perioden, und dann wird die berzahl der gefhrlichen Nager niemals wieder ganz dezimiert. Das beraus gefrige kleine Volk lebt indes keineswegs nur von pflanzlichen Verwstungen allein. Es verzehrt vor allem Regenwrmer. Aber auch wenn diese nicht direkt gefressen werden, so fhlen sie sich doch auf das uerste beunruhigt. Sie lieben ein beschauliches Dasein und bedrfen einer ziemlichen Menge von Feuchtigkeit, da ihre nackte Haut sie ganz wehrlos macht und ihre schtzende Schleimproduktion bei Trockenheit stark unterbunden ist. Durch viele Muselcher, die in besonders schlimmen Jahren oft eines neben dem anderen liegen, findet aber eine durchgngige Ausdrrung des Bodens statt, die den Regenwrmern sehr schlecht bekommt. Ihre Fortpflanzung wird dadurch stark beeintrchtigt. Auerdem erwchst ihnen auch noch ein anderer, womglich noch schlimmerer Feind. In verlassenen Muselchern siedeln sich bekanntlich mit Vorliebe Maulwurfsgrillen oder Werren (Gryllotalpus vulgaris) an, die sie als willkommene Behausung betrachten. Welches Unheil jedoch die wurzelabfressende Werre in einem Feld oder Garten anrichten kann, das wei jeder, der nicht ganz naturfremd ist. Die Regenwrmer ihrerseits fhlen sich ebenso von den vielen Musen, wie von den vielen Werren bedroht und angegriffen und wandern zuweilen aus solchen Grundstcken fast gnzlich aus. Ein Acker ist eben der Prototyp einer Monokultur, und zu dieser gehrt auch immer das berhandnehmen der von ihr lebenden Schdlinge. Nun kann 1 ha humoser Boden an 750 000 bis zu 1 000 000 Regenwrmer beherbergen. Darwin rechnete bereits mit einer Wurmmasse von 200-1000 kg auf 1 ha und schtzte die von ihnen anfallenden Exkremente auf 7,5 bis 18,21 t. Man hat seine Forschungen seither mit Eifer fortgesetzt und hat darum einen genauen und zuverlssigen Begriff von dem auerordentlichen Nutzen dieser stumpfsinnigen Geschpfe, deren Darm nicht nur fr ihre

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eigene, sondern buchstblich auch fr unsere Ernhrung arbeitet. Sie sind aus verschiedenen Ursachen praktisch ganz unersetzlich. Nicht nur durchkneten und zerkrmeln sie die gefressene Erde, die sie offenbar um der in ihnen lebenden Organismen wegen verschlucken, sondern sie hinterlassen sie auch in einem geradezu idealen Zustand, sowohl was Beschaffenheit, als was lebender Inhalt anlangt. Mglicherweise werden die zahlreichen Kothufchen auch darum so ausgiebig von Kleinorganismen und zwar solchen der empfindlichsten Art bewohnt, weil sie hochgradig mit Enzymen, Hormonen und Vitaminen versehen sind. Regenwrmer gehen jeder Art von saurem Humus prinzipiell aus dem Wege. Ebenso fehlen sie auf Sand. Ihre Abwanderung, ihr Aussterben ist eines der besten Zeichen fr lokale Bodenverschlechterung. Ungare Bden, die nicht mehr imstande sind, den ihnen verabreichten Dnger durch Humifizierung zu verarbeiten (man nennt so etwas unter Fachleuten hochgradig garekrank zeigen in ziegelartig hartverbackenen Schollen immer wieder das Bild verhungerter Regenwrmer. Die Tiere liegen auch sommersber in einer Erdkapsel, so wie sie bei Bodenfrost zu berwintern pflegen. Sie sind zwirnsartig aufgerollt, sehr mager und bla und mindestens scheintot, meist aber zu Dutzenden bis Tausenden verendet. Auerhalb der Kapseln findet sich oft nicht ein einziger ttiger Wurm, und dem Boden fehlt denn auch vollkommen die typische Feinkrmelung, die fr die Pflanzenwurzeln unerllich ist. Dieser selbe Vorgang wiederholt sich heute in allen Lndern und auf allen Kontinenten. Er gehrt berall untrennbar zum Humusschwund mit dazu. Man soll brigens nicht glauben, da die Ursteppe die Regenwrmer entbehrt. Im Gegenteil! In unberhrten Steppengebieten Sdosteuropas sind ganz besonders groe Lokalformen daheim, die allerdings sofort verschwinden, sobald man an solche Bden rhrt. Wahrscheinlich sind sie ungewhnlich lichtbedrftig, und so ertragen sie denn auch eine sonst stets gnstige Bewaldung desselben Gebietes nicht. Aber abgesehen von solchen Sonderfllen reagieren alle Bodenwrmer sehr lebhaft auf eine Senkung der Temperatur. Das erstreckt sich z. B. auch auf unsere Almbetriebe, die nicht nur wegen ihrer Hhenlage und der kurzen Sommer einzig in Form einer an sich wenig lohnenden Viehweide bewirtschaftet werden knnen, sondern auch darum, weil in solchen Almbden die unentbehrlichen Regenwrmer mit ihrer Ttigkeit stark versagen. In 1300 bis 1800 m Hhe hat man pro ha nur noch 448, in 2300-2700 m gar nur 176-32 pro ha festgestellt. Dementsprechend geht dort auch die Humusbildung nur in uerst verlangsamtem Tempo vor sich. Das volle Leben der Erde bewohnt eben doch nur eine beraus schmale Zone, die es weder nach oben, noch nach unten berschreitet. Einzig das Luftedaphon gelangt zeitweilig in die Sphre der Passatwinde hinauf. Aber auch dann befindet es 292 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

sich in einem anabiotisch scheintoten Zustand, der sich erst wieder in Berhrung mit der Erdoberflche ausgleicht. Das Wort vom Antus, der sich von der Erde nicht lsen darf, wenn er nicht seine Krfte verlieren will, gilt in einem viel tieferen Sinn fr das ganze organische Sein. Um zum Kapitel Regenwrmer noch etwas hinzuzufgen, mu man sich darber im klaren sein, da ihre Ausschaltung den rationell geordneten Proze der Humusneubildung dort entzweireit, wo es sich um raschen Abbau pflanzlicher berreste handelt. Einige von ihnen, wie der Lumbricus rubellos, vertilgen ausschlielich faulende berbleibsel von Gewchsen, die sie mitsamt ihrer Verschmutzung durch Sand und Staub verschlucken. Ohne Pflanzliches verhungern sie. Auch andere Bodenwrmer verzehren stets Organisches und Anorganisches, aber das Mischungsverhltnis ist ihnen ziemlich gleichgltig. (Gemeint sind Lumbricus eisenia, L. terrestris, Allobophora depressa, A. caliginosa.) Man kann von ihnen allen behaupten, da ihr Darm unentwegt wie eine Rhrtrommel arbeitet. Was ausgeschieden wird, ist von unvergleichlicher humoser Qualitt, sozusagen ein Dorado fr edaphische Kleinlebewesen, die man denn auch darin in einer reichen Auswahl von Seltenheiten findet. Sogar die reinen Humusfresser (sowie die vorhin erwhnten, die der Spezialkenner unter die Namen Octolasium cystneum S. und Octolasium studiosum M. einreiht) hinterlassen eine weit bessere Humusbeschaffenheit, als die ist, die sie aufnehmen. Vorwiegend Humusfresser sind auch die Riesenregenwrmer der tropischen Zonen, oft an 30 cm lang, die man stets in Wurzeltpfen findet. Unbegreiflicherweise geraten sie aber auch auerdem immer in den Sammelhumus baumbewohnender Nischenfarne weit oben an den Stmmen, der unserem hochwertigsten Nhrhumus mindestens gleich zustellen ist. Leider hat es sich noch nicht eingefhrt, Kulturbden regelmig daraufhin zu prfen, wie es mit ihrer Regenwurmbelegschaft steht. Eine sinkende Zahl bedeutet nmlich stets nicht nur eine zunehmende Versuerung, sondern auch eine steigende Wasserarmut und ein Schwinden des Humusschatzes. Diese Kontrolle ist weit wichtiger, als die einst fassungslos angestaunte Beobachtung Darwins, da ein Regenwurm binnen 35 Jahren Erde aus 7 Fu Tiefe an die Oberflche schaffen kann. In gewissem Sinn wird man durch eine sehr wnschenswerte, viel genauere Kenntnis der Lebensgewohnheiten aller dieser Bodenkleintiere etwas wie ein zuverlssig arbeitendes Manometer kennenlernen, mit dem sich der organische Druck des Erdbodens messen lt. Heute ist ihr verborgenes Dasein in seinen Zusammenhangsketten vielfach noch ganz unerforscht, und wir kennen die untergrndigen Bahnen, auf denen es sich bewegt, so gut wie gar nicht. Durch die zunehmende Mechanisierung werden sie brigens alle nach krzerer oder lngerer Zeit von den Feldern vertrieben. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 293

Die Behandlung des Bodens mit Traktoren, Se- und Erntemaschinen trgt keineswegs dazu bei, sie zu vermehren. Ihre Fortpflanzung wird durch den Fabrikbetrieb der Landwirtschaft schwer beeintrchtigt. Die Salze des Kunstdngers vernichten sie geradezu. So ist es denn durchaus kein Wunder, da auf alten Kulturbden der Bestand an Poduriden, Tysanuren, Collembolen, Kleinspinnen, Milben, Tausendflern, Kleinkfern (besonders Staphiliniden) bedenklich im Schwinden begriffen ist. Und damit die ganz unersetzliche Fein- und Feinstbearbeitung der Bodenkrume, die auch mit den raffiniertest ausgeklgelten menschlichen Instrumenten nicht annhernd so vollkommen durchgefhrt werden kann. Das, was man in der Fachagronomie als Lebendverbauung der Bodenkrume bezeichnet und was eben diese Fili granarbeit der Bodenkleintiere umfat, wird noch viel zu wenig gewrdigt. Die technische Einstellung der Gegenwart mu erst berwunden werden, ehe den Verantwortlichen das wahre Verstndnis fr die Vorgnge im Boden aufgeht. Humusbereitung ist nun einmal keine Schpfung von Technik und Chemie, sondern sie ist ausschlielich die Leistung der groen, unendlich weitrumigen und vielfltigen Bioznose des Edaphons. In der Natur kennt man offen und schutzlos daliegende Bden nur nach Katastrophen, z. B. nach Vermurungen und nach berschwemmungen. Selbst die Steppe besitzt eine beraus widerstandsfhige Pflanzendecke, teilweise unterirdisch, teilweise auch oberirdisch, scheinbar zeitweise hoffnungslos verdorrt und verholzt, welche doch alles in allem die Erdoberflche schtzt. Wo man wirklich kncheltief in lockeren Staub- oder Sandmassen dahinwatet, da ist das ein vorwiegend mineralisches Gemenge, das natrlich nicht imstande ist, Wasser zu binden und einen kolloidalen Zusammenhalt zu entwickeln. Schon bei verhltnismig geringer Besonnung und Durchlftung verliert es jeden strukturellen Zusammenhang. Jeder Regengu schwemmt es davon, jeder Windsto trgt es mit sich fort. Wie wenig wasserspeichernd alle diese bermineralischen Bden sind, geht aus einer Skala hervor, die man in den USA aufgestellt hat. Sie sieht so aus: Die Wasserkapazitt von Sand ist 25, von sandigem Lehm 40, von schwerem Lehm 50, von bebauter Erde 52, von Gartenerde 81, von reinem Humus jedoch 190! Braucht man da noch Beweise? Nun bertrage man diese Zahlen auf das ungeheure Gebiet von 610 000 000 000 acres, die bereits um 1944 (man lese darber die frheren Kapitel nach!) in Nordamerika bebaut wurden. Es gibt im mittleren und subtropischen Klima keine grere zusammenhngende Kulturflche, ganz abgesehen davon, da diese zugleich auch der grte Baumwoll- und Citrusbezirk ist. Und dann halte man dagegen die geradezu verzweifelten Hilferufe,

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die trotz einer Reihe amerikanischer Rekordernten ber das Sinken der Weltfruchtbarkeit in allen Kulturlndern bereits vier Jahre spter ausgesandt wurden! Alle diejenigen, die mit solcher berzeugung empfehlen, die bisherige Landwirtschaftsform in einen nur auf Kunstdnger gestellten, rein chemischen Betrieb umzuwandeln, vergessen zumeist ganz darauf, da dazu eine gesteigerte Wasserauswaschung ntig ist. Denn wenn tatschlich die bermig groen Gaben von knstlichen Salzen auch restlos dem Boden einverleibt wrden, so wrde das eine arge Versalzung zur Folge haben, gegen die salzempfindliche Gewchse einfach nicht mehr aufkommen knnten. In Wirklichkeit beseitigt wenigstens noch bis jetzt der Himmel einsichtsvoll die rgsten Schden noch vor ihrem Entstehen. Nur eine verschwindend geringe Menge von Kunstsalzen wird im Freiland nachweisbar aufgenommen. Die Entblung von jeder Pflanzendecke erlaubt den Niederschlgen, mit ungehemmter Heftigkeit in die aufgeworfenen Herbst- und Frhjahrsschollen einzudringen und so wird das allermeiste abgeschwemmt, ehe es zu irgend einer Wirkung gelangen kann. Diese Abschwemmung ist, wie es sich von selbst versteht, um so strker, je geringer die humse Kolloiditt geworden ist. Unter einer natrlichen Pflanzendecke stehen Pflanze, Boden und Wasserbedarf in einem gesunden Ausgleich. Dessen Optimum ist so beschaffen, da auch die Bewurzelung der Erde keineswegs alle Feuchtigkeit zu entziehen vermag. Durchschnittlich mu man bei leichten Bden den dreifachen, bei schweren den zweifachen Wert des sog. hygroskopisch gebundenen Wassers abrechnen, dem die Saugkraft keiner Pflanzenwurzel beikommen kann. Unter normalen Umstnden verbleibt dieser Prozentsatz Feuchtigkeit absolut im Boden und kann ihm nicht entrissen werden, wenn nur gengend Humus, d. h. gengend Bindekraft vorhanden ist. Bei gengender Bindekraft gehen natrlich nicht nur die bermig ausgestreuten knstlichen Nhrsalze, sondern auch wichtige Bodensubstanzen dahin. Braune Ulmin- und schwarze Huminstolle sind grtenteils wasserlslich, also an die Anwesenheit von Humus gebunden. Dasselbe trifft fr die sog. Quellsuren zu. Die Gruppe der Ligno-Proteine wird hufig auch als Humuskern bezeichnet, mit dem sich Basen, Phosphate und Silikate durch Anlagerung verbinden. Zellulosen, Hemizellulosen, aber auch Humalsuren, Crensuren, Apocrensuren, selbst die Spaltprodukte schwer verweslicher Pflanzenstoffe in Gestalt von Pentosanen, Fetten, Wachsen, Harzen, Amidsubstanzen (schlielich auch von Harzsure, Ameisensure, Propionsure und Buttersure), und wie sie alle im chemischen Laboratorium figurieren sie alle werden entweder durch den Wasserdruck oder durch einfache Lslichkeit aus der Bodenkrume entfernt, sobald diese nicht mehr gengend kolloidal widerstandfhig ist. Eine beraus kostbare Infusion http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 295

lsbarer und gelster Stoffe entflieht so stndig aus allen Festlndern, ohne da bisher jemand ernstlich darauf achtete. Mit ihr verschwindet u. a. nicht nur der Dngekalk zu einem hohen Prozentsatz, sondern auch bitte wiederum nachzulesen der natrliche Kalk der Bden selber. Sogar ausgesprochene Kalklnder knnen sich nicht diesem Verhngnis entziehen. Schon lngst hat sich in alten Kulturgebieten ein circulus vitiosus des gegenseitigen ungedeckten Bedarfes herausgebildet, der immer weitere Kreise zieht und immer tiefer in die Lebensnotwendigkeiten der Allgemeinheit einschneidet. Hier mge noch einmal eine Liste stehen, die an berzeugender Kraft nichts zu wnschen brig lt. Im Herzen Europas betrug zwischen 1941 und 1943 die Kalkarmut der Bden, in Zahlen ausgedrckt: in sterreich 83 Prozent, in Hessen-Nassau 63 Prozent, im Elsa 48 Prozent, in Mitteldeutschland 78 Prozent, in Sachsen und Schlesien 84 und 82 Prozent, in Norddeutschland 80-89 Prozent, in Mecklenburg und Schleswig-Holstein 48-49 Prozent, im Wartheland als dem am wenigsten geschdigten immer noch 42 Prozent. Das sind smtlich Bden, die, besonders in diesen Jahren, da man sich alles von knstlicher Dngung erhoffte, mehr als reichlich Dngekalk erhielten. Und der Erfolg? Man warf ihn praktisch ins Grundwasser oder er wurde mit dem Wind weggeweht. Der Vorgang der Kalkauswaschung vollzieht sich so, da auf 1 Hektar jhrlich 142-263 kg verlorengehen. Sie sind weder in den oberen, noch in den tieferen Schichten mehr aufzufinden. Dabei sind die extremen Zahlen noch viel schlimmer. In England und Wales ben unbebaute Bden pro Jahr und Hektar durchschnittlich 560 kg, bebaute dagegen 896-1120 kg Kalk ein. Natrlich bringt der Humusschwund, wie oben bereits ausgefhrt, keineswegs nur einen derartigen Kalkverlust mit sich. Auch der Entgang aller anderen Bodensalze streift ans Gigantische, wie man in den USA bedauernd festgestellt hat. Die sog. kleine Erosion die nur ein anderes Wort fr Auswaschung ist mu mit durchschnittlich 6 Prozent berechnet werden, whrend Katastrophen durch Strme, Erdbeben und derartige Zerstrungen grten Ausmaes dem Land nicht weniger als 64 Prozent kosten. Es gibt amerikanische Publikationen, die mit Entsetzen sogar von einem jhrlichen Bodenverlust von vielen Tausenden von acres berichten. Dabei ist ausschlielich bebauter Boden gemeint denn der jungfruliche Boden besitzt keine kleine Erosion. Mit diesem weggeschwemmten und weggewehten Stck Kontinent gehen aber auch jhrlich an 3 000 000 t Phosphat (in verschiedenen Verbindungen) und mindestens 6 500 000 t Nitrogen in Wirklichkeit sollen es viel mehr, nmlich an 10 Millionen t sein dahin. Wenn diese Zahlen stimmen, so bedeuten sie, da in Nordamerika jhrlich alles in allem annhernd dreiigmal soviel Stickstoff verschwindet, als durch smtliche Kunststickstoffwerke 296 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

der USA ersetzt werden knnte. Beim Phosphor liegt die Relation zwar nicht ganz so schlimm, aber auch bel genug. Da ist es nur die zehnfache Menge dessen, was durch die alltglichen Auswaschungen eingebt wird. Ackerbau wirkt berhaupt und unter allen Umstnden austrocknend. Er tut es auch dann, wenn dem Boden durch flieendes Wasser oder abwehende Winde nicht das mindeste geschieht. Durch Pflgen und Eggen, vor allem durch die oft wochenlange Entblung des Bodens von jeder Bedeckung erfolgt stets eine gefhrliche Lockerung der Bodenstruktur und des Gefges feinstgekrmelten Schollenaufbaus. Diese Vernichtung des natrlichen Bodengefges bewirkt einen weit ber alle Mglichkeit hinausgehenden Wasser- und Humusverlust. Von jeder Bodenbearbeitung durch Menschenhand ist diese Schdigung unzertrennlich. Auch ohne da der Eigenverbrauch der Pflanzen sich geltend macht. Die ursprngliche Etagenbildung der Erdoberflche geht fast restlos zugrunde, wenn die Erde in grobe Schollen zerhackt und die sinnvolle berschichtung nach oben mit immer licht- und luftbedrftigeren Lebenszonen total durcheinandergeworfen wird. Alles wird aus seiner natrlichen Ordnung gebracht, und anstatt eines harmonischen, optimal durchgliederten, funktionell ausgewogenen Aufbaus entsteht zunchst nur ein maloses Durcheinander. Es ist etwa so, als ob Riesen mit tlpischen Fingern und Fusten in die geheimen Wunderstdte kunstreicher Zwergenvlker einbrechen wrden, und zwar mit der Ausrede, sie verstnden es viel besser zu machen als jene. Die Monokultur der einseitigen Besamung tut dann noch ein briges. Jeder gleichmig durchgefhrte Anbau von nur einer Pflanzensorte bedingt zwangslufig die Ausntzung von nur einer bestimmten Bodenzone. Dabei wei man ganz genau, da die Wurzelausscheidungen solcher Kulturgewchse, die ausschlielich als Monokulturen angebaut werden, etwas wie Fermentzonen schaffen, die zuletzt dann wie eine Vergiftung wirken. Es entsteht dadurch eine leicht begreifliche Disharmonie in der Humusausntzung, die Bodenmdigkeit und zuletzt Bodenerschpfung herbeifhrt. Ihr unterliegen sogar die wohlttigen Stickstoffsammler (die Leguminosen mit den Knllchenbakterien), und Kleemdigkeit, am Ende sogar Kleekrebs sind die Folgen der hartnckigen Einsichtslosigkeit eines Menschen, der auf demselben Grundstck Klee und immer wieder Klee anst. Das liebliche Bild eines wogenden Weizenfeldes, durchstickt vom Rot des Mohns, dem Blau der Kornblumen, dem Gold der Kamillen und Hahnenfe und dem leuchtenden Lila der Wicken hat eine tiefe bodenbiologische Bedeutung. Das Getreide gedeiht besser mit dieser natrlichen Begleitflora, die sich lngst mit ihm zu einer festen Formation zusammengeschlossen hat. Der Boden wird nicht nur nach der einen Seite hin ausgentzt, die Entartung der Krume schreitet nicht so schnell fort. Aber seit die unselige Besserwisserei, http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 297

um auch das Letzte aus einem Acker herauszuholen, technisch vollendete Reuterapparate oder auch die Raine durch Hormonspritzungen von Unkraut reinigende Methoden erfunden hat, verschwindet das vertraute, anmutige Bild. Das Unheil der falschen Bodenbehandlung aber treibt unmerklich noch um ein weniges schneller der sich schon schattenhaft abzeichnenden Katastrophe einer Welthumusverdung zu. Der Weg des Humusschwundes Es gibt ein Wort, ebenso unerbittlich als wa hr: Die Welt war rein geworden, weil sie leer geworden war! Dieses Wort malt eine denkbar unerfreuliche Perspektive in die Zukunft der Menschheit. Um es in Hinsicht der Humusausbeutung richtig zu verstehen, bedarf es einiger Umwege. Aber der Leser dieses Buches wei schon, da scheinbare Umwege oft der nchste Weg zur Einsicht sind. Die Reifgare des Bodens (womit man seinen vollkommenen Idealzustand bezeichnet, und die man nicht mit dem Begriff einer Schattengare oder Arbeitsgare verwechseln darf) ist die absolut harmonische Beschaffenheit und der Ausgleich aller humusbedingten Faktoren. Ein Boden, der seit lngerer Zeit bebaut worden ist, befindet sich aber nur ganz ausnahmsweise in diesem Zustand. Denn dadurch greifen stets salpeterverzehrende Bakterien (Nitrosomonas und andere Arten) ein. Wir kennen schon das sich rckwrts drehende Rad der Enthumifizierung, in dem die Mikroben eine ebenso groe Rolle spielen, als bei der Humusbildung. Von da an geht der Humuszerfall immer den gleichen Weg: Entwsserung des Bodens, Aussplen der mineralischen Nhrstoffe, Verschwinden des Detritus, Aussterben von Organismen der verschiedenen Gruppen und Ausfall einzelner verbindender Glieder der gemeinsamen Funktion. Dann fngt der Jammer mit den immer schlechteren Ernten an. Die Wurzelhaare der angebauten Pflanzen finden nicht nur nicht gengend Nahrung und Feuchtigkeit, sondern sogar nicht mehr den richtigen und zuverlssigen Halt. Jeder Landwirt wei, da auf sehr mageren, humusarmen Bden das Getreide leichter umfllt und die Wurzelbildung mangelhaft ist. Noch weit schlimmer gestaltet sie sich, wenn tonige Bden die sog. gefrchteten Betonsohlen bilden, durch die allerhchstens die drahtartigen Spitzen der Quecken und Disteln sich durchbohren knnen. Eine rechtschaffene, wenn auch noch so krftige Rbe bringt das nicht mehr fertig. Dann entstehen wahre Wurzelgespenster, groteske Verkrmmungen, Verwachsungen, Verkrpfungen, und man erkennt an ihrer Migestalt deutlich, wie die Wurzel in verzweifeltem Kampf dem undurchlssigen, feindseligen Grund zu entfliehen trachtet.

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Der Laie macht sich nur in den seltensten Fllen eine halbwegs zutreffende Vorstellung von der Flle und Bedeutung der Wurzelhaare einer Pflanze, die faktisch die ganze Aufsaugearbeit in Bezug auf unentbehrliche Bodenlsungen vollbringen. Dabei bernehmen sie aber auch noch die eigentliche Verankerung des Gewchses, das es sich nur darum leisten kann, oben elastisch im Wind zu pendeln, weil es in der Erde unten mit astronomisch vielen Fasern, wie mit ebenso vielen zartesten Seidenfden, unzerreibar fest verwoben ist. Man hat sich weil man die Wichtigkeit der ganzen Frage schon lange einsah die Mhe einer genauen Durchzhlung gemacht. Als man die Wurzelhaare eines nur 1 mm langen Stckchens Maiswurzel sorgsam verglich, fand man, da es durchschnittlich 1925 Stck seien. Der Krbis (Cucurbita pepo) ist eine derjenigen Pflanzen, die in der krzesten Frist einen mchtigen Gewebe-, Fruchtfleisch-, Samen- und Rankenaufbau zustande bringen. Er vermag das nur, weil er durch seine Wurzelhaare seinen Wurzelstrngen noch eine Lnge von 25 km hinzufgt. Wollte man in Ziffern umsetzen, was diese osmotische Rekordarbeit, Pumpund Umsetzungsttigkeit bedeutet, so wrden unvorstellbare Gleichungen herauskommen. Selbst eine Getreidepflanze, die doch nur einen kleinen, kurzen Wurzelschopf besitzt, verlngert ihre Saug- und Sttzorgane fr gewhnlich um 600 m in Gestalt ihrer Wurzelhaare. Es bedarf wahrhaftig keiner groen Phantasie, um sich auszumalen, was fr eine solche Kulturpflanze, von der wir doch einen Hchstertrag verlangen, die Degradierung und Verdung unserer Kulturbden sein mu. Nur das Ingenium der Pflanze ich scheue mich nicht, dieses Wort zu gebrauchen ist imstande, eine solche Hufung von einschneidendsten Lebensbehinderungen berhaupt zu berwinden. Und da wundert man sich noch, da um 1940 die deutsche Gerstenernte trotz riesiger Kunstdngergaben nicht hher war, als der Ertrag von vor achtzig Jahren, und da die Rbenernte sich um 1935 auf nicht mehr belief, als sie um 1885 gewesen war! (Wobei man noch in Betracht ziehen mu, da die Gerste das wenigstempfindliche unserer Getreide ist und Trockenheit verhltnismig am besten vertrgt.) An manchen Orten Mitteleuropas und Nordamerikas wird durch die schon sehr fhlbare Versteppung der Kulturbden und die mit ihr untrennbar verbundene Entwsserung die Wachstumsperiode merklich eingeschrnkt. Die Pflanzen mssen sich darauf einrichten, indem sie Laubbildung und Fortpflanzung wenig bis stark zeitlich verlegen oder berhaupt verringern. Ich habe durch einen vierzehnjhrigen Aufenthalt in Sddalmatien Gelegenheit gehabt, die Phase des Trockensommers in allen ihren Erscheinungen zu studieren. Ich wei also, was es heien will, wenn sehr berufene Fachleute die Befrchtung uern, da eben die Einschrnkung der Wachstumsperiode mit der Zeit auch im gemigten Klima zu einer Art von Sommerschlaf der http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 299

Flora fhren msse. Und zwar auch dann, wenn von Zeit zu Zeit wieder Jahre mit normalen Regenfllen sich dazwischenschalten. Denn die Pflanze mit ihrer bewunderungswrdigen Anpassungsfhigkeit lernt es unerhrt schnell, sich um den Preis des Weiterlebens auch an sehr extreme und ungnstige Verhltnisse anzugleichen. Da aber eine derartige Angleichung nur auf Kosten ihrer angezchteten Fruchtbarkeit geschehen kann (die ohnedies meist eine bermige Maximalleistung darstellt, wie die immerwhrenden Rckschlge beweisen), ist so selbstverstndlich, da sich niemand fr das Gegenteil einsetzen wird. Vermeidbare und unvermeidbare Schdigungen Es ist selbstverstndlich, da man ohne Bodenbearbeitung nicht sen kann und da ohne Monokulturen in jeder Form einfach nicht so viele Lebensmittel erzeugt werden knnen, als notwendig sind. Es ist mglich, vielleicht sogar wahrscheinlich, da wir eines Tages den Zauberstab in der Hand haben werden, um aus den Luftgaben gleich dem Chlorophyll jede beliebige Menge Strke, Zucker und Fett herzustellen. Es wird uns vermutlich auch irgendwann einmal gelingen, so viel Eiwei chemisch aufzubauen, da wir auf den stndigen Tier- und Pflanzenmord verzichten knnen. Vorlufig aber sind wir aus Grnden der Ernhrung noch auf ganz unbestimmte Zeit darauf angewiesen, Pflanzen zu ernten, Rinder, Schweine und Geflgel zu zchten mit anderen Worten, den Humusschatz der Erde nicht nur zu erhalten, sondern so viel wie mglich zu vermehren, da weder das eine, noch das andere ohne Humus mglich ist. Also mssen wir uns mit dem ganzen Heer unabsehbar drohender Lemuren herumschlagen, die uns den Ertrag unserer Mhe zu schmlern suchen, mssen, wenn schon das Unvermeidbare nicht zu umgehen ist, wenigstens trachten, die vermeidbaren Schdigungen auf ein Mindestma herabzudrcken. Wir knnen es nicht hindern, da Mais, Roggen und Hafer den Boden stark versuern, whrend Weizen und Gerste es nur schwach und die Wiesengrser fast gar nicht tun. Wir knnen es nicht hindern, da wir in zunehmendem Ma auf solche versuerte Bden angewiesen sind, auf denen sich Kunstdnger hufig schlecht, Kalisalze aber besonders ungnstig auswirken. Die Futterrben freilich bringen es fertig, pro Hektar Ernte 200 bis 300 kg NA2O aufzunehmen, dafr leiten sie ihre Herkunft allerdings auch von der besagten Meerstrandflora ab. Viele andere Gewchse sind aber sowohl sure-als salzempfindlich, ja -feindlich, und sie wollen sich nicht dazu verstehen, sich dauernd an sie zu gewhnen. Auch dagegen sind wir machtlos, da bei dem allgemeinen Trockenerwerden des Klimas der Hafer in Drrejahren besonders leidet, denn er

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braucht nun einmal reichlich Feuchtigkeit. Wir haben bis jetzt auch noch kein Spezifikum dagegen, da die Kalkarmut der Bden bei den auf ihnen wachsenden Pflanzen eine Herabsetzung der Atmung herbeifhrt, die selbstverstndlich Wadistum und Fortpflanzung beeintrchtigt. Und alle angepriesenen Mittel vermgen unseren Garten und unser Feld nicht davor zu bewahren, da sich auf ihm bei starker Kalkarmut und Humusschwund die Kohlhernie breitmacht, eine jener mrderischen, heimtckischen Bakteriosen, die berall in geradezu erschreckender Weise berhand nimmt (so da man auf gewissen, stark befallenen Bden den Kohlanbau einfach aufzugeben gezwungen ist). Denn wir haben es nun einmal auf altem Kulturland vorzugsweise mit immer saurerwerdenden und immer kalkrmeren Bden zu tun. Was sollen wir dagegen unternehmen, wenn der Azotobacter sich weigert, in Bden zu arbeiten und Luftstickstoff zu binden, die eine Aciditt von unter 6 pH haben? Er ist uns unentbehrlich, er ist ein Faktor der Weltfruchtbarkeit, denn auer der Stickstoffbindung besorgt er auch noch den Abbau von Kohlehydraten, von Maltose, Glukose, Lvulose und Rohrzucker. Er bewltigt sogar Pectensubstanzen. Aber er verschwindet spurlos auf degradierten, podsolierten Bden, nicht nur whrend der regelmigen Sommerdepression, aus der er im Herbst ebenso wieder erscheint. (Es denken deshalb einige Forscher bereits an eine invisible Form dieses an Gestalten so reichen Bakteriums.) Sein Fehlen zeigt mit Sicherheit Bodenmdigkeit an. Streng aerob, bis zu einem gewissen Grad die ausgeglichene Wrme eines zwar durchfeuchteten, aber nicht nassen Humus hebend, findet man ihn ebensowenig im gedngten Schlamm der Reisfelder, als auf Alkali-, schlechten Salz-, Moor- und Heidebden. Mit anderen Worten: er meidet einen groen Teil der gegenwrtigen Festlandbden, wo er doch gerade so auerordentlich ntig zur Verbesserung wre. Aber was knnen wir dagegen unternehmen? Wir haben uns genugsam von dem zweifelhaften Erfolg mit im Laboratorium erzogenen Azotobacterkulturen berzeugt! Sind einmal Bden zu lange und zu einseitig bebaut worden, dann finden sich in ihnen die schon erwhnten Toxine in der am meisten in Anspruch genommenen Erdschicht ein. Die Wurzeln, die ja ihren eigenen und beraus fein reagierenden Stoffwechsel besitzen, scheiden dann allzuviel Chinolin, Vanillin, Cumarin, Agrosterin aus, die schleunigst abzubauen die ntigen Bakteriengruppen, die auf dergleichen spezialisiert sind, fehlen. Selbst die Knllchenbakterien knnen auf einem immer wieder nur mit Erbsen bestandenen Feld zu zahlreich werden und andere wichtige verdrngen. Auf gyptischem berschwemmungsgebiet stellt sich zuweilen bei disharmonischem Mikrobenleben eine Strung ein, die man Bewsserungskrankheit nennt. Sie besteht darin, da die Protozoen ein zu groes bergewicht erreichen und die Bakterien dagegen zu sehr abnehmen. Das alles wirkt sich dann unweigerlich an Quantitt und Qualitt der nchsten Ernte http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 301

aus, die wieder ihrerseits diese Wirkung gleich den sich fortpflanzenden Erdbebenwellen weitergibt. Sie macht sich damit in anderen Lndern, in anderen Interessenkreisen oft sofort, meist aber erst nach lngerer Zeit bemerkbar. Und der Wissende kann immer wieder nur das eine raten: Nicht das Rad der unbekmmlichen Zusammenhnge in Gang zu setzen, denn es ist oft unerwartet schwer, es wiederum zum Stillstand zu bringen. Forscht man indes den vielfltigen Verknotungen unbeeinflut nach, so findet man sehr hufig Humusverwstung als eine der grundlegenden Ursachen. Die Gesetze des Bodenausgleiches bedingen es, da selbst bei sehr fruchtbarem Lehmgrund der Bakterienbestand schon in 40 cm Tiefe von 6,7 auf 5,2 Millionen Individuen sinkt. Sehr oft ist durch Vertrocknung oder Verbackung der uersten Oberschicht allein die Zone zwischen 10 und 20 cm die einzige Bandbreite des Lebens. Bei 75 cm Tiefe erlischt jedoch fast ausnahmslos das mikrobielle Sein. Schon zwischen 30 und 50 cm beginnt der groe Abfall, sprunghaft, erschreckend. Und das alles untersttzen wir noch durch das Tief pflgen, das glcklicherweise jetzt stark abgenommen hat. Aber seinerzeit erhoffte man sich vom Rigolen wahre Wunder. Die Land wirte waren ganz versessen darauf, lebensleeren, auch mineralisch unaufgeschlossenen Rohboden nach oben zu bringen! Hier war ein vermeidbarer Schaden und es steht zu hoffen, da nach einiger Zeit niemand mehr daran denken wird, sich selber derart zu beeintrchtigen. Anders ist es mit der Tatsache, da sich auf jedem bebauten Grundstck der Humusschwund viel rascher vollzieht, als auf einem beliebigen unbebauten. Das gilt nicht nur fr unser gemigtes Klima, sondern ebenso fr die Tropen. Man mu sich mit der Vorstellung befreunden, da die quatoriale Wrme ihn gewissermaen verzehrt. Sobald die Temperatur um 8 bis 10 Grad C zunahm, verflchtigte sich in einem bestimmten Fall der Versuchshumus binnen drei Monaten um 39,3 Prozent. Er zersetzt sich. Man kann sich dem Eindruck nicht entziehen, da dann die Gasproduktion in ihm eine bermig groe ist. Die Zahlen denn auch hier gibt es Zahlen sind bengstigend. Kansasbden wurden in 30 Jahren um rund 23-51 Prozent humusrmer. Unter gemigtem Himmel wiesen Felder, denen nie eine Dngung zuteil geworden war, sogar einen Humusschwund von rund 50 Prozent auf. Alles, was man dagegen unternimmt, schafft nur eine vorbergehende Besserung. Ich meine Kalkung, Stalldnger, organische Dnger der verschiedensten Art. Und knstliche Salze knnen nicht einmal zeitweilig die Humuszersetzung aufhalten. Denn sie vermgen keinen Humus zu bilden, wie gro ihre pltzlich einsetzende, leider meist oft ebenso pltzlich absinkende Erntesteigerung auch sein mag. Sie schaffen nur anorganische Anreicherung, eine Ergnzung der mineralischen Bestandteile. Und dort, wo die wilden Tropenflsse bei ihren periodischen berschwemmungen so viel Erde aus dem 302 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Hochland mitreien, da das Wasser kaffee- bis schokoladebraun aussieht, ist durch sie berhaupt keine Hilfe zu erwarten. Damit schalten groe Gebiete des Ruwenzori und des Niger in Afrika, der Magdalenenstrom und der Amazonas, auch Mississippi und Ohio in Amerika, der Hoangho und Yangtsekiang in Asien von den bis heute blichen Methoden der Dngung vollstndig aus. Sie lt sich nicht auf sie anwenden. Man mu ganz andere Methoden ersinnen, naturgemere, optimalere, die nicht nur wieder zum Schlu nur die Erosion verstrken und beschleunigen. Gewi berschreiten einige Organismen der Mikro- und Makrolebewelt die begrenzte Bandbreite der humusbildenden Bioznosen und Symbiosen. Unerhrtes unternimmt das Leben gegenber den Temperatur- und Wasserlosigkeitsextremen. Aber, wohl gemerkt, das sind immer einzelne Flle der Virtuositt, dort zu existieren, wo unter normalen Verhltnissen kein Wesen existieren kann. Die Sporen des Heubazillus ertragen es, da man sie eine Stunde lang kocht, ohne da sie davon sterben. Sie gehen darum auch nicht zugrunde, wenn sie in ihren Mist- oder Mllhaufen auf die bekannten 70 und mehr Grad C erhitzt werden. Oscillatorien, von dicken Schleimmnteln geschtzt, treiben in den 55-56gradigen Abflssen des Karlsbader Sprudels. Ein paar Schimmelpilze, das Penicillium und der Rhizopus nigrans, keimen und entwickeln sich berhaupt nur bei 54-55 Grad C Wrme. Auch einige Bakterien des Bodens dauern bis fast zur Siedehitze aus. Die Hchsttemperatur, die berhaupt in der edaphischen Bodenzone jemals beobachtet wurde, betrug zwischen 75 und 84,6 Grad C und wurde auf der Station Chinchoxo an der westafrikanischen Loangakste gemessen. Die maximalen Hitzegrade im Schatten passen sich dem an. Sie liegen um 42 Grad C im arabischen Abu-Arich und um 43,1 Grad C am australischen Flu Maquaire. Diese Zahlen stellen zweifellos die obere Grenze dessen dar, was das Einzellerleben noch ertrgt. Aber man darf sie beileibe nicht als einen allgemeinen Durchschnitt ansehen, sondern sie sind eine Ausnahme und haben deren Seltenheitswert. Natrlich geschieht es auch bei uns einmal, da sich feuchter Schlamm in austrocknenden Pftzen auf ber 50 Grad C erhitzt. Aber das dauert hchstens ein paar Stunden lang. Da unser Mikrobenleben an derlei nicht angepat ist, ersieht man daraus, da es sich sofort enzystiert oder Dauersporen ablegt. Enzystierung mu als eine freiwillige Selbstkonservierung verstanden werden, die dann angewendet wird, wenn die Beanspruchung der Umwelt grer als die eigene Anpassungsfhigkeit ist. Die Trockenstarre, die durch energische Ausstoung der plasmatischen Zellenflssigkeit entsteht und die unbegrenzt lange dauern kann, bedeutet freilich auch das Unter

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brechen jeder Lebensfunktion, vor allem der Fortpflanzung und Teilung. Das wieder wirkt sich auf die Wasserspeicherung des Bodens und damit seine kolloidale Beschaffenheit aus. Ich mchte nicht bis zur Ermdung die Aufzhlung der sich gesetzmig folgenden Vorgnge wiederholen. Ich mchte in diesem Zusammenhang nur erwhnen, da auch die wenigen Pflanzen, die ein Dasein unter solchen verzweifelten Verhltnissen aushalten, sich gewissermaen ebenfalls enzystieren. Das tun gewisse Steppenhexen (Artemisia sp.), die als dorniger Knuel ber weite Sandebenen rollen, oder die man als Rose von Jericho mit den Fingern zu Staub zerdrcken kann, so hoch ist der Grad ihrer Ausdrrung. Trotzdem leben sie, ganz wie die Mikroorganismen, nach wenigen Stunden wieder auf, sobald ihnen eine auch nur annhernde Befeuchtung zuteil wird. Dieses bereinstimmende Verhalten macht es begreiflich, warum in wirklichen und ausgedehnten Wsten keine Humifizierung stattfindet. Eine Wste ist jener irdische Zustand, in welchem die organische Umsetzung stillesteht und nur noch bestenfalls eine mechanische Zerreibung der Mineralien vor sich geht. Die mineralischen Vorbedingungen sind zwar vollzhlig vorhanden. Eine mikrobielle Besamung aus der Atmosphre ist durch das stndige Niederfallen des Luftedaphons gesichert. Trotzdem erfolgt keine Belebung, weil die anabiotische Form der Enzystierung nicht mehr verndert werden kann. Denn das geschieht nicht ohne Wasser und dazu reicht der Tau des Morgens, der binnen einer halben Stunde vor Sonnenaufgang kommt und verschwindet, nicht aus. Auch hier handelt es sich also um unvermeidbare Schdigungen, von denen ganze Landstriche betroffen werden und auch immer betroffen wurden. Die Wste gehrt zum Bild unserer Erde. Ihre Ursache ist die seit langem erkennbare Unausgeglichenheit in der geographischen Gestaltung der Erdoberflche. Wahrscheinlich gbe es sie nicht, htten wir noch jenes glckliche Weltklima der Steinkohlenzeit. So mssen wir uns mit Extremen der Landschaft und des Klimas herumschlagen, die einen recht ansehnlichen Teil unseres Gestirns praktisch unbesiedelbar machen. Das andere Extrem, die andere unvermeidbare Schdigung der Humusbildung sind die arktischen und subarktischen Gebiete, die uns ebenfalls einen Teil der Erdoberflche stehlen. Schon im norwegischen Abisco und in der Zone der nrdlichsten Moore liegt das Bodeneis in 2 m Tiefe. Dadurch ist die gesamte Vegetation auf eine Auswahl flachwurzelnder Gewchse angewiesen. Die baumlose Tundra wre niemals entstanden, wenn die winterharten, immergrnen Nadelhlzer der polaren Gebiete dadurch nicht am Gedeihen verhindert wrden. Je weiter nach Norden, um so dnner die Humusschicht. Auf dem grnlndischen Inlandeis breitet sich schlielich nur noch eine unsichtbare Decke, gewoben aus unzhligen Fden der Blaualge Scytenema gracilis aus. Sie ist so dnn, da sich nicht einmal Flechten und 304 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Moose auf ihr ansiedeln knnen. Die Sphaerella nivalis der echten Arktis, die auf dem Schnee scharlachrote Abendrten malt, duldet monatelang eine gleichmige Klte von 20 Grad C. Trotzdem leben auch auf ihr noch drei Arten von Clarnydomonaden, von denen man allerdings vermutet, da sie alle drei nur abgewandelte Formen jenes auch bei uns bekannten blutroten Haematococcus sind, der auf blutendem Brot oder gar blutenden Hostien die Naturunkundigen frher oft genug in hellstes Entsetzen versetzt hat. Die humusbildende Formation fllt also in ein paar ihrer wetterhrtesten Teilnehmer auseinander. Nur einzelne Pioniere des Lebens wagen sich noch so weit in Klte und halbjhrige Finsternis vor. Aber sie sind nur ganz von fern an dem groen Umbau beteiligt, der selber hier haltmacht. Dort, wo die Vereisung nur lokal und nicht kontinental ist, gibt es doch immerhin Floren der Klte. Der 4787 m hohe Vulkan Pichincha, dessen Fu in die ppigen Urwlder Ekuadors taucht, beherbergt auf seinem Gipfel eine ganze Serie polarer Formen bekannter Protozoen. Sie bereitet den Grund immerhin soweit vor, da noch 21 ausschlieliche Schneepflanzen auf ihm gedeihen knnen. Auf dem Mount Everest entdeckte man in 6220 m Hhe noch immer eine blhende Arenaria und am Kandschandschunga in 6290 m noch ein zwergenhaftes Delphinium. Sowohl das eine wie das andere hatte seine Wurzel in Spaltenhumus versenkt, zu welchem es scheinbar am Eisrand gelangen konnte. Beide hatten sich darauf eingerichtet, innerhalb weniger Wochen zu keimen, zu wachsen, zu blhen, sich selbst zu befruchten und die Samen auszureifen. Ihr Dasein war unbeschreiblich drftig und armselig, aber es wurde mit der hoffnungslosen Ausdauer hingenommen, die auch einsame Troglodythen aufbringen, die in weltverschollenen tibetanischen Hhlen uralt werden und zeitlebens dem Himmel nher standen als der Erde. Wer das Dasein auf Gletschern, an Eisflanken und am Rande der blaugrnen Serax ertrgt, verzichtet von Anfang an auf ein Leben im Humus. Es ist gewissermaen nur ein Spiel von Brosamen, hingestreut in die Unwirtlichkeit einer Welt, die nicht fr das Leben bestimmt ist. Wer hat sich denn schon zu einem solchen Dienst in der Arktis gemeldet? Ei n paar Kieselalgen aus den Gattungen Epithemia und Navicula, einige wenige Rdertiere, winzige schwarze Gletscherflhe (Poduriden), absonderlich gescheckte liliputanerkleine Krabbenspinnen, die wieder auf die Gletscherflhe Jagd machen. Von Humus, von irgend einer Art von Humus und Humusbildung ist natrlich keine Rede. Es fehlt die organische Substanz dazu, selbst wenn man annehmen will, da der Meteorstaub, der oft die polaren Schneedecken schwarz berlagert, gengen wrde, um die anorganische Komponente zu bestreiten. Die paar Auenseiter des Lebens reichen nicht aus. Es gibt nicht genug Tod, und so entsteht auch nicht genug Leben. Hier brandet die groe, anderswo so bermchtige Welle plasmatischer Gestaltung nur ganz von ferne an. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 305

Doch hat man immer wieder Beweise ber die wahre Unsterblichkeit jener Organismen, die, wenn auch nicht zur alleruersten, so doch zur zweitvorgeschobensten Zone des organischen Seins gehrten. Sie geben sehr zu denken, denn sie enthllen die ungeheure Lebenskraft der Einzellerstruktur, die bei weitem alles bertrifft, was die Vielzeller und seien sie noch so bermchtig an Erscheinung und roher Kraft zu leisten imstande sind. Hier nur ein Beispiel: Im Jahre 1937 wurde in Ostsibirien, in den Goldgruben von Swetloje im Badaibo-Rayon, aus dem Eiszeitschlamm der Kadaver eines wollhaarigen Nashornes ausgegraben. Er lag in 40 m Tiefe, also ohne Zusammenhang mit Licht und Luft. Bei der Untersuchung entdeckte man in den gefrorenen Nasenlchern (womit der Gigant geschnuppert und wohl auch den Boden aufgewhlt hatte) eine ganze Lebewelt von Bakterien, Pilzsporen und Seetangkeimen. Nicht eine einzige fossile Art war darunter, sondern nur solche, die man auch aus dem Heute her kennt. Und wie unbegreiflich sie lebten in lauem Wasser fast augenblicklich wieder auf, als htte hchstens die Frist einer Woche sie von der Gegenwart getrennt. Und doch bezeugten daneben liegende Mammut-, Bison und Moschusochsenknochen, sowie Geweihtrmmer des Riesenhirsches, da man es unzweifelhaft mit Resten aus der letzten Eiszeit, bestenfalls aus dem letzten Interglazial zu tun hatte. brigens fand sich auch ein Azotobacter von noch unbekannter Form in 21 m Tiefe, gleichfalls unbegreiflicherweise noch lebend. Er war nicht der einzige seiner Art, sondern man stie auf ihn in verschiedenen Schichten, so da er wohl seit langem in diesem Eisschlammbruch existiert haben mochte. Durch vergleichende Untersuchungen fgte sich allmhlich ein ziemlich plastisches Bild jener versunkenen Welt zusammen, die mit Nashrnern, Riesenhirschen und Moschusochsen vor vielen Jahrtausenden untergegangen war. Es mute damals wrmer in jener Gegend gewesen sein, als es heute in Ostsibirien ist. Denn sonst htte wie man aus dem Pollenstaub von nordischen Zedern, Tannen, Birken und Kiefern untrglich feststellte nicht eine Waldtundra aufwachsen knnen. Das Bodeneis, wenn berhaupt vorhanden, mute in viel grerer Tiefe gelegen sein. Erlenstauden hatten vereinzelt zwischen Grsern gegrnt, Moose, kriechender Brlapp und Pilze vervollstndigten die Einsamkeit dieser subarktischen Landschaft, von der es nicht sicher ist, da sie jemals ein Urzeitjger sprend betrat. Und es gab Humus, der freilich wohl unter einem eingedrungenen Schlammstrom zerdrckt, zerpret, vereist worden war. Vielleicht schob eine Gletschermorne diesen Schlammstrom vor sich her, der dann im Laufe der Jahrtausende eingeebnet wurde und erst bei der Suche nach Goldkrnern wieder ans Tageslicht kam. Aber damit und das ist das fr uns Wissenswerte hrte auch die Mglichkeit neuer Humusbildung auf. Alle die notwendigen Faktoren hatten 306 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

sich erhalten, Bakterien, Pilzsporen, Moos- und Flechtenkeime hatten ihre Lebenskraft bewahrt die Versuche zeigten es. Und doch wehten die Jahrzehntausende vorber und keine fruchtbare Erde entstand mehr. Denn damit sich Humus von neuem bilden kann, mu ein Zusammenklang aller notwendigen Faktoren vorangehen. Es gengt nicht die Lebensfhigkeit einzelner, auch wenn sie praktisch einer uneingeschrnkten Unsterblichkeit gleichkommt. Vereinzelte Besiedler der Wste, des Polareises, vorzeitlicher Landschaften knnen allein nichts zum Humusersatz beitragen. Der Ausgleich ist es, die Arbeitsteilung, das Zusammenspiel von vielerlei Krften, der ganze molekulare Umbau, die darber entscheiden, ob eine Humusdecke sich ablagern kann oder nicht. Das ist eine Nutzanwendung, die man aus den unvermeidbaren Schdigungen der natrlichen Humusverwertung auf die vermeidbaren Schdigungen der vom Menschen herbeigefhrten Humusverwstung bertragen mu. Die Folgen sind da und dort dieselben und werden, welche Umstnde sie auch heraufbeschworen haben, immer dieselben sein. Ob durch die Mibruche der Weltwirtschaft oder ohne sie. Grofeld und Garten Das Grofeld der Gegenwart erwuchs aus dem kleinen Acker der Eingeborenen und Pfahlbauern, aus Bifang und Beetkultur. Ein chinesischer Bauer bearbeitet auch heute noch nicht mehr als durchschnittlich 1,672 ha. Zwischen ihm und der durchschnittlichen Gre einer amerikanischen Farm mit 62 ha spannt sich jener Bogen, unter welchem sich die verschiedensten Bearbeitungsmethoden von der Handhacke bis zum Traktor zusammendrngen. Und die Welt ist augenblicklich so beschaffen, da ber vielleicht 20 000 Jahre hinweg das eine noch immer neben dem anderen besteht. Fr den primitiven Menschen ist es berhaupt nur mglich, eine Bodenpflege auf kleinem Raum durchzufhren. Als die ersten pilgrim fathers beobachteten, da die Indianer in Plymouth Rock auf ihren winzigen Maisfeldchen neben jedes Samenkorn den bekannten kleinen Fisch eingruben, taten sie es ihnen ganz einfach nach. Ohne viel eigenes Nachdenken machten sie sich die Ansicht der rothutigen Squaws zu eigen, da dieser kleine Fisch notwendig sei, um den groen Maishalm zu ernhren. Das ging um 1620 herum ohne weiteres. Spter, als die Felder gewaltig zunahmen, als man gezwungen gewesen wre, wagenweise den kleinen Fisch von weit heranzuschaffen, gab man diese Reminiszenzen der ersten Einwanderung auf. Es war zu mhsam, es war gar nicht me hr durchzufhren. Die Indianer aber blieben bei ihrer Urvtermethode. Sie legten ihre Felder mitten im sommerlichen Flubett an und sie spendeten jedem Maiskorn seinen kleinen Fisch. Fr die erste und noch manche nachfolgende Pflanzergeneration aber sandte man unter Washington und Jefferson echten englischen Kleesamen, Luzerne und Weizenkrner, die bedurften einer solchen Spezialpflege nicht. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 307

Und als man dann im Goldenen Westen doch einheimische Tomaten, die vielerlei Erbsen- und Bohnensorten, den Tabak, die sen und anderen Kartoffeln zu kultivieren begann, da arbeitete man lngst schon nach den mitgebrachten europischen Gewohnheiten, die in erster Linie dazu dienen sollten, groe Weidestrecken zu erzielen, damit das Vieh fett werden und sich reichlich vermehren mge. In allen Kontinenten, ganz besonders aber dem europischen, ist der Garten in seiner Herkunft viel altertmlicher, als das, was wir heute Feld nennen. Er hat sich auch weit weniger als dieses gendert, wenngleich viele echte Gartenpflanzen im Verlauf des Grobetriebes auf das Feld ausgewandert sind. Bohnen, Kohl, Krbis, Melonen und Rben gehren in unserem Kontinent (und in USA nicht minder) seit langem zur Feldwirtschaft. In diesem Sinn nehmen also die Gartengewchse am Humusverbrauch der Landwirtschaft teil, und die Kartoffel als Nach- und Vorfrucht verlangt sogar ihr besonderes Deputat. An sich liegen vom Handelsgarten bis zum winzigen Schrebergrtchen hinunter die Bodenverhltnisse durchschnittlich gnstiger als auf einem Riesenacker. Zunchst ist auf ihm die Aushagerung ganz geringfgig. Kein Mensch lt sein Gartenbeet wochenlang nackt und schutzlos in Sonne und Regen liegen, ohne es zu bepflanzen. Der Schaden, der durch unzweckmige Pflgung angerichtet wird, fllt so gut wie ganz weg. Die gesamte Gartenarbeit geschieht durch vorwiegende Ttigkeit mit den Hnden. Bestenfalls sind Frsen zur Bodenbearbeitung in Gebrauch, von kleinen Motoren betriebene Whl- und Scharrapparate, deren erste, von dem Schweizer von Meyenburg erfunden ich sah sie vor fast einem Menschenalter , geschickt nach dem biotechnischen Prinzip der Maulwurfskralle konstruiert waren. Ein weiterer Vorteil, den die Grtnerei dem Ackerbau voraus hat, der jedoch keineswegs immer als solcher bekannt ist, besteht darin, da man dem Grtner schon lngst nicht mehr die Wichtigkeit und Vorzge des Fruchtwechsels begreiflich machen mu. Es wird niemandem einfallen, auf dasselbe Beet immer wieder Rben oder immer wieder Salat und Erdbeeren zu pflanzen. Fast in jedem verstndigen Grtner steckt noch ein hochachtbares Stck Naturverbundenheit und zwar Naturverbundenheit im allerbesten Sinn. Jeder ist darauf erpicht, sich einen mglichst guten Kompost herzustellen. Nicht nur deshalb, weil Tiermist oft unerschwinglich und kaum zu bekommen ist. Sondern weil er sehr gut wei, da die Kraft des Bodens eben ersetzt werden mu, weil sie nicht unerschpflich ist. Es gibt zahllose Hausrezepte fr erstklassigen Kompost, die sorgsam gehtet und nicht aus der Hand gegeben werden, oft genug sich sogar von Generation zu Generation

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weitervererben. Sie entstammen natrlich ausschlielich der praktischen Erfahrung. Urvterwissen hat sich in ihnen erhalten. Es fehlt nicht an prinzipiellen Irrtmern und an mangelnden Kenntnissen. Auch ganz ungereimte Ansichten kommen dann und wann einmal vor. Aber und das ist die Hauptsache alle basieren auf der berzeugung, da man Humus nur mit Humus ersetzen darf. Wir werden gegen Ende des Buches auch auf die Herstellung von Kompost, ihre Vor- und Nachteile zu sprechen kommen. Es erbrigt sich also an dieser Stelle eine Beschreibung. Einheitlich bei allen Gartenbesitzern ist aber die Klage, da es viel zu wenig Humus in der Welt gibt, und da es ein groes Kunststck sowohl fr die Brieftasche, als angesichts der Unmglichkeit der Beschaffung ist, wenn trotzdem der Garten reiche Ertrgnisse liefert und ein Jahr um das andere trgt und blht. Denn der Humusbedarf in einer Grtnerei ist auerordentlich gro. Oder, richtiger gesagt, er ist letzten Endes auch nicht grer, als berall auf einem stark ausgentzten Kulturland, aber hier wird der Hunger nach Humus eben befriedigt. Er mu befriedigt werden, sonst gehen Garten und Grtner zum Teufel. Die verdrehtesten alten Gartenbcher und Ratschlge vom Urgrovater her sind sich in einem einig: Kompost, Mist, organische Abflle in Mengen! Das kommt daher, da alle unsere Gemse hochgezchtete und sehr verwhnte Kulturgewchse sind, die man berreichlich ernhren mu, und die besonders fetten, nahrhaften Boden verlangen. Vielleicht den Mohn (Papaver) ausgenommen, verbrauchen sie smtlich viel mehr Humus als das Feld. Sie sind, gemessen an den Mglichkeiten, die ihnen gegeben sind, ungeheuer raschwchsig. Viele kommen aus den Subtropen, haben also ein anders eingestelltes Erbgut. Infolgedessen ist es fr sie noch schwerer, in unseren Breiten mit dem Aufbau ihres ganzen oberirdischen Krpers fertig zu werden. Zwischen drei und sechs Wochen reifen Radieschen, Pflanzsalat, Spinat, Mangold und hnliche Blattgemse, wozu man schlielich auch Rhabarber rechnen kann. Rettiche sind eigentlich ganzjhrig, wo es keinen wirklichen Winter gibt. Das gleiche gilt von den meisten Arten ebarer Rben, von Kohlrabi, Erbsen und Bohnen. Die meisten Kohlarten, auch Zwiebel, in unserem Klima auch Tomaten, bedrfen fast des ganzen Sommers, um sich vollstndig zu entwickeln. Da nun aber der Sommer bei uns praktisch allerhchstens bisher ein Vierteljahr dauerte alles andere ist Frh- oder Sptgeschenk eines glcklichen Jahres so ist die Mehrzahl unserer Gartengewchse sogar auf eine von Anbeginn an abgekrzte Wachstumsperiode angewiesen. Und die sucht man dadurch auszugleichen, da man ihnen durch erhhte Humusgaben eine Zusatzernhrung schafft. Gewi zieht man auch knstliche Nhrsalze zum Ersatz heran. Der Grtner ist aber meist sehr vorsichtig damit, denn er wei, da sie mitunter den Geschmack ungnstig beeinflussen. Zwiebel und Knoblauch z. B. vertragen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 309

sie durchaus nicht, sie reagieren sogar unvorteilhaft auf zu krftige Stalldngung. hnlich ist die Frage der Bakteriendnger (ber die in ihrer Zusammensetzung auch noch spter zu sprechen sein wird). Im letzteren Fall bringt man Milliardenkulturen von Azotobacter, Bacterium radicicola, Closterienarten und noch einige andere als Stickstoffsammler bekannte Mikroben, die man in Laboratorien heranzchtet, in den Boden. Der Erfolg ist stets ungewi, das ganze Unternehmen unverhltnismig teuer. Der Fachmann mu sich sagen, da ein Nutzen nur solange mglich ist, als die Organismen sich selber vermehren oder doch wenigstens erhalten knnen. Aber eben das letztere ist ein Problem des harmonischen Ausgleiches im Boden, das dabei berhaupt nicht bercksichtigt wird. Wovon soll diese Unzahl von Organismen existieren? Zwar bestreiten sie ihr Dasein von Luftstickstoff, aber dessen Quantitt ist doch wiederum von der Qualitt des Humus und der Bodenkrume berhaupt abhngig. Der absolut zuverlssige Ausgleich der Bodenbeschaffenheit erlaubt genau so vielen Mikroben das Dasein, als eine Deckung fr ihre Bedrfnisse vorhanden ist. Fr mehr fehlt die Lebensmglichkeit ganz gleichgltig, wie viel der Besitzer in seinen Boden hineinstopft. Nach relativ kurzer Zeit entarten, verkommen oder verhungern sie, und das ist die Erklrung dafr, warum bis jetzt alle Bakteriendnger zwar einen ausgezeichneten Start hatten, sehr bald aber in ihrer Wirkung bis zum vollkommenen Minus nachlieen. Der biologische Faktor wurde berhaupt nicht in Betracht gezogen. Man stt immer wieder auf die grundfalsche Ansicht, da die Humusschicht ein Chaos ohne eine Spur von systematischem Aufbau sei, mit dem man umgehen kann, wie man eben Lust hat. Zudem scheint es nur wenigen Praktikern bekannt zu sein, da die Organismen, die Mineralien aufzuschlieen vermgen, keineswegs dieselben sind, die Luftstickstoff umsetzen. Das, was sich jeder Gartenbesitzer so sehr wnschen mu, die Umwandlung der mineralischen Bodenkomponente in eine organische, kann also auf diese Weise niemals stattfinden. Hormonprparate vorderhand noch eine kaum ausgeprobte und jedenfalls sehr kostspielige Spielerei beruhen auf demselben biologisch falschen Prinzip. Gewi lt sich jeweils dadurch Riesenwuchs erzielen, aber das sind Methoden, die bis jetzt allenfalls nur zu Versuchszwecken anwendbar sind. Auerdem ein Riesenwuchs erfordert eine dementsprechende Ernhrung, und die mndet eben immer wieder in einem gesteigerten Humusverbrauch. Man kann bei sehr guten und wenig ausgentzten Bden solche Versuche machen, wenn man gleichzeitig gengend Humus als Ersatz gibt. Aber zu einer allgemeinen Erntesteigerung wird man auf diese Art ganz sicher nicht kommen, nachdem Hormone, je wirksamer sie sind, um so mehr Nahrung beanspruchen, ohne selber als Nahrung dienen zu knnen. Schlielich und endlich aber macht man den unglcklichen Grtner, der 310 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ohnedies in stndigem Konflikt mit seinem berbeanspruchten Boden liegt, durch etwelche Zeitungsartikel kopfscheu, in welchen er liest, da knftig berhaupt die Erde oder der Humus nur noch durch Wasserkulturen ersetzt werden wrden. Gemeint ist die Aufstellung groer Kvetten mit Einsatz, die man mit einer Lsung von knstlichen Nhrsalzen beschickt, best und aus ihnen eine mehrhundertfltige Frucht ohne weitere Mhe erzieht. Immer wieder wird unter Beweis gestellt, auf der und der Insel wre whrend des zweiten Weltkrieges eine so- und sovielkpfige amerikanische Besatzung Monate lang mit frischem Wassergemse versorgt worden. Und man schliet daraus, da nun das Heil fr alle Pflanzenzucht gefunden worden sei, das endlich die Krone der Schpfung (lies: den Menschen der Gegenwart) von dem veralteten und schon darum beschmenden Dienst an der Erde befreie. Auch hier entspricht vorderhand die Wirklichkeit noch lange nicht den malos aufgeschossenen Fantasien. Gewi lt sich in Lsungen, die im entsprechenden Ma mit Nitrogen, Phosphorsure, Kalk und Kali angereichert sind, im Notfall eine Reihe von Pflanzen, z. B. Tomaten oder Spinat, bis zur Verwendbarkeit aufziehen. Besonders bei viel Sonne, aus welcher Kraft dann die notwendigen Kohlehydrate hergestellt werden. Aber es ist keineswegs so, als halte man damit nun den absoluten Beweis in Hnden, da die Pflanze, gleichsam in autonomer Losgelstheit von der Erde, nun rein aus der Retorte zu leben vermchte. Denn nicht nur reichern ihre Wurzeln die Infusion mit Enzymen aller Art, mit Wachstumshormonen und selbstverstndlich auch mit einem arteigenen Bakterienleben an, sondern durch das Luftedaphon gelangen nach einiger Zeit sogar im geschlossenen Raum in Zystenform diejenigen Mikroben hinein, die auch sonst ein Gewchs als um bauende Dienerschaft durchs Leben begleiten. Nur der geschulte Bodenbiologe kann hier berhaupt ein zuverlssiges Urteil fllen, inwieweit die edaphischen Formen durch die verwandten und oll geradezu konvergierenden planktonischen bei solchen Wasserkulturen ersetzt werden. Vermutlich gehrt es nicht zu den unmglichen Dingen, da man zustzliche Nahrungsmittel einst mit Hilfe von feinstabgestuften Nhrlsungen erzielen kann, die sowohl dem organischen, als dem anorganischen Bedrfnis gerecht werden. Aber an diesem Punkte halten wir heute noch lange nicht. Was bis jetzt geschehen ist, zeigt uns nur den Weg fr das, was auf diesem Gebiet noch systematisch zu geschehen hat. Die Wunder liegen vom Anbeginn an im Wirklichen, so wie berall, auch hier. Aber um zur Gartenbewirtschaftung und ihren Sorgen zurckzukehren berall, wo Humus nicht in ausreichendem Ma durch Humus ersetzt werden kann, bringt der Gartenbetrieb unbestreitbar einen noch hochgradigeren Humusschwund mit sich, als der Feldbau. Wenn das nicht fr jedermann auf den ersten Blick sichtbar ist, so liegt das einzig an den rumlichen Unterschieden. Gegenber dem Grofeld nehmen die Grten auf der ganzen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 311

Welt nur einen Bruchteil des Umfanges ein, den der Ackerbau fr sich beansprucht. Wre die ausgentzte Bodenflche in beiden Fllen genau dieselbe, so wre die Lage fr die Grtner vorausgesetzt, da die Humusersatzfrage nicht bereits positiv gelst wre katastrophal. Das Gleichgewicht zwischen Pflanzenbedrfnis und Boden verlangt, da nach Aberntung eines jeden Beetes dieses neu mit Humus versorgt und da der mineralische Entgang (der bei den Kalifressern wie Spinat, Paprika usw. betrchtlich gro ist) zum mindesten alle paar Jahre sachgem gedeckt wird. Dazu mu der Kalkverbrauch stndig im Auge behalten werden, um ein Sauerwerden des Bodens zu verhten. Die Bodenbearbeitung mu so schonend als mglich vorgenommen werden, damit das kapillare Bodengefge nicht jedesmal vllig vernichtet wird und nicht das entsteht, was der Fachmann als eine Verminderung der peptonisierbaren Gele bezeichnet. Da man, teils aus Mangel an Hnden, teils um der besseren Ausntzung der Abfallrohstoffe wegen, teils im allgemeinen Bestreben, was irgend in Frage kommt, technisch zu erledigen, jetzt an verschiedenen Orten auch den Vorgang der Kompostierung zu mechanisieren trachtet, wird augenblicklich die Anlegung von Kompostsilos oder Kompostgruben sehr empfohlen. Man hlt das sogar fr eine sanitre Manahme, denn man bedenkt auch hier nicht, da dadurch die Verrottung fast ausschlielich den anaeroben Abbauern ausgeliefert wird, die nicht wie es eigentlich sein mte von den nchstfolgenden aeroben Gruppen abgelst werden. Denn die brauchen Licht und freien Sauerstoff, was beides aber durch die mechanisierte Verrottung fast zur Gnze ausgeschlossen wird. Es erfolgt also notgedrungen keine echte Humifizierung, sondern ein Zwischenzustand von Vergrung und Fulnis, bervoll nicht nur von den verschiedensten Schwefelbakterien (man findet ganze Nester von Beggiatoa u. .), sondern auch von den unbeliebtesten Schimmelpilzen. Da das Produkt dann ohne eigentliche und sorgfltige Nachhumifizierung verwendet zu werden pflegt, kann man seine ausgesprochene Schdlichkeit nicht bezweifeln. Die Gruppen hchst aktiver Saprophyten strzen sich nmlich sogleich auf den im Boden vorhandenen Detritus und alle halbwegs erfabaren organischen Stoffe und fangen an, diese zu zersetzen. Zugleich infizieren sie die Erde mit schdlichen Keimen, z. B. mit Monilia. Der bis dahin durch die Verrottung im geschlossenen Raum gewonnene Luftstickstoff entflieht, sobald man das Substrat ausbreitet, fast augenblicklich zu 50-70 Prozent. Der Enderfolg kann also schon aus diesem Grund kein einwandfreier sein. Jedenfalls ist er nicht dazu angetan, den Humusschwund, der durch den Gartenbetrieb hervorgerufen wurde, auch nur annhernd zu decken. Hier mssen erst geeignete Mittel und Wege geschaffen werden, und sie zu schaffen, ist ebenso notwendig, als es die Versorgung des Grofeldes ist. 312 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Aristoteles war der berzeugung, da die Pflanzen von der Erde leben. Das sagte und schrieb er bei jeder Gelegenheit. Und man glaubte es ihm annhernd 2000 Jahre lang, solange, bis in der zweiten Hlfte des 17. Jahrhunderts der zu seiner Zeit ebenfalls sehr berhmte Arzt und Chemikus van Helmont mit der Behauptung auftrat, da die Pflanze nicht von der Erde, wohl aber vom Wasser lebe. Auch das wurde dann wiederum als unumstliche Wahrheit weitergegeben. Erst seit ein paar Generationen wissen die, welche sich mit Pflanzen mehr oder weniger eingehend beschftigen, da beides richtig, aber beides nicht gengend ist. Aber dieses Wissen ist erst jetzt langsam daran, auf dem Umweg ber die Schulen allmhlich in die Kpfe einzudringen und zum Allgemeingut aller Kulturvlker zu werden. Die schon einmal erwhnte Geoponica, deren Ratschlgen man in der ganzen Antike unbedingten Glauben schenkte, ist ein Sammelsurium von wertvollen und wertlosen Anregungen. Wenn sie Asche (natrlich Holzasche!) zum Dngen der Gemse empfiehlt, so hat sie sicher nicht unrecht damit. Wenn sie aber angibt, besagte Asche sei auch sehr gut zum Vertreiben der lstigen Erdflhe und Wrmer, so hat sie bestimmt nicht recht, denn erstens nutzt Asche gegen Erdflhe nur wenig und zweitens sind die Bodenwrmer, wie wir uns mit aller Grndlichkeit berzeugt haben, ntzlich und nicht schdlich. Nur der Unwissende erschrickt vor der Vorstellung, da in 1 cbdcm seines Bodens bis zu 200 000 Nematoden umherwimmeln knnen. Der Wissende ist dankbar fr dieses Leben, das ihm und seiner Erde nur von Vorteil ist. Was sonst ihre Beschaffenheit anlangt, so uerte sich die Geo ponica nur dahin, da geschlmmte Erde, die sich zwischen den Fingern wie Wachs kneten lasse, wenig versprechend, da dagegen solche, die einen feinflockigen Bodensatz hinterlasse, sehr empfehlenswert sei. Aber ebenso schlecht, ja noch viel schlechter als tonige seien jene rauhen Sandbden, die zwischen den Zhnen knirschen. Diese Weisheit welche kein Wort ber die auch damals schon in Erscheinung getretene Bodenmdigkeit enthlt war das Um und Auf vieler Jahrhunderte ber die Wissenschaft vom Boden. Dazu kamen noch zahlreiche Regeln ber das Aussen gewisser Pflanzen bei zunehmendem und das Ernten bei abnehmendem Monde. Zuerst lag die ganze Feldarbeit und die Pflege der Grten in den Hnden von Sklaven, die vielleicht persnliche Erfahrung, aber sicher kein gelerntes Wissen besaen. Dann ging sie auf die vllig unwissenden Bauern ber, die ein meist ebenso unwissender Vogt zum Robot antrieb. Fr irgend eine agronomische Theorie vielleicht einige Klster ausgenommen war in einer solchen Welt kein Raum. Erst die Aufhebung der Leibeigenschaft um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ermglichte den Unterricht des bis dahin aufs tiefste verachteten Vierten Standes. Die allgemeine Einfhrung von Winterschulen und Landwirtschaftsschulen geht teilweise noch nicht einmal auf die vorige Generation zurck. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 313

Hier ist die psychologische Brcke zu dem Verstndnis dafr untermauert, da alles, was im 19. Jahrhundert unter dem Schlagwort Fortschritt ge schah, wirklich ein Fortschritt war und schon darum mit ganz unkritischem Beifall aufgenommen wurde, weil zu einer unbeeinfluten Kritik das dazu gehrige bodenbiologische Wissen fehlte. Aus einer fr den einfachen Mann selbstverstndlichen Sammlung von ungeprften Erfahrungen wurde sozusagen ber Nacht eine hochkomplizierte und immer noch komplizierter werdende reine exakte Wissenschaft, der sich der bescheidene Nurpraktiker nicht mehr zu nahen wagt. Noch jede Wissenschaft aber unterlag den Einflssen ihrer zeitbedingten Weltanschauungen. Und hier ist es der ungehemmte Materialismus, der, gewissermaen als eine hngengebliebene Eihaut, immer noch der Bodenchemie und allen ihren Seitenfchern anhaftet. In seinem Zeichen und mit seiner Gutheiung versuchte man jetzt definitiv das Feld in das Grofeld, den Pflug in den Traktor, Aussaat und Ernte in eine fabrikmige Produktion umzuwandeln. Und aus alledem entstand der Humusschwund, der sich langsam als Gespenst der berorganisation auf den fruchtbaren Bden der ganzen Welt niederlt. Es mu also als erstes eine Einstellung bekmpft werden, ehe die angewandten Mittel einen Erfolg haben knnen. Die naturphilosophischen Begriffe mssen ausgewechselt werden, ehe der Weg begangen werden kann, auf dem man die Verwstung der fruchtbaren Erde aufhlt: durch eine optimale Organisation, durch ein richtig fundiertes Wissen, durch eine bessere Erkenntnis der lebendigen Zusammenhnge mit dem Boden, auf dem, in dem und unter dem wir alle abwechselnd existieren. Europa war von jeher ein Getreideland. Nicht, weil seine Natur es dazu bestimmte, sondern weil seine Bewohner, so vielrassig und vielsprachig sie auch ber seine Oberflche hinwanderten und so wenig sie leider sonst in Taten, Meinungen und Gewohnheiten bereinstimmen, doch von je in einem einig waren: Sie wollten alle Brot essen. Brot aber gibt es nicht ohne Getreide. Nicht nur in diesem Buch, sondern schon oft genug wurde der Europer darauf aufmerksam gemacht, da sein Kontinent durchaus kein natrliches Getreideklima besitzt. Da er auch niemals eines besessen hat. Er besitzt nicht einmal ein Klima fr lpflanzen, ausgenommen die Kieselalgen, die wirklich von Haus aus klteliebend sind. Sie aber bewohnen in ihrer berwiegenden Mehrzahl die kalten Ozeane und nicht die Erde. Dort bilden sie einen solchen ungeheuren Bestand an Leben, da ihre goldbraunen ltropfen das blaue Wasser nordisch grn frben. Diese ltropfen bauen sich aus Verbindungen von Glyzerinfettsureestern auf. Wenn man sie als Fettproduktion ins einheitlich Groe umrechnet, so ist sie gigantisch, vorderhand aber vom Menschen noch nicht in direkter Form ausgentzt. Die allein fettproduzierende Pflanze bedarf zur Herstellung von Fetten 314 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

aller Art stets sehr viel mehr Energie als zur Bildung der anderen Kohlehydrate. Mehr Energie bersetzt der Botaniker immer mit mehr Licht und mehr Wrme. Mit anderen Worten: Zu einer ausgiebigen und gedeihlichen Kultivierung von lpflanzen sind im Norden und in den nrdlich gemigten Klimaten die Sommer weder lang, noch hei genug. (Darum wird das zwar nicht fettproduzierende, aber fettspeichernde Schwein hier von je in die Rechnung der Fettgewinnung eingestellt, das damit an einem biologisch gerechtfertigten wichtigen Punkt steht, von dem es nur eine knstliche Produktion von Fett vertreiben knnte.) Sonst beschrnkt man sich bei uns berall auf die lkruter. Von ihnen ist der Mohn der bescheidenste Bodenausnutzer, bedarf aber einer ausgiebigen Lichtzufuhr und hat darum sein natrliches Zentrum von Sddeutschland und Sdfrankreich bis weit auf den Balkan und im Fernen Osten. Sonst ist nur Raps (Brassicae) und Lein (Linum usatissimum L.) bei uns als pflanzliche Fettquelle von einiger Wichtigkeit. Wie alle Fettpflanzen produzieren auch sie zuerst Zucker und bauen ihn dann zu CO, und Wasser um. Ideal wre es freilich, wenn irgendein Gewchs sich dazu entschlieen knnte, seine hochwertigen Fettreserven gleich direkt aus Licht und Kohlensure herzustellen. Aber das ist bisher noch keinem gelungen. Fett ist vielleicht darum so wertvoll, weil es sozusagen erst im zweiten Arbeitsgange auch dort entsteht, wo es berhaupt entsteht. Denn die Tiere entreien sich nur gegenseitig die mit den Pflanzen gefressenen ltropfen, veratmen einiges und legen sich fr Tage der Not und auerordentliche Anstrengungen einen Teil davon vorsorglich in ihren Geweben hin, und der wandert nun weiter, von einem zum anderen, mit Einschlu des Menschen. Aber auch der kann nichts anderes tun, als was die Pflanze schon lngst getan hat: er verwandelt Zucker in Fett, wenn er nicht genug Fett bekommt. Das beschrnkt Europa ein fr allemal in seiner Ernhrungsmglichkeit, da es so sehr auf Fetteinfuhr angewiesen ist. Es ist es wirklich und wird es immer sein, sobald die Zahl seiner Bewohner die eines schlichten, auf einzelne Siedelungen weitverteilten Waldvolkes bersteigt. Das ist nun freilich schon seit langem der Fall, und seither hren auch die Besorgnisse, die Kriege, die inneren Kmpfe nicht auf. Seit es einen Feldbau gibt, wird unser Kontinent von der Quadriga Weizen-Roggen-Gerste-Hafer beherrscht. Das ist annhernd seit der jngsten Pfahlbauzeit. Davon ist der Weizen am meisten, der Hafer am verhltnismig geringsten sureempfindlich. Er wchst, wenn es sein mu, auch in unveredelter Moorerde. Unter unseren Getreidegrsern scheint er das einzige einheimische zu sein und besitzt auch noch in mehreren Trespenarten ziemlich nahe Verwandte. Man it im Norden heute noch Haferbrot, und seine uralte Verwendung als Grtze und Flocken hat sich auch auf die neue Welt des Westens erstreckt. Trotzdem ist seine Kultur nicht annhernd so alt, als die der Gerste, von der man mit Sicherheit wei, da man sie schon in den Pfahlbaudrfern als http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 315 PDF-Ausgabe 62010

Brei kochte und a. Auerdem wurde sie bereits in den Anfngen der historischen Kulturwelt rund um das ganze Mittelmeer herum gebaut, gewissermaen als das Getreide, da auer Hirse, die von gypten herber kam, kaum ein anderes bekannt war. Die Ilias spricht von weier und rtlicher Gerste, die man rstete. Im Alten Reich unter den Pharaonen heit sie kali, noch frher ati. Im ersten Hellas Alphitod, und da sie nur auf humusreichen Bden wirklich gut gedeiht, so setzt ihr Anbau unweigerlich eine gewisse Art von Bodenpflege, und sei es auch nur durch Brache und Grndngung, voraus. Nicht sehr viel anders drfte man das schon erwhnte Einkorn oder den Dinkel, auch den Emmer (sie fallen, wie schon frher gesagt, alle unter die Gattung Triticum) behandelt haben. Die frhen Stadtgrndungen, deren erste Ummauerung noch vor dem Jahr 1000 begann, rechneten bei ihrer Anlage immer noch einen leeren Raum, der im Bedarfsfalle in Dinkelfelder verwandelt werden konnte, um die belagerten Einwohner zu ernhren. Die Silhouette ihrer Umwallung war denn auch meist ein zweifelhaft kreisfrmiges Geviert, das auf der einen Seite einen sonderbar ausgezogenen Zipfel hatte, der bei den altfrnkischen Stdten die Weth hie. Solange die Be vlkerung nicht wesentlich anstieg, war das Verhltnis zwischen der Weth und der Altstadt so, da durch sie von Ernte zu Ernte die ansssigen Brger gengend Brot erhielten. Da aber alle diese kaum durchgezchteten und sehr wenig ergiebigen Einkornarten mitunter nur einige, kaum jemals aber ber zwanzig Krner in einer hre reifen, so mute die Weth entsprechend um fangreich sein. Wurde die Stadt erobert und es gab wohl keine, die im Lauf der Zeit nicht soundso oft den Belagerern ihre Tore ffnen mute oder gestrmt wurde , so brach der Angreifer meist dort durch und dieser Teil des Stadtwesens, der immer so angelegt war, da man ihn ziemlich leicht mit einer inneren Stadtmauer abschlieen konnte, wurde auch immer zuerst aufgegeben. Vom Roggen behauptet Plinius, er schone den Boden und wachse berall. Das waren Ansichten, die er vermutlich von Germanien bernahm, wo man zu seiner Zeit Roggen baute. Roggen ist mehr nrdlich als sdlich. Er ergibt ein schwarzes Brot, und schwarzes Brot war von jeher im Osten, Westen und Sden miachtet und verpnt. Die Geschichte, da ein franzsischer Napoleonsoffizier, dem man in Westfalen schwarzes Brot vorsetzte, kurz und bndig erklrte: Bon pour Nickel! (Nickel hie sein Pferd), ist, wenn schon nicht wahr, so doch wahrscheinlich. Freilich ist der Pumpernickel viel lter, und wohl auch sein Name. Tatschlich a man z. B. erst nach dem ersten Weltkrieg in Italien schwarzes, d. h. Roggenbrot. In sterreich, auch sonst in Mitteleuropa, baut man heute oft den bekannten Mischling, ein Gemenge von Roggen und Weizen, das den Vorzug hat, auch in ungnstigen Jahren eine einigermaen ertrgliche Ernte und reichlich Stroh zu liefern. Aber im allgemeinen hat man an Roggen nicht annhernd so viel herumgezchtet, als an Weizen, schon darum, weil Weizen, das einstige 316 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

stliche Steppengras, um vieles fruchtbarer ist. Er ist wie einmal ein bekannter Agronom von ihm sagte auch viel begabter, nmlich viel entwicklungsfhiger. Heimisch unter einem subtropischen Himmel, gewhnt an lange Sommer und frhe Aussaat, hat man jetzt mit Erfolg sogar echte Kltesorten aus ihm herausgezchtet. Das sind jene sibirischen Weizen, die noch in einem Vier- bis Fnfwochensommer und bei 15 Grad C Maximalwrme eine ansehnliche Ernte reifen. Die Menschheit kann sich bei diesem Triticum mit mehr Recht bedanken, als bei vielen hochgepriesenen Helden und Knigen, denn es hat unendlich viel mehr fr sie getan. In den einst fhrenden Weizenlndern Europas erbringt ein Ungarisches Katastral-Joch (d. s. 43,159 qm) bis zu 22 dz. Das wchst unter gnstigen Umstnden auch heute noch in einem extrem trockenen Klima auf einem humusarmen Schwarzsand. Man begreift also, da Ungarn durch den Weizen einst, wie es selber von sich sagte, unermelich reich gemacht wurde. Denn es trug durch ihn so viel zur Ernhrung Euro pas bei, da zwangslufig ein merklicher Teil des damaligen Goldschatzes in seinen Kassen landete. Ungarische Weizenbden zu besitzen, war einst gleichbedeutend mit einem Goldbergwerk oder einer Silbergrube. Ihm verdankte der ungarische Hochadel die Mglichkeit, jeden Winter in Paris und London und Wien und an der Riviera sein berhmt verschwenderisches Leben fhren zu knnen. Unerschpflich schien die ungarische Weizenkammer jahrhundertelang. Sie lag vor den Toren der westlichen Kultur, sie lieferte das weieste Mehl, so wie sie die berhmten Riesenochsen und Fettschweine lieferte. Aber das Kapital, das sich durch Reihen mit Scken beladener Planwagen und durch unendliche Rinderzge, die mitsamt ihren Hirten zu Fu wochenlang von der rumnischen und serbischen Grenze herauf bis nach Straburg und ber den Rhein wanderten, immer wieder erneuerte, versiegte. Heute ist es nur noch eine sagenhaft gewordene Legende. Denn Ungarn hat lngst aufgehrt, der groe europische Weizenlieferant zu sein. Schon nach dem ersten Weltkrieg setzte der Umschwung gewaltig ein. Auf dem Weltmarkt sank der Weizenpreis durch eine berwltigende Konkurrenz der berseeischen Weizenproduzenten dermaen, da die ungarische Regierung sich gezwungen sah, den Bauern eine Exportprmie von 6 Peng fr den Doppelzentner zu bewilligen. Aber auch das war keine dauernde Hilfe. So schrnkte man also den Weizenanbau zugunsten von Mais stark ein, denn im bisher kalten und regenreichen Europa haben die Maislnder noch immer einen natrlichen Vorsprung. Aber da man von nun ab Mais-Weizen in unermdlichem Wechsel baut, so wie man frher unbedenklich Weizen nach Weizen ste, so erschpft man die Bden immer mehr und jeder trockene Sommer beschwrt die Gefahr der Miernten herauf. Es bringt ja jeder Acker-, ganz besonders der Getreidebau, eine unvermeidliche Trockenlegung der Bden mit sich. Dazu hatte man gegen Ende des vorigen Jahrhunderts in Ungarn den unverzeihlichen Fehler http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 317 PDF-Ausgabe 62010

begangen, da man durch viel zu wenig berlegte Fluverbauungen an der Thei die jhrlichen berschwemmungen auf ein Minimum einschrnkte, whrend man doch htte wissen mssen, da gerade sie den sandigen Boden so reich befruchteten. In zwei Menschenaltern ist fast berall in Ungarn durch den konsequenten Weizen- und Maisanbau der Grundwasserstand erheblich abgesunken. Die Niederschlge haben sich an manchen exponierten Orten bis zu jhrlich 500 bis 750 mm verringert. Anstelle der lreichen Steppenbden mit mindestens 5-6 Prozent Humus treten da und dort die Szikes, salz- und natronreiche Erden, die zu verbessern man sich alle Mhe gibt, die aber scheinbar nach Verlust der humushaltigen Decke auf Inundationsbden neu entstehen knnen. Damit sinkt der Humusgehalt auf oft nur 2-3 Prozent. Sie sind zwar oft reich an Phosphorsure und Kali (denn sie sind viel mineralischer, als sie nach dem bekannten Ausgleich sein sollten), aber ihr Bodenleben ist sehr verstndlich das armseligste, das es nur gibt. Unter solchen Umstnden erbringen die Ernten auf ihnen denn auch anstatt wie frher 18-20 dz nur noch 3-4 dz, und dazwischen bilden sich hellbraune bis blonde Flugsandstrecken. Obstbume und die langen Wurzelstcke der Sandweine vermgen wohl noch den Grundwasserspiegel zu erreichen, Akazien und Weipappeln tun es immer, aber der flache, nur die oberste Bodenkrume ausntzende Feldbau erliegt dann vllig. Untersucht man solche enthumifizierte Bden mikroskopisch und ich habe es viele Male getan , so findet man, da fast alle edaphischen Protozoen bis auf vereinzelte Exemplare ausgestorben sind. Nur die unverwstlichen Rhizopoden leben noch weiter. Whrend der gewhnlichen Regenzeit im Mai und Juni spinnen sich auf der Oberflche noch die schnellvergnglichen smaragdenen Netze einiger Grnalgen (es sind immer dieselben Mikrosporn-, Mougeautia-, Cladophora- und noch ein paar stndig wiederkehrende Arten), und zwischen ihnen liegen Protococcen in vielen Nestern. Das alles verschwindet jedoch hauchgleich mit der monatelangen Drre des Sommers, der in der ungarischen Tiefebene fast bis zum Oktober dauert. Der Boden besteht dann nur noch aus einem Wirrsal feinster mineralischer Krnchen und Quarzsplitter, ohne eine Spur von Detritus. Die Bodenbakterien tun sich zu winzigen Kolonien zusammen, die kmmerlich zwischen den leeren Kristallen auf der Suche nach Nahrung umherwandern. Vermutlich leben sie whrend dessen einzig von ihren eigenen Ausscheidungen. Sie fristen buchstblich ihr Dasein von einer Regenzeit zur anderen und man begreift, wenn man das sieht, da sie sich weder kontinuierlich vermehren, noch die Aufschlieung der hochgradig anorganischen Bden in Angriff nehmen knnen. Angesichts solcher verarmter Bden bilden sich denn auch keine natrlichen Wiesen mehr. Ein Wust von Hartgrsern, besonders Trespen (Bromusarten), Greisenkruter (Senecio vulgaris), Lattiche (Lactuca) und magere Melden (Atriplex) bedecken den Boden dort, wo er nicht bearbeitet 318 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ist. Es gibt manche stliche Spielarten unter ihnen, mitgebracht von fremden Nomadenvlkern aus dem fernen Balkan. Soweit das Beispiel Ungarn, sein Glck und Untergang als Weizenkammer Europas. Es zeigt in tragischer Anschaulichkeit, wohin die WeizenWeizenkultur logischerweise fhren mu. Ein solcher unzweckmiger Fruchtwechsel ist allein schon imstande, ausgesprochene Drren hervorzurufen, wie man sie z. B. vor gar nicht langer Zeit in Odessa erlebte. Es bildet sich dann im Boden eine Zwischenschicht, die in verhngnisvoller Weise sowohl die Kohlensure- wie die Feuchtigkeitsabgabe an die Luft unterbindet. Die Stickstoffzehrer, zu denen alle Getreidearten gehren, sind gleichzeitig auch Zehrer des Bodenwassers. Nur der Mais, aus einem ursprnglich trockenen Land stammend, ist ein verhltnismig bescheidener Wasserverbraucher, selbst gemessen an dem Bedarf der Rben. Er entnimmt dem Boden fr eine Einheit seiner eigenen Trockensubstanz nur das 120fache. Alle brigen Halmfrchte beanspruchen die natrliche Wasserleitung der Erdkrume in weit hherem Ma. Bedauerlicherweise greift unter solchen extremen Umstnden sogar die Grndngung in den Winterwasserverbrauch in unverantwortlicher Art ein. Das ist in einem Trockenklima auf die Dauer beraus gefhrlich, denn das Winterwasser ist der sozusagen eiserne Bestand an Feuchtigkeit, der fr den ganzen Sommer ausreichen mu. Wird er vorzeitig angezapft, so ist das gleichbedeutend mit der Trockenlegung tieferer Schichten, die wieder die Strung des ganzen Wasserhaushaltes herbeifhren kann. Trotzdem werden unberlegterweise auch hier die Felder wintersber offen liegengelassen, und die schwache Bestreuung mit Stroh, welche gegen den Wind schtzen soll, ist das einzige, das man gegen die Aushagerung, die in der ungarischen Tiefebene geradezu katastrophal ist, unternimmt. Die Entblung der Erde von der schtzenden Pflanzendecke ist das schlimmste, das man ihr antun kann. Es mte nicht nur unter den Verhltnissen eines Pusztaklimas, sondern unter allen Breitengraden, selbst auf Tage, vermieden werden. Man wird das spter einmal noch ganz anders als heute einsehen lernen ... Ein Vorlufer dieser Einsicht ist der russische Versuch, die Weizenkrner direkt zwischen die noch stehenden Stoppeln und sonstigen Ernterckstnde zu sen. Ein Erfolg von ca. 20 Prozent Erntesteigerung wird als Konsequenz einer solchen Methode gemeldet. Er ist, bodenbiologisch betrachtet, durchaus wahrscheinlich. In ihm drckt sich der mangelnde Bodenverlust durch verhinderte Abwehung aus. Es gbe zahllose Romane des Weizens und jeder ist fr sich interessant genug. Dieses Getreide hat eine der abenteuerlichsten Geschichten hinter sich, und man kann sagen, da es keine Zivilisation und keine Religion gibt, die nicht mit ihr verknpft wre. Es ist unmglich, sie alle hierherzuschreiben oder auch nur zu umreien. Nur ein einziges Kapitel mchte ich noch erwhnen, denn es rhrt an die Entwicklung der gegenwrtigen Weltwirtschaft und http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 319 PDF-Ausgabe 62010

drfte nur wenigen bekannt sein. Da der Weizen aus dem Sdosten kam, sagte ich schon. Er wanderte von da aber nicht nur nach Westen, nach Europa aus, sondern auf der anderen Seite noch weiter nach Osten. Und von dort ging er in einem hchst seltsamen Zickzacklauf dann doch wiederum nach Westen, und vom westlichsten Westen nach Europa zurck. Als im 18. Jahrhundert die russische Mystikersekte der Duchoborzen durch einen Ukas des Zaren aus Groruland und weit hinter den Kaukasus ausgesiedelt wurde, zog ein Teil von ihnen nach Kanada. Dorthin brachten sie eine Weizensorte Darum mit, die sie als Ghirka, Kubanka und Charkowka in den frisch gerodeten Wldern anbauten. Dieses Durum mag eine besonders widerstandsfhige Weizensorte gewesen sein. Denn aus ihm zchtete dann ein Mr. M. L.Carlton in Manhattan eine Weizensorte heraus, die endlich auch das rauhe Klima in den Weststaaten der USA ertrug. (brigens dankte die Welt, sowohl die westliche, als die stliche, diesem Mann, der sie um soviel Brot und Gold bereicherte, herzlich schlecht. Denn er starb im Elend in einem Malariaspital irgendwo in Peru erst um 1925.) Auch die wunderbaren Manitoba-Sorten mit ihren kleinen, dunkelroten Krnern, die das herrlichste, weieste Mehl enthalten, entstammen dem russischen Durumweizen. Ein schottischer Zchter, File, schuf aus ihm zunchst den Marquis, der in zehn Tagen frher erntereif wurde, und aus diesem wiederum den Garmet, der abermals eine um zehn Tage verkrzte Wachstumsperiode besitzt. Und so reicht sich Neuzchtung mit Neuzchtung die Hand. Heute gibt es chilenische und argentinische Spezialsorten. Ruland leistet in der Schpfung neuer arktischer Weizen auerordentliches. Und in den Trockenweizen steht Australien unbestreitbar an fhrender Stelle. Dabei stammt die australische Spezialzchtung erst aus den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Sie beginnt mit dreiig guten Arten, die einem Mr. William Farrer in Neusdwales gelangen. Von denen wurden die geeignetsten dann im Jahre 1902 offiziell eingefhrt. Ich erinnere mich sehr wohl des Meeres tief bronzebrauner hren, durch welches man in den sdlichen und sdwestlichen Weizendistrikten des fnften Kontinentes fhrt. Und dennoch hat nichts so sehr zur Humusverwstung der Welt beigetragen, wie die Poesie der wogenden Weizenfelder, die in der Literatu r zu den schnsten Symbolen des menschlichen Daseins zhlt. Denn alle Getreide, auch der Mais, sind Stickstoffverschwender ersten Grades. Ohne eine gesteigerte Kohlensureproduktion des Bodens vermgen sie aber nicht so viel Aleuron und Kohlehydrate herzustellen, wie sie sich in jeder hre speichern. Dieser Wechseltanz zwischen dem Luftstickstoff des Bodens, seiner Kohlensureausatmung und der Assimilation, die das ausgeatmete Gas zu Zucker, Fett und Strke materialisiert, ist es, der Sommer um Sommer die Erde so sehr erschpft. Denn das pflanzliche Produkt wird restlos weggetragen. Nichts bleibt, nicht die Frucht, nicht das Stroh, nicht einmal das bichen Wurzelwerk, das 320 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ohnedies kaum ein wenig organisches Eiwei enthlt. Vom Standpunkt der Ackererde aus gesehen, ist es ein vollkommener Leerlauf der Krfte, noch verschlimmert durch die Zerstrung des Bodengefges, des Wasserhaushalts und der Kolloidalitt. Alles, was der Mensch als Dnger zum Ersatz zurckgibt, ist entweder ungeeignet, unzweckmig oder bestenfalls ungengend. Nun lebt aber nur ein Groteil der Menschen von Getreide, will sagen, von Brot. Die andere Hlfte ist Reisesser und beim Reis liegt das Problem der Humusverwstung wesentlich anders. Alles in allem kann man die Behauptung vertreten, da es grundlegend besser ist. Zunchst, was die Wasserwirtschaft anlangt. Der Reis erhlt dem Boden seine natrliche Feuchtigkeit, soweit es sich nicht um Hartreissorten handelt, die nicht im Sumpf wachsen. Es heit, sie wurden als Bergreis ursprnglich in feuchten Waldrodungsgevierten auf den Molukken gezogen und von da ab als besondere Art weiterkultiviert. Heute zieht man sie in allen subtropischen Lndern, eigentlich berall mit Erfolg, nur da ihr Korn, wie z. B. am Balkan, immer hrter und kompakter wird. Man hat sie jetzt schon so weit umgezchtet, da sie auf leichten, sandigen Bden am besten gedeihen. Manche sehen im Hartreis die eigentliche Zukunft des Reisanbaues, weil man so den Sumpffiebern entkommt. Aber die Tatsache, da dann auch der Reis unter die anderen Humusverbraucher fllt, die auf die Dauer den Boden zugrunde richten, wird unzweifelhaft bewirken, da man nach einiger Zeit doch zum Sumpfreis zurckkehrt. Im Gegensatz zu den brigen krnertragenden Kulturgrsern glaubt man, da der Reis der Swasserzone entstammt. Er hat jedenfalls mit diesen weder ein groes Salz-, noch ein bedeutendes Kalibedrfnis gemein. Darum reagiert er auch wenig oder doch nicht optimal auf die knstlichen Mineraldnger (mit denen man trotzdem den Reisanbau der italienischen Poebene ermglicht), so wie es alle die anderen tun, ausgenommen der Mais, der eine Versalzung seiner Bden um nur 0,05 Prozent bereits mit einer fhlbaren Senkung des Ertrages quittiert. Bisher war es wenig aussichtsreich, den Reis anders als organisch zu dngen. Das aber ntzt er durch die berflutung mit Wasser, das erst zur Erntezeit abgelassen wird, geradezu optimal aus. Gewissermaen ist jedes Reisfeld ein Freilandaquarium fr die Bodenlebewelt. Die Umsetzung der hineingebrachten Fulnisstoffe (die als Tier- und Menschenmist hochgradig stickstoffreich sind) vollzieht sich unter der brtenden tropischen Sonne in rasend kurzer Zeit und in einer Vollkommenheit, zu welcher der Norden vieler Monate bedarf, wenn er sie berhaupt je erlangt. Das erklrt es auch, weshalb man als Nachfrucht auf den trockengelegten Reisfeldern sowohl in Japan, als in Indien und China noch Weizen oder Gerste st, ohne da die Bden sich dadurch wesentlich verschlechtern. Man knnte mit Recht sagen, da der Ausgleich des Humusersatzes, der im gemigten Klima bisher so ganz und gar nicht gelungen ist, als eine unumhttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 321 PDF-Ausgabe 62010

gngliche Vorbedingung des Reisbaus betrachtet werden mu, und da somit dieser der bestimmende und staatserhaltende Faktor der seit Jahrhunderten malos bervlkerten Riesenreiche des fernen Ostens geworden ist. Htte dort der Humusschwund in demselben Tempo wie hier dieselben Fortschritte gemacht, so wren schon lngst Politik und Wirtschaft in einem unbeschreiblichen Chaos zusammengebrochen. Einmal angelegte Reisterrassen kann man bestenfalls jahrzehntelang bebauen, und bei richtiger Pflege wird ihr Ertrag nicht abnehmen. Dabei bertrifft dieses ansehnliche, weithin wunderbar hellgrn leuchtende Gras an Fruchtbarkeit alles, was man sonst von einem Gras erwarten kann. Im Durchschnitt vermag eine Quadratmeile Reis fast tausend Menschen zu ernhren und ist etwa 15mal so ergiebig als Kartoffeln. Auch die ergiebigsten amerikanischen Weizensorten erbringen nur einen Bruchteil dessen, was das Reisfllhorn ber die Vlker des Ostens ausgiet. Denn selbst dort, wo man des Klimas wegen nicht wie auf den Philippinen mit Maximalernten rechnen kann (wo man das 400fache der Aussaat erhlt), ist Reis immer noch mit mindestens 100 Prozent ergiebig. Der Bodenchemiker hat diesem ungewhnlichen Reichtum seit lngerem nachgeforscht. Er ist auch zu der berzeugung gekommen, da eine der Ursachen darin zu suchen ist, da sich in dem knstlich errichteten Reissumpf Zyanamid bildet, das sich dann zu Harnstoff und von da weiter zu Ammoniak umbaut, so da stndig ein auerordentlicher berflu an organischem Stickstoff entsteht. Das ist sicher richtig, aber wohl nicht alles. Denn die tonigen Bden, die fr den Reisbau unerllich sind, zerlsen sich zu einer natrlichen Feinstverschlammung, die dem Detritus in jeder Weise sehr nahesteht. Sie liefert einerseits ein herrlich vorbereitetes mineralisches Material zur Aufschlieung, anderseits verkittet sie in den tieferen Schichten als undurchlssiger Quellhorizont die Terrassenbecken. Die vom Reisanbau unzertrennliche grere Lebewelt, als da sind: Schnecken, Wrmer, Insektenlarven aller Art, ergnzt man in China, Japan und auch in Sdeuropa durch die Verwendung der Reisfelder fr die Jungfischzucht. Man setzt in sie winzige Karpfen oder Krpflinge, die nicht nur sehr gut gedeihen, sondern auch das Wasser von Mckenlarven subern. Damit dmmt man die bisher unvermeidliche Begleitkrankheit der Reiskultur, die Malaria, doch auf ein gewisses durchschnittliches Minimum ein. Geschhe das systematisch auf der Gesamtanbauflche des Reises, die man vor ca. einem halben Menschenalter auf annhernd 700 000 ha schtzte, so gbe es z. B. auf Ceylon kein Tal des Todes, in dem auch nicht ein einziger Bewohner nicht fieberkrank ist die Suglinge mit eingerechnet! Bei allen diesen Vorzgen hat das Reiskorn noch seinen ganz besonderen Wert. Es ist mglich, da er aus der stndig besseren Bodenbeschaffenheit herrhrt, welche die Pflanze in idealer Weise versorgt. Weit ber 750 Millionen Menschen sind heute Reisesser, und ein Groteil von ihnen geniet auer ihm kaum etwas Fleisch, Fisch, einige Gemse und 322 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Gewrze als bescheidene Zuspeise. Dabei leistet z. B. ein Kuli stndig schwerste krperliche Arbeit und pflanzt sich obendrein noch in einer geradezu berschwenglichen Massenhaftigkeit fort. Das alles wird aber nur dadurch ermglicht, da 1 kg geschlter Reis 75 g reines Eiwei, dazu 781 g allerfeinstes und bestaufschliebares Strkemehl liefert. berhaupt unterliegt Reis und zwar als einziges unserer Nahrungsmittel whrend des Verdauungsprozesses keiner Grung. Was das unter der quatorialen Sonne bedeutet, wo die Darmfulnis und alle aus ihr resultierenden ansteckenden Krankheiten der Eingeweide endemisch sind, wei nur der, der diese Kalamitt aus eigenem Augenschein kennengelernt hat. Die 1104 verschiedenen Reisarten, die im Museum von Kalkutta den Besucher in Erstaunen versetzen, sind sich doch alle bei uerer groer Vernderlichkeit der Gestalt in einem gleich: Sie sind smtlich ungewhnlich kaliarm. Tatschlich ist Milch 5mal, Rindfleisch 19mal, sind Erbsen 12mal, Bohnen 21mal und Kartoffeln sogar 26-28mal so reich an Kali als eben der Reis, der vielleicht deswegen als ganz besonders leicht verdaulich gilt. Mit einem Wort: von welcher Seite man auch den Reisbau betrachtet, er ist allen brigen Kulturpflanzen bei weitem berlegen. Wre er nicht von der Malaria gefolgt, so wre er makellos. Aber dieser finstere und bse Vampir scheint auf das tiefste mit ihm verbunden zu sein. Man vermutet sogar, da seine Erreger, die Plasmodien, die bekanntlich durch die Fiebermcke (Anopheles) berimpft werden, ursprnglich als Sumpfbewohner bereits in die schwimmenden Larven einwandern, so da nicht nur eine einfache bertragung durch Besaugung malariakranken Blutes, sondern vielleicht schon eine umweltbedingte frhere stattfinden knnte. In der unge heuren Literatur, die sich mit dieser gefhrlichsten aller Tropenseuchen befat, ist diese Frage leider noch nicht vllig gelst. Vom Standpunkt der irdischen Humusverwstung freilich sieht aber die Reiskultur grundlegend anders aus. Da versinken die Millionen der am Fieber Dahingegangenen, die blutlos Ausgemergelten und hoffnungslos Er schpften in das Nebenschliche der rein menschlichen Belange. Dagegen aber erhebt sich die Tatsache, da diese Kultur als einzige nicht den Humusschwund der Welt vergrert, zu bermchtiger Bedeutung. Und wie an jedem Stck Brot der Fluch der zugrundegerichteten Erde hngt, so haftet an dem silberweien Reiskorn der Segen, ein Ernhrer von Millionen zu sein, ohne anderen Millionen von Geschpfen das Dasein unmglich zu machen. Die grten Bodenausplnderer sind innerhalb der Feldkultur indes nicht einmal die Getreidearten, sondern alle jene Pflanzen, die einen mchtigen Krper mit langen und festen Stengeln, reichlichem Laub, zahlreichen Blten und fleischigen und nhrstoffreichen Frchten in sechs Wochen bis zu einem Vierteljahr aus dem Nichts aufbauen mssen. Je nach Ursprung verteilen sie sich ber alle Zonen, wurden auch, soweit das mglich war, ber alle Zonen verschleppt. Der gedrngte Raum dieses Buches erlaubt mir keine http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 323

ausfhrliche Behandlung, denn ber die Naturgeschichte eines jeden einzelnen knnte man Bibliotheken schreiben. Ich kann hier der Vollstndigkeit halber nur eben ein paar flchtige Hinweise geben. Doch mchte ich die jedem Fachmann bekannte Liste der groen Humusverbraucher wenigstens dem Namen der wichtigsten nach aufzhlen. Es sind lauter schne und stattliche Gewchse, die den Menschen reich beschenken. Da ist die Baumwolle (Gossypium), die sich heute in mehr herangezchtete Unterarten spaltet, als der Brger Brotformen besitzt. Da ist der Rizinus (Ricinus communis), da ist die erst seit kurzem in die Feldkultur eingegangene Sonnenblume (Helianthus annuus), die aus einem in Altmexiko der Sonne geweihten Blumenwesen sich in eine Nutzpflanze verwandelt hat, die jetzt nur noch nach der Ergiebigkeit ihrer mchtigen Samenbden gewertet wird. Da sind Krbis- und Melonenarten (Cucurbita), da ist die Ananas (Bromeliacea) und einer der grten Snder, die unsere Erde kennengelernt hat der Tabak (Nicotiana L.). Von ihm wute man schon zu Zeiten Maria Theresias, da er den Boden mehr als doppelt so stark wie ein gleichgroes Getreidefeld ausntzt, allein das hat noch niemanden gehindert, Tabak zu bauen. Sie alle kommen von weither, von Osten, von Westen, vom sdlichsten Sden. Wir selber stellen dazu nur ein paar Einheimische: die Zuckerrbe und den Lein. Man tut unrecht, wenn man glaubt, alle diese Gewchse sind an sich schdlich fr den Boden. Davon ist keine Rede. Sie werden nur schdlich, wenn man sie in Form von Monokulturen anbaut. Und wieder und immer wieder anbaut auf dem gleichen Feld, auf demselben Boden. Eine Zeitlang hat man der Banane in dieser Hinsicht alles Bse nachgesagt. Sie sollte den Boden in einer geradezu unvorstellbaren Weise zugrunde richten. Man bedachte aber nicht, was dieses gigantische Kraut in Wahrheit leistet. Die Banane gibt dem Menschen ber dreieinhalbmal mehr Nhrwerte als die Kartoffel und 15mal so viel wie der Weizen! Wir wissen bereits, da sie sich selber dngt, schon durch den gewaltigen Blattabwurf. Aber es ist nur in den Tropen bekannt, da sie whrend einer Vegetationsperiode auch ca. 80 junge Wurzelschlinge aufstellt, durch die man die abgestorbenen Stcke wieder ergnzt da die Banane als uraltes Kulturgewchs verlernt hat, Samenkerne zu bilden und sich mit dem unfruchtbaren Fruchtfleisch begngt. Und auerdem verstehen die Bananenbltter die wasserreiche Luft der tropischen Nchte ausgezeichnet zu kondensieren, so da sie sich ganz regelmig selber ausgiebig begieen, whrend zugleich ihre titanischen Blattfahnen den Wind von jeder Pflanzung abhalten, was wieder den empfindlicheren der brigen Pfleglinge zugute kommt. Auch bei den anderen groen Humusverzehrern ntzt Dngung verhltnismig nur wenig. Sie frdert nicht einmal die Salpeterbildung in erwnschtem Ma. Tiefer als durchschnittlich 5 cm wir wissen es ja dringen die knstlichen Nhrsalze bestenfalls nicht in den Boden ein, 324 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

besonders dort nicht, wo man, wie in der Plantagenwirtschaft, mit wochenlangen, heftigen Regenzeiten rechnen mu. Die Zerstrung des Bodengefges, die auf Farmen genau so rcksichts- und verstndnislos durchgefhrt wird, wie in Europa, bewirkt eine intensive Zerschlagung der Erdoberflche, whrend auf ungepflgtem Grund auch der schwerste Regenfall noch nicht 30 cm tief direkt einwirkt. (Was man bisher auf diesem Gebiet durch Laboratoriumsversuche nachgeprft hat, ist groenteils ebenso trgerisch, wie alle Laboratoriumsversuche sind. Sie geben nur ein Scheinbild, das dem Freilandbetrieb wenig entspricht.) Und dabei fngt man erst jetzt an, die Erosion als bodenbiologisches Faktum mit in die Ergebnisse urschlich einzubeziehen. Die Praxis wei es viel besser. Nach den Agriculture State Georgia tests betrug sie auf einem acre Baumwollpflanzung fnf Jahre lang in jedem Jahre 127 t Erdoberflche! Es ist eben immer wieder derselbe Circulus vitiosus, in welchem sich Aberntung und Bodenbeschaffenheit dreht. Man kann nirgends ber ihn hinausgelangen. Er umgibt uns wie ein Netz mit sthlerner Elastizitt. Ob der Taro der Sdsee (Colocasia antiquorum S.) seine bis 6 kg schweren Knollen in zwlf Monaten, ob der Yams (Dioscorea batatas) die seinen, die jedoch bis zu 50 kg wiegen, in mehreren Jahren reift, ob Topinambur (Helianthus) um die Hlfte ergiebiger ist als Kartoffeln und ob das felderweise gezchtete Seifenkraut (Saponaria) sogar ein achtfaches Einkommen gegenber dem Weizen gewhrleistet es luft zuletzt alles auf dasselbe hinaus! In Togo werden tabakmde Bden mit Baumwolle bepflanzt, und in Ostafrika setzt man erfahrungsgem lieber Sisal (Agave) zwischen Kautschuk und Baumwolle. Der Chinarindenbaum (Chinchona) vertrgt berhaupt kein Grundwasser, braucht aber Niederschlge von oben. Und der Eucalyptus verzichtet gerne auf jeden Regenfall, wenn er seine Wurzeln, die er bis 60 m aussendet, nur irgendwo gengend tief in das Grundwasser tauchen kann. Zuckerrohr und Zuckerrbe sind beide dieselben wilden Kalifresser. Die Baumwolle bestreitet die Oberflle ihrer flaumweichen Seidenfasern, die zur Reifezeit die Plantage in ein frischgefallenes Schneefeld verwandeln, aus einer Maximalzufuhr von Bodenkieselsure. Und keine Kulturpflanze ist so rentabel wie die stachellose Opuntie (gezchtet von Luther Burbank), die fr Mensch und Tier auf den rmsten und drrsten australischen Lateritbden immer noch die unwahrscheinliche Menge von (per Hektar) 50 bis 75 000 kg wohlschmeckenden und nahrhaften Blattgemses und saftigen Futters liefert. (Das sind man berlegt es sich, solche Zahlen hinzuschreiben 500-750 dz dort, wo praktisch jeder Pflanzenbau versagt. Hlt man die besten europischen Weizenbden dagegen, so ergeben sie nicht einmal einen Bruchteil dessen an Kohl, von dem man mehr Abflle hat, als von sonst einem Gemse.) In Tristan da Cunha, der meerverlorenen Insel, gilt die Kartoffel heute noch als Whrungseinheit und einziges Zahlungsmittel, denn sie gedeiht http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 325 PDF-Ausgabe 62010

nirgends so gut und ist nirgends so absolut krankheitsfrei wie dort. Deutschland aber erzeugte zu Anfang des Jahrhunderts an 50 000 000 t, die ihm absolut lebenswichtig waren, und ca. zwanzig Jahre spter fielen 33 Prozent davon dem Kartoffelkrebs zum Opfer, den der Schleimpilz Spongospora solani Rumpf. verbreitet. Er fhlt sich ganz besonders wohl im Kloakenkot, wo er in Gesellschaft des parasitischen Pilzes Oospora scabies B. eine echte Infektion durch Fulnisdngung verursacht. Viele Seiten lang knnte man solche Listen noch fortsetzen. Man knnte sie auf die Palmen und Obstbume ausdehnen, auf die Faser-, die Frbe-, die sonstigen Nutzpflanzen. Tausende, Zehntausende von wichtigen Substanzen hngen daran, die alle dem Menschen ntzen. Alle kommen aus dem Boden und der Boden verarmt dabei. Nicht, weil er unbedingt durch die Landwirtschaft verarmen mu, sondern weil die Land- und die Plantagenwirtschafl bisher noch nicht imstande waren, die richtige Zufuhr von Humus als Ersatz zu organisieren. Und das ist die Schuld des Menschen, der so eine Kulturwste schafft, die sich nun endlich feindlich gegen ihren eigenen Schpfer erhebt. Die Zerstrung des Waldes Der gypter des Alten Reiches hatte nur den einen Wunsch: nach seinem Tode unter einer Sykomore zu ruhen. Denn die Schaufel schwarzer Erde, genannt Kern (die man dann erst viel spter als Aegyptos bezeichnete), sah in der Sykomore den Nuhibaum, den Baum des Lebens. Im groen Totenbuch steht er zu Hupten der Grber. Im Niltal errichtete man einstmals kleine Grabgrtchen, vom befruchtenden Wasser der jhrlichen berschwemmung umflossen, ber die breit und dunkel die schnen, gewaltigen Sykomorenkronen ragten. berall pflanzte man sie in knstlichen Wldchen und erfreute sich an dem seltsamen, nimmermden Rauschen ihres Laubes. Das geschah im Alten Reich Kem (erst im Neuen Reich bediente man sich anderer Bestattungssitten), wo es keinen natrlichen Wald gab. Denn das Nilland war von je nur die Schpfung des groen Stromes, der es auf dem Wege von den letzten Katarakten, der Nilschwelle bis zum Meer als Delta und langgezogenen Auslauf liegen lie. Und es ist wirklich nur die Schaufel Humus, hingeworfen in den nackten Sand der Wste, die schon jener vor zeitliche Urnil durchfurchte. Man wei auch, weshalb man die knstlichen Sykomorenwlder pflanzte. Es geschah, um den Humusschatz noch besser zu bewahren, denn man hatte beobachtet, da sich unter ihnen der fruchtbare Boden nicht nur lnger erhielt, sondern auch viel strker vermehrte, als auf den Feldern und in den Grten. Und da sie darum wirklich Bume des Lebens waren, ein Sinnbild des Erntegottes Osiris, dessen anderes Symbol der heilige Mistkfer, der 326 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Skarabus war. Wenn sich dies schon in einem Landstrich so verhielt, der jhrlich durch den Segen der berschwemmung einen auerordentlichen Reichtum empfing, wie viel mehr mu der Wald dort bedeuten, wo er der alleinige Humusbildner und Klimaregler ist. Wieder einmal mu ich auf den knappen Raum dieses Buches hinweisen, der es mir nicht erlaubt, anderes, als die groen Linien der wichtigsten Beziehungen herauszuarbeiten und zu erklren. Aber gerade bei der jetzt lebenden Generation kann ich wohl voraussetzen, da sie schon seit der Schule mit den grundlegenden Begriffen von der Bedeutung des Waldes aufwuchs. Wir alle, vielleicht am meisten R. H. France, haben ja dazu unser redliches Teil beigetragen, dem europischen Menschen Sinn und Wert seines Waldlandes verstndlich zu machen. Ich brauche also eigentlich nur zu wiederholen, weshalb der Wald als Landschaftsformer eine so einzigartige Ausnahmestellung einnimmt. Es wurde schon in verschiedenen Zusammenhngen darauf hingewiesen, da die Walderde der Bodenbiologe nennt sie Mull von hervorragenden Qualitten ist. Beste Laubwalderde (und nur im Laubwald entsteht Mull) enthlt in 1 cbmm bis zu 10 Millionen Humusbakterien, ganz abgesehen von den brigen erdbewohnenden Organismen. Dabei liegt unter dem Fallaub alter Eichen durchschnittlich pro Hektar 25 000 kg Humus schon in 15 cm Tiefe, der in wirklichen Urwldern bis zu 1,50 m und 2 m hinunterreichen kann. (Man sieht, welchen Unterschied bedeutet das zum bebauten Boden, wo man sich auf bestenfalls 30 cm Humusschicht beschrnken mu!) Die hchsten Nitrifikationszahlen werden unstreitig im Mischwald erreicht. Seine Durchfeuchtung ist niemals idealer, als wenn er eine geschlossene Moosdecke ber sich hat. Denn Moose binden Wasser in einer Menge, die bis zu 50 Prozent und darber betrgt. Sie haben ein geradezu unglaubliches Wasserspeicherungsvermgen, denn dieselbe Menge Moos wiegt im lug-trockenen Zustand 1 kg und im nassen 6-7 kg! Im Gebirge ist die Walderde der beste Schutz gegen den Tod der Berge, die mrderische Erosion. Aber die Pflanzendecke mu unverletzt sein. Selbst nur meterlange Risse knnen mitunter das Abrutschen von groen Schuttstrmen veranlassen. Die typische bersteilung eiszeitlich abgehobelter Rundlinge trgt ihren grnen Mantel nur von Gnaden des Bergwaldes. Darunter huft sich eine fette, schwarze, unerhrt kolloidale Dammerde, die dem jetzt eingefhrten Begriff Dauerhumus wohl am besten entspricht. Wir wissen schon: im Wald beginnt alle Humifizierung in der Streudecke. Dieses Dorado der Bodenpilze und Bakterien kann in 1 g Trockensubstanz 50 Millionen Bakterien beherbergen. Die rostbraunen, silbergrauen und elfenbeinfarbenen Bodenpilzmyzelien hlt man fr praktisch unzhlbar. Um gut verstndlich zu sein, mu ich wieder einmal zum Zauberspiegel http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 327

der Nullen greifen. Wir kennen den Lebensreichtum fossiler Walderde nicht. Wir haben uns nur davon berzeugt, da auf Hlzern, die im frhen Erdaltertum des Devons und Karbons wuchsen, dieselben Micrococcusarten lebten, die in unseren Wldern die winterlichen Baumrinden grn frben. Im allgemeinen drfte fossiler Humus den heutigen Urwldern nicht nachstehen. Und heute rechnen wir mit 6-8 Billionen Spaltpilzen in 1 g Waldhumus, whrend die allerbeste Ackererde es nicht ber 4-5 Billionen bringt. Bauen wir diese Zahlen auf Lebendgewicht von 1 acre unbewirtschafteten Laubwaldes um, so kommen zwischen 1500 und 4000 kg heraus, die wieder einer Organismenmasse im Gewicht von 750-2800 kg in der erwhnten Ackererde gegenbersteht. (Dazu mu man sich immer vor Augen halten, da ein Bakterium selten ber 0,0040,005 mm lang ist, sich indes durch die bekannte, durchschnittlich halbstndige Vermehrung in 24 Stunden auf 280 Billionen Individuen vervielfachen kann.) Doch genug von diesen plastisch ja gar nicht mehr vorstellbaren Maximalziffern! Man braucht diese Phantasien in Nullen schlielich aus keinem anderen Grund, als weil wir die Zahl als den einzig unbeeinflubaren Begriff nicht aus unserem Weltbild ausschalten knnen. Auch in der Walderde sind die Bakterien, so wie berall, die Hauptgilde der Straenrumer und Unratverzehrer. Zugleich sind sie infolge ihrer unermelichen Anhufung die unerschpfliche Weide fr alle Hungrigen. Sonst zeichnet sich das Edaphon des Laubwaldes durch ungewhnlich groe Formen aus und die allerwinzigsten Zwerggestalten sind nicht hufig. Die Algen spielen eine wesentliche Rolle als Blau-, Grn- und Kieselalgen, unter den Flagellaten sind die assimilierenden Euglenen vorherrschend. Einen groen Bestand bilden aber unter den Rhizopoden die Difflugien, die Euglyphen, auer der Nebela collaris auch der sonderbare, glasklare Geococcus vulgaris, der aussieht, wie eine Miniatur-Schusterkugel. Typisch ist dort auch ein Riesengeschlecht von Hantzschia amphyoxis, jene seltsamen, zigarrenfrmigen Riesen-Kieselalgen, die nur im tropischen Urwald noch grer werden als bei uns. Und die Fadenwrmer (Nematoden) erreichen mitunter ein so wohlgemstetes Aussehen, da sich ihr Darm wie eine dunkle, prallgefllte Linie durch den ganzen Krper zieht. Gegenber einem rohen, sauren Fichtenwaldboden, in dem in 1 cbmm knapp 11 Protozoen aufgefunden werden konnten, enthielt die gleiche Menge Buchenwaldmull 155 Individuen einer viel reicheren Auswahl. Die auf der obersten Oberflche wimmelnden Zwerginsekten aber sind die ausgesprochenen Vorbereiter mit Hilfe ihrer nimmermden Verdauung, die das bewltigen, was die bakteriellen Zelluloseaufschlieer nicht mehr oder berhaupt nicht aufzuarbeiten vermgen. Dazu das Heer der alles, was Kohlehydrate heit, verzehrenden Kleinpilze! Die unzhlbaren Vertreter der 328 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Nectria-Gruppe, die auf allem Holz, auf jedem zernagten Tannenzapfen, auf jedem Blattstiel als schwarze Pnktchen oder Krusten sitzen, unter denen der Grund sich langsam und unsichtbar verliert, bis er eines Tages aufgezehrt ist und verschwindet niemand wei, wohin. Auerdem werden Zellulosen bis zu Alkohol, Essig-, Milch- und Buttersure zerlegt oder ganz bis zu Kohlensure und Wasser aufgespalten. Eine Armee von Kiefern, Rundmulern, osmotischen Zellhuten humifiziert Holzmulm, Streu, Bltter und Nadeln. Sie brauchen verschieden lange Zeit dazu, aber irgendwann sind sie immer wieder fertig und gehen an neue Arbeit. Im Wald ist der groe Umbau hauptschlich ein Zelluloseumbau, und tierisches Eiwei kommt erst in zweiter Linie zur Verarbeitung. Der Mensch hat einen ganz falschen und durchaus nicht zutreffenden Begriff vom Leben des Waldes. Er denkt an Vgel, Wild, Raubtiere, er denkt an Bume, blhende Strucher, duftende, vertrumte Waldwiesen. Er denkt an spielende Schmetterlinge und das goldene Harz, das in Perlen von uralten Stmmen tropft. Aber die Geschpfe, die wirklich den Wald zu einer zeitlosen und durch sich selbst lebenserhaltenden Formation aufbauen, sind zum allergrten Teil unsichtbar oder von so geringfgiger Krperlichkeit, da der von Waldpoesie Schwrmende sie berhaupt gar nicht beachtet. Die glasklaren, kleinen Amben, die an Pilzfden entlang kriechen, um sie abzuweiden, das Wirrsal dicht zu Filzen versponnener Hyphen, das Sporen vertragende, Holz zersetzende, harte Fichtennadeln und Blattadern, Samen und Fruchtschalen in Humus verwandelte Volk der Erdinsekten, die untereinander sich verfolgen, tten, ernhren, die sich den Lebensraum vorbereiten und wegnehmen, die dem Wurzelwerk Raum schaffen und Wurzelwerk zerstren, die wie unermdliche Sklaven in der Tretmhle neuer Lebensgestaltung sich mhen und dahingegangene auseinander legen sie sind der Wald, von deren Gnaden alle die brigen sorglos und im berflu leben knnen. Und deren Nutznieer wiederum der Mensch ist, der die bewunderungswrdige, aus soviel Teilen und Teilchen aufgebaute Ordnung des Seins einer groen und magebenden Formation wieder gnzlich und bis zum Grunde in Unordnung bringt! Die Streudecke ist fr das Mikroklima des Waldbodens verantwortlich. Oft wird sie im Winter von einer leichten, splitterigen Eisdecke berzogen, aber durch die Bakterienheizung bleibt es darunter auch im kltesten Januar gleichmig warm. In ihr wurzeln denn auch alle die lieblichen Buchenbegleiter, die, wie der Waldmeister (Asperula odorata) geradezu zu einer Leitpflanze fr Buchenwaldmull geworden sind. In den oberen Schichten unterbricht der Frost alljhrlich die Umsetzungsarbeit, aber in der Tiefe geht sie unbehindert weiter. Wo es keinen Winter gibt, da entsteht bezeichnenderweise auch keine Streudecke sie ist also eine Erscheinung unseres nrdlich gemigten Klimas und schtzt den Boden ebensosehr, als sie notwendig ist, http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 329

die geografisch verlangsamte Aufschlieung als Zwischenzone zu vollziehen. In den Tropen dagegen wird alles Fallaub und alles, was sonst als Abfall auf dem Boden landet, in krzester Zeit direkt zu Humus zersetzt. Aber der quatorale Humus der Urwlder erfreut sich noch anderer Vorteile. Strelitzien, Aroideen, Nasturcien, Begonien und viele andere an den Fluufern und den natrlichen Waldrndern gleich einem dichten Saum grnende Blattpflanzen begieen sich allnchtlich gleich der Banane mit regelrechten Bchen, die aus den Blattachseln niederrieseln. Das wirkt sich dort, wo die heie Luft der offenen Ebenen eindringen und versengend schaden knnte, als eine natrliche Abschirmung aus. Die Pflanzen schtzen aktiv den Humus, von dem sie leben. Und mit dem Humus schtzen sie sich selber. Freilich besitzen nicht nur die Tropen eine solche uere Waldselbstabschirmung. Sie ist allen Wldern gemeinsam. Es ist zwar ihre floristische Zusammensetzung sehr verschieden, aber der Zweck ist der gleiche. Nur duldet der Mensch in bel verstandener Besserwisserei sie bei uns nicht immer. Und entblt dadurch den Wald gegenber den Winden, den harten Regen, den Einbrchen von Sandverwehungen. Alle die Wildrosen, die Berberitzen (Berberis vulgaris), die Faulbaumbsche (Rhamnus frangula), die Herlitzen (Cornus mas), die Schlehen (Prunus spinosa), die Weidorn-(Crataegus monogyna) und Schneeballhecken (Viburnum) sind ein dringend notwendiger Abschlu des Waldes, des Waldhumus, der Moose und der Tiere. Entfernt man ihn und wie oft geschieht das durch Abhacken und Abbrennen! so ist das nicht um vieles anders, als wenn man einem Tier die Haut abzieht und dann von ihm verlangt, es mge sich wohlbefinden. In den echten Tropen fehlen merkwrdigerweise fast vollstndig die Moose des Erdbodens, besonders unten im Tiefland. Wohl aber findet man sie wieder in unvorstellbarer ppigkeit in den Hochregionen der Regenwlder Javas. Alle Stmme sind mit triefend nassen, dichten, schwellenden Moospolstern umkleidet. ber der Laubdecke, die sich dort in solchen Hhen abermals einstellt, gibt es zwar kein natrliches Unterholz, wohl aber seltsame Gebilde gelbrot scheckiger Schmarotzerpflanzen aus der europafremden Gattung der Balanophoren. Noch weiter oben werden Moose und Flechten dann selber zum Unterholz. Die hochalpine Savanne des Kilimandscharo trgt von 2600-3000 m ab bis zum Gipfel ein fantastisches, kaum durchdringbares, verfilztes Gewirr von stengelhohen Moospolstern und dazwischen baumartiges Gestrpp goldener Jakobskruter (Senecio-Arten) und silberpurpurner Imortellen (Heliochrysum). Das Feuerland dagegen besitzt in seiner Puerto angosto einen an ewige Khle und Feuchtigkeit angepaten immergrnen Buchenwald, ber dessen Boden ein fest zusammenhngender Lebermoosteppich (Mardiantia) liegt, bewohnt von unzhligen Rdertieren, die einzeln oder paarweise in den winzigen, wassergefllten Blattachseln hausen. 330 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Wahre Moosurwlder umhllen die Westhnge des Kamerungebirges, so dicht und hoch, da Mensch und Tier in ihnen versinken. Sie fangen den Segen der regenreichen Luftstrmungen ab und teilen ihn einem beraus individuen- und artenreichen Edaphon mit. Die Steppenwlder jedoch, ob europisch, afrikanisch oder asiatisch, ernhren in den wenigen krglichen Polstern von Ast- und Silbermoosen, die sozusagen nur nach der Schneeschmelze oder den heftigen Herbst- und Frhlingsregen berhaupt sichtbar werden, die ganze mikrobielle Lebewelt, die sich wie in eine Arche Noah sommersber dorthin flchtet. So verschieden sind die Wlder unseres Gestirnes und so vllig anders ist ihre floristische Zusammenfgung. Dennoch ist ihnen allen das gemeinsam, da sie in einem fest in sich geschlossenen Kreislauf sich selber erhalten und mit sich selber ihre ganze Lebe- und Umwelt. Alle anderen Landschaftsformationen sind unbestndig. Sie mssen es sein, denn sie vermgen weder den Wasserhaushalt des Bodens, noch die Auswirkungen von Luftbewegung, Besonnung und Bestrahlung entscheidend zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die Ursteppe oder Prrie oder Pampa oder Tundra kann auch durch die Bekleidung mit einer unglaublich zhen Pflanzendecke nur den vorhandenen, fr ihre eigenen Bedrfnisse eben ausreichenden Humus erhalten. Aber sie knnen keinen Humus neu hinzufgen und vor allem keinen bis zu 6 m gehuften Humusschatz produzieren. Das kann nur der Wald kraft seiner vollendeten Organisation und kraft seines Zusammenschlusses zu einer idealen Bioznose. Diese Dinge zu wissen, ist von grter Wichtigkeit. Denn wenn man sie wei, so wird man es sich in jedem einzelnen Fall berlegen, anstelle eines kahlgeschlagenen Waldes ein Feld aufzupflgen. Wlder gehren zum Aufbau einer Landschaft. Nicht nur aus Schnheitsgrnden, sondern weil sie ein unentbehrlicher Bestandteil, eine Vorbedingung des Lebens sind. Die Nutzung, die der Mensch aus ihnen zieht und sie ist vielfltig genug , ist nicht das Eigentliche. Das Eigentliche ist, da der Wald die vorhandene Landschaft nicht nur bewahrt, sondern auch zu aller Vorteil verbessert. Er macht die Winter wrmer, die Sommer khler, die Niederschlge gleichmiger, die Jahreszeiten weniger extrem und vor allem weniger strmereich. Das wei man heute schon aus vielen Bchern. Das lernen die Kinder schon in der Schule. Man knnte meinen, wenn es nur dies wre, so mte es bereits gengen, um den Wald in jeder Weise zu schonen. Leider gengt es nicht. Die letzten Jahre haben einen unverantwortlichen Raubbau an den Wldern gebracht, wie man ihn kaum je verzeichnen kann. Ein Zyniker sagte einmal: Politisch kann geschehen, was will auf jeden Fall werden die Wlder geschlagen. Es ist ein bses Wort, aber bisher hatte es leider recht. So mu man also in der Aufzhlung der Wohltaten, die wir dem Wald http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 331

verdanken, fortfahren, denn nun handelt es sich um solche Dinge, die vielleicht nicht ganz so allgemein bekannt sind. Der Wald speichert Humus. (Ich mu es immer und immer wieder betonen, denn alle Schden, die wir rund um uns erleben, hngen damit zusammen, da man ihn in seiner Humusspeicherung in unbegreiflicher Weise strt.) Aller Feld-, aller Gartenbau, aller Obst- und Weinertrag, alles, was die koloniale und auereuropische Farm- und Plantagenwirtschaft liefert, ist nur mglich, weil an dem betreffenden Ort ein Wald zu irgend einer Zeit einmal Humus speicherte und dieser Humus jetzt aufgebraucht wird. Wo er bereits aufgebraucht wurde, ohne systematisch und in biologisch richtiger Weise ersetzt zu werden, da wei man sich keinen Rat. Man ersinnt tausend Vorschlge, aber sie alle bedeuten nur Teillsungen und fassen nicht das ganze Problem. Denn das Problem, das den Volkswirtschaftlern ein solches Kopfzerbrechen macht, beginnt nicht bei der Kulturwste und nicht bei der Ernteverminderung, es beginnt auch nicht bei einer vorderhand ganz aussichtslosen Geburtenkontrolle, nicht bei Paneuropa oder einer globalen Zentralregierung der Vereinigten Weltstaaten. Es beginnt berhaupt nicht bei den menschlichen Belangen, die alle zusammen nur Auswirkung, aber nicht Grundursache sind. Sondern bei der Einsicht, da man des Waldes als Klimaschutz und als Sicherung gegen die Erosion ebenso bedarf, wie als Neuschpfer von Humus. Hier mu eine grundlegende nderung einsetzen. Ich wei, man kann in zahlreichen ausgezeichneten und mit dem warmen Herzen verstndiger Naturliebe geschriebenen Werken alles das, was ich hier anzufhren habe, bis zu einem gewissen Prozentsatz ebenfalls finden. Trotzdem aber mu ich hier eine Reihe einzelner Tatsachen erwhnen, weil sich, fr jedermann begreiflich, aus ihnen gleich einem Mosaik das ganze Bild der Folgen der Waldverwstung als die Katastrophe malen lt, die sie wirklich und ohne bertreibung ist. Schon mit der Wirkung der Bewurzelung beginnt es. Baumwurzeln, auch abgestorbene, tragen stets zur Lockerung des Waldbodens bei, und zwar in einem Grad, den es weder bei Acker-, noch bei Wiesenbden gibt. Das veranlat unter allen Umstnden eine verbesserte Durchlftung. An der Durchlftung aber, das brauche ich nicht nochmals zu wiederholen, hngt wie an einem Ariadnefaden Entwicklung und Leistung der gesamten Bodenlebewelt mit allen von ihr durchgefhrten biochemischen Prozessen. Jeder Fachmann wei es, da alle Waldbaumsmlinge beraus reich an Wurzelhaaren sind und da jedes Wurzelhaar aktiv arbeitet. Mit lappigen Fortstzen umfat es wie mit tastenden, zugreifenden Fingern allerwinzigste Bodenkrnchen und geht ihnen mit ausgeschiedenen Enzymen zu Leibe. Ein sehr groer Teil der mineralischen Aufschlieung wird im Wald von den fast unsichtbaren Wurzelhaaren geleistet. Sie bewerkstelligen sie mit organischen Suren, die sie je nach Bedarf zweckentsprechend anwenden. Sie bentzen wechselnd 332 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Ameisen-, Milch-, Kohlen- und bis einprozentige Zitronensure, arbeiten also ganz regelrecht nach Art eines Laboratoriums. In der Nhe der Wurzeln und zwischen ihnen sammeln sich infolgedessen auch die Bodenbakterien, deren Wichtigkeit wir ja kennen. In diesen unbeschreiblich feinen Netzen scheinen sie sich sicher zu fhlen, vor allem sind sie dort nicht mehr von Aussplung bedroht. Es ist, wie wenn sie hinter einem Gitter vielfach bereinandergelegter Reusen geborgen wren. Damit aber bleiben dem Boden nicht nur seine Stickstoffproduzenten, sondern auch der Stickstoff selber in seiner besten, weil organischen Form erhalten. Hier ist in den Gebirgswldern auch das Refugium des Azotobacter, der sich mit allen mglichen Granulobacterformen zu lebenskrftigen Symbiosen zusammentut. Der Reichtum an Bodenpilzen hat aber im Wald noch eine andere Aufgabe: die der Mykorrhizabildung. Bisher hat man nach Namen und Art dieses vielfltige Fadenspiel im Boden noch nicht genau zu unterscheiden gelernt. In der Streudecke ist es als eine notwendige und sehr ttige Ergnzung der Vorbereitung zur Humifizierung anzusehen. Die Mykorrhiza zu deutsch Pilzwurzel, was aber gar nichts ber ihre Wesenheit und ihre Funk tion aussagt ernhrt durch eine effektive Verwachsung mit den Baum- und Strauchwurzeln in Wahrheit den ganzen Wald. Ohne Mykorrhiza knnten die Bume nicht leben. Sie bernimmt einen Teil der Versorgung, sowohl mit Wasser, als mit Bodensalzen und Eiweisubstanzen. Man hat die Gegenprobe aufs Exempel gemacht, also kann man das mit jeder nur wnschenswerten Sicherheit behaupten. Im Jahre 1925 unternahm ein schwedischer Forscher den Versuch, sterile Kiefernwurzeln mit getrennt gezchtetem Pilzmyzel zusammenzubringen. Der Versuch gelang. Heute kennt man ziemlich genau den Vorgang, durch welchen die Pilzhyphen ebenfalls mit Fermenten Bodenbestandteile auflsen, mit welchen die Wirtspflanze geradezu gefttert wird. Der Nhrvater Pilz heimst dafr Kohlehydrate ein (wir wissen, er selber kann keine herstellen, weil er ja nicht mit Blattgrn assimiliert), die er oft in Gestalt von Zelluloseklumpen bernimmt. Denn als Baustoff ist ihm Zellulose ebenso unentbehrlich, wie allen anderen Gewchsen. Das ganze geht mit Hilfe des Pumpwerkes Osmose vor sich, fr welche permeable Zellwnde kein Hindernis sind. Alte und groe Baumwurzeln werden, da sie die jugendlichen Wurzelhaare spter stets verlieren, sogar mit einer Art Handschuh aus festem Mykorrhizafilz berzogen, so da sie gewissermaen in einer fr beide Teile vorteilhaften Ernhrungsrhre stecken. Dort, wo die Armut des Heide- oder Rohhumusbodens den Gewchsen das Leben buchstblich sauer macht, vervielfacht sich die Mykorrhiza. Das Heidekraut (Calluna) in seiner lilaleuchtenden Sptsommerpracht, das Idyll http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 333

der nordischen Landschaft, mte ohne Pilzhilfe glatt verhungern. Die Myzelien kriechen berall in die oberste Zellschicht der Wurzeln hinein, sie knueln sich um den Zellkern eng zusammen, sie durchziehen wie eine sorgsam und vorsichtig angelegte Leitung die ganze Pflanze, berall ihren unterirdischen Segen spendend. Sie versorgen sogar die Samenkapsel, einzig der Keimling bleibt von ihnen unberhrt, um ihn in seinem Wachstum nicht zu stren. (Kann sein, er hlt sie sich mit irgendwelchen Gegenhormonen, an denen alle Keimlinge reich sind, vom Leibe.) Der subtropische Erdbeerbaum (Arbutus unedo) erfreut sich ebenso wie viele sdliche Bume und Strucher der Symbiose mit Pilzgespinsten. Hier scheint das Klima keine Rolle zu spielen, sondern einfach nur das Bedrfnis. Denn auch die nordfriesische Rauschbeere (Empetrum nigrum), die sich bis hoch hinauf nach Finnland findet, wird auf dieselbe Weise versorgt. Man hat die Pilzwurzel auch mit dem sonst schwer erklrbaren Phnomen in Zusammenhang gebracht, da das Fallaub, das stets in ausgiebigster Weise von ihr bewohnt wird, nach einem Jahr meist noch einmal soviel Stickstoff in sich birgt, als im Augenblick seines zu Boden Sinkens. (Woraus allein schon hervorgeht, welcher Raubbau am Boden die gesamte Streunutzung ist!) Ebenso scheint die Mykorrhiza an der Nachreifung jener Samen der Waldblumen beteiligt zu sein, deren unvollkommene Keimlinge, die noch dazu von der Mutterpflanze mit gar keinem Nhrvorrat ausgestattet werden, nicht ohne weiteres zu keimen vermgen. Sie machen eine Art Zwischenstadium im Waldhumus durch. Nicht nur Schmarotzer- und Halbschmarotzerpflanzen verhalten sich so, sondern in unserem Klima z. B. auch Anemonen (Anemona), Lerchensporn (Corydalis), Einbeeren (Paris quadrifolia) und die Wintergrnarten (Pirola). Unsere einheimischen Erdorchideen, vor allem die des Waldes, lassen sich bekanntlich darum so gut wie gar nicht in unsere Gartenflora einreihen, weil ihnen dort die heimische Mykorrhiza fehlt. Sie keimen von selber nicht, weil ihnen die Gemeinschaft mit den Basidienpilzen oder einem aus der Gesellschaft der Rhizoctoniapilze mangelt. Das sehr merkwrdige, mehr wurm- als wurzelfrmige Wurzelsystem des Waldvgeleins (Cephalanthera), der Korallenwurz (Corallorhiza), der Stendelwurz (Platanthera) und vieler anderer entbehrt ganz die ttigen Wurzelhaare. Die Mykorrhiza ersetzt ihnen das mit ihrer Gemeinschaft. Sie dringt in den Samen ein, dessen minimale Gre von 0,0003-0,014 mm schon anzeigt, wie notdrftig es mit seiner Entwicklung und seinem Nhrgehalt bestellt ist. Zunchst wird der Pilzfreund glatt verdaut. Das strt ihn offenbar nicht viel, sondern er wchst munter weiter, ja, es finden sich sogar noch andere ein, die dann gemeinsam ihre Ammenrolle durchfhren. Da sie es mit Erfolg tun, erweist sich aus der groen Verbreitung unserer Orchideen, von denen einige, welche ausschlielich Wiesen bewohnen, sich brigens von der Bevormundung durch die Pilzwurzel unabhngig gemacht haben. Ihr Wur 334 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

zelsystem ist wesentlich besser entwickelt und sie leisten dieselbe Blattgrnarbeit, die auch sonst den grnen Gewchsen zufllt, whrend der hellgelbe Fichtenspargel (Monotropa hypopitys) er ist freilich keine Orchidee, aber so wie diese auf den dunkelsten Waldboden angewiesen , das schwefelrtliche Ohnblatt (Epipogon aphyllus) und die holzfarbene Nestwurz (Neottia nidus avis) ganz darauf verzichten. Wenn auch der floristischen Einteilung nach ganz unzusammengehrig, haben sie doch alle dieselbe Lebensform, und das pulverartige Samenkorn des Fichtenspargels kann mit seinen 300 000 Stck auf 1 g jedem Orchideensamen Konkurrenz machen. An der Mykorrhiza scheinen nicht nur die sog. Fungi Imperfecti, sondern auch noch viele andere Wald- und Bodenpilze beteiligt zu sein. Die Verhltnisse im einzelnen kennen wir nicht, richtiger gesagt, noch nicht. Aber darber kann kein Zweifel mehr bestehen, da ein schlechter Waldboden reicher an Mykorrhiza ist, als ein hervorragend guter. Man sieht ja auch den Zusammenhang ein. Das Bedrfnis der gegenseitigen Hilfe ist ein viel greres, und die Lebenserhaltung sorgt dafr, da es befriedigt wird. Schlielich mu ich, da er doch bekanntlich ein Bewohner des allerelendesten Fichtenbodens zu sein pflegt, in diesem Zusammenhang noch einmal des schon als urzeitlichen Nachzglers erwhnten Brlapps gedenken. Auch er ist ein Konvergenzfall zu den Erdorchideen. Wie sich die einstigen, lngst ausgestorbenen Brlappriesen in Hinsicht der Mykorrhiza verhielten, davon haben wir keine Ahnung. Da die Pilzwurzelfreundschaft aber uralt ist, lt sich vermuten, denn sie ist nach so vielen Mglichkeiten hin auf das feinste spezialisiert, da die beraus langsam sich anpassenden Pflanzen dazu sehr viele Erdzeitalter gebraucht haben mssen. Der Brlapp also besitzt zwar keinen Liliputsamen, aber Liliputsporen man bentzt sie in den Apotheken dazu, um klebrige Pillen in diesem gelblichen Mehl zu wlzen , die zuweilen jahrelang schlafend im Boden liegen und warten, bis ihnen zu ihrem Keimgeschft Hilfe von auen kommt. Schlielich kriecht ein Fadenpilz zu ihnen heran, der sie mit einem enggewickelten Hyphenbndel ernhrt. Nach seiner altertmlichen Gewohnheit besitzt der Brlapp jedoch zwei Generationen, die sich zeitlich folgen. Aus der Spore entsteht nur der Vorkeim, welcher Mann und Frau trgt. Dieses Prothallium wchst so allmhlich heran, da es, bis die Hochzeit ebenfalls auf hchst altertmliche Weise endlich erfolgt ist, bis zu 20 Jahre alt werden kann. Whrend dieser ganzen Zeit bernimmt die Mykorrhiza seine uneingeschrnkte Ernhrung durch eine hervorragend gut funktionierende Symbiose. Darf ich noch kurz erwhnen, da man es fr wahrscheinlich hlt, da die Mykorrhiza den jungen Buchenkeimlingen, die mit einem Sechzigstel der normalen Tageshelle leben mssen, und den lapplndischen Fichten, die in http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 335

ihrer nordischen Wstenregion nicht mehr als jhrlich 150 mm Niederschlge bekommen, sozusagen berhaupt erst das Dasein ermglicht! Da sie gewissermaen die berwinderin auch der schlimmsten Rohhumusbden ist und so viele Fehler gutmacht, die der Mensch dem Wald gegenber in strflicher Unwissenheit begeht. Wenn der Mensch durch einen wsten Holzabtrieb irgendwo den Wald bis zum Grunde vernichtet hat, was geschieht dann mit dem Boden? Selbstverstndlich hrt von diesem Augenblick an jede Humusproduktion auf. Unter gnstigsten Umstnden erhlt sich wenigstens die Mykorrhiza, die dann ihrerseits durch eigene intensive Wasserspeicherung wenigstens verhindert, da der gesamte Kalkbestand des Bodens in kurzer Zeit total ausgewaschen wird. Und damit auch die notwendigen Elektrolyte etwas, worunter fast alle Ackerbden leiden. Auf jeden Fall aber steigt die Versuerung. Zumeist erreicht sie 4 pH. Mitteleuropischer Laubholznachwuchs schaltet sich damit selbst aus. Die weitere organische Aufschlieung ist gleich Null. Der Boden verarmt chemisch in so hohem Grad, da nur die widerstandsfhigsten Gewchse noch irgend eine Existenzmglichkeit finden. Allenfalls, wo sich durch stauende Nsse Suhlen bilden, schieen Erlen auf, die durch ihre Knllchenbakterien einen erheblichen Nahrungszuschu besitzen und gegen Versuerung nicht so sehr empfindlich sind. Sonst stellen sich als die bekannte Armutsflora drftige Heidekruter ein, Heidelbeeren, Preielbeeren, Wacholder (Juniperus communis und Juniperus nana) und Ginster (Genista-Arten). Die Schmielen (Descampsia) vereinigen sich zu einem kurzen, mageren, stacheligen Rasen, Ringe bunter oder schwrzlicher Erdflechten siedeln sich an, dazwischen leuchten atlassen ein paar Kissen von Silbermoosen (Polytrichum). Das, was man als Waldnutzung bucht, hrt ganz von selber auf. Es gibt keinen Wald mehr. Manchmal versucht ein nachgelassener Fichtensame noch zu keimen, aber es wird nur ein armseliges, chlorotisches Zwergbumchen daraus. Denn selbst die an Rohhumus gewhnte Fichte weigert sich, trotzdem sie sich durch ihre flache Wurzelplatte eine Art von privater Luftzufuhr herstellt, auf solchen verdorbenen Sauerbden zu wachsen. In der Erde sinkt das Bodenleben rapid. Der mineralische Zustand erhlt die Oberhand, die humosen Bestandteile verlieren sich immer mehr. Nicht nur die Pflanzenwurzeln ersticken in der immer betonartiger werdenden tonigen Beschaffenheit ihres Grundes, sondern auch die Organismen sterben aus. Die Durchlftung wird schwcher und schwcher. Die Verschlmmung nimmt immer mehr zu. Je nachdem der Boden frher leicht oder schwer war, ergibt sich entweder eine gefhrliche Auswaschung oder eine sehr unbekmmliche Verbackung. Zum Schlu bleibt ein toter Boden brig, der nicht mehr arbeitet und keinerlei Aufschlieung mehr durchzufhren vermag. 336 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Und dann setzt in irgend einem Amt, an irgend einer verantwortlichen Stelle wieder einmal das groe Hnderingen ein, da abermals ein Stck Boden unbegreiflicherweise vllig versauert und unbrauchbar geworden ist, und da man es aus der Liste der leistungsfhigen und ertragsreichen Waldbezirke streichen mu! Als man um die erste Hlfte des vorigen Jahrhunderts berall in Europa begann, durch Kahlschlag sich der Laubwlder zu entledigen, als man berall raschwchsige Fichten nachpflanzte, die reihenweise in Drillkultur gesetzt und knstlich entastet wurden, weil in Bergwerken und bei der Industrie fr Grubenholz und fr Fichtenschleifholz groe Nachfrage bestand da legte man den Grund zu der Versuerung unserer Waldbden. Sie brachte eine ganze Reihe von Bodenkrankheiten mit sich: Die Rohhumusund die Ortsteinbildung, die Urbarmachungskrankheit die man jetzt fr den fast vlligen Kupfermangel der Moor- und Heidebden infolge bermiger Auswaschung hlt , die schreckliche, durch nichts zu behebende Bodenmdigkeit. Und weil die Bden so unbrauchbar wurden, so griff man wieder zu neuem Kahlschlag und pflgte wiederum neuen Boden auf und die harte Not verschlang das karge Humuskapital, von dem die Besitzer nichts geahnt hatten und an das zu ersetzen niemand dachte. Die Mykorrhiza ist gewissermaen die einzige Pflanzengesellschaft, die auch das berdauert hat. (Man fragt sich immer von neuem, mit welcher rtselhaften Lebenskraft die Gewchse auch die unwahrscheinlichsten Anpassungen bestreiten!) Auf den erbrmlichsten norddeutschen Sandbden spinnt sie noch ihre verschwiegenen Kreise, dort, wo sich die Renntierflechten (mehrere Arten in Gemeinschaft lebender Cladonia) zu einer Art Enklave einer hochnordischen Tundra zusammengetan haben. Auer ihnen stehen nur, weit voneinander entfernt, einzelne, unsglich armselige Krppelkiefern, die in ihrem verzerrten und verklumpten Hungerwuchs wahren Baumgespenstern gleichen. Die Flechten aber breiten einen weigrauen Teppich, splitternd zerbrechlich in der Sommerdrre, ein bleichgrngrauer Schwamm im Herbstregen, allezeit von der Trostlosigkeit, ein Sinnbild des ausgelaugten Bodens, der unter ihnen liegt. Betrachtet man sich die einzelnen Pflanzen genauer, so entdeckt man, da es eigentlich nur die Sporenstiele sind, denn um die ganze Pflanze dauernd am Leben zu erhalten, dafr fehlen die Nhrstoffe. Da und dort darbt mageres, struppiges Heidelbeer- oder Preielbeergestrpp mit mifarbenen Blttern (denn Kali und Spurenelemente fehlen zur Gnze), das kaum winzige Frchte hervorbringt. Roter Schwingel (Festuca rubra), die hrchen gelbrot durch Magnesiummangel, die zu Borsten zusammengerollten Bltter des Schafschwingels (Festuca ovina) und bis zu halbmeterhohe, dnne Silbergrser (Weingaertneria canescens) unterbrechen die Eintnigkeit der Landschaft. Es ist ein Boden, auf dem wie mehrere Experimente zeigten Versuchskiefern in 16 Jahren knapp 1,3 m wuchsen. Aber selbst dieses http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 337 PDF-Ausgabe 62010

Minimum an Dahinvegetieren wre unmglich ohne die Mykorrhiza, die doch noch das Geringe dieser Flora zu ernhren fertigbringt. Das gesamte norddeutsche Tiefland ist, da man die Wlder dort teils schlug, oder wo es infolge alter, ehemaliger Sanddnenbildung als Untergrund berhaupt nur zu mageren Kiefernwldern reichte, in seinen Bden seit langem arg verdorben. Die einst als fette Marsch sehr berhmten holsteinischen Bden sogar waren schon um 1920 zu 63 Prozent stark versuert, die der Mark Brandenburg zu 50 Prozent schwach, zu 13 Prozent mittel und 11,5 Prozent katastrophal sauer. Selbst am Niederrhein mute man 72 Prozent bis mig saurer und 24 Prozent durch heftige Versuerung bodenmder Bden konstatieren. Gegenwrtig bemht man sich mancherorts sehr, nicht nur die mykorrhizamordende Streunutzung einzuschrnken, sondern durch Plnterung weiteren Kahlschlag zu vermeiden. Freilich, was die Kriegs- und vielleicht noch mehr die Nachkriegsschden betrifft, so liegen sie leider auerhalb aller vorsorglichen Berechnungen. Hier sind Lcken gerissen, die noch in Jahrhunderten fhlbar sein werden. Auch das hat man bereits eingesehen, da durch die Belassung von Fallreisig und Wurzelstcken im Boden das Kapital an natrlichen Bodensalzen, besonders an dem holzbildenden Kali, gesteigert werden kann. Weiters hlt man die radikale Ausrottung der Beerenstrucher fr einen Weg der Besserung. Da unter ihnen stets die Gefahr der Ortsteinbildung besteht man lese ber die Lneburger Heide nach , da auerdem weder Preielnoch Heidelbeere generell keinen Kalk, keinen Salpeter, kein Kali, auch kein Thomasmehl vertragen, die alle zusammen den Boden verbessern knnten, so will man der ganzen Vegetationsform zuleibe gehen. Vielleicht steigert man auf diese Weise wirklich den Holzertrag mag sein! Vielleicht aber richtet man nur das einzig Wichtige solcher Bden, die Mykorrhiza, ein fr allemal zugrunde.

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Es ist eigentlich selbstverstndlich, da auf gutem Waldhumus der Holzertrag am hchsten ist. Man schtzt ihn pro Jahr und ha auf 19,45 t. Aber Holz ist eine der ganz groen Schlsselzahlen in der Weltwirtschaft. Und es ist tragisch und gefhrlich, wenn hinter einer solchen Schlsselzahl ein gewaltiges und nicht behebbares Defizit steht. Der jhrliche Holzweltbedarf betrgt nmlich 1700 Millionen Festmeter, der jhrliche Holznachwuchs aber nur 1500 Millionen Festmeter. Diese Zahlen stammen aus dem letzten Jahr. Sie werden sich sicher ndern. Nicht ndern aber wird sich die Relation, sondern sie wird sich noch verschlechtern. Sie mu sich sogar zwangslufig verschlechtern, denn der Holzbedarf steigt immer mehr an, whrend die Wlder immer mehr abnehmen. Auf die Dauer ist eine solche Differenz weder zu ertragen, noch auszugleichen. Auf der gesamten Erdoberflche nimmt der Wald gegenwrtig etwas weniger als ein Viertel ein. Aber dieses schon angebrochene Viertel schwindet immer mehr in einem erschreckenden Tempo dahin. Heute sind es von 13 288 Millionen ha noch 3000 Millionen ha, aber schon plant man eine Aufteilung und Urbarmachung des grten noch vorhandenen Waldgebietes, der Hylea am Amazonas. Schon denkt Australien daran, seinen tropischen Urwaldreichtum am groen Barriereriff zu schlagen. In Kanada frit sich die Rodung immer tiefer in die schweigende Pracht der nordischen Nadelwlder und entblt immer mehr Humus unter dem Pflugmesser. Selbst so kleine europische Staaten wie sterreich gehen trotz des Raubbaues zweier Weltkriege daran, letzte, noch unerschlossene Waldwinkel zu durchforsten (was immer heit, sie der alten Baumriesen zu berauben). In Bosnien, wo der Laubwald bis vor einem Jahrzehnt noch eine letzte, weltverschollene Zuflucht hatte, wo auf der Javorina und auf der Gorica noch wahre Urwlder grnten, sgt man lngst rcksichtslos tausendjhrige Eichen und Buchen heraus. Und so rast ein Beutezug mit dem gierigen Schrei: Holz! Holz! durch alle Kontinente und ber alle Eilande. Nichts wird geschont. Auch die dem Aussterben nahe Auracaria columnea, die erdzeitalte Kaori des melanesischen Schwarzinsellandes, fllt. Um ihres eisenharten Holzes willen schneidet man sie der Einfachheit halber mit dem elektrischen Draht durch, den man mit fahrbaren oder tragbaren Akkumulatoren herbeischleppt. Mit ihr gehen ungeschtzt die letzten Nachlebenden der Steinkohlenzeit dahin, die es nur noch auf wenigen Inseln der Sdsee gibt. berall tobt wie ein Irrsinnbesessener dieser gegen den Wald gerichtete Zerstrungsrausch, dem kein neuer Wald nachfolgt, sondern nur alle Verderbnis der Humusverwstung im tdlichen Tempo der galoppierenden Schwindsucht ... Europa hat gegenwrtig einen Verbrauch von jhrlich 120 Millionen Festmetern Holz, es wachsen ihm aber bestenfalls im Jahr nur 70 Millionen Festmeter zu. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 339

Was geschieht bei solchem Manko? Man kauft Holz, wo immer man es bekommen kann. Italien, Spanien, Frankreich, Holland, Belgien, die Trkei, Griechenland sind in grerem oder kleinerem Mastab entwaldet. Heute auf dem Weg ausgedehnter Kompensationsgeschfte, morgen durch stabile Whrungen, mssen sie sich ihren Holzbedarf dort beschaffen, wo noch Wlder zu schlagen sind. Aber die Verwstungen der letzten Weltkriege haben die Bume nicht minder hart getroffen, als die Menschen. Die ostfranzsischen, die mitteldeutschen, die west- und ostpreuischen, die polnischen und westrussischen Waldgebiete sind in einem erschtternden Ma verheert worden, rger, als durch die gefrigen Kiefer von Millionen und Abermillionen von Heuschreckenschwrmen. So erklrt es sich auch, da die einst zuverlssigsten Holzlieferanten heute so gut wie ganz versagen. Finnland exportierte vor 1935 jhrlich rund 1 Million Standards (1 Standard sind 4,67 cbm), jetzt kaum noch die Hlfte. Schweden steuerte jhrlich 820 000 Standards bei. Aber infolge stark gestiegenen Eigenbedarfes ist es jetzt nur noch mit 400 000 Standarts ergiebig. Das europische Ruland, einst der grte kontinentale Holzhndler mit jhrlich 950 000 Standards, fllt berhaupt aus, denn sein ganzer eigener Zuwachs wird fr seinen Wiederaufbau verwendet. Bisher besa Europa auf seiner Landkarte neun bedeutende Holzlieferanten. Die brachten noch im Jahre 1937 nicht weniger als 4 Millionen Standards Holz zum Export. Im Jahre 1946 vermochten sie alle zusammen nicht mehr als 1 Million Standards zur Verfgung zu stellen. Wie sehr sich frher halbwegs ausgeglichene Verhltnisse zu ihren Ungunsten verndert haben, dafr mchte ich nur ein einziges Beispiel anfhren: In sterreich betrug der jhrliche Holzzuwachs frher 9,5 Millionen cbm. Davon wurde der Eigenbedarf mit 6,8 Millionen cbm bestritten und 2,7 Millionen cbm blieben zum Export. Von dieser Rechnung aus der guten alten Zeit stimmt nicht eine einzige Zahl mehr. Denn nur fr Brennholz allein wurden jetzt 5 Millionen cbm Holz aus den durch einen beispiellosen Raubbau durch die Hand Fremder mitgenommenen Wldern herausgeschlagen. Dazu nur an Schnittholz im Jahr 1948 an 300 000 Festmeter (also 120 000 fm mehr als im Vorjahr), hauptschlich fr Export, und ein Mehrfaches des frheren Bedarfes fr Papier, Kunstseide, Zellwolle und Kunstzucker zur Viehftterung. Wird auch im Mastab dieser Abholzung neu aufgeforstet? Wir wollen es hoffen! Man mchte glauben, da man bisher gerade genug schlechte Erfahrungen mit den Folgen der Waldverwstung gemacht htte, um sie als warnendes Beispiel gelten zu lassen. Madeira, von den Portugiesen entdeckt und sogleich fr Ansiedelung in Beschlag genommen, besa die herrlichsten subtropischen Urwlder, die beschwingte Phantasie sich nur ausmalen kann. 340 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Die Ankmmlinge aber dachten nur an Platz fr Felder und zndeten unbekmmert diese Wlder an. Sie brannten gewi! Sie brannten sieben Jahre lang, und bis heute ist kein eigentlicher Wald mehr nachgewachsen, sondern alles Holz fr den tglichen Bedarf mu vom Festland aus eingefhrt werden. Griechenland lag durch Entwaldung schon zur Zeit Solons, also im 7.-6. Jahrhundert, vllig kahl. Damals beachtete man die Konsequenzen kaum oder gar nicht. Aber seit gewissen Forschungen, die bis zum Jahr 1888 zurckgehen, ist man sich darber ganz im klaren, da Humus, der fr lngere Zeit auf 68-70 Grad erhitzt wird, seine Umsetzungsfhigkeit fast vllig einbt. Vor allem wird die Nitrifikation bis auf ein Minimum eingestellt. Eine zhe Verkrustung der Bodenflche hindert die Entlftung aus den darunterliegenden Schichten, und damit ist es auch den Humussuren unmglich, sich an der Umwandlung in Kohlensure zu beteiligen. Es mangelt ihnen der reichliche Sauerstoff, ohne den dieser Proze nicht vor sich geht. Das wieder lhmt das Bodenleben, das ohne eine Anreicherung der Bodenluft mit mindestens 0,50-0,70 Volumprozente Kohlensure nicht gedeihen kann. Sogar die ber dem Boden stehende Luftschicht mu noch allerwenigstens 0,03 bis 0,04 Volumprozente dieses so unendlich wichtigen Gases enthalten. Aus solchen bis ins Detail gehenden Zusammenhngen ersieht man, wie einzelne, scheinbar ganz nebenschliche Strungen sich als Schaden fr die Humifizierung auswirken. Da Humus, besonders Waldhumus, vorzugsweise aus zersetzten Zellulosen entsteht, schadet zwar ein rasch darber hinwegrasender Waldbrand dem Bodengefge nicht, wohl aber eine lange andauernde Durchglhung der Erde. Die Befhigung, Feuchtigkeit aufzunehmen, sinkt pltzlich. Betrug sie vorher bis zum Fnffachen des Eigengewichtes, so vermindert sie sich danach so sehr, da maximal nur ein Zehntel in Frage kommt. Die tiefwurzelnden Bume der anliegenden, zwar selbst vom Feuer verschonten Randgebiete, die flacher wurzelnden Gebsche und die in den obersten Schichten verankerten Kruter sehen sich mit einmal ihrer natrlichen, gewohnten Wasserversorgung beraubt. In weitem Umkreis welken und kmmern von da ab die Gewchse und werden anfllig gegen Schmarotzer und Krankheiten. Viele Pflanzer wundern sich, da ihr schon gerodetes und beraus fruchtbares Stck Land beim Brand eines benachbarten Stckes Urwald in seinen Ertrgnissen unbegreiflicherweise pltzlich abnimmt. Sie denken nicht daran, da das noch nicht wieder hergestellte Gleichgewicht von dort aus neu gefhrdet und abermals gestrt wird, weil doch der Zusammenhang innerhalb des Bodengefges auf weite Strecken ein beraus inniger ist. Jede Rodung, ob durch schwelende Glut, ob durch Machete und Beil, bedeutet das gleiche, als ob der Wasserhaushalt der gesamten Strecke durch einen offenbleibenden Hahn angezapft wrde. Bei uns ist der Wasserverlust darum nicht sogleich http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 341 PDF-Ausgabe 62010

bemerkbar, weil unser Getreide und unsere Kartoffeln an einen ganz anderen, viel bescheideneren Wasserbedarf angepat sind. Auf Plantagen ist das ganz anders. Kaffee oder den kostbaren Chinarindenbaum kann man nicht ohne Schattenbume kultivieren, was nicht nur heit, da sie Schatten brauchen, solange sie jung sind, sondern auch, da der Boden doch immerhin in einem gewissen Urwaldhumuszustand erhalten werden mu. Ich berufe mich hier auf eine sehr einsichtige und weitblickende Arbeit (Die Entstehung der ungarischen Puszta von R. v. Soo), weil sie an einem ganz besonders augenflligen Beispiel zeigt, welche Bodenverderbnis nicht nur die Vernichtung, sondern auch schon die Mihandlung des Waldes nach sich zieht. Neben den regellosen Waldrodungen war die eigentliche Ursache der Stabilisierung des Kahlwerdens die Weide im Walde. Der Baumwuchs ist seltener geworden, das wertvolle Gras aus dem Rasen verschwunden, die Sprlinge wurden vernichtet, die zarteren, mikrophoben Arten starben aus. Das Laub der Bume wird schtter, die Sprosse verkmmern, die Hochstmme nebst ihren sten trocknen langsam abwrts aus; schlielich gehen auch die einzelnen Baumgruppen des licht und schtter gewordenen Waldes unter. An Waldrndern und in den immer grer werdenden Lichtungen bt das Mhen und der Ackerbau eine hnliche Wirkung. Man hat die ungarischen prhistorischen Funde von Holzkohlen auf ihre Herkunft untersucht. Sie stammten von Eichen, Birken, Pappeln, Weiden, Eschen, Ulmen, Ahornen, Haseln und Kornelkirschen. Das alles wuchs unzweifelhaft als arten- und humusreicher, ppiger Mischlaubwald im Alfld, an derselben Stelle, wo heute nur die durch ihre Bakterienknllchen vom Boden weniger abhngige Akazie (Robinie) noch waldbildend vorkommt. Sonst hat sich eine reine Dnenvegetation auf den Sandhgeln eingefunden. Mit einem wie Stacheldraht dornigen und zhen Gerank, mit Rosettenbildung, mit langversponnenen Wurzeltchern sucht sie auf dem gnzlich humuslosen Mineralboden ein wenig Luftedaphon zu speichern, von dem sich indes nur whrend der Herbst- und Frhjahrsregen einzig die schnellvergnglichen Algen und Bodenpilze entwickeln. So trugen dereinst auch die heute nackten Wnde des Pilisgebirges prachtvoll schattende Wlder der Waldkiefer (Pinus silvestris), die man in Ungarn kaum mehr vom Hrensagen kennt. Heute besitzt auch dieses Land ein ver dorrtes Herz, endlose Sandsteppen, Salz - und Natronbden, wie im inneren Asien. Auch der L, an dem das magyarische Tiefland reicher ist, als sonst ein europisches Gebiet, versandet schlielich bei zu groer und vor allem zu lange andauernder Trockenheit. Nicht umsonst trgt er zuletzt, wo man ihn sich selbst berlt, nur noch Pflanzenvereine, die meist ausschlielich aus sandbindenden Grsern bestehen. Da weht eine unfruchtbare Flur von drren Halmen von Festuca-Grsern, von Andropogon, Chrysopogon, Bromus und dem weigoldenen Waisenmdchenhaar dem Federgras Stipa pennata. 342 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Und doch versucht die Natur auch hier noch einen Ausgleich zu finden vorausgesetzt, da der Mensch sie dabei nicht abermals und immer wieder strt. Denn wo vor nicht allzulanger Zeit ein Waldklima herrschte, da wird die Steppe leicht wieder zu Grasboden und schon bei nur 5 Prozent Humus sogar zu Schwarzerde. (Die Ursteppe bedarf dazu merkwrdigerweise 8 bis 9 Prozent Humus!) Kommt einmal ein Rasen auf, so ist der Kampf gewonnen. Denn in dem dichten Filz, zu dem sich Blaugrser, Sgrser und Sandrohrseggen (Koeleria, Melica und Calamagrostis) verweben, wachsen doch wenigstens zuletzt die offenen, lichten Stieleichenwlder auf, freundlich besonnt und allmhlich den Boden neu befruchtend.

Der Komplex Wald Immer wieder vergit der Mensch, wie wunderbar wohlgeordnet die einzelnen Faktoren sind, aus denen der Komplex Wald besteht. Kleine Strungen werden sehr oft im behutsamen Tempo des kleinen Aufbaus ausgeglichen. Gewaltige Katastrophen rufen einen ebenso mchtigen Absturz hervor, wie neue, groartige Auffaltungen. Ungeheure Krfte werden in Bewegung gesetzt, zum Aufbau ebensowohl, wie zum Abbau. Keimen und Welken einer Waldwiese aber geht dahin, ohne da Himmel und Erde scheinbar davon berhrt werden. Aber auch hier wie so oft irrt sich der Mensch. Das kausale Gesetz von Ursache und Wirkung, von Funktion und Gegenfunktion ist in Wirklichkeit weder gro, noch klein, weder schwer-, noch leichtwiegend. Auch das leiseste Geschehen ist irgendwo stets mit einem welterschtternden Kataclysma verknpft. Wir bemerken die zarte Vorsorge der Pflanzen fr ihr Blhen und Fruchten erst, wenn sie uns als Massenphnomen vor Augen tritt. Ebenso ist es mit den brigen Erscheinungen, mit der Belaubung im Frhling, mit dem Laubfall im Herbst. Das einzelne Blatt, die einzelne Blte kommen uns kaum je zum Bewutsein. Deshalb geht uns auch die Bedeutung verloren, die das gealterte Blatt, das im Oktober vom Zweig sich lst, noch immer fr den

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Waldboden besitzt. So wunderbar gut geordnet ist alles, was im kleinsten zum groen Umbau beitrgt. Zwischen Bltenbeginn und Hochblte wird bei uns jene Phase gerechnet, die man als die hohe Zeit des Laubes bezeichnen knnte. Von da ab wird es schlechter ernhrt, mu auch bis zur Fruchtreife soviel wie mglich Kohlehydrate abliefern. Auch die Sommerregen schwemmen Nhrstoffe aus ihm aus. Alles das aber kommt wiederum dem Boden zugute, denn bekanntlich stimmen Wurzelspitzen und Zweigspitzen in ihrer Ausdehnung genau berein. Es besteht etwas wie eine Freileitung, die ausgezeichnet funktioniert. Man kann das ganze als eine Art von Selbstdngung betrachten, noch dazu eine arteigene. Ein Kreislauf optimaler Verwertung der einmal in den Komplex Wald hineingeratenen Stoffe findet ber die Wurzelspitzenzone statt. Er ist nur eine der zahllosen Vorbeugungsmaregeln, mittels derer der Wald sich selber erhlt. Denn so wird der Boden nicht nur nicht ausgeraubt, sondern alles, was augenblicklich nicht mehr verwertbar ist, wird sogleich in Humus verwandelt und als solcher zu neuer Funktion aufbewahrt. Man kann sich nichts Optimaleres, nichts Sparsameres, nichts Zweckentsprechenderes denken. Dutzende, Hunderte solcher wohlgeordneten Vorgnge, die aufzuzhlen ganz unmglich ist, die man sicher auch gar nicht alle kennt, machen den Wald zu jener Dauerformation, der abgesehen vom Menschen nur noch ganz groe Katastrophen gefhrlich werden knnen. Tropenbume sind in ihrem Rhythmus weit leichter zu durchschauen. Laubabwurf und Blte stehen bei ihnen in direktem Zusammenhang. Der tropische Laub fall zieht in zwei bis mehreren Wochen unweigerlich die Blte nach sich. Jede Art hat ihre Sondergewohnheiten. Die riesigen Schirmbume der Yaccaranda (Jaccaranda mimosifolia) und des Flamboyants (Poinciana regia) bestreuen den Boden mit einem Teppich grn abgeworfenen Laubes. Der setzt sich raschestens um, und dann verwandelt sich der Baum in einen herrlichen, riesigen Blumenstrau, der eine lavendelblau, der andere von flammendstem Zinnoberrot. Die reichste Obstbaumblte gibt noch keine gengende Vorstellung von der ppigen Bltenflle eines blhenden Tropenbaumes. Es ist sehr wohl zu begreifen, da zu ihrer Hervorbringung der Baum eine Zusatznahrung braucht. Und wenn wir uns daran erinnern, da unter dem quator nur im Hochgebirge eine Laubdecke entsteht, whrend sich tiefer unten alles in wenigen Tagen oder Wochen in schwarzen Humus verwandelt so knnen wir die Augen vor dem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang nicht schlieen. Der Nhrstoffbedarf ist ein erheblicher und ebenso erheblich ist der Nhrstoffzusatz, sowohl nach der Stickstoff-wie nach der Kohlehydratseite hin. Selbst in periodischen Trockengebieten, wie z. B. in der afrikanischen Savanne, verhlt sich der fr diese Landschaft so charakteristische Boabab, der Affenbrotbaum (Adansonia digitata) nicht anders. Ganz zweifellos ist es nicht nur der Regen, der hier ausgenutzt wird, 344 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

sondern eben auch der Laubabwurf, der die stoffliche Vorbedingung dazu leistet. Audi das ist wieder nur einer der zahlreichen Fden, welche nicht nur die Selbsterhaltung des Waldes, sondern sogar in extremen Fllen die Selbsterhaltung einzelner Baumriesen denn der Boabab soll an die 1000 Jahre alt werden ermglichen. Der Ausgleich zwischen Landschaft, Klima und Wald ist nach jeder Seite hin so ideal ausgewogen, da er unter natrlichen Umstnden keiner Verbesserung bedarf. Fr alle nur denkbaren Flle ist vorgesorgt. Der Komplex Wald kann sich auch dann erhalten, wenn Klimaschwankungen und natrliche Strungen andere, weniger stabile Pflanzenformationen bereits ernstlich bedrohen. Ich wiederhole es hier nochmals: Angefangen von der natrlichen Erosion bis zu den natrlichen Wetterunbilden, von allen den Transgressionen und Regressionen der Fauna und Flora bis zu Neubildungen der Lebewelt kann der Komplex Wald durch seine Fhigkeit, Humus zu speichern, alle Abflle optimal zu verwerten und gestrte Kreislufe zweckentsprechend neu aufzubauen oder mit anderen Formen zusammenzuschlieen, gegen alles Widerstand leisten. In ihm hat die Lebewelt den Dauerausgleich gefunden, der sich sogar nach groen Erdumwlzungen manifestiert. Vorbedingung ist nur, da nicht auch die Grundkomponenten und tragenden Sttzpfeiler dieses an sich unsterblichen Systems in solche Unordnung gebracht werden, wie der Mensch es durch die eigenntzige und ihm selber schadende Vernichtung des Waldes bisher getan hat. Forstwirtschaft Schon vor dem Dreiigjhrigen Krieg mu die Waldverwstung in Europa gewaltige Fortschritte gemacht haben. Um 1300 herum fing man in England allgemein an, Steinkohlen zu brennen, weil das Holz fr die rmere Bevlkerung zu teuer wurde. Irgend eine Regelung zum Schutz des Waldes gab es in keinem Gesetz. Wren nicht die auf ihr Vergngen erpichten adeligen Jagdherren gewesen, die in der rcksichtslosesten Weise dem Bauern gegenber das Wild verteidigten, so htte man vermutlich die Wlder einfach aus dem Wege gerumt, ohne ein groes Aufhebens davon zu machen. Aber Knige, Frsten, bis zum kleinsten Baron hinunter, betrachteten die Jagd als die einzige Bettigung, die ihrer wrdig sei, und so erhielten sie den Hirschen und Rehen, den Sauen und Fasanen zuliebe auch den Wald. Es war reiner Eigennutz und keine bessere Einsicht. Aber da ausnahmsweise der Eigennutz in der Linie der Weltgesetzlichkeit lag, so wirkte er sich wenigstens in diesem Fall positiv aus. Trotzdem waren in der Nhe der Stdte alle Wlder stark gelichtet. Die ungeheuren Kaminanlagen der Kastelle, ebenso groartig wie unzweckmig,

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verschlangen ganze Waldbezirke und machten doch niemals warm. So schuf die Beheizung der kniglichen Schlsser von Windsor und Whitehall immer greres Kopfzerbrechen. Und auch in den Brgerhusern verursachten die offenen Kchenfeuer mit ihren tglich sich stundenlang drehenden Bratspieen eine Verwstung von Brennholz, die man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann. Schon frher erwhnte ich die Gewohnheit, die Huser jahrhundertelang zum grten Teil aus Holz zu bauen. Im waldreichen Mecklenburg gingen sogar noch zwischen 1651 und 1799 ganze 70 Stdte vllig in den Flammen auf. Stadtbrnde waren selbstverstndlich. Die hlzernen Giebel, das hlzerne Fachwerk wurden immer wieder durch Feuer vernichtet. Jede Stadt besa denn auch als Eigentum groe Wlder, aus denen sie nicht nur ihren sonstigen Holzbedarf deckte, sondern die gelegentlich eines Stadtbrandes kilometerweise kahlgeschlagen wurden, um Bauholz zu bekommen. London brannte sozusagen jahrhundertelang in jeder Nacht an irgendeinem Ende, manchmal an mehreren. In Konstantinopel waren ganze brennende Gassen ein so gewohnter Anblick, da er zum tglichen Bild der Riesenstadt gehrte. Nur der Haussockel wurde aus Stein gemauert, der Oberstock mit den dichten Gittern der Mashrabies bestand ausschlielich aus Holz. Es gab berhaupt wohl keine trkische oder stliche Stadt, in der es nicht mindestens in jeder Nacht brannte. Der Alarm ging von Gasse zu Gasse, die Einwohner wuten es nicht anders. Aus Stein baute man Palste und Kirchen und Moscheen, aber kein Wohnhaus. Es ist in keiner Weise auch nur annhernd zu erfahren, wieviele Wlder daran glauben muten, um immer wieder die vom Feuer verzehrten Huser und Straen zu erneuern. Angesichts der Meinung, da der Waldreichtum unerschpflich und Holz eine Gabe Gottes sei, die keinen Anfang und kein Ende habe, war man in Bezug auf die Qualitt des Holzes auch sehr whlerisch. Alles, was durch den Verbi der weidenden Tiere in irgendeiner Weise direkt im Wachstum gestrt wurde, aller dieser korkzieherartige, verdrehte und verkrpfte Krppel- und Miwuchs, der einem Wissenden damals schon angezeigt htte, da die Bodenverderbnis sich fhlbar zu machen beginne all das wurde nur fr Brennholz ausgeschieden. Fr Haus- und Schiffsbau aber, fr Tischler, Bauschreiner, Stellmacher und was immer mit dieser Materie arbeitete, wurden rcksichtslos die hchsten und schnsten und gesndesten Stmme gefllt. Und niemand dachte daran, den Wald nachzupflanzen oder auch nur den Nachwuchs zu schonen. Bis zur Einfhrung von Rohr- und zur Herstellung von Rbenzucker wurden nicht nur alle Leckereien der malos ppigen mittelalterlichen Kche, sondern auch zahllose Schnheitsmittel und Arzeneien aus Honig gemischt. Fr Honigweine und Meth wurde faweise Honig verwendet. Die Beutnerei (wie man seinerzeit die Bienenzucht nannte) stand also in hohem Ansehen. 346 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Auch sie gehrte zur gewohnten schonungslosen Waldnutzung. Alle Heidewlder wurden vorzugsweise dafr herangezogen, denn nicht nur hatten die Kiefern weiches Holz und gerade, astfreie Stmme, sondern sie gewhrten auch den Bienen eine ergiebige Weide. Man hackte, da sonst das Fhrenholz ohnehin miachtet und nur zur Feuerung verbraucht wurde, also in jeden Baum so und so viele Lcher, in denen man Bienenschwrme ansiedelte. Noch im 18. Jahrhundert gab es z. B. im ostpreuischen Johannisburger Forst nicht einen heilen Stamm. Selbstverstndlich kmmerten auf dem mageren Grund die Bume und gingen bald ein aber wem schadete das? Wer fragte danach? Man hatte sich doch ohnedies daran gewhnt, meilenweit den schlechten Fhrenwald einfach niederzubrennen, damit man mehr honigreiches Heidekraut fr die Bienenweide zur Verfgung habe. (Solcher Fhrenwald wuchs auf dem erbrmlichen Sandboden, auf dem er sich mit Aufbietung aller Lebenskrfte einmal das Dasein erkmpft hatte, niemals wieder nach.) Damit war ber das Verhngnis der Bden im Altnrnberger Reichsgebiet, in der Muskauer und Tuchler Heide, fr weite Strecken in Friesland und in den Niederlanden sozusagen fr ein ganzes Erdzeitalter das Urteil gesprochen. Wir, die Enkel, und die Enkel unserer Enkel werden die Folgen zu tragen haben ... Man mchte nun glauben, da alles das nur geschehen konnte, solange es keine geregelte Forstwirtschaft gab. Keine Rede davon! Hinter der Einfhrung der Forstwissenschaft, die der Errichtung einer allgemeinen Forstwirtschaft im 17. Jahrhundert folgte, stand zunchst nichts anderes als die berzeugung, man knne durch einen systematisierten Betrieb der Waldnutzung noch mehr aus dem Wald herausholen. Und vor allem versprach sich der Fiskus, der die Verwaltung der staatlichen Wlder unter sich hatte, grere Einnahmen fr seine stets notleidenden Kassen. Das erste, was durch die Forstwirtschaft geschah, war, da die Wlder rentabel gemacht wurden. Das bedeutete wie schon vorher gesagt die Favorisierung der Fichte gegenber dem Laubwald und alles dessen, was man in Form eines Stangenforstes aus ihr herauserziehen (richtiger ausgedrckt, wozu man sie mibrauchen) kann. Fichtenforste sind eine Monokultur und haben alle die Nutzen und Schden einer Monokultur. Sie sind und bleiben ein Sakrileg gegen die groen, welterhaltenden Kreislufe des Seins auch dort, wo man ohne sie nicht auskommen kann. Es ist aber noch sehr die Frage, ob man ohne die Fichtendrillkulturen nicht doch htte auskommen knnen! Denn jetzt sieht der verstndige Frster ja auch lngst ein, da die von ihr heraufbeschworenen bel weit grer sind, als ihre Vorteile. Es gibt eine Reihe sehr gefhrlicher Waldschdlinge, die von Natur aus nur auf das Nadelholz beschrnkt sind. Jede Pflanze ernhrt ja einen ganzen Hofstaat von geflgelten und ungeflgelten, kriechenden, nagenden und http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 347

bohrenden Geschpfen, die von ihr und meist nur von ihr allein leben. In einem Mischwald unter natrlichen Verhltnissen jedoch berwiegt man mu das bis zum berdru wiederholen keine Holzart, wohl aber halten sich die jeweiligen Schdlinge hufig gegenseitig im Schach. Dort indes, wo es nur Fichten oder nur Kiefern gibt, vermehren sie sich uneingeschrnkt dann derartig, da sie schlielich, so wie die Nonne (Psilura Monacha L.) auch auf die Laubbume bergehen. Man kann fr das, was zu diesem Thema zu sagen ist, kaum klarere und erschpfendere Worte finden, als wie sie R. H. France in seinem Buch Lebenswunder der Tierwelt gefunden hat. Ich mchte darum die Stelle hier zitieren: Immer kommt der eine oder andere Schdling zu solch ausgedehnter Verbreitung, da er katastrophale Verheerungen anzurichten imstande ist, ebenso wie nur in solchen Kunstforsten der Sturm die berchtigten Windwrfe erzeugen kann. Im Naturwald rumt der Sturm ja auch das Lebensuntaugliche aus; aber das ist eine Wohltat, denn er schafft dadurch dem Kerngesunden Lebensraum. Auch Borkenkfer und Nonne und Forleule leben in ihm und nagen nach Herzenslust, aber was verwsten sie? Wieder nur die mindertauglichen, die ohnedies absterbenden Bume. Durch deren Ma ist auch ihrer Verbreitung bald ein Ziel gesetzt, whrend im einfrmigen Kiefernwald, bei massenhaft innerlich krnkelnden Bumen die Schdlingsvermehrung ins Ungemessene gehen kann. Da kommt es dann zu den ganz groen Forstverwstungen, die von den ersten berchtigten Borkenkferschden nach dem Dreiigjhrigen Krieg bis zur norddeutschen Forleule-Katastrophe der Jahre 1925-1927 so viele traurige Seiten der Wirtschaftsgeschichte fllten und der Menschheit ungezhlte Millionen weggefressen haben und immer noch wegfressen. Im 17. Jahrhundert begann die einseitige Forstbewirtschaftung und genau um 1649 begann auch die erste groe Wurmtrodmis, wie man den Borkenkferschaden der Fichte dann nannte. 150 Jahre lang wurden die Wlder dadurch verheert. In einem Wald, dem Communionharz, wur den 1782 nicht weniger als 259 106 Stmme vernichtet. Seit zehn Jahren waren dort drei Millionen Fichtenbume durch Kferfra abgestorben. Im Bhmerwald waren 1871 an 104 000 ha Wald von den Tieren befallen. 300 000 Fangbume muten gefllt, 6300 ha muten kahlgeschlagen werden, bevor man des bels Herr wurde. Im Ebersberger Forst bei Mnchen, der fr den grten deutschen Wald galt, war von 1888-1891 die Nonne so schdlich, da 900 000 Festmeter Holz dort abgestorben waren. In den Jahren 1892 bis 1896 wuchs in Mittelfranken die Kiefernspanner-Kalamitt zu ungeheurer Hhe. Im Nrnberger Reichswald, der ein groer Kiefernforst ist, muten binnen Jahresfrist 1 120 000 Raummeter Holz geschlagen werden. Der gefrchtete Kiefernspanner verzehrte in den Jahren 1862-1872 in Brandenburg, Pommern, Westpreuen, Posen und Sachsen die Kiefernwlder in einem 348 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Ausma, da damals 32 Millionen Festmeter Holz eingeschlagen wer den muten. Die Verwstungen der Kieferneule, die man auch Forleule (Panolis piniperda Panz.) nennt, sind im letzten Jahrzehnt in den norddeutschen Staatsforsten nicht wesentlich geringer gewesen. Und hier, als Ergnzung, noch eine Angabe aus der Gegenwart: Weihnachten 1947 fielen in den obersterreichischen Fichtenforsten durch Windbruch rund 40 000 fm Holz aus Borkenkfergebieten. Gegenwrtig ist eines der am schwersten betroffenen Zerstrungsgebiete des Borkenkfers (Ips [bostrychus] typographus) das waldgrne Thringen, von dem man heute schon sagen kann, da es das waldgrne Thringen war. In den Parlamenten hlt man Konferenzen, in denen jede Partei und Politik vor der drohenden Gefahr zurckweicht. Rundum gibt es kein Gebiet, das unberhrt wre. Seit Jahren arbeiten 5000 Menschen, um abgestorbene Bume zu fllen und zu entrinden. Im Jahre 1945 traten ungeheure Windbrche auf Zehntausenden von Quadratmetern auf, die die drren Stmme wie Zahnstocher umknickten. Um Suhl herum ist der Waldboden wie von einem Granathagel durchlchert, denn die flachwurzelnde Fichte reit beim Sturz stets ihre ganze Wurzelplatte mit. Noch stehen bis zu 100 000 fm befallener Forst, und die geflgelten Waldmrder tun sich zu wahren Wolken zusammen, denn aus einem Borkenkferweibchen werden in einem Sommer beilufig 30 000 bis 40 000 Nachkommen! Das Chaos der Zerstrung, das hier schon lngst kein Ausgleich, sondern nur noch Auslese ist, hat noch lange kein Ende gefunden. Gengen diese Zahlen und Angaben? Man knnte sie noch seitenlang fortsetzen. Sie beziehen sich brigens keineswegs nur auf Europa allein, sie gehen ber alle fnf Erdteile. In Brasilien sind es die Blattschneider-Ameisen (Atta discigera), die durch die Rodung von groen Teilen Urwaldes heimatlos geworden sind und nun die Pflanzungen berfallen. Sie sind bereits zu einem Staatsproblem geworden, das noch immer keine geeignete Lsung gefunden hat. Im Gedchtnis eines jeden Kaffeepflanzers hat sich heute noch die im vorigen Jahrhundert ganz Holland wirtschaftlich erschtternde Katastrophe eingegraben, die von dem Kaffeebumchen vernichtenden Blattpilz Hemilea vastatrix verursacht wurde, der durch die Monokultur der Plantagen sich in astronomischer Zahl zu vermehren vermochte. Der Kampf gegen die weien Kakaoluse kann berhaupt nur mit Hilfe gewisser Ameisen durchgefhrt werden. Und so gibt es zahllose Schdlinge und Schden, und immer neue tauchen in allen Weltteilen auf, sobald man die wohlausgewogene Harmonie von Grund auf strt. Es sind auch nicht immer die Tiere, die eingeschleppt werden und dann in einem fremden Land Gott und die Welt zur Verzweiflung bringen, so wie die Kaninchen das Unheil Australiens wurden und in manchen Orten

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Obersees die Einschleppung der Sperlinge sich zu einer wahren Landplage entwickelte. Nein, auch Pflanzen knnen den unermelichsten Schaden anrichten, wenn man sie unvorsichtigerweise auf einen Boden ausst, in dessen Bioznose sie nicht eingeordnet sind, also nicht die notwendigen natrlichen Feinde besitzen. In Sdchile ist man auer sich ber eine aus Europa eingeschleppte Brombeere (Rubus), die sich berall einnistet, wo die Urwlder gerodet werden. Sie explodiert unter den fr sie weit gnstigeren Umstnden geradezu in ihrem Wachstum. Man wird mit ihr nicht mehr fertig, denn sie entwickelt derart mrderische Stacheln und bildet Hecken und Gestrppe von solcher Undurchdringlichkeit, die bis zu fnf Meter hoch und bis zu vier Meter breit sind, da sie fr Mensch und Tier wie gefhrliche Fangnetze wirken. Zwar verteidigen sie den Boden, aber das liegt durchaus nicht in der Absicht des Menschen, der darum rodet, weil er Felder und Grten anlegen will. Das aber ist ganz unmglich, wo sich die fremde Brombeere niedergelassen hat, denn ihr Wurzelstock lt sich nicht ausgraben und selbst das kleinste Endchen wchst im Handumdrehen wieder zu einer meterlangen Pflanze aus. Auf vielen Sdseeinseln wieder ist es die Lantana, eine hbsche, goldorange blhende Verbene, die sich in die frisch gerodete Erde einfrit und sie fr jede landwirtschaftliche Nutzung unbrauchbar macht. Ihr Wurzelstock geht so tief nach abwrts, da das sonst so verheerende Buschabbrennen den Farmer nicht von ihr befreit. Nach dem Buschbrand treibt sie als erste aus der Asche von neuem und wuchert immer weiter, selbst das Unterholz zwischen den Urwaldstmmen erfolgreich berwindend. Und was Australien anlangt, so hat es von drauen auch einen pflanzlichen Schdling bernommen, der zu einer unbeschreiblichen Belstigung geworden ist. Zwar besiedeln die Opuntien in erster Linie die eigentlichen Halbwsten, aber leider dringen sie von da aus immer wieder in die Rodungen ein. Wo man nicht ausdrcklich die stachellose Opuntie selber anpflanzt, entwickeln sich so unerhrt stachelige Arten, da ihnen weder Mensch noch Tier beikommen knnen. Nun sind sie freilich, wie alle diese Sukkulenten, auch Humussammler, aber in dieser Hinsicht arbeiten sie unendlich langsam, da sie fr ihren eigenen Gebrauch dem Boden und der Morgenbetauung alles nur verfgbare Wasser entziehen. Nur in einem ntzen sie, in der oberflchlichen Bodenbindung, so da bei den hufigen Staubstrmen nicht die ganze Oberschicht in die Hhe gerissen wird. Aber sie machen, wo sie sich einmal festgesetzt haben, das Land absolut unbesiedelbar auch wenn man sie zur Cochenillezucht zu verwenden versucht. Die langen Stacheln und noch mehr die feinen, mit Hkchen versehenen Glochien verhindern jedes Anfassen. So mehren sich die Plagen des Menschen, wo immer er in die natrlichen Ablufe unbedachterweise eingreift. Nichts wre fr ihn wichtiger, als die Gesetze des Kosmos auf das genaueste kennenzulernen, denn wo er mit 350 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ihnen in Konflikt kommt, zieht er jedesmal den krzeren. Und das kostet ihn zum mindesten unendliche Mhe, Arbeit, Zeit und Geld, wenn nicht noch viel mehr. Aber bis jetzt nimmt er die Folgen hin, als seien sie ein ebenso unverschuldetes wie unberechenbares Unglck. Und gedenkt viel zu selten jener Worte tiefsinnigster Einsicht: Die Waage senkt sich, auch wenn man das Gewicht aus Irrtum darauf legt! Humusverwstung durch Waldbodenzerstrung Wenn sich die Waldvernichtung schon an der Wildhege, am Holznachwuchs und zuletzt an der ganzen Landschaft auswirkt, so wird noch viel mehr der Waldboden selber davon betroffen. Die allgemeine Bevlkerungszunahme nicht nur, sondern auch eine einseitig rationalisierte Bodenwirtschaft haben schon vor mehr als 150 Jahren dazu gefhrt, da kahlgeschlagene Waldgebiete gar nicht oder doch nur hchst unzureichend nachgeforstet wurden. Ein Naturwald entstand jedenfalls nie wieder auf solchen Bezirken, auch wenn neue Bume gepflanzt und sonst alles getan wurde, was in den Mglichkeiten der Waldhege liegt. Nun wachsen Fichten und Kiefern selbst auf Resten von Laubwaldmull unvergleichlich besser. An humusrmste, saure, sandige oder verbackene Bden gewhnt, entwickeln sich die Kiefernwurzeln dann zu einem Mehrfachen ihres Umfanges. Sie bilden anstatt einer einzigen mageren Pfahlwurzel noch so und so viele Nebenpfahlwurzeln und ganze Nester von seitlicher Bewurzelung. Dementsprechend ist in den ersten Jahren der Zuwachs an Stamm und Krone betrchtlich. Es sah sich also bei der Auswechslung von Laub-zu Nadelholz jeder Waldbesitzer zunchst durchaus gerechtfertigt und beglckwnschte sich zu der erhhten Bodenrente. Da damals im mittleren Europa nicht restlos alle Buchen- und Eichen-in Nadelholzwlder verwandelt wurden, mutet hinterher wie ein Wunder schtzender Vorsehung an. Denn leider bewegt sich die rchende Nemesis der Waldverwstung auf Schneckenfen und die unausbleibliche Bue fllt immer erst der nchsten oder nchstnchsten Generation als bsartig ungerecht verfolgendes Schicksal zu. Der Groteil der zerfressenen Wlder wurde also kurzerhand umgepflgt, weil man eine solche Katastrophe nicht nochmals erleben wollte. Man konnte es sich in den meisten Fllen auch finanziell nicht leisten. Genug kleinere und selbst mittlere Gter wurden auf diese Weise ohnedies mit Hypothekenschulden berlastet und sanken rapid im Wert. Man konnte unter den gegebenen Umstnden kaum anderes tun. Die Tragik einer einmaligen unrichtigen Handlung besteht ja eben darin, da sie ganz unverrckbar ihren logischen Ablauf hat, genau so, wie die richtige. Auch er kann nicht aufgehalten werden, wenn er einmal in Bewegung gesetzt ist.

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Nun bringt jede Aufpflgung wir haben uns zur Genge davon berzeugt den bisherigen Wasserhaushalt eines Bodens in Unordnung. Die sorgsam aufgebaute, licht-, gas- und wasserdurchlssige Krume wird zunchst in klotzige Schollen zerhackt, die sich erst allmhlich durch Eineggung, Eigengewicht und die zerlsenden Einflsse der Atmosphrilien wieder einebnen und ihre frhere Ttigkeit wieder so gut wie mglich aufzunehmen trachten. Die eigentliche Kapillarstruktur aber stellt sich erst nach einer vielleicht einjhrigen Brache wieder einigermaen her und damit die schwammartige Fhigkeit, Bodenlsungen aufzusaugen. Sie ist also eine biotechnische Funktionsform, die durch nichts zu ersetzen ist. Mit der nun anhebenden, rcksichtslosen Bodenbearbeitung traten sehr bald in Mitteleuropa ganz andere, weit ungnstigere Wasserverhltnisse ein. Dieser selbe Proze beginnt jetzt in den riesigen Getreidezentren des amerikanischen Mittelwestens und nicht nur dort. In Nordchina und Korea, die sich lange in einem goldenen Zeitalter des Oberflusses wiegten, ist er bereits so weit fortgeschritten, da die Bodenerosion auf einem Drittel der weizentragenden Lbden derart tiefe Lcher und Rinnen ausgewaschen hat, da die Erde gleich einer wandernden Schuttmure jeden inneren Halt verliert. Man kann solche Gebiete nicht mehr besen. Und so fngt es in Nordafrika an, in Sdafrika, in Australien, in einigen sdamerikanischen Lndern, da und dort im Nahen Osten. Die USA ben dadurch jhrlich 200000 ha eines Ackerbodens ein, der noch immer als gut bezeichnet werden kann. Und es bedurfte nur eines Zeitraumes von hundert Jahren, um selbst in einem so regenreichen Klima, wie dem angelschsischen, erschreckend groe Gebiete von England, Schottland, Irland und Wales in praktisch nicht mehr bestellbares Land zu verwandeln. Die Fachleute von heute sind entsetzt ber diese Erosion, welche die unausbleibliche Folge des gestrten Wasserhaushaltes eines Bodens ist. Aber das ist nur der oberirdische Teil der Zugrunderichtung des fruchtbaren Bodens. Nicht weniger gefhrlich und bedrohlich ist der unterirdische durch die Verlegung der Grundwasserstrme. Beschaffenheit, Ablauf und Sicherung des Grundwassers sind ja berhaupt die Basis, von welcher die Zustnde der Bodenkrume hochgradig abhngig sind. ndern sie sich, so ndert sich mehr oder weniger auch alles andere mit auer dort, wo das Grundwasser extrem tief liegt. Sobald aufgepflgte Bden der ganz normalen Regenauswaschung ausgesetzt werden, hat diese geradezu verhngnisvolle Einflsse. Auch dafr wurden in Rothamstead Versuche gemacht. 47 Jahre lang beobachtete man das Verhalten von 4 qm Boden (also einer sehr kleinen Flche) in Hinsicht ihres natrlichen Regenverlustes. Er stellte sich umgerechnet auf 30 bis 50 kg Nitrate pro Hektar. Die wurden fast restlos in den Grundwasserstrom hinuntergeschwemmt. Wo man der Erde jedoch ihre ursprngliche 352 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Pflanzendecke belie, da nahmen die Wurzeln den kostbaren Nhrstoff auf, noch bevor die Auslaugung ihn entfernen konnte. Denn die zwischen ihnen verankerten Humusteilchen erhhen schon darum den Wassergehalt der Bodenkrume, weil sie stark hygroskopisch sind und reichlich 3 Prozent Feuchtigkeit als festen Bestand zurckhalten, die ihnen durch nichts entrissen werden knnen. In Nordamerika, wo man die Abnahme der kolloidalen Beschaffenheit der Erde auf 24 Prozent schtzt bei mindestens 38 Prozent Humusschwund macht man dafr nicht nur die Waldzerstrung, sondern auch die bermige Bentzung von Kunstdnger verantwortlich. (Wir wissen ja, da und warum knstliche Nhrsalze die Abfallstoffe bestenfalls zersetzen, aber niemals humifizieren knnen.) Wasserhaushalt, Bodenkolloidalitt, Kapillarstruktur und Erhaltung der Bodennhrstoffe hngen alle gemeinsam an einem Faden. Man kann ihn nicht an einer Stelle abreien, ohne da auch die brigen Teile davon betroffen werden. Damit stimmt es berein, da z. B. in England der ungedngte Boden von 1876-1926 von seinem ursprnglichen Kohlensure- und Stickstoffbestand ca. 29-34 Prozent einbte. Auf Kunstdngerflchen war der Verlust kaum geringer, denn er betrug 30 bis 32 Prozent. Gleichgroe Parzellen, die man in dieser Zeit ausschlielich mit Stallmist gedngt hatte, wiesen jedoch berhaupt keine Verringerung ihres Potentials auf und behielten ihre Kolloidalitt. Wenn sich irgendwo die Beschaffenheit und Lage des Grundwassers ndert, so geht das Hand in Hand mit einer nderung der pedologischen Architektur. In den leichtlslichen Kalkschichten bringt sie durch Auswaschung eine oft verhngnisvolle Hhlen- und Dolinenbildung hervor, im widerstandsfhigeren Urgestein eine mehr mechanische Zerstrung. Die geht bis in ungeahnt tiefe Schichten hinunter und wird oft weit unterhalb der Bodenflche zu Kanlen und verstrktem Grundwassergeflle, die sogar imstande sind, nach entsprechender Zeit Erdbeben und unterirdische Einstrze auszulsen. Immer geht das Bodenleben als erstes zugrunde, denn es bewohnt in seiner berwiegenden Menge doch jene feine Krmelung, die von zartesten Wasseradern durchzogen wird. Und die erhlt, ersetzt und sichert eben auf die Dauer nur der Wald. Auch saure Waldbden speichern immer noch Wasser, wenn auch nicht in einem idealen Ausma. Also bedeutet auch die massenhafte Kahlschlgerung von sehr armen Kiefernwldern noch immer eine Verschlechterung des Wasserhaushaltes, sogar dort, wo die Bden durch die pltzlich eintretende Auflockerung an Stickstoff zunehmen. Es ist allerdings richtig, da durch einen Fichtenwald niemals Dammerde entsteht, weil der Rohhumus unmittelbar auf einem berwiegend mineralischen und unaufgeschlossenen Rohboden aufliegt. Das ist z. B. der Fall http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 353

bei der schwedischen Frna, welche die Streu der Nadelwlder (in 1 g 5 687 000 Organismen gegen 44 800 000 im Eichenwald) zu allerletzt in Moder, aber nicht in Humus verwandelt. Auch dieser sog. Auflagehumus verfllt entblt dem unerbittlichen Schicksal des Ausgespltwerdens. Das hat das bekannte Ausgleichen der Unterschicht zur Folge, und dann kommt der Ortstein, als ein fr Organismen und Pflanzenwurzeln gleich undurchdringlicher Abschluhorizont. Auf ihm gleiten, wie auf einer festen, glatten Unterlage, die Grundwasserstrme unaufhaltsam dahin. Obenauf aber lagert das kalte, kalkarme, unaufgeschlossene, unttige, luftlose und vorwiegend von Schimmelpilzgespinsten durchwucherte Zwischenprodukt zwischen modriger Verwesung und zerfetzten, faserigen Rohhumusmassen. Es besitzt nicht die Spur einer kolloidalen Beschaffenheit. Noch bevor sie humifiziert werden knnen, werden die Fulnisstoffe ausgelaugt und gehen dem Boden und seiner Erneuerung restlos verloren. So entsteht im Nadelwald und nach ihm jenes gefr chtete Stickstoff- und Kohlenstoffloch, das gar nichts anderes als eine dauernde Kreis laufstrung ist. Die Moose knnen hier nicht bessernd wirken, denn bekanntlich gibt es auf den Bden des Stangenwaldes keine Moose. Fachkreise berufen sich meist darauf, da man es bei dem Eichen-BuchenFichtenaustausch mit den Folgen eines natrlichen Klimawechsels zu tun habe, der auerhalb der Schuld des Menschen liege. Es ist aber durchaus nicht erwiesen, da ein solcher die einzige Ursache ist. Gewi besteht auf unserem Kontinent durch das stete Hin- und Widerpendeln des Golfstromes, der fr unser Wetter, fr Wrme und Klte, Sonnenschein und Regen in erster Linie verantwortlich ist, eine fortwhrende Unstabilitt des Klimas, die sich in allem wiederspiegelt. Aber wenn die alten Chroniken darin bereinstimmen, da der schon vorher genannte Ebersberger Forst bei Mnchen bis zum Dreiigjhrigen Krieg ein prachtvoller Eichenwald war und von da ab die Eichen zu krnkeln begannen, so kann das auch manche andere, bisher gar nicht in Betracht gezogene Grnde gehabt haben. Es ist mehr als wahrscheinlich, da die bliche Waldweide und unvernnftig durchgefhrte Rodungen den Boden verschlechterten und damit den Eichen das Leben unmglich machten. Denn von einer so tiefgehenden Klimaschwankung haben wir andernorts nicht allzuviele Beweise in der Hand. Das Humuskapital der Eichen- und spter Buchenwlder wurde eben aufgezehrt und nicht gengend neu ersetzt. Niemand trug Sorge, es zu erhalten. Von sich aus schtzt sich der natrliche Laubwald freilich gegen jede Art von Humusschwund, vorausgesetzt, da er in Ruhe gelassen wird. Aber leider tut der Mensch gerade das nicht. 354 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Der sinnvoll gestufte Verhau des Waldrandes mit niedrigen Bumen, Bschen und Rankenwerk bildet einen elastischen Vorhang gegen das strmisch anbrandende Luftmeer. Er wirkt nach Art eines Wellenbrechers. Kein Naturwald hat unter welchem Klima und Breitengrad immer natrliche Schneisen. Schneisen sind nichts als Windgassen, und der Mensch bricht sie meist berhaupt nur zum Zweck der Abfuhrwege fr geschlagenes Holz. Aber leider wird dabei fast niemals auf die herrschende Windrichtung geachtet. Von Rechts wegen drfte kein Einschnitt in die geschlossene Waldmasse so angelegt werden, da er stndig unter Wind liegt. Denn dadurch wird bis tief hinein der unentbehrliche Kohlensuresee zerstreut und abgeblasen. Eine lokale Klimaverschlechterung ist immer dann zu befrchten, wenn die Wlder fallen. Zum mindesten kann man von da ab mit einer unausgeglichenen Verteilung der Niederschlge und Verstrkung der Luftbewegungen rechnen. Damit aber sind die Nachteile nicht mehr aufzuhalten. Ich mchte ihre Aufzhlung nicht nochmals wiederholen. Die Bodenverwstung ist es, die sie dem Menschen unermdlich und in immer dramatischerer Steigerung wiederholt. Vernichtung im Unterirdischen Der Waldzerstrung folgt eine zunehmende Versteppung der ganzen Landschaft nach. Davon kann sich jetzt jedermann berzeugen. Jeder sprt es am eigenen Leibe, da die Winter strmischer und meist auch schneermer werden, die Sommer heier und regenloser. Die Aushagerung verstrkt sich und wird ihrerseits Ursache der sinkenden Bodenertrgnisse. Die Pflanzen mssen, da sie am meisten von einer solchen nderung betroffen sind, sich als erste anpassen. Sie mssen es lernen, mit weniger Wasser auszukommen und sie erhalten dieses Wasser in greren und unregelmigeren Zeitrumen. Die mechanische Aufschlagskraft des Regens nimmt zu. Die bisherige Wachstumsperiode verkrzt oder noch viel hufiger verlngert sich. Es gibt ein trockeneres Frhjahr, heiere und gewitterreichere Sommer, lngere und regenrmere Herbste. Die Ansprche an Windfestigkeit erhhen sich auf das Mehrfache bei jedem einzelnen Gewchs. Der floristische Typus mu also derber und gedrungener werden, die Halmbildung tritt zurck, das Laub wird kleiner und fester, die Stiele verkrzen sich und erhhen ihre Reifestigkeit. Die allgemeine Tenazitt aller Gewebe nimmt zu. Das ist die Antwort, welche die Pflanzenwelt in ihrer Gesamtheit auf einen beginnenden Humusschwund geben kann. Solange sie sich auf solche Weise anzupassen vermag, braucht sie nicht auszusterben oder abzuwandern.

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Angesichts alles dessen kann auch die Tierwelt davon nicht unberhrt bleiben. Beim Kahlschlag ziehen aus weiten Gevierten die reinen Waldtiere weg. An ihre Stelle treten die Herden der weidenden, zahmen Pflanzenfresser, die den Boden weit strker beanspruchen und auch durch ihre umfnglicheren Ausscheidungen chemisch verndern. Erdnager stellen sich ein. Die Vogel-, Amphibien- und Insektenwelt wird weitgehend ausgewechselt. Alle diese Vernderungen vollziehen sich allmhlich, aber unaufhaltsam. Der ganze Charakter der Landschaft ist nicht mehr derselbe. Die Grasflur tritt anstelle des Waldes. Das geschieht in der Ebene oder im Hgelland. In den alpinen Gebieten aber werden auch die Gletscher in Mitleidenschaft gezogen. Denn die lngeren und heieren Sommer fhren zu einer strkeren Abschmelzung, also zu einer Auffllung aller Gletscherbche. Zunchst ist dadurch die Wasserkapazitt eine durchschnittlich hhere. Damit vervielfachen sich allerdings auch die Grundwasser, und die Erscheinungen, die durch hheren Grundwasserstand im Guten und Bsen hervorgerufen werden, treten mehr in den Vordergrund. Schon beginnt man sich zu berlegen, was dann geschhe, wenn alle Gletscher unseres Gestirns verschwinden wrden, die der namhafte Geologe Penk auf 22,18 Millionen cbm berechnete. Diese Rechnung ist bengstigend. Denn die eisige Flut liee die Weltmeere um nicht weniger als 55,4 m ansteigen. Das mte eine kolossale Verringerung der Festlnder nach sich ziehen. Bis jetzt liegen sie gegen frher nur 5 1/2 cm tiefer. Aber die allgemeine Austrocknung wird auch dadurch nicht aufgehalten. Eine natrliche Wasserspeicherung ist unmglich, sobald eine geregelte Feldwirtschaft einsetzt. Mit ungehemmterer Schnelligkeit beginnt die Abschwemmung aus den blogelegten und auch durch Pflanzenwuchs berausgentzten oder einseitig in Anspruch genommenen Schollen. Zuerst ist die Versteppung lokal, dann kontinental. Sehr lange kontinentale Perioden prgen sich dann auch in den Erdzeitaltern aus. Jene Buntsandsteinwste, jene groenteils mit Sand berschtteten Ebenen der Kreidezeit waren nichts anderes, als solche erdgeschichtliche Epochen der Humusverwstung. Es kann also niemand mit Recht sagen, das Phnomen als solches sei uns unbekannt und wir wten nicht, wohin es sich entwickelt. Die Geologie sagt uns im Gegenteil ganz genau und mit allen erwnschten Beweisen, wie ein humusloses Land aussieht. Das Beispiel ist grandios, die Konsequenzen fr die Lebewelt sind frchterlich. Die Meinung, da sich in den Grundwssern beilufig ein Drittel der auf Erden vorhandenen Feuchtigkeit sammelt, hat bisher noch niemals einen ernstlichen Widerspruch gefunden. Es mssen also nderungen im Grund-

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wasser sich auch auf die gesamte Wasserversorgung der Erde auswirken. Nicht nur das jeweils gebundene eine Drittel, sondern auch die anderen zwei Drittel mssen davon betroffen werden. Denn sie stehen doch miteinander in stndigem Austausch als Wasserdampf in der Atmosphre, Wolke, Flu, Regen, Meer und unterirdischer Grundwasserstrom. Auch das ist lngst ausgeglichen in allen seinen Erscheinungen und verluft gesetzmig. Das vermehrte Grundwassergeflle hat die Entwsserung des Bodens als leicht verstndliche Folge. Dafr haben wir ja nun gengend Einzelangaben in verschiedenster Hinsicht gehrt. Es kann sich also jeder fr sich selber den Schlu ziehen, da die Austrocknung der Lnder zu einer Austrocknung der Kontinente fhren mu. Das ist nur ein Summationsphnomen. Und zwar geschieht diese Austrocknung keineswegs nur durch die unterirdischen, dem Grundwasser unterworfenen Schichten, sondern sie greift wie eine gefhrliche Ansteckung auf alle Phasen des Wasserkreislaufes ber. Sie beeinflut auch dafr haben wir Beweise auch das Quantum der Niederschlge. Der Austrocknung von unten steht also diametral eine entsprechende Austrocknung von oben gegenber. Wir verstehen also jetzt, was es heit, wenn man feststellt: Die Versteppung dieses oder jenes Gebietet oder Landes ist im Zunehmen begriffen. Hier mndet die Frage der Strung des Wasserhaushaltes in den unterirdischen Bodenschichten direkt und beraus verhngnisvoll in das weltbewegende Problem der Erosion ein. Und es gehrt bereits zur Erosion, wenn man sich damit beschftigt, wie weit die Tragkraft des Wassers unter den abgeschleppten Sand-, Schlammund humosen Massen leidet. Die Belastung ist eine sehr groe und wird nur solange nicht allgemein als Hindernis sichtbar, als das gesteigerte Geflle die Wasserkrfte noch erhht. Dann werden sogar die Rollsteine und das Kiesgeschiebe am Grunde mitbewegt. Das ist augenscheinlich bei den offenen Wasseradern auf der Oberflche nicht anders, als bei den verborgenen Grundwasserstrmen, die vielleicht da und dort von grbstem Material gesiebt werden, aber doch die ausgewaschenen Hohlrume mit mineralischen Bestandteilen anfllen und durch den steigenden Wasserdruck immer noch mehr ausweiten. Man kann sich davon einen guten Begriff machen, wenn man das Absinken der groen und kleinen Sinkstoffe in den Seen beobachtet. Im Bodensee z. B. ldt der Rhein seinen Ballast ab, denn durch die Wassermasse, die er durchqueren mu, wird er pltzlich zu langsamerem Flieen gezwungen, und mit der verminderten Tragkraft des Wassers infolge geschwchter Bewegung bleibt der allergrbste Erosionsschutt liegen. Der junge Rhein verliert im Bodensee nicht weniger als jhrlich 580 000 cbm Steine und Geschiebe wie in einem ungeheuren Filter, und ist, wo er bei Stein wiederum seinen eigenen Lauf antritt, praktisch fast geschiebefrei. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 357

Die Donau dagegen, die kein solches Sammel- und Filterbecken passiert, lagert ihren ersten Erosionsschutt erst 400 km hinter Budapest, also bereits auf rumnischem Gebiet, ab. Erst dort verliert sie ihre erste rasche Bewegung und damit ihre Tragkraft, die durch die Aufnahme so vieler groer, durch sehr viel Grundwasser gespeister Nebenflsse bis dahin noch immer erhht wird. Von da ab senkt sich auch ihr Strombett nicht mehr sprunghaft ab, sondern flacht sich immer mehr aus, als sicheres Zeichen, da sie sich ihres Erosionsmaterials schon unterwegs nach Krften entledigt. Was aber den Hochrhein anlangt, so erleidet er in 140 km Lauf einen Niveauverlust von 150 m. Das ntzt die Industrie fr zahlreiche Kraftwerke aus. Anderseits versucht man die Stromkraft durch vielfache Verbauungen und Regulierungen zu bndigen, um der periodischen Groberschwemmungen Herr zu werden. Das starke Rheingeflle erlaubt aber unterwegs kein Absetzen des Erosionsschuttes. Infolgedessen schleppt er bis nach Holland Gesteins- und Erdfragmente aus seinem ganzen Ober- und Mittellauf mit. Das Delta eines groen Stromes ist nichts anderes, als die durch ihn selbst herbeigefhrte Verlandung. Diese Verlandung ist eine gewaltttige und zerstrerische, eine einfache rcksichtslose Oberschttung mit unfruchtbaren Substanzen. Ein See, ein Teich verlanden von unten her durch Detritusbildung, durch organischen Aufbau von Humus, der langsam nach oben wchst. Eine Flle von Nhrstoffen wird in der Verlandungszone deponiert, die durch ihren hochgradig kolloidalen Zustand auch keiner Ausschwemmung unterliegt. Der von oben hingeworfene Erosionsschutt dagegen ist absolut unfruchtbar, denn innerhalb seiner einzelnen Bestandteile besteht nicht der geringste organische Zusammenhang, die Kolloidalitt ist gleich Null, Auf- und Abbauorganismen fehlen, das Verhltnis der mineralischen Stoffe ist vllig disharmonisch und ungeeignet fr jede Art von Humusaufbau. Er ist nichts anderes als Gebirgstrmmerwerk, aus aller Funktion herausgerissen, ein Schaden fr jede Landschaft, die durch ihn viel zu viel versandet und versteint wird. Eine disharmonische Erosion ber eine harmonische wird spter zu sprechen sein ist der Fluch einer Landschaft, eines Bodens und seiner Lebensreiche. Aber in unserer Zeit und unter vom Menschen geschaffenen Umstnden kennen wir leider nur eine disharmonische Erosion. Dieses nicht nur mineralische, sondern grtenteils auch noch kristallinische Gemisch ohne Gasproduktion, aufs uerste verarmt an Nhrstoffen, grob von Struktur, eigentlich nur Rollsand, der hchstens die Neigung hat, mit dem feinen Gletscherschlamm, dem Till, zu betonartigen Massen zu verschlmmen, ist fr die Pflanze so gut wie ganz unbrauchbar. Wenigstens unter den europischen Verhltnissen. Es ist und bleibt rolling stone, und es wird ebenso leicht wieder abgesplt, als angeschleppt. Es gibt nichts vernderlicheres als solches berschttungsmaterial. Das ganze Delta ist in einer stndigen Wanderung begriffen. Rinnsale, Fluarme, 358 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Altwsser, kleine Inseln, lange Sandbnke aus Geschieben, Gerllen, Kieseln und feinster Versandung werfen sich auf und verschwinden wieder beim nchsten hheren Wasserstand. Je grber der Schutt des Inundationsgebietes, um so unfruchtbarer auf Jahrtausende hinaus das Land. Nur dort, wo fast nur ausgereifte Erde verfrachtet wird, bedeutet das Delta eine wirkliche Befruchtung. Denn da berwiegen die organischen Stoffe wie beim Segen des Nils, der den reichen Humus- und Lateritschatz der abessinischen Hochebene, ausgewaschen durch eine wtende Regenzeit, nach gypten herunterbringt. Er hat denn auch seit den Tagen des groen Ramses bei Memphis im ganzen berschwemmungsgebiet das Niveau um 1,80 m hher gelegt. Denn dieses herabgeschwemmte Material besitzt Bindigkeit, weil es eben bereits humos und fruchtbarer Boden ist. Auch sind die abessinischen Hochlnder groenteils noch im Besitz ihrer Urwlder. Dagegen hat man in Amerika herausgerechnet, da der Mississippi, wenn er sein Einzugsgebiet weiterhin so ruiniert man vergesse nicht, da in dieser Gegend rundum die humusverschwendenden Baumwolleplantagen des ersten groen cottonruns lagen! in 9000 Jahren das amerikanische Festland um rund 1 m erniedrigen wird. (Dabei sind in dieser Berechnung meines Wissens die Folgen der Entwaldung noch gar nicht mit einbezogen.) Denn heute schon verringert er jhrlich eine Quadratmeile Boden um 79 Metertonnen. Es ist indes nicht anzunehmen, da dieses Verhltnis sich angesichts der bisherigen Verhltnisse verbessern wird. Auf der ganzen Erdoberflche stiehlt die sog. Flugtrbe in allen flieenden Gewssern jhrlich 2500 Millionen t zu Schlamm zerriebenen und 6000 Millionen t noch kristallinischen Steinstaubes! Wie weit die Gewalt des strmenden Wassers reicht, sieht man nicht nur am Amazonas, der auf 100 km weit bei seiner Mndung das Meer ausst, sondern auch am Jangtsekiang, der als echter Lflu das Gelbe Meer auf eine unabsehbare Strecke ockerfarben tnt. Der Hoangho, der in den Golf von Tschili gigantische Landbarren hineinwlzt und mit seinem ganzen ungeheuren Delta von Nordosten nach Sdwesten 700 km auf und ab wandert, schleppt seit Jahrhunderten groe Teile des Bodens Chinas weg. Denn der zwar fruchtbare, aber wenig kolloidale chinesische L ist nicht einmal imstande, im Inneren des Landes in entscheidendem Ausma Erdfeuchtigkeit zu speichern. Und was je an Wldern dort grnte, ist lngst geschlagen und in Ackerland verwandelt worden. So kann auch kein neuer Humus nachgeschaffen werden. Angesichts aller dieser Tatsachen, die sich von berallher vervielfachen lassen, mu man sich schlielich denn doch fragen, was denn mit dieser erschreckend groen Erosionsmasse berhaupt geschieht. Die Antwort ist einfach genug, aber sie ist wahrhaftig fr unsereinen nicht befriedigend. Dieses ganze abgetragene Material der Gebirge, diese davongeschwommenen Festlnder http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 359

bleiben vom spten flachen Unterlauf an bis zum Schelf in den Kstengebieten und auf ihnen liegen. Ihre Menge ist so gewaltig, da sie zuletzt scheinbar das Gleichgewicht der kontinentalen Schollen einseitig verschiebt. Jede durch groe Strme berbelastete Landscholle kippte nach geologisch feststellbarer Zeit und sank unter dem unmigen Gewicht der Erosionsauflagerung an dem davon betroffenen Rand unter. Ihr Saum brach stckweise ab und fiel dem ins Land hereindrngenden Ozean zum Opfer. Ist nicht die Erdgeschichte erfllt mit solchen Meereseinbrchen, die mchtige Lnder verschlangen? Kann man noch daran zweifeln, da jede bersteigerte Erosion mit einem Absinken der Randschollen, mit Meereseinbrchen des berwlzten Kontinentes endete? Es ist selbstverstndlich, da auch die grten Binnenseen auf solche Weise zuletzt verlanden. Der ungarische Balatonsee ist nicht tiefer als 4,5 m und nur im kleinen Becken mit er noch 11 m. Das Kaspische Meer ist lngst ausgeflacht. Es ist kein Zweifel, da sie sich mit hineingewehtem Sand, aber auch mit Gesteinsschutt und mineralischen Fragmenten ausfllen und schlielich ganz einebnen werden. Ein Ozean aber ist auf diese Art nicht auszutrocknen. Er wandert hchstens und verndert damit das Bild der Festlnder meist zu deren Ungunsten bis zur Unkenntlichkeit. Die europische Scholle ndert ihr Gleichgewicht Mit einem Mal verstehen wir nun Zusammenhnge, die bisher als grauenhafte, aber unbegreifliche Katastrophen, als hchst verwirrende und als Ganzes unerklrliche Ausbrche dumpfer Schrecken gegolten haben. Hier tut sich uns ein erster, noch sehr ungewisser Blick in den Mechanismus gewaltiger Ablufe auf, die, einmal ausgelst, eines Tages den Menschen und sein Werk unbarmherzig vernichten knnen. Und derselbe Mensch wird vielleicht nichts davon ahnen, da er selber das auslsende Rdchen war. In Europa hngt, abgesehen von tektonischen Krften, viel vom Verhalten des Golfstromes ab. Da der Zusammenprall von warmem Golfstrom und den kalten Wassern des Nordatlantiks und des Ostgrnlandstromes stndig Luftwirbel, Minimas und katastrophal schlechtes Wetter erzeugt, dessen Zentrum die Neufundlandbank ist, gehrt heute bereits zu den allgemein bekannten Tatsachen. Sturmfluten in der Nordsee und dem nrdlichen Atlantik sind die bekannte Folge davon. Wenn man sich nun die Konfiguration der nordeuropischen Kste vergegenwrtigt, so wird es jedem Nachdenkenden auffallen, da ihren Saum eine Inselgirlande einfat, die in ihrer ganzen Gestaltung verrt, da sie seit langem von immer wieder sich folgenden Meereseinbrchen herausmodelliert wurde. Hier ist der ursprngliche Rand im Absinken, und er ist es seit geraumer Zeit. Die historischen Chroniken sind voll von Schreckensberichten und daraus allein ersieht man, in welchem bengstigenden Tempo die Kstenzerstrung vor sich geht. Mit unseren heutigen Einsichten mssen wir es fr wahrscheinlich halten, da der Wettermacher Golfstrom nur das auslsende Moment ist, da aber vieles 360 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

anders und weit weniger bedrohlich wre, wenn die Erosion nicht in einem solchen gigantischen Ausma ihm vorgearbeitet htte. Eine Kette von Sturmfluten verheerte um 113 v. Chr. Jtland, das in der Antike Cimbrischer Chersones hie. Diese Sturmfluten zwangen die dort beheimateten cimbrischen und teutonischen Stmme zur Auswanderung. Der ganzen geografischen Situation nach konnten sie sich nur nach Sden wenden. Damit begann eine Vlkerwelle, die mit dem ersten Angriff auf das Rmische Weltreich und schlielich dessen vlliger Zerschlagung endete. Der Aufstieg Germaniens vollzog sich als Auswirkung jener Sturmfluten, die wiederum ihre Ursache in der von Anbeginn an allzuraschen und allzuungehemmten Abtragung der Alpen und der Verlagerung ihres Schuttes an den Nordrand Europas hatte. Sonst htte die Sturmflutkette nicht gerade dort angreifen knnen, sondern diese Gebiete wren weit weniger exponiert und damit auch nicht der Transgression denn eine solche steht hinter diesem Sammelsurium von Erscheinungen dermaen ausgeliefert gewesen. Immerhin aber hob aus grauer und verschollener Vorzeit herberreichend hier ein Ablauf von Geschehnissen an, die bis zu unserer Gegenwart in ununterbrochenem Zusammenhang reichte und noch weit darber hinausgeht. Es ist allerdings ganz und gar unwahrscheinlich, da der Mensch schon damals in die irdischen Prozesse eingegriffen haben sollte. Zwar war bei den antiken Vlkern der Humusschwund schon berall im vollen Gange, aber, da die Alpen eine Wasserscheide darstellen, so ergo sich um diese Zeit der Strom der beschleunigten Erosion ins Mittellndische Meer. Dennoch wissen wir nicht, ob nicht doch irgendwelche, uns heute noch ganz unbekannte und von uns auch unbeachtete Verknpfungen hier einen Faden spinnen, der sich auch nach Norden hin ausspannte. Solange wir nicht den sicheren Gegenbeweis in Hnden haben, mu diese Mglichkeit immerhin sehr entfernt in Betracht gezogen werden. Nun weiter. An sich ist die skandinavische Halbinsel, einmal schon whrend der groen Eiszeit durch einen ber 1000 m hohen Inlandgletscher bis zum oder vielleicht sogar unter den Meeresspiegel herabgedrckt, hchst labil. Sie hat seitdem verschiedentlich Hebungen und Senkungen durchgemacht. Auch Jtland war lange nach der Eiszeit schon einmal ganz untergetaucht und mit ihm ein groer Teil von Sdschweden, mitsamt den Uferwldern, die er trug. Deren ausgegrabene Stmme verwendet man sogar noch immer, wo man sie leicht erreichen kann. Diese Senkung, die damals begann, dauert noch bis heute an. Sie bedroht aber auch die Norddeutsche Tiefebene, Nordholland, Nordwestfrankreich und Sdengland. Wir wissen es ja, hinter allen diesen einzelnen Ereignissen steht gleicherweise die Erosion als kontinentale Erscheinung. berall mnden in Nordeuropa groe Strme in den Atlantischen Ozean, die seit vielen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 361

Jahrhunderttausenden Schwemmaterial aufhufen. Unter seiner enormen Belastung verschiebt sich scheinbar das ursprngliche Gleichgewicht und eine ganze Reihe von frchterlichen, Stdte, Menschen und Tiere samt der fruchtbaren Erde verschlingenden Einbrchen ist die bedrohliche Konsequenz. Hier aber stoen wir auf einen Zusammenhang, der trotz seiner Wichtigkeit bisher so gut wie gar nicht beachtet wurde. Er verknpft das eine Ende, das an der Waldverwstung hngt, mit dem anderen Ende, das von der uneingeschrnkten Erosion herrhrt. Es wre an der Zeit, gewisse Ereignisse im Sinne einer zusammenhngenden Entwicklung unvoreingenommen nachzuprfen. Eigentlich hren wir nur von dem ganz besonders unglcklich, nmlich allen Angriffen ausgesetzt gelegenen Helgoland, da schon zur Zeit der Karolinger groe Stcke vom Meer weggerissen wurden. Damals drfte sein Umfang etwa fnfzigmal so gro als etwa um 1900 gewesen sein. Sonst aber erfhrt man nirgends vor dem 11. Jahrhundert von bedeutenden und einschneidenden Zerstrungen an der nordatlantischen Kste. Das gibt zu denken. Denn man mu sich daran erinnern, da um dieses 10.-11. Jahrhundert berall in Europa der Bau fester Stdte begann und da damit zugleich das ausgiebige Roden der Wlder einsetzte, die whrend des Aufhrens aller Zivilisation durch die Schrecken der Vlkerwanderung zu wahren weglosen und undurchdringlichen Urwldern geworden waren. Zum letztenmal breiteten sie sich diesseits und jenseits des Limes als ein grner Wall, in dem die rmischen Straen verfielen und die meisten einstigen Siedelungen oft noch aus den Tagen bronzezeitlicher Hgeldrfer stammend bis auf den Grund niedergebrannt und ausgestorben waren. ber das kann man nicht hinwegsehen. Die ersten Hiobsnachrichten ber Meereseinbrche und Sturmfluten fallen genau mit der Epoche der ersten Waldrodung und der ersten Humusverwstung, also mit der ersten Phase gesteigerter Erosion zusammen. Man wird nur leugnen knnen, da hier eine urschliche Bindung besteht! Von nun an reien die Berichte von der Zerstrung der nordatlantischen Kste Europas nicht mehr ab. Nordholland und Friesland, einst landvereint und mit vorgelagerter Landenge, werden 1170 von der Flut durchstoen und in den Straen von Utrecht kann man Stockfische fangen. Aus dem kleinen, harmlosen, weitab vom Meer gelegenen Fleco lacus schuf eine neue berflutung um 1290 die Zuidersee, die eine blhende kornreiche Landschaft mit vielen Drfern und die ansehnliche Stadt Stavoren unter sich begrub. Es ist das dieselbe Zuidersee, die Holland erst in unserer Generation trockenzulegen

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gelang. Die Arbeit kostete viele Millionen Gulden. Sie dauerte mehr als zwei Jahrzehnte und ist noch lange nicht beendet. Nicht unhnlich entstand der Dollartbusen. Einst bedeckten undurchdringliche Wlder nordischer Eichen, Birken und Erlen das Reiderland, die Terra Reidensium der Rmer, die sich an derselben Stelle ausbreitete. Die Wlder schlug und brannte man nieder. Elche und Damhirsche und Biber wurden gettet. Die beiden Strme Tiam und Esche konnten von da ab unbehindert ihr Delta ausdehnen. Die Menschen aber sten Korn. Drfer, Klster, fnfzig Marktflecken erhoben sich und das Land, voll von mchtigen Humuslagern, galt mitsamt der reichen Handelsstadt Torum als einer der fruchtbarsten friesischen Gaue. Die drei Flsse denn auch die Ems, die heute noch in den Dollart mndet, gehrte dazu schafften ausgiebiges Erosionsmaterial heran, das den (wie die alten Chroniken es nennen) moorigen, nmlich den alten Aufschwemmungsgrund zu sehr berlastete. Er wurde von unten nach oben herausgesplt, denn scheinbar war er nur seinerzeit durch die Baumwurzeln verfestigt gewesen, und diese Auswaschung erreichte ihn selbst unter dem Straenpflaster. Die Christnacht 1277 brachte mit einem frchterlichen Sturm den Einbruch des Meeres. Die teils unterhhlte, teils frisch aufgeschttete, durch den Feldbau berall gelockerte Bodendecke hielt nicht stand. Sie glitt dort, wo sie durch die Bindigkeit des Humus noch zusammenhaftete, in mchtigen Platten in die Tiefe ab. In dem zunchst seichten, dann immer mehr sich einsenkenden, neugebildeten Meerbusen konnte man, wie es heit, noch lange die Huser mit ihren spitzen Giebeln aufrecht stehen sehen, deren Fensterladen und Tore im Zug des Wassers auf- und zuschlugen und um die Scharen von Fischen spielten. Dies ist die dstere Wirklichkeit, die der Vineta-Sage zugrunde liegt. Die vllige Zerstrung ging so langsam, wie die der meisten absinkenden Schollen, deren uerste Rnder immer mehr und mehr nachbrechen. Erst um 1507 vernichtete eine der vielen spteren Sturmfluten die letzten Mauerruinen von Torum. Dasselbe Schicksal schuf den Jadebusen, dessen Einbruch von 1218-1651 dauerte. Mit ihm verschwand die ganze ostfriesische Landschaft Rustringen. Sie besa den besten Kornboden, war dicht mit Drfern besiedelt und ging unaufhaltsam unter. Betrachtet man mit den Augen unserer neuen Erkenntnis diesen ganzen nordatlantischen Kstenstrich, so begreift man, da nichts ihn vor dem endgltigen Absinken bewahren kann. Die ungeheuren Erosionsfelder von Rhein, Weser, Elbe, Ems, Schelde, die seit vielen Jahrzehntausenden dort abgelagert werden, vereinigt mit dem Schutt und Geschiebe zahlreicher kleinerer und grerer Kstenflsse, mssen den Rand dieses Tieflandes zwangsweise immer mehr hinunterdrcken. Gewissermaen wandert von den Alpen ab bis zu den europischen Mittelgebirgen das ganze Schollenschwergewicht http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 363

Europas von Sden nach Norden. Nicht nur der sichtbare Teil der Kste wird immer tiefer eingetaucht, sondern ebenso, vielleicht in noch strkerem Ausma, der unsichtbare, der als Schelfsockel das Festland umgibt, aber noch immer innig verbunden mit diesem zusammenhngt. Noch Drusus kmpfte mit eingeborenen Vlkern auf weitgedehnten Inseln vor den Ufern des Atlantiks und in der Nordsee. Die Rmer verzeichneten auf ihren Karten deren fnfundzwanzig, waldgrn und von jagd- und fischereigewohnten, harten, weiblonden Sippen bewohnt. Jetzt sind es fast um die Hlfte weniger Eilande, und von dieser Hlfte verdient wieder hchstens die Hlfte den Namen Klippen. An vierzehn namhafte Inseln lagen noch im 17. Jahrhundert zwischen Wieringen und Rottum. Mit viel gutem Willen knnte man heute noch hchstens acht als Insel bezeichnen. Sie gingen offensichtlich denselben Weg wie die Halligen, deren Untergang noch von unseren Zeitgenossen miterlebt wird. Von Ostfriesland bis zur Scheldemndung hat man aus seichten Moorstreifen, die lngst von der Nordsee bersplt waren (die Ostfriesen nennen sie barg und gewinnen viel Feuerungsmaterial aus ihnen), Zeugen verschollenen Lebens heraufgefischt. Rmische Schsseln und Glser, Mnzen, Grabsteine alles Beweise, da es nicht nur eine Legende ist, da einst hier die Legionen der Csaren kmpften, Land eroberten und starben. So liegt auch vor dem schottischen Basin-Bridge rmisches Straenpflaster sechs Fu tief unter Wasser. Vergangen ... vorbei ... Es bedarf eines neuen Erdzeitalters, bis, was damals Land war, wieder einmal Land sein wird, und die Welt wird dann wohl nichts mehr von einem rmischen Riesenreich und seinen Siegen wissen. berall, wo Inselgirlanden die Festlnder umkrnzen, sind sie das wei man schon das unmiverstndliche Zeichen, da dieses Land im Sinken begriffen ist. Es scheint, da dieses Sinken immer eine Folge der Erosion ist auch unter natrlichen Umstnden. Es ist wohl der Proze der Festlandsverlagerung, der auf diese Weise rund um den ganzen Erdball geht. Man kann ihn kaum im Guten, wohl aber im Bsen beeinflussen und man hat es offenbar unwissentlich viel zu viel getan. Man htte wahrlich schon frher darber einmal nachdenken knnen, wieso es kam, da z. B. noch bis 1240 die Inseln Sylt, Fhr, Amrum, Pelworm und Nordstrand in einem festen Nordfriesland geborgen waren, das sich als Auslufer des Festlandes sieben Meilen nordstlich von der Elbe ausdehnte. Eine Sturmflut ri es von dort ab, sptere Einbrche zerschlugen es vllig. In einer kleinen Stunde bis um 10 Uhr abends am 11. Oktober 1634 hatte der Nordstrand aufgehrt, zu sein. Da waren mehr als 6200 Menschen und rund 50 000 Stck Vieh dort ertrunken, da waren die Deiche der Insel an 44 Stellen durchbrochen, da lagen 30 Mhlen und mehr als 1300 Huser, da war vernichtet die Heimat und das Glck von mehr als 8000 Menschen. 364 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Nur 3638 Menschen hatten die Schreckensnacht berlebt. So berichtet die Chronik der friesischen Uthlande nach besttigten Aussagen von Augen zeugen. Was ist das Znglein an der Waage, das dieses natrliche Schicksal der europischen Nord- oder Nordwestkste beschleunigte und so grauenhaft unausweichbar gestaltete? Man kann es kaum verkennen und miverstehen in seinem deutlich sichtbaren Auf- und Abpendeln, sondern mu es sich wohl so vorstellen: Nach der Vlkerwanderung setzte erst allmhlich, dann immer rascher die allgemeine europische Waldverwstung ein, die sich besonders auf den Ober- und Mittellauf der groen Strme und ihrer Einzugsgebiete erstreckte. Dadurch schwoll die Erosion zu einem Ausma an, das sowohl die Grundwasserstrme, als auch die oberirdischen Flsse mit Unmassen von Schutt belud. Durch die als Raubbau betriebene Landwirtschaft wurde ebenso der Humus, als die Bindigkeit des Bodens angegriffen. Ungehemmt fluteten die unter- und oberirdischen Gewsser ab. Unaufhrlich wurde das gefgelose, vielfach ausgetrocknete Erdreich auf diese Weise nutzlos mitgerissen. Bis zum mineralischen Untergrund unterlag es der Auswaschung. Das berma des zu Erosionsschutt gewordenen, einst fruchtbaren und humusreichen Landes berlastete durch sein totes Gewicht die tiefstgelegenen Teile des eigenen Kontinents. Die allzuschwer berlagerte Scholle mute sich senken, sie senkt sich noch immer, und Deiche und Verbauungen grten Stiles, die ganze Volksvermgen kosten, sind knftig ebensowenig ein absolut zuverlssiger Schutz, wie sie es bisher waren. Denn eine ganze kontinentale Scholle, selbst wenn ihre verschiedenen Nationen sich darber einigen sollten, kann man nicht abdeichen, weil damit die Ursache ja gar nicht behoben ist. Und alles, was bisher zur Stromregulierung geschah, ntzt nichts gegen die Erosion, sondern beschleunigt sie nur. Der Proze geht also weiter. Wer soll ihn hemmen? Bisher fiel es niemandem ein, diese Ursachen mit diesen Wirkungen zu verknpfen. Knftig aber wird man sie in Betracht ziehen mssen. Und wie lange noch wird es dauern, bis diese ersten, nur eben hinweisenden Erkenntnisse sich praktisch in jene groartigen Verbesserungen umsetzen, die wirklich das bevorstehende Unheil hindern knnten? Wie viele Widerstnde, wie viele Miverstndnisse, wie viele Gegenmeinungen werden bis dahin berwunden sein mssen! Um wie viel wird das alles die schon sehr begrenzte Lebensfrist des Menschen bersteigen, der jetzt hier diese Zeilen schreibt! Und der zutiefst erschttert gerne die Augen abwenden mchte von den Bildern sinnlos heraufbeschworener Verwstung eines Gestirnes, das einmal ein irdisches Paradies war, und das wiederum ein irdisches Paradies werden knnte, wenn die tausend leisen und lauten Mahnungen die denkende Vernunft endlich dazu bewegen wrden, einzusehen, da man nach den http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 365

ewigen Weltgesetzen handeln mu, um bestehen zu knnen ... Die Waldverwstung hat auf der ganzen Welt Hekatomben von Leben gefordert und fordert sie immer noch. Ich meine nicht jene gerechtfertigte Waldrodung, die dem Menschen erst seinen eigentlichen Lebensraum erschlo, sondern jene, die mutwillig, frevlerisch, tricht, aus reinem Unverstand und reiner Zerstrungslust geschah. Niemals war der einzelne immer schlecht und bswillig. Nein, viele von ihnen lebten gottglubig und fleiig und mhten sich, ihrem Nachwuchs ein ertrgliches Dasein zu verschaffen. Viele gehrten zu den guten Brgern und taten fr die Gemeinschaft, was in ihren Krften stand. Und dennoch wurden sie von Flutwellen ersuft, ihrer Habe beraubt, verloren diejenigen, an denen sie mit ganzem Herzen hingen. Oder sie verarmten ber ihrem ausgeplnderten Boden, verlieen die Scholle und die Heimat, und das Fieber fra sie in den fremden Urwldern, die sie dann in einem anderen Kontinent rodeten. Unermelich ist das Unglck, das den Menschen bedrckt, der nicht begreift, was das richtige ist, das er zu tun hat. Er fllt Kollektivschicksalen zum Opfer, deren Ausdehnung er nicht ermessen kann und die seine persnlichen Schicksale berschatten, und er wird mitgerissen, wenn er nicht rechtzeitig die Zusammenhnge erkennt. Hier heit es, da jeder einzelne alles aufbieten mu, um den Raubbau am Humus zu hemmen, weil er jeden einzelnen unter uns trifft.

Die Kulturwste Stellen wir einmal eine Rechnung auf: Die Festlnder der Erde besitzen zusammen nicht mehr als 509 950 000 qkm. Das entspricht 26,7 Prozent der gesamten Oberflche. Davon ist abzuziehen, was als Gebirge unbewohnbar ist (und das ist ein recht wesentlicher Teil). Man braucht nur an die Anden, die Kordilleren, an den Himalaya, den Kaukasus und schlielich sogar die Alpen zu denken. Selbst die zahllosen Mittelgebirge und Hgellnder bringen doch immerhin insoferne eine Einschrnkung der Landwirtschaft mit sich, als Steilflchen und Bergflanken, selbst wo sie unter einer Humusdecke liegen, oft nicht einmal zur Heugewinnung herangezogen werden knnen. Nicht bebaubar sind die Strombetten der Flsse, die aus dem Festland ihrerseits wiederum viele Hunderte von Kilometern herausschneiden. Der Amazonas hat 5500 km Lnge und in seinem Delta eine Breite von reichlich 300 km. Und die Donau, als grter europischer Strom, braucht bis zum Schwarzen Meer immerhin 2860 km und erreicht bei Rustschuk sogar 2600 m Breite.

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Dazwischen und darunter liegen unzhlige Strme, Flsse, Bche, die smtlich dem Festland im allgemeinen und der Bebauungsflche im besonderen Platz wegnehmen. Dazu kommen die Binnenseen, vom grten bis zum kleinsten, und der grte ist der salzige Kaspisee mit seinen 438 690 qkm. Meere, Wsten, Meeresksten sind absolut ausgeschlossen von der eigentlichen Humusproduktion. Es gibt mchtige berschwemmungsgebiete, wo der Boden nur aus Sand, Geschieben und Rollsteinen bis in viele Meter Tiefe hinunter besteht. Auch auf ihnen bildet sich entweder keine oder doch nur so wenig fruchtbare Erde, da jede Flut sie von neuem wegreit. Und zuletzt darf man nicht die stndigen Heimsttten des Vulkanismus vergessen, die mit fortgesetzten Erdbeben in oft gewaltigen Schttergebieten, mit breiten Betten von glhender Lava alles vernichten, was Pflanzenleben und Humus heit. Diese natrlichen Behinderungen der Humusbildung kommen und gehen seit Urzeiten ber unseren Erdball hin. Sie verschieben sich mitsamt den wandernden Polen und den ber die Wendekreise hinkriechenden Weltmeeren. Sie hngen nicht vom Menschen ab. Der Mensch ist ihnen ebenso unterworfen, wie die brige Natur. Das alles ist in der Konfiguration der Erdoberflche begrndet und wird es immer sein. Selbst wenn man Moore austrocknet und Wsten bewssert, so ist das zur Ernhrung des Menschen und seiner Haustiere geeignete Land immer nur ein Bruchteil des betreffenden Kontinentes. Dazu aber kommt nun der Mensch mit seinen Bedrfnissen. Man hat ihn oft genug ein Herdentier genannt, und ein sozial lebendes Geschpf ist er jedenfalls. Trotzdem bedarf er einer gewissen Ellbogenfreiheit und bei seiner rapiden Zunahme in den letzten 150 Jahren ist das ein Problem, das allgemach anfngt, den groen Organisatoren Kopfzerbrechen zu machen. Die weie Rasse braucht in jedem ihrer Vertreter Platz auf der Strae, in der Stadt oder Wohnung, in den Lden, zu einem sehr erheblichen Teil auch in Schulen, Gaststtten, Fabriken und Bros. Das heit mit anderen Worten: Alle Stdte sind in einem stndigen Wachstum begriffen. Trotz der heute schon berall angestrebten Dezentralisierung werden berall die Siedelungen zu Drfern, die Drfer zu Mrkten, die Mrkte zu Kleinstdten, die Kleinstdte zu mittleren, die mittleren zu Grostdten. Aus den Grostdten aber wachsen Weltstdte von ungeahnter Ausdehnung heran. Ein und derselbe Proze ist allerorten im Gange und es ist keine Mglichkeit ersichtlich, die ihn aufhalten oder auch nur verlangsamen knnte. Er hngt als unabnderliches Schwergewicht an der Zunahme der Geburten. Sozialbiologisch wird die Ausdehnung des allgemeinen Lebensraumes (trotz augenblicklicher Einschrnkung fr den einzelnen, die nur zeitbedingt und daher vorbergehend ist) und dessen Herauslsung aus den frheren primitiven Bedingungen immer notwendiger. 367

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Aber vor den Zahlen, die sich dabei ergeben, erschrickt man. Nach dem ersten Weltkrieg rechnete man mit zehn lngsten Eisenbahnstrecken auf der ganzen Welt im Ausma von zusammen 56 445 km. Heute stimmt diese Zahl schon lngst nicht mehr, trotzdem man weit weniger Schienenstrnge als Autostraen baut. Die wichtigsten Kanle vor fast einem Menschenalter beanspruchten 621,6 km. Den Begriff Stauseen gab es berhaupt nicht, aber heute, da man berall welche eintieft, die, um der allgemeinen Wassernot zu steuern, Hunderte von Quadratkilometern aus dem festen Land herausschneiden, werden sie bald mehr Raum fortnehmen, als die Errichtung von soundso vielen Stdten. Im Jahre 1944 zhlte New York fast 8 Millionen Einwohner und bedeckte ein Geviert von annhernd 850 qkm. In vierzig Grostdten, die sich selber fast alle Weltstdte nennen, leben 87 089 000 Menschen auf einem Flchenraum von 8500 qkm. Auf diesem Riesenraum besteht das ganze Grn bestenfalls in einigen Parks, Straenbumen und etlichen Bezirken mit Handelsgrtnereien und Schrebergrten. Es gibt leider sehr wenig zuverlssige Schtzungen ber all die mittleren, kleinen und kleinsten Stadtwesen, auch nicht ber das unendlich weit, an manchen Kreuzungen man denke an das Ruhrgebiet auch unendlich dicht gesponnene Straennetz. Es ndert sich stndig, d. h. es verdichtet sich immer mehr. Wenn man frher mit dem Nachtschnellzug von Dortmund bis Kln fuhr, so wurde der Himmel nicht ganz dunkel, weil die Feuer aus Hochfen, Gieereien, Zechen und Fabriken, die smtlich mit Nachtschichten arbeiteten, mit den wie Schlangen sich glhend dahinwindenden frischen Kokshalden ihn erhellten. Ein dsterroter Hllenschein, wei oder schwefelgrn durchflammt und durchdampft, erfllte den ganzen Horizont. Und die Straen und Geleise nahmen kein Ende, die Stellwerke, die Arbeitersiedelungen, deren Backsteinwnde sich rugeschwrzt unter den schwarzen Schieferdchern zusammenduckten. Die Landschaft war in ein Wirrsal von Troglodythenhhlen, teils ber, teils unter der Erde verwandelt. Sie glich einer von Rauch und Abgasen vergifteten Termitenburg in titanischen Ausmaen. ber Essen schwebte stndig eine dichte gelbgraue Rauchwolke, die erst oben auf Villa Hgel, dem Kruppschen Wohnsitz, durchsichtig wurde und einen Blick jenseits ber die Hhen des einst so anmutigen Bergischen Landes erlaubte. Und so sind alle Industriezentren auf der ganzen Welt, in Belgien und Nordfrankreich, im italienischen San Pier d'Arena, in Stalingrad und den Eisenstdten im Donezgebiet, im einstigen Oberschlesien, in Birmingham, in Manchester, in Cleveland und Detroit und wie sie alle heien. Aus ihnen allen ist die Natur endgltig ausgetilgt. Sie mu es sein, die Technik verlangt es. Sie kann nicht ohne Montagehallen, Laboratorien, Gurume und Maschinensle existieren. Sie kann keine anderen Gesichtspunkte dulden. Fr 368

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sie gibt es nur die unabnderliche, materiegewordene Logik ihrer Berechnungen und die mathematische Zahl. Technik kann, wenn sie voll leistungsfhig sein soll, auf nichts auer ihren eigenen Belangen Rcksicht nehmen. Reichsautobahnen, die kontinentgroen Autostraen berhaupt, kosten Tausende von Hektaren fruchtbaren Bodens. Es gibt Berechnungen ich will sie ohne Gewhr nur hier erwhnen , die behaupten, da allein die Autostraen und Flugpltze im frheren Grodeutschland an 25 Millionen qm betragen htten. Man sprt das freilich im raumengen Europa mehr, als im grenzenlosen Asien oder auf dem amerikanischen Kolo. Dort, wo der Landverlust, wie bei der jetzt geplanten Kontinentautostrae quer durch Mittelafrika, durch bisher unerschlossenes Gebiet geht, nimmt man vorlufig keine Notiz von ihm. Es wird aber, und sogar in absehbarer Zeit, der Augenblick kommen, wo man mit diesen der Ernhrung verlorengegangenen Feldern, mit diesen ungeborenen Plantagen zu rechnen haben wird. Heute heit es: Baut Autostraen! Der Weltverkehr marschiert auf der Autostrae! Ganz sicher aber wird man mit derselben unbedingten ber zeugung nach einigen Generationen verknden: Los von der unpraktischen, lnder- und bodenverschlingenden Autostrae! Und wird auer einem heute noch ganz unvorstellbar zugenommenen Luftverkehr trachten, Fahrzeuge zu erfinden, die entweder keiner oder doch nicht einer so ausgedehnten Straendecke bedrfen. Denn dann wird man es fr gnzlich untragbar halten, der Ernhrung auch nur einen Fubreit Boden unbedachterweise zu entziehen. Es ist aber nicht nur der verlorene Raum, um den es sich hier handelt, es ist noch weit mehr die Qualitt des Bodens, die auf solche Weise entsteht. Man hat lngst einen Sammelbegriff fr alles das gefunden, was zur Entartung des nicht bepflanzten, sondern als Wohnstatt des Menschen verwendeten Bodens gehrt. Man nennt es Kulturwste. Vor allem wird das auf den Zustand der Rnder der Grostdte angewendet. Zuerst entdeckten ihn die Maler des vorigen Jahrhunderts. Van Gogh, Renoir, Courbet, Cezanne und Gauguin malten ihn in seiner ganzen, abschreckenden Hlichkeit. Da sah man das Ende unausgebauter Straen, Bauschutt in wsten Haufen, rostige Industriegeleise, die Schlote einzelner, frei im Lande stehender Fabriken. Man sah windschiefe Zune, Pftzen, Ruinen von ehemaligen Gartenhuschen, Gruben, die einst zu Stllen und Kellern gehrt hatten, lcheriges Straenpflaster, das sich jh in einen schmutzigen Feldweg auflste, Berge von eisernem und hlzernem Germpel und auf Hgeln von undefinierbarem Unrat das mifarbene Grn verstaubter Ruderalpflanzen. Oder vor einem trbseligen, schneeschweren Winterhimmel standen halbverwitterte Telegrafenmasten. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 369

Der rugraue Grostadtfrost deckte nur teilweise die Armseligkeit halb in den Boden gesunkener Spelunken. Baupltze mit verstmmelten Bumen, mit Sten von Fssern und Brettern, dazwischen Vorstadtkinder und frierende Frauen, die mhsam hochbepackte Kohlenwgelchen dahinschoben. Irgendwo fern Schienen der Hochbahn, Feuermauern, verdete Hfe kurz alles, was zum Abhub der Grostadt gerechnet wird und was diese immer weiter aus den ausgebauten Wohnvierteln hinausschiebt, als sei das offene Land ein riesenhafter Mlleimer, nur dazu gut, um all das aufzunehmen, wovon die Menschen auf den eleganten Straen nicht mit Unrecht Augen und Nasen abwenden. In den nordamerikanischen Stdten, besonders in denen des Sdens, aber schliet sich an die weie Stadt unweigerlich die Negrotown. Die ist keineswegs immer so belebt wie Haarlem, sondern oft ein hchst lndliches Yammacrow, ungepflastert, staubig, aber doch mit blhenden Bschen und Grtchen, freilich auch oft genug mit offenen, stinkenden, grnverschlammten Kanlen. So disharmonisch, abrupt, wirklich als eine Art von Wstenei enden die meisten Grostdte und Weltstdte im leeren Raum. Vom Gesichtspunkt der verantwortlichen Baubehrden aus ist dieser Vorstadtrand freilich nur eben die Mglichkeit neuer Erweiterung und Expansion, dessen Miteinbeziehung heute oder morgen in Angriff genommen wird, weshalb sich niemand die Mhe gibt, ber Interimslsungen nachzudenken, ja, sie berhaupt nur ins Auge zu fassen. Es werden infolgedessen darum auch in keiner Gemeinde dafr irgendwelche Mittel ausgeworfen. Die Stadt wchst sie wird nach einiger Zeit das alles mitberwachsen haben. Zwar mhen sich die hren auf den immer noch einmal zum letzten Mal bestellten Feldern, Krner zu reifen, und Handelsgrtnereien fhren mit Hilfe zahlreicher Komposthaufen einen zhen Kampf um ihren berausgentzten Boden. Aber alles ist sozusagen nur noch auf Abbruch. Man wei, es wird nicht bleiben. Es ist alles im Dahinschwinden begriffen. Im allgemeinen ist der Boden in der Nhe der Grostdte eine sehr unerfreuliche Angelegenheit. Er ist bereits von der hochgradigen Austrocknung miterfat, die durch die intensive Kanalisierung herbeigefhrt wird. Immer leidet er unter Rauch- und Ruschden. Sind grere Gasfabriken in der Nhe, so sterben von der immerwhrenden Luftvergiftung mit Sicherheit nicht nur die Bume, sondern mit der Zeit auch die brigen Gewchse ab. Die groe Verschmutzung und Verstaubung kann sich nicht innerhalb der Humifizierung auswirken, weil durch die Austrocknung eine entsprechende Humifizierung gar nicht zustande kommt. Die Pflanzenvereine, die ohne menschliche Pflege auf solchen Bden gedeihen, sind reine Schutt- und Abfallbewohner. Aber whrend sie sonst meist nur eine vorbergehende Phase, gewissermaen nur eine oberirdisch sichtbar werdende Welle der 370 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Abbauer darstellen, die kommt und verschwindet, gehren sie hier zu den Standgewchsen, denen nichts besseres nachfolgt. Dem Eingeweihten sind alle diese Melden, Nesseln, Raucken, Kreuzbltler, diese Disteln, Windlinge, diese Rispengrser und Gnsefingerkruter und was sonst noch in wstem Durcheinander zu oft meterhoher Wildnis aufschiet, nur das untrgliche Zeichen, da darunter kein Humus, sondern einzig Zersetzung und Fulnis liegt. Der Bauschutt macht die Erde begreiflicherweise wiederum viel zu mineralisch, wenn er auch anderseits ihren Kalkhunger ein wenig stillt. Niederschlge waschen die Nhrsubstanzen aus dem ungebundenen Boden schnell weg. Die schwefelige Sure, die aus vielen Kaminen in die Luft ausgehaucht wird, verleidet allein schon allen empfindlicheren Pflanzenwesen das Dasein. Dafr sprieen in wirren, leichtvergnglichen Bndeln jene Verwesungspilze auf, die stets an solche Orte gebunden sind. Da findet sich der Bunte Dngerling (Phamaeolus fimicola Fr.) ein, dazu alle mglichen Tintlinge (Coprinusarten). Den Blasigen Kahlkopf, (Psilocybe bullacea Bll.) und den brunlich mifarbenen Glockendngerling (Calymotta campanulata L.) trifft man in zerbrechlichen, rasch hinschwindenden Herden. Regenwrmer fehlen mit wenigen Ausnahmen. Sie werden durch die Larven der Schnellkfer (Elateriden) ersetzt, die sich als wurzelzernagende Draht-wrmer des belsten Rufes erfreuen. In den Tropen ist der dort bis zu 12 m Hhe aufschieende Rizinus die Leitpflanze fr verwahrloste Bden. Und ganze Meere von Disteln, belebt von stinkenden, aber herrlich gefrbten und massiv vergoldeten Baumwanzen oder den riesigen Heuschrecken der Zuckerrohrfelder. Eine sehr unausgeglichene, auch untereinander nur mangelhaft angepate Auswahl von Pflanzen setzt sich samt der an sie geknpften Tierwelt so am Rand der Grostdte fest und hindert dort ihrerseits eine gedeihliche Humifizierung. Die Stadt sorgt fr immer neuen Nachschub verschmutzter und verwahrloster Substanzen. Die Pflanze stabilisiert ihrerseits einen Zustand der Aufbereitung, der kein Dauerzustand ist, aber allen Lebenden, einschlielich den Menschen, auf die Dauer nicht gut bekommt. Masseninfektion durch Lebensprozesse Niemals scheint es den Behrden, noch den Bewohnern der Vorstdte zwingend zum Bewutsein gekommen zu sein, da hier eine allgemeine Infektion durch Erde, Gewchse, Luft und Wasser einen ihrer natrlichen Ausgangspunkte hat. Die Kulturwste schliet sich in dieser Hinsicht den Mllgebirgen und den zu Kloaken verwandelten Flssen als Drittes wrdig an. Auf sie trifft die Behauptung des hier schon einmal zitierten Max von Pettenkofer zu, der schrieb, da der prinzipielle Gesundheitsbefund auf

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felsigem Boden und bei tiefem Grundwasserstand unvergleichlich besser sei, als der auf sumpfigen und stark verunreinigten Bden. Von ihm stammt denn auch der Begriff der Bodenkrankheiten, um dessentwillen er zu Lebzeiten nicht wenig angefochten wurde. Denn man ahnte zu seiner Zeit nichts von Bakterien und pathogenen Keimen. In solchen verschmutzten, verdorbenen, dauernd in einem Zustand des unvollkommenen Abbaus gehaltenen Bden hat sich tatschlich wie in einer Freiluftzchtung ein Keimbett aller nur denkbaren schdlichen Mikroorganismen entwickelt. Sie gehren, was nach dem bisher Gesagten niemand bezweifeln wird, smtlich zur riesigen Heerschau der Zersetzer. Wenn sie in lebendes Plasma eindringen, so tun sie das einzig darum, weil sie Kohlehydrate, Eiweie, Zucker, Sauerstoff, Fette stehlen wollen. Dieser Diebstahl und die Abwehr von Seiten des berfallenen Organismus heit fr uns Infektionskrankheit. Solche Parasiten unterscheiden sich von unseren ntzlichen, ja unentbehrlichen Symbionten oft nur dadurch, da sie sich nicht wie diese auf die vorgesehenen Aufspaltungs- und Ausscheidungsvorgnge beschrnken, sondern eben das lebende Gewebe angreifen. Die Mikroben der Darmflora sind nicht weniger Saprophyten als sie, aber sie sind in den Verdauungsproze mit eingebaut, ernhren sich von ihm und richten weiter kein Unheil an. Hier aber hat man es mit freilebenden, ruberischen Organismen oft allerwinzigster Art zu tun. Grostadtluft trgt in 1 cbm nicht unter 330 bis 1540 Milliarden von Keimen mit sich, die mehr oder weniger gefhrlich, zum mindesten unbekmmlich sind. In Zysten- oder Sporenform sind sie praktisch so gut wie unangreifbar. Aus eintrocknenden Abwssern, aus Schlamm, aus Pftzen, aus Abfallhaufen werden pro ccm durchschnittlich 1 000 000 solcher Mikroben in die Atemluft hinaufgewirbelt. Der Grostadtrand, die Kulturwste, ist also schon allein durch ihren gewohnten Zustand eine Sttte fortwhrender Aussamung. Alle diese Einzeller sind auerordentlich viril. Noch nach 92 Jahren haben sich Sporen in der Erde lebender Bakterien als voll lebensfhig erwiesen. Sie ertragen selbst Weltraumklte. Einige, wie der Heubazillus, verflssigen die Substanzen, auf denen sie sich festsetzen und bereiten damit anderen die Nahrung vor, auf welche diese sich gierig strzen. Da sie alle ein unstillbares Verlangen nach Kohlenstoffen, Kohlensure, Wasser, Gasen und Mineralbestandteilen haben, so zerlegen sie wir wissen es ja lebende und tote Krper. Was die toten anlangt, so kann man ihr Vorhandensein nicht hoch genug einschtzen, denn ohne sie wrde die verfgbare Luftkohlensure unserer Atmosphre zuletzt von den Pflanzen viel zu weitgehend eingefangen und festgehalten. Anders verhlt sich das beim lebenden Individuum. Man soll nicht glauben, da der Mensch der Gegenwart etwa das anflligste aller Wesen sei. Die 372 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Kulturgewchse, die er erzieht, pflegt und veredelt, sind es nicht weniger als er. Und in nicht voll humifizierten, in stark mit Fulnisstoffen (also auch bermig mit Jauche, Latrine und frischen Abwssern begossenen), in allzuviel mit Stallmist gedngten Bden vermehren sich die Pflanzenmrder und Plagegeister unserer Grten und cker in unvorstellbarer Weise. Von dort aus gehen sie unsichtbar auf Wanderschaft, und wo sie landen, wei der liebe Himmel. Die Schwarzbeinigkeit und Knollenfule der Kartoffel ist eine Bakteriose, veranlat durch das Bacterium Phythophtorus. Das wird einzig durch die Fliege Phorbia verschleppt, in welcher es als ein, wie es scheint, ganz ungefhrlicher Symbiont wohnt. Zweifelsohne sind die gelegten Eier uerlich damit infiziert. Die eben ausgeschlpfte Made besitzt eigene, sonst ganz ungebruchliche Kieferhaken, mit welchen sie diese infizierten Eischalen in frische Kartoffeln verpflanzt. Von gesunden Kartoffeln kann sie nicht leben, nur von knollenfaulen, und darum sorgt sie fr die bertragung der Fulnis. Den Wurzelbrand des Flachses hat der Schleimpilz Olpidiaster radicis auf dem Gewissen. Er entwickelt, um die flachslose Zeit zu berstehen, ganz hnliche Dauersporangien, wie der Pilz Synchitrium endobioticum, der den Kartoffelkrebs verursacht. Auer den Keimen der berchtigten Kohlhernie, die von versuerten, kalkarmen, schlecht gelfteten Bden unzertrennlich ist, gibt es auch noch einen besonderen Keimlingsbrand, dessen Erreger sich in Anzuchtksten und Mistbeeten einnistet, wohin er mit infiziertem Dnger gelangt. Die Dauersporen des Fusariums (trotzdem dieser Pilz sonst oft unschdlich ist) sind ausgesprochen gefhrlich. Der schreckliche Keimbrand des Weizens bildet Sporen, die nach zwlf Jahren noch lebensfhig sind. In verseuchten Bden wird der Beulenbrand des Maises oft jahrelang aufbewahrt, nicht anders, als der Flugbrand des Hafers. Alle diese Rost- und Brandpilze, deren Zahl Legion ist, sind ja niemals von Pflanze zu Pflanze direkt ansteckend, sondern immer ber den Boden. Denn diese Puccinia- und Ustilaginacaea-Arten bedrfen eines Zwischenwirtes, der sie, whrend sie ihren komplizierten Formenwechsel vollziehen, mit Nhr-, d. h. meist mit Abbaustoffen, versieht. Auch diese Liste von unsichtbaren Strauchdieben und Buschkleppern wre noch lange fortzusetzen. Aber es kommt ja nicht auf die Namen an. Wichtig ist, zu wissen, da jeder Schdling, der als Parasit in oder auf Pflanzen, in oder auf Tieren lebt, irgendwann einmal zu seinem eigenen Schlaraffenland, zu den verseuchten, schlecht oder gar nicht humifizierten Bden zurckkehrt. Ursprnglich waren sie wohl alle einfache Abbauer. Aber die Natur sorgte dafr, da jeder Abfall, da Leichen, Verwesung und Unrat baldmglichst sich wieder zu Humus verwandelten. Es gab buchstblich keine Stabilisierung der Zwischenstadien, es gab auch keine Kulturwste. Die Kulturwste hat erst der Mensch erfunden, richtiger gesagt, er vermochte ihr Entstehen nicht zu verhindern. ber ihre Folgen und Konsequenzen ist er http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 373 PDF-Ausgabe 62010

sich indes leider noch lange nicht klar. Er hlt es schon fr schlimm genug, da degradierte und verdorbene Bden keine Ernte mehr erbringen. Er wei aber nicht, da sie ihn selber und alle seine Schutzbefohlenen bedrohen, weil sie eine Brutsttte jener Abbauer sind, die durch die Kultur eine viel zu groe Zunahme erfahren haben. Dafr hat man leider Beispiele genug. Solange jene Strahlpilze, welche den Kartoffelschorf verursachen, genug Fulnisstoffe zur Verfgung haben, lassen sie die Kartoffelknollen durchaus in Ruhe. Sie vermehren sich aber durch das Vorhandensein von viel zuviel Abbaustoffen so malos, da sie immer wieder aus Grnden der Selbsterhaltung gezwungen sind, eben doch ber gesunde Kartoffeln herzufallen. Mit anderen Worten: die einmal eingerissene Disharmonie ist die Wurzel zu weiter sich ausbreitenden Disharmonien. Und aus dem vielfltig geknpften Netz dieser Gesetzmigkeit kann man nicht und nirgends entfliehen. Luftverpestung Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, da die Luftkohlensure nicht voll durch die Assimilation ausgentzt wird. Es ist wahrscheinlich, da der evtl. ausfallende Rest wieder in die Atmosphre zurckkehrt. Dagegen wurde durch Experimente der Beweis erbracht, da die Wurzelhaare ihrerseits einen gar nicht so geringen Prozentsatz Kohlensure abermals an den Boden abgeben. Ob es dieser Teil ist, der bei der mineralischen Aufschlieung verwendet wird, ist weniger gewi. Immerhin kann man, wenn man alle bisher nachgewiesenen Erscheinungen zusammenfat, einen Kohlensurekreislauf vermuten, dessen einzelne Phasen wir zwar keineswegs noch vllig durchschauen, der aber eben nur einer der vielen Kreislufe im Irdischen ist. Demnach mte man sich denken, da all die organische Verschmutzung der Bden an Grostadtrndern ein Plus fr sie bedeutet. Sie werden doch mit Harnstoffen und anderen hochstickstoffhaltigen Substanzen stndig bis zum berma angereichert. Dem ist aber nicht so. Denn diese Art von Oberanreicherung verstt gegen die Gesetze des Optimums, ist also eher ein Nachteil als ein Vorteil. Und es gibt ganz ausgesprochene Schdigungen des Bodens durch zu hohen Kohlensuregehalt, der ihm ebenso unbekmmlich ist, als ein Zuwenig. Die zahlenmige Relation wurde bereits ermittelt. Wenn die Bodenkohlensure den zehnfachen Gehalt der Luft bersteigt, so betrgt sie mehr als 1 Prozent in dem Gasgemenge, das wir Atemluft nennen. Darauf reagieren die Pflanzen so, als ob dies eine untere Vergiftungsgrenze wre. Von einer Ausntzung dieses bermaes ist denn auch gar keine Rede. Es geht

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irgendwie verloren, so wie das Wasser einer berschwemmung verloren geht. Landpflanzen sind nicht imstande, sich seiner zu bedienen. Einzig die Sumpfpflanzen vermgen einen wesentlich hheren Kohlensuregehalt aufzunehmen und zu verarbeiten, denn sie sind von ihrem natrlichen Standort her daran gewhnt. Im Boden verursacht er in extremen Fllen Wachstumshemmungen und trgt zur Verdichtung (also schlechteren Kapillaritt) und endlich sogar zur Versuerung bei. (In diesem Zusammenhang darf man sich vielleicht daran erinnern, da Kalkammonsalpeter 20,40 Prozent knstlichen Stickstoff enthlt, gegenber dem knapp einprozentigen Stickstoffgehalt in bestem Gartenhumus!) Auer den Sumpfgewchsen sind es nur noch die Ruderalpflanzen, die ber den gewohnten Durchschnitt hinaus stickstoffhold sind. Vor allem die Nesseln (Urticae), die Greisenkruter (Senecio), die kleinbltigen Weidenrschen (Epilobium angustifolium) und eine sehr dornige Brombeere (Rubus idaeus) zhlen zu den hemmungslosen Nitrogenfressern und wurden darum schon lngst unter den Nitratpflanzen registriert. Das berzeugendste Bei spiel liefert die berchtigte Brennessel (Urtica dioica). Stellt sich der Nitratgehalt in 1 l frischer Erde auf 226 mg Nitrogen, so wchst sie bis zu 2 m hoch. Ist er nur 41 mg, so bleibt sie im Wachstum bei 80 cm stecken. Die Kulturbden liefern den echten Ruderalgewchsen auch nicht annhernd so viel Stickstoff und Kohlensure, als diese zu verschwenden gewhnt sind. Sie finden sich infolgedessen auch grundstzlich nicht auf ihnen oder bringen es hchstens zu Kmmerformen. Dagegen wandern sie mit Vorliebe an den Rand der Grostdte aus, auf die Schutt- und Unrathaufen, die sie dort immer finden. Dort wuchern die Futritte der Zivili sation in meterhohen, ppigen Stauden. Wermut (Artemisia) gibt es, verwilderten Hanf (Cannabis sativa), mageres Kmmelgestrpp, das noch immer neben den alten Viehwegen herzieht. Vor allem aber bildet der blaue Eisenhut (Aconitum napellus) um Mistgruben und Jauchepftzen, aber auch sonst auf allem, was tierischer Abfall heit, wahre Miniaturwlder. Setzt man ihn in Grten, in die man ihn ob seiner strotzenden Bltenpracht gerne hereinholt, nur auf Lauberdedngung, so entwickelt er unbedingt weit weniger von seinem giftigen und sehr wirksamen Alkaloid Aconitin. Er bedarf also ganz offenkundig solcher faulender Substanzen und toxinreicher Bden. Und so wie ihm geht es wohl auch seinen Genossen, die zumeist nicht alles umsetzen, was sie aufnehmen, sondern es auch speichern und dann, wenn sie natrlich welken, wieder lebenskrftig aus dem Bereich ihrer Gewebe entlassen. Das nmlich ist bei ihnen allen die Gefahr: die mangelhafte und unzuverlssige Umsetzung. Die Konservierung dessen, was zu konservieren gefhrlich und schdlich ist. Die Vollstopfung mit allen mglichen Dingen (u. a. einem berma von Wuchsstoffen aus vorwiegend mnnlichen oder weiblichen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 375

Tier- oder Menschenausscheidungen), sogar mit bsartigen Erregern, z. B. Staphylokokken, die nach einiger Zeit das Pflanzenwesen wieder verlassen, vielleicht sogar neugestrkt in ihrer besorgniserregenden Zhigkeit und Unangreifbarkeit. Hier spinnen sich Fallstricke unterirdischer, nie gekannter, nie beachteter Infektionsgefahren, die sich gleich mordlustigen Horden von Belagerern auf die Bewohner der scheinbar so sanitren, scheinbar so vollkommen hygienischen Stdte und Wohnungen strzen. Von hier gehen lange Krankheitsketten aus (so wie z. B. die Flle der Typhushuser und Tbc Viertel, die jedem Arzt so wohlvertraut sind), die man nicht ergrnden kann, die man nicht begreift, die Menschenleben kosten, Geld, Zeit und nutzlos vertane Arbeit, weil man die eigentliche Wurzel da nicht vermutet, wo sie in Wirklichkeit steckt. Und solange unaufgedeckt stecken wird, ehe man sich der Zusammenhnge des Allergrten und des Allerkleinsten nicht noch ganz anders als heute bewut wird. Man hat von der Grostadtluft wohl im groen und ganzen einen gengend schlechten Begriff. Aber welch einen noch viel schlechteren Begriff bekommt man erst, wenn man ihr mit dem Mikroskop zu Leibe geht! Wenn man Grostadtschnee untersucht oder Geldscheine oder Metallmnzen oder das, was hingeweht an Mauern und am Straenpflaster haftet. Ich will gar nicht von den unzhligen dolchscharfen Mineral- und Metallsplittern reden, die sich bedrohlich in die Schleimhute der Bronchien einbohren und mit jedem Atemzug die zarten Lungenblschen verletzen. Von den Myriaden von Glas- und Porzellanfragmenten, von Textilfaserwerk und Ru, unheimlich viel Ru, der die Grostadtlunge in ein hliches Grauviolett umfrbt. Das ist alles nur das Mechanische, von dem man vielleicht eines schnen Tages durch die Ttigkeit von Reinigungsapparaten unsere Atemluft befreien wird. Aber wird das auch mit den Keimen des Lebens gelingen? Jenes tdlichen Lebens, das erbarmungslos in unseren Krper eindringt, um uns bei lebendem Leibe zu zersetzen? Denn heute und vielleicht auf lange noch gehren Tbc-Bazillen, Milzbrand-, Lungenentzndungs-, Typhus- und Choleraerreger leider ebenso zu den Bewohnern der Stdte und Huser, wie die Menschen. Sie sind ebenso eingebrgert, wie Wanzen, Luse, Flhe, wie die erst vor einigen Jahrzehnten bei uns zugezogene Pharao-Ameise, wie die Maus und vor allem die Ratte. Denn trotz regelmig wiederholter Ausgasung wimmeln alle stdtischen Kanle von Ratten (man denke nur an Paris!) und die Vorstdte desgleichen. Die Ratte hat, wie fast alle Warmbltler, ihren Spezialfloh. Sonst belstigen die Spezialflhe im allgemeinen den Menschen nur wenig. Der Rattenfloh aber hat die ble Neigung, jederzeit sich auch auf dem Menschen einzunisten. Das wre schon unappetitlich, wenn es nur auf ihn allein 376 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ankme. Es ist aber von beispielloser Gefhrlichkeit dadurch, da der Rattenfloh seinerseits das Pestbakterium beherbergt, das zwar selber unbeweglich ist, aber mit Hilfe der Stechborste des blutgierigen Insektes dem unfreiwilligen Blutspender eingeimpft wird. Schon der Ratte bekommt die Infektion nicht gut. Sie stirbt in Massen an der Pest, mindestens aber zeigt sich bei ihr eine chronische Form, die sie zwar nicht ttet, wohl aber nie wieder ganz gesund werden lt. Von Ratte zu Ratte wandert das Pestbakterium, und die Rattenpest geht dann irgend wann einmal auch auf den Menschen ber. Mitsamt dem Rattenfloh, dem sein Mitbewohner scheinbar nicht das mindeste schadet. In ihm vollzieht er seine zyklischen Verwandlungen, bekommt seine Tonnenform, ist klteliebend und so hitzeempfindlich, da er schon durch 40 Grad Temperatursteigerung abgettet wird. Er berwintert im Rattenfloh, er wird erst wieder viril und aktiv, wenn im Frhjahr die erste neugeborene Rattengeneration sich ansteckt. Dann kommt es zu jenen Rattenepidemien, die Schiffe und Kanle und ganze Stdte von den unwillkommenen Nagern entvlkern. Und dann? Dann liest man eines Tages in der Zeitung, da irgendwo in Fernost wieder einmal eine Pestseuche aufgetreten sei. Und nicht nur die Ratten sterben aus, sondern auch die Stdte ... Was die Pest fr die Geschichte Europas bedeutete, davon soll spter noch einmal die Rede sein. Ein halbes Jahrtausend redete sie in jedes Geschehen, in jede Entwicklung mit ihrer tdlich heiseren Stimme mit darein. In gypten, in Indien, in China tut sie es immer noch. Da man der Ratten nicht Herr wird, so wird man auch der Pest nicht Herr. Die berall gleichgltig weggeworfenen Abflle, die mangelnde Abfuhr der Fkalien und alles Tierund Menschenmistes aus Eingeborenenstdten und -drfern ernhren Tausende von Ratten, die Ratten beherbergen Hunderttausende von Flhen, die Flhe Milliarden von hochvirulenten Peststbchen. Die Suberung mte durch ein paar Integrationsstufen des Lebens hindurchgehen. Aber sie hat noch nicht einmal ernstlich begonnen. Man mu sich vorerst um politische, vor allem aber um religise Fragen kmmern. Ratten sind nur Ratten, und Pest ist Kismet ... brigens scheint der Organismus der Ratte eine Art Dorado fr viele Krankheiten zu sein. Er kann die Menschheit mit einer ganzen Auswahl davon versorgen, z. B. dem Weil'schen Icterus, einer Gelbsucht von ausgesuchter Bsartigkeit. Die Spirochaete icterohaemorrhagica schleppt ihn in Gesunde ein. Sie lebt in der Ratte. Die Ratte scheidet sie mit ihrem Urin in Tmpel, Kanle und Mistpftzen aus. Sie ist ein echter Saprophyt und lebt in verseuchten Bden munter weiter. Die humane Infektion geht durch das Wasser. Man kann sie sich sogar beim Baden unversehens zuziehen. Darum ist sie eine der unabwendbar auftretenden Sommerkrankheiten http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 377

geworden. Wo Flsse durch mehr oder weniger verwahrloste Vorstadtviertel kreuzen, da wird man sie nicht los. Im Roman des Fleckfiebers steht der Rattenfloh an erster Stelle. In ihm haust die Rikettsia Prowazecki. Es gibt zwar auch eine bertragungskette LausMensch, aber die andere, RattenflohMensch, ist nicht weniger gefrchtet. Dem Floh geschieht nicht viel, wenn ihn sein Parasit verlt. Er erholt sich nach ein paar Monaten. In der Ratte lebt das Fleckfieber unbeschrnkt weiter und strt sie nicht. Es zieht mit ihr ber die ganze Welt. Es zog auch nach Peru, wo es vor 1544/1546 nicht einen dieser Nager gab. Erst Blasco Nunez schleppte sie auf seinem Zuge mit ein. Und mit ihnen das Fleckfieber. Und mit ihnen die Pest ... Genug davon! Es ist immer dasselbe. Eine groe Ansammlung von Menschen bedingt eine ebenso groe Ansammlung von Abfllen. Daran tut sich das ganze Heer der Unratverwerter gtlich, das mit dem Lumpenproletariat beginnt und mit den polysaproben Mikroben endigt. Innerhalb der bisherigen Formen der menschlichen Herdenbildung ist aber weder eine Zivilisation, noch gar eine Kultur ohne die Vorbedingung einer gewaltigen Menschenballung denkbar. Daran hat man vielleicht beim allzuschnellen Anwachsen der Stdte nicht gedacht. Oder doch nicht vordringlich gedacht. Man zerbrach sich den Kopf ber Stilfragen und Verkehrsfragen, aber nicht ber Boden, Luft und die Unsichtbaren. Man leistete, gemessen an den Bedrfnissen, Ungeheuerliches, das wiederum die Bedrfnisse unermelich anspornte. Und doch hat man noch lange nicht genug geleistet. Vor allem nach der Seite des Abbaus hin. Pflaster und Kanalisierung Was lebt an brauchbaren Aufschlieern schlielich auch schon im Straenschmutz? Herzlich wenig. Das meiste, das mit dem Luftedaphon herabgeweht wird, verkommt und stirbt. Bakterien sind freilich immer da, aber ber deren Auswahl wurde ja eben zur Genge gesprochen. Die frostharte Kieselalge Hantzschia amphioxys hlt es eine Weile aus, auch die unempfindliche Difflugia urceolata, eine der meistverbreiteten Rhizopoden. Das ist oft alles, was man an Leben antrifft. Die Schimmelpilze allerdings sind in unendlichen Scharen da. Nicht nur der Aspergillus terricola, sondern auch die brigen. Sie finden auch genug zu tun. Sonst aber ist die Oberflche des Grostadtbodens von einer verzweifelten Lebensarmut. Dort, wo (wie z. B. in Wien) Granitwrfel zur Pflasterung verwendet werden, ttet der feine, trockene, hartkristallinische Granitstaub einen groen Teil der empfindlicheren Organismen. Da er stndig wie schon vorher

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gesagt die feinen Bronchien verletzt, so hat man ihn mit einem traurigen Namen als den Verursacher des morbus viennensis bezeichnet, jener galoppierenden Art von Schwindsucht, die in Wien seit altersher zu Hause ist. Dieser Mauthausener Granit schliet sich auerordentlich widerstrebend auf, und seine vulkanisch saure Reaktion ist obendrein dem Boden nicht gnstig. Soweit also berhaupt von einem Bodenleben unter solchen Umstnden die Rede sein kann, verkriecht es sich in die Spalten zwischen den Steinen, aber auch von dort aus kommt es zu keiner nennenswerten Aufschlieung. Die nchtliche Splung durch die Straenreinigung wscht glcklicherweise das Unntze und das Gefhrliche gleicherweise in die Kanle. Sonst wre die Granit-, brigens auch alle brige Straenverstaubung endlos und fr unsere Atmungsorgane geradezu mrderisch. Dort, wo durch Kanalbauten und Kabellegungen der Grostadtgrund bis in einige Meter Tiefe aufgeschlossen wird, enthllt sich ein in seiner eintnigen Trostlosigkeit abschreckendes Bild. Schichtungen liegen aufeinander, gelbgrau oder mifarben brunlichgrn, nach unten zu schwarzbraun, hlich, abstoend. Sie strmen einen dumpfen, oft fauligen Geruch aus, der nicht entfernt an den frischen, feuchten Duft gesunder Erde erinnert. Es stinkt nach Leuchtgas, nicht selten sogar nach Faulschlamm. Und man denkt daran, da auf solchem armseligen Grund Jahrhunderte und Jahrtausende lang die menschlichen Schicksale wuchern, auch nicht um vieles anders als ein Schimmelpilzrasen, der im einzelnen stndig dahingeht und als Ganzes unsterblich ist. Und eine Mischung von Ekel und Mitleid und weit ber alles Persnliche hinausgehendem Erbarmen berfllt den Wissenden, und sie lt so vieles Geschehen besser und geduldiger verstehen. Wo man in diesem Zerrbild eines Bodens doch einmal auf Organisches stt, was ist es? Kolonien von Schwefelsulfitbakterien oder von Beggiatoa, die irgendwo entronnenes Schwefelwasserstoffgas ausbeuten. Hie und da trifft man Klumpen des Froschlaichpilzes (Streptococcus mesenterioides), die halbaufgeschlossene, zuckerhaltige Substanzen verzehren, die zuweilen auf rtselhafte Weise aus Abwssern in die Grostadterde gelangen. Oder es finden sich jene merkwrdigen, surefesten Trompetenbakterien, die mit Pflanzenresten in die Ausgsse kommen, sich in und zwischen Messinghhnen und Messinggewinden festsetzen und sie zuweilen sogar auf lange Strecken hin verstopfen. Von dort werden sie dann zuletzt in die Kanle geschwemmt und wandern durch Rhren und Rhrenmuffe ohne Schwierigkeit wieder in den Boden ein. Sonst aber ist nichts zu sehen, was auch nur von ferne an Humus oder dessen Vorstufen erinnert. Man mu die Wurzeln der Straenbume bedauern, die einem solchen Grund nicht entfliehen knnen. Darum auch dieses ewige Kmmern und Absterben, die mangelhafte Bewurzelung, die armselige Belaubung, die karge Blte. Man wundert sich, da die Pflanze es fertig http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 379

bringt, doch immerhin einige Dutzend Jahre unter so ungnstigen Umstnden auszudauern. Ich bin noch im vorigen Jahrhundert in Mnchen geboren, am damaligen uersten Westende der Stadt, in einem alten Biedermeierhaus, das mein Urgrovater selbst in einem riesigen Garten erbaute und bewohnte. Dieser Garten trumte in den Erinnerungen meiner Mutter als ein wahres Paradies an ppigkeit und Fruchtbarkeit nach, in dem es die schnsten Blumen- und Gemserabatten, das edelste Obst in berflle gab. Nach Verkauf dieses urgrovterlichen Besitzes errichtete man auf dem Grund vier groe Zinshuser, die auch wieder einige Menschenalter hindurch standen. Da ich nun nach langen Jahren wiederum zum erstenmal nach Mnchen kam, waren auch die Zinshuser verschwunden. Die Bomben hatten sie in die Luft geblasen. An ihrer Stelle klafften tiefeingerissene Trichter, das letzte, was nach dem Brandschutt und seiner Wegrumung geblieben war. Ich nahm nicht ohne ein merkwrdiges Gefhl etwas von jener Erde mit, die mit meiner Familie und meinen ersten Kindheitstagen verbunden gewesen war. Ich untersuchte sie. Aber nicht eine Spur jenes fruchtbaren Humus von einst fand sich mehr. Es war derselbe bliche leere und ausgestorbene Grostadtboden, wie ich ihn von Dutzenden von Untersuchungen her nicht anders kannte. Seinerzeit bestand gewi nicht die mindeste Schwierigkeit, den schnen Garten in einen gepflasterten und vielfach unterkellerten Husergrund zu verwandeln. Aber die Rckverwandlung (die natrlich nicht erfolgen wird, denn die Bodenrente ist dort jetzt viel zu hoch) wrde Jahre der Mhe, wrde Geld, Humusaufschttung, vielleicht eine eigene Bewsserungsanlage und sehr viel Arbeit kosten. Denn die Fruchtbarkeit der Erde baut sich unter solchen Umstnden nicht so leicht auf, wie ein Vierstockhaus ... Trotzdem immer Nester voll stauender Nsse unter der Straendecke liegen, ist fr alle Grostadtbden eine hochgradige Austrocknung charakteristisch. Niederschlge ntzen nichts auf gepflastertem Boden. Naturgem saugt die Kanalisierung alle natrliche Feuchtigkeit ab. Wenn Quellen inmitten eines Stadtgebietes zum Vorschein kommen, so mssen sie abgefangen und auf krzestem Wege abgeleitet werden, ehe sie das Fundament der Mauern unterwaschen. Sind es auerdem noch Mineralquellen, so bedeutet das eine groe Kalamitt. Die starken Salz- und Bittersalzbrunnen von Kelenfld im Sden von Budapest zerfressen stndig die hrtesten Zementverbauungen, die brigens seit allerneuesten Untersuchungen auch den Angriffen der Schwefelbakterien in ungeahntem Ausma erliegen, und zerweichen selbst die gebrannten und glasierten Wnde der groen Kanalrhren. Man mute sie teilweise in Blei fassen. Flsse und Strme, die Stdte durchqueren, haben nach allen Seiten hin tief verbaute Ufer, die jeden Einzug hindern. So vertrocknen die feinen 380 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Erdadern, die ganze Kapillarstruktur des Bodens bricht zusammen. Durch das Gewicht der Huser und vor allem des Straenverkehrs mit Autobussen, Lastkraftwagen und Trambahnen pret sie sich auf das uerste ineinander. Damit verliert der Grund seine natrliche Elastizitt. Bei starker Beanspruchung senken sich hufig genug die Mauern, Asphalt- und Betondecken erhalten lange Sprnge. Man gleicht diese Sprnge durch ein ununterbrochenes Flickwerk neuer Ausgieungen zwar aus und unterfngt und verstrkt den Unterbau der Gebude. Aber das ist alles keine definitive Verbesserung. Denn die einmal zerstrte Bodenelastizitt kann man weder durch Asphalt, noch durch Zement, noch durch hlzernes oder granitenes Wrfelpflaster ersetzen. Auch nicht durch Decken von geschmolzenem Schwefel oder durch dicke Filze geteerter Baumwolle. (Man hat wechselnd mit allen diesen Bodenbelagen bereits Versuche gemacht, die zunchst gute bis sehr gute Resultate zeigten, aber dann schlielich doch der zugrunde gegangenen Bodenelastizitt erlagen.) Es gibt nur wenig so absolut erschtterungssicheren Grund wie den von Manhattan. In den meisten Fllen sehen sich die Hoch- und Tiefbauingenieure infolge der enormen Spannungsdifferenzen oft auerordentlichen Schwierigkeiten gegenbergestellt. Aber die Errichtung nicht nur von Weltstdten, sondern auch von mittleren und kleineren Orten bringt eben eine vllige Entnatrlichung des Bodens mit sich. Bis jetzt ich sage vorsichtig, bis jetzt denn auch das wird sich mit der Planung von Gartenstdten in groartigstem Stil ndern, schaffen sie ein Stck Erdoberflche, das nicht mehr imstande ist, sich selber zu durchlften, zu bewssern, seine ewig erneuernden Umwandlungen vom Tod zum Leben zu vollziehen. Aber ohne die geniale Idee einer gemeinsamen Siedelung mit gemeinsamer Arbeitsteilung wre der Mensch der wilde Urzeitjger aus Eiszeittagen geblieben. Die Stadt als solche nahm darum einen Groteil der Geistes- und Erfindungskraft fr sich in Anspruch. Hier aber wird ein Gesichtspunkt errtert, der, richtig erfat, dazu beitragen wird, diesen Begriff auch in Hinsicht ihres Untergrundes einmal grndlich zu reformieren. Gestorbener Boden der Stdte Man glaube nicht, da nur der Norden die Schuld an der Verderbnis der Stadtbden trgt. Auch unter der sdlichen Sonne wird ihr Gefge sowohl biologisch, als mechanisch einzig durch die Tatsache der Siedlung vollkommen ihres natrlichen Zustandes beraubt. Die Stadt Dubrovnik, an der sdlichen Adria, an einem der gefhrdetsten der europischen Bruchrnder gelegen, besa, als sie noch vor den napoleonischen Umwlzungen die Hauptstadt des Reiches Ragusa war, eine breite, mit Kalkplatten belegte Hauptstrae. Das letztemal wurde diese stradone

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vor einigen Jahrhunderten neu gepflastert. Erst wieder kurz vor dem zweiten Weltkrieg mute einiges Plattenmaterial ausgewechselt werden, da es bereits zu abgetreten war. Zu diesem Zweck wurde der darunterliegende Boden flach ausgehoben. Was kam zutage? Der gelbe, mit sandigen Aufschttungen untermengte Boden aus Kalklehm zeigte zwar nicht die belriechende Entartung der nordischen Stadtbden. Gegenber der umliegenden terra rossa war er jedoch unsglich arm an Leben. Von der einstigen organischen Durchprgung waren eigentlich nur noch uralte Pilzsporen zurckgeblieben, die nur darauf warteten, doch endlich einmal wieder keimen zu knnen. Sogar die Fadenbakterien (eine sehr verkmmerte Ausgabe von vermutlich Bacterium vulgaris) machten einen hoffnungslosen Eindruck. Einige zitronenfrmige und doppeltgeteilte Konidien lagen lose umher. Irgendwann war einmal Holz gesgt worden. Noch hatten sich, teilweise verkieselt, die Sttzzellen der Tracheiden erhalten. Einmal hatte das eine oder andere kmmerliche Moosstmmchen zwischen den Fugen zu grnen versucht. Es hatte ein paar Moossporen in die Erde gest, die niemals weitergekommen waren. Ein paar unbestimmte, arg vertrocknete Algenzysten. Wollfden eines Gewandes, das lngst kein Gewand mehr war, bewahrten noch eine Spur rtlicher Farbe. Ein seit Menschengedenken in das groe Unbekannte eingegangener Passant hatte an dieser Stelle ein Stck schwarzes Brot gegessen (wahrscheinlich brachte er es mit, denn diese Stadt war von je an weies Weizenbrot gewhnt), davon fielen ein paar Strkekrner in die Pflasterritzen. Aber so gering war das Leben, da sie nicht einmal von hungrigen Bakterien verzehrt wurden. Eine leere, auseinandergefallene Achnanthes-Kieselalgenschale. Das Bruchstck einer Schwammnadel, vielleicht fossil und mit dem Salzsand des Meeres hier seit undenklichen Zeiten eingesargt. Da und dort Spuren von Detritus, nur mit Mhe als solche erkennbar. Das war alles. Das hatte die Menschensiedelung aus diesem vergangenen Stck duftendem Sdlandswald gemacht. Kulturwste ... Es ist eigentlich nicht mehr viel ber den gestorbenen Boden der Stdte und Grostdte zu sagen. Genau besehen, sind sie nicht ein Problem, das zum Humus gehrt, wohl aber zur Humusvernichtung. Und zwar zu einer, der wir durch unsere Lebensform nicht entgehen knnen. Oder doch nicht ganz. Denn immer wird der Mensch in Husern wohnen, mit Straen dazwischen und mit Verkehrsmitteln, die er zum Durchmessen seiner Ansiedelungen bedarf. Daran scheint nichts zu ndern zu sein. Er mu also immerhin mit einem recht groen Teil des Verlustes fruchtbaren Landes rechnen. Und den mu er irgendwie ausgleichen, auf ein Mindestma herabdrcken, mu neue Bauformen finden, die dem Rechnung tragen, da mglichst wenig Boden durch die Stdte zugrunde gehen darf, wenn man seinen Verlust nicht anderweitig als untragbar empfinden soll. 382 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Denn es ist ein wirklicher Verlust. Erinnern wir uns whrend und nach den Kriegstagen der stdtischen Parks und Anlagen! Wie erbrmlich wuchs das bichen Gemse, das man, mehr wohlmeinend als einsichtig, in die Rasenflchen gepflanzt hatte! Und als nach der Bombardierung der europischen Stdte ihre Anlagen drei, vier Sommer lang sich selbst berlassen blieben, was wurde aus ihnen? Eine staubige Wildnis, bestenfalls mit Nesseln, Disteln und Brombeerranken, mit Sandgrsern und klglichem Gestrpp durchsetzt. Nichts anderes als eben die oben beschriebene Ruderalflora vermochte in ihren hrtesten und gengsamsten Vertretern dort Wurzel zu schlagen. Gewissermaen war der Vorstadtrand im Herzen der Stadt eingebrochen und hatte sich in seiner ganzen Unverhlltheit zur Schau gestellt. Um 1900 pries man es in Frankreich als eine bewundernswerte Errungenschaft der Zivilisation, da man neben den 4503 km schiffbarer Wasserstraen auch noch 6403 km kanalisierter Flsse besa. Und das kaiserliche Deutschland war um dieselbe Jahrhundertwende nicht weniger stolz darauf, da es seine Wasserwirtschaft auf zusammen 2490 km Kanle und 3130 km kanalisierter Flsse gebracht hatte. Diese Zahlen und noch viele andere sind jetzt um ein Vielfaches bertrumpft worden. Man rhmte sie und rhmt sie noch immer , denn man dachte dabei nur an Sanierung der Stdte und an Weltverkehr. Man brachte diese vielen Kilometer einzugsarmer Wasseradern gar nicht in Zusammenhang mit der Erosion, mit der Austrocknung des Landes, mit den hinschwindenden Niederschlgen, mit der Versteppung weiter Gebiete. Man wirtschaftete mit der fruchtbaren Erde, als ob sie unermelich vorhanden wre. Das aber ist sie bei Gott nicht, und nirgends weniger, als in Europa. Wir mssen uns aber endlich einmal daran gewhnen, da Zivilisation nicht nur Menschen, sondern vor allem, da sie auch fruchtbaren Boden frit. Wir mssen uns ber Ursache und Wirkung auch im ausgedehnten, im indirekten Sinn endlich einmal klar werden. Wir mssen damit rechnen lernen, da, wo immer man den Humus einschrnkt, das ein Verlust nicht nur in der Ernhrung, sondern auch in der Verfestigung unserer Bodenscholle ist. Was der gestorbene Boden der Stdte fr die Erosion bedeutet, sagt unmiverstndlich ein Versuch: Erde, nur schwach von Unkraut bedeckt und noch nicht einmal ha gro, verlor durch Auswaschung jhrlich 100 t. Dort aber, wo der ganz gleichartige Boden noch Wiese geblieben war, betrug die Absplung in der nmlichen Zeit knapp t. Mit dieser grundlegenden Erkenntnis stehen wir auf einem Punkt, von dem aus wir sowohl die Vergangenheit, wie die Zukunft mit einem anders als dem bisher fundierten Wissen prfend berblicken knnen. Wir haben in diesem Werk wenigstens annhernd versucht, alle die in Frage kommenden Faktoren zusammenzustellen. Es ist ihrer eine verwirrende Flle. Aber sie befhigt uns doch, auch mit Einschlu der Brcken, die wir da und dort http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 383

noch neu schlagen mssen, einen sachlichen Begriff der in Frage kommenden Zusammenhnge zu gewinnen. Von jeher hat man die Vergangenheit als jenes Scheidewasser betrachtet, mit dessen Hilfe man Gold von unedlem Metall trennen kann. Denn die vorbeigelebten Tatsachen sind etwas Unleugbares, man kann sie nicht mehr verndern, man kann sie nur noch werten. Man kann an ihnen, unbeirrt von eigenen Belangen, Ursache und Wirkung gegeneinander abwgen. Versuchen wir also einmal zu erkennen was in dieser Hinsicht noch nie geschehen ist wie weit die Weltfruchtbarkeit, ihre Erhaltung und ihre Zerstrung in die Weltgeschichte eingegriffen hat.

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V. Kapitel

Die Antwort der Geschichte


Vergangene Welt im Osten Am Anfang der menschlichen Kultur steht jener Zwiespalt, dessen hier schon frher Erwhnung getan wurde der ewig unberbrckbare Zwiespalt zwischen dem Ackerbauer und dem Nomaden. Er wurde niemals ausgetragen, sondern nur nach einiger Zeit verdrngt. Der Ackerbauer berwuchs zahlenmig den Nomaden. Aber immer wieder brach der Nomade in den Bezirk der gehegten Felder ein und zerstampfte, was jener gest. Von Zeit zu Zeit, mindestens einmal in jedem Jahrhundert und Dutzende von Malen in jedem Volk, wurde ein Teil der Erdgebundenen selber wieder zu Nomaden und vernichtete dem Nachbarn fruchtbares Land, Huser, Ernten und Stdte. Sie zogen hin und wider, Heere von Millionen und Abermillionen, und die Erde wurde zu dland unter ihnen, ausgeleert, wie von einem Heuschreckenschwarm. Die Menschen nannten das zu allen Zeiten Krieg und nennen es noch immer so. Aber auch Krieg ist nur ein Wort fr das Aufwachen der alten Nomadeninstinkte, die nichts von der Ansssigkeit und festem Besitz wissen wollen. Vielleicht steckt dahinter ein Urschicksal der Menschheit, dem sie solange nicht entfliehen kann, als sie seiner letzten Konsequenzen nicht klar bewut wird. Denn die Loslsung vom Dienst an der fruchtbaren Erde wirft alle Verfeinerung der Zivilisation, alles bodenstndig Schpferische wieder zurck in das ursprnglich Barbarische. Wirft sie zurck in jene Epoche, da auch der Mensch nur eine flchtige Horde ist, nicht weniger vergnglich, wie sein eigener Schatten, und da er nichts dazu tut, die zertretene Erde wiederum neu zu befruchten. Da er arm an Nachwuchs ist, bedrfnislos, sich in der rein krperlichen Vergeudung seiner Krfte erschpfend. Da sein Gedanke nicht hher fliegt als sein Falke und wie dieser nur getrieben wird von Raublust und unbedingter Machtgier. So war er, so ist er, der Nomade, ob an urzeitlichen Geschlechtern hngend, ob immer wieder neu aufgeweckt aus Zahmheit und gesittetem Herkommen. Er ist, war bis jetzt unsterblich. Wer kann wissen, ob er es nicht fr immer ist? Geschichte ist nicht gleichbedeutend mit Zivilisation, denn die ist http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 385

unendlich viel lter. Agrikultur gehrt zur Zivilisation. Der Europer aber hat erst spt einiges darber aufzuschreiben fr gut befunden. Anders als der Asiate, der schon vor annhernd 5-7000 Jahren das genaue Zeremoniell aufzeichnete, mit dem das heilige Fnfkorn Reis, Soja, Weizen, Hirse, Gerste von den Kaisern Chinas in jedem Frhjahr feierlich gepflanzt wurde. Wir mssen jene Hinweise als die ltesten gelten lassen, die von beilufig 3000 v. Chr. aus dem Land zwischen Tigris und Euphrat stammen. Die Kulturen dort sind freilich viel lter. Wir schtzen ihren Beginn um ca. 8000 v. u. Z. ein. Wahrscheinlich aber drfte der wirkliche Anfang noch viel weiter zurckliegen. Nur gibt es dafr keine Zahlen mehr. Das Gedchtnis der Menschen ist eine unzuverlssige Angelegenheit. Noch immer forscht man den sumerischen Reichen in Vorderasien nach. Sie waren nicht die ersten, sie sind nur diejenigen, deren Namen fr uns am weitesten zurckliegen. Die Ausgrabungen haben uns darber belehrt, da damals Ur und Eriddu noch Hafenstdte am Persischen Golf waren. Denn in der ersten Eiszeit mndeten die heute vereinigten Doppelstrme noch voneinander getrennt rund 600 Meilen nrdlicher als jetzt. Ihr Delta zeichnete sich scheinbar zunchst nur ganz schmal und bedeutungslos ein. Nun hat zwar keine der Eiszeiten Europas das Euphratgebiet erreicht, aber sie beeinfluten es doch durch jene Fernwirkung, die auch weit nach Nordafrika hinbergriff. Die Niederschlge vervielfachten sich fr Jahrtausende. Es mu wohl so gewesen sein, da damit auch die Erosion um ein Vielfaches anwuchs. Aus den Bergen von Kurdistan wurden dadurch Schutt und Geschiebe in ungeheurer Menge heruntergeschafft, die vor den Toren der beiden Stdte ein riesiges Schwemmland aufschtteten. So schob sich die einstige Meereskste immer weiter und weiter ins Inland zurck. Die Einwohner sahen das sicher zunchst als Unglck an, denn jede Seestadt lebt doch von der reichen Ernte des Handels, und Kstenschiffahrt gab es zu jenen Zeiten schon lngst. Aber das rasch wachsende Delta des Zweistromlandes erwies sich dann als nicht weniger fruchtbar als das des Nils in gypten, das um dieselbe Zeit anfing, von einem den Sumerern nahe verwandten Volk besiedelt zu werden. Da und dort sammelte sich die Erde der abgeschwemmten waldreichen Berge und bildete neue Bden von unvorstellbarem Reichtum. Die Sumerer waren Ackerbauer. Sie durchzogen mit Kanlen den feuchten Tonschlamm. Den ganzen Sommer ber speicherten sie das Na der alljhrlichen berschwemmungen. Das alles bernahmen die Chalder, die ihnen folgten, die Stdte, die Form der Zivilisation, Feldbau und die befruchtenden Kanle zu seiner Bewsserung. Die Stadt Babylon lag hinter einem Staudamm geborgen, der in jedem Jahr von 10 000 Sklaven neu aufgerichtet wurde. Denn er wurde durchstochen, sobald der Euphrat die erste berschwemmungswelle heranwlzte, um den endlosen Segen der Befruchtung einzulassen. Das Wasser sammelte sich in den Kanlen, die das Tiefland bis 386 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

zur Euphratmndung durchkreuzten, ein Netz von glnzenden, schmalen Wasseradern, die von unzhligen Sklavenhnden mit Schpfrdern und Schleusen bedient wurden. Aber auch auf der Tigrisseite reichten die Bewsserungsanlagen bis in das spter assyrische Hgelland hinauf. Der berhmte Kanal von Nahrwan, durch den das ganze Gebiet von Ninive bis Nimrud (sdlich des heutigen Mossul) befeuchtet wurde, war einst ein Wunder seiner Zeit und erhielt sich 3000 Jahre lang. Erst den Kalifenschwrmen blieb es vorbehalten, ihn von Grund auf zu zerstren. Damit verfiel endgltig alles, und der reichste Gau im Tigristal wurde zur Wste. In jenen Tagen jedoch, da die Chalder ein stattliches Volk von hoher Kultur waren, regelten drei riesengroe Staubecken die mchtige Spanne zwischen hchster und tiefster Flut. Sie verbanden zugleich Euphrat und Tigris, so da beide Strme sich ausglichen und gegenseitig ihren Ab- und Zuflu im Gleichgewicht erhielten. Den Groteil des Jahres stand in ihnen ein blauer oder schlammgrner, niedriger Wasserspiegel in einer dreimal gestuften Ausdehnung von ca. 2 023 100 Fu. Kam indes die Hochflut, so fllten sich die Stauseen und mit ihnen die Kanle, und eine verschwenderische Ernte folgte der anderen. Die Sumerer lebten vom berflu dessen, was ihnen das Stromtal schenkte. Chalda, Assyrien, Babylonien taten ein gleiches. Und wenn verschollene Menschheitssage das Paradies zwischen Euphrat und Tigris verlegte, so war es Erinnerung und spter Sehnsucht nach dem Reichtum einer Erde, die vom Strom geschaffen und vom Menschen klug gentzt wurde. Ur war eine gewaltige Stadt, einer jener Stadtstaaten, wie sie damals blich waren. Sie hatte viele Beherrscher. Die Knige wechselten, so wie die Schichten des Pflasters, die immer wieder zerschlagen wurden und auf denen dann wie Moosrasen oder wildes Lianengeflecht neues Pflaster und neue Lehmziegelbauten aufwucherten. Arier und Semiten lsten einander ab. Was von diesem Kommen und Gehen blieb, das waren die palasthnlichen Wohnsttten der Gtter, der Tempel der Mondgttin Nannar, die Friedhfe und die Kehrichthaufen. Berge von Kehricht, die man ber die Mauern hinunterschttete. Das Scherbenwerk, das sich in ihnen konservierte, spiegelt die Kultur jener versunkenen Vlker noch viel eindringlicher wieder, als die Standbilder und Reliefs. Man hatte nichts dagegen, die Toten auch weiterhin in das eigene Leben mit einzubeziehen. Denn man begrub sie unter dem Boden der Wohnhuser. Aber die Abflle des Alltags entfernte man und wollte nichts mehr von ihnen wissen. Jenseits der Stadtmauern das hie so viel, wie auerhalb der brgerlichen Welt. Dorthin warf man das Ausgediente und Verbrauchte. Vom Wert der Bodenerneuerung durch den Menschen ahnte man noch nichts. Alles wurde von der berschwemmung geregelt, solange man es verstand, die berschwemmung selber zu regeln. Ursprnglich flo der Euphrat http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 387

oder einer seiner westlichen Hauptkanle neben der westlichen Stadtmauer vorbei. Ein wahres Spitzengewebe von kleinen und kleinsten Wassergrben war ber die Felder hingebreitet. Die ganze Ebene lag nach beiden Seiten so bewssert vom Tau der Strme. Die Hauptkanle dienten zugleich als Verkehrsadern fr Lastschiffe, die von Sklaven gerudert wurden, oder mit farbigen Segeln vom Persischen Golf nach Akkad und noch weiter fuhren. Und wenn die Glut der sommerlichen Sonne sich stillte, dann setzten von der Stadt aus die Barken der Reichen ihre blattfrmigen Ruder ins Wasser. ber der stillen Flut schwebten sie, Rosenspiegel von oben, Rosenspiegel von unten, wie groe, bunte Wasservgel dahin. Mdchen sangen, Harfen fielen zrtlich ein, die Welt schien unerschpflich reich und voll von berflu. Vielleicht lebte man in Eurasien niemals sorgenloser, trotzdem die Beutegier wilder Nomadenstmme auch in dieses Eden oft genug verheerend einbrach. Gegen 300 v. Chr. starb die Stadt Ur. Woran sie zuletzt und endgltig starb, haben wir nicht mehr erfahren. Aber man glaubt, da ihr das Abwandern des Euphrat, der, wie alle diese erosionsreichen Urstrme, stndig seinen Lauf vernderte, den Todessto gab. Sein Delta verschob sich weiter gegen Sdosten zu. Damit, so heit es, versandeten die Kanle, das ausgedehnte Bewsserungssystem verfiel und mit ihm sanken die Ernten. Ur, lange schon durch die Einflsse von Babylon und anderen Stdten bedeutungslos geworden, lag Jahrhunderte in Agonie und wurde gewissermaen noch bei lebendem Leibe zur Ruine, die zuletzt der Flugsand unter sich begrub. Heute dehnen sich zwischen den letzten Mauerresten und dem Euphrat 15 km leeres, unfruchtbares Land, voll von Ziegelscherben. Der Tod von Ur mu lange nach Cyrus gewesen sein, der auch einmal in spter Zeit dort herrschte. Aber um 600 v. Chr. war die Welt schon um vieles anders und viel reicher an gegenseitigen Beziehungen geworden. Da reichte sie nicht nur nach gypten und dem Zweistromland, sondern auch lngst schon ber alle Mittelmeerufer hin. Die alten Handelsstraen verliefen allmhlich anders und leiteten zu neuen, noch nicht ausgeschpften Gebieten. Die Meerschifffahrt blhte auf und trat an Stelle kleiner Kstenfahrzeuge. Und wie ist die objektive Erklrung der Geschichte? Sie sagt, da die Ebene zwischen Euphrat und Tigris ein Paradies war, solange man den nur aus Alluvionen und Schwemmsand bestehenden Boden reichlich und regelmig bewsserte. (Erinnern wir uns an alles, was hier ber die ntige Wasserwirtschaft des Bodens auseinandergesetzt wurde!) Nun war die Bewsserung selbst damals schon eine kostspielige Angelegenheit, wenn man auch nicht die Arbeit, sondern den Arbeiter bezahlte, d. h. erwarb und erhielt. Die Zahl der landwirtschaftlichen Sklaven wurde reguliert durch die Mglichkeit, landwirtschaftliche Produkte zu verkaufen. Vorbedingung einer guten Verkuflichkeit waren die gewohnten Handelswege, die zu den altgewohnten Mrkten fhrten. 388 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Freilich redeten die Historiker der Vergangenheit meist vom unabnderlichen Willen Gottes, wenn sie den zunehmenden oder abnehmenden Goldschatz der Handelsherren, der Tempel oder Knige meinten. Es war ihnen ziemlich gleichgltig, da der Wille Gottes sich weltgesetzlicher Ablufe bedient, wenn es sich um Fruchtbarkeit und Humus handelt. Kann sein, man brauchte sich damals ber solche Selbstverstndlichkeiten untereinander nicht noch besonders zu verstndigen ... Der vorgezeichnete Weg ging also wohl so, da durch das rmerwerden des Stadtstaates Ur das kostspielige Bewsserungssystem vernachlssigt und nicht mehr in tadellosem Stand erhalten wurde. Dadurch mit wanderte der Euphrat, wieder im freien Besitz seiner unregelmig auf- und abschwellenden Wassermassen, nach Sdosten ab. berall, wo Felder in Asien verdorren, heben sich ber ihnen die Wolken der Staubstrme. Im Zweistromtal hat man solche beobachtet, die feinsten Sand und drre Erdpartikelchen bis in fast 5000 m hinauf in den Luftraum wehten. Und das viel, viel jngere Khorsabad mute man buchstblich unter einer reichlich 5 m hohen Sanddecke herausschaufeln, die oft dreiigstndige Staubstrme darber geweht hatten. Als die zertrmmerten Ziegelwnde von Ur (dem Ur-Kasdim der Bibel) zum ersten Mal wieder die Aufmerksamkeit der spten Enkel erweckten, hatte sich ein elendes Dorf auf ihnen angesiedelt, das sich Mugoyir nannte. Man zhlte damals um 300 n. Chr., und jenes Mugoyir lag inmitten eines unbeschreiblich trostlosen dlandes, das kaum einen Grashalm, geschweige denn ein Feld trug. Die Erosion hatte gesiegt. Nach ihrem Sieg hatte sie den gestorbenen Boden verlassen. Er war Wste. Die ersten Nomaden, mit denen die chaldischen und vorchaldischen Vlker zwischen 6000 und 3000 v. u. Z. zu tun hatten, drften Stmme aus Elam gewesen sein, mit denen der friedliche Verkehr immer zwischen zwei berfllen ein einfacher Tauschhandel war. Spter kamen die Akkadier. Die brachen aus ihren Weidegebieten im Norden ein. Ein unwissendes Reitervolk, das indes mit Gewalt einen seiner Huptlinge, Sargon, zu einem sumerischen Knig machte. Auch dieses Reich dauerte brigens 200 Jahre lang aus. Auf wilde Elamiter, Akkadier und spter Amoriter wurde die berlegene Kultur von Ur langsam aufgepfropft, samt Sprache und Lebensgewohnheiten. Die Nomaden wurden sehafte Ackerbauer. Die Stadt Babylon ward so gegrndet, die zum Stadtstaat und in den bescheidenen Grenzen der damaligen geografischen Begriffe zum Weltreich heranwuchs. Dieses Babylonien nun brauchte fast 1000 Jahre, bis es ihm gelang, die Ufer des Persischen Golfes mit denen des Mittelmeeres zu verbinden. Die Entwicklung ging darum so langsam, weil sie sich im Schritt eines neu errichteten Kanalnetzes vollzog, das nun einheitlich von der uersten Grenze Syriens bis zum heutigen Arabien hinberreichte. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 389

Um dieselbe Zeitwende keimten aber nicht nur die neuen Grostdte Susa, Ekbatana, Babylon, sondern etwas spter auch das syrische Antiochia. Es war gesegnet von den unendlichen und unermelichen Zedernurwldern am Libanon, am Hermon, am Amanus. Um 2000 v. Chr. rhmte man dieses Antiochia als die beherrschende Handelsstadt zwischen zwei Meeren. Beilufig 400 000 Brger soll es besessen haben. Es vereinigte als Zentrum wohlgepflegter Verkehrsstraen alle Handelswege, die zwischen Babylonien, Assyrien, gypten, spter auch zwischen Persien, Griechenland und Rom hin und wider gingen und auf denen smtliche Kostbarkeiten der alten Welt von Ort zu Ort gebracht wurden. Diese Straen fhrten durch eine unabsehbare Ebene von Feldern, Fruchtbaumhainen, entlang dem weithin blitzenden Spiegel der Kanle, die in endlosem Zuge von Ruderbooten befahren wurden. Die Hgel aber hoben sich, dunkel von Wldern, aus denen berall frische Quellen niederrannen. Auf weitgebreiteten Weiden von den Bergflanken abwrts hingen wie taufeuchte, hell- und dunkelviolette Schleier riesige Wiesen von medischem Kraut (spter Luzerne oder Alfalva, Medicago sativa genannt). Es galt als unvergleichliches Pferdefutter. Mit keinem metallenen Werkzeug, sondern nur mit hlzernen Hacken durfte es berhrt werden. Seine Kultur und sein Anbau sind mindestens so alt wie die des Weizens, und gerade von Antiochia aus brachte man unzhlige Traglasten nach allen Himmelsrichtungen und selbst auf die Kstenfahrzeuge, solange die syrischen Gebirgsketten noch bewaldet waren. Heute schweben die graugelben Sulen des Flugsandes wie Zge seltsam gestalteter Wanderer, gemischt mit Ungetmen und Ungeheuern, ber das leere Land. Antiochia, herabgesunken zum armseligen Militrposten in der Wste, zhlte um 1934 einschlielich seiner Besatzung ganze 28 000 Menschen. Soweit von seinen alten Mauern und Straen noch etwas vorhanden ist, liegt es unter mehr als 10 m hohen Sandwellen und dem Erosionsschutt, in den der bis auf sein Steingerippe entblte Libanon sich auflst. Die einstigen Heerstraen, auch die gewaltigen Viehtriebswege, auf denen die Huftiere vom Kamel bis zum Schaf die Hhenzge entlang dem Taurus zogen, sind nicht mehr erkennbar. Wohl aber erkennt man auf den Bergflanken noch die uralt zerwaschenen Spuren abgesunkener Terrassen fr Weinbau und Obstkulturen. Alles das ist dahin. Von den Chaldern bernahmen die Phniker, die Karthager, die Hellenen den Dienst an der fruchtbaren Erde. Aus Babylon brachten die ltesten Perser das Pferd nach Mesopotamien, das zu ihrer Zeit ein wildes und einsames Weideland, voll von Bergsteppen und undurchdringlichen Wldern war. Hin- und herwogend zwischen Ost und West, vermittelten diese medischen Nomaden doch den Anbau von Pfirsichen aus China und die Zucht von Hhnern aus Indien, die durch ihre Hnde weit nach Westen gingen. 390 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Sie wurden aber erst Ackerbauer, als der groe Cyrus sie einigte und sie aus den Tlern von Elam herunterstiegen ins Zweistromland. Und Cyrus selber, der zum erstenmal ein persisches Weltreich schuf, bemhte sich in den von ihm eroberten Lndern, nirgends Soldatenverwstungen zu hinterlassen. Sondern berall gepflgte Felder, ausgesteckte Kanalbetten, neueingesetzte Vorsteher, die darber zu wachen hatten, da die aus Osten gebrachten Pfirsiche und Mandeln, da Weizen und Zuckerrohr, Hirse und Pflaumen berall richtig bewssert wurden und gut gediehen und reiche Steuern erbrachten. Und da die Menschen sich ebenso vermehrten wie die Viehherden, da da und dort Stdte gegrndet wurden, so wie jenes Persepolis, das er dann selber als knigliche Residenz bestimmte. Aber der groe Mongolensturm im 12. Jahrhundert vernichtete selbst die Wurzeln dieser vorderasiatischen Zivilisation. Der Groteil von Innerpersien, von Kleinasien, von Turkestan von einzelnen Oasen und schmalen Galeriewldern abgesehen ist seither Wste. Die einzigen Wolken, die darber hinziehen, sind verwehte Staubstrme. Das Niveau des Landes um Merv ist um 1-3 m abgetieft und an vielen Stellen nur noch verwitterter Stein. Paikent, einst Hauptstadt, in welcher der gesunde Reichtum von Zehntausenden fleiiger Hnde sich hufte, liegt so tief im Flugsand eingebettet, da nur die Linie des einstigen Zitadellenhgels als verlorene Spur ehemaliger Stadtmauern sich noch schwach abzeichnet. Wo man aber, und sei es auf noch so kleinem Raum, diese Wste abermals dauernd zu bewssern beginnt, da stellt sich etwas von der einstigen Ergiebigkeit wieder her. Mancherorts ist ehemalige Sedimentation noch in Spuren vorhanden. Dann ergibt sich jene flchtige Belebung wie in ausgetrockneten Flubetten. Die mit der berschwemmung kommende und versiegende Mikrowelt erwacht zaghaft von neuem und bemht sich mit ihren unsterblichen Krften, um eine Humusbildung herbeizufhren. Setzt sich die regelmige Durchfeuchtung fort, so beginnt auch die Fruchtbarkeit wieder. Nach fnf Generationen, das hat man ausgeprobt, trgt auch die Wste. Man braucht sie solange nicht zu dngen. Aber wer bewsserte sie seither? Im Osten waren es beinahe ausschlielich die mongolischen Nomadenvlker, die berall, wohin die Hufe ihrer unermdlichen Pferde sie trugen, das Land zur Wste machten. Denn berall zerstrten sie den Wald. Man fragt sich, warum. Und kann es nur so erklren, da ihnen der Wald als etwas Schreckliches vorkam, als etwas, das man meiden oder vernichten mute. Hinter jedem Baum konnte ein unsichtbarer Feind stehen. Freie Sicht war unmglich. Es war auch unmglich, windschnell heranzureiten und windschnell zu flchten. Der Wald hielt fest. In ihm drohte Kampf aus dem

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Hinterhalt, mit Dmonen und Gespenstern, mit wilden Bestien, mit tckischen Eingeborenen. Er verlangte andere Sinne, eine andere Einstellung, eine grundverschieden andere Mentalitt. Darum haten alle diese Steppenvlker den Wald, und weil sie ihn haten, so zndeten sie ihn an. Noch die Trken in Ungarn und in Bosnien duldeten um die Stdte nirgends auch nur einen Baum. Alles wurde niedergehauen, was den Blick ins Freie hemmte. Sie waren, wo sie zelteten, gewhnt, alljhrlich im Winter die meilenweiten Rhrichte und sogar die Steppe anzuznden. Aus der Asche erstand dann ein blumenbunter Rasenteppich, in dem die Pferde ppigste Weide fanden. Woher sollten sie, die auf dem Rcken eines Rosses starben, in einem Steppenzelt zur Welt kamen, wissen, da es bei Wldern etwas anderes sei? Von je schied sich die Menschheit in Pflanzen- und Fleischesser. Diese Mongolen, Avaren, Turkmenen und Hunnen verzehrten weder Reis noch Brot. Sie lebten von Fleisch, Milch und Milchprodukten. Dazu sammelten die Weiber einige wildwachsende Kruter. Sie bedurften weder des Feldes, noch des Obstbaumes. Sie brauchten nicht mehr Wasser, als ntig war, sich und ihre Reittiere und ihre Herden zu trnken. Der Nachwuchs in ihren eigenen Zelten war ebenso beschrnkt, wie der bei ihren Weidetieren, von denen durchschnittlich nur ein Drittel bis zur Fortpflanzung gelangte, whrend zwei Drittel als Jungtiere und Kinder zugrunde gingen. Die barbarischen Strapazen des Nomadendaseins, Wasserlosigkeit, Durst und Hunger, Hitze und Klte, die endlosen Mrsche und Ritte rafften Mensch und Tier gleicherweise dahin. Immer hatten sie den Tod vor sich, und so frchteten sie zuletzt weder Phantome, noch Feinde, weder Himmel noch Erde. Aber, wohlgemerkt, nur in der Steppe waren sie so mutig und furchtlos, denn dort gab es keine berraschungen fr sie. An sie waren sie so vollkommen angepat wie die Wstenspringmaus, das Erdziesel, die Steppentulpe oder jene groe, giftige, schwarze Spinne, die sie Karakurt (Schwarzer Wolf) nannten. Und weil es so war, weil sie nur in der Steppe, der Sand- und Halbwste leben konnten, so machten sie jedes Land, das sie eroberten, zur Steppe. Sie handelten nicht bewut so, denn es war wenig bewute Einsicht in diesem ruberischen Nomadentum. Sie handelten so, wie die Tiere und Pflanzen, die auch von den Gesetzen ihres Lebens nichts wissen und ihnen doch gehorchen. Betrachtet man eine historische Karte Zentralasiens, so kann der geschulte Blick leicht erkennen, da es sich hier nicht um ursprngliche, sondern um gewordene Wsten handelt. Der gegenwrtige Zustand der Gobi ist der eines Sandbeckens, in dem sich die Staubstrme wie in einer Turbine stndig im Kreise drehen. Das Material dazu liefert eine trockene Erosion, eine stndige Abblasung, die riesige Schutt- und Sandmassen von den Flanken der um392 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

liegenden Gebirge in diesem Kessel landet. Da sich in der Dsungarei an den Auslufern der Hgel berall jene zu Haufen zusammengewehten Quarzite finden, Achat-, Carneol- und Chalzedonscherben, zeigt, da bereits tiefere Schichten der einstigen Auffaltung von der Zerstrung erreicht wurden. Nicht von Niederschlgen, sondern einzig von dem durch Temperaturdifferenzen sich bildenden Tau vegetiert eine armselige, stndig den Dursttod sterbende Trockenflora. Streifenweise berzieht ein kurzes, steifes, graues Borstengras den kieselharten Boden. Steppenhexen (die dornigen, kugelartig in sich zusammengekrmmten, holztrockenen Fruchtstnde von Artemisia sp.) treiben im niemals einschlummernden Wind dahin. Endlos mahlt die Mhle des Flugsandes, die knirschend und knatternd wie von Gewehrschssen die harten Rollsteine vom Grund emporreit und gegeneinander schleudert. Dort, wo das Grundwasser nicht ganz so tief abgesunken ist, gibt es Salzbaum-(Saxaul) Wlder, niedrig, locker und schattenlos. Der kurze Frhling lockt Tausende von duftenden Steppentulpen (Tulpa uniflora) hervor. Dazwischen weht eine gesuchte Weide ein ber zweieinhalb Meter hohes Grasfeld (Lasiogrostis splendes). Noch immer ziehen hier Nomadenstmme, und ihr Leben hat sich seit Jahrtausenden kaum gendert. Und noch immer sucht neben dem verstaubten Raupenschlepper mit dem stndig kochenden Khlwasser die Kamelkarawane hier ihren Weg. Auch der ist, trotz mancher politischen nderung, seither nicht anders geworden. Denn immer noch folgt man den uralten Straen, die der westlichen Wste Chami ausweichen, deren enorme Bodenhitze selbst die Taubildung verhindert, so da auch nicht die Spur einer Vegetation dort keimt. Und doch sind hier einst Flsse versunken, die ebenso spurlos im Sand untergingen, wie die namenlosen Stdte, die an ihnen lagen. Zwischen Persien und Beludschistan hielt sich das Leben sogar bis ins 14. Jahrhundert. Man erkennt noch deutlich, da die Hgel, deren Oberflche heute Wildwasser- und Schuttstrme in die meisten der halbgefllten Talkessel hinuntersenden, wo Salzsmpfe dunsten, einmal knstlich terrassiert waren. Vordem mu das khle Land des Sehrad Naisirs reichlich besiedelt gewesen sein. Als noch rundum die Wlder grnten, war es voll von Quellen. Die stauten sich nicht, wie jetzt im Inneren die Torrenten, und machten auch nicht die Sohle der Tler unbegehbar. Aber diese paradiesischen Tage sind lange vorbei. Schon zu Alexanders Zeiten verdurstete ein Teil seines Heeres in der Gedrosischen Wste. Damals schon verkrzten sich die wenigen Flsse, die den Golf von Oman noch erreichen. Auch hier wurde einer ganz anders geplanten geschichtlichen Entwicklung durch den Humusschwund ein Riegel vorgeschoben. Das Land wurde zu einem Teil des Riegels und aus wie vielen solcher Teilstcke setzte sich dann die unbersteigbare Barre zusammen! , der dann Jahrtausende lang als nomansland Europa von Asien schied. Kein geistiger, auch kein Waren http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 393

austausch erfolgte mehr. In Wahrheit bestand die Verbindung zwischen dem Westen und dem extremen Osten von den ersten Avareneinbrchen ab bis zur Belagerung von Wien aus einer Kette von berfllen und barbarischen Verwstungen, die jedes friedliche Verstndnis unmglich machten. Gewi, alle diese stlichen Vlkerwellen liefen sich, wenn nicht frher, so doch zwischen Oder und Rhein endgltig zu Tode. Nur aus dem Humus erstanden alle diese Mongolen, Hunnen, Avaren, Trken und Tataren wieder auf. Viel stliches Blut dngte seit der Vlkerwanderung den Boden unseres Kontinentes. Aber diese gestorbenen Krper trugen nichts dazu bei, die geistige Grenze zu berwinden. Es gab keine bereinstimmung mit der fremden Lebensform, denn nur die wilden Krieger Asiens stieen nach Europa vor, aber niemals das feine, geschliffene, berlegene stliche Denkbild. Immer wieder wurden durch die Nomadenwanderungen, durch das fessellos auf- und niederwogende Menschenelement aus dem harten und einsamen Herzen des asiatischen Festlandes, andere Vlkerwellen in Aufruhr versetzt. So jene mongolischen Khotanesen, die aus Nordosten kamen und fast 400 Jahre lang etwas wie eine Zivilisationsbrcke zwischen China, Indien und dem Lebenskreis des Mittelmeeres bildeten. Ackerbauer waren sie, entwickelten eine erstaunlich groe Kultur und errichteten groe Stdte, die alle dahingegangen und bis auf letzte Ruinen zu Staub zerfallen sind. Sie waren eines der chinesischen Schutzvlker, von dem Marco Polo als von den Tarim Basin noch erzhlen hrte. Die Shne des Ming kannten sie schon seit 177 v. Chr. Auch ihre ganze Landwirtschaft war aufgebaut auf der Ziehung von Kanlen und auf knstlicher Bewsserung. Um 200 n. Chr. vertrieb sie ein Mongoleneinfall, der alles zerstampfte, die Felder samt den Schpfgrben. Man wei nicht so recht, was aus den Verjagten geworden ist. Es gibt nur alte Chroniken, die erwhnen, da im 8. Jahrhundert dann jenes Gebiet von herabgestiegenen Tibetanern besetzt worden sei, die nach dem Land der Mitte weder Tribute bezahlten, noch Karawanen sandten. Damit verfiel allmhlich Bebauung und Bewsserung des Landes und es wurde zu der Cide, die es heute ist. Im allgemeinen darf man sich vorstellen, da jener Teil Zentralasiens um 300 n. Chr. so reich besiedelt war, wie spter niemals wieder. Er mu ein blhendes und wohlgepflegtes Land gewesen sein, durchzogen von breiten Handelsstraen, die Mrkte und Stdte miteinander verbanden. ber diesen verschollenen berflu des Lebens breitet sich heute die Wste. Bisher stellte man sich vor, da die an sich kurzen und wasserarmen Flsse sich durch die eindringende Verdung immer mehr verkrzt htten. Aber es war wohl der zunehmende Humusschwund, der die Wasser schneller und schneller abstrmen lie und so das Land immer strker austrocknete. Alluvionen sind ein absolut durchlssiger Untergrund. Sobald durch viele Ernten die Humusdecke immer mehr ausgednnt und aufgebraucht wurde, besa der Boden 394 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

nur noch wenig Widerstandskraft gegenber dem Fliedruck des Wassers. Die bliche Senkung des Grundwasserspiegels, die bliche Verringerung der Niederschlge in einem durch seine teilweise Hhenlage, durch seinen natrlichen Steppencharakter an sich schon trockenen Klima folgten. Durch all das muten sich selbstverstndlich die Flulufe verkrzen. Die Deltabildung stand nahezu still. Es gab Wasserlufe, die berhaupt keine Kste mehr erreichten, sondern schon vorher verdorrten. Heute kann man unter den aufgelagerten Luftsinkstoffen erst in 3-3,5 m Tiefe die Spuren der alten Kulturen wiederfinden. Weit unter der Oberflche ruhen gepflasterte Straen, ummauerte Friedhfe. In Yotkan mu man sogar mehr als 5 m graben, um die Ruinen von Husern und Palsten zu erreichen. Die leere Sandwste darber ist von ununterbrochener Helligkeit und zeigt keine Spur des Menschen. Darunter erst breitet sich eine von Scherben gespickte, an feinen, bronzenen Dingen, Holzresten und Knochen reiche Lage. Zuweilen auch Kohle, Asche Zeugen eines Brandes, der aus dem Gedchtnis der Geschichte ganz und gar verloren ging. Auch die Namen sind verweht. Nur von manchen wei man noch auf Umwegen. So rhmt Marco Polo als Umschlageplatz von groer Bedeutung ein Uzun Tad, das bis zum 13. Jahrhundert bewohnt war und dann verfiel. Wohin zogen die Bewohner, wohin brachte man die Waren? Man mte den Wind fragen, aber selbst der Wind hat es vergessen. Einzelne Orte berwanden sogar den ersten schrecklichen Mongoleneinfall. Dschingiskhan brannte das reiche Samarkand um 1221 gnzlich nieder. Die Stadt war eine der grten Handelszentren, an einer Kreuzung jener uralten und vielbegangenen Straen gelegen, auf denen Seide, Gewrze, Edelsteine, Weihrauch und Erze aller Art zwischen Indien, China und dem Mittelmeer hin- und hergebracht wurden. In seinen Han's rasteten die Karawanen, ehe sie zum Hindukusch hinauf oder ber Persien zum Persischen Golf und nach Basra hinunterstiegen. Und es erfreute sich eines damals noch fruchtbaren, von den vielen Armen des Ak-Darja-Flusses durchstrmten Lbodens. So baute man es denn wiederum auf und 150 Jahre spter war es die Residenz und Hauptstadt des Reiches von Timur Tamerlan, der es mit prchtigen Palsten und einem Luxus ausschmckte, der von den Dichtern weitum besungen wurde. Als aber zuerst Venedig und spter die Portugiesen, Spanier und Niederlnder die Schiffahrt nach Indien in die Hnde nahmen, da hrte Samarkands Bedeutung fr den europisch-asiatischen Welthandel auf. Die fruchtbare Ebene weitum bewahrte es zwar vor dem Untergang, aber nicht vor dem Verlassen- und Vergessenwerden. Es war das Schicksal aller dieser Inlandsmrkte und bis dahin unentbehrlichen Rastorte, da die Karawanenstraen durch die Schiffahrt ihre Wichtigkeit einbten. Was ist Samarkand heute? Eine ziemlich gleichgltige, fernstliche Stadt, http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 395

ein Markt lokaler Landesprodukte, der keine Beziehungen zum Welthandel mehr hat. Die Entdeckung der fremden Kontinente im uersten Westen brachte es zwangslufig mit sich, da man den Weltverkehr auf die Segelund spter Dampf- und Turbinenschiffahrt, zuletzt auf Flugverkehr umstellte. Aber auch das berleben einzelner Stdte und sogar einzelner Landschaften gengte nicht, um die Austrocknung des inneren Asiens aufzuhalten oder auch nur einzuschrnken. Es war und ist zum berwiegenden Teil Wste. Ruinen von Stdten sind Reste eines Todes, fr den es aus einem getteten Boden keine Auferstehung gibt. Durch ganz Persien, durch einen erheblichen Teil der anliegenden Lnder bis zum Lopnor ziehen sich die vom Flugsand zugewehten Male einstigen Lebens und einstiger Fruchtbarkeit. Mehr als tausend Jahre lang ahnte man nichts von diesen verschollenen Vergangenheiten und noch weniger von den Ursachen ihres Niederganges. Selbst heute gibt es noch nicht allzuviele, welche die letzten, die entscheidenden Zusammenhnge durchschauen und da sie Auswirkungen der Rckentwicklung in der Humusbildung sind. Zwischen Geographie, Vlkerkunde und Humuswissenschaft klaffen heute noch unberbrckbare Zwischenrume. Noch immer fehlt die gemeinsame Basis logischer Verbindung des irdischen Geschehens, das untrennbar miteinander verknpft ist. Und so beachtet man gerade an den Stellen, die eigentlich besonders daran interessiert sein mten, auch nicht die schwachen Anzeichen einer natrlichen Vernderung. Gerade in dem so frchterlich verwsteten Vorder- und Zentralasien, das so vielen Zivilisationsformen zum Grab wurde, beginnt mit kosmischer Gelassenheit das Rad gesetzmigen Geschehens jetzt ganz allmhlich um seine eigene Achse herumzuschwingen. Es ist so, als sei eine gewaltige ra mit all ihrem Drum und Dran nun endgltig abgelaufen, und die nchste bereite sich vor. In der wieder die regenbogenbunte Fontne menschlicher Einbildungen, Wnsche, Hoffnungen, Leistungen und Enttuschungen jahrtausendelang emporsteigen wird vielleicht, um wiederum an menschlicher Einsichtslosigkeit und Unwissenheit zu versiegen. Denn die Erde ist nun einmal das Gestirn des Wandelbaren, und es gibt nur eine einzige Dauer auf ihr die Dauer der fortgesetzten Vernderung. Die Vernderung, die sich vorbereitet, setzt dort an, wo sich der Tiefpunkt der Humusvernichtung und Bodenzerstrung zu Ende lief, bei der Versalzung aller dieser trostlos verwitterten Gesteine und mineralischen Schuttreste. Durch sie sind alle diese ariden und halbariden Bden hochgradig hygrophil. Mit anderen Worten: Sie speichern aus der Luft Wasser, denn es gibt wir wissen es bereits keinen noch so trockenen Wstenwind, da er nicht doch einiges (meist zwischen 5-15 Prozent) Wasser enthielte. Gewi ist es eine chemische Sisyphusarbeit, sich eines Bruchteiles dieser an sich schon so geringen Luftfeuchtigkeit zu bemchtigen. Aber der ganze Vorgang gehrt 396 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

zu jenen irdischen Ablufen, bei denen Zeit keine Rolle spielt. Zuletzt kommt nach scheinbar ganz unbewegten Jahrhunderten der Wstenbildung doch eine unendlich schwache Steigerung des meist viel zu tief abgesunkenen Grundwasserspiegels zustande, der automatisch wieder eine Erhhung der Niederschlge herbeifhrt. ber dieselben unausweichbaren Stationen des Absteigens geht der Kreislauf wieder aufsteigend nach oben. Er kann sich nicht anders, nicht auerhalb der naturgesetzlichen Erscheinungen vollziehen. Aber sich selbst berlassen, gleicht er Stetigkeit durch Zeitlosigkeit aus. Und seiner Unbeirrtheit wird es vielleicht einmal zu danken sein, wenn sich das Fllhorn der Fruchtbarkeit noch einmal ber spteste Enkel einer vergessenen Vergangenheit Innerasiens ausschttet. gypten lebte ebenso wie das Zweistromland von dem, was die berschwemmung immer wieder neu ersetzte. Aber whrend dort der Segen der Sedimentation verdorrte, sobald er nicht mehr von Sklavenhnden in die Kanle und ber die Felder geleitet wurde, war gypten in einer natrlich weit gnstigeren Lage. Denn seiner ganzen Konfiguration nach konnte der Nil nicht abwandern und sich auch nicht katastrophal verkrzen. Er vermochte nicht einmal nach rechts oder links auszuweichen. Darum erlitt seine Deltabildung auch nicht einen Augenblick des Stillestehens, sondern sie schob sich unaufhrlich vor sich selber her, immer weiter ins Mittelmeer hinaus. Jener Urnil, in dessen einstigem Bett er fliet, reichte ganz sicher weder bis Damiette, noch bis Alexandria. Sein Delta kann unmglich so ausgedehnt gewesen sein. Die ganze Landschaft an seiner Mndung mag eher einem grabenfrmig eingetieften Becken geglichen haben. Da man Reibmhlen und manchen anderen Lebensrest bis weit in die Sahara hinein fand, so stellt man sich jetzt vor, da sich, als die europische Eiszeit genug Regenwolken nach Nordafrika hinbergesandt hatte, in der Jungsteinzeit dort berall Acker-, vielleicht auch Pfahlbauern niedergelassen htten. Sie bestellten das Land auf dieselbe primitive Weise, wie berall und hielten groe Herden. Um Boden zu gewinnen, schlugen sie die Wlder und brauchten so den Humusschatz ihrer Erde auf. Man nimmt sogar an, da der Nil damals in einem viel tieferen Bett strmte und so eine weit schwchere jhrliche berschwemmung zustande brachte als spter, als durch die Wstenabtragung das Land mit seinen Hhenunterschieden sich bereits ausgeflacht hatte. Jedenfalls fehlte der Ersatz durch die Sedimentation. Schaf- und Ziegenherden, in die Wlder zur Weide getrieben, hinderten auf die Dauer deren Wiedererstehen. Und so trat ein Zustand ein, der einer Verkarstung in verhngnisvoller Weise immer hnlicher wurde. Das Aufhren der europischen Eiszeit mute das Klima um vieles trockener machen. Die beherrschenden Winde kamen immer mehr von Sden, und was noch von Sdfrankreich an Regenwolken herbertrieb, das strandete an den Hhen des Atlas, dessen Nordflanken auch heute noch von http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 397 PDF-Ausgabe 62010

herrlichen Korkeichenwldern grnen. Erst damit fing die lange schon sich hinschleppende Humusverwstung und Waldzerstrung jener Sahara-Urbauern an, sich zu rchen. berall zerri die vordem geschlossene Pflanzendecke. Das Land, nackt und unbedeckt, war schutzlos den heien, drrenden Sdwinden ausgesetzt. Eine vervielfachte Verdunstung zerstubte nicht nur die gering gewordenen Humuslager, sondern senkte vor allem den Grundwasserspiegel so erheblich, da ber die verdeten Quellhorizonte aufwrts eine Durchfeuchtung der Erde nicht mehr in Frage kam. Jener unselige Circulus vitiosus zwischen Humusschwund, Winderosion, Verminderung der Niederschlge bei erhhter Austrocknung der Bodenkrume, verstrkter Abwehung und zuletzt vlligem Zusammenbruch der fruchtbaren Bodenstruktur hob an, der dann im Lauf von annhernd einer Erdepoche die Saharawste schuf. gypten selber war nie etwas anderes, als das Land Kern, buchstblich die Schaufel Humus, sich unablssig erneuernd, die der Nil ber die Wstenrnder hinwarf. Denn durch diese Entwicklung ebneten sich die Gebiete rechts und links der Stromufer ein, wie eben gesagt wurde. Die Erosion mit ihrer fortschreitenden Deltabildung tat in Untergypten ein briges. ber die Ebene ergo sich aus einem wahren Spinnennetz natrlicher Kanle (die man spter nur immer weiter ausbaute) der Segen der berschwemmung. Die Hochlnder Abessiniens sandten damals schon rote Erde aus mchtigen Lateritschichten, die gefiltert und in unvorstellbarem Mae mit Leben, Detritus und feinstzerteilten Sinkstoffen angefllt war. Eine neue und viel weiterreichende Fruchtbarkeit ermglichte eine neue Besiedelung und eine neue Kultur, die wiederum auf Humus aufgebaut wurde. Als die ersten Altgypter in das Land Kern einwanderten, war es bereit, kopfreiche Vlker aufzunehmen. Woher sie kamen, ist noch immer ein ungelstes Rtsel. Es gibt durchaus ernstzunehmende Gelehrte, welche die Ansicht vertreten, sie seien Nachkommen jener geflchteten Atlantier gewesen, von denen ein Teil nach dem Untersinken ihrer Insel im Niltal gelandet sei, sowie ein anderer Teil an den Ufern des Euphrat sich niederlie und welche ins Reich der Mitte vorstieen und sdlich vom Himalaya sich ansiedelten. Vielleicht wird diese Vermutung einst bewiesen werden, vielleicht nicht fr uns ist sie nicht von entscheidender Wichtigkeit. Fr uns steht nur fest, da von gypten aus dann die gewaltigen Kulturstrme nach allen Himmelsrichtungen brandeten. Da sie nicht nur die ganze Menschheit ihrer Epoche befruchteten und noch immer nachwirkend befruchten, sondern da unsere ganze Kulturform nur eine von dort bezogene bertragung jener Ideen ist, die auf der Schaufel Humus wuchsen. Und so ist es denn auch nicht zu

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verwundern, da aus ihr die erste wirkliche Humusreligion entstand denn dies ist der tiefere Sinn der Verehrung des heiligen Skarabus, der zugleich der Himmelsgott Osiris war. Aber in seiner unterirdischen Form, als Regent des Reiches des Westens, von dem aus die geflgelte Sonne wieder ihren Tageslauf antrat. Das sich in das Mittelmeer ausbuchtende Nildelta allein ist aber nicht die einzige Ursache zunehmender Fruchtbarkeit. Nicht minder trgt die Verlngerung des ganzen Stromlaufes dazu bei. Er mit jetzt an 6397 km, wird sich aber mit Sicherheit noch weiter verlngern und (falls man ihn nicht zu sehr reguliert) auch sein Einzugsgebiet von gegenwrtig fast drei Millionen Kilometern erweitern. Auf der anderen Seite jedoch schiebt sich die Sahara, als letzte Folge jenes steinzeitlichen Humusschwundes, Jahr um Jahr unaufhaltsam nach Sden zu in den Sudan hinein vor. Fat man Agypten als Gegenbeispiel gegenber der Entwicklung des Zweistromlandes, so wird wohl jedem der tragische Unterschied klar. Zwar haben sich auch Euphrat und Tigris ursprnglich verlngert, doch wurde durch die Verschmelzung des einen mit dem anderen das Einzugsgebiet auf eine viel schmlere Basis eingeschrnkt. Die Lnge des Doppelstromes betrgt freilich noch 2770 km (der Tigris durchluft vordem allein nur 1500 km), aber er gilt heute weder als schiffbar, noch gengt sein enges Delta, um eine zur Befruchtung gengende Sedimentation zu produzieren. Es scheint, da sein gewaltiger Humusschwund aus den Tagen lange vorbeigelebter vorantiker Welt seither niemals wieder gengend ersetzt wurde. Und so reihte sich an die Verwstung keine neue Fruchtbarkeit, sowie ja auch die alten Kulturen dahingingen und eigentlich seither durch keine Nachfolger ersetzt wurden. Aus den Sulen wandernder Staubstrme, aus dem leer hingebreiteten Teppich des Flugsandes und dem erbarmungslos wolkenarmen Himmel aber spricht fr den, der diese Sprache versteht, ein Menetekel der Vernichtung, die nicht htte sein mssen und nicht in der Naturgeschichte dieser Lnder vorgesehen war. Es spricht mit der erzenen Stimme der unabnderlichen Folgen der Verletzung der Weltgesetze ... Die asiatischen Nomaden kannten nur eine Mglichkeit dessen, was man frher Expansion nannte und heute Imperialismus nennt: Den gewalt ttigen berfall mit nachfolgender freiwilliger oder unfreiwilliger Versteppung der an sich gerissenen Lndereien. Genau besehen, brauchten sie ja nur Raum fr ihre Herden- und Zeltkulturen, die in Wahrheit kaum eine primitive Zivilisation war. Am Boden lag ihnen wenig, wenn er nur Weide bot. Die Ackerbauer aber brauchten Boden, sobald sich der bisher bepflanzte als nicht mehr gengend fruchtbar erwies.

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Die berwiegend meisten Kriege, die von ackerbauenden Vlkern begonnen wurden, hatten ihre Ursache letzten Endes im sinkenden Bodenertrag. An diese Tatsache hngten sich dann Ehrgeiz, Gewaltgier, Eroberungslust der jeweils fhrenden Persnlichkeiten und bentzten sie als gut lenkbares Vehikel zu ihren persnlichen Zwecken. Das geschah zumeist mit solchem Tamtam, unter Vorspiegelung gttlicher Eingebungen und gttlicher Befehle, da die begrndete Veranlassung vllig dahinter verschwand. Man mu hinterher jedesmal einen ganzen Wust von verwirrten, berufenen und unberufenen Chroniken, darber gehuft, abrumen, um auf das eigentliche Problem und seine naturgesetzliche Verankerung zu kommen. Darum mchte ich hier als Beispiel Japan anfhren, oder doch die Triebfeder zu seinem Aufstieg und seinem Fall aufdecken, die nur in der Gegenwart das vollendeten, was lange vorher mit falscher Zielstrebigkeit begonnen worden war. Einer frommen, jahrtausendelang unbezweifelten Legende nach hatte die Sonnengttin selber diesem Lande den Reisanbau geschenkt. Die Priester lehrten, wie die Hgel zu terrassieren und wie die unzhligen Kanle zu ihrer Bewsserung anzulegen seien. Whrend einer frhen, der sog. Uji Periode, scheint der japanische Boden, von Haus aus durch Berge, Vulkane und Erdbeben nicht sonderlich begnstigt, zur Ernhrung der Bevlkerung ausgereicht zu haben. Aber die fast regelmig den Grund verwstenden berschwemmungen und die wahrscheinlich durch die intensive Bodenausntzung sich schnell mehrenden Drreperioden lieen schon bald den Blick begehrlich nach Korea richten. Dieses Korea, fruchtbar und verschwenderisch reich, entwickelte sich von da ab als Ziel ununterbrochener Angriffe. Es scheint, da es sich niemals wirklich erfolgreich zur Wehr setzen konnte, denn es bezahlte schon um 33 v. Chr. Tribute an die Sieger. Zu gleicher Zeit versuchten die Herrscher von Nippon sich auch innerhalb des Landes Luft zu schaffen, indem sie die viel ltere Urbevlkerung, die Ainos, verdrngten. Es heit, sie htte gleich wilden Tieren in den Wldern gehaust --aber vielleicht war das nur eine Meinung von ihnen, die geflissentlich verbreitet wurde. Jedenfalls aber wurden Wlder gerodet, um im Norden und Osten berall an den Bergflanken neue Reisterrassen einzustufen. Denn die Einwohner wuchsen und brauchten Nahrung. Betrachtet man ganz objektiv die altjapanische Lebensweise, so kann man ihr keineswegs den Vorwurf der Unmigkeit machen. Man lebte eigentlich immer einfach, fast spartanisch. Unter geschickter Ausntzung aller sich bietenden Mglichkeiten holte der Flei seiner Bebauer aus dem Boden alles nur Denkbare heraus. Eine Einernte htte als eine Art nationales Unglck gegolten. Mehrere Ernten im Jahr waren selbstverstndlich. Seit langem schon war die Hlfte aller nur halbwegs guten Bden zum Reisbau bestimmt. Das brige wurde aufgeteilt in kleine Trockenfelder, die wechselnd Hirse, 400 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Gerste, Hafer, Bohnen, Bataten, Buchweizen, Mohn, Raps, Pfefferminze, Zuckerrohr und Hanf trugen. Von alledem wurde nichts ausgefhrt, sondern es wurde im Lande selbst verwendet. Die Teekultur, vielfach auf vulkanischen und warmen Aschenbden im Sden, schob sich zwischen Wldchen aus Lackbumen (Rhus vernix) und Papiermaulbeerbumen (Broussonetia papyrifera) ein. Obstbume pflanzte man am Grunde von Hngen, grn von Maulbeeren (Morus-Arten), deren Laub man zur Ftterung der unzhligen Seidenraupen bedurfte. So wurde seit ungemessenen Zeiten die ganze Landschaft in den Dienst der Ernhrung und der Versorgung mit pflanzlichen und tierischen Rohstoffen gestellt. Unhnlich China, wo alles Land ein fr allemal dem Kaiser gehrte (erst durch Schenkungen bildete sich mit der Zeit ein Grogrundbesitz heraus, und schon um 1068 war der Staat verpflichtet, die Bauern rechtzeitig mit Saatgut, Pflgen und sonstigen Ackergerten zu versorgen), verteilte in Nippon die Regierung das Land. Auch hier, wie merkwrdigerweise an vielen Orten unseres Planeten, war das Jahr 1000 der Wendepunkt in den auf den Boden bezglichen Eigentumsbegriffen. Eine ganze Reihe von frstlichen Vorschriften regelte den Landbesitz nach Familien. Drei Generationen sollten pflanzen und sen dann war der Grund ihr eigen. Nirgends durfte Land lnger als drei Jahre lang brach liegen. Eine Familie erhielt 1-20 Cho (1 Cho ist ca. 85,38 qm) zugeteilt. Felder, die nur alle zwei Jahre bebaut werden konnten, wurden doppelt gerechnet. Zwei Cho wurden fr die Versorgung zweier Rinder bestimmt. Die Regierung selber behielt sich im Kwanden eine Bodenreserve vor. Alle diese Verfgungen gingen brigens weit vor 1000 n. Chr. zurck, denn es haben sich ernstliche Erwgungen aus dem Jahr 722 n. Chr. erhalten, wie dem dringenden Verlangen nach Neuland zu begegnen sei. Es scheint, da als Lsung vorgeschlagen wurde, aus dem Kwanden abermals eine Million Reisland zu verteilen. Jedenfalls waren bereits um 810 n. Chr. so viele Reisterrassen bebaut, da sie annhernd ein Viertel des heutigen Bedarfes, nmlich 862 796 Cho ausmachten. Und dennoch nahmen die Hungersnte bei den geringsten klimatischen Schwankungen kein Ende. Der Mangel an Nahrungsmitteln wurde mehr als einmal so ungeheuerlich, da die Menschen sich gegenseitig tteten, um sich zu verzehren. Bearbeitung des Bodens, Erzielung der besten Ernten stand an erster Stelle. Nach einem Erla von 507 n. Chr. war sogar der Mikado trotz seiner Heiligkeit verpflichtet, mit eigenen Hnden ein Stck Land zu bepflanzen. Zu den schwersten Sorgen der jeweiligen Regierung gehrte es, auch in Hungerjahren die Miyake, die kaiserlichen Vorratsspeicher, zu fllen. China und Japan waren die ersten Lnder, die eine systematische Dngung kultivierter Bden einfhrten. Man mischte Asche mit menschlichen und tierischen Ausscheidungen, mit zerbrochenen lkuchen, mit Stroh und allen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 401

nur denkbaren Abfllen. Durch die Reiskultur hob man eine Unmenge von Sickerwasser aus dem Grundwasserstrom, ehe es unntz abflo. Man dmmte, genau wie man das auch heute noch tut, mit kleinen Lehmmauern die kaum handhoch stehende Bewsserung ab. Man arbeitete einzig mit Bodenhacken aus Bambus, die zu nichts taugen, als um den Boden flach aufzulockern.. Nur alle drei Jahre war eine tiefere Umschichtung erlaubt, die aber auch nicht ber einen halben Meter hinunterreichen durfte. Alles in allem kann man hier von einer sehr alten und auf richtigen Voraussetzungen beruhenden Humuskultur sprechen und dennoch versagten alle Vorkehrungen, alle Regelungen, alle Einteilungen, wie gut sie auch gemeint waren und wie weitschauend sie auch durchgefhrt wurden. Denn das strmische Anwachsen der Bevlkerung berstieg alle vernnftige Landregelung. Was immer zur allgemeinen Ordnung unternommen wurde, versagte nach kurzer Frist und wurde durch neue Schwierigkeiten und neue Hungersnte berholt. Und so griff man in Japan zu dem, was die Menschen von je fr das einzige Allheilmittel hielten zum Krieg. Schon um 200 n. Chr. begann die Kaiserin Yingo andere nennen sie Sinyu einen der erfolgreichsten Kriegszge gegen das unglckliche Korea. Sie verkndete (wie die ltesten japanischen Quellen berichten) mit gottbegeisterter Stimme, da ein Land im Westen liege, reich an Schtzen, und da die gttliche Macht beschlossen habe, es den Shnen von Nippon zu berlassen. Nach einer kultischen Reinigung des ganzen Reiches, die einer religisen Weihe gleichkam, schiffte sie sich als Witwe mit dem bewaffneten Heer ein und unterwarf die drei koreanischen Staaten Silla, Keuche und Kokuli. Das war einer der ersten Kriege um den Zankapfel Korea, dem noch viele nachfolgten. Die nchste Eroberungsperiode dauerte zunchst von 463-512. Sie wiederholte sich dann in dem berhmten Einfall von 1592, der mit Aufgebot eines Heeres von 200-300 000 Mann unter sehr groen Verlusten schlielich Korea vllig unterjochte und in eine Kolonie verwandelte. Tausene von japanischen Familien wanderten dorthin aus. Der siegreiche japanische Feldherr Hideyoshi, der dadurch zum Nationalhelden geworden war, plante auch noch einen Eroberungszug nach Peking. Aber er starb vorher. Nach seinem Tod zerflo die ganze Welle von Eroberungsgier. Auch das mit so groen Opfern besetzte Korea befreite sich wieder. Ein ruhiger, vorurteilsloser Rckblick kann sich ber die tieferen Ursachen nicht tuschen. Die wtende, besinnungslose Volksvermehrung innerhalb weniger Generationen strzte das Land in eine Reihe von ebenso gewaltttigen, als gefhrlichen Abenteuern und machte es zu einem jener zeitbedingten Raubstaaten. Die gibt es freilich in allen Kontinenten, sie sind berall gleich gefrchtet, erreichen berall dieselben Aufstiege und enden berall gleich tragisch. Denn man kann weder Lebensreiche noch Staaten 402 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

dauernd auf Gewalt und Unrecht aufbauen. Jede willkrlich herbeigefhrte Disharmonie trgt in sich den Keim zu ihrem endlichen Ausgleich, der in diesem Fall immer eine gewaltsame Auslese ist. Und jeder Erfolg einer Tyrannis ist eigentlich ein Schritt zu ihrem Untergang. Es mu auergewhnlich kluge und weitschauende Kpfe unter den Regierenden des Reiches Nippon gegeben haben, die dann doch nach endlosen Brgerkriegen einen, ich mchte sagen, biologischen Ausweg fanden. In Form der Tokugawas bildete sich gegen Ende des 16. Jahrhunderts eine Art von Feudalregierung, die uneingeschrnkte Macht besa. Sie lie sich zwar eine tragfhige nationale Ideologie angelegen sein, aber sie verminderte zugleich den Geburtenberschu durch echt stliche Methoden. Man gab dem Volk eine Reihe wohlausgeprobter Mittel zur Steigerung des erotischen Genusses, die aber zugleich empfngnisverhtend wirkten und propagierte auf jede Weise deren Anwendung. Jedes heiratsfhige Mdchen wurde in ihrem Gebrauch unterrichtet und bei jeder Ausstattung fand sich ein Kstchen, welches die dazu ntigen Dinge enthielt. Es ist nachgewiesen, da die Shogune (Frsten) vordem sorgfltige und genaue Berechnungen darber anstellen lieen, wie viele Menschen das japanische Inselreich bestenfalls ernhren knnte. Es gelang ihnen, fr 200 Jahre eine absolute Friedenszeit nach innen und auen durchzuhalten, die man Bakuld nennt, und die den idealen Ruhepunkt in der vielbewegten japanischen Geschichte darstellt. In dieser Zeit beharrte die Bevlkerungszunahme in einem ungestrten Ausgleich mit der Zahl der natrlichen Todesflle und so gengte die vorgesehene Produktionsmenge von Lebensmitteln und Rohstoffen, um die Bedrfnisse in jeder Familie zu befriedigen. Durch Einflsse von auen, vor allem durch die Energie der christlichen Missionare, wurde diese fast als heilig geltende Begriffswelt in allen Klassen der Bevlkerung jedoch untergraben und die berlegene Bewaffnung des Abendlandes strzte die Macht der Shogune fr immer. Sogleich setzten mit der nun jh ansteigenden Geburtenzahl wieder kriegerische Propaganda, Landhunger, Auswanderung und alle die bekannten Beunruhigungen eines Staates ein, der sich nicht mehr selber ernhren kann und der gezwungen ist, an die Stelle eigener Versorgung den Import zu setzen. Und, da er soviel Import unter natrlichen Umstnden nicht bezahlen kann, sich auf eine rasende Industrialisierung zu sttzen, die notwendigerweise mit einer Art von Weltdumping endigen mu. Ein schrankenloser militrischer Imperialismus bildet sich dann notwendig auf Grund aller dieser nach auen und innen gerichteten bersteigerungen aus. Wir haben dies alles an dem Beispiel Japan (das allerdings nicht das einzige ist) in unserer eigenen Generation miterlebt. Auch die Abwehr der anderen Nationen gegen die gelbe Auswanderung, die sich hauptschlich gegen die Japaner richtete, die Abriegelung dagegen in Australien und Amerika und im Pazifik. Dazu die wiederholten berflle auf chinesische Gebiete, die Besetzung der Mandschurei, die zum xten Male erreichte Anhttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 403 PDF-Ausgabe 62010

nexion Koreas (die ebensowenig von Dauer war, wie die frheren Besetzungen), der Krieg mit Ruland, die brutalen und sinnlos barbarischen berflle auf amerikanische Stdte und englische Dominien. Und endlich das Ende mit Schrecken als eine logische und unaufschiebbare Konsequenz, eines Schreckens ohne Ende. Das alles hob 1868 mit Nengo Meiji (der sich erleuchtete Regierung nannte), mit der absoluten Selbstherrlichkeit des Tenno und dem wtenden Anschwellen der Geburtenzahl an. Die Weisheit der alten Shogune, die es begriffen hatten, da keine Bodenreform der Fruchtbarkeit des weiblichen Schoes mit durchschnittlich 12-16 Kindern pro Familie gewachsen ist, erlosch wie ein Licht, dem eine groe Finsternis voll Verwirrung und Gefahren folgte. Wenn irgend ein Land, so ist es Japan, das hier, fr jedermann verstndlich, als warnendes Beispiel steht. Es hatte schon einmal seinen Einklang mit seiner Natur, seinem Klima, seiner Landschaft und seiner Fortpflanzung gefunden, und es lebte in Frieden und glcklich, solange es diesen Ausgleich nicht selber strte und von auen her gestrt wurde. Seine besten kulturellen Leistungen fallen in diese Periode. Mit ihrem Ende begannen dieselben Unruhen wie vorher, dieselben Menschenverluste, dieselbe Entwurzelung der Familien, die Angriffe auf die umliegenden Lnder und zuletzt die berwltigung der eigenen Heimat. Von neuem mu jetzt ein tragbarer, nach innen und auen befriedigender Ausgleich mit der angestammten Erde gesucht und gefunden werden, denn kein Volk kann ohne einen solchen Ausgleich, und sei er wie immer beschaffen, existieren. Nach Nachrichten aus allerjngster Zeit wird denn auch von neuem von einzelnen weitschauenden Gruppen die Rckkehr zum Bakufu gepredigt. Denn zuletzt fhrt auch alle Verirrung auf qualvollen Umwegen zu diesem Ziel. Eroberungen gehen ebenso vorber wie Verluste, weil beides nur uerste Pole einer sich entwickelnden Wirtschaft sind. Die Wirtschaft selber aber kann nur auf der Mittellinie eines sehr realen und positiven Humusgleichgewichtes bestehen, dem sich auch Familie und Volkszunahme einordnen mssen. Anfnge der Antike Ohne das Mittelmeer wre eine antike Kultur ebensowenig zu denken, als die Entwicklung von Europa ohne die Antike. Es ist nun einmal so: Alle die himmelstrmenden, autonomen Ideen in Menschenkpfen wurzeln zutiefst in den biologischen Bedingtheiten ihrer Umwelt. Man soll das um Gotteswillen nicht fr eine national-materialistische Weltanschauung halten. Sie ist das Gegenteil. Sie sieht im Kosmos, in den groen, universalen Gesetzmigkeiten das Wesen des Seienden. Das bedeutet immer und berall ein durch gegenseitige Auswirkung Sichbeeinflussen, und erkennt in allen Entwicklungen, wen und was immer sie auch betreffen, nur einen Modus, um bessere, allseits befriedigendere Verhltnisse herzustellen. Und das auf dem 404 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

krzesten Weg, der freilich nicht immer der gewaltttigste ist. Das Mittelmeer wird von einer ganz einheitlichen, subtropischen Natur umschlossen. Es ist nmlich nicht die Grenze zwischen zwei Kontinenten, als die es uerlich gilt und allgemein angesehen wird. Denn die Grenze zu Afrika liegt erst hinter dem Atlas. Das gesamte Nordafrika, von Tunis bis Marokko, aber ist noch ein Stck Europa, ebenso wie der Saum von Kleinasien und ebenso wie der griechische Archipel, Dalmatien, Sd- und Westitalien, Sdfrankreich und ein gutes Stck von Sdspanien es sind. Bei den Sulen des Herakles lag wirklich das Ende der antiken Welt. Darber hinaus gab es nur Kolonien im Norden und Sden, mit allem Fr und Wider der Kolonialwirtschaft, ihrer Unsicherheit und ihrer unabwendbaren Zeitbedingtheit. Man wei, da die Grenbegriffe von Reichen stets nach den jeweils blichen Verkehrsmitteln gerechnet werden. Die Landverkehrsmittel der Antike waren Pferd, Esel, Kamel und Snfte, Wagen, Boten, Schnellufer und Lastsklaven. Zu Wasser gab es nur Ruder- und Segelschiffe. Von kleinen Stadtstaaten aus wuchsen sowohl in Hellas wie in Rom gewaltige Gebiete zusammen, wenigstens gewaltig fr die damaligen Verkehrsmglichkeiten. Sie waren angesichts derer wirklich so ausgedehnt, da man viele Tagereisen weit von Norden nach Sden, von Osten nach Westen reisen konnte, und da man trotzdem in ein und derselben Natur blieb. Kein Wunder also, da man lange die subtropischen Mittelmeerlnder fr die Welt berhaupt hielt. Die verlogenen bertreibungen von Naturen jenseits der Rnder der Erdscheibe wurden entweder gar nicht geglaubt, oder man fand sie doch hchst unwahrscheinlich. Die natrliche Formation, die allen diesen Mittelmeerlndern gemeinsam war, hie Sdlandswald. Wir kennen ihn ausgezeichnet und wissen, da er eine in sich geschlossene Lebensform darstellt, die gar nicht sehr wandelbar ist. Er enthlt nur eine einzige kleine Palme (Chamaerops humilis und Chamaerops excelsa), dafr eine Unmenge immergrner Bume und Strucher. Von unseren Waldbumen ist dort allerdings nur die Eiche als Quercus illicifolia unter die nicht laubabwerfenden Gewchse gegangen. Von unseren Nadelhlzern die Kiefer in einer ganzen Reihe von Verwandten (Pinus martima, Pinus pinaster, Pinus Pinae, Pinus halipensis usw.). Die brigen, die Wacholder, die Oleander, die Lorbeer- und Myrthengewchse, sind von Natur aus immergrn, ebenso die Cypressen. Sie alle sind ausgezeichnete Humusbildner, wozu das warme, regenreiche Winterklima sein Teil mit beitrgt. Die Mittelmeernatur war wirklich einst reich und gesegnet. Nach der Eiszeit, die sie nicht einmal in ihren entferntesten Auslufern erreichte, blieb sie als das Paradies innerhalb der europischen Naturen zurck. Die Tatsache, da sich von hier aus die ersten Kulturkreise unseres Festlandes spannten, ist zutiefst in Lage, Lebewelt und Bodenreichtum begrndet. Denn http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 405

nach ihren weltgesetzlichen Ablufen gehen auch die Ausweitungen der Zivilisation stets den krzesten und die geringste Kraftanstrengung erfordernden Weg. Das sieht man freilich zumeist erst bei einer Rckschau aus sehr groer Entfernung... Ob nun Pelasger, ob minoische Vlker, ob die Mykenische Kultur oder spter Jonier, Aeolier und Dorier die stliche Inselwelt des Mittelmeeres bewohnten die Lebensform war ziemlich die gleiche. Alle diese Stmme entstammten vergrerten Sippen und waren gering an Kopfzahl. Fast alle waren Hirten oder einfache Ackerbauer. Ein Teil wanderte erst allmhlich in langgezogenen Wellen vom Osten und Norden ein. Alle Jahreszahlen, wie, da die Pelasger um 1500 v. Chr. bereits die ganze Ostkste besiedelt htten, sind herzlich ungewi. Viel mehr wei man von der Kultur der Aeger, die ein Reich Knossos auf Kreta schon um 4000 v. d. Z. schufen, aber alles in allem weit mehr nach Vorderasien, mit dem sie auch eifrig Handel pflegten, hinberzielten. Immerhin scheint es, da auch sie zu der vielfltigen und hchst anpassungsfhigen arischen Vlkergruppe gehrten, also Weizenesser waren. Ihre Rinderherden dienten sowohl dazu, um die Felder zu pflgen, sie mit Fleisch und Milch zu versorgen, als ihr geringes Hab und Gut zu tragen. Denn auch an den Mittelmeerksten war Jahrtausende lang ein ununterbrochenes Kommen und Gehen, und ein Eroberer lste den anderen ab. Was blieb, das nahm nach einiger Zeit gewhnlich Sprache und Sitten seines Vorgngers an. So folgte der jeweiligen Vernichtung eine Art von Aufbau, beides freilich in bescheidenen Grenzen. Wenn man der herrschenden Meinung glauben darf, so kamen die eigentlichen hellenischen Vlker, allen voran die Phrygier, um beilufig 1000 v. Chr. in den Besitz ihrer nachmaligen Republiken. Da diese ersten Griechen noch die reinen Barbaren waren, bezweifelt heute niemand mehr. Sie hrten eben nur auf, Nomaden zu sein, warum, wei man nicht. Selbstverstndlich vermischten sie sich blutsmig mit allen den Bevlkerungsresten, die sie vorfanden, wahrscheinlich, indem sie die Mnner totschlugen und die Frauen fr sich behielten. Man darf auch als sicher annehmen, da sie bereits groe, entwaldete Kstengebiete und Inselteile antrafen und demnach keineswegs als die allerersten mit der Rodung begannen. Die Urbewohner vor ihnen falls sie tatschlich die wirklichen Urbewohner waren hatten bereits Handel getrieben. Sie knnen nur einfachste Dinge getauscht oder angeboten haben. Es gab in ihrer Welt auer

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Sklaven und das ganze stliche Mittelmeer war und blieb ein vorzglich beschickter Sklavenmarkt viele Jahrhunderte hindurch kaum anderes, als getrocknete Fische, Felle, Salz, Wachs und gesammeltes Harz. Wohl nur Mykene und Tyrins lieferten noch Purpurfarben und Wolle oder Tpferwaren. Griechischer Honig war von je berhmt und hoch bewertet. Die berall wildwachsenden Mastixbsche (Pistacia lentiscus), die man heute noch auf Chios anbaut, wurden wohl schon seit dem frhesten Altertum auf das kostbare Harz ausgebeutet, aus dem man Weihrauch herstellte oder das man als Droge verwendete. Fr all das erhielten sie vermutlich Glser, Metalle, Gewrze, wohl auch Getreide. Um 700 v. Chr. bestand bei oder in Massilia bereits eine griechische Kolonie. In Italien, am Schwarzen Meer, auf Sizilien erwuchsen zahlreiche Niederlassungen. Praktisch bedeutete diese Tatsache zweierlei: einerseits war ein Groteil der Mnner stndig auf Handelschaft abwesend. Zweitens wurde dadurch nicht nur die legitime Nachkommenschaft (die ohnedies durch die ewigen Bruderkriege stark in Mitleidenschaft gezogen wurde) wesentlich eingeschrnkt, sondern der Sklavenbedarf und die Sklavenverschiffung gehrten zu den alltglichen Notwendigkeiten. Denn man brauchte in wachsendem Mae mnnliche Krfte fr Ackerbau und Gewerbe. Der Handel mit seinen vielfachen Gewinnspannen verlockte natrlich dazu, soviel wie es ging zu kaufen und zu verkaufen wenn auch nur in Form von einfachem Tausch. Zwar gab es mehrfach Stadtgesetze, wonach jeder freie Brger sein Land, und zwar eigenhndig, zu bebauen habe. Nur Sparta berlie das dann spter als eines Mannes unwrdig seinen Heloten. Auch sonst in Griechenland wurden die freien Bauern vielfach zu Penesten, d. h., zu einer Art von Hrigen des Adels. Was wissen wir von Hellas? Unser Bild ist ganz ungleichmig. Sprache, Philosophie und Kunst berwiegen bei weitem alles brige. Aus seiner Geschichte ist die Kenntnis unzhliger, nicht endenwollender Bruderfehden auf uns gekommen, die Namen einzelner Feldherren, Tyrannen, Volksfhrer, Dichter, Gesetzgeber. Wir wissen einiges vom huslichen Leben, viel von den Staatsformen, noch mehr von der reichlich angewandten Demagogie, von der idealen oder doch wenigstens uns ideal erscheinenden Lebensform (die sich unter allen Umstnden jedoch nur auf den Mann und auf den Freigeborenen und Vermgenden bezog). Aber selbst die Altphilologen wissen so gut wie gar nichts von dem rapiden Humusschwund der frhen Antike, obwohl er weit mehr zu ihrem Ende beitrug, als man vor kurzem auch nur ahnte. Ursprnglich waren die Stdte eine Art primitiver Festung gegenber dem flachen Land. Die erste Mauer wurde stets um das Geviert des Tempels errichtet. Infolgedessen flchteten die freien oder leibeigenen Bauern, sicher unter Mitnahme ihrer beweglichen Habe und ihrer Tiere, stets dorthin. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 407

Zwang man sie zum Waffendienst, so erwiesen sie sich als durchaus unzuverlssig. Kriegfhren sahen sie offenbar nur als eine Winterbeschftigung an. Kamen die Tage der Feldbestellung heran, so entliefen sie ganz einfach dem Heer und kehrten wieder zu ihrer Erde zurck. Man konnte sie trotz barbarischer Strafandrohungen zum Leidwesen der Feldherren selten lnger als einige Wochen fern von ihren Htten festhalten beklagt sich ein Chronist um 430 v. Chr. Viel Schlimmeres ereignete sich aber, wenn sie in strrischer Angst sich in den Stdten zusammendrngten. Im frhen Hellas drften die sanitren Vorkehrungen einer kaum vorhandenen Reinlichkeitspolizei etwa denen entsprochen haben, wie sie heute noch in Albanien blich sind, wo selbst in den Unterknften fr Fremde jede, aber auch jede dazu gehrige Einrichtung im Hause fehlt. Es bedarf also gar keiner weiteren Erklrung, weshalb die Landflucht der Bauern regelmig von dem Auftreten schwerer Seuchen begleitet war. Man kann dabei an Typhus, Ruhr, vielleicht eine der frhen Choleraformen denken. Aus solchen Ursachen starb z. B. die Stadt Attika whrend des Peleponnesischen Krieges zu einem Viertel aus. Nachdem noch heute in Griechenland dem Bauern die Notwendigkeit eines Ersatzes durch Dnger hufig gnzlich unbekannt ist (ich selbst habe auf Corfu, gesehen, da hchstens Varec, der ausgesplte Seetang, auf die Felder geworfen wird und auch das nur dort, wo es ohne viel Unbequemlichkeit geschehen kann), so drfte es mit einer zweckmigen Verwendung der Tier- und Menschenabflle sehr schlecht bestellt gewesen sein. Sagen, wie die vom Augiasstall, lassen immer tief blicken. Es wird ganz gewi nicht nur den einen Augiasstall in Hellas gegeben haben. Da Herakles die Jauche und das Schmutzwasser bei der Reinigung in die Kanle ableitete, lt indes darauf schlieen, da es Kanle gab. Man wei auch sonst, da die damals noch zahlreichen Quellen zu den Feldern zugeleitet wurden. Sdlandswlder sind zwar nicht sehr reich an Moosen, aber doch zuweilen an Selaginellen, und das dichte Gestrpp ist ein ausgezeichneter Bodenschutz. Nur der kretische Olymp, vielleicht auch die Berge auf Cypern ragten wohl schon frh als nackte Gipfel, aber der humusspendende immergrne Wald bedeckte auch dort wenigstens noch das untere Drittel. So ist es eigentlich selbstverstndlich, da der Humusschatz Hellas ursprnglich einen gengend groen Getreidebau erlaubte. Das groe Glck in dieser frhantiken Welt waren die Tempelhaine. Sie galten als unantastbar, heilig im vollsten Sinn des Wortes, und die Priester duldeten nicht, da man an sie rhrte. In der naiven Religionsform jener Tage fanden sich noch zahlreiche Reminiszenzen an einfachen Naturglauben. Die Schatten der heiligen Haine unter tausendjhrigen Bumen, in der Stille einer abgeschiedenen, gleich einem Jenseits erhabenen und feierlichen Welt schenkten Wahrtrume, jedenfalls aber innere Klrung aus alltglichen und 408 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

nicht alltglichen Konflikten. Der griechische Areopag der Gtter, in dem es sonst von Skandalgeschichten und Allzumenschlichkeiten wimmelte, leistete in dieser Hinsicht doch ein fr das ganze Land Unschtzbares. In dieser prlevantinischen Umgebung, in der man fr Bume auer ihrem Kaufwert sehr wenig brig hatte, wurde einem Volk, das von den Zusammenhngen nichts ahnte, so ein Groteil seiner Wlder in Form eines Naturheiligtums erhalten. Der Zusammenbruch der zumeist wenig klug regierten altgriechischen Staaten wre vielleicht schon viel frher erfolgt, wenn nicht dadurch die Fruchtbarkeit ihrer Erde geschont worden wre. Den Wert der Sedimentation erkannte man sehr bald. Hecataeus von Milet sagte, da gypten das Geschenk des Nils sei. Die altgriechischen Flsse waren ausnahmslos lang. Sie verfgten ber viele Seitenflsse und ein umfangreiches Einzugsgebiet. Da sie im Oberlauf rasch dahinstrmten und ein ansehnliches Geflle besaen, so wurde der meiste Erosionsschutt erst unten im Delta abgelagert. Der Mander durchquerte das Hauptgebiet von Phrygien. Seine natrliche Bucht zwischen Priene und Milet, durch welche er das gische Meer erreicht, verlandete er allerdings an ihrem inneren Rand schon in der Antike vllig. Heute ist die Kstenlinie durch ihn stark ausgeflacht. Auch der Achelous, der vom Pindus herunterkam und an den acarmanischen Ufern mndete, verband durch sein ausgedehntes Delta eine ganze Serie kleinerer und grerer Vorinseln, die gegenwrtig durch seine Aufschttung in das Festland mit eingeschmolzen sind. Tarsus in Cilicien war einst eine nicht unwichtige Hafenstadt, sonst htte sie die Flotte der Cleopatra vermutlich nicht mit einem Besuch beehrt. Ein paar hundert Jahre spter lag sie zehn Meilen landeinwrts gerckt, denn der Flu Sarus, der zwischen Taurus und Anti-Taurus entspringt, fllte den Meerbusen mit seinen Ablagerungen vllig aus. Das altgriechische Leben war einfach, von jener bukolischen Unbekm mertheit, die man dann spter so sehr als Inbegriff aller natrlichen Frh lichkeit verehrte und schtzte. Trotzdem man fast ausschlielich feines Leinen und selbstgesponnene Wolle trug, fing man doch schon sehr frh an, den Peleponnes mit Maulbeeren zu bepflanzen, die dort als Mores ausgezeichnet gediehen. Schon Aristoteles rhmt die uralte Seidenzucht von Hellas um 350 v. Chr. Die erlesenen, gleich einem Zeph yr durchsichtigen Gewnder der Insel Kos, die im ganzen Altertum mit Gold aufgewogen wurden, drften Tuniken aus reiner, zartgefrbter Seide gewesen sein. Bohnen wurden mit Vorliebe auer Weizen und Zwiebeln nicht nur in Sparta, sondern in ganz Grogriechenland gegessen. Pythagoras htte sie sonst seinen Schlern nicht ausdrcklich zu verbieten brauchen. Allerdings kennt man einige Vorschriften, die vermuten lassen, da es sich dabei hauptschlich um die Saubohne (Vicia faber) handelte, die irgendwo in http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 409

Vorderasien zuhause ist. Man hat sie scheinbar sehr stark kultiviert, denn die Volksernhrung beruhte zu einem sehr wesentlichen Teil auf ihr. Der attische Senat wurde durch einen eigenen Bohnengott gewhlt, der sich weier und schwarzer Bohnen bediente. Man a sie als Brote, als Kuchen, als Brei, als Suppe. Bei den Lemuren warf man sie, um die Geister der Abgeschiedenen gndig zu stimmen, ber den Kopf, ohne sich danach umzusehen. Vermutlich hatten die arischen Einwanderer sie mitgebracht und so waren sie ihnen unentbehrlich. Die Armen bekamen nur selten Fleisch zu essen. Darum deckte ihnen die Bohne ihren notwendigen Eiweibedarf. Auch heute baut man sie im ganzen Osten an. Es gibt auch unter den agronomischen Vorschriften der frhen Antike solche ber den Turnus ihrer Bewsserung. Man klassifizierte sie nach dem Aussehen der Hlsen und widerriet Herbstsaat, da man sonst nicht genug Bohnenstroh infolge der zu niedrigen Stengel erhielte. Die Bohne als Bodenverbesserer ist aber durchaus unbekannt. Die ehemals einfache, gewissermaen noch sippenmige, nach den Ansprchen des Demos geordnete Bodenverteilung nderte sich im Lauf der Jahrhunderte. Reiche und Aristokraten brachten groe Gter in ihre Hand. Es scheint blich gewesen zu sein, sein Stck Erde bei Ertragssenkung freiwillig zu verlassen. Man konnte aber auch als Schuldner davon vertrieben werden. Wie sonst kme Xenophon dazu, als gute Kapitalsanlage zu empfehlen, solchen verkommenen alten Grundbesitz wieder hochzubringen und aufs neue zu verkaufen? Wie blich, und wie bei dieser wenig einsichtigen Wirtschaft auch nicht anders zu erwarten, wanderte Ceres mit dem reichen Fllhorn ihrer verschwenderischen Ernten von einem Staat zum anderen, nirgends lange bleibend. Thessalien und Botien galten viele Menschenalter als besonders ergiebig. Um 600 v. Chr. hatten Lydien und Sizilien als Getreidelnder nicht ihresgleichen. So ppig waren die Ernten dort, da man einen Teil davon gegen Oliven und gefllte Weinschluche vertauschen konnte. Der um 500 v. Chr. sehr vielgelesene Hesiod erklrt, da es keinen besseren Wchter gegen Tod und Zerstrung gbe, als 30fltiges Korn. Dann sinkt ganz allgemein und berall die Eigenversorgung. Man mu immer mehr eintauschen. Die Weiden nehmen zu, die Felder verringern sich. Bis auf die heiligen Haine fllt man die Wlder, und Ziegen und Schafe vertilgen den Nachwuchs. Um 900 n. Chr. klagt man allerorten, da es an fruchtbarem Land fehle und da die Menschen nicht mehr satt wrden. Man msse neue Kolonien grnden, und immer noch mehr Kolonien. Das sei der einzige Ausweg. Der kritische Punkt des Abstieges war erreicht. Auch in Hellas senkt sich um das Jahr Tausend die Waage, und sie senkte sich seitdem tiefer und tiefer. Es gab keinen Aufstieg mehr. Denn die eine der beiden Schalen war von da ab berlastet mit der Unmglichkeit, sich selber zu ernhren, weil die hellenische Erde unfruchtbar geworden war. 410 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Punier und Phniker Es scheint der Wahrheit zu entsprechen, da die Phniker den Granatapfel (Mala punica) und die Dattelpalme (Phoenix dactylifera) mitbrachten, als sie auszogen, um die Mittelmeerufer zu kolonisieren. Beides wuchs in Vorderasien, und von der Dattelpalme wenigstens wei man, da sie dort veredelt wurde. Was man ihnen sonst als den bermittlern von Glas, Bronze und lateinischer Buchstabenschrift nachrhmt, ist zum mindesten stark bertrieben. Es wre dagegen gerechtfertigt, sie als Erfinder der Kolonisierung zu preisen. Das allerdings hat man kaum je getan, und doch htten die phnikischen Stadtstaaten von Byblus bis Tyrus und Sidon es wirklich verdient. Denn sie gaben in dieser Mittelmeerwelt zuerst das praktische Beispiel, wie man Schiffe ausrstet und mit ihnen die ungebrdige und tatenhungrige Jugend in die Ferne aussendet, um sich zugleich mit diesen menschlichen Verankerungen neue Handelssitze zu grnden. Alle haben sie es ihnen dann nachgemacht: die Griechen, die Rmer, die Vandalen, die Ostgoten, die Normannen und die Venetianer. Wie ich zu Eingang dieses Grokapitels sagte die natrliche und geografisch bedingte Einheitlichkeit aller Mittelmeerlnder verlockte immer wieder dazu. Sie war geradezu geschaffen, um in dieser Art von wunderbarem Kulturaquarium Gtter, Csaren, Tyrannen und alle gleichgearteten Zivilisationsformen in einem bereinstimmenden subtropischen Medium auszubrten und auszutauschen. Die Phniker gehrten, wie man wei, zwar nicht zu den Ariern (sie zhlten zu der semitischen Vlkergruppe Kleinasiens), aber sie lebten kaum anders als sie. Die gemeinsame Natur verband sie alle und schuf ihnen als Folie gewissermaen denselben Alltag. Ganz gewi waren sie nicht weniger schpferisch und nicht weniger lebenstchtig. Man hlt es fr erwiesen, da schon um 7000 v. Chr. von ihnen oder doch ihnen verwandten Stmmen erbaute Schiffe das Mittelmeer als erste befuhren. Betrachtet man sich eine nach antiken Angaben gezeichnete Karte, so erkennt man um Arabien herum und mit dessen Einbeziehung einen mchtigen semitischen Vlkerblock, der von da aus die sdlichen und stlichen Mittelmeerksten wie mit einem schmal auslaufenden Saum verbrmt und auf das sdlichste Spanien bergreift. Gegenwrtig hlt man es fr sicher, da phnikische Segler mindestens bis zu den Azoren, mglicherweise sogar mit dem Golfstrom bis nach Florida oder Westindien gelangt sein sollen. Es gibt keine stichhaltigen Argumente, um abzuleugnen, da sie in die Bernsteinlnder des Nordens vorstieen und, die Rhone aufwrtssteuernd und den Kanal kreuzend, bis nach Ultima Thule, nmlich zu den Grobritannischen Inseln kamen. Sie waren wirklich das Seefahrervolk der Antike und haben als solches in der ersten Organisation des Handels Unerhrtes geleistet. Dieser Handel war auf sehr merkwrdige Prinzipien aufgebaut. Er verschmhte jede Landeroberung, setzte sie nicht einmal voraus, sondern spann sich als ein Netz dnner, elastischer Fden wie man http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 411 PDF-Ausgabe 62010

es heute nennen wrde eigentlich nur von Faktorei zu Faktorei. Durch Tribute, durch Geschenke, vor allem aber durch unbekannte, verlockende Tauschwaren, die in den primitiven Lndern mehr Seltenheitswert hatten, als sie einer Notwendigkeit entsprachen, wurden in den einfachen Eingeborenenseelen Bedrfnisse erweckt. Die Wilden brachten also gerne alles, was das damalige Europa zu bieten hatte: Im Norden Felle, Bernstein, Zinnerz, aus Spanien auch lose Silberstufen. Afrika dagegen war bereit, Strauenfedern, Elfenbein und Ebenholz, Gold, Edelsteine und schwarzes Sklavenfleisch zu liefern. Diese simple Gegeneinanderstellung lt verstehen, warum die mchtigste Kolonie, die sehr bald das Mutterland berflgelte, als Karthago an der Stirn von Nordafrika und nicht am Saum des europischen Festlandes gegrndet wurde. Arabien ist einer der wenigen Punkte unseres Planeten, der wahrscheinlich schon seit ein paar Erdperioden Wste geworden ist. Es duldete also nur an den Ksten eine beengte Zone von Niederlassungen. Phnikien selber lag auch nur als kleinasiatischer Ufersaum vor den steilen Gebirgszgen des Hermon und Libanon hingestreckt. Die waren freilich zu jener Zeit nicht so grauenhaft nackt entwaldet, wie ich sie selber gesehen habe, graulila zerklftet, pflanzenlos wie eine Mondlandschaft, nur noch ein abschreckendes Bild wasserloser Erosionsverwilderung. Sondern begrnt von herrlichen, uralten Zedernwldern, schwerrauschend, schattend und quellenreich. Die groe Zerstrung hatte noch nicht an sie gerhrt. Von ihren Gnaden ward der Ufersaum Phnikiens reich bewssert und beraus fruchtbar. Er gestaltete sich als eine langgezogene, sanfthgelige Ebene, wohl mit Kanlen versorgt und bis zum letzten Fubreit bebaut. Dennoch war sie bald nicht mehr imstande, die stndig anwachsende Bevlkerung zu ernhren. Blieben also nur noch Gewerbe und Handel, um eigene und fremde handwerkliche Produkte zu verkaufen oder zu vertauschen. Mit dieser ganzen Entwicklung sahen sich die Phniker mehr auf das Meer angewiesen als auf das Land. Nicht nur des Purpurs wegen, den sie in oft Jahrhunderte lang geheimgehaltenen Purpurstdten (Makarska, das einstige Mucarum in Mitteldalmatien, war z. B. eine solche) zubereiteten. Sondern sie lernten es, als erfolgreiche Zwischenhndler ein Land durch das andere versorgen zu lassen, ohne da beide Teile von einander wuten. Von eigenem Gewerbe fhrten sie vorzugsweise feine Webwaren aus. Spter waren sie sehr geschtzt als Hersteller von Schmuck und gefaten Juwelen, von wunderbaren, goldgestickten Seidengewndern, von schnen Gefen, Glsern und aller Art von glsernen und metallenen Zierdingen. Ihr ertragreichstes Geschft war und blieb aber der Sklavenhandel. Durch ihre Hnde ging ein gutes Teil der unbersehbaren Vlkervermischung der Mittelmeerlnder.

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So entwuchsen sie der Landwirtschaft. Fr sie war die Bebauung eines Feldes ohne jedweden Heiligenschein der Erdverbundenheit. Fr sie war eine Ernte eine Ernte. Dafr hielt man Sklaven. Der Herr tauschte, rechnete und heimste Gewinne ein. Karthago und seine Umgebung, stlich bis Leptis, westlich bis Utica und die beiden Hippo, konnte sich allenfalls selber versorgen, wenigstens, solange alle diese Stdte nicht zu gro und volkreich anwuchsen. Alle anderen Kolonien, vom spanischen Tartessos und gallischen Massilia bis zum cyprischen Amathus lebten bis auf ein geringes vom Tauschhandel. Die beiden Lydien lieferten Weizen und kochten Purpurschnecken zur Farbbrhe. Aber berall landeten die phnikischen Galeeren und brachten den berflu anderer Lnder mit. Der wurde gleich Fssern von den punischen Handelsherren und Bergwerksbesitzern angezapft und als immer flssiger Strom aufgefangen. Mit alledem machten sie sich ganz bewut unabhngig von der Ergiebigkeit ihres eigenen Bodens. Sie schufen das Gegenprinzip zu bodenstndiger Landwirtschaft. Sie wurden die groen Organisatoren, die es verstanden, da Zinsen einzustreichen, wo das Kapital in fremden Hnden blieb. Als Phnizien lngst aufgehrt hatte, ein selbstndiges Reich zu sein (bekanntlich wurde es um 735 v. Chr. zum erstenmal von Tiglatpilesar III. erobert), stellte es immer noch die unsterbliche Gilde der Mittelmeerhndler. Sie nahmen als solche eine Sonderstellung ein, die sie erst sehr spt an Alexandria berlassen muten. Auch die Zerstrung Karthagos durch Rom vernichtete nur das Punische Reich, nicht aber die Mentalitt des meerbeherrschenden Hndlers stlicher Abkunft. Erst mit dem Ende der Antike, als sich durch jahrtausendalte Sklavenverschleppung der Levantiner aus dem chaotischen Gemisch aller nahstlichen Vlker mit Einschlu smtlicher angrenzenden Rasseneinflsse entwickelt hatte, verschwand der Punier vllig aus der Wirtschaftsgeschichte des Mittelmeeres. Bis dahin aber war er es, der auf friedliche Weise, nur durch seinen berlegenen kaufmnnischen Verstand, alle ihm erreichbaren Lnder auf einen Weg leitete, der sie die natrlichen Grenzen der Ertragsfhigkeit ihrer Bden schon frh vergessen lie. Sie wurden dabei alle reich an Gold, an Luxusbedrfnissen, an Menschen, an Verdienstmglichkeiten, aber sie verarmten an fruchtbarem Boden und vor allem an Wldern. Die Phniker und Punier waren die ersten, welche zum Schiffsbau ein Maximum an Holz und als Masten die hchsten und schnsten Stmme brauchten. berall, von Lakonien bis zum Epirus, aber auch im Atlas und Taurus fing man an, die Wlder zu verwsten. Auch die neueingefhrten Gewerbe fraen entsetzlich viel Holzkohle, die gleich in den Bergwldern oben gebrannt und mit Saumtieren heruntergeschafft wurde. Zinn-, Kupfer- und Silberschmelzen, das stndige Sieden Tausender von Purpurschnecken, Glasgsse, die Herstellung von Wachsfarben, von Pflanzensften, von Wohlgerchen und Schminken, der http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 413

enorme Harzverbrauch fr Weihrauch und zur Haltbarmachung der Weine kosteten Holz und abermals Holz und gesunde Bume. Die bliche Schafund Ziegenwirtschaft, die damals zu allen Mittelmeerlndern gehrte, zerstrte dann jahrhundertelang immer von neuem den Nachwuchs der Wlder in konsequenter Vernichtung. Es ist immer wieder dasselbe Bild und derselbe Hergang. Mit einer schrecklichen Eintnigkeit, die etwas von einer unabwendbaren Weltkatastrophe an sich hat, geht das Verhngnis weiter. Besonders dort, wo durch eine vllig extensive Kolonialwirtschaft die unwissende Gier der primitiven Barbaren angestachelt wurde, die nahm und liegen lie und gar nicht daran dachte, die Verwstung in irgendeiner Form wieder gutzumachen. Im griechischen Archipel und auf dem griechischen Festland hatte man dagegen entdeckt, da die Bepflanzung der entwaldeten Gebiete mit Oliven, Wein und edlen Feigen sich verlohne. Das geschah zumeist, solange noch ein erheblicher Teil des einstigen Humusschatzes vorhanden war. Dazu kamen berall Dattelpalmen und Granatpfel, die man allgemein den punischen Apfel nannte. Die Olivengrten legte man zumeist in Hainen und um die Siedelungen herum an. Nach antiker Sitte a man die reifen Frchte zu Zwiebeln und Brot und prete das goldklare, grn schimmernde l aus ihnen. Mit den Preresten aus den steinernen Mhlen und den sonstigen Rckstnden, die man sorgfltig sammelte, wurden wieder die lbume gedngt. Von diesem amurca durfte nichts verloren gehen. Aber da die Olive, wenn man sie als Monokultur behandelt, es durchaus nicht vertrgt, nahe zusammen zu wachsen, so erfolgte stets nach einiger Zeit eine Ausdrrung der weiten, offenen Zwischenrume. Der Humus wird ausgehagert und das ist auch das Ende einer jeden lukrativen Olivenpflanzung. Die Frchte verschlechtern sich von Jahr zu Jahr, die Bume verwildern, das Pflcken lohnt nicht mehr, und man sammelt zum Schlu nur noch die Falloliven, die zuletzt nicht grer als Heidelbeeren sind. Der lbaum braucht, wenn er wirklich dauernd gute Ertrge liefern soll, vom zweiten Jahr ab auf trockenem und windgeschtztem Kalkboden reichlich organische Stickstoffgaben, um seinen Humusbestand zu erhalten. Wird er allein, ohne in Gemeinschaft mit anderen Gewchsen, gepflanzt, so gibt er dem Boden nichts, sondern nimmt ihm nur. Dennoch bestanden riesige lbaumwlder in jenen glcklichen Tagen, da die Bden um das Mittelmeer noch so viel von ihrer ursprnglichen Fruchtbarkeit besaen. Jene schon frher erwhnte apulische Tavolira, die sich jetzt noch auf annhernd 5000 Bume belaufen soll, zwischen denen Safranund Gemsekulturen gedeihen, ist nur noch ein spter Rest jenes gewaltigen lbaumreichtums, der einst als selbstverstndlich zu den Mittelmeerlndern gehrte. brigens gab es fr den Kenner keine bessere Olive, als die aus der Umgebung Karthagos. Ein punischer Zchter, Mago, beschrieb ihre Pflege, 414 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ihre Veredelung und alles ber sie Wissenswerte in einem Werk von 28 Bnden, das von den Rmern als einziges aus der reichen karthagischen Literatur bersetzt wurde. Es galt als von unerreichbarem Wert, ging jedoch beim Fall von Rom mit zugrunde und hat sich nicht einmal in Auszgen erhalten. Zu jener Zeit trieb auch das Gebiet von Hekatompolis einen weitreichenden Handel mit Datteln und Oliven. Der Tritonsee, der heute bis auf einige Salzschotts ausgetrocknet ist, besa im damaligen afrikanischen Numidien noch ausgedehnte Wasserbecken, von denen das grte bei Tacapsal wahrscheinlich noch direkt mit der Kleinen Syrthe verbunden war. Dieses reiche und beraus fruchtbare Land, bewssert von Kanlen und den Humusgrund eines gigantischen einstigen Seebodens umfassend, dazu nicht arm an gut ausgentzten Kstenflssen, trug nicht weniger als hundert Stdte. Es zog sich bis gegen die Groe Syrthe zu hin. Seine ganz besonders hohe Zivilisation, die von einer herrschenden Priesterkaste gelenkt wurde, soll wie immer wieder behauptet wurde von Nachfahren der alten Atlantier begrndet worden sein. Aber auch diese ppigen Weizenfelder begrub der Flugsand ebenso, wie er die Oliven- und Dattelhaine begrub, als ihre Zeit um, d. h., als der Humus aufgebraucht war. Die Grten verwehten im heien Wstenwind. Die Kanle strzten ein, die Stdte verfielen. Nichts blieb von ihnen, nicht einmal die Namen. Tunis und Utica haben sich doch wenigstens als Niederlassungen erhalten und aus Icosium wurde das heutige Algier. Aber die einstige Kultur dieser Hundert-Stdte-Enklave ging dahin und ist nie wiedergekommen. Nicht anders war das Ende der phnikischen Welt. Sie hatte ebensowenig Bestand wie alles, was auf rcksichtslosen Humusverbrauch und uneingeschrnkte Verschwendung und Bodenausntzung aufgebaut ist. Alle aufgespeicherten Schtze, das ganze, ausgezeichnet organisierte Netz von Handelsbeziehungen konnten den Untergang von Mutter- und Pflanzstdten nicht hindern. Vorurteilslos betrachtet, haben nicht die Menschen und die Kultur diesen Untergang berdauert, wohl aber die Dattelpalme. Auch sie zwar nicht berall. Denn auch ber jene Wlder, die einst in Babylonien ihre rauschenden Fiederkronen erhoben, wandern heute die dnnen, blagelben Sandwellen hin. Aber Herodot schrieb noch um 400 v. Chr. von ihnen, da er sie mit eigenen Augen gesehen hat. Und kann nicht genug Worte des Erstaunens ber eine Landschaft finden, in der es weder Wein, noch Oliven, noch Feigen gibt, sondern Tagereisen weit nur Dattelpalmen und immer wieder Dattelpalmen mit ppig strotzenden Fruchttrauben. Freilich ist heute ganz Nordafrika wiederum ein Dattelpalmenparadies. Man hatte langsam erst verstehen gelernt, warum diesem Baum die schattenlose Sonne und der heie Saharawind nicht schaden. Es ist nicht nur darum, weil er unter allen Umstnden 21-23 Grad C mittlere Jahrestemperatur braucht und auch nicht nur deshalb, weil seine Wurzeln tief ins Grundwasser http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 415

hinuntersteigen, was keineswegs alle Palmen tun. Etwas ganz anderes macht ihn zum geborenen Oasenbewohner. Er besitzt eine seltsame, hchst persnliche Art von Eigenversorgung mit Luftfeuchtigkeit, auf die er sich von je eingerichtet hat. Je praller er von der Sonne bestrahlt wird, um so mehr Wasser verdunsten seine Fiederwedel, und da er es versteht, sogleich einen Groteil dieses Wasserdampfes wieder in seine Bltter aufzunehmen, so steckt er stndig in einer unsichtbaren, lebenserhaltenden Wolke, die ihn praktisch fast vllig gegen die drrenden Winde abschirmt. Innerhalb eines Dattelhaines herrscht also ein ausgesprochenes Dattelspezialklima. Krftige Seitensprossen, die gar keiner Pflege bedrfen, erleichtern noch die Waldbildung. Ich habe das schon auf Cypern gesehen, und es wiederholt sich in allen sdlichen Mittelmeerlndern. Als ber die verlassenen Pflanzungen und Grten wieder die wilde, dornige Macchia hinwucherte, da kehrte der Granatapfel in sie zurck. Tausendfach steht er noch immer verwildert, im Schmuck seiner wunderschnen zinnoberroten Blten und behangen mit ungeniebaren Frchten, die man hchstens ihres hohen Tamingehaltes wegen nach Art von Gallpfeln verwenden kann. Selbst die Sprache hat sich ausgemerzt. Im Mutterland wurde sie bereits um 100 v. Chr. durch aramische Dialekte, in Afrika viel spter durch arabische Mundarten verdrngt. Auf der Insel Malta, die lange den Puniern gehrte, traf ich noch eine Art von Neo-Phnikisch als Volksdialekt, entstellt, verdorben und fr Fremde ganz unverstndlich. Aber was bedeutet Malta gegenber dem einstigen mchtigen Mittelmeerkolonialreich? Hermon und Libanon sind zu leeren Steinrippen geworden. Als besondere Sehenswrdigkeit zeigte man mir auf dem letzteren noch die letzten der uralten Zedern, die als Naturdenkmal geschtzt sind und nicht gefllt werden drfen. Sie stehen einsam, traurig, verstoene Gtter einer Welt, die ihren Segen empfing und sie dafr ausrottete. Von Sidon sind noch ein paar Ruinen einstiger Hafendmme erkennbar. Lngst ist sein Bruderzwist mit dem nicht weniger reichen und mchtigen Tyrus vergessen. Die Zeit ging ber beide weg und warf das groe Leichentuch des Humustodes ber sie. Und Byblus, die erste Stadt, die vielleicht noch vor den Phnikern das Buch erfand (darum hie die frheste religise Weltgeschichte Bibel), ist nur noch eine Fundgrube fr Ausgrabungsexpeditionen, die von dort herrliche, unbeschreiblich kstliche Gebrauchsgegenstnde aus Gold, Obsidian und Alabaster an das Licht der Museen heraufholen. Und wo blieb Berytus, wo Zarbath, wo Ptolemais? Ruinen, Flugsand, ein wenig dornstarrende Macchia, eine weit ins Meer hinausgeschobene Verlandungszone, in der sich der Erosionsschutt selber begrbt. Eine de, lebensfeindliche, gestorbene Welt, die einer unendlichen Mhe, Arbeit und Bewsserung, die schon oben in den Bergen beginnen mte, bedrfte, um aus der Mumifizierung noch einmal aufzuerstehen ... 416 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Zum Schlu handelten rund um das Mittelmeer alle mit allem, denn alles war lebensnotwendig, was nur immer beigebracht werden konnte. Die Lnder waren hungrig und wurden immer hungriger. Immer schwieriger wurde es, Getreide, Wein und Schlachttiere heranzuschaffen. Als Griechenland und der Balkan und die kleinasiatischen Ksten schon ganz ausgeplndert waren, als es dort keine Wlder, keine Weiden, keine berschssigen Lebensmittel mehr gab, da sog man sich wie ein Vampir an Afrika fest, an dem unerschpflichen gypten, an der Kornkammer, die vor dem Atlas offen lag. Und auch das half nichts mehr. Um diese Zeit waren nicht nur Phnizien und das punische Weltreich, sondern auch die echten hellenischen Vlker und ihr Staatsprinzip schon lange tot. Die Pest des Justinian (ber die noch einiges zu sagen sein wird), die Erdbeben, welche die Tempelsulen vom Parthenon bis Baalbek zerschmetterten, rauschten nur als letzte, dumpfe Chre in ihren Untergang. Die entwaldete Akropolis, die einst die zauberhaftesten heiligen Haine trug, besa damals schon keine verhllende Humusdecke mehr. Nur an der Sd- und Ostseite hat sich noch ein sehr dnner, beraus karger Belag angeklammert, auf dem im ersten Frhling unzhlige weie, duftende Kamillen blhen. Aber fortwhrend wird der geweihte Hgel abgetragen. Kein Baum grnt, und das bichen mineralischer Zerfall wird mit jedem Regensturm in die Tiefe gerissen. Die Erosion geht ihren mrderischen Weg ungehemmt weiter. Das einst so berhmte Theater der Stadt Corinth lag so tief unter Schutt begraben, da 21 000 t Sand und Gerll erst entfernt werden muten, ehe man wieder auf die Mauern und die Arena stie. Noch um 1906 wusch ein schwerer Regen solche Schlammassen auf die damals in Gang befindlichen Ausgrabungen der Stadt Preirene herab, da die griechische Regierung sich gezwungen sah, einen hohen Damm zu errichten, um eine Wiederholung derartiger Katastrophen unmglich zu machen. Hellas und Phnizien starben an der schleichenden, unaufhaltsamen Seuche, welche nacheinander die reichsten und scheinbar unerschpflichsten Lnder wie ein Aussatz befiel. Sie starben an der Humusvernichtung. Sie gingen nicht zugrunde, weil neue Ideen, Erfindungen, Vlkerbildungen, Lebensbegriffe anstelle ihrer Kultur traten. Sondern ihre Kultur konnte nicht mehr weiterbestehen, weil sie die fast vllige Humusverwstung, die die Erde unfruchtbar machte, nicht berwinden konnte. Das Schicksal Roms Ganze Bibliotheken wurden ber Rom geschrieben, vernichtet und wieder neugeschrieben. Man kennt alle Einzelheiten seiner Geschichte, alle seine hervorragenden Persnlichkeiten, seinen Aufstieg und sein Ende. Es scheint fast vermessen, noch etwas Neues im Rahmen dieses Buches darber sagen zu wollen. Und dennoch zwingen die Tatsachen uns dazu, auch den Namen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 417

Rom auf die Tafel jener fossil gewordenen Riesenreiche zu schreibe n, die durch verschwenderische Humuswirtschaft und Raubbau ihren Bankrott erlebten. Alles, was uns ber die Barbareneinflle, die ewigen Brgerkriege, die unstillbaren Aufstnde in allen seinen Kolonien, was ber die Vergiftung mit stlichen Ideen, ber die brutalen Gewaltttigkeiten seiner eigenen einsichtslosen Soldateska, ber das Auslschen der echten rmischen Staatsvorstellungen bekannt ist, soll keineswegs angetastet werden. Aber trotzdem ist es unbestreitbar, da die starke, harte und nchtern kluge Mentalitt des rmischen Weltreiches dies alles htte berdauern knnen, wenn nicht schon beim Beginn der christlichen Epoche der rmische Boden vllig ausgeplndert und unfruchtbar gewesen wre. Der Zwang zum Weltreich htte sich nicht in diesem wildbeschleunigten, alle Bedenken ber den Haufen rennenden Ausma und Tempo geltend gemacht, wre von der eigenen Erde noch etwas zu erhoffen gewesen. Ge messen an seiner Umwelt, war auch der Rmer nur einer inter pares in dem groen Mittelmeerkreise, und wenn er auch tchtiger, willenszher und selbstbewuter wie die anderen auftrat, so schlug er doch den gleichen Weg wie sie alle ein. Denn nach Erschpfung der eigenen Bodenfruchtbarkeit griff auch Rom durch Gewaltanwendung nach fremder Bodenfruchtbarkeit. Die Griechen taten das zunchst durch Handel, die Phniker und Kartha grndeten schon echte Kolonialreiche. Die Rmer aber bauten aus zusammengerafften Eroberungen und Lnderfetzen im Sden, Norden, Osten und Westen ein Weltreich auf, das sie bis an seine uersten Grenzen immer noch Rom nannten. Sie brachten mit einer durch Jahrhunderte nicht ermattenden zielbewuten Energie allen umliegenden Lndern die berzeugung bei, da Gewalt vor Recht gehe. Aber da Gewalt keine dauernde Basis ist, so diente sie auch fr Rom nur eine Weile als molochartiger Motor zum Aufstieg, der Vlker, Gter und Gesetze fra. Das rmische Weltreich zerfiel, nicht, weil es zu gewaltig geworden war, sondern weil es sich nicht mehr auf seine natrliche Lebensmglichkeit sttzen konnte. Es fehlte ihm, im vollsten Sinn des Wortes, die bodenstndige Basis und damit die unzerreibare Verwurzelung. Rom beging den Fehler, zu glauben, da man fremde Nationen nur durch Eroberung zu entrechten und durch kriegerische Unterwerfung nur wehrlos zu machen brauche, um aus ihnen Rmer zu machen, die sich mit voller berzeugung fr das rmische Staatsideal einsetzen wrden. Man hat die berfremdung der rmischen Plasmaqualitt fr eine der grundlegendsten Ursachen des rmischen Zusammenbruches gehalten, als man erst anfing, naturgesetzlich und biologisch zu denken und nicht mehr nur im Genie der Feldherren und in gewonnenen oder verlorenenen Schlachten allein die Veranlassung des Aufstieges oder Abstieges von Reichen suchte. 418 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Aber man verga, da eine blutmige berfremdung immer erst als sekundre Erscheinung auftritt. Ihr geht stets eine ra voraus, in welcher die berforderte eigene Landbewirtschaftung zusammenbricht und vllig ungengend wird. Mit einem gesteigerten Import unter welchen politischen Voraussetzungen er auch erfolgt beginnt automatisch dann die mehr oder weniger wahllose Aufnahme von Fremden, die gut oder schlecht sein kann, aber immer nderungen in Lebensweise und Weltanschauungen herbeifhrt. Darber mu man sich prinzipiell im klaren sein, ehe man daran geht, die Wurzeln zu erforschen, aus denen ein so gewaltiges Kraftgebilde wie das rmische Weltreich sich selber seine eigene Zerstrung schuf. Wann Rom gegrndet wurde, wird man wohl niemals mehr genau erfahren. Als zuerst von ihm die Rede ist, wird es als eine kleine, handeltreibende Stadt genannt, die geschickt eine Furt am ungebrdigen Tiberflu ausntzt, den man dort ohne groe Gefahr berqueren kann. Das Land wird von etruskischen Frsten regiert, die Stadt spricht lateinisch. Womit gehandelt wird, ist nicht ohne weiteres ersichtlich, denn eigentlich sind sie alle nur Ackerbrger, die von einem aufgeteilten Gemeindegrund leben, den sie mit ihrer Familie bebauen. Vielleicht wird aber Vieh gehandelt, das unendliche, sumpfige Waldweiden in der Campagna, im ehemaligen Gebiet der ausgestorbenen Volsker findet. Man zhlt das 8. Jahrhundert v. Chr., aber vermutlich ist diese Stadt Rom nicht einmal von den alten Lateinern selber gegrndet, sondern nur irgendwie in Besitz genommen worden. Denn dort, wo spter das Forum ersteht, liegen viel ltere Grber, die jedoch etruskisch sind. Es scheint, diese alten Lateiner leben als Brger in einem fremden Land und nicht ohne Konflikte mit ihm. Die Brger bilden auch schon eine bewaffnete Legion, an der sich sowohl Patrizier als Plebejer beteiligen. Ein Patrizier, der gerade sein Feld pflgt und Lucius Quintus Cincinnatus heit, wird, als das Heer sich in groer Gefahr sieht, zum zeitweiligen Diktator ber die Stadtrepublik gemacht. Es gelingt ihm auch, seine Volksgenossen, die von einer wahrscheinlich zahlreicheren Armee von Aequern berwltigt zu werden drohen, einigermaen heil herauszufhren. Dann kehrt er wieder zu seinem Pflug zurck, von dem anzunehmen ist, da er vielleicht nicht einmal eine metallene Pflugschar besa. Die bewaldeten sieben Hgel, auf denen spter die Stadt sich ausbreitet, sind um diese Zeit noch gutes Ackerland. Auch als 19 Jahre danach das friedliche Bauernleben desselben Cincinnatus durch eine abermalige Berufung zum Diktator unterbrochen wird, liegt sein Land noch immer am Vatikanhgel, und sein persnlicher Besitz ist so bescheiden, wie es der damaligen res publica entspricht. Er betrgt nmlich 4 jugera (bildete sich aus diesem altrmischen Wort vielleicht dann in weit entfernter Zeit das deutsche Ackerma Joch heraus?), und das sind nach heutigem Begriff nicht mehr als 1 ha. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 419

Um die Stadt liegt schtzend ein Olivenwald. Er verbirgt die Wohnsttten, die bescheidenen Tempel, vielleicht einen Getreidespeicher. Extra oleas vagari! warnt man noch viele Jahrhunderte, wenn einer Miene macht, ber das nchste Ziel hinauszuschieen. Viel Wein wird gepflanzt, dazu Weizen auch die Lateiner sind arische Weizenesser , Feigen, Bohnen. Sehr einfach ist die Welt, obgleich man sich unausgesetzt sowohl mit den fremdbltigen etruskischen Nachbarn, als auch mit den plebejischen Mitbrgern herumschlgt. Aber Wein und l sind von da ab gleichbedeutend mit den natrlichen Lebensgrenzen des Rmers. Selbst heute noch kann man nahe dem, ehemaligen Limes im Schwarzwald bei Pforzheim zwischen halbversunkenen Haustcken einstiger rmischer Villen ganz verwilderter Weinreben (Vitis labrus) finden. Luzerne wird angebaut, fr Schafe, deren Wolle man zu Gewndern verspinnt, auch die bittere Wolfsbohne (Lupinusarten). Bei allen diesen Schmetterlingsbltlern gibt man sich nicht einmal die Mhe, die Erde umzugraben. Man st sie einfach so in den Boden. Die Luzerne kann sieben- bis neunmal in einem Jahr abgesichelt werden. Viel spter behauptet Plinius, sich auf uralte Erfahrungen berufend, da eine Aussaat in dreiig Jahren nicht mehr wiederholt zu werden brauche. Columella besttigt das, meint aber, nach zehn bis zwanzig Jahren msse doch besser wieder neu gest werden. Sehr frh pflanzt man Lein (Linus usitatissimum). Wahrscheinlich haben die arischen Nomaden ihn auf ihrem Weg von Vorderasien her mitgebracht. Denn 2000 Jahre spter wchst er um das Schwarze Meer herum immer noch wild. Man baute jedoch sehr frh im ganzen Mittelmeerraum auch eine andere, gleichfalls blaubltige Art, einen schmalblttrigen Lein (Linus angustifolium). Er hatte den Vorzug, da die Pflanze zwei bis mehrere Jahre ausdauerte. Schlielich aber wechselte man ihn gegen den heute blichen, einjhrigen Lein aus, nicht nur, um schneller zu Fasern zu kommen, sondern, weil man wohl beobachtet hatte, da dort, wo diese einzige damals bekannte Faserpflanze wuchs, nachher alles andere schlechter gedieh. Denn Lein ist einer der ganz groen Bodenausplnderer und man sollte ihn eigentlich nur alle sieben bis acht Jahre auf demselben Ort anbauen. Wieder ist es Columella, der warnt: Wo der Lein nicht reichlich wchst und gut bezahlt wird, sollte man ihn lieber nicht sen, da er den Boden zu sehr aussaugt! Damals freilich war das noch keine Gefahr. berall lag noch eine krftige Humusschicht, nachgelassenes Erbe jener groenteils immergrnen Laubwlder, die einst den lateinischen Boden bedeckten. Lwen gab es darin Sizilien war lange gefrchtet ob der Lwenplage , zahllose Schlangen, eine Unmenge von Wild und Vgel aller Art. Unbedingt war damals das Klima ausgeglichener und regenreicher. Die erste Bodenbepflanzung mu mit einem berschwang an Fruchtbarkeit eingesetzt haben, der bei weitem alles bertraf, was man dann spter als gesegnetes Jahr herbeiwnschte. Der Apennin 420 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

war vom Fu bis zu den Gipfeln bewaldet, und diese Walddecke reichte vom Ligurischen bis zum Tarentinischen Meerbusen. Dasselbe galt fr das Etruskische Bergland. In der Frhzeit der Republik knnen die Schden der Erosion demnach nur verhltnismig gering gewesen sein. Spter allerdings wurden durch Versandung und Vermurung groe Stcke fruchtbaren Landes fortgerissen oder unbrauchbar gemacht. Die berhmten rmischen Aqudukte, die tatschlich die Einknfte ganzer Provinzen verschlangen, wren sicher nicht berall errichtet worden, htte nicht zu ihrer Zeit eine Flle von Erosionsschutt und mitgefhrter Erde das Wasser untrinkbar gemacht. So sah man sich gezwungen, die Quellen fr Rom bereits hoch oben in den Albanerbergen abzufangen, wo sie noch rein, d. h. von wenig Sedimentation belastet waren. Trotzdem hatte man auch unter solchen Umstnden die grte Mhe, das Wasser klar zu erhalten, besonders nach den groen Frhlings- und Herbstregen. Es war also wie man die lngste Zeit glaubte keineswegs die Versorgung mit Wasser an sich, sondern die Versorgung mit einigermaen einwandfreiem Trinkwasser, die den Vlkern um das Mittelmeer jahrhundertelang die grte Schwierigkeit bereitete. Ganz wie in Griechenland versandeten ununterbrochen die zur Bewsserung angelegten Kanle. Ein Heer von Sklaven war jahraus, jahrein damit beschftigt, die Kanalbetten auszuschaufeln, Dmme nachzudichten, die weggerissenen oder sonst beschdigten Schleusen wieder instand zu setzen. In diesem Dienst gab es weder Ruhestunden, noch Feiertage. Verstopften sich die Kanle an irgendeinem schwer zugnglichen oder gefhrdeten Punkte und das geschah unaufhrlich , so wurden die umliegenden Felder und Grten entweder mit Gerll und Kies vermurt, oder es wurde streifenweise auch deren Erdreich mit fortgesplt. Ohne diese unbezahlte Sklavenarbeit wre nicht daran zu denken gewesen, das ausgedehnte lateinische Kanalnetz in Ordnung zu halten. Darum verfiel es berall in krzester Frist, sobald durch die Barbareneinbrche die Anlagen sich selber berlassen wurden. berall, von Spanien bis zum Rheinland, baute man aus den eben angefhrten Ursachen kleine oder groe Aqudukte, mehr als 2000 Jahre lang. (Die allerletzten folgten in Frankreich im 17. Jahrhundert bei Arcueil als der sog. aquaeducte Maintenon.) Sie kosteten berall Unsummen, waren aber berall unbedingt notwendig. Ohne sie htten Rom, Syrakus, Nimes, Metz, Mainz, Tarragona, Merida nicht nur kein, sondern fast ausschlielich verdorbenes Wasser trinken mssen. Denn berall stagnierten durch den aufgehuften Erosionsschutt die Flsse in ihrem Mittel- und Unterlauf, stauten sich zu weitgedehnten Smpfen und wurden auf ganze Tagereisen hin unbegehbar und unschiffbar. Andererseits aber gab es im rmischen Italien immer wieder verheerende Drreperioden. Sonst htte sich nicht das Aquaelicium eingefhrt, bei welchem der gefrchtete Regenstein vom Marstempel auerhalb Roms bis http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 421 PDF-Ausgabe 62010

zum Forum gewlzt wurde. Unbeschuhte Matronen begleiteten ihn, Pontifexe und allerhand Vertreter der Behrden und des Senates. Alle zusammen sangen Beschwrungschre und Klagelieder ber die verdorrende Erde. In den Bergen aber, wo man die Wlder niedergehauen hatte, tosten nach jedem Gewitter die Torrenten zu Tal und schleppten samt gestorbenem Wurzelwerk Erdschichten ganzer Steilflanken zur Tiefe. Viele Quellen verschwanden spurlos. Heute ist der Apennin eine bedrckend wasserlose Einde und die armseligen Drfer mssen sich, bis hoch in die Abruzzen hinauf, mit Zisternen behelfen, die, wie im gegenberliegenden Istrien, niemals so gro sind, da sie den Sommer ber ausreichen. brigens machten sich die praktisch und nchtern denkenden und gut beobachtenden Rmer schlielich doch Gedanken ber die unzweifelhaften Zusammenhnge zwischen Ernteausfall und Humusabschwemmung. Als ausgezeichnete Rechner, die sie von je waren, standen sie auch der steigenden Kalamitt der Instandhaltung der Kanle nicht blind gegenber. Die letzten Ursachen sahen sie freilich nicht ein, und selbst wenn sie sie eingesehen htten, so wre es ihnen kaum mglich gewesen, sie auszuschalten. Aber sie vergaen es niemals, da Rom, lange bevor es ein mhsam zusammengeschweites, stndig in allen seinen Fugen krachendes Weltreich geworden war, als ein glckliches, einfaches und zufriedenes Agrikulturland lebte. Virgil schuf in nachtrauernden Versen die Idylle dieser Vergangenheit nach, der ltere Cato und Cicero appellierten fortwhrend an den Senat und die Patrizier im Namen jener schlichten, altrmischen, mnnlichen Tugenden. Man hrte sie respektvoll an, aber niemand war imstande, zu jener idealen Lebensform zurckzukehren. Denn Rom selber ging auf dem einmal eingeschlagenen Weg zur Weltmacht weiter. Es erfuhr es an sich, da eine selbstgewhlte Entwicklung sich kraft ihres eigenen Schwergewichtes nicht eher abbremsen lt, als bis sie zu Ende gelaufen ist. Dennoch vermochten sich die lateinischen Provinzen bis zum Beginn der Eroberungskriege doch einigermaen selber zu ernhren und zu versorgen. Von da ab aber wurde der unumgnglich ntige Bedarf zu zwei Dritteln von Afrika und gypten aufgebracht. Zum Teil hing das damit zusammen, da bis dahin eine Anzahl der alten Patrizierfamilien ausgestorben war. Durch Erbschaft sammelten sich die vorhandenen Latifundien in wenigen Hnden. Sie wurden viel zu umfangreich, als da sie wirklich gut htten bewirtschaftet werden knnen. Tatschlich mu vieles vernachlssigt worden sein. Aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. berichtet Frontinus, da der groe Aniokanal so verschlammtes und ungesundes Wasser fhre, da man ihn kaum fr gewhnliches, bebautes Land, jedenfalls aber nicht fr die rmischen Grten heranziehen knne. Etwas frher, zwischen 23 und 79 v. Chr., empfiehlt Plinius mit Nachdruck, man

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mge doch endlich neue Kanle von den Hgeln herab anlegen was man doch wohl als Zeichen dafr ansehen darf, da die alten nicht mehr brauchbar waren. Die knstlichen Stauseen, die man schon lange vor unserer Zeit kannte und die in der Antike errichtet worden waren, um der bsartigen berschwemmungen des Tibers Herr zu werden, scheinen damals entweder verfallen oder bereits ganz mit Erosionsmaterial ausgefllt gewesen zu sein. Die zunehmende Entwaldung der ganzen lateinischen Halbinsel bereitete berhaupt dem Senat, den Konsuln und Csaren wachsende Schwierigkeiten. Sie steigerte die Erosion ins Ungemessene. Die Flsse verschtteten durch die Unmasse von Geschieben, Kies, Gerllen und Schlamm ihre eigenen Betten und verlandeten weit vor ihrer Mndung. Arthesis, Rhenus, Umbro, der gewaltige Padus (Po) und alle die anderen versumpften weithin das Land. Es bildeten sich unzugngliche, schnell sich ausbreitende Moore, die den einst fruchtbar gewesenen Boden verschlangen. Wolken von Fiebermcken, die ber ihnen kreisten, machten sie bald ebenso unbewohnbar, wie die wilden Tiere, die sich hier sicher fhlten, und wie das Ruberunwesen, dessen man in diesen Wildnissen nicht habhaft werden konnte. Alle greren Regenflle aber wirkten sich wie Katastrophen aus, die als Hochwasser viele Kilometer weit alles Kulturland in eine Wstenei umwandelten. Kein Geringerer als Virgil beschreibt anschaulich die Folgen einer solchen berschwemmung des Tibers wobei der Dichter freilich nicht ahnte, da sie von der rapiden Waldvernichtung des Apennins herrhrte ... Nach vielen Generationen wurden endlich die Verbrechen, die man in menschlichem Unverstand und kurzsichtiger Habgier an der Natur beging, fr jedermann sichtbar. Sizilien war einst die Kornkammer nicht nur Grogriechenlands, sondern auch Roms. Die Kmpfe zwischen Sikanern und Sikulern, Karthagern und dem Athenischen Stdtebund und den jeweiligen Tyrannen untereinander beschleunigten das Aufhren seiner Fruchtbarkeit. Die Felder das wurde bereits frher gesagt wandelten sich in Schafund Pferdeweiden um. In den Sklavenkriegen ging auch der letzte Rest des bodenstndigen Wohlstandes dahin. Die Entwaldung schuf eine ungeheure Erosion, und das Innere ist bis heute ein steiniges dland mit verkarsteten Berghngen. Eines der schrecklichsten Beispiele, wie menschliche Rachsucht und gegenseitiger bser Wille ein ganzes Land verderben knnen, war die Ausmerzung der Stadt Sybaris. Sie lag am Tarentinischen Meerbusen und war durch Handel und eine ausgezeichnete Bewirtschaftung der warmen, unteritalienischen Tiefebene ber alle Maen reich und ppig geworden. Ihre Brger hatten den Ruf, die schwelgerischeste Lebensweise von ganz Griechenland zu fhren. Heute wrden wir vielleicht sagen, da sie sich als eine Gesellschaft unverschmter Parvens benahmen, die reich geworden waren und bei jeder Gelegenheit auf ihre schne Stadt und ihren vollen Sckel pochten. Der an http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 423

sich oft unvertrgliche und prahlerisch berhebliche Charakter jener griechischen Vlker mag sich besonders in den Auseinandersetzungen mit der Nachbarstadt Croton gezeigt haben. Sie lag im Schutz des Lacinischen Vorgebirges etwas weiter sdlich. Wir kennen einzig die Legende, die von den berlebenden Crotonesen verbreitet wurde und die so einseitig ist, wie alle begeisterten Siegermeldungen zu sein pflegen. Jedenfalls vernichteten die Brger von Croton als Abschlu eines langen und malosen Hasses das zauberhaft schne Sybaris ohne jegliche Schonung seiner weitum berhmten Kunstschtze bis auf die Mauern. Was dabei nicht erschlagen wurde, verkaufte man in die Sklaverei. Selbst die Hafendmme und die Grundsteine der Tempel wurden gebrochen und mit fanatischer Wut ausgegraben. ber die brandgeschwrzte Erde trieb man den Pflug, damit sogar der Ort nicht mehr erkennbar sei, wo Sybaris einst gestanden hatte. Die Kanle, welche die Felder bewsserten, wurden durch hineingewlzte Blcke und Dmme verstopft, die Wlder und Obstbaumhaine in weitem Umfang niedergehauen. Eine Unsumme von Kraft und Arbeit wurde verschwendet, um eine vllige Vernichtung zustande zu bringen. Dann zog man triumphierend ab, beglckt durch die Sicherheit, da von nun ab das feindlich Sybaris fr Croton weder eine Konkurrenz, noch eine abermalige Bedrohung bedeuten knne. So, in dieser Beleuchtung, in dieser Beurteilung hat sich der an sich scheinbar ganz unbedeutende Zwischenfall (denn die griechischen Stdte berfielen einander oft genug aus den trichtesten Ursachen und mit einer geradezu unbegreiflichen Brutalitt) seit 510 v. Chr. in der Geschichte erhalten. Man hat nie daran gerttelt. Es interessierte die Nachfahren nicht mehr. Die objektiv abwgende Wirklichkeit sieht die Dinge ganz anders. Sybaris besa eine sehr vorteilhafte Lage zwischen dem Crati- und dem Sybarisflusse, die nahe beieinander, aber doch in zwei getrennten Mndungen das Meer erreichten. Ihnen beiden hatte man das Wasser fr die Kanle entnommen. Nun aber berfluteten deren unbrauchbar gemachten Betten das Land, anstatt, wie bisher, in die zwei Flsse zurckzukehren. Dadurch verminderte sich die Stromkraft, die Erosionsmassen verlagerten sich und es kam mit der Zeit zu einer das ganze Delta verrckenden berschttung der Ufer mit Geschieben. Ein drei Meilen breiter Sumpfgrtel trennt sie denn auch heute vom Meer. Aber auch weiter oben gibt es keine Felder, nicht einmal die Mglichkeit zu einer Bebauung des Landes. Denn die Erde ist fuhoch mit Schutt und Steinen bedeckt, die von den aufgestauten berschwemmungen herrhren. Sie ist ein Dorado fr Dornbsche und kmmerliches Gestrpp, der Humus ist so gut wie ganz verschwunden. Wie ein Geschwr frit sich der Aussatz der Erosion immer tiefer landeinwrts. Noch schlimmer aber ist die Verseuchung des ganzen Gebietes in seinem 424 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

vollen Umfang mit Malaria. Seit bald zweieinhalb Jahrtausenden hat sich diese Krankheit hier eingenistet und ist nicht auszurotten. Ganz Unteritalien leidet darunter, es ist darum schlechter besiedelt, schwcher bebaut, wesentlich unfruchtbarer. Auch Croton, das innerhalb dieser Zone liegt, hatte in jeder Generation seither mehr Fieberkranke, seine Friedhfe fllten sich rascher, sein Handel war weniger eintrglich. Aber die unerbittliche Linie von Ursache und Wirkung wurde niemals eingesehen. Die ganze Entwicklung der Geschichte an diesem einst so bevorzugten Punkt stand seither still. Tausende von Ungeborenen, Tausende von Fiebersiechen, ein verdorbenes Land, eine dahingegangene Kultur, eine von ihrer naturgemen Entfaltung abgeriegelte, in einem armseligen, geschwchten Zustand festgehaltene Bevlkerung von Enkeln und Urenkeln htte wenn sie den Zusammenhang erkannt htte das Recht gehabt, in einem dsteren und anklagenden Chor zu fragen: Darf man den menschlichen Ha so schrankenlos sich austoben lassen, da er noch in einer solchen weitgedehnten Zukunft Unheil anrichtet? In allen Religionen haben die gttlichen und menschlichen Gesetze eine solche Unbarmherzigkeit verboten. Sie zogen dabei die Gesetze der Fruchtbarkeit und des Bodens nicht in Betracht. Wir aber haben sie nun kennengelernt. Und so ist uns ein Verstndnis dafr zuteil geworden, da sie alle miteinander nur die Spiegelung groer kosmischer Gesetzmigkeiten sind, die der Mensch nicht verletzen darf. Um 443 v. Chr. wurde dann nahe dem mutmalichen Ort, an welchem das ausgerottete Sybaris gelegen sein drfte, eine neue Niederlassung gegrndet, die Thurii geheien haben soll und um 144 v. Chr. rmische Kolonie wurde. Aber auch die Rmer konnten mit dem bis dahin vllig versumpften, verwsteten, fiebergeschwngerten Land nichts anfangen. Auch sie starben am unaufhrlich sich auswirkenden Fluch von Sybaris dahin. Man darf darum wohl annehmen, da die Rmer ihres verwahrlosten Zustandes wegen niemals etwas fr diese sditalienischen Provinzen getan haben. Dabei ist der Tarentinische Meerbusen eine so ausgezeichnet geschtzte Bucht, wie ganz Italien keine zweite hat. Freilich ist sie heute arg verlandet. Auch in dieser Hinsicht geschah nichts fr sie. Bahn- und Straenbau leisteten bis zur Gegenwart nur das unumgnglich Notwendige, die Zivilisation stockt auf einem teilweise noch unschilderbar weltfremden Niveau. Trotz der notorischen Landarmut Italiens ist sein sdlichstes Ende erstaunlich wenig ausgentzt, aber es kann in seinem jetzigen Zustand eben berhaupt kaum oder nur sehr mangelhaft bebaut werden. Die Felder erbringen hufig nicht einmal den Gegenwert des Saatkorns, es gibt weder trinkbares Wasser, noch Wlder. Man erklrte sich die Ursache seit langem aus der Versumpfung der Sdspitze, aber man forschte niemals nach, wie diese entstanden sein knnte. Gewi haben dann die Erdbeben, welche die Tempel von Agrigent und Metapont zertrmmerten, ihr Teil zu der Verlassenheit des Landes beihttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 425 PDF-Ausgabe 62010

getragen. Allein anderswo ist auch ber die grauenvollsten Erdbebenkatastrophen die Zeit heilend hinweggegangen. ber Fieber und Bodenverarmung aber kann sie nicht hinweggehen, denn die werden je lnger, um so schlimmer. Sybaris ist ausgetilgt. Aber man darf wohl einmal mit nchternem Kopf und ohne Ruhmredigkeit eine klare Rechnung darber aufstellen, was alles fr die schuldlosen Nachkommen mit ausgetilgt wurde! Alles in allem besa Rom keine sonderlich gute Hand fr seine Bden. Es behandelte sie mit derselben rauhen Gewaltttigkeit wie seine Sklaven. Von den einen wie von dem anderen verlangte man solange bermiges, bis sie oft genug unter den allzuhohen Ansprchen zusammenbrachen. Freilich war die Mittelmeerwelt damals noch so beschaffen, da man in vielem aus dem vollen wirtschaften konnte. Rom betrachtete alle Waren als sein natrliches Eigentum. Es handelte in jeder Weise selbstherrlich und nahm keine Rcksicht auf andere. Als die Besitzer der groen Latifundien bemerkten, da der Anbau auf ihren Gtern zu immer geringeren Ernten fhrte, lieen sie auf ihnen Klber und Schafe grasen. Man hat das immer auf die besser organisierte Einfuhr von Getreide geschoben. Die Tatsachen verhalten sich genau umgekehrt. Die Einfuhr von Getreide mute besser organisiert werden, weil die Bden im Inland immer weniger ergiebig wurden. Und Getreideeinfuhr war entsprechend dem gegenwrtigen Europa die noch immer am leichtesten zu bewerkstelligende. Dadurch aber wurden auch die vielen kleineren Besitztmer, die meisten von fleiigen Freigelassenen, praktisch vllig unrentabel. Auch sie hrten von nun an auf, Weizen oder Gerste zu sen. Sie gingen zu l und Wein ber. Beides war immer verkuflich, whrend die Getreidepreise, da Korn zumeist als Tribut von den eroberten Provinzen eingefordert wurde, ins Bodenlose sanken. Wein aber scheint vom 2. Jahrhundert v. Chr. ab viel mehr als frher getrunken worden zu sein. Er gedieh immer noch am besten auch auf den verschlechterten Bden. (Wir wissen, warum. Denn der Weinstock ist imstande, seine Wurzeln so sehr zu verlngern, da er auch aus humusarmen Bden noch gengend Nhrstoffe und Wasser herausholt.) Von je hatte man sich mit Feigenkultur sehr viel abgegeben. Lucullus unterschied dem Geschmack nach nicht nur 60 Oliven-, sondern auch 29 Feigensorten. Die Feige, einheimisch in ganz Sdeuropa, liebt schnell zerfallende Karstbden und kalkigen Untergrund, wo sie Spaltenhumus findet. In Rom hielt man die kleinasiatischen Zchtungen solange fr die besten, bis man die nordafrikanischen von Karthago kennenlernte. Dort war es blich, getrocknete Feigen anstatt Brot zu essen. Rom erklrte dem aus Konkurrenzgrnden schon lngst gehaten Karthago bekanntlich den Krieg, weil der ltere Cato dem Senat um 149 v. Chr. die Geschichte wird auf allen Gymnasien gelehrt Feigen zeigte, von denen er behauptete, sie seien vorgestern bei der punischen Metropole gepflckt worden. So nahe vor den Toren der Urbs befinde sich also der Feind, und niemand knne Rom 426 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

zumuten, das noch lnger zu dulden. Und Karthago fiel, weil die Feigen aus seinen Grten Rom zu schnell erreichbar waren ... Die weigelbe Smyrnafeige, nach der lateinischen Halbinsel gebracht, trug auch dort zweimal Frchte in einem Jahr. Ihretwegen verstand man sich endlich auch zu einer Art geordneter Bodenpflege. Der rmische Agronom Varro beschrieb zwischen 116 und 27 v. Chr. genau, wie man sie zu pflanzen und zu dngen habe. Die kleinen Samenkrner (die Feige besitzt tatschlich nur einen winzigen Keimling ohne alle Reservestoffe) knne man nur dann zum Austreiben bringen, wenn man an Bindfden aufgereihte Ketten trockener Frchte in die Erde lege. Und seien bereits Smlinge vorhanden, so msse man sie fleiig mit einer Lsung von rotem Ton (er meinte wohl die bliche terra rossa), dem Prerckstand der Oliven und menschlichen Exkrementen begieen. Auch erwachsene Bume bedrften nach jeder Ernte solcher Dngung. Man hatte also schon vor annhernd zweitausend Jahren in Rom gelernt, da es besser sei, die Ernten nicht dem Zufall zu berlassen. Allerdings stammte diese Einsicht nicht aus eigenem. Garten- und Obstbaumkultur wurden fast ausschlielich syrischen Sklaven anvertraut, die man zu Hunderten aus dem eroberten Asien herberbrachte. Verschiedene Zitate lassen darauf schlieen, da man sich Wunder von ihrer Geschicklichkeit erwartete. Tatschlich brachten sie denn auch aus Asia minor die bis dahin noch unbekannten Quitten (Cydonia vulgaris), Pfirsiche, edle Zitronen und Orangen mit. Vielleicht auch schon Lotuspflaumen (Khaki lotus) und ber Indien mglicherweise auch noch die einen oder anderen exotischen Gewchse. Man darf das schon darum vermuten, weil auf Wandmalereien aus Pompeji unmiverstndlich Agaven (wohl Agava americana) abgebildet sind, mglicherweise als Geschenke von Seefahrern und Gesandtschaften fr Rom. Aber all das war Luxus, und nicht Brot fr die Armen. Der rmische Pbel oder was man damals eben so unter Pbel verstand erwies sich als unersttlich und unerbittlich. Unter Julius Csar bereits erhielten nicht weniger als 200 000 Menschen allein in Rom freies Getreide. Dieses freie Getreide war eine frchterliche Belastung fr alle die rmischen Machthaber. Konsuln und Kaiser konnten was immer fr Verbrechen begehen an die Geschenke von Korn, Wein und l, die dem Volk zustanden oder auch nur ihm versprochen waren, durften sie nicht rhren. Selbstverstndlich htte diese kopfstarke Proletarierschicht auch sonst die entsprechenden Lebensmittel gebraucht. Aber es liegt auf der Hand, da sie dafr eine dem Staatskrper ntzliche produktive Ttigkeit htte leisten mssen. So aber leistete sie nichts, weniger als nichts. Unverschmt, frech, faul, stets zu Emprung aufgelegt, in engstirnigem Egoismus und bswilligem Spott nichts und niemanden verschonend, nur ihren angematen Rechten lebend, bedeuteten sie fr jede, auch die beste Regierung eine stndige Gefahr. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 427 PDF-Ausgabe 62010

In Byzanz gestalteten sich diese selben Verhltnisse um kein Haar besser. Unter dem Titel einer regelrechten Versorgung der Stadt wurden unter Constantin die seit 332 festgesetzten Bezge des Plebs mit groer Verschwendung innegehalten. Jedes neugebaute Haus bekam, ohne beim zustndigen Vorsteher erst darum ansuchen zu mssen, sein Korndeputat. Die erforderlichen Mengen waren so ungeheuerlich, da der Schriftsteller Eunaprius einmal verzweifelt ausruft: Alle Kornflotten gyptens, Kleinasiens und Syriens reichen nicht hin, um diesen Pbel zu sttigen! Dabei mu man in Betracht ziehen, da im 5. Jahrhundert Byzanz wesentlich mehr Einwohner zhlte, als Rom. Aber auch in Rom, nicht weniger als in seiner stlichen Schwesterstadt, drohte zuletzt jedesmal eine Revolution, wenn die Weizenschiffe durch widrige Winde oder aus welchen Ursachen immer aufgehalten wurden. Stockte die Versorgung infolge von Kriegen, so brachen sogleich Hungersnte aus. Niemals waren die Kornspeicher auch nur annhernd, geschweige denn zur Genge gefllt. Man konnte einfach nicht soviel Getreide aufbringen. Immer war es zu wenig. Immer gab es Leute, die sich beklagten und unter lauten Beschimpfungen in Aussicht stellten, in dem oder dem Viertel einen Aufruhr anzuzetteln. Schlielich verfielen die Csaren darauf, dem Volk nicht nur Korn zu geben, sondern auch eigene Bckereien dafr zu errichten, fr welche besondere Vorsteher, die mancipes, die Verantwortung trugen. Sie hatten nicht nur die Herstellung, sondern auch die Verteilung der Brote zu berwachen. Hier wurden brigens zugleich auch Pasteten gebacken (allerdings erst um 100 n. Chr.). Zank gab es immer, auch wenn einmal reichlich Getreide vorhanden war. Es ging dann darum, da die vom Staat Beschenkten mit groem Lrm behaupteten, sie htten nur Panis plebejus, nmlich Brot aus grobem Mehl und Kleie bekommen, oder gar nur Panis castrensis (unser heutiges Kommibrot), whrend ihnen doch weies Brot aus bestem Weizen, das man Panis siligineus oder simild davon unsere Semmel zustehe. Bekam die Regierung mehr Hirse (Panicum) herein, so gab sie auch wohl weies Hirsebrot aus, das gerne gegessen wurde. An sich entwickelten sich diese staatlichen Bckereien sehr bald zum Ausgangspunkte von wiederholten Unruhen und vieler Verbrechen. Denn an sie gliederten sich stets Schenken und Lupanare an, in denen sich lichtscheues Gesindel verbarg. Sie standen dementsprechend auch im schlechtesten Ruf. Schlielich blieb fr die inlndischen rmischen Provinzen nur noch die Schafzucht allein brig. Aber trotzdem es infolgedessen gewaltig groe Schafherden gab, waren unter den Tributen, welche die Csaren ihrer misera plebs Jahrhunderte um Jahrhunderte leisteten, nur sehr selten Schafe, nicht einmal Lmmer. Meist gab es fr sie Wein und l, zuweilen auer Brot auch Schweinefleisch, wenn die stlichen Provinzen rechtzeitig ihre Lebensmitteltransporte absandten. In solchen Fllen wurde auch den soundso oft aus428 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

gewiesenen Fremden wieder erlaubt, in die Stadt zurckzukehren. Die Schauspieler, die man der schlechten Versorgung wegen ebenfalls zum Fortgehen gezwungen hatte, traten wieder auf. Gelchter war in allen Schenken und auf den Straen, und man trank auf die Freigebigkeit irgendeines Nero oder Maximus bis zum nchstenmal, da man ihn, gereizt vor Hunger, verfluchte und ihm Absetzung und Untergang verhie. Dieses Schaukelspiel der Pbelgunst Brotversorgung genannt, beunruhigte stndig die Weltstdte Rom und Byzanz. Und das um so mehr, je weniger die rmischen Bden im eigenen Land lieferten und je mehr man auf Asia minor und gypten angewiesen war. Seit der letzte der etruskischen Knige im 6. Jahrhundert v. Chr. fortgejagt wurde, hatte man eine Aristokratische Republik wohl nach griechischem Muster gegrndet. In ihr befehdeten sich Patrizier und Plebejer nach wie vor auf das heftigste und mit wechselndem Erfolg. Wie weit die letzteren dazu beitrugen, durch ihre manchmal recht ungemigten Forderungen die wilde und berstrzte Expansion Roms nicht nur zu sttzen, sondern in ihr den einzigen Ausweg zu sehen, mag dahingestellt bleiben. Anderseits halfen die Patrizier allen den groen Feldherren, Konsuln und Csaren aus ihrer Kaste durch jedes Machtmittel zu ihren Posten. Immer wurden die Parteikmpfe zu Kmpfen um die berhand im Staat, und das Hinaussenden unter den rmischen Feldzeichen war hufig nur eine andere Art von Exil. Dennoch war Rom bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. der alleinige Herrscher auf der italischen Halbinsel. Mit ausgiebigen Tributen bewog man die eingedrungenen Gallier dazu, um 390 v. Chr. wieder nach Norden abzuziehen, nachdem sie die Etrusker aufgerieben hatten, die damit ein fr allemal aus der Weltgeschichte verschwanden. Auch whrend dieser ihre staatliche Existenz bedrohenden Epoche konnten sich die beiden Parteien niemals vllig einigen. Nicht einmal die Punischen Kriege vermochten es. Jeder Erfolg bedeutete unweigerlich eine Mehrleistung der Regierung an die Plebejer, die nicht nachlieen, Gleichberechtigung und ffentliche Einbrgerung zu fordern. Um sie zu beruhigen und zugleich die Masse der Unzufriedenen abzulenken, erfand man bekanntlich jenes Schaugeprnge gewaltiger Siegesumzge, verbunden mit Zirkusspielen und Aufmarsch der wertvollsten Beutestcke. Immer gehrte dazu der freie Ausschank von Wein und die massenhafte Verteilung von Ewaren. So fhrte sich jenes Panem et circenses ein und wurde gewissermaen zum Symbol des ganzen rmischen Weltreiches. Es wurde auch der Todesschrei seines Unterganges. Denn es trug nicht wenig zu diesem Untergang bei.

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Mit dem endgltigen Niedergang der Bden erlahmte auch das allgemeine Interesse an den Landesprodukten und ihrer Erzeugung. Aus einem Ackerbauer wurde der Rmer zu einem Grostdter, der hchstens einige Wochen, bestenfalls ein paar Monate sich auf seinem Landsitz aufhielt, wo er sich indes zumeist in keiner Weise um die Landwirtschaft kmmerte. Feldbau sank zur reinen Sklavenarbeit herab. Alle innerlichen Bindungen dazu hrten vllig auf. Nachdem die Plebejer es endlich erreicht hatten, da sie in den aristokratischen Senat aufgenommen worden waren, erweiterte man die Erteilung des Brgerrechtes um 212 n. Chr. auf jeden Freien oder Freigelassenen. Und alle zusammen gaben sich dem fr sie lebenserhaltenden Irrtum hin, das Reich als solches habe die absolute Verpflichtung, seine Brger so arbeitslos wie mglich zu ernhren. In Wirklichkeit saen Stadt und Provinz Rom den brigen Provinzen gleich einem Vampyr am Hals und sogen sie aus. Es mehrten sich die Vorflle, da aus Gallien, gypten, Vorderasien die Ernten weggefhrt wurden, damit Rom die Unmengen freies Getreide zur Verfgung hatte, die notwendig waren, um die politische Ruhe zu erhalten whrend die Lnder, in denen sie wuchsen, hungerten. So da die Korntransporte nicht nur Revolutionen auslsten, wenn sie zu spt in Rom ankamen, sondern auch in den entfernten Provinzhfen, aus denen sie reich beladen absegelten. Alles, was mit der Brotversorgung Roms zusammenhing, stand im Zeichen von Gewalt und Unrecht und trug den Keim des Aufstandes in sich. Aus den Zeiten ihrer eigenen agronomischen Periode her besaen die Rmer eine stattliche Reihe von Ackergttern, die zum Dienst der verschiedenen Kulturpflanzen bestellt waren. Die dunkle Erdgttin Persephone herrschte ber sie. Man brachte ihnen allen Opfer und sie hatten ihre wohldotierten Tempel. Sehr aufschlureich ist es nun, da auch feindliche Dmonen nach einiger Zeit auftauchten, z. B. eine Brandgttin Robigo und ein Dornengott Deus spiniensis. bersetzt man deren Vorhandensein aus der Sprache jenseitiger Symbolik, so kann das nur bedeuten, da die ausgeplnderten Felder sich berall mit Macchia bedeckten, die ja eine ausgesprochene Dornbuschvegetation ist. Als solche verrt sie dem Kundigen den Mangel an Humus (daher die Dornen als verdunstungshindernde pflanzliche Bildung), berhaupt das Vorhandensein steiniger, trockener und schlechter Bden mit mehr oder weniger starker Verkarstung. Das lt sowohl auf falsche Bewirtschaftung, als auf berausntzung schlieen. Tatschlich ist der Schafhirt (denn Schafe und Ziegen allein sind zur Beweidung der Macchia geeignet) bis heute ein Sinnbild der rmischen Landschaft, der rmischen Dichtung, der rmischen Kunst. Das Frhchristentum des 3. und 4. Jahrhunderts wimmelt von Darstellungen des lmmchentragenden guten Hirten. Auf Sarkophagreliefs des 3. Jahrhunderts und keineswegs nur auf christlichen bildete man mit Vorliebe weidende Schafe 430 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ab, die an mageren Bumchen zupfen. Die Renaissance, das Barock und Rokoko bernahmen dann ihrerseits diese bukolische Idylle und ergtzten sich an ihrer harmlosen Lieblichkeit. Damen in Reifrock und Stckelschuhen schwangen den blumengeschmckten, bnderflatternden Schferstab. Nicht anders verstand man den Ruf Rousseaus Zurck zur Natur!. Auch in Trianon hielt Marie Antoinette eine kleine, schneewei gewaschene Schfchenherde und lachte ber die drolligen Sprnge der jungen Bcklein. Wer knnte es ihr zum Vorwurf machen, da sie das antik vertraute Symbol so tragisch und gedankenlos miverstand? Letzten Endes bezahlte sie genau so wie Griechenland und Rom die Herrschaft des Schafhirten mit dem Verlust von Leben und Macht. Denn wo immer das weidende Lamm, der schwergehrnte Widder zum herrschenden Symbol, sozusagen zu m Trger der Landwirtschaft werden, da ist das ein untrgliches Zeichen, da die Fruchtbarkeit des Landes entweder durch die Natur oder durch den Menschen zugrunde gerichtet ist. Nach Wein und l und Korn fahndete Rom in allen ihm erreichbaren Winkeln der Welt. Erstaunlicherweise spielte der Schrei nach Zucker, der seit Jahren durch unsere Gegenwart geht, kaum eine Rolle. Die Bienenzucht war zwar sehr verbreitet, und in vielen Tempeln wurde vorzugsweise Honig und Wachs geopfert. Honig war auch unentbehrlich bei vielen Getrnken und Gerichten. Aber es scheint, der Pbel erhielt nichts davon. Wir sind uns heute darber klar, welche Rolle Zucker in jeder Form bei der Ernhrung des menschlichen Gehirnes spielt. Und so ist es vielleicht erlaubt, Vergleiche zu ziehen zwischen dem Sigkeiten ber alles liebenden Menschen des Ostens, dessen natrliche Weisheit und Einsicht sprichwrtlich geworden sind, und dem des Zuckers fast oder gar nicht bedrftigen rmischen Plebejer ... Unter Augustus betrug die Bevlkerung von gypten 8 Millionen Menschen und davon stellten allein die Juden 1 Million. Fr diese Population muten die rmischen Soldaten sie sollen sich auf nicht mehr als 20 000 Mann belaufen haben Bewsserungskanle ausheben und Smpfe austrocknen, um sie in Felder zu verwandeln. Diese Zunahme der Bebauungsflche war darum unendlich wichtig, weil der Staat lies: Rom glatt ein Fnftel der Ernten fr sich beschlagnahmte. Mehr als 3 300 000 Ztr. wurden ins Ausland verschifft, d. h. wiederum nach Rom. Ganz Ober- und Mittelgypten, soweit die Nilberschwemmungen die Landschaft fruchtbar machten, wurde ausschlielich fr Feldbau ausgentzt. Das ganze gypten war eine Kolonie, welche soviel als mglich zur Ernhrung des Mutterlandes beizusteuern hatte. Man billigte ihr weder eigene Rechte zu, noch erlaubte man ihr die Befriedigung von Sonderwnschen fr ihre eigene Bevlkerung. Auf gypten als uralte Kulturnation wurde nicht die geringste Rcksicht genommen. Kein Wunder, da die Mnner von Kern gegen die rmische Besatzung vorn ersten bis zum letzten Tag revoltierten, intrigierten und alles unternahmen, um mit Gewalt und List den unbarmherzigen fremden und habgierigen Eroberern zu schaden! http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 431 PDF-Ausgabe 62010

Wer in dieser Epoche eine friedliche Unterordnung des gyptischen Volkes fr eine historische Tatsache hlt, der irrt grundlegend. Dergleichen gab es niemals. hnlich dem berchtigten Raubstaat Isaurien, der nur eines der gefrchteten balkanischen Ruberlnder an der cilicischen Kste war, bildeten sich berall an allen Ecken und Enden in den rmischen Kolonien Ruberrepubliken heraus. Die Stdte richteten sich deshalb darauf ein, sich durch Stadtmauern zu schtzen, und in diese auer einer Burg der Kasbah , die man besonders befestigte, auch noch so viel Lebensraum mit einzubeziehen, da man von den Angreifern nicht ausgehungert werden konnte. Es scheint wahr zu sein, da die Stadt Kremma in Pisidien hier mit gutem Beispiel voranging. Es wurde bald genug im Osten und Westen nachgeahmt. Man lese ber die Anlage althistorischer Stdte in einem frheren Kapitel nach. Bis tief ins Mittelalter hinein befolgten franzsische und deutsche Stdte denselben Modus vivendi. Der Osten war vielleicht noch schlimmer daran. Denn die einst hellenischen, nun aber mit fremdestem Nomadenblut gemischten Stmme erreichten einen Grad der Verwilderung an den Grenzen des rmischen Reiches, der nur schwer vorstellbar ist. Die Csaren verfgten angesichts der ewigen berflle denn auch, da alle Lebensmittelzuschsse mit Schiffen und nicht ber Land zu senden seien. Freilich wurden nicht selten auch die Schiffe gekapert. In Untergypten hatte sich ebenfalls ein solcher Raubstaat nahe bei dem heutigen Damiette festgesetzt, in dem damaligen Bukolien, inmitten der ausgedehnten Smpfe im Nildelta. Die Erosion hufte dort unermelich viel Schlamm und Schutt auf. Am mittleren Nilarm bildeten Wlder von Riesenpfahlrohr, Lotosstengel, Schilf, Rohrkolben und undurchdringliche Wirrsale von Wasserrosen unbegehbare Dickichte. Darin verbargen sich ganze Drfer, mit Weibern und Kindern, wo sich alles zusammenfand, was von den rmischen Gesetzen verfolgt wurde. Tausende zu jedem Verbrechen bereiter Rebellen verschwanden nach ausgedehnten Raubzgen samt ihrer Beute im Rhricht, das nur fr den sichere Pfade hatte, der darin genau Bescheid wute. Niemals erfuhr man, wie viele es waren. Wer hier untertauchte, legte Namen und Vergangenheit ab. Man erzhlte, der Mittelpunkt, um den sich alles scharte, seien entlaufene Rinderhirten gewesen, die ihre Tiere nicht an die abholenden Soldaten abliefern wollten. Sie flchteten in die Smpfe mit ihnen. Schon Marc Aurel schlug sich mit diesem gesetzlosen Staat im Staate herum, ohne jemals seiner Herr zu werden.

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Spter schlossen sie sich zu tapferen und sehr gefrchteten Truppen heute wrde man sie Partisanen nennen zusammen, die Stdte, einmal sogar Alexandrien, belagerten und auch beinahe eroberten. Sie entstammten allen Vlkern und Hautfarben, Verfolgte, Gehetzte, Rechtlose, mit wild in die Augen hngenden Haaren (denn so beschrieb man sie), die Gtter und Dmonen nicht frchteten und mit den gefhrlichsten Bestien zusammenhausten. Von Generation zu Generation schleppten sich diese Guerillakmpfe weiter. Das Rubertum als solches war eine selbstverstndliche Geiel jeder, und ganz besonders jeder fremden und aufgezwungenen Regierung, verbreitet im gesamten rmischen Weltreich, durch keine Gewalt auszurotten. Schon die entflohenen Sklaven allein lieferten ihm immer neuen Nachschub. In gypten trug es und dies belastet das Schuldkonto Roms sehr entscheidend zur vlligen Auflsung der einstigen hohen Kultur und weisen Ordnung bei. Die alte Religion als Weltanschauung zerfiel, sie vermorschte gewissermaen, denn sie war auf eine unbedingte politische Selbstndigkeit aufgebaut. Die eigenen Gtter hatten einst die Gesetze gegeben, aber sie wurden von den fremden Eroberern miachtet, und von den rmischen Vorschriften wollte wiederum das Volk nichts wissen. Die Schaufel Humus hatte die Einflle der Hyksos, viel vorderasiatisches und sudanesisches Blut und die Eroberung durch die Ptolemer in sich aufgenommen. Das alles gyptisierte sich zuletzt und ging spurlos im Lande Kern auf. An der brutalen Raffgier der Rmer aber starb gypten dahin, es entartete fr immer. Die Leichen wurden nicht mehr einbalsamiert, man sehnte sich nicht mehr, in ein glckliches Land des Westens nach seinem Tode zu kommen. Finstere Emprerverbnde aen das Fleisch der Toten, denn sie hielten es fr einen bermchtige Kraft spendenden Fetisch. Auch vornehme gypter aus den ltesten und angesehensten Familien zeigten mit einer Art fanatischen Stolzes die Striemen auf ihrem Rcken zum Beweis, da sie den Fremden nicht oder nicht genug Korn abgeliefert hatten. Der kluge, geschliffene, feingebildete Mann, der in Memphis oder einer anderen Pharaonenstadt in der Schule der Priester aufgewachsen war, fhlte sich der Barbarei der Lateiner unendlich berlegen und sagte ihnen das auch bei jeder Gelegenheit. Sie seien nur als Hungerleider gekommen, um mit Gewalt die reichen Ernten gyptens wegzuschleppen das war die allgemeine Meinung. Das Weltreich selber war schuld daran. Wo sie konnten, hielten darum die gypter das Getreide zurck und erfanden tausend heuchlerische Vorwnde, welche die Ablieferung verzgerten. Die Konsuln wieder waren in Verzweiflung, denn ganze Provinzen hungerten und auf den Straen fielen sich die Menschen gleich wilden Tieren an. Mehr als alle anderen war der Pbel Alexandriens gehat und berchtigt. Er war der Ansicht, seit der Anwesenheit der Rmer bekme er nicht genug http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 433 PDF-Ausgabe 62010

zu essen. Unaufhaltsam ging das weiter, was wir heute kalten Nervenkrieg nennen. Monatelang, jahrelang standen die rmischen Legionen in ihren Kasernen in ununterbrochener Alarmbereitschaft. Ihre Quartiere wurden immer wieder von Haufen von Gesindel gestrmt, ihre Zeltlager angezndet. Da man die Christen als eine rmische oder doch den Rmern geneigte Sekte ansah, setzte pltzlich eine barbarische Christenverfolgung ein. Das war ein Jahr vor Decius, um 251. Zweimal eroberte die Ptolemerenkelin Zenobia Alexandrien und zog unter frenetischem Jubel ein. Zweimal eroberten die Rmer die Stadt zurck. Ununterbrochen flo Blut. Ein frstlich reicher Grohndler, der sich an der Spitze von ihm bezahlter Truppen zum Kaiser der Rebellen aufschwang, stellte als erstes die Getreidelieferungen nach Rom ein, was diesen Firmus beinahe zu einem Gott seines Volkes machte. Aurelian, der eine exemplarische Strafe angesichts der fortwhrend neu ausbrechenden Aufstnde fr ntig hielt, schleifte als Vergeltung das Prunk- und Palastviertel der Ptolemer, das in jener Zeit auf der ganzen Welt nicht seinesgleichen hatte. Es machte aber auf die emprte Menge jedenfalls nicht den Eindruck, den er sich erwartete. Der Aufruhr nahm immer mehr zu. Man sandte den Gallier Saturnus, um endlich Ordnung zu schaffen. Er wurde erwrgt. Der Aufstand der Blennyer, der nun ausbrach, bedeutete, da sich ganz gypten einmtig gegen Rom erhob. Es gab keinen Fubreit Landes, es gab kein Haus, in dem nicht gekmpft wurde. Rom konnte gypten nicht aufgeben, denn die Hlfte seines Getreides reifte am Nil. So mute es Brot mit Soldaten und ewigen Unruhen bezahlen. Tatschlich wurde das Reich der Pharaonen zu einem fr Rom kaum ertrglichen Aderla. Unter Diokletian belagerten die Legionen nicht weniger als acht Monate die Stadt Alexandria. Endlich ergab sie sich, an allen Ecken brennend, mit Tausenden von Toten, deren Leichen sogar die Kanle und das Hafenwasser verstopften. Und Diokletian selber, rasend vor Wut ber den Widerstand, der ihn so viele Soldaten kostete, und aufgestachelt durch die Briefe aus Rom, da der hungernde Pbel nicht mehr zu bndigen sei und drohe, die Vorratskammern und die Palste zu plndern, um Brot zu bekommen Diokletian befahl beim Einritt in Alexandria, zu morden, bis sein Pferd knietief in Blut wate. Da indes das Schicksal gndiger war, als der Rmer, indem es das Pferd des Csars stolpern lie, so da es sich am Knie mit Blut besudelte, galt der Befehl als ausgefhrt und wurde stillschweigend zurckgenommen. Aber auch ohnedem kostete die Eroberung eine Hekatombe von Leben auf beiden Seiten. Immerhin gelang es noch unter Diokletian, gypten wenigstens dem Schein nach zu befrieden. Dem Pbel von Alexandria stopfte man den Mund mit Weizen. Sonst griff man zur beliebten Form geistiger Knebelung, zog viele kostbare Papyri aus den uralten Bibliotheken der Tempel ein und verbrannte unter dem Vorwand, nur der Kaiser allein habe eine Anrecht auf Schtze aus edlen Metallen, alles, was sich auf Vorschriften alchymistischer 434 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Art bezog. Alles, worin auch nur im entferntesten von Gold und Silber die Rede war, wurde in der ganzen gyptischen Provinz sorgfltig gesammelt und vernichtet. Unwiederbringliche Priesterweisheit und wertvollste Aufzeichnungen gingen so verloren. Die erzwungene Ruhe des Todes lag ber dem Niltal. Alle Lebensfreude, alle Sorglosigkeit und Frhlichkeit waren dahin. Hinabgesunken war der Wunsch, unsterblich weiterzuleben unter der strahlenden und lebenschaffenden Sonnenbarke. Die Menschen verarmten unter den barbarisch eingetriebenen Steuern. Es blieb ihnen kaum die uerste Notdurft des Daseins. Dagegen zogen die Korn- und l- und Fleischschiffe, wohlbewaffnet und von Kriegsgaleeren begleitet, in ganzen (wir wrden heute sagen, Konvois) Flottillen unablssig nach Rom. In ihrer Verzweiflung wandten sich die ausgeplnderten und vielfach bedrckten gypter wiederum dem Jenseitigen zu. Sie suchten, wenigstens geistig einer Umwelt zu entfliehen, die fr sie so wenig Anreiz zur Familiengrndung hatte. Askese wurde allerorten gepredigt. Scharen fanatischer Mnche flchteten in ein Leben der Einsamkeit, voll von dmonischen Gesichten, in den nackten Bergen. Wohl hatte der offene Kampf gegen Rom mit Schwert und Fusten aufgehrt. Aber ohne es zu wissen, ging er in den Seelen unterirdisch weiter. Dort manifestierte er sich als Lebensberdru und Geburtenverweigerung. Mnner und Frauen kehrten sich vom Diesseitigen ab. Die Felder blieben unbestellt, die Trauben unbeschnitten, die Oliven ungeerntet. Dafr sammelten sich berall die Brger, gelehrte und ungelehrte, und fhrten leidenschaftliche Diskussionen darber, ob Christus selbst gttlicher Natur oder ein zum Gott erhobener Mensch gewesen sei. Und da sie sich auch auf soundso vielen darum einberufenen Konzilen nicht darber einigen konnten, da Arianer, Nestorianer und noch einige andere Sekten sich gegenseitig ffentlich als Betrger am Wort Gottes verfluchten, begannen bald genug die Meuchelmorde aus religiser berzeugung. Denn merkwrdigerweise hat die Menschheit fr die sublimste Geistigkeit und die tiefschrfendste Logik des erhabenen Denkens niemals ein anderes allerletztes und jedermann berzeugendes Argument gefunden, als Mord an dem, der verkndete oder der Verkndigung widersprach ... Um 631 endlich riefen die monophysitischen Bischfe die Araber ins Land, um ihre religisen Gegner auszurotten. Damals aber hatte sich Rom bereits in ein Ostrom und ein Westrom gespalten, und ber die Nillnder herrschte Byzanz. Nicht nur gypten, ganz Afrika fiel um 311 von Rom ab. Maxentius verwstete mit beispielloser Bestialitt schonungslos die ganze Provinz. So

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wurde das damalige Cirta heute heit es Constantine bis zu den Fundamenten niedergebrannt. Von Afrika griffen brigens die Kmpfe gegen denselben Maxentius dann auf die lateinische Halbinsel ber, und schlielich ereilte auch ihn das Schicksal inmitten seiner aufrhrerischen Prtorianer. Fragt man sich ohne irgendwelche vorgefate Meinung, was Rom allen diesen zu Provinzen gemachten, eroberten Lndern fr ihre Unterdrckung und die systematische Ausplnderung gab, so mu man ehrlicherweise gestehen, da der Gegenwert allzugering war. Zunchst verloren sie smtlich ihre Freiheit und Selbstndigkeit. Ihre Landwirtschaft, ihr Besitz, ihr Menschenmaterial wurde restlos in den Dienst Roms gestellt und von diesem ohne jede Rcksicht verbraucht. Von ihren eigenen Ertrgnissen blieben eigentlich nur karge Brosamen brig. Dabei hatten die meisten keine schlechteren Gesetze besessen, als die waren, die das Weltreich ihnen aufzwang. Ihre heimischen Regierungen plnderten das Volk nicht annhernd so aus, wie es die von Rom hergesandten Konsuln sich erlaubten. Die Gnstlingswirtschaft, hervorgerufen durch die Fremden, war malos und vernichtete jede ursprngliche Moral. Gewi besa der einzelne das Recht, nach Rom zu wandern, dort Handel zu treiben, ein Gewerbe zu beginnen, Gladiator, Schauspieler, Levit, Redner oder was immer zu werden aber wog das die unermelichen Opfer ganzer Vlker an Blut, Schtzen und fruchtbarer Erde auf? Alle rmischen Kolonien und das waren die fremden Provinzen in Wahrheit, trotz all der wohltnenden Phrasen von der Ehre, ein civitas romanus zu sein emprten sich gegen Rom, solange sie auch nur einen Funken Kraft dazu besaen. Und alle fielen von Rom ab, sobald dessen Macht sank. Aber Rom ntzte seine gewaltigen Machtmittel ganz unbekmmert eben nur dazu aus, um andere zu unterwerfen. Seine Vorschriften reichten nicht hin, um aus den Unterlegenen wirkliche Untertanen zu machen. Und nach dem Fall des rmischen Weltreiches blieben in allen Himmelsrichtungen erschpfte und ausgesogene Lnder zurck, zugrunde gerichtete und korrupte Vlker, eine vllig ausgeplnderte, ihrer Fruchtbarkeit beraubte Erde. Das schreckliche Ende der rmischen Weltherrschaft war nicht unverdient und ungerecht. Denn auf der Waage des ewigen Ausgleichs wiegt das, was ihre Methoden waren, als eine strende und der Ausmerzung verfallene Disharmonie. Zu dem schlimmsten, was Rom ber seine Provinzen verhngte, gehrten seine ungeheuren, jedes vernnftige Ma bersteigenden Steuervorschreibungen. Man sieht hinterher sehr wohl ein, da die unaufhrlichen Kriege, der malose Luxus in der Hauptstadt und die Vergeudung der Csaren wie der 436 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Beamtenschaft Unsummen verschlangen. Es war indes ganz sicher unbillig, diese Belastung fast ausschlielich den unterworfenen Vlkern aufzuhalsen. Allerdings bestand auf der lateinischen Halbinsel kaum noch die Mglichkeit, aus eigenem das so sehr verschwenderisch gewordene Leben ohne die Steigerung von Importen zu bezahlen. Augustus hatte einen gefllten Staatsschatz hinterlassen. Unter seinen Nachfolgern huften sich die Schulden in katastrophaler Weise. Die Zirkusspiele wurden zu einer stndigen Einrichtung, und ihre Darbietungen wurden mehr und mehr gesteigert. Man konnte sich nicht genug tun an verschwenderischem Prunk und asiatischer ppigkeit. Dagegen verfiel die Wissenschaft und alles, was man damals Gelehrsamkeit nannte. Ein vollstndiger geistiger Hiatus kennzeichnet die spte Kaiserzeit und das Ende Roms. Aller Glorie entkleidet, raste es wie ein besessener Amoklufer seinem Untergang zu. Mit dem rmischen Kolonialsystem in dem durch die Eroberungskriege arg verwsteten nrdlichen und stlichen Gallien war das Aufhren jeder persnlichen Freizgigkeit verbunden. Unter den Kaisern Claudius und Probus wurde jeder kriegsgefangene Germane als Ackerknecht angesiedelt. Rom selber sandte niemals eigenes Blut als Ansiedler aus und bildete auch keine Pflanzstdte, so wie Punien und Griechenland es getan hatten. Rom stellte nur Feldherren, Legionen und die Beamten der Verwaltung. Auch die waren in der Sptzeit lngst nicht mehr gebrtige Rmer. Denn man vergit ber dem zahlenmigen Anschwellen der Vlker von teils freiwillig, teils unfreiwillig einstrmenden Einwanderern fast immer, da die wirklichen rmischen Familien schon verhltnismig frhe aufhrten, sich in gengendem Ausma fortzupflanzen. Unter einer jahrhundertelang alles verschttenden Welle fremder Sklaven und fremden Zustroms starb das starke, harte, mnnliche rmische Volk aus den einfachen Tagen eines Gajus Mucius Scaevola fast unbemerkt dahin. Um diese Zeit gab es noch kein eigentliches rmisches Weltreich, sondern dieser Begriff leuchtete erst als blutumrauschte Fata morgana an den Landesgrenzen. Es sieht beinahe so aus, als sei Rom mit der Fruchtbarkeit seines heimatlichen Bodens dahingegangen, die Plinius bereits als ein so auerordentliches Geschenk der Gtter rhmt wenngleich sie damals, als er dies schrieb, schon nicht mehr bestand. Jene oben erwhnten germanischen Ackerknechte konnte man berall in Gallien auf den Mrkten gleich Vieh kaufen. Viele von ihnen erwarben dann irgendwie wieder einmal die Freiheit und kamen oft mit Korn und Rindern auf die gleichen Mrkte, auf denen sie einst selber eingehandelt worden waren. Smtliche rmischen Schriftsteller sind sich brigens darber einig, da sie nicht weniger widerspenstig und obstinat wie die einheimischen gallischen Bauern waren, die samt ihren Weibern fr im hchsten Grad unfgsam und aufsssig galten. Da mit diesen freien Bauern offenbar das Auskommen auf die Dauer unmglich wurde, schlo man groe, eroberte Bezirke http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 437

als Latifundien zusammen, die dann nach rmischem Muster vornehme Gropchter erhielten und ausschlielich von Sklaven bebaut wurden. Soweit das Land vordem in den Hnden freier gallischer Bauern gewesen war, vertrieb man diese von Haus und Hof, indem man ihnen durch bermige Steuerpfndungen alle Habe fortnahm. Es gab diesseits und jenseits des Limes berhaupt nur eine einzige Form von rmischer Zwangskolonisation, und auch die hatte einen rein militrischen Charakter, denn sie bestand in einer Grenzsicherung durch Sehaftmachung ausgedienter Veteranen. Aber auch sie, die durch Heirat mit eingeborenen Frauen stets mit der ansssigen Bevlkerung verwandt und versippt waren, wurden mit Steuern bis an die Linie des eben noch ertrglichen belastet. Am schwersten aber traf es die befreundeten Stmme, denen man im Schutz der rmischen Adler neues Land zugewiesen hatte. Es ging vielen so, wie den Kolonen, die samt und sonders ihre gerodeten Felder verlieen und wieder zurck in die Wlder flohen, weil sie die horrenden Steuern unter Diokletian nicht mehr bezahlen konnten. Eine ansehnliche Anzahl gallischer Bauern war niemals frei gewesen, hatte aber unter ihren Herren bis dahin wenigstens bescheiden existieren knnen. Allein die neuen Steuern, die man hintereinander unter Diokletian, Probus und Julian ausschrieb und die von den Soldaten auf die brutalste Art eingetrieben wurden, traf Freie ebenso wie Sklaven und Hrige. Die einen wie die anderen setzten sich auf dieselbe Weise zur Wehr. Sie verlieen ihre Gehfte und Htten, in denen sie geboren waren. Sie nahmen alles, was irgendwie mitzunehmen war, mit sich. Vlkerwanderungen im kleinen, zogen sie kreuz und quer durch das Land, zuletzt als Scharen mehr oder minder gewaltttiger Bettler, die wieder in die primitiven Sitten des Nomadentums zurckgefallen waren. Spter schlossen auch sie sich zu den sog. Bagauden, zu richtigen Ruberbanden, zusammen. War das mitgefhrte Vieh aufgezehrt, so bewaffneten sie sich mit Sicheln und Dreschflegeln und ritten auf ihren Ackergulen davon, um berall die noch bewirtschafteten Hfe zu plndern. Sie befestigten die Marne-Insel inmitten der Flumndung als Bagaudenschlo Auch zu ihnen mu der Zulauf beraus zahlreich gewesen sein, denn das ganze Gallien emprte sich ber den rmischen Steuerraub. Die Bagauden selbst, die sich ursprnglich um 283-284 gegen den Kaiser Corvinus erhoben hatten, wurden zu einer stndigen Einrichtung, gleichwie die von ihnen angezettelten Aufstnde. Sie belagerten und brandschatzten die Stdte, sie verbrannten berall die einzelnen Landgter und zndeten das reife Korn auf den Feldern an, damit es nicht in die Hnde der Steuereintreiber falle. Die damals schon ansehnliche Stadt Augusto domus das heutige Autun verwandelten sie in geschwrzte Brandruinen. So unsicher waren die Straen, da niemand es wagte, aus freien Stcken 438 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

eine Viehherde zu treiben oder Waren von einem Ort zum anderen zu bringen. Mit der Unmglichkeit, etwas fr ihre Ernten zu erlsen, verging den Ansssigen die Lust, die schwere Mhe der Feldarbeit auf sich zu nehmen. Das Land verdete, die Mrkte bten ihren Sinn und ihre Bedeutung ein. Die einzige Heerstrae, die sich von Autun durch das belgische Gallien zog und die einst in ausgezeichnetem Zustand gewesen war, verlor sich nun in unwegsamen Wldern und Smpfen. Einst hatte die ganze Gegend vom Weinbau gelebt. Nun konnte man weder Wein, noch Trauben, noch Pfirsiche, noch Nsse verkaufen oder Waren dagegen eintauschen. Jeder Handel erlag. Die Stdter wagten sich nicht mehr aus ihren Mauern heraus. Von drauen kam nichts herein. Lange vor der Vlkerwanderung herrschten unter den rmischen Konsuln in Gallien vlkerwanderungshnliche Zustnde. berall schrumpfte das bebaute Land in den Rodungen zusammen. Unter Maximian und Diokletian betrug es nur noch einen Bruchteil dessen, was es an Ausdehnung noch ein paar Generationen vorher gewesen war. Die wilden Tiere nahmen in erschreckender Weise zu, so da schon um dieser Gefahr willen sich niemand weit von seinem Hause wagte. Einzelne Chroniken behaupten, die Raubwirtschaft der Bagauden und die allgemeine Unsicherheit seien in der zweiten Hlfte des 5. Jahrhunderts bereits vllig berwunden gewesen. Das tatschliche Ende brachte aber erst das 7. Jahrhundert. Um diese Zeit lag das einst so fruchtbare Gallien dermaen verwstet und verwildert, da es nur noch aus Smpfen, Urwldern und Gestrpp bestand. Einde schlo sich an Einde. Bis ins Mittelalter hinein wagte man in der Picardie noch keine einzelstehenden Bauernhuser zu errichten, und bis dahin hausten die Menschen gleich Bren oder Wlfen in Hhlen, oft auch nur in versteckten Erdlchern. Die Ebene der Sane war einst frhlich und reich, klagt ein zeitgens sischer Schriftsteller, solange man die Kanle in Ordnung hielt! Jetzt sind die Niederungen zum Flubett oder zur Pftze geworden. Die gewaltigen Weinstcke sind verholzt und verwildert, und neue kann man nicht pflanzen. Damals starb die edle echte Burgunderrebe, die von Colonia Agrippina (Kln) bis nach Rom berhmt war, vllig aus. Sie wieder zu zchten, ist ebensowenig gelungen, wie den auf die Kanaren verpflanzten Malvasier, der einst auf der vor Sparta gelegenen griechischen Insel Malvoisie wuchs. Schlielich berschritten die Rmer die von ihnen selbst gezogene Linie des Limes nicht mehr. Sie saen in ihren bewaffneten und mit Sphern versehenen Kastellen. Sie fhlten sich vermutlich nicht weniger auf verlorenem Posten, als die vorgeschobenen Garnisonen jenseits des Atlas im Angesichte der Sahara. Abgesehen von ihrer eigenen Unsicherheit machten ihnen die ewigen Streitereien der gallischen und germanischen Stmme untereinander das Leben sauer. Es war ein durchaus aussichtsloses Bemhen, sie in Frieden http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 439

zu halten. Denen, die als befreundet galten, mute trotzdem jeweils Hilfe geleistet werden. Alle diese Gepiden, Vandalen, diese Alanen, Burgundionen, Taifalen und was sonst noch jenseits des Limes die Wlder unsicher machte, konnten sich von Nachbar zu Nachbar schon aus kriegerischer Stammestradition nicht vertragen. Die wilden Tiere bewohnen allein die leeren Mauern in Waldnacht versunkener Stdte, von denen selbst der Name verloren ging!, schreibt ein zeitgenssischer Berichterstatter nach Rom. Aber auch in der Urbs hatten sich die Verhltnisse wesentlich verschlechtert. Die erste Pestepidemie unter Mark Aurel um 144, die zweite unter Gallus, die 252 begann und ber fnfzehn Jahre lang im ganzen rmischen Weltreich wtete, hatten sich beraus verderblich ausgewirkt. Die Menschen lebten in einer stndigen Todesangst. Lngst gab es keine Eroberungskriege mehr, die unermeliche Schtze und Lnder voll frischer Fruchtbarkeit einbrachten, sondern nur noch Kmpfe der Verteidigung, in denen Stck um Stck des Reiches verlorenging. Auf der lateinischen Halbinsel selbst verdeten die Pflanzungen, die Stdte wurden menschenleer. Miernten fhrten berall zu Hungersnot, und die Hungersnte wieder beraubten die Felder und die Kanle der ntigen Hnde. Ein Kreislauf zwischen Unglck, Mierfolg und Mangel wlzte sich gleich einem Rad der Verzweiflung durch die verlassenen, verwahrlosten Landgter. Die Latifundien wurden fast wertlos, denn die erbrmlichen Ernten lohnten den Anbau nicht mehr. Ohne Zweifel gestaltete sich im Verlauf der Humusverwstung auch das Klima extremer und niederschlagsrmer. Das wieder beeintrchtigte die ganze Lebensform. Der Kultus des schnen, nackten Menschenleibes wich einer Mode des Faltenwurfes, der Verhllung. Anstelle der rmellosigkeit trug man den barbarischen rmel, anstatt des glatten, sorgsam gesalbten und enthaarten Beines sah man nur noch die barbarische Hose . Man begreift! berall nahm die dornige Macchia zu, die man schutzlos nicht durchdringen konnte. Die durch den Verfall der Kanle herbeigefhrte Versumpfung und damit ein milliardenfaches Ansteigen der Fiebermcken brachte die Malaria mit sich. Die Winter wurden klter, die Sommer glhender. Das allein schon bedingte einen Wechsel der Kleidung, nicht nur das massenhaft eingesickerte nordische und stliche Blut, das sich auch sonst in den vernderten Lebensgewohnheiten ausdrckte. Man hat fr das Aufhren der Antike viele Ursachen verantwortlich gemacht. Man sagte, die tragende rmische Staatsidee habe ihre Kraft verloren. Man suchte im Christentum das auslsende Moment, da eine neue Weltanschauung Platz gegriffen und den Olymp vertrieben habe. Beides ist richtig und beides ist unrichtig. Denn sowohl das eine wie das andere brachte nicht die ausschlaggebende Entscheidung und den vollkommenen Wandel zu einer neuen Seinseinstellung. Gewi wurden durch die von den Bischfen erzwungene Schlieung der 440 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Schule von Athen Denker und rzte in Massen hingemordet, und ebenso gewi ist es, da die rmische Staatsidee lange vor dem rmischen Weltreich starb. Aber wahrscheinlich wre keines von beiden geschehen, wenn nicht Rom und spter Byzanz mit fremden Begriffen, fremdem Blut und fremden Lebensformen in einem derartigen Ausma berwuchert gewesen wren. Und das wieder war die unausweichliche Folge dessen, da sie nicht mehr von ihrem eigenen Boden, sondern zum allergrten Teil von den mit Gewalt eroberten fremden Provinzen ihren Unterhalt bestreiten muten. Man braucht gar nicht an geheimnisvolle Antuskrfte der heimischen Erde zu glauben. Man mu sich nur vorstellen, was es heit, wenn der grte Teil des tglichen Brotes mit piratenbedrohten Schiffen und auf von Rubern berfallenen Straen herangebracht werden mu. Wenn es in weit entfernten Lndern wchst, die es nur gezwungen, widerwillig und um den Preis fortgesetzter Aufstnde gratis hergeben, weil sie selber hungern, wenn man es fortnimmt. Wir haben aus eigener Anschauung uns whrend des zweiten Weltkrieges genugsam davon berzeugen knnen, was systematische Ausplnderung anderer Vlker und Lnder heit und wie sie sich dort auswirkt. Wir mten es also in unserer Zeit besser begreifen, was daraus entstehen mu. Die letzten Wurzeln einer jeden Kultur sind in dem Boden verankert, aus dem sie hervorgeht. Das ist kein Wahnglaube und ist auch an keine Nation geknpft. Man kann kein Weltreich darauf aufbauen, da man Bevlkerung und Bodenfruchtbarkeit der unterworfenen Staaten zugrunde richtet und in jeder Weise vergewaltigt. Daran starb nicht nur das rmische Weltreich, sondern es ging noch jedes Reich zugrunde, das glaubte, schonungslose Ausntzung anderer sei ein geeigneter Weg zur Dauer ... Pest Man hat die Pest lange als eine der unerforschlichen Geieln Gottes angesehen. Heute, aus besserer medizinischer Kenntnis heraus, hlt man sie fr einen der berwundenen Mistnde der Vergangenheit, mit denen die Gegenwart leicht und schnell fertiggeworden sei. Damit beruft man sich auf die Tatsache, da seit der Entdeckung des Pestbakteriums um 1894 es gelungen sei, die Ausbreitung der Krankheit stark einzudmmen. Immerhin starben in Indien, wo sie seit undenklichen Zeiten endemisch ist, an ihr noch im ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts durchschnittlich jhrlich ber 900 000 Menschen. In Europa hat sie seinerzeit annhernd ein Viertel der ganzen Bevlkerung vernichtet, was man mit ca. 25 Millionen Menschen einschtzt.. Vom Zusammenhang mit der Ratte und dem Rattenfloh war schon die Rede. Das Mittelalter und die Antike ahnten jedoch nichts davon. Erst um 1680, als die Seuche zum letztenmal Sachsen heimsuchte, verfiel man darauf, da sie doch wohl ein ansteckendes Contagium haben msse, dem man durch eine lngere Quarantne Abbruch tun knne. Bis dahin war man der Meinung gewesen, es liee sich im Prinzip berhaupt nichts gegen die besagte Gottesgeiel unternehmen, die man als ein sicher gerechtes http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 441 PDF-Ausgabe 62010

Strafgericht anzusehen und in Demut zu ertragen habe. Auch die Pestrzte waren in tiefster Seele der gleichen berzeugung. berdies waren sie daran gewhnt, da auch harmlose bel oft ganz pltzlich und ohne ersichtliche Ursache zu frchterlichen Epidemien ausarteten. Die genaue Kenntnis der Symptome mangelte zumeist. Man warf ziemlich unbesehen Typhus, Ruhr, Inltuenza, Grippe, Gelbes Fieber, Fleckfieber und Cholera in einen Topf mit der Pest. Auch das erste, ber alle Begriffe grauenhafte Auftreten der Syphilis in Europa in Seuchenform wurde als neue Form der Pest erklrt. Tatschlich scheinen die Symptome des Schwarzen Todes, der Pocken, der Lungenund Bubonenpest so wandelbar gewesen zu sein, da selbst der erfahrene und ausgezeichnet beobachtende Paracelsus in seinen Traktat De pestis eine ganze Serie sich widersprechender Erscheinungen aufnahm. Die frheste Pest, an welche die Menschheit sich noch erinnert, brach in Athen whrend des Peleponnesischen Krieges aus und wurde dann spter die Pest des Tukydides genannt. Dann wei man bis um die Geburt Christi nichts mehr. Ob es der Mangel an Bevlkerung, ob es das Nichtvorhandensein groer Stdte, ob es die allgemein bliche Form der offenen Feldschlacht war, oder ob man berhaupt naturgemer lebte, lt sich heute nicht mehr entscheiden. Jedenfalls tritt von da ab die Pest erst wieder um 72 im belagerten Jerusalem auf, das ihr mehr als den Waffen des Gegners erliegt. Von dort aus wird sie durch die rckkehrenden rmischen Soldaten um 77 auch in Rom eingeschleppt. Ganz sicher gab es dazwischen an manchen Orten ein unbedeutendes Aufflackern, das sich aber in den Chroniken nicht erhalten hat. Fast hundert Jahre danach, nmlich um 177, ging dann die erste schreckenerregende Pestwelle durch Asien und das ganze, damals bekannte Mittelmeergebiet. Das wiederholte sich um 189 unter Kaiser Commodus und dann noch einmal unter Gallienus um 256. Man wei nicht genau, wann sie endlich auspendelte. Sie mu aber recht schlimm gewesen sein, denn in Rom allein forderte sie an 5000 Opfer. Ganz unverhltnismig rger aber wtete die am meisten bekannte Justinianische Pest, die annhernd um 541 von Pelusium in gypten ausgegangen sein soll, ganz thiopien verheerte, dann auf Vorderasien und Palstina bersprang und nun rund ein halbes Jahrhundert andauerte. Ihr Hauptzentrum war damals Byzanz, das sehr volkreich war, aber nur noch wenig rzte besa, da diese zumeist noch ketzerische Heiden und als solche bis fast zur vlligen Ausrottung hingemordet wurden. Es scheint keines wegs bertrieben zu sein, da um 544 in Byzanz tglich 4000-10 0000 Menschen an der Seuche starben. Die Stdte waren damals am meisten gefhrdet. Die rmische Stadt Trier verlor an derselben Epidemie beinahe ihre ganze Brgerschaft. Das gleiche geschah um 588 Marseille, das zu jener Zeit noch immer wie in den punischen Tagen seiner Grndung Massilia hie. Wie von je, strmten die Menschen auch bei der Pest in die greren Nie442 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

derlassungen, um Schutz und Hilfe zu suchen. Das Gebiet dazwischen lag einsam und verlassen. Nur die allernchsten Felder wurden noch bebaut, da niemand sich weit hinauswagte, denn jeder frchtete, von der Krankheit pltzlich berfallen zu werden. Alles Land, das einigermaen abgelegen war, wurde nicht mehr best, nicht einmal abgeerntet. Es verwandelte sich in eine wste Wildnis voller Dornenbsche und Disteln. Ackerland an sich hatte berhaupt keinen greifbaren Wert mehr. Die Menschen waren so wenige geworden, der Nachwuchs war derart zusammengeschrumpft, da das bichen Korn, das um die Stdte herum reifte, ausreichte, um die Einwohner zu ernhren. Und die Menschen lebten in Todesfurcht und Verzweiflung dahin. Sie waren im Zeichen der Pest geboren, sie starben an der Pest, sie konnten sich nicht vorstellen, da es jemals eine ra gegeben hatte, in der die Leute nicht auf der Strae tot umfielen und in der nicht Tag und Nacht die knarrenden Pestkarren durch die holprigen und grasbewachsenen Straen fuhren ... Whrend der Vlkerwanderung fehlte es begreiflicherweise nicht an den verschiedensten Seuchen, die von Ort zu Ort, von Land zu Land verschleppt wurden. Die Menschen erlagen ihnen gleich den Herbstfliegen. Ganze mitteleuropische Provinzen entvlkerten sich, aber es ist nicht nachweisbar, ob es sich dabei um Bubonen-(Beiden-) oder Lungenpest, ob es sich um Fleckfieber handelte. Es scheint indes, als sei es erst den Kreuzzgen vorbehalten gewesen, aus dem Orient mit so viel Gutem und Bsem abermals die Pest nach dem Westen mitzubringen. Zwischen dem 13. und dem 14. Jahrhundert erreichte diese aus der Levante importierte Pest als Schwarzer Tod denn auch ihren europischen Hhepunkt. In zusammenhngenden Etappen hatte sie schreckliche Ausbrche um 1361, um 1371 und um 1382. Man mu es wirklich glauben, da sie faktisch erst um 1820 im Kaukasus endete. Bis dahin fra sie jene Viertelmilliarde Lebender, der alle Altersstufen, alle Bevlkerungsklassen, alle Geschlechter angehrten. Man konnte sich bisher nicht erklren, was eigentlich die Ursache war, da der Schwarze Tod jahrhundertelang in unserem Kontinent von Stadt zu Stadt, von Land zu Land wanderte. Aber wenn man die alten Chroniken vergleicht, so schlingt sich seine Linie kreuz und quer ber alle Grenzen. So taucht er um 1419 in Sachsen auf, um 1420 in Augsburg, um 1429 wieder in der Gegend um Leipzig, um 1450 im bis dahin verschonten Dresden, um 1451 in Kln und zugleich im weit entfernten Rostock, sowie in ganz Mecklenburg. Dann springt das groe Sterben mit einmal um 1463 auf Thringen ber. Um 1472 beginnt es in den Niederlanden. Und eine hnliche Folge geht dann durch das ganze 16. Jahrhundert. In Wahrheit blieb auch nicht ein einziger Landstrich verschont. Um 1553 bezahlte Nrnberg seinen Tribut, um 1541 Wien. Das Jahr 1547 wurde sowohl fr Ulm, als fr Lbeck verhngnisvoll. Delft und Haarlem folgten http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 443

zwischen 1557 und 1573, Freiburg um 1598. Von 1635-1639 gingen in Nymwegen die Totenglocken. Eine Pestepidemie, bei der London fast ein Viertel seiner gesamten Brgerschaft verloren haben soll, fllt in die Jahre 1565 und 1566. Da das Auftauchen der Pest sich alljhrlich im Sommer wiederholte, daran war man in ganz Europa als an etwas Selbstverstndliches gewhnt. Man nahm es so hin, wie da die Frsche laichen und blutgierige Bremsen Mensch und Tier whrend der Erntezeit berfallen. In jeder Stadt gab es Pesthuser, oft genug auch ganze Pestviertel, in denen die Tren vernagelt waren und ein gro aufgemaltes schwarzes Kreuz neben dem anderen stand. Solche Gebude blieben ungeffnet oft Jahrzehnte lang, und meistens vernichtete sie dann einer der zahlreichen Stadtbrnde erst endgltig. Nach dem Dreiigjhrigen Krieg bernahm man da und dort die alten Pestquartiere, um landfahrendes Volk darin sehaft zu machen. In Nrnberg z. B. siedelte der Stadtrat in den ausgestorbenen Pestgassen an der Pegnitz Hunderte von verwilderten Soldaten an, Hurenweibel mit ihrem Weibs- und Kindervolk, entlassene Sldner und verschleppte Bauernjungen vom Tro, denn die Stadt drohte nach dem Dreiigjhrigen Krieg zu verden und infolge von Menschenmangel unter ihrer unertrglichen Schuldenlast zusammenzubrechen. Betrachtet man nun diese historischen Angaben mit jener Objektivitt, die das Ergebnis vorbeigelebten und nicht mehr persnlich berhrenden Unglckes ist, so mu man sich sagen, da alle die bisherigen Erklrungen nicht als restlose Erklrung gelten knnen. Denn sie suchen die Ursache zumeist nur in der Krankheit allein und viel zu wenig in ihren Vorbedingungen. Schon die Tatsache, da man durch strenge Quarantne das Vordringen der Pest wesentlich einschrnken kann, zeigt, da es nicht nur eine unbedingte Ansteckung dabei gibt. Das Pestbakterium, dieses unbewegliche Stbchen, wandert ja nicht aus eigenem. Es bleibt ein Stbchen oder Tnnchen, das sich nicht vom Fleck rhrt. Es ist durchaus auf seine sehr beweglichen Zwischenwirte, die Ratte und den Rattenfloh Pulex cheopis angewiesen. Beide Rattenarten, die Hausratte (mus rattus) und die Wanderratte (mus norvegicus Exl.) wanderten aus Westasien bei uns ein. Was den Pestfloh anlangt, so ist er indes nicht nur dadurch ein wirklicher Kosmopolit, sondern auch, weil er auf einer Reihe von Musen, Kaninchen und anderen Nagern in Asien, Afrika und Amerika lebt. Auf der Ratte hausen Floh und Pestbakterium als echte Parasiten, der Floh exterritorial, das Bakterium durch Stichinfektion im Blut. Da das der Ratte schlecht bekommt, wissen wir. Auch das Peststbchen gehrt zu den ausgesprochenen Abbauern, wenn es auch ein aerober ist. Die Ratte, die in Europa wohl allein bertrger war, wird also akut oder chronisch pestkrank. (Bitte, 444 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

in dem entsprechenden frheren Kapitel darber nachlesen!) Alle Ratten sind hemmungslose Aasfresser. Sie machen ihren pestkranken Kameraden gegenber keine Ausnahme. Ihre Verdauungssfte sind beraus scharf. Man knnte deshalb daran denken, da sie sich untereinander vielleicht weniger durch das Vertilgen verseuchter Kadaver anstecken das erstere tun sie in groem Ausma , als durch die bernahme bakterienhaltiger Rattenflhe, die selbstverstndlich vom toten Krper auf den lebenden hinberspringen. (Meines Wissens ist diese Frage noch nicht befriedigend gelst, denn auch gesunde Ratten sind stets Trger aller nur denkbaren Erreger.) Auch die Verbreitung von Mensch zu Mensch scheint fast ausschlielich ber den Rattenfloh zu gehen. Heute, da in den Kulturlndern der Floh als Schmarotzer fast ausgerottet ist, macht man sich keinen Begriff davon, welch ein selbstverstndliches bel er einmal war. Die einst griechischen Lnder mit ihrem posthumen Hirtenleben sind bis jetzt noch voll von Ungeziefer. Das kann frher nicht besser gewesen sein. Vielleicht die wirklich vornehmen Familien in Athen, Rom und Byzanz ausgenommen, waren in der Antike Handwerker, Bauern, Sklaven hochgradig verfloht, verlaust und verwanzt. Bei den rmischen Schriftstellern, die sich zumeist kein Blatt vor den Mund nehmen, findet sich immer wieder die Warnung, da der vornehme Jngling Eseltreiber und Lasttrger meiden mge, denn sie seien unfltig, ungewaschen und voll Ungeziefer. Auch seien die ordinren Lupanare und Vorstadtschenken nicht zu besuchen, wo man sich mit Pest, Seuchen und Aussatz anstecken knne. Nun mu man sich die kulturell viel ungnstigeren Verhltnisse im mittleren und nrdlichen Europa whrend des Mittelalters ins Gedchtnis zurckrufen. Der schlechten Heizbarkeit und des ewigen Zuges in den Wohnungen halber trug man den grten Teil des Jahres wollene Gewnder, oft mit Pelzen verbrmt. Sie wurden selten oder nie gewaschen. Ihre Anschaffung war teuer, und so wechselte man sie zuweilen das ganze Leben lang nicht. Gewi gab es Badstuben fr die Brger, aber nach dem Auftreten der ersten groen Syphiliswelle schlo man sie fast berall. Sie waren brigens fr die damaligen Verhltnisse auch keineswegs billig. Alle die verlockenden Geschichten, da schne Badmgdlein Ritter und Knappen im Bad pflegten und bedienten, bezogen sich nur auf solche, die entweder zum Gefolge eines reisenden Frsten gehrten dann bernahm die Stadt als einen Teil ihrer Gastfreundschaft die nicht unerheblichen Kosten , oder auf Leute, die mit guten Pfennigen bezahlen konnten. Unter gar keinen Umstnden aber waren sie dem armen Teufel, dem Wanderburschen, dem Landfahrer, dem Bettelmnch oder Bauern zugnglich. Die schleppten ihren Schmutz und ihr Ungeziefer von Ort zu Ort, schliefen in Scheunen, lungerten vor Klosterpforten herum oder suchten die oft herzlich unsauberen Zunftquartiere heim. Jedes Brgerhaus besa fast ausnahmslos seine Misthaufen, auf denen sich http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 445 PDF-Ausgabe 62010

Schweine und Hhner herumtrieben. Dorthin wurde aller Abfall und Unrat ausgeleert. Diese Misthaufen waren stets von unzhligen Ratten bevlkert, die sich ins Ungemessene vermehrten und trotz der Verfolgung durch Katzen, Hunde und Schweine keine nennenswerten Feinde hatten. Da unter ihren Flhen selbstverstndlich auch immer solche waren, die Pestbakterien in sich trugen, darber ist kein Wort zu verlieren. Ebensowenig darber, da sich diese Pestflhe zu jeder Zeit mit den harmlosen Hausflhen mischten. Die zeitgenssische Darstellung, die sich auf annhernd ein Jahrtausend bezieht, ist voll von Szenen, wie eine ppige, halbnackte Frau vor dem Schlafengehen ihre Kleider oder ihr Bett nach Flhen absucht. Man hatte sehr viel brig fr die Pikanterie eines solchen Bildes, und niemand ahnte, wie oft hinter dem Floh im Hemd der Schwarze Tod lauerte. Viele Generationen lang bemchtigten sich die rmsten unter den Armen der Kleider von Pestleichen oder es wurden diese sogar als Guttat unter sie aufgeteilt. Die infizierten Flhe darin bernahmen sie natrlich mit. Da man die Zusammenhnge nicht kannte, lt sich heute nicht mehr feststellen, ob nicht dort, wo die Menschen binnen 24 Stunden an der Seuche dahingingen, eine vermehrte Flohplage und die Anwesenheit von besonders viel Ratten die Ursache waren. Dem Rattenfloh schadet das Bakterium offenbar nicht. Er erholt sich sogar von den gleichfalls in ihm lebenden Erregern des Fleckfiebers (Rikettsia Prowazedd), die ihn offenbar weit mehr belstigen. Es ist nachgewiesen, da Insektenwirte nur selten an ihrer Darmflora erkranken, denn sie dient ihnen zur Verdauung ihrer sehr einseitigen Nahrung, die hier ausschlielich aus flssigem Blutplasma besteht. (Sobald eine Zusammenklumpung des Blutes in einem gestorbenen Krper erfolgt, sind sie daher gezwungen, den Toten zu verlassen, weil sein Blut sich nicht mehr aufsaugen lt.) Auch als man dann spter in die Pestgruben ungelschten Kalk schttete und alles, oft die ganzen Pesthuser verbrannte, erreichte man die eigentlichen Trger der Ansteckung, die Ratten und ihre Flhe, nicht. Die Seuche ging weiter. Sie war eine direkte Folge der allgemeinen Unreinlichkeit, des Lebens im Abfall und mit den Nutznieern des Abfalls . Htte man systematisch allen diesen Unrat rechtzeitig humifiziert, htte man ihn aus den Husern, den Wohnungen, den Stdten weggeschafft, so wre dadurch allein die Epidemie ihrer ansteckendsten Kraft beraubt worden. Mit einem anderen Wort: Die Ursache der Pestepidemien nicht der Krankheit an sich, wohl aber ihrer frchterlichen Ausbreitung war die unterlassene Humifizierung, also der unterbrochene Kreislauf. Bei Vermeidung der Misthaufen, bei der rechtzeitigen Anlage einer ntzlichen Kanalisation htten sich in den Stdten nur vereinzelt Ratten ernhren knnen. Ohne sie htte es nicht so viele Rattenflhe, ohne so viele Rattenflhe nicht astronomische Scharen von Pestbakterien gegeben, die mit den Flohstichen immer wieder den Menschen eingeimpft wurden. Und ohne sie wre niemals ein solcher kollektiver Schrecken, eine solche psychische Strung aller Krperfunktionen eingetreten. Denn erst das alles zusammen bewirkte die 446 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Ausmerzung von Tausenden und aber Tausenden in den denkbar krassesten Formen extremer Krankheitsablufe. Die schlimmsten Vorbedingungen fr eine Pestepidemie mssen die Zustnde in monate-, sogar oft jahrelang belagerten Stdten gewesen sein. Schon das Lagerleben als solches brachte regelmig die eine oder andere Seuche, in gelinden Fllen Ruhr oder Typhus oder irgendwelche Arten von Grippe mit sich. Auch angesichts der beiden Weltkriege kann man sich nicht leicht eine richtige und anschauliche Vorstellung einer solchen um eine befestigte Stadt konzentrierten Belagerung machen. Sogar fr den militrisch bevorzugten Gegner brachte sie die rgsten gesundheitlichen Schdigungen mit sich. Sobald einige Zeit verflossen war, dunsteten die Stadtgrben einen unertrglichen Fulnis- und Verwesungsgestank aus, da sie oft bis zum Rande mit Abfllen und vor allem mit Leichen angefllt waren, die man, auch wenn man es gewollt htte, weder bergen, noch begraben konnte. In der Sommerhitze und man vermied des Klimas wegen nach Mglichkeit Belagerungen wintersber waren sie umschwirrt von Millionen von Aasfliegen, die rundum alles mit gefhrlichen Erregern vergifteten. Die Zeltgassen, wo Mensch und Vieh durcheinanderwimmelten, verwandelten sich bei Regen in einen zhen, knietiefen Schlamm. Sie wurden kaum je gereinigt. Es gab nur ausnahmsweise Latrinen und fast nie eine ffentliche Waschgelegenheit, es sei denn, da auerhalb der Reichweite der Geschtze ein Flu zur Verfgung stand. Die Schlachtabflle der zusammengetriebenen Herden wurden den Geiern und verwilderten Hunden berlassen. Was diese tierische Reinlichkeitspolizei nicht vernichtete, blieb unbekmmert liegen. Der Feldscher und seine Gehilfen arbeiteten denkbar unsauber, und auch die Abflle ihrer Ttigkeit huften sich in den Winkeln oder am Lagerende. Heere von Ratten lebten von Unaussprechlichem. Es kam immer vor, da Kranke in den Zelten bei lebendem Leib von ihnen angenagt wurden. Hufig fehlte es an gutem Trinkwasser. Unter den Panzern und ledernen Wmsern wuchs eine beispiellose Verlausung. Die gefrchteten Petechien, die besonders whrend des Dreiigjhrigen Krieges eine wahre Geiel aller Heere waren, rhrten vom Fleckfieber her, das immer wieder mit der Pest verwechselt wurde, in Wahrheit aber nicht weniger Epidemien verursachte als diese. Das Fleckfieber, das man auch Lagerfieber nannte, gehrte berhaupt unweigerlich zu der Zusammenballung vieler Menschen. Es wird durch Luse (und zwar sowohl Kopf- als Kleiderluse, die sogar untereinander bastardieren) auf den Menschen bertragen, aber das ist nur die eine Linie der Ansteckung. Die andere geht leider, wie gesagt, ber den gefhrlichen Rattenfloh. Es gibt sogar eine Verbindung ber Milben und die von ihnen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 447

befallenen Feldmuse. Nager scheinen vorzugsweise an der bertragung beteiligt zu sein. Nur in den warmen Lndern beschrnkt sich die Infektion einzig auf die Kopflaus. Kopfluse gab es auch auf Inka- und Aztekenkpfen, unter denen das Fleckfieber seit undenklichen Zeiten endemisch gewesen zu sein scheint. Denn die Ratte wurde, wie auf Seite 372 bereits erwhnt, erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts nach Peru verschleppt. Die Nager ertragen die Rikettsien ohne Schaden, aber in diesem Fall brachten sie zum Fleckfieber auch die Pest mit, die von da ab furchtbare Verheerungen dort anrichtete. Seit man wei, da ein Teil der Pestverluste auf Rechnung des Fleckfiebers zu setzen ist, hat man die Chroniken sich genauer daraufhin betrachtet. Und da hat man denn auch feststellen knnen, da z. B. in London, das im vorigen Jahrhundert annhernd 40 Millionen Ratten beherbergte, in Wahrheit das Fleckfieber niemals ganz erlosch. Es hatte allerdings im Laufe der Geschichte verschiedene irrefhrende Namen. Nach einer Fleckfieberepidemie in Ungarn um 1542 nannte man es die Ungarische Krankheit. Und als solche trat es um 1566 in Wien auf. Von vielen Transporten nach den Kolonien her hie es im ganzen 18. Jahrhundert dann Schiffsfieber und war sehr gefrchtet. Da die Rikettsien zu den Virusarten gehren, konnte man ihrer erst sehr spt habhaft werden. Der erste und der zweite Weltkrieg brachten ein katastrophales Wiederaufflammen des Fleckfiebers mit sich, sobald in den Schtzengrben die Verlausung Fortschritte machte. Hunderttausende von Toten bezahlten die Freundschaft der Luse mit dem Fleckfieber, die allerdings in Wahrheit gar keine Freundschaft ist, denn ausnahmsweise stirbt die Laus nach ca. vierzehn Tagen daran. Sie zerplatzt buchstblich eigentlich ein Zeichen dafr, da sich die Erreger bermig in ihrem Leib vermehren. Um noch einmal zu der Erinnerung an die von Feinden eingeschlossenen Stdte zurckzukehren, so waren sie zumeist noch viel schlimmer daran, als die Belagerer. Denn bei den Brgern kam noch die Verzweiflung bei dem Gedanken dazu, die Stadt knnte im Sturm genommen und tagelang geplndert werden, wobei sich jede Art von Scheulichkeiten ereignete, die nur der Mensch dem Menschen gegenber fhig ist. Und aus dieser ganzen Hlle menschlichen Jammers stiegen als bleiche Oridoppelflamme Pest und Fleckfieber, die dann zugunsten der Sieger entschieden, ja, die sie meist eigentlich erst zum Sieger machten. Sie vollzogen die Auslese mit einer Unbarmherzigkeit, die jeder Beschreibung spottet. Und nach der beglichenen Rechnung kam

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regelmig in der lokalen Geschichte eine erschreckend unbeschriebene Seite, mit der das Wort der Erkenntnis zur Wahrheit wurde:, ... als die Welt rein geworden war, weil sie leer geworden war ... Welche Folgen mu man nun der Pest (und allem, was gleich der Pest die Formen der Epidemie annahm) in der Geschichte der Vlker und der Kontinente zuschreiben? Um sie richtig zu verstehen, mu man sie einstufen, denn sie schlieen sich konzentrisch in weiten Abstnden aneinander. Alle bestimmenden Faktoren suchen sich innerhalb eines Kontinentes auf krzestem Wege auszugleichen. Solche umfassende Ausgleiche werden zwischen dem Klima und den Lebensreichen durchgefhrt, und in sie passen sich die scheinbar ganz willkrlichen Ausgleiche zwischen den einzelnen Rassen, den einzelnen Zivilisationen, den einzelnen Kulturen ein. Die Pest strte in Europa diesen natrlichen Ausgleich auf das nachdrcklichste. In Vorderasien war sie es, die nach der Verwstung der Bden den letzten Ansto zur allgemeinen Entvlkerung bildete. Das ging soweit, da die gegenseitige Vernichtung von Mensch und Natur sich selbst aufhob. Es kam nichts mehr nach. Der erste Flugsand verschttete die letzte Pestleiche. Anders war es in Europa. Dessen unerschpfliche menschliche Fruchtbarkeit hat bis jetzt noch alles berdauert, selbst die Verringerung der Fruchtbarkeit der mtterlichen Erde. Aber die Generationen, welche den Schwarzen Tod berstanden, waren verschreckt, tief verngstigt, geistig gelhmt, ohne die notwendige schpferische Initiative. Sie waren durch ein wahres Inferno hindurchgegangen. Bei vielen wirkte sich das so aus, da sie sich einem gedankenlosen, brutalen Machtgedanken verschrieben, und da sie keine andere Wunscherfllung anstrebten, als die des Triebgenusses. Ein anderer Teil wandte sich fanatisch dem Jenseitigen zu, erhoffte auf dem Weg ber die Alchymie eine Beherrschung des Diesseitigen, erlag den Vorstellungen eines dumpfen Hllenzwanges und verkroch sich hinter einer zhneklappernden Angst. Die eine wie die andere Richtung war nicht geeignet, Fortschritte in der Weltbrgerschaft vorzubereiten. Pest und Unsicherheit lieen die Brger sich nicht vor ihre Mauern wagen. Das Reisen wurde so gut wie ganz eingestellt. Wer herumzog, gehrte zu den Soldaten, oder es waren allerletzte Trupps ausstziger Ruber (obgleich die Leprsen zum allergrten Teil von der Pest mitausgerottet wurden), oder aber es waren schwerbewaffnete Kaufherren mit ihrem Gefolge, die freilich immer eines berfalles gewrtig sein muten. Wenn einer sonst zu reisen gezwungen war, so bedauerte man ihn gleich einem Todgeweihten und seine Familie war voll Sorge, bis er endlich wiederkehrte. Dementsprechend waren die Verkehrsmittel ganz unentwickelt, die Herbergen unter aller Kritik, die Straen von einer halsbrecherischen Verwahrlosung. Alles das verhinderte, sich von Nation zu Nation kennen und befreunden zu lernen. Die nchste Nachbarstadt galt bereits als Ausland. Die Landeshttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 449

grenze zu berschreiten, betrachtete man als mutige Heldentat. Man erwarb nicht den leisesten Begriff von der Wesensart des Nachbarvolkes oder der brigen Vlker desselben Festlandes. Es war also unendlich leicht, die Gemter mit Schreck- und Schmachgeschichten ber die Menschen jenseits der Grenzen zu erfllen, die noch dazu eine andere, unverstndliche Sprache sprachen. Das gegenseitige Mitrauen, das immer noch die Vlker unseres Kontinentes gegeneinander erfllt, wurzelt in jenen finsteren und allem Fremdwesen abgeneigten Tagen. Diese eisernen Klammern bertriebener Bodenstndigkeit lsten sich erst im Barock und Rokoko mit dem Ein strmen neuer Ideen. Und die groe Reiselust, die jeden Gesellen auf jahrelanger Wanderschaft durch fremde Lnder fhrte, brach eigentlich erst nach den Napoleonskriegen strmisch wie eine Blte der ahnungsvollen Romantik auf, die den Kosmopoliten auf die hchste Stufe aller Bildung stellte. Das aber konnte sich erst entwickeln, als der Schwarze Tod endgltig in unseren Breiten erloschen war. So wie die Justinianische Pest den Schlustrich unter die ausgelebte Antike setzte, so verhinderte die Pest, die vor Rom in den Heeren von Barbarossa um 1167 ausbrach (sie soll nach anderer Version eine schreckliche Pockenseuche gewesen sein), endgltig den dominierenden Einflu Italiens auf Mitteleuropa. Bis dahin war das Heilige Rmische Reich Deutscher Nation das, was sein ihm von Karl dem Groen gegebener Name besagte: ein Zusammenschlu des Sdens mit dem Norden, der zugleich eine gesunde Basis fr eine Umfassung von Osten und Westen bot. In diesem seltenen Fall einmal war der Kaiser nicht nur der weitschauende Trger eines europischen Einheitsideals, sondern er besa auerdem auch die Macht und an richtiger Stelle die durchfhrenden Persnlichkeiten dazu. (Dieser Fall ereignet sich darum so selten in der Geschichte, weil die Persnlichkeit sonst fast stets gehemmt und von ihren Zielen abgebogen wird, da sie ihren Einflu doch dem bermchtigen Komplex zeit- und umweltbedingter Faktoren unterordnen mu.) Barbarossa aber hatte das ausnahmsweise Glck, in seiner ganzen Begriffswelt mit seiner Zeit bereinzustimmen, und wenn jemand die geistigen Fhigkeiten besa, um dies wissend zu tun, so war das er. Man sagt, durch einen Schirokko wurde die Pest im Lager der deutschen Ritter und Landsknechte hervorgerufen. Es ist mglich, da die in allen Schirokkolndern bekannten Einflsse dieses nervenbelastenden Sdwindes mit daran Schuld waren. Andererseits aber wei man, da die Soldaten sich gezwungen sahen, das schlechte, verseuchte Wasser zu trinken, das sie aus den Zisternen und aus dem Tiber schpften, weil kein Wein mehr aufzutreiben war. Hier ist also die Veranlassung zu einer Infektion augenscheinlich. Wie gewhnlich begann es mit bsartigen Typhus- und Ruhrfllen. Die Pest oder die Pocken kamen erst spter dazu. Die Seuche entschied gegen Barbarossa, so wie ein paar Jahrhunderte spter das Fleckfieber fr Karl V. entschied. Rom als geplantes Zentrum des 450 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Reiches ging verloren. Ein Zusammenschlu von Nord und Sd kam nicht mehr in Frage. Wohl aber wurde das Papsttum zwangslufig auf dem Irrweg, durch weltliche Macht seine rein geistige Oberherrschaft zu festigen, vorwrtsgetrieben. Als in der Renaissance noch einmal die Antike auferstand, wurden ihre Ideen klug auf eine Neubelebung von Kunst, Dichtung, Sprache und Baustil abgelenkt, whrend man es sorgfltig vermied, die wohlausgeprobte politische Form des antiken Stadtstaates wieder neu aufleben zu lassen. Und dabei htte Europa gerade dessen am meisten bedurft. Denn alle seine Entgleisungen hatten und haben ihre Wurzel stets in der Anhufung von allzuviel Macht in den Hnden einzelner unter welchen Titeln sie auch gerade regieren mgen. (Die Todsnde des europischen Menschen, der er immer wieder verfiel, war der Machtwahnsinn, der sich in einer republikanischen Ausgewogenheit und einem Krftespiel, das mglichst vielseitige Interessen bindet, am wenigsten entfalten kann. Der antike Stadtstaat indes, der sich, freilich stark abgewandelt, heute vielleicht nur noch in der Schweiz verkrpert, ist unter den abendlndischen Verhltnissen das einzige organische Beispiel, das es wert ist, in Betracht gezogen zu werden.) Alle diese Mglichkeiten eines umfassenden und dauernden Ausgleiches gingen mit der Pest vor Rom dahin. Das Streben gegenseitiger Zusammenwirkung bog von nun ab mit scharfem Knick auseinander und hat sich seither nicht wieder zusammengefunden. Bis heute liegt zwischen dem Diesseits und Jenseits der Alpen unberbrckbar noch immer ein Abgrund von Miverstehen und vllig getrennten Interessen. Die ganze Wirtschaft hat sich dadurch in Europa anders, gewissermaen exterritorial entwickelt. Sie strebte nach auen, anstatt zuerst den eigenen Kontinent zielbewut zu erfassen. Es wurden durch die infolgedessen viel frher notwendig werdende Auswanderung und eine zunchst vllig falsch nmlich abermals auf der Basis des unbeschrnkten Machtgedankens einsetzende Kolonisation ferner Lnder unermeliche Krfte, unermeliche Mittel vertan, die dem eigenen Erdteil htten nutzbar gemacht werden knnen. Dafr nahmen die Kriege und die Auslese in jeder Form kein Ende. Europa, als der kleinste und benachteiligteste Kontinent sofern man es berhaupt einen selbstndigen Kontinent nennen kann ist in seiner Natur nicht so beschaffen, da es ohne die paneuropische Basis eines alle seine Vlker befriedigenden Ausgleichs existieren kann. Gewi erreichte Barbarossa durch diplomatische Geschicklichkeit und Kaltbltigkeit um 1183 einen Teil dessen, was seine Absichten bezglich Italiens oder eigentlich des Papstes betraf. Aber da war er schon ein alter, mder Mann, der nur noch sieben Jahre zu leben hatte. Mit seinem Sohn Heinrich aber begann wiederum die Reihe der unbeugsamen und uneinsichtigen Willensmenschen. In wenigen Generationen zerfiel alles, was schon als tragfhiges Fundament zu einer kontinentalen Einigung aufgemauert worden http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 451 PDF-Ausgabe 62010

war. Jeder kleine Landesherr suchte nur seine Hausmacht zu vergrern, unbekmmert um die Forderungen der Ganzheit Europa. Das venetianische Kolonialreich mit den Lusignans war nichts anderes, als eine mit bewaffneter Hand betriebene Grohandelsfirma, die nur fr ihren eigenen Gewinn arbeitete und ihr Ziel in mglichst rentabler Ausdehnung ihres Orient- und Indiengeschftes sah. Es erlag, als sich der Weg der Eroberungen nach Westen wandte. Wre dies nicht geschehen, so wre es mit Sicherheit an der grauenhaften Verkarstung des Balkans, zu der Venedig noch mehr als die Punier beitrug, frher oder spter zusammengebrochen. Eine unschtzbar groe Hekatombe von Menschenleben, von unerfllten, falsch belasteten Schicksalen, von mibrauchten Krften, von zerstrten und ausgeraubten Naturen ergo sich seither ber die Jahrhunderte hin. Seit Karl dem Groen hatte man ununterbrochen versucht, ein Paneuropa aufzurichten, und dieser Versuch scheiterte jedesmal an einem nicht gelungenen Zusammenspiel der beteiligten Mchte. Ein einziges Mal wre der Zusammenschlu von kontinentalem Ausma mglich gewesen, ein einziges Mal schien er politisch ausgereift und gesichert aus dem Chaos sich stndig bekmpfender Interessen aufzusteigen. Und da milang er. Milang durch die Pest ... Gehen wir noch einmal den Weg zurck. Die Entscheidung, die als endgltig hinter der Masseninfektion des deutschen Heeres vor Rom liegt, beruht auf der absoluten Unwissenheit der damaligen Zeit gegenber den Anforderungen primitivster Hygiene, die wiederum davon herrhrte, da man von den Belangen der fruchtbaren Erde so gut wie nichts wute. Unzerreibar haften die Glieder dieser Kette von Ursache und Wirkung ineinander. Niemand sah ein, da erst das Optimum der Humuserhaltung der Boden ist, auf dem das Optimum geistiger Entfaltung harmonisch gedeihen kann. Denn Erde, Kosmos, Leben, Materie und Geist erhalten sich nur durch eine ewige, ungestrte Wechselwirkung, an die zu rhren nicht gut ist. Das Beispiel der Pest vor Rom und ihrer Folgen ist relativ, wie alle Beispiele. Aber innerhalb der greifbaren Beziehungen der Vergangenheit zur Gegenwart besitzt es doch ein unleugbar Positives. Man kann aus ihm die Zukunft im Spiegel des Gewesenen erkennen.

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Hungerndes Europa Als Marco Polo um 1272 die Berichte von seinen Weltreisen verffentlichte, fand er durchaus nicht jenen Beifall, den er fr das Anknpfen wertvoller Fden zum Reich der Mitte verdient htte. Man flegelte ihn auf unverschmte Weise als Lgner und Aufschneider an, und seine Landsleute glaubten ihm wenig oder gar nicht. Levantinische Hochstapeleien hatten sie zur Genge kennengelernt. Sie wuten, was ein ernsthafter, auf seinen guten Ruf bedachter Kaufmann in Venedig oder Genua davon zu halten hatte. Sie stellten ihren Landsmann auf eine Stufe mit jenen. Erst die nachfolgenden Jahrhunderte besttigten, da Marco Polo wirklich im Dienste Kublai Khans stand, da er Birma mit seinen Hunderten gut dressierter Kriegselefanten wirklich bereiste und Persien und das Hochland von Pamir, und da er berhaupt mehr von der Welt wute, als sonst irgend ein Europer zu seiner Zeit. Da man in wachsendem Mae spter seine Erdbeschreibungen las, lernte man dann allmhlich im Laufe der Jahrhunderte einsehen, da man den eigenen kleinen Erdteil nicht mit dem Bild des fernen und ungeheuren Asiens vergleichen drfe. Und da vor allem der Zustand der eigenen Landwirtschaft kein Mastab sei, den man etwa an das damals blhende Sdchina anlegen knne. Denn dort gab es z. B. ausgezeichnete Unterkunftshuser fr die Reisenden, dort gab es schne Weingrten, Felder, Obst- und Blumenhaine, und dazwischen viele Klster, eine ununterbrochene Reihe von Stdten und Drfern, in denen herrliche Seiden- und Goldstoffe und viele schne Tafte hergestellt wurden. Das alles kannte man damals nicht in Europa. In Europa fhrte man ununterbrochen Krieg zwischen Kleinen und Groen, Weltlichen und Geistlichen, zuweilen ganz einfach Krieg um des Krieges willen, weil irgend ein gromchtiger Herr seinen Hochmut und seine Rauflust nicht bezhmen konnte. Aber doch auch vor allem immer wieder darum, weil jeder Grundbesitzer trachtete, im Guten oder Bsen noch ein Stck fruchtbares Land dazu zu erschnappen, das ihm mehr Zehnten trug. In Europa drohte stndig die Pest und ein Raubwesen (nicht zuletzt durch die geadelten Strauchritter), das jeden Reisenden ngstigte. In Europa fraen Scharen jagdbaren Wildes die Frucht von den Feldern, und sie von dort auch nur zu verscheuchen, galt schon als ein todeswrdiges Verbrechen. Es gab Besitzer groer geistlicher Gter, wie den Klner Erzbischof Reinald von Dassel, die in der zweiten Hlfte des 12. Jahrhunderts gewaltige Rodungen durchfhren lieen, nicht nur, damit die Leute Arbeit haben und die Kirche Gewinn, sondern auch, damit die Wildschden ein wenig abnehmen. Und wo fand man frhliches, wohlgenhrtes, zufriedenes Volk? Die Ritter und Gefrsteten lagen sich untereinander und mit Prbsten, http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 453

Erzbten und Bischfen stndig in den Haaren. Sie verwsteten sich gegenseitig ihre Lndereien und Stdte, und jeder fing und hngte die Untertanen des anderen. Die Brger lebten nur fr sich und muten sich unablssig gegen Belagerungen, Brandschatzungen und willkrlich auferlegte Steuern zur Wehr setzen. Das gemeine, meist hrige Volk aber litt auer unter der Mhsal seines eigenen Daseins unter jeder Art von Gewaltttigkeit, es besa weder Recht noch Besitz, war ber alle Maen unwissend, dazu starrkpfig und aufsssig. Viele Landgter waren infolge der Miwirtschaft hoffnungslos verschuldet und trugen, da man die Bden nicht richtig zu behandeln verstand, nicht einmal soviel, da in jedem Jahr der Grundherr und seine Leibeigenen satt wurden geschweige denn, da ein Sparpfennig brig blieb. Dieses Bild von Europa war lange Zeit das allgemeine und jedermann vertraute. Wenn man also nichts als dieses Europa kannte, so muten einem freilich die Berichte Marco Polos als erlogene Aufschneiderei vorkommen. Man konnte ihn hchstens mit Herodot vergleichen, den allerdings nur gelehrte Mnche sich als Lektre whlten. Die lasen dann in ihm, da in Berenice er selber nannte den Landstrich Euesperite das Feld nicht weniger als hundertfache Frucht getragen habe, in Libyen aber sogar dreihundertfache, und da der Riesenwuchs der Pflanzen so ungeheuerlich gewesen sei, da man sie zum Anstaunen nach Rom schickte. Aber der spte Leser hatte nicht die mindeste Aussicht, jemals nach Berenice oder nach Libyen zu gelangen. So dachte er natrlich gar nicht daran, diese Angabe mit den Ertrgnissen seiner Gegenwart zu vergleichen, sondern meinte wahrscheinlich nur seufzend, da die heidnischen Schriftsteller aus so lange vergangener Zeit doch offenbar recht leicht mizuverstehen und durchaus nicht immer wortwrtlich zu nehmen seien. Nein, das damals bekannte Europa hatte nach keiner Himmelsrichtung hin so verfhrerisch gnstige Ernten, wie Herodot oder Marco Polo sie aus entlegenen Erdteilen schilderten. Dazu mute man die Weltmeere berwinden, und das war keine Kleinigkeit, da man doch ihre tatschliche Ausdehnung auch nicht annhernd kannte. Man wute nur, da man sehr viele Tagereisen lang immer nach Osten steuern msse, um das Wunderland Indien anzulaufen. Und auer den recht mangelhaften Karten von Cabot war es wiederum der Einflu Marco Polos, der jenen halsstarrigen Seemann Christof Columbus zu seinen Weltentdeckungen veranlate. Er studierte eifrig die Bcher des Corculaners und schlo aus ihnen, der Festlandsraum von Asien msse auch, sofern die Erde wirklich eine Kugel sei, auf dem westlichen Weg erreicht werden knnen. Da Portugal und Spanien, die damals seefahrenden Lnder, als erste diesen Weg nach Westen einschlugen, ist nicht allzuschwer zu verstehen. Die iberische Halbinsel ging durch die Hnde vieler Eroberer, und das war auf ihre Blutmischung nicht ohne Einflu. Es machte sie jedenfalls schneller 454 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

geneigt, ihr Heil in fremden Lndern zu suchen. Auerdem begannen durch eine strfliche Verwahrlosung des uralten Kanalsystems (das z. T. noch aus punischer Frhzeit her bestand), starke Entwaldung und einen extremen Einschlag des natrlichen Klimas die Bodenaustrocknung, der Humusschwund und die Wasserlosigkeit dort weit frher, als in Mitteleuropa. Columbus selber war wohl in erster Linie auf Gold, Sklaven und unermeliche Schtze erpicht. Und nach ihm ebenso der ganze Zug von Konquistadoren und Abenteurern, der ihm nachfolgte. Der spanische Ferdinand aber brauchte Land, er brauchte neue, fruchtbare Erde. Das ergibt sich schon daraus, da dem lrmenden, prahlenden und goldtollen Aventurierrudel das stumme, emsige, namenlose Heer jener Mnner nachzog, die Boden zum Bebauen suchten. Sie waren diejenigen, welche die fremden Kontinente dann wirklich in Besitz nahmen und deren Anwesenheit Dauer hatte. Alle anderen strmten aufenthaltslos weiter ... Goldsucher, Sklavenhndler, Urwaldlufer. Die Bauern allein blieben. Diese westlichsten Europer waren indes nicht sonderlich geeignet, um eine Plantagenwirtschaft aufzubauen. Sie waren an ausgedehnte Weidewirtschaft gewhnt, denn nur in bevorzugten Landstrichen gab es in ihrer Heimat Getreidefluren. Damals berwogen die Weidebden bereits die Feldbden. Und auch sonst war ihnen nur der Betrieb in einem ariden oder halbariden Klima vertraut, nicht aber eine Landwirtschaft inmitten einer fr sie unvorstellbaren ppigkeit, in einem verschwenderischen berflu von Pflanzenwuchs, Wasser und Sumpf, mit einem Wort, in unbekannten Urwldern. In Erinnerung ihres wasserarmen Landes in der Heimat begingen sowohl Portugiesen als Spanier und ebenso spter die Franzosen den unverzeihlichen Fehler, ihre ersten Siedlungen an oder in Flumndungen anzulegen. Ich kenne in St. Augustine, der ltesten Stadt von Amerika, das spanische Viertel mit dem alten Fort Marion und das Fort Matanzas am Matanzasriver. Alle zusammen liegen in einer sumpfigen, absolut fieberverseuchten Gegend an der Kste. Die Ausbreitung des Gelben Fiebers in allen diesen Kolonien wre niemals so frchterlich geworden, wenn die ersten Kolonisten nicht hartnckig auf solchen Inundationsbden, in den verschlammten und oft berschwemmten Deltas mit ihrem berhohen Grundwasserstand kleben geblieben wren. Htten sie, wie das dann spter die Amerikaner in der bel berchtigten Panamakanalzone taten, die hher liegenden Quellgebiete an den Bergflanken aufgesucht, so wren wahrscheinlich nicht die gesamten frheren Ansiedlergenerationen fast restlos am Fieber zugrunde gegangen. Da die gesamte Kolonialwirtschaft seit fast vierhundert Jahren einen so gewaltigen Aderla an der europischen Menschheit bedeutete, wre ebensowenig ntig gewesen, wie es z. B. einen Dreiigjhrigen Krieg htte unausweichlich geben mssen. Europa hat und das ist kennzeichnend fr seine ganz besondere Eigenart von je mit seinen Krften eine Extensivwirtschaft http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 455

betrieben. Es bezahlte alles Erreichte bermig hoch mit Menschen, mit Arbeit, mit Rohstoffen. Es war niemals sparsam mit seinen Krften, und was geschah, das geschah in groen Linien gesehen hufig im Affekt, aber selten aus grndlicher berlegung. Daher kam es, da alle seine Entwicklungen disharmonisch verliefen und noch viel disharmonischer angewendet wurden. Fr den objektiven Betrachter sind das freilich nur Kennzeichen und Merkmale dessen, da die Vlker unseres Erdteils auf allen Gebieten niemals ein Optimum, sondern stets ein Maximum anstrebten. Infolgedessen unterlag die europische Zivilisation denn auch immer wieder einer erbarmungslosen Auslese, denn sie lehnte es ab, rechtzeitig freiwillig einen ertrglichen Ausgleich herbeizufhren. Spanien, Portugal, Frankreich, spter die Niederlande und England suchten fruchtbare Erde. Sie brachten aber aus ihrer Heimat nicht die Methoden und Kenntnisse mit, um mit den fruchtbarsten Bden, die ein glckliches Geschick ihnen in die Hnde gab, auch richtig umzugehen. Diese nicht jedermann gelufige Ansicht bedarf der Beweise. Als solcher mge hier eine knappe Umreiung der Entwicklung der englischen Landwirtschaft stehen. Denn mit ihren Begriffen und ihren Erfahrungen zog ein Groteil der Auswanderer und Landsucher zwischen dem 15. und dem 19. Jahrhundert in die unbekannten Lnder des Westens. England mu Kolonialgebiet erwerben In Grobritannien war man seit undenklichen Zeiten an eine eigene Art von Bebauung gewhnt. Das feuchte, beraus regenreiche Golfstromklima machte eine regelmige Bepflanzung der sumpfigen Tler, zwischen vielen und oft recht ungebrdigen Flssen zu einer schwierigen Unternehmung. So whlte man denn die Hgelflanken, auf denen das sog. keltische Feld errichtet wurde. Es folgte zwar zumeist den Konturen der Bodenerhebungen, aber trotzdem rutschten in jedem Herbst und Frhling nach den groen Regen Erdschollen davon ab. Die fanden sich dann am unteren Feldrand in den linchets zusammen. Sie bildeten dort natrliche Bnke, die sich zuletzt durch das Eigengewicht ihrer Auflagerung verfestigten. Obgleich von einem systematischen Bodenruin, etwa durch Tiefpflgen, damals noch keine Rede sein konnte, bildeten sich doch auf diese Weise zuletzt balks und gullies. Die Oberschicht des Feldes unterlag einer starken Auswaschung, die man nicht zu verhindern vermochte. Wie lange das keltische Feld eigentlich bestand, wei nie mand. Aus den Chroniken erfhrt man zuerst davon um 600 v. Chr. Man kann aber kaum daran zweifeln, da es ein Jahrtausend lang zum mindesten angewendet wurde. Es gab schon lngst Rmer in Britannien, aber man beharrte starrsinnig noch immer bei den alten Methoden urvterlicher Bodenbebauung, obgleich sie sichtlich den Grund ruinierte. Als die Sachsen und Angeln sich wie man angibt, um 449 auf den Inseln festsetzten, trafen sie noch neben dem antiken Feldbau die uralte Terrassenwirtschaft mit 456 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

den weit ber die Hgelflanken sich hinziehenden linchets. Erst dieses 5. Jahrhundert n. Chr. brachte eine einschneidende Vernderung in der angelschsischen Bodenkultur. Die Chronisten melden, da man von da ab das Getreide auf offenen, langen, schmalen Feldern ste, die vermutlich den germanischen Bifangen glichen. Warum das mit einem Male geschah, sagen sie allerdings nicht. Nur aus verschiedenen Andeutungen kann man entnehmen, da bis dahin die uralten, primitiven Terrassen eine mehr oder weniger vollstndige Abschwemmung der fruchtbaren Erde verursacht hatten. Man konnte sie also nicht mehr kultivieren, denn die Erosion, die sie veranlat hatten, war schon zu weit fortgeschritten. Das abgesplte Material landete es ist kaum anders denkbar in den versumpften Tlern und fllte sie vielleicht sogar zum Teil aus. Man begann sie zu bepflanzen. Und diese selbe fruchtbare Erde, die nun im Tiefland zugnglich wurde, lieferte den angelschsischen Eroberern reiche Ernten. Sie bildete eine Art Neuland und trug auch wie ein Neuland. Noch immer erkennt man aus Luftaufnahmen, wie die unverwstlichen Linien und Kurven jener vier alten, sich widersprechenden Bodenkulturmethoden verlaufen. Allerdings ersieht man aus ihnen auch, wie mchtig die Abtragung seither gearbeitet hat. Denn einstige rmische Felder in Shropshire liegen mehr als fnf Fu tief unter dem heutigen Bodenprofil. Das Mittelalter verlief in England in seinen wirtschaftlichen und soziologischen Erscheinungen nicht wesentlich anders, wie auf dem Festland. Auch hier wtete der Schwarze Tod und er scheint ganz besonders das Landvolk ausgerottet zu haben. Wahrscheinlich noch aus den Tagen der Rmer besa man sehr primitive Bach- und Fluverbauungen und etwas wie eine Art von Talsperren. Die verwahrlosten jedoch und verfielen dann gnzlich. Niemand erhielt sie instand. Drferweise starben die Bauern aus, die ohnedies, besonders in Schottland und Irland, durch die vielfachen Brgerkriege stark dezimiert wurden. So kosteten die Kmpfe der Weien und Roten Rose nicht nur das Blut der sich befehdenden Ritterschaft, sondern auch der zu jedem Adeligen gehrigen leibeigenen Knechte. In dieser Epoche ist ein starker Bodenverfall festzustellen, vor allem eine ausgiebige Versumpfung ganzer Landstriche. Denn wir wissen ja, da ein degradierter Boden sehr lange braucht, bis er sich wieder erholt und zunchst eigentlich nur verwildert. Im Gegensatz zur hinsterbenden Landbevlkerung nahm auch in England die Stadtbevlkerung berall zu. Die Lebensverhltnisse waren trotz der Verschmutzung der Stdte eben doch gnstiger, denn der Handel und das Gewerbe, z. B. mit Wolle und den berhmten englischen Tuchen, brachten viel Geld ins Land. Das fhrte sehr bald zu einem Miverhltnis in der allgemeinen Versorgung. Bereits im 14. Jahrhundert standen die Dinge so, da man ohne einen bedeutenden Lebensmittelimport die Einwohnerschaft nirgends mehr ernhren konnte. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 457 PDF-Ausgabe 62010

Zu jener Zeit beschrnkte man sich berhaupt nur auf die trockeneren Landstriche und lie das sog. Naland liegen, weil man nichts damit anzufangen wute. Weil aber dieses Naland, das nichts anderes war, als eine sich berall einstellende Erosionsversumpfung, immer mehr zunahm, so griff man whrend der Renaissance in der ja alles, was dem klassischen Altertum entstammte, kritiklos mit glubiger berzeugung hingenommen wurde auch in England zu den neu hervorgeholten antiken Agrikulturschriftstellern und las mit Eifer den alten Cato, dazu Varro und Columella. Ein Paladius wurde in Colchester sogar in englische Verse bersetzt. Die Landschden mssen sehr merkbar gewesen sein, denn auch die Bischfe nahmen sich ffentlich um das Problem der Produktionssteigerung an. Ein Dominikaner Robert von Henley predigte, da es dagegen nichts besseres gbe, als die Felder wiederum nach alter, schsischer Manier anzulegen. (Man sieht, auch damals stand schon Meinung gegen Meinung!) Wie in ganz Nordeuropa hielt man auch in Grobritannien sehr viel von der Brache, whrend die Humanisten, sich dabei auf alte Autoren sttzend, erklrten, das Pflgen kme der allerbesten Dngung gleich. Daraus geht jedenfalls das eine hervor, da die Gewohnheit des Dngens bereits allgemein bekannt war. Wie gewhnlich, konnte man sich auch hier nicht einigen. Aber da sich doch verschiedene Grogrundherren fr das Pflgen entschieden, so versuchte man ohne wirklichen Erfolg allerlei z. T. recht ausgefallene Sumpflandkulturen. Wenn man die mittelalterlichen Speisezettel, selbst die der einfachen, brgerlichen Huser, mit den heutigen vergleicht, so fllt auf den ersten Blick auf, da man damals nicht nur frchterlich viel, sondern geradezu Unmengen von Fleisch vertilgte. Das bedingte eine sehr ausgedehnte Viehzucht und die wieder wurde nur dadurch ermglicht, da man alle Felder, die nicht mehr tragen wollten, kurzerhand zu Viehweiden machte. (Wie man sich erinnern wird, war das zu allen Zeiten blich!) Die Mhe war viel geringer, der Ertrag weit grer und sicherer. So verringerte sich auch in England der Feldbau immer mehr. Es fehlte fast in jedem Herbst an der gengenden Menge von Brotkorn. Man sah sich gezwungen, sich immer ernstlicher mit dieser Kalamitt zu befassen, deren Ursachen man bei der damaligen Welteinstellung nicht einsah. Hatte Gott vielleicht beschlossen, aus seinem unerforschlichen Willen heraus der Menschheit eine gewisse Hchstzahl vorzuschreiben, die nicht berschritten werden durfte, da das fruchtbare Land doch so sichtbar abnahm? Es besteht aus all diesen Erwgungen eine durchaus logische Verbindung mit dem Gedanken einer Geburtenregelung, der denn auch um 1789 zuerst von Thomas Robert Malthus ausgesprochen wurde. Man begreift, da er in England geboren werden mute. Am rentabelsten erwies sich brigens immer noch die Schafzucht, und darin machte der Norden keinen Unterschied vom Sden. Da und dort endete 458 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

das verdorbene Feld als Schafweide. Schafe spendeten Wolle, sie gaben gutes Fleisch und Milch zu Kse. Sie waren anspruchslos, und in dem milden Golfstromklima konnten sie, besonders in Irland, den Winter ber drauen bleiben. Die gesamte veredelte Spinnerei- und Webwarenindustrie in Mittelengland beruhte auf der englischen und irischen Schafzucht. So ist es zu erklren, da Grobritannien trotz seines augenscheinlichen und unleugbaren Humusschwundes kapitalmig nicht verarmte. Allerdings mute es darauf verzichten, sich selber ernhren zu wollen. ber das Schaf, das auer dem Rind der wichtigste englische Fleischlieferant wurde, vollzog sich die Umstellung der englischen Wirtschaft Und man darf sagen, da sie damit nmlich mit der Produktion von marktfhigen Tauschgtern und dem Aufbau eines mchtigen Handelsnetzes nur der allgemeinen Entwicklung von ganz Europa vorausging. In Irland wurde das Nahrungsbedrfnis dann noch durch eine ausgesprochene Monokultur von Kartoffeln gedeckt. Auch dort stellte man groenteils, wie in ganz Grobritannien, zwischen 1650 und 1850 den Getreidebau fast vllig ein. Mit seinen kleinen, harten Hufen zertrat das Schaf das einst fruchtbare und ergiebige Ackerland. Man machte sich nichts daraus. Man beachtete die lngste Zeit die gefhrlichen Wundmale der dadurch beschleunigten Erosion entweder gar nicht oder wurde sich ihrer Bedeutung nicht rechtzeitig bewut. Allerdings sah man sich doch gezwungen, sich wenigstens mit dem immer mehr anwachsenden Phnomen der Versumpfung zu beschftigen. Denn auf diesen oft sehr ausgedehnten versumpften Landstrichen war es nicht ratsam, Schafe grasen zu lassen, da sie sonst Leberegel bekamen. Bekanntlich ist der Zwischenwirt dieses bsartigen Schmarotzers eine Sumpfschnecke, die auf Grsern nasser Wiesen wohnt. So ging also der Hauptstreit keineswegs um das ganze Problem der Erosion, wie sehr es auch zunahm, sondern stets nur um diesen einen Komplex ihrer unausbleiblichen Folgen. Man versuchte, ihrer durch Drainageanlagen im groen Herr zu werden. Auch dafr zog man die alten Lateiner heran, die bekanntlich kilometerlange Kanalbauten aus gebrannten oder doch nach oben abgedeckten Tonrhren errichtet hatten. hnliches probierte man in Schottland, wo sich zwischen 1695 und 1780 die Bden als hoffnungslos zugrunde gerichtet erwiesen. Aber auch die Drainagen, vielleicht darum, weil man sie eben doch nicht gut genug anlegte, versagten da und dort. Man begann wiederum, die Felder auf das sorgfltigste mit Hacken und Schaufel zu bearbeiten und verlie sich auf die Ttigkeit fleiiger Hnde. Die Bodenpreise waren so gesunken, da sich praktisch nur der Familienbetrieb des kleinen Mannes lohnte, der etwas zur individuellen Pflege tun konnte. Damit fing man nach den Napoleonskriegen an. Man lie alle die luftigen und unausgeprobten Ratschlge ber Tiefpflgen und Drillpflanzen und das Horse-hoeing-System (soweit es damals schon dergleichen gab) beiseite und richtete sich nur nach der http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 459

Erfahrung. Da man auf solchen Bden voll stauender Nsse ohne Drainierung nicht auskommen knne, begriff man wohl. Aber ebenso auch, da man sich dadurch zugleich des Segens der Sedimentation beraube, denn was durch die Drainierung abgeleitet wurde, das waren ja gerade die fruchtbaren und humushaltigen Schichten. (Natrlich sagte man sich das nicht mit diesen Worten, sondern mit den landes- und zeitblichen aber immerhin, man sagte es sich!) Darum rieten spter solche Autoritten, wie Sir John Sinclair, Arthur Young und andere, man mge die Masse des in den Drainagerohren sich sammelnden Erdschlammes auffangen und als Dnger dem Feld zurckgeben. Das tat auch der einfache schottische Landmann schon ein halbes Jahrhundert vorher. Und ohne etwas davon zu ahnen, bekmpfte er dadurch wenigstens auf seinen Feldern die ungeheure Schdigung durch die mrderische Erosion. Nach genauen Forschungen, die im Jahre 1939 angestellt und publiziert wurden, ist gegenwrtig mehr als die Hlfte der Menschheit unterernhrt, und eigentlich hat nur ein Drittel genug zu essen. ber 3000 Kalorien pro Kopf und Tag erhalten berhaupt nur 10 Prozent der gesamten irdischen Population. Gab es in der Vergangenheit bereits einen hnlichen Welthunger? Von anderen Kontinenten wissen wir nur wenig Gemeinsames, aber von unserem eigenen Erdteil kann man aus vielen Chroniken erfahren, da mindestens ein Jahrtausend lang die Hungersnte in Europa kein Ende nahmen. Gleich dem Schwarzen Tod schweifte der Hunger von Land zu Land. Bereits um 1125 raffte Miwachs und Nahrungsmangel nach zeitgenssischen Berichten beilufig die Hlfte der Bewohner von Mitteleuropa dahin. Die Teuerungen, die im 17. und 18. Jahrhundert einsetzten und alle paar Jahre wiederkehrten (man schrieb sie allen mglichen lokalen Ursachen, vor allem dem Kornwucher der Frsten und der jdischen Hndler zu), hatten ihre wahre Wurzel stets in Miernten durch groe Drre oder abnorme Regenjahre. Ein ausgleichender Weltverkehr, der die Mangelgebiete jeweils vor dem Argsten bewahrt htte, existierte nicht. Der Warenaustausch von Land zu Land vollzog sich in uerst bescheidenen Grenzen und jedenfalls sehr willkrlich. Er konnte nur selten auf das Mehrfache des Gewohnten gesteigert werden. Stark besiedelte Gebiete waren mit Recht gefrchtet. So gingen in Kursachsen durch Miernten im Jahre 1772 an 150 000 Menschen zugrunde. Das Jahr 1817 war berall ein berchtigtes Hungerjahr. In Frankreich lste Jahrhunderte lang eine Hungersnot die andere ab. Die Bauern durften das Wild von ihren Feldern nicht vertreiben, und um 1753 war ihre Verzweiflung so gro, da sie aufhrten, ihre cker zu bestellen. Die Chroniken erzhlen, es htten sich hundert Drfer in der Nhe von Fontainebleau mndlich geeinigt, keinen Pflug mehr in die Hand zu nehmen, da das Wild ja doch die Ernte fressen wrde. Dort, wo wie man sie nannte Jagdhauptmannschaften eingerichtet waren, deren einzige Aufgabe in Schutz und Pflege 460 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

jagdbarer Tiere bestand, entwerteten die Landgter sprunghaft. Eine Domne in der Nhe von Versailles erbrachte bis dahin z. B. 2000 frs. Pacht, nachher aber nur noch 400 frs. Hirsche und Kaninchen fraen in der Pfarrei Vaux so viel Getreide, da davon 800 Menschen ein Jahr lang htten satt werden knnen. Ein Protokoll von Melun betont, da ein einziger Tag der Parforcejagd die Hlfte der Einwohnerschaft einer ganzen Provinz der Nahrungsmittel fr ein volles Jahr beraubte. Und das geschah in demselben Jahrhundert, in welchem Argenson schrieb, 1739 und 1740 seien in Frankreich mehr Menschen an Miwachs und den malosen Steuern verhungert, als man in smtlichen Kriegen Ludwig XIV. an Opfern gezhlt htte! Die Landleute, nicht mehr imstande, von ihrer Scholle zu leben, zogen, so wie zu Ende des rmischen Weltreiches, als hungernde Bettler scharen im Lande umher. Um 1767 lie der Herzog von Choiseul an einem Tag 50 000 solcher Bettler einsperren. Zwischen 1739 und 1752 gab es unausgesetzt Brotrevolten von Arles und Caen bis hinauf zur Normandie. Die Bauern, soweit sie ihre Drfer noch nicht verlassen hatten, lebten von Krutern, Wurzeln, Eicheln oder Bucheckern, und wenn sie Brot besaen, so bestand es aus mit Spelzen gemahlenem Hafer und nasser Kleie. Ein Bericht von 1784 aus Montcerf unweit von Paris sagt, da ihre groben Strohscke nicht einmal mehr mit Stroh denn das diente zur Nahrung von Mensch und Tier , sondern mit Sand und Eierschalen gefllt waren. In der Dordogne beschlossen um 1750 die Bauernburschen und -mdchen, nicht mehr zu heiraten, da es doch keinen Zweck habe, wiederum unglckliche Geschpfe in die Welt zu setzen. Derselbe Chronist verzeichnet, da junge Frauen, die nicht mehr als 28 Jahre zhlten, wie siebzigjhrige Greisinnen aussahen. Die cker waren voll von Gerll und immer wieder gab es Teufelsbeschwrungen gegen den Satan, der statt fruchtbarer Erde Steine auf die Felder zaubere. Daraus mu man schlieen, da die Erosion berall zugenommen hatte. Praktisch konnte fr den Boden so gut wie gar nichts getan werden. Es fehlte selbst der Mist der Tiere, um ihn zu dngen. Die wilden Sauen zerwhlten in Scharen den Boden, so da er oft aussah, wie nach einem schweren Gefecht. Das Saatgut war erbrmlich und wurde immer schlechter. berall verbreitete sich die Schreckensnachricht, der Weizen wolle nicht mehr gedeihen. (Sowohl Frankreich wie England sind berwiegend Weizenlnder.) Zuletzt setzte unter Ludwig XVI. die franzsische Akademie der Wissenschaften Preise fr jeden aus, der imstande sei, eine neue Nutzpflanze an Stelle der bisherigen nachzuweisen. Man wei, da diese Ausschreibung den Apotheker Parmentier aus Montdidier in der zweiten Hlfte des 18. Jahrhunderts dann veranlate, mit List und Zhigkeit die Kartoffel einzufhren. Das war Frankreich. Das war auch England. Nirgends war es besser. Es gibt Dutzende, Hunderte von Angaben, da sich zumeist durch Drren http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 461

jeder lokale Miwachs in dem betreffenden Landstrich zu einer Hungerkatastrophe auswuchs. Die Zusammenhnge erfate man nicht. Von Erosionsschden und ihren Ursachen hatte man keine Ahnung. Das Problem des Humusschwundes war noch viele Generationen lang ungeboren. Es fehlte an dem ganzen Rstzeug des Wissens auch bei denen, die htten wissen knnen. Und mit dieser Unwissenheit von den Gesetzen der Fruchtbarkeit, die bereits das eigene Land ruiniert hatte, zogen nun die Auswanderer hinaus in die unberhrten, zauberhaft schnen, zauberhaft reichen Urwlder des neuentdeckten Goldenen Westens! In das Paradies eines schier unerschpf lichen Reichtums, eines Pflanzenberflusses, wie sie ihn niemals erlebt hatten, wie er ihnen einfach unvorstellbar war. Kann man sich wundern, da sie auch dort zunchst alles verwsteten, da sie eine Verheerung anrichteten, die nie wieder gutzumachen ist! Bis auch in den Kolonien etwas wie eine geordnete, rcksichtsvollere Wirtschaft sich anbahnte, deren Strom des Segens dann endlich nach Europa und zu seinen hungernden Einwohnern zurckflo, dauerte es Jahrzehnte. Aber unsichtbar wanderte mit den Landhungrigen auch das Gespenst des Humusschwundes mit in die neue und unbekannte Welt ... Oasenkultur in Nordafrika und europische Wirtschaft Wie sah es mit der Wirtschaft in Europa vor der ersten Auswanderung aus? In sich und in seiner nchsten Umgebung hatte es sich aller natrlichen Hilfsmittel zur notwendigen Steigerung der Eigenversorgung beraubt. Tatschlich gab es nur ein einziges Kolonialreich, Venedig, das aber fr den Kontinent und seine Anforderungen kein Brot schaffen konnte. Zu den unumgnglich ntigen Lebensmitteln steuerte es nur Fett in Gestalt von l bei. Fr den l- und Weinbau an den Ksten und auf den Inseln bis nach Vorderasien hinein tat es in Wahrheit sehr viel, denn dessen Produkte lieen sich stets gewinnbringend verkaufen. Sonst verfrachteten die Galeeren mit der Markusfahne fast nur schne und kostbare Dinge. Aber nichts, um den Hunger des armen Mannes zu stillen. (Die Welser hielten es mit ihrem venezuelischen Kolonialbesitz spter um kein Haar anders!) Der gewaltige Import sowohl Venedigs wie Genuas bezog sich da nur von kaufmnnischen Erwgungen geleitet ausschlielich auf Waren fr den Reichtum und die Verschwendung. Venedig und die gleich den Fuggers ihm angeschlossenen, wenigen festlndischen Grohandelsfirmen handelten aus dem nahen und fernen Osten und dem Sden etwa folgende Waren ein: Zimt, Pfeffer, Rohrzucker, Seide, Weihrauch, Aloeholz und andere kostbare Harze, Rosenl, edle Metalle, Edelsteine, Schmuck, Stickereien und Webereien, Damaszenerklingen, tauschierte Gefe, Schnitzereien, Elfenbein, Straufedern, Paradiesvogelblge, Farbstoffe, Schreibpapier, Brokatsamte, ausgelegte Gerte, Gewrze und Wohlgerche. Auch Pelze verschmhten sie nicht. Vor 462 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

allem aber brachten sie Sklaven. Sklaven jeder Haut, auch Smereien, fremde Frchte, selbst Gifte, die mit Gold aufgewogen wurden. Getreide wurde in nennenswerter Menge niemals durch sie eingefhrt. Sie alle verdienten enorm. Sie konnten Kriege selbstndig fhren und anderer Leute Kriege bezahlen. Sie blieben niemandem etwas schuldig, hielten aber ihre Handelsquellen hchst geheim und frderten die Auswanderung in keiner Weise. In der faktischen Versorgung von Mitteleuropa spielten sie keine unersetzliche Rolle, wohl aber als Vermittler von stlichem Luxus und einer steigenden Hochschtzung der Levante im weitesten Sinn bis zum ex oriente lux. Die Beziehungen Europas zu Nordafrika wurden durch die Korsaren des Mittelmeeres stark behindert. Noch zu Zeiten Karthagos hatte die Cyrenaika in einem Landstrich von ca. 60 Meilen Durchmesser besten Weizen gebaut. Davon bekam der Norden auch nicht ein Korn zu sehen. Auch Libyen lieferte lngst kein Getreide mehr, so wie seinerzeit nach Rom. Durch das unaufhaltsame Vordringen der Wste hatte sich die Landwirtschaft aller dieser Landstriche in eine reine Oasenkultur aufgelst. Von einer Oase zur anderen wanderten Kamelzge. Jene schon genannten Kanle, Brunnen, sogar offenen Teiche am Sdfu des Atlas ermglichten eine regelmige Bewsserung. Das alles wurde von den Vandalen weitergefhrt und hatte sein Zentrum in ihrer Hauptstadt Karthago. Sie verbesserten das schon vorhandene Kanalsystem, und ohne die Arabereinbrche wre vermutlich die uralte Bebauung bis in die Gegenwart weitergegangen. Aber die Shne der Wste hatten nicht das mindeste Verstndnis fr die Erhaltung von Feld- und Gartenkulturen. Um 400 n. Chr. versuchte Byzanz noch einmal, die einstigen nordafrikanischen Kornkammern fr sich fruchtbar zu machen. Es war vergeblich. Was 700 Jahre lang mit unzhligen Hnden, in weiser Voraussicht der Folgen seiner Zerstrung mit einem riesigen Kostenaufwand erhalten worden war, ging in weniger als hundert Jahren unwiederbringlich dahin. Von da ab blieb tausend Jahre lang die Wste der uneingeschrnkte Herrscher der Atlaslnder im Sden. Erst das Ende des vorigen Jahrhunderts brachte die Bestrebungen neu einsetzender landwirtschaftlicher Verwertung und Intensivierung. In Tunis reichen sie nicht weiter als bis 1870 zurck. Die berhmten, sehr ausgedehnten Mandelkulturen in Algier sind in ihren Anfngen kaum jnger, die italienischen Agrikulturversuche in Tripolis ich habe ihren Ausgangspunkt in der Oase Tadjura besucht haben durch den zweiten Weltkrieg berhaupt noch keinen erfolgreichen Abschlu gefunden. Alles in allem gerechnet, schaltete die einst so umfassende und weitreichende Hilfe des Schwarzen Erdteiles fr Europa bis in die Neuzeit so gut wie ganz aus. Das Afrika zwischen 500 und 1700 n. Chr. war unbekanntes, unerforschtes nomansland, wichtig nur in einem als Lieferant schwarzen Fleisches. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 463

Die Kornkammer Sizilien ist nur noch eine ferne Legende. Die Erosion hat dort eine allgemeine Verwilderung des Bodens geschaffen, deren berwindung kaum noch mglich ist. Das Innere ist gewissermaen nur eine Mischung von wstenhafter Verkarstung und Tlern voll von Malariasmpfen. Whrend des Mittelalters trug Italien aus eigenem so gut wie nichts zur Versorgung des Nordens bei, und es war auch, teils infolge seiner Brgerkriege und der Angriffe von fremder Seite aus, gar nicht imstande dazu. Das Maximum seiner Leistung bestand darin, sich selber trotz allem zu ernhren und es hatte oft genug mit Hungersnten zu kmpfen. Das Reservat fr Sdfrankreich hie bis zu den Tagen Karls V., genauer gesagt bis 1541, die damals noch beraus reiche und fruchtbare Provence. Aber nach der erfolglosen Belagerung von Algier tobte der Kaiser seinen Unmut (wie die Chronisten es vorsichtig ausdrcken) auf dem Rckweg an den lieblichen und ppigen provencalischen Gefilden aus. Unglcklicherweise fhrte ihn sein Rckmarsch durch ihre Stdte und Drfer. Er gab sie seiner Soldateska preis, und vor allem befahl er, den zu den damals noch ganz begrnten Seealpen gehrigen, ausgedehnten Esterelwald an allen vier Ecken anzuznden. Die harzreichen, subtropischen Kiefern brannten mitsamt den zahlreichen Siedelungen dazwischen Wochen und Wochen lang. Niemand entrann, denn ein Ring von Sldnern umstellte das ganze Gebiet und jagte auf Befehl die Flchtenden wieder ins Feuer zurck. Davon hat sich der Esterelwald nie wieder erholt. Vor allem verschlechterte sich die Bewsserung der ganzen Umgebung, und seither ist die Provence zwar immer noch fruchtbar, aber doch um vieles trockener geworden. Die Seealpen sind eine wichtige Wasserscheide. Das semiaride Klima dort unten an der Sdgrenze Europas vertrgt keine solchen barbarischen Eingriffe in seine Natur. Ausblutung Europas Die Ausblutung unseres Kontinentes an seinen ununterbrochenen Kriegen dauerte fast ein Jahrtausend lang. Sie fhrte eine berschtzung alles materiellen Besitzes herbei, die sich in einer rcksichtslosen Gier nach Reichtum und Macht manifestierte. Vom Frsten bis zum verachteten Ghettojuden galt dasselbe wirtschaftliche und persnliche Faustrecht, unter dem die ritterlichen Ideale der einstigen Minnesngerzeit spurlos untertauchten. Ein Prmaterialismus herrschte, der keine Grenzen kannte. Ihm gegenber stand eine freilich nur auf wenige beschrnkte mystische Verzckung, gleich der des Franz von Assisi. Die Wirklichkeit der sie umgebenden Welt wurde aber von Vlkern und Regierungen gleicherweise miachtet. Die Zeichen der Erosion waren deutlich genug jeder htte erkennen knnen, da sich hier eine allgemeine Zerstrung der Natur, der Landschaft vorbereitete. Aber die materialistischen, religisen und humanistischen Scheuklappen hinderten 464 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

auch die erlesensten Geister, davon Notiz zu nehmen. Man bedachte nicht einmal, da das Brotkorn abnehmen msse, wenn man so viel Ackerland zu Viehweiden machte. Und dabei gab es tatschlich in ganz Europa kein Land, das nicht von Ernte zu Ernte lebte. berall bedeuteten Miernten Hungersnte, und den Hungersnten folgten wiederum Seuchen, eine Einstellung oder doch Vernachlssigung aller notwendigen ffentlichen Ttigkeiten, eine Herabminderung von Handel und Gewerbe nach. Stellte man denn nicht immer wieder die apokalyptischen Reiter als eine Einheit dar, in welcher der Hunger neben der Pest ritt? Da England, wie frher erwhnt wurde, sich aus den Hungersnten nicht herausfand, solange es eine geschlossene Inselwirtschaft betrieb, wurden unter Heinrich VIII. zwischen 1497 und 1547 teils freiwillig, teils durch drakonische Verfgungen fast alle Felder in Schafweiden umgewandelt soweit es bis dahin noch zusammenhngendes Ackerland gab. Man fragte nicht mehr danach, ob der Boden vielleicht noch tragen knne. Man dachte nur noch an Wolle und Wollgewinne. Hrige und Bauern, die bis dahin den Pflug gefhrt hatten, jagte man einfach weg. Denn der Patron war keineswegs gesonnen, die nicht eben billig erworbene Brotfrucht mit soundso viel nun berflssig gewordenen Mulern zu teilen. Wo die Vertriebenen nicht gutwillig das Feld rumten, verprgelte man sie oder hetzte ihnen Bluthunde nach. Da sie auf dem Land faktisch keinerlei Existenzmglichkeit mehr besaen, flchteten sie in die Stdte. Man lie sie nicht ein. Also kampierten sie Winter und Sommer unter den Mauern, lebten in selbstgegrabenen Erdlchern, hausten unvorstellbar erbrmlich, bettelten, stahlen, waren um geringste Summen fr jede Missetat, fr jede Rebellion kuflich. Aus ihnen rekrutierten sich die miserables und die Bettlerhfe und Bettlergilden der verschiedenen Viertel, die sich bi s aufs Blut schlugen, wenn andere derartige Sippen eindringen wollten. Fr die Stdte waren diese Elenden und Heimatlosen (die man in nichts den hochqualifizierten und fleiigen DPs nach dem zweiten Weltkrieg vergleichen kann) eine unschilderbare Plage. Denn aus ihnen entstand jenes Lumpenproletariat, in welchem sich alle Nachtseiten des menschlichen Lebens wie in einem dsteren Brennspiegel sammelten. Alle Whitechapels, alle slums und wie sonst die Verbrecherhhlen heien, bezogen von hier ihren Nachwuchs und ihre Besiedelung. Zuerst arbeitswillige Ackerknechte, konnte man ihre nur an Pflug und Dreschflegel gewhnten schweren Fuste, ihre Unwissenheit und ihre tlpischen Manieren in der Stadt nicht gebrauchen. Die Znfte weigerten sich, da sie nicht stadtgebrtig waren, sie aufzunehmen. So wurden sie schlielich arbeitsunlustig, sanken zum Gott und den Menschen verhaten lichtscheuen Gesindel herab und vermehrten sich unbegreiflicherweise trotz uerster Not. Ihre Kopfzahl stieg so bedenklich an, da man sich veranlat sah, sie doch irgendwie durch Almosen zu untersttzen, da man ihnen das rgste zutraute. So organisierten denn die Klster die Abgabe von Bettlersuppen oder Brothttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 465 PDF-Ausgabe 62010

spenden an gewissen Tagen, und reiche Leute, die Feste feierten oder Umzge veranstalteten, warfen dann und wann Scke voll Pfennige unter das Volk oder reichten Speisen und Wein. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts gab es in England noch immer Stdte, die ein Dritteil ihrer Bevlkerung, die aus solchen von erzwungener Landflucht stammenden Elenden bestand, ohne Entgelt ernhren muten. Der Boden aber gehrte den Grundherren und den Schafen. Er war unverkuflich. Man konnte ihn nicht einmal um Gold erwerben. Als Sdfrankreich immer hufiger von Drren heimgesucht wurde, ffnete man das Land derselben Invasion von Schafen und Ziegen, die es dann in beispielloser Weise zugrunde richteten. Zwar untersagte ein knigliches Dekret schon um 1515, solche Tiere frei weiden zu lassen. Im Jahr 1453 ging ihm im Kanton Freiburg bereits ein hnliches Verbot voraus. Aber weder das eine, noch das andere wurden je ernstlich befolgt. Das franzsische scheint sogar im Jahr 1669 teilweise widerrufen worden zu sein. Wahrscheinlich erwies es sich bei der augenscheinlichen Not der Bevlkerung als praktisch undurchfhrbar. Auch stieg berall der Wollbedarf ins Ungemessene. Um die landschaftlichen Schden kmmerte man sich nicht. Man hat sich ja auch bisher nicht darum gekmmert, da durch den Weidebetrieb in den Alpen noch innerhalb der historischen Zeit an vielen Stellen die Waldgrenze um 300 m tiefer geglitten ist ... Das Merinoschaf ist bekanntlich eine spanische Zchtung, die aller Wahrscheinlichkeit nach von Marokko ausging. In einer Welt, in der es auer Leinen ausschlielich wollene Tuche gab, war diese feine, seidig glnzende Wolle auerordentlich gesucht. Kein Wunder, da man also den grten Teil der spanischen Bden nur fr Schafzucht bestimmte. Der Ackerbau verlor nichts an ihnen, denn schon um 1500, als die spanische Waldverwstung ihren Hhepunkt erreicht hatte, war in Catalanien die Erosion so schlimm, da man nur noch auf Kleinfeldern das Notdrftigste anzubauen vermochte, und selbst dazu mute man wie im Karst die Erde in Krben herbeischleppen! Und das geschah auf der iberischen Halbinsel, wo einem alten Wort zufolge die Strme nicht herrschten, sondern dienten! Als alles zu Schafweide gemacht wurde, verlieen die Bauern auch diese zwergenhaften Wirtschaftsbetriebe und Landgter. Der Boden wurde um minimale Summen von den Groaufkufern bernommen und diente von da ab nur noch der Merinozucht. Nun erst setzte die Erosion in einem erschreckenden Ausma ein, denn die unzhligen Herden waren ihre besten Schrittmacher. berall ergossen sich Erdrutsche von den Bergflanken. Die Torrenten vermehrten sich ins Ungemessene und zerscharteten die Hgel bis zum nackten Steinkern. Das trostlose Aussehen des spanischen Hochlandes ist zu einem wesentlichen Teil der jahrhundertelangen Merinozucht zuzuschreiben. Denn die Schafe, die 466 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

wintersber in riesigen Zgen in die Tler hinunterwanderten, besaen ihre besonderen Wasser- und Wegerechte. In ihrem Bereich wurden keine Zune geduldet. Die hungrigen Tiere durften nach Belieben Buschwald, Macchia, Pflanzungen, Gras und Kraut vertilgen. Das Merinowollgeschft ging ber alles. Das Merinowollgeschft durfte unter keinen Umstnden gestrt werden! Mit grtmglicher Beschleunigung fhrte man das Merinoschaf denn auch in ganz Europa ein. Man zchtete es in Sdfrankreich ebenso wie in Italien, in der Krim und im Heiligen Rmischen Reich Deutscher Nation. Man knnte gewissermaen sagen, da es berall den Weizen ablste. Aber wenn es auch Wolle, Fleisch und Milch lieferte, so erhielt man von ihm doch weder Brot, noch gengend Fett. Es hinderte Europa, sich selber zu ernhren, denn Schafweiden werden im Leben kein brauchbares Ackerland mehr. So wurde die kontinentale Lebensmittelsituation auf eine hchst nachdrckliche Art verschlechtert. Import und Export wurden fast nur auf nicht verzehrbare Werte eingeengt. Man fragt sich, wie sich die Dinge gestaltet htten, wenn nicht durch Pest, Kriege, lokale Hungersnte und eine Miachtung aller hygienischen Vorbedingungen eine so frchterliche Auslese unter der Bevlkerung unseres Erdteiles stndig stattgefunden htte. Wo stnden wir mit der Menschheitszunahme dann jetzt?

Der Goldene Westen Warum hat man eigentlich niemals vom Goldenen Osten getrumt? Geschah es deshalb nicht, weil in Indien und im fernen Asien Moguln, Khane und Maharadschas gewaltige Heere besoldeten, und weil bewaffnete Schiffe auf den fremdesten Meeren segelten? Tatschlich gab es nie den Begriff Goldener Osten, trotzdem unzhlige Schtze von dort aus nach Europa gelangten. Das Wort vom Goldenen We sten aber ging noch bei Bauernknechten und Bettelmnchen um, und jeder landfahrende Habenichts war der Ansicht, hier warteten herrenlose Reichtmer, die man nur einzusacken brauche. Ein vogelfreies Land voll vogelfreier Schtze! Die Eingeborenen zhlte man nicht. Sie waren keine Christen, also keine Menschen. Auf sie brauchte man keinerlei Rcksichten zu nehmen. Erst nachtrglich, d. h., nach mehreren hundert Jahren, hat man sich den gigantischen Reichtum des noch unberhrten Amerikas rckblickend berschlagen. Fantastische Zahlen kommen da heraus, die aber aller Wahrscheinlichkeit nach immer noch eher zu niedrig, als zu hoch gegriffen sind. In dem Ozean wogender, mannshoher Grser, den die Indianer Prrie nannten und der durchstickt war von den herrlichsten Blumen, war ein Landstrich inbegriffen, der halb Dakota, ganz Nebraska, Kansas und Oklahoma http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 467

bedeckte. Darin lebten annhernd 40 Millionen Weischwanzhirsche, ebensoviele Antilopen, an 10 Millionen Elche, 60 Millionen Bisons, 2 Millionen Wlfe, eine halbe Million schwarzer Bren, einige 60 Millionen von Bibern und in den Wldern Billionen von grauen Eichhrnchen. Die Wasserhhner rechnete man noch um 1900 auf eine Masse von 150 Millionen. Unzhlbar waren die amerikanischen Wandertauben, nur mit Heuschreckenschwrmen zu vergleichen. Das letzte Stck dieser barbarisch ausgerotteten Vogelart starb bekanntlich im Zoologischen Garten von Cincinnati im September 1914. Diese nur andeutungsweise Aufzhlung, unvollstndig und mangelhaft, gibt doch immerhin eine Vorstellung von dem, was der Goldene Westen einmal gewesen sein mu. Und wenn sehr alte Buschlufer meinen, da eine Prrie wie die ihre nicht wiederkommt, so haben sie wahrscheinlich recht damit. Denn gegenwrtig ist Prrie im Naturzustand kaum noch in nennenswertem Ausma vorhanden. In eine sehr vielfltige und wunderbar harmonisch ausgeglichene, artenreiche natrliche ppigkeit fielen die ersten Ansiedler wie eine Horde von Betrunkenen ein. Ein menschlicher Abhub von Abenteurern, Spekulanten, Agenten, Prospektoren, Jgern und Buschlufern wlzte sich dahin, alles verwstend, was auf seinem Wege war. Wer htte an Schonung gedacht? Holz wurde in Massen verbrannt, nur, um den Pfad freizumachen. Zweihundert Jahre lang, so heit es, wanderte der Zug nach Westen, denn solange dauerte es, bis die letzten Waldbrenner drben an den Ufern des Stillen Ozeans angelangt waren. Sie wanderten auf einer breiten Strae der Zerstrung, die sie selber geschaffen hatten. Mit der achtenswerten Ehrlichkeit, welche alle amerikanischen Werke ber die Entdeckung ihrer Heimat auszeichnet, wird darin nichts beschnigt. Man gibt ohne weiteres die vollkommene Sinnlosigkeit zu, mit der lndergroe Wlder aus den herrlichsten Eichen, Walnssen, edlen Kastanien und noch Dutzenden bester Laubhlzer vernichtet wurden. Mit den strksten Stmmen baute man Straen, und den Rest lie man zu beiden Seiten verfaulen. Vor mir liegt der Bericht eines zeitgenssischen Englnders, der beteuert, er habe auf seinen amerikanischen Streifzgen die Ausrottung von mehr Holz

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angetroffen, als er sein ganzes Leben lang in England an Holz auch nur zu Gesichte bekommen habe. Die Brnde, in der Mehrzahl mutwillig gelegt oder aus leichtsinnig verlassenen Buschfeuern entstanden, vernichteten mindestens 150 Millionen acres unvergleichlicher Wlder, in denen es nie auch nur die Spur einer Erosion gegeben hat. Wo man nicht brannte, da wurde gegrtelt, d. h., man brachte durch einen Ring bis auf das Holz abgeschlter Rinde die Stmme zum Verdorren, scheiterte sie dann und gab sie in Riesensten den Flammen preis, da man nichts besseres mit ihnen anzufangen wute. Spter heizte man Fabriken, Lokomotiven, die groen Mississippidampfer mit bestem Hartholz und errichtete viele Meter hohe Aqudukte und Brcken, indem man von der Talsohle aus massive Gerste aus gefllten Riesenstmmen bereinander legte. Als man erst daranging, steinerne Huser zu bauen und dazu des Sandes bedurfte, da trocknete man unbesehen die wichtigen Quellmoore aus oder dmmte gewaltige Waldswamps ab. Auch hier geschah ganz gewi nicht alles aus reiner, bswilliger Lust an der Zerstrung. Aber die beispiellose Unwissenheit des ausgehenden Mittelalters in allem, was Boden und Bodenpflege anlangte, lie die Einwanderer so barbarisch hausen. Das Land, das ihnen da von ungefhr zufiel, das Land, das wie Raleigh um 1587 von Northcarolina sagte, das reichste, seste, fruchtbarste Land der Welt war, mu sie wohl in ihren neuen Besitz instinkten toll gemacht haben. Sie bemchtigten sich seiner, wie gedankenlose, unvernnftige Kinder. Fast ausnahmslos waren sie doch blutarme Teufel gewesen, rechtlos, ohne Hab und Gut, ohne Einflu, ohne Aussicht, je ein Stck Land ihr eigen zu nennen. Und nun dieser berflu! Diese gesegnete Erde, unerschpflich reich an allem, was man sich nur wnschen konnte! Dieser wunderbare, jungfruliche Boden mit meterhoch aufgestapeltem Humus, der alles mit hundertfltigen Ernten lohnte! Dieser berflu an jagdbaren Tieren, diese klaren Strme, voll von Fischen! Diese Luft, balsamisch vom Duft ungezhlter Blumen und klingend vom Gesang fremdartiger Vgel! Und das alles gehrte nun ihnen, die sie von Europa nichts als Fuste mitbrachten und zumeist die tief eingefressene Verachtung jeder Art von Rechtsbegriff. Nun, es ist noch den ersten Generationen an vielen Punkten gelungen dieses Paradies des Goldenen Westens zugrunde zu richten ... Zunchst allerdings vollzog sich die Besiedelung unendlich langsam. Franzosen, Spanier, Englnder, Hollnder dngten mit ihrer Mhe und mit ihrem Leben die unbekannte Erde, die zu erobern sie ausgezogen waren. Die Siedelungen zhlten zunchst nach Dutzenden von Einwohnern, dann allmhlich nach Hunderten, viel spter erst nach Tausenden. Bauern und Handwerker saen da, bereit, alles fr die neue Verwurzelung zu opfern, bereit, sich der unsglichsten Mhe zu unterziehen. Viele waren schlecht genhrt, http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 469

verstanden nichts von Rodung und Feldarbeit. Zwlfjhrige Kinder arbeiteten bereits auf den flchtig zurechtgehackten Feldern. Eine einzige, unausgesetzte Klage geht durch alle diese halbverschollenen Aufzeichnungen, hingekritzelt mit schwieligen, bermdeten Fusten von weit aus ihrer einstigen Welt verschlagenen Seelsorgern: Itur in antiquam silvam! (Nichts als Urwald!) Die ersten Weien in Virginia erlieen fr ihre kleinen Gemeinschaften folgende Verfgung: Wer faulenzt, kann einem anderen als Taglhner zugewiesen werden, bis er deutliche Spuren der Besserung zeigt. Schwer, unbeschreiblich schwer muten sie den ersehnten Grundbesitz erwerben unter der Devise: Bck Dich und grab oder stirb! Die Heimat hatte ihnen sozusagen jede Lebensmglichkeit verweigert. Aber auch das neue Land gab nur widerwillig und lie sich ungern zhmen. Gesetze von Fremden duldete man nicht. Ebensowenig die althergebrachten Kirchenriten. Diese Mnner und Frauen, die aufgehrt hatten, irgendwen oder irgendwas zu frchten, wollten nichts mehr von dem alten Gott berm Meer wissen, der so unbarmherzig gegen sie gewesen war. Sie schufen sich einen neuen Gott, hart, unduldsam, landgierig, despotisch wie sie selber. So entstanden Sektierer aus einsam grbelnden Bibellesern. Die erste Ansiedelung in Old South war Jamestown in Virginia um 1607. Jeder Einwanderer erhielt Land umsonst zugewiesen. Tausend Einwohner waren es um 1619, bis 1622 stieg die Kopfzahl auf 1200, obgleich 3000 Ankmmlinge dazugekommen waren. Aber 400 davon hatten die Indianer skalpiert, der Rest war fieberkrank und hauste in engen, schmutzigen Htten. Es ist wohl nicht allgemein bekannt, da die berhmte Mayflowerfahrt der Pilgrimfathers nach Maine um 1620 mit einer mrderischen Pockenseuche, der ersten in der Neuen Welt, endete. (Wir wissen ja, da die Erreger der Pocken oder Schwarzen Blattern nebenher auch Abbauer der Fulnis sind, und da sie das ganze unhygienische Mittelalter nicht weniger drangsalierten, als der Schwarze Tod.) Da die an eine solche Seuche nicht angepaten Indianer daran wie die Wintermcken dahinstarben, ist selbstverstndlich. Die Pilgrimfathers besaen durch ihre Herkunft aus Grobritannien, wo die Schwarzen Blattern jahrhundertelang endemisch waren, freilich eine lngst erworbene, natrliche Immunitt. Aber den Pocken zusammen mit Hunger, Klte, Kmpfen, malosen Strapazen waren auch sie nicht gewachsen. Am Ende des ersten Winters in Plymouth war die Hlfte tot. Allmhlich, sehr allmhlich mehrte sich nach dem ersten Ansturm die Zahl der Einwanderer. Die Hollnder legten den Grundstein zu New York, das sie bekanntlich New Amsterdam nannten, die Schweden zu Delaware. stlich der Appalachen war die Welt englisch. Schon um 1608 bauten Franzosen Quebeck auf, aber erst La Saite wagte um 1682 die erste Fahrt auf dem Mississippi. Ein Fort Niagara, ein St. Marie das spter in Philadelphia 470 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

umgetauft wurde , Detroit, Vincennes, Duluth, berhaupt ein groes Stck Mittelwesten fiel zunchst dem Kreis der franzsischen Sprache zu. Erst um 1713 wurde die heutige Ostkste von USA durch den Frieden von Utrecht der allgemeinen Einwanderung geffnet, dazu die wichtige, von unermelichen Wldern rauschende Hudsonbai. Eine Siedelung, die ein John Winthrop bei Kap Ann als ein elendes Fischerdorf begrndete, brachte es und das bedeutete ein respektables Gedeihen binnen zehn Jahren auf 1500 Menschen. Auf den ausgedehnten Distrikt von Massachusetts verteilten sich 14 000, auf Rhode Island 300, auf ganz Connecticut 2000 Ansiedler. Maryland zhlte nicht mehr als 1500, Virginia, das als ein Eden sondergleichen galt, nicht ber 8000 weie Einwohner. Sie saen auf herzogtumgroen Landgtern weitzerstreut in den Wldern, die nchsten Nachbarn waren tagereisenweit voneinander entfernt. Je nach der Nationalitt unterschied sich die Art der Landwirtschaft. Die Spanier hatten seinerzeit in Mexiko Pferde und Eselinnen eingefhrt. Sie waren die ersten, die sich zu ihrem Leidwesen davon berzeugen muten, da solche vierfige Einbrgerungen mitunter auch groe Nachteile haben knnen. Denn diese Haustiere vermehrten sich derart und verwilderten dabei zugleich so schlimm, da sie gejagt werden muten und den Pflanzungen argen Schaden taten. Mehr Erfolg hatten die neuhispanischen Kolonien mit dem Versuch, aus den Indio? eine Art leibeigener Landwirtsknechte zu machen. Man bedurfte ihrer fleiigen Hnde, denn zunchst zog man dort das erste groe Geschft in Zuckerrohr auf. Die Spanier kannten und kultivierten die Pflanze noch aus der Zeit der Mauren her, die sie mitgebracht hatten und die fr sie ausgedehnte Bewsserungsanlagen errichteten. Nun versuchten sie es damit, da sie im Mutterland doch nur an den sdlichsten Kstenstreifen gedieh, in Mexiko und auf den westindischen Inseln. berall rauschten und preten die Zuckermhlen, und Domingo allein fhrte bereits um 1590 an 200 000 Pfund Zucker aus, der ausschlielich der spanischen Halbinsel zugute kam. Dann fing man mit Rosenzucht an. Nicht wegen der Blten, sondern nur um des kostbaren, bis dahin buchstblich mit Gold aufgewogenen Rosenles wegen. Das wurde frher als Monopol der Venetianer aus der Levante gebracht, wo man, um ein Kilo der unvergleichlichen Essenz zu erhalten, 23000 kg Bltenbltter der Zentifolie oder der ursprnglich cyprischen Damaszenerrose destillierte. Man verkaufte es in geschliffenen Kristallflschchen, die jeweils nur einen einzigen Tropfen l luftdicht verschlossen enthielten. (So ein Flschchen kostete beilufig bis zu einem Dutzend Golddukaten!) Angesichts eines solchen Gewinnes begreift man, da man um 1552 Dutzende von Messen fr das Gedeihen der eben begonnenen Rosenzucht man spezialisierte sich auf die Rosa gallica lesen lie. Es ist aber trotzdem http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 471

kein so gutes und vor allem kein so dauerndes Geschft daraus geworden, denn die Rose entartet leicht und vertrgt keine groe Hitze. Auch dazu bedurfte man der Hnde der Eingeborenen. Solange sie sich den Padres fgten, wurden sie gut behandelt. Im 1608 gegrndeten Santa Fe gab es fnfundzwanzig Indianerdrfer man nannte sie Pueblos , in denen tausend eingeborene Familien als Hrige lebten. Sie leisteten die schwere Zuckerrohrarbeit, denn bis 1850 wurde dort auch nicht ein Getreidekorn angest. Aber schon um 1857 zhlte man an 100 000 acres Weizenfelder. Man mu annehmen, da um diese Zeit die zunehmende Austrocknung des Landes den Zuckerrohranbau nicht mehr rentabel machte. Denn Zuckerrohr (Saccharum officinarum) braucht dringend einen nicht unwesentlichen Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Auerdem ntzt es den Boden immens auf Kali hin aus. Man kann es, wenn man nicht einen vollstndigen Humusverfall heraufbeschwren will, nicht als einzige Monokultur pflanzen. So kommen und gehen, dem Verursacher Mensch selber meist unbewut, die Schwebungen leiser Vernderungen, die dann die Wirtschaft ganzer Kontinente nachdrcklich beeinflussen. Etwas hnliches geschah mit dem Tabak (Nicotiana tabacum). Die Englnder bauten ihn in Virginia, die Spanier in San Domingo, die Portugiesen in Brasilien. Cortez und Pizarro lernten ihn bereits in Peru kennen. Er keimt nicht ohne starke Regengsse an. Das erzwingt in der Neuen Welt seine Aussaat in den Wintermonaten. Sein Humusbedrfnis ist enorm, dabei vertrgt er weder hohes Grundwasser, noch knstliche oder natrliche direkte Dngung. Die fette Urwalderde lie ihn ber alle Maen gut gedeihen. Infolgedessen drften die Behauptungen aller Kenner, die darin bereinstimmen, da Tabak auch nicht annhernd mehr das feine Aroma besitze, das ihm einst natrlich zu eigen gewesen sei, wohl auf Richtigkeit beruhen. (Gegenwrtig versucht man, durch Beizen und Beimischungen aller Art dieses Aroma knstlich herzustellen.) Aber als einer der grten Bodenausplnderer unter den Kulturgewchsen verschwendet er den Humusschatz, ohne den er nicht leben kann. Allein was wuten die ersten amerikanischen Farmer davon? Wenn die Spanier mit Hilfe ihrer Indianersklaven ungeheure Felder bestellten und sich bemhten, auf Hgelweiden vielkpfige Herden grozuziehen, so wandten sich viele Franzosen dem Pelzhandel im Norden zu oder zigeunerten als Abenteurer im Lande umher. Die Englnder aber bauten sich kleine Drfer, sie machten niemals Riesengewinne, sie saen als reichgewordene Landwirte auf sicherem Besitz, engstirnig, fleiig, ehrbar und fromm. Wenn ihnen je der Drang nach Bildung eigen gewesen war, so vergaen sie dergleichen hinter dem Pflug oder ber dem Holzbeil. Der Bauer, der Korn baut, dient der Menschheit besser, als der Maler, der nur das Auge erfreut!, war einer ihrer Leitsprche um 1719. Wren sie nicht schon Puritaner gewesen, sie wren es im Goldenen Westen zwangslufig geworden. 472 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Sie bauten im sumpfigen Sdkarolina mit allergrtem Erfolg Reis und erreichten schon zwischen 1713 und 1724 aus dem Hafen von Charleston (der dann fr lange Zeit die Zentrale fr Export von Karolinenreis blieb) eine jhrliche Ausfuhr von 3000-24 000 Fssern. Allein Reisanbau geht nicht ohne Fieber. Fieber fra die Sklaven, aber Sklaven konnte man sich zu jeder Zeit um nicht unerschwinglichen Preis nachschaffen. Auf dem Hauptplatz von St. Augustine habe ich noch die kleine, offene Sulenhalle gesehen, wo man bis in die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts Mnner, Frauen und Kinder farbiger Haut einhandeln konnte. Von hier aus wurden alle Plantagen der Sdstaaten mit der schwarzen Kraft versorgt. Auch fr den mrderischen Reisbau, der freilich dem Besitzer 40 Prozent Gewinn erbrachte. Aber eine Plantagenwirtschaft ist niemals stabil, das bringt schon die Ausplnderung der Bden mit sich. So fing man denn fnfzig Jahre spter mit dem groen Indigo-Geschft dort an, wo Reisbau nicht mehr lohnte. Mrs. Eliza Lucas hatte den ausgezeichneten Gedanken, von Antigua Indigosamen nach Sdkarolina zu bringen. Auch der Indigo, der eigentlich dem Gangesdelta entstammt und an tropisches Klima gewhnt ist, wuchs auf der gesegneten Erde der Sdstaaten. Von Gnaden des bis dahin noch lange nicht aufgebrauchten Humusschatzes gedieh er sogar so gut, da er whrend der Unabhngigkeitskmpfe fr eine Weile zur Valuta erhoben wurde, denn man zahlte statt mit Mnze mit Indigowrfeln. Die Indianer waren trotz intensivster Christianisierung doch keine guten Sklaven. Entweder starben sie zu schnell, weil sie die ihnen aufgebrdete schwere Arbeit nicht ertrugen, oder aber sie wollten wandern, wie es ihre Vter und Ahnen getan hatten. Sie lieen sich nicht reduzieren, nicht un gerecht behandeln. Sie konnten es niemals vergessen, da sie freie Mnner in einem freien Land gewesen waren. So kamen 1619 die ersten Sklavenschiffe aus Afrika. Die frchterlich schwere Plantagen- und Rodungsarbeit hielten die Weien nicht durch. Sonst wre es ja viel bequemer gewesen, sich den Abhub der Stdte, den Inhalt der Gefngnisse und Waisenhuser herberschicken zu lassen. Das wurde sicher nicht nur einmal erwogen, aber das Menschenmaterial, das man auf diese Weise bekommen htte, wre auf der Pflanzung in jeder Hinsicht untauglich gewesen. So kaufte man sich einen schwarzen Sklaven, der 18 bis 24 Pfd. St. kostete und den man jederzeit weiterverkaufen konnte. Der durfte keinerlei Ansprche, nicht einmal an die von Recht und Billigkeit machen und war nicht besser als ein Stck Vieh. Fr einen weien Diener dagegen mute man jhrlich 2-4 Pfd. St. Lohn rechnen, er arbeitete nicht einmal halb so viel wie ein negro und hatte nach seiner ausbedungenen Dienstzeit Anspruch auf fnf Morgen Land. Man durfte ihn obendrein nicht lnger als meist nur drei Jahre bei sich behalten. Hatte er einmal Land, so war er ein freier Mann und dasselbe wie sein http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 473

einstiger Herr. Infolgedessen fingen die deutschen Ansiedler, die sich in einem Volk von annhernd 20 000 Kpfen in Pennsylvania und nrdlich am Shenandoahflu niederlieen, wo sie riesige Landstrecken urbar machten, grundstzlich nur mit Niggern an. Sie wuten sehr wohl, warum. Aber noch immer gab es nur von der Gemeinschaft ausgeteiltes, zugemessenes oder ohne Zubilligung angeeignetes Land. Aus nichts anderem bestand der feste Grundbesitz, auf dem, soweit als ntig, auch das unentbehrliche Handwerk betrieben wurde. Erst um 1664, als man den miliebigen Hollndern mit Gewalt New Jersey wegnahm, wurde die erste Grundstckspekulation geboren. Sie erregte fast einen Aufruhr, so emprt war man ber sie. Man hielt sie fr eine grobe Unfairne und besorgte, zwischen die alten guten Ansiedlergenerationen, die selbst mit Hacke und Pflug gearbeitet hatten, mchte nun bles Volk, dessen Herkunft man nicht kannte, einwandern. Dagegen regte sich niemand darber auf, da um 1770 die Negersklaven in Virginia ein Sechstel, in Sdkarolina sogar zwei Drittel der Bevlkerung ausmachten. Freilich saen von New Hampshire bis nach Georgia auf Riesengtern freie Bauern, die sich selber mit allem, was sie brauchten, versorgten. Sie waren es, die neun Zehntel der ersten weien Einwohnerschaft des Goldenen Westens stellten. Vergeudeter Humusschatz Das Land hielt noch mehr, als es versprochen hatte. Eine schier bermenschliche Fruchtbarkeit schttete ein gigantisches Fllhorn verschwenderischster Ernten ber jene Europer aus, die als erste zu Yankees geworden waren. Niemand dachte daran, da es je anders kommen knnte. Ein boom folgte dem anderen: Zuckerrohr, Baumwolle, Tabak, Reis die unermeliche Mhe trug unermelichen Gewinn. Dazu Holz, Harz, Hute, Erze, Fleisch, Farbstoffe es sah wirklich so aus, als htte ein Berg Sesam sich aufgetan. Was bedeutete es jetzt noch, da die europischen Bden nicht mehr tragen wollten, da die Wlder dort verdarben, da seine Strme teils vertrockneten, teils durch berschwemmungen versandeten und verschlammten. Da immer wieder Seuchen aus dem Osten herankrochen, heute die Pest, morgen die Blattern, bermorgen die Cholera, dann aus Blut und Eiter und Gestank der Napoleonischen Feldspitler das Lazarettfieber, die proteusartig unfabare Influenza und als erbarmungsloseste Geiel Europas die Tbc. Der weie Kontinent war im Absinken begriffen, er war reif, unterzugehen. Und mochte er denn in Gottes Namen untergehen, mochte diese alte, ausgebrauchte Welt voll Schuld und Unrecht und Hunger und gegenseitigem Brudermord endgltig versinken! Im Westen war ja nun eine neue Welt aufgestiegen, in der alles im berflu vorhanden war, in der auch der rmste 474 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Paria ein freier und wohlhabender Mann werden konnte, und wre es nur darum, weil er an seinen Fingerngeln den rosigen Halbmond der weien Rasse besa. Finis Europae! Auf in den Goldenen Westen mit seinen mrchenhaften Ernten und seinen unberhrten Bden! Tausende und Tausende sind bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts dieser Fata morgana nachgezogen. Was suchten sie? Sie suchten Humus, jenen Humusschatz, den es in der Heimat schon lngst nicht mehr gab. Natrlich schlossen sich ihnen auch jene an, die nach Gold, nach Verschwendung, nach bekehrten Seelen gierten. Aber auch hinter solchen Zielen stand wie eine dunkel lchelnde Gttin die segenspendende, unberhrte Erde, die unerschpfliche Fruchtbarkeit schenkte, aus der alles andere erwuchs. Daheim hatten sie nichts als Armut und unfruchtbar gewordenes Land gehabt. Nun trieb sie der Hunger nach Humus bers Meer. Sie folgten ihm blind und glubig, wie einer geweihten Standarte. Vor siebzig bis achtzig Jahren begann zum erstenmal das, was man drben gullys nennt. In lange schon kultivierten Feldern brachen mit einmal tiefe Rillen und Lcher ein. Vielleicht hatte es schon vordem warnende Zeichen gegeben, doch achtete man nicht darauf. Ja gewi oft trug der Wind von den aufgepflgten Ackern mehr Erde weg, als es dem Besitzer lieb war. Oft saen die alten Leute zusammen und redeten davon, wie viel es frher geregnet htte. Und dann wie klar waren die Flsse gewesen! Jetzt brachten sie so viel Schlamm und Sand und Geschiebe herunter, da man das Wasser gar nicht mehr trinken konnte. Gewi das wrde sich wohl von selber wieder geben! Aber merkwrdig war es doch! Und wenn die Ernten auch immer noch gut und mehr als gut waren solche fantastische Frucht sah man doch nicht mehr, als damals, da man die frisch gerodeten und abgebrannten Grnde beste. Wrde auch das sich wieder geben? Es gab sich nicht. Es konnte sich auch gar nicht von selber bessern. Denn aus alledem sprachen die allerersten Merkmale der beginnenden Erosion. Seither ist es unaufhrlich weitergegangen. Nicht nur in den USA, sondern auch in Sdamerika, in China, in Vorderasien, im Norden und Sden Afrikas, in Australien. Wohin der weie Mann auswanderte, da brach nach einiger Zeit wie eine unvermeidliche Krankheit die Pest der Erosionskatastrophen aus. Es war, als bringe er sie aus seinem beralterten, ausgeplnderten Erdteil mit und infiziere mit ihr nun die ganze brige, gesunde Welt. berall begann es mit harmlos aussehenden, kleinen, lokalen Schdigungen, und die wuchsen und wuchsen, bis sie ganze, weitgedehnte Landstriche erfat hatten. Man mu es fr sicher halten, da in einigen Lndern Amerikas auch schon vor der Ankunft des weien Mannes Erosionszerstrungen bestanden. Sie waren von der Natur geschaffen und hatten ihre Ursache in geologischen Entwicklungen, die wiederum von erdzeitalten Bildungen herrhrten. Die

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badlands in Kalifornien sind ein Produkt der Verwstung durch Naturkrfte. Ebenso ist es die painted desert. In die bersteilten Wnde der Carions von Arizona bauten schon Sippen von Urindianern ihre troglodythischen Hhlenwohnungen hinein. Colorado besitzt zum mindesten seit dem Alluvium seine Great Plaines. Aber das sind eigentlich Ausnahmen, hervorgerufen durch ein Zusammentreffen verschiedener geografisch-erdgeschichtlicher Zusammenhnge. An den meisten brigen Erosionserscheinungen trgt der Mensch allein oder doch in berwiegendem Ma die Schuld. Und zwar sowohl an einer bermigen Beschleunigung der natrlichen, als an der Hervorbringung einer knstlichen Erosion. Mit einem Wort: an dem, was man The man made desert, die vom Menschen gemachte Wste nennt. Die letztere hat man bereits systematisiert. Man unterscheidet eine Wassererosion von sechs Strken, eine Gully-Erosion von acht Stufen mit sechs Unterstufen, eine Winderosion von sechs Stufen mit sechs Unterstufen. Aus ihren ineinander verflochtenen Auswirkungen haben sich Verknpfungen von Natur- und Kulturerosion ergeben. Ein Beispiel dafr sind die ungeheuren Regen, die fr die sdlichen Appalachen und die Rocky Mountains so charakteristisch sind. Wo nicht ein zusammenhngender Pflanzenmantel den Boden schtzt, da splen sie das ganze Erdreich unweigerlich weg. Wird die Grasdecke abgepflgt, so zeigen sich zuerst Furchen, dann lange Risse und dann ein plattenartiger Zerfall des ganzen Oberflchengefges. Im Prinzip besitzt die amerikanische Erosion keine anderen Erscheinungen, als sie auch anderswo auftreten. Sie gehen nur, infolge der gewaltigen Gebiete, die dabei in Frage kommen, in andere und viel grere rumliche Dimensionen hinein. Die Naturen unseres Gestirnes, das ja doch eine einheitliche Ganzheit ist, sind zwar klimatisch verschieden, haben aber doch dieselben Gesetzmigkeiten. Dort, wo die erste Siedlerwelle anbrandete, fing begreiflicherweise auch die erste Zerstrung an. In Old South zeigen sich auf ausgedehnten Gebieten bedrohliche Beweise einer Vernichtung der Bodenkapillaritt, deren Konsequenzen viel weiter reichen, als selbst die augenblicklichen praktischen Schdigungen, die man aber auch schon in Millionen von Dollars umrechnet. Zwischen Nordkarolina und Tennessee fingen sich vor fnf bis zehn Jahren mannshohe Grben zu bilden an. Das ging weiter bis zur Gegenwart. Dadurch ist das Land so von Kratern und Trichtern zersiebt, als sei es viele Stunden lang unter schwerstem Granatfeuer gelegen. Zwischen 2 und 5 m ist die Erde abgeschwemmt, wobei die ganze Oberschicht mit inbegriffen ist. Schwere Erdrutsche der Alpen sehen so aus, die langsam in eine erste, noch unstabile Ruhelage kommen. Der Boden dieses 130 qkm groen Erosionsgebietes besteht aus rostbraunem Lehm, ganz hnlich jenem, der in Sdeuropa die eisenschssige terra 476 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

rossa bildet. Von sich aus kann er einer verstrkten Erosion keinen nach drcklichen Widerstand entgegensetzen, denn schon durch die starke Metallbeimischung besitzt er ein ausgiebiges Eigengewicht und eine sprdere Beschaffenheit, als sonst solche schwere und kompakte Tone sie zu haben pflegen. Nun wurde in den Sdstaaten durch die intensive Baumwollkultur der Humus eines Groteiles seiner natrlichen Kolloidalitt beraubt. Die biochemische Bodenstruktur durch massenhaften Kaliumund Siliciumverbrauch (letzteres vor allem in der wasserhaltigen Gel-Form), aus dem Gleichgewicht gebracht, bte ihre natrliche Bindigkeit samt ihrer Bodenwelt vllig ein. Kein Wunder also, da nach jedem schweren Regen der Boden mit fortgerissen wurde und sich jene selbe Dolinenbildung einstellte, die auch die Flanken und Hnge des Karstes durchlchert. Denn Gully ist nur ein anderes Wort fr Doline, aber keine andere Sache. So erwiesen sich in der engsten Umgebung des Tennesseetales 12 000 qkm einst beraus fruchtbarer Erde als nicht mehr bebaubar. Andere 40 000 qkm litten unter schwersten Erosionsschden. Die Humusschicht lag dort in einer Dicke von 2,5 cm, als man sie zuletzt ma. Ein einziger, heftiger Regen gengte, um sie bis zur letzten Krume fortzusplen. Ging man der Verkettung der Ursachen nach, so stellte sich folgendes heraus: Im Ober- und Mittellauf des Tennessee River hatte man rcksichtslos abgeholzt. Dazu kam der ununterbrochene Anbau mit stndig wiederholtem Aufpflgen, was eine verderbliche Lockerung, biologische und chemische Vernderungen herbeifhrte. Als nchstes stellten sich infolge der Waldverwstungen Riesenberschwemmungen des Tennessee, Ohio und Mississippi und im ganzen Einzugsgebiet dieser Strme ein. Die Erosion wirkte sich also nach allen Seiten hin aus, und da ein natrlicher Widerstand nicht geleistet werden konnte, kamen extremste Formen zutage, sowohl in den Ablufen, als in den Schden, die daraus entstanden. Ein Schwarm von Hiobsnachrichten, der sich um 1930 immer mehr verdichtete, gewhrte nach seiner wirtschaftlichen Seite hin einen berblick, der sich in den hier angefhrten Zahlen auswirkte: Durch Wassererosion waren an 200 000 qkm Land in einen hoffnungslosen Zustand versetzt worden, und weitere 200 000 qkm waren so gefhrdet, da man ebenfalls mit ihrem Ausfall rechnen mute. Das war die Zusammenfassung dessen, was in USA sich in unserer Generation ereignete und was dann die staatliche Hilfe der soil conservation auf den Plan rief. Nun die Winderosion! Da die bermige Austrocknung des Bodens, dazu die Vernichtung des Bodengefges 1934 im Nordwesten zu den sattsam bekannten Staubstrmen fhrte, will ich hier nur noch mit einem Wort erwhnen. Die Blolegung bis zum nackten Steingerippe belief sich auf damals rund 20 000 qkm. Es waren aber weitere Riesengebiete auerdem in http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 477

Gefahr, zu the man made desert zu werden. Die Ziffern, die dafr genannt wurden, erfllten die Wirtschaft mit Entsetzen. Man sprach von 240 000 qkm, man sprach aber auch von 400 000 qkm! Schlielich ergaben die berprfungen der eingelaufenen Berichte, da es sich um einen Bezirk handle, der beilufig 1 000 000 qkm fruchtbaren Landes ausmache und nicht mehr zu retten sei. Das wre ein Landstrich, doppelt so gro wie Frankreich und etwa ein Siebentel der Gesamtoberflche der USA Denn diese hatten um 1930 (einschlielich Weiden) nur an 3 000 000 qkm landwirtschaftlich ausgentztes Terrain. Davon mute man bis 1940 annhernd ein Drittel als bereits mehr oder weniger verwstet oder in fortschreitender Verwstung begriffen abziehen! Nun erst erkannten die verantwortlichen Stellen, da damit der Verlust der fruchtbaren Erde auf jhrlich 2 Milliarden Tonnen angestiegen war. Davon sollen nach einzelnen Detailberichten zwischen dem Golf von Mexiko und dem Mississippi allein ber 730 Millionen Tonnen verlorengegangen sein. Jetzt freilich machte man sich Vorwrfe, da man durch barbarisches Roden und keineswegs immer notwendiges Aufpflgen in einem Klima, das durch mchtige Strme, durch Tornados, Blizzards, Fall - und Talwinde von ungewhnlicher Kraft gefhrdet ist, den Boden falsch behandelt hatte. Damals wurde jenes bse Wort geprgt, der Amerikaner htte in vierhundert Jahren mehr Land zugrunde gerichtet, als die Assyrer in viertausend. Etwas wie eine grundlegende Erkenntnis dmmerte schlielich in ganz USA auf. Man versuchte dem Verderben mit grter Energie zu begegnen. Nicht nur Roosevelt mit seinem New-Deal-Programm, sondern auch lokale Organisationen bernahmen Abstellung der rgsten belstnde. Einzelne Governments fhrten zielbewut die strengen Vorschriften der soil conser vation durch und konnten bald nachweisbare Er folge aufweisen. Vor allem wurde eine Tennessee Valley Authority mit 500 Millionen Dollar Kapital gegrndet. Sie baute zunchst elf Dmme zur Regulierung des Tennessee River von seinem Quellgebiet bis zu seiner Mndung in den Ohio. (Da man sein geregeltes Geflle zur Errichtung zahlreicher Kraftstationen heranzog, war nur ein Nebenerfolg, denn merkwrdigerweise verfgten nur drei Prozent der anliegenden Farmer ber Kraftstrom.) Viel wichtiger war es, da man mit einer planmigen Aufforstung begann und es mit einer Art von Terrassierung versuchte, die sich seit langem in den so beraus unstabilen chinesischen Lhgeln als vorteilhaft erwiesen hat. Gewi wurden damit nicht smtliche Schden behoben, vor allem nicht in der kurzen Frist von noch nicht einem Jahrzehnt. Aber es wurden doch die rgsten Zerstrungen abgebremst, und es wurde ein Weg gefunden, auf welchem schlimmstes von vorneherein verhtet werden konnte. Die Ernteausflle aber glich man kurzerhand damit aus, da man noch einmal aus der 478 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Reserve der jungfrulichen Bden schpfte und whrend des zweiten Weltkrieges jene schon erwhnten 40 Millionen acres bisher noch nie bewirtschaftetes Land unter den Pflug nahm. Die Steigerung durch die Rekordernten, mit denen die USA bis heute das hungernde Europa zu einem wesentlichen Teil miternhren, gehen das mu man sich immer wieder ins Gedchtnis zurckrufen auf den Ertrag aus solchen noch nicht ausgentzten Bden zurck. Denn dort, wo die Erosion lteres Kulturland auch nur anfangsweise zu zerstren beginnt, setzt sofort ein gewaltiges Absinken der Fruchtbarkeit ein. Dafr gibt es zahllose Beispiele. In Clarinda (Iowa) war man gewhnt, durchschnittlich 30 bush. Mais zu ernten. Mit der Vernichtung der Humusschicht waren es nur noch 6 bush. In Hays in Kansas ergaben die Felder anstatt durchschnittlich 13 bush. Weizen nur noch 4 bush., in Statesville in Northcarolina erbrachten sie unter den gleichen Umstnden anstatt 1089 Lbs. Baumwolle nur noch 388 Lbs. Alle diese und noch Hunderte anderer Beispiele scheinen einheitlich darauf zurckzufhren zu sein, da die Ionenttigkeit auf der Erdoberflche, welche die Ansaugung von Wasser und Luftfeuchtigkeit ausschlaggebend mit beeinflut, durch den Ionenverlust bei der Abwaschung des Erdreichs fast vllig zum Stillstand kommt. Der Leidtragende ist das gesamte Bodenleben, und wir wissen ja, was eine Lahmlegung des Bodenlebens fr die Erdkrume bedeutet. Die menschliche Ernhrung bringt leider, wie man jetzt nach mehrtausendjhriger Erfahrung unwidersprechbar feststellen mu, Kulturwsten, Humusschwund und Erosion als unvermeidliche Begleiterscheinungen mit sich. Wenigstens solange man die Landwirtschaft nach den gleichen Grundprinzipien betreibt, wie bis heute. Denn man kann Humus nur durch Humus ersetzen, das mu man sich immer wieder vor Augen halten. In den USA aber dachte vor zwlf Menschenaltern niemand auch nur an Dnger, geschweige denn an Humusersatz! Wie berall, so stt man auch hier auf den viel zu spt aufzuckenden Treppenwitz der Weltgeschichte. Die ersten Siedler drben waren zweifellos ein beraus tchtiges Menschenmaterial, zh, energisch und arbeitsam. Aber sie hatten das Unglck, aus dem nebeligen Grobritannien zu kommen, nichts anderes zu kennen, als ein Land und ein Klima, in welchem alle Bodenbebauungsmethoden ausnahmslos auf eine enorme Luftfeuchtigkeit mit reichlichen, allzureichlichen Niederschlgen eingerichtet sind. Sie htten also niemals auf das vielfach extreme, rein kontinentale nordamerikanische Klima und seine Naturen angewendet werden drfen. Aber wer kann den Ablauf von Geschehnissen rckgngig machen, die sich beilufig vierhundert Jahre frher abspielten? Diese vierhundert Jahre, die seitdem vorbergegangen sind, bedeuten in der weien Welt eine vollkommen andere Einstellung zu den Dingen und http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 479

eine Flle neuer Einsichten, die eben damals einfach nicht vorhanden waren, weil die Grundlage des Tatsachenwissens vllig fehlte. Wir wissen heute auch ber die Behandlung arider und halbarider Bden ganz anders Bescheid, als ehedem. Wir wissen, wie gefhrlich es ist, Hgelflanken zu Viehweiden zu degradieren. Davon ahnten jene ersten Farmer, die am Rande der Great Plains ihre Herden grasen lieen, nicht das mindeste. Sie dachten ganz einfach nicht daran, da man auf diese Weise die Entstehung der Dustbowles? heraufbeschwor, die dann zu einer wahren Katastrophe werden knnen. Denn der dustbowl im Mittelwesten wurde faktisch durch unrichtige Bebauung und leichtsinnig betriebene Weidewirtschaft hervorgerufen. Nach ihren abgeschlossenen, sehr sorgfltigen Untersuchungen des ganzen Gelndes erklrten um 1949 Albertson und Waver, da sich dieses gewaltige Gebiet in den letzten vier Jahren um viele Quadratmeilen vergrert habe. Sein Zentrum sei jetzt rein wstenhaft, der Boden mit drei Fu hohen Wanderdnen aus teilweise pulverfeinem Staub bedeckt. Es sei ein Landstrich, auf dem bestenfalls nur noch Disteln und Kakteen zu vegetieren vermchten. Ich kann es den Lesern dieses Buches nicht ersparen, sich mit einer Reihe von Daten und zahlenmigen Angaben zu befassen, die alle zusammen einen berblick ber den erschreckenden Umfang des Erosions- und Humusverwstungsproblems in USA vermitteln. Es handelt sich um einwandfrei beglaubigte Angaben, die ich den verschiedenen Berichten de r soil conservation entnommen habe. Ich werde sie so knapp als mglich halten. Sie waren mir bis zum Jahre 1945 zugnglich, aber auch seither hat sich die Antwort der Geschichte, soweit sie den Goldenen Westen betrifft, nicht wesentlich gendert. Die Angaben umfassen alle in USA vorhandenen Landschaften, Gebirge, Ebenen, feuchte Uferzonen und natrliche Trockengebiete. Und obgleich die Art der Erscheinungen etwas bis stark variiert, geht sie doch ausnahmslos von den bereits bis zum berdru erwhnten Ursachen aus: der rcksichtslosen Entwaldung und der unvernnftigen Zerstrung der fruchtbaren Humusschicht. Die letztere verschwindet auf groen Strecken geradezu, indem sie in Form schwarzer Staubstrme weggeweht wird. In Texas gibt es Bodenbeschdigungen bis zu Einbrchen in Pflughhe. Northcarolina weist 50 Millionen Acres unbrauchbar gewordenes cropland auf. In Northldaho richten schon normale Regen schwere Vermurungen an. Kalifornien ist das Gebiet der Uferzerstrungen, z. B. am Santa Clara River, whrend sich Rillen und Gullys im San Joaquin Valley berall zeigen. In Sdwestgeorgia kann man dreiig Meter hohe Erdpyramiden sehen, die sich aus glatten Bden im Laufe von fnfzig Jahren herausmodelliert haben. Im Nordwesten von Georgia dagegen verwittern sogar symmikte Kalkgesteine in kurzer Zeit zu den bekannten U-Tlern. Der berhmte Blake BeltlandHumus von Westzentral-Alabama ist an vielen Stellen bis zur Rendzinaschicht und zum Kreidegrund hinab ausgesplt. Das von der 480 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Erosion mit am meisten heimgesuchte Zentral-Oklahoma zeigt auf seinen redlands bereits eine ausgesprochene Canonbildung bei vlligem Bodenruin. In Sdost-Indiana treten alle bisher bekanntgewordenen Erosionsschden teils einzeln, teils in Gruppen auf. Die reichen Kartoffellnder von Maine im Arowstook-County wurden durch langgezogene, pltzlich auftretende Erdeinbrche, die sich als Mander mitten durch die Felder schlngelten, stark geschdigt. Virginia hat am Danriver bei Schoolfield einen groen Stausee errichtet, der mit Bergen hineingesplten Erosionsschuttes immer wieder aufgefllt wird und immer von neuem ausgebaggert werden mu. Was der Mississippi an Zerreiung seiner ganzen Uferzone und beispiellos heftigen berschwemmungen leistet, ist in aller Welt, nicht nur in den USA berchtigt. Aber auch so wenig bedeutende Flsse, wie z. B. der Coon Creek in Wisconsin hat in nur sechzig Jahren Untersplungen angerichtet, die das Gelnde um drei Meter nachstrzen lieen. Bis dahin hatte sich sein Lauf nicht nennenswert gendert, denn er ging durch jungfruliches Land. Seine gegenwrtigen Abweichungen und Zerstrungen betragen jedoch etwa so viel, wie sie sonst unter natrlichen Umstnden in 10 000 Jahren betragen htten. Als man an einem anderen Punkt in Kansas gewisse Hgelflanken zu kultivieren begann, rutschte deren dunkler Humus, den nur die bisherige Pflanzendecke festgehalten hatte, in breiten Platten ab. In Southcarolina entstand sogar im Granit eine echte Wadibildung mit Steilwllen. In Arizona brachen rasch entstandene Gullys zu Hhlen ein und pltzlich strmende Wasserflle zermrbten die nachbrechenden Felsen, so da sich wiederum neue Cafions bildeten. Kolorado ist seit langem gefrchtet durch seine Staubstrme, die jede offenliegende, trockene Erdoberflche auf Nimmerwiedersehen davonwirbeln. Der Rio Chaco in New-Mexiko hat infolge intensiver Abholzung hohe Strandterrassen ausgewaschen, die sich stndig verbreitern, so da vieltausendjhriges, einstiges Urwaldland verlorengeht. Alle diese Strme und Flsse neigen, so wie unsere Wildbche in den Alpen, zum Serpentinieren, d. h., sie schlngeln sich in degradierten Quellgebieten in mehrfachen, hchst unstabilen Seitenarmen durch die Gefllzone, sie auf diese Weise unterhhlend und in strmischem Ablauf verbreiternd. Auch in Nebrasca begrub der Republican River um 1935 bebautes Land unter meterhohen, kompakten Sanddecken. In Montana, im Thoulean-County wurden die Farmen durch ber ihre Felder hinwandernde Staub-Barchane erschreckt. Von entwaldeten Hgeln im Tuscaras-County von Ohio setzten sich alles verschttende Erdflsse unaufhaltsam in Bewegung. Steingeschiebe bis zur Gre haushoher Felsblcke vermurten bis zur Unkenntlichkeit fruchtbares Land im Salt Lake City von Utah. In den badlands von Dakota und Natchez ereigneten sich Wassereinbrche unter erdbebenhnlichen Erscheinungen, meilenweite Verschlammungen und Verwehungen durch Flugsand. berall in den weiten http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 481

Hochebenen von New-Mexiko erheben sich tiefeingeschnittene Erdpyramiden. Was zwischen und neben ihnen liegt, ist vollkommene Wste. Einzelne Gullys in Missouri sind so umfangreich durch stndiges Nachstrzen geworden, da man beschlossen hat, sie als Wasserstaubecken zu verwenden. Im Steuben-County von New York dienen mehr als 10 Millionen acres jetzt als Viehweiden und 8 Millionen acres als Waldweiden. Der Groteil dieser Landschaft besteht aus Hgeln mit nicht mehr als 20 Prozent Steigung, die jedoch, seit sie vllig entwaldet wurden, es zu keiner festen, zusammenhngenden Grasdecke mehr bringen. Ein Teil davon war einmal Ackerland. Aber man kann ihn heute nicht mehr bebauen. Die Weidewirtschaft richtet ihn vllig zugrunde. Mit solchen Angaben knnte ich noch viele Seiten fllen. Was dabei nicht mitgezhlt, gar nicht einmal bercksichtigt ist, das sind die kleinen, lokalen Unglcke. Sie uern sich in Erde, die auf das Nachbarfeld davongetragen wurde, in Kreuzrillenbildungen, in strichweisen Flugsandverwehungen, in allen mglichen, durchaus nicht immer leicht behebbaren Malen der Erosion. Das nimmt kein Ende, sondern vermehrt sich immer noch, auch in Gebieten, die bisher davon verschont waren. So stehen die Dinge in Nordamerika, wo es einen sehr ttigen, sehr energisch zugreifenden, reich mit Mitteln versehenen Soil conservation Service gibt. Wie erst sieht es anderswo aus? Tropenamerikanische Paradiese gehen dahin Es bleibt mir nichts brig ich mu diese lange und dstere Reihe selbstverschuldeter Landschaftsvernichtung noch etwas fortsetzen. Denn nur die Erkenntnis der Wirklichkeit ist imstande, die Krfte der Einsicht wachzurufen. Das Hochland von Ekuador ist ein Tummelplatz vielfltiger ErosionsVerwstungen. Heute ist es nur noch fr Schafzucht bentzbar. Nie wurden die kleinen Felder der Eingeborenen je gedngt. Trotzdem bestellt man sie mit einer Art stumpfsinniger Ergebenheit Jahr um Jahr von neuem. Einst drfte diese harte, drre, steinige Erde ppige Urwlder getragen haben. Gegenwrtig bringt sie den armseligsten Mais, der sich nur denken lt, hervor noch nicht einmal meterlange Halme und erbrmliche, winzige, krnerarme Kolben, die zu ihrer Reifung ganze elf Monate brauchen! Die Kartoffel wird ebenfalls in nicht krzerer Zeit mit der Knollenbildung fertig und die Knollen sind nicht grer als Walnsse. Dagegen herrscht unten in den Tlern eine beispiellose Fruchtbarkeit. Sie ermglicht es, da drei Viertel der Kakao-Ausfuhr von dort herstammt und da die berflle der Pflanzen kein Ende nimmt. Denn in diese Tler wird alles hinuntergewaschen, was der Hochebene geraubt wird. Das geht seit

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Zeitluften, an die sich niemand mehr zu erinnern vermag. Um so schlimmer aber wird der Hunger des Hochlandes. Vielleicht ist der Staat Panama noch der einzige, der sich ausgedehnter, unberhrter Urwlder erfreut. Man hat sie rechtzeitig geschtzt, so wie die Vogelparadiese am Gatunsee. Mit eigenen Augen sah ich dort, wie Wolken von Gefiederten mit ohrenbetubendem Geschrei den flammenden Abendhimmel verdunkelten. Aber schon im benachbarten Columbien hat man den kostbaren Waldbestand an Chinarindenbumen, der einmal sehr ansehnlich war, vllig ausgerottet. Er war ein unwiederbringlicher Schatz dieses Landstriches. Es gibt keinen Ersatz dafr. Bolivien besa sogar noch um die Jahrhundertwende herrliche, nicht angetastete Urwlder in seinem kaum erschlossenen Inneren. Leider haben auch sie stark abgenommen. Nicht besser ging es denen in den verschollenen Tlern des stlichen Perus. Ende der neunziger Jahre hielt man in Guayana noch streng auf die Schonung einer nomansland-Zone, die damals mit 797 940 qkm angegeben wurde. In dieser Ausdehnung hat sie seither lngst zu bestehen aufgehrt. Auch dort hatten sich die riesigen Urwlder zu jener Zeit bereits in die von Sedimentation berschtteten Tler zurckgezogen. Die Gebirge waren nackt, verwstet von einer schrankenlosen, katastrophalen Abtragung. Als man sie von Pflanzenwuchs entblte, schnitten whrend der Regenzeit wilde Torrenten wie ungeheure Messer selbst in die sehr harten Gneise und Granite ein. Die Steilwnde wurden geradezu zerschrotet und die nicht sehr widerstandsfhigen Kreidesandsteine an der brasilianischen Grenze gehen ihrem vlligen Verfall entgegen. Fast ganz Sdamerika bis zur Zone der Pampas besa vor einem halben Jahrhundert noch den Ruf, ein Eden unberhrter Urwlder zu sein. Sein Humusschatz schien unerschpflich. Trotzdem gab es auch damals schon gefhrdete Bezirke. In Santiago, in Cordoba, in San Louis wute man sich wegen Bodenerschpfung, Drren und Wassermangel nicht zu helfen. Erst in Chile begann wiederum der unermeliche, unschilderbare Holz- und Humusreichtum. An die Hylea den Amazonasurwald wagte man zu jener Zeit nicht zu rhren. In Haiti hatte die Natur eines jener wunderschnen, unvergleichlich ppigen westindischen Inselparadiese geschaffen, aus dem man dann eine Riesenzuckerplantage machte. Von ihren Gnaden fielen den 3000 Besitzern Millionen in den Scho. Die Ausplnderung der Erde lie die 3000 Plantagen auf nur noch 100 herabsinken, die aber ausschlielich in farbiger Hand waren. Die Negros begriffen nicht den Wert und die Notwendigkeit ausgiebiger Bewsserungsanlagen. Alles zerfiel. Port au Prince liegt heute in einer traurigen und verwilderten Halbwste. Die geringen Kulturen auf den erschpften Bden erlauben keine nennenswerte Ausfuhr mehr. Die Huser der Plantagenbesitzer sind immer noch voll von alten und http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 483

zuweilen recht absonderlichen Geschichten. Und wenn man sie sich erzhlen lt, so erhlt man ein wunderliches Bild jener einstigen Welt, gemischt aus Schlue, Gefahr, Gewalttat und rcksichtsloser Ausntzung gegen Mensch und Tier und gegen eine bermchtige Natur. Eine dieser alten Geschichten bezieht sich auf die Pflanzer von Surinam. Ich mchte sie darum hier erzhlen, weil man aus ihr deutlich erkennen kann, welche Wege die Humusverwstung mitunter ging: Als die Aufhebung der Sklaverei endlich auch in Hollndisch-Guayana sehr gegen den Willen der Farmer durchgefhrt werden mute, steckten diese die recht namhafte staatliche Entschdigung ein aber sie kehrten nicht mehr auf ihre Pflanzungen zurck. Samt und sonders fuhren sie heim nach Europa. Ihre Besitzungen mit allem lebenden und toten Inventar lieen sie im Stich, denn sie hielten sie von nun an fr absolut wertlos. Wozu sagten sie sich sollten sie abwarten, da ihnen die befreiten und von ihrer Freiheit toll gewordenen Negros die reifen Zuckerrohrfelder anzndeten und die Baumwollplantagen in sinnlosem Ha zerstampften, wie das auf San Domingo, in Martinique und auf den meisten westindischen Inseln geschehen war? Aber da gab es kleine, bescheidene, jdische Hndler, die bisher beim Export der tropischen Kolonialgter mitgearbeitet hatten. Die kauften die ber Nacht herrenlos gewordenen Plantagen um ein geringes und verpachteten sie um Minimalsummen an Farbige. Denn diese muten nach dem Rausch ihrer Befreiung schlielich doch anfangen, fr sich selber zu arbeiten, da sie von nun an keinen Master mehr hatten, der sie ernhrte und versorgte. So wurde der einstige Sklave Herr von Surinam. Freilich ntzte er den Boden nur lssig aus, nicht mehr, als es zu seiner eigenen Notdurft notwendig war. Aber seit den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, als sich der Umschwung ereignete, ntzte er ihn eben doch aus. Er tat es mit der Gleichgltigkeit und Verstndnislosigkeit nicht bswilliger, aber fauler und unwissender Eingeborener, die niemals an das bermorgen denken. Und so ist es dort nicht besser als in Guatemala, wo sich auch die intensivst betriebenen Terrassenkulturen solange erhielten, als man die Urwlder schonte und die Bewsserung instandhielt. Erst als man durch Roden und Brennen alles vernichtete, folgte eine grauenvolle Zerstrung der Landschaft nach. Frhere Waldhgel besitzen auch nicht mehr ein Korn Humus, dafr zeigen sie in erschreckender Nacktheit den tiefgehenden Zerfall der Erdoberflche und eine in Jahrhunderten nicht mehr gutzumachende Verkarstung. In einem natrlich feuchtwarmen Klima, wie dem von Ost-Guatemala oder Cajabon gibt es jetzt trostlos erodierte Gebiete mit allen Schrecken der Humusverwstung. Kaum, da kurze, borstige Stachelgrser in einzelnen Bscheln dort ihr Fortkommen finden. Unter jedem Regengu knirschen Schuttstrme zu Tal, die keine elastische 484 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Wurzeldecke aufhlt. Immer schrfer zeichnet sich das hippokratische Gesicht der sterbenden Natur in die Landschaft ein. Lngst ist der feuchtheie Urwald in den Hochebenen zu einer durstlechzenden Macchia geworden oder zur mageren, wasserarmen Savanne. In diesem Stadium ist das Unheil der Erosion nicht mehr einzudmmen und wer sollte es auch? Und dasselbe habe ich auf Sdseeinseln gesehen, wo die zauberhafte Unberhrtheit lngst dahingegangen war. Denn als die gold- oder erzsuchenden Prospektoren anrckten, sprengten sie groe Stcke Urwald weg, um zu sehen, ob es in der Tiefe abbauwrdiges Metall gbe. Auf jede Weise wurde Flora und Humus ausgetilgt. Die Dynamitpatronen lieen wahre Granattrichter zurck und berall wurden die Quellhorizonte zerstrt. Es gibt keine Snde, die man nicht gegen die ewig grnenden Lnder unter dem quator beging. Man hat den Eingeborenen nicht nur mit Gewalt das Land weggenommen, man hat es unter dem beschnigenden Schlagwort Exploitation auch mit Gewalt zugrunde gerichtet. Weisheit der Terrassenkulturen Dabei bestanden einst ausgestorbene Kulturen, die die Kunst der Terrassierung so gut beherrschten, da es whrend ihrer eigenen Zeit zu keiner nennenswerten Erosion kam. An einer frheren Stelle wurde schon erwhnt, da die Mayas ihre frheren Wohnbezirke darum verlieen, weil kein Mais mehr auf ihren kleinen Feldern gedeihen wollte. Aber das geschah zweifelsohne erst, nachdem sich ihre ausgezeichneten Systeme der Terrassierung bereits jahrtausendelang bewhrt hatten. Eine ihrer geschickten Vorbeugungsmaregeln bestand darin, regelmig den oberen Terrassenrand zu beschneiden und diese abgehobene Oberschicht dann wieder auf ihre Beete aufzustreuen. So ging nichts verloren und die befruchtende Kraft der lebendigen Bodenzone blieb doch zum grten Teil erhalten. Die Inkas, wahre Meister in der Terrassierung, da sie doch ein ausgesprochenes Bergland bewohnten, scheinen diese Geschicklichkeit schon von namenlosen, autochtonen Vlkern bernommen zu haben, die vor ihnen an denselben Bergflanken saen. Man wei nichts von ihnen, wahrscheinlich starben sie ebenso wie die Frhvlker Europas lange vor jeder Geschichte dahin. Namen tauchen erst auf, wenn man an das 12. oder 13. Jahrhundert unserer Zeitrechnung kommt, in welcher mit einem Mann Cuzco die Grndung des Inkareiches einsetzt, nicht ohne Kmpfe, nicht ohne Gewalt. Wie es mit der nachmaligen Vermischung von Siegern und Besiegten stand, lt sich heute nicht mehr feststellen. Aber aus dem gegenwrtigen Zustand der Landschaft darf man wohl schlieen, da es so wilde Verwstungen wie anderswo hier niemals gegeben hat. Die Vorkehrungen, die man dagegen traf, waren wohlberlegt und durchaus zweckentsprechend. 2,50-3,50 m hoch mauerte man feste Stufenwnde http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 485 PDF-Ausgabe 62010

auf, die jeden erosionsgefhrdeten Hang in eine Art Treppenpyramide zerschnitten. In diesen knstlichen Beeten bereitete man dann sorgsam die Fllung vor. Unten kamen schwere Rollsteine, darauf leichtere Geschiebe, der oberste Meter wurde mit guter Gartenerde aufgeschttet. Die wurde Korb um Korb auf dem Kopf oder Rcken hinaufgetragen. Mit den Hnden wurde der Humus eingeschpft. Das war aber noch nicht alles. Nun erst ging man an die Bewsserungsanlagen. Viele Meilen weit leitete man Quellen aus den Bergen her. Man fhrte sie ber Aqudukte, die mit Steinplatten gepflastert wurden, ber die das kalte, klare Wasser in blitzendem Strom dahinrann. In Sprngen fiel es von Terrasse zu Terrasse, oft als knstlicher Schleierfall, dort Regen spendend, wo der Himmel ihn versagte. (In der Nhe des heutigen Macchu Picchu haben sich solche Anlagen noch erhalten.) Bei Ollontay und in Sdperu beschrnkte sich die Agrikultur nicht nur auf die Hnge allein. Man dmmte auch die Talflsse ab, um der Fruchtbarkeit in den Tlern besser teilhaftig zu werden. Die alten Schlammbetten wurden bearbeitet, teilweise verfestigt, teilweise in eine Art Schwimmender Grten (hnlich denen in Mexiko) verwandelt. Darauf wuchsen in beispielloser ppigkeit Blumen, Gemse, Mais und Frchte. Seit Inkatagen bestehen noch die gemauerten Felsenbeete, die Felder und die Schlammgrten in den Flssen. Das alte Peru ging dahin. Die Spanier tauchten wie ein blendender, schrecklicher Meteor auf und gingen dahin. Oft wiederholter Brudermord, Revolutionen und Aufstnde verbluteten und gingen dahin. Aber all das rhrte nicht an die Fruchtbarkeit der sorgsam bewsserten Terrassen, die noch immer bepflanzt und noch immer nach den ungeschriebenen Gesetzen der Ahnen neu errichtet werden. Und noch immer reiche Frucht tragen tausend Jahre frher, tausend Jahre spter, was liegt der zeitlosen Pflanze, was liegt der zeitlosen Erde daran? Von den Mayavlkern bis zu den Inkas und in ganz Zentralamerika lebten die Menschen seit undenklichen Zeiten fast ausschlielich von Mais. Wie fingen sie es an, da dieser gefhrliche Bodenausplnderer nicht schon nach kurzer Zeit ihre ganze Landwirtschaft in Unordnung brachte? Es gibt nur eine Antwort: Sie pflegten den Boden, sie ersetzten, was ihm entzogen wurde, sie fhrten ihm wieder zu, was sie ihm fortnahmen. Man hre: Was das Haus und die Strae als Abfall liefern, das wird in Khnen zu den Schwimmenden Inseln hinausgebracht oder hinauf auf die Terrassen getragen. Damit wird gedngt. Es ist eine rohe, unsglich primitive Art von Bodenerneuerung, aber das gesegnete Klima tut das seine dazu. Und es ist nicht roher und primitiver, als wenn der europische Bauer den verjauchten Mist aus seinen Stllen samt allen den Fulnis- und Krankheitskeimen, die in astronomischer Menge darin umherwimmeln, auf seine Felder ausbreitet. Und dabei besitzt unser Kontinent leider ein Klima, das eher die natrliche Humifizierung verzgert, als da es sie beschleunigt. Unter dem 486 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

peruanischen Himmel vollzieht sich die Verrottung in wesentlich krzerer Zeit und unvergleichlich viel vollkommener. Alle diese alten Reiche waren sicherlich sehr stark bervlkert. Nordamerika freilich ernhrte nur einige Hunderttausende bis einige Millionen von nomadisierenden Indianern. Denn wir wissen ja, da Nomaden einen ganz anderen und um vieles ausgedehnteren Lebensraum brauchen, als ansssige Stmme. Darum schien den ersten Europern das Land gewissermaen unbesiedelt und leer. Die Azteken-, Maya- und Inkalnder aber waren menschenerfllt, alle gehorchten Gesetzen, die sich auf die Masse Mensch bezogen. Und darber erst kreisten gleich Gestirnen dann die Frsten und Priester hoher Kasten, die in Palsten und Tempeln ein exotischer Reichtum umblhte, den man nur mit dem asiatischer Vergangenheit vergleichen kann. Es fehlt nicht an Beispielen fr diese Behauptung. Das Gebiet, auf dem im 6. Jahrhundert v. Chr. die Mayavlker ansssig waren, war von soviel Einwohnern besiedelt, da ihre Zahl die der alten Welt bei weitem bertraf. Denn auf beilufig 49 220 Quadratmeilen Grund ernhrte es annhernd 13 300 000 Menschen. Das entspricht der Population von England zwischen 1821 und 1831. Trotzdem war berall das sog. Milpasystem (wenn auch nicht berall unter diesem Namen) eingefhrt worden, das vorschrieb, kein Stck Boden drfe lnger als 2-3 Jahre lang bebaut werden, dann bedrfe es einer Brache. Diese Brache forderte also stndig einen Teil des Kulturbodens. Dazu kommt, da der Mais versalzene Bden, wie die an der Kste, nicht ertrgt und auch nur bei ganz besonderer Pflege ins Gebirge hinaufsteigt. Die Mglichkeit der Pflanzungen wurde jedenfalls dadurch stark eingeschrnkt. Die Irokesen, gleichfalls fast reine Maisesser, die achtzehn Sonderarten selbstndig aus ihm herausgezchtet hatten, pflanzten ihn beinahe nur auf frischer Rodung. Sie besaen mit Maisbau eine vielhundertjhrige Erfahrung, und von ihnen lernten die weien Einwanderer, wie mit diesem ihnen unbekannten Riesengras umzugehen sei. In Hinsicht der vorgeschriebenen Brache aber knnte man es verstehen, wieso die Mayas bei starkem Geburtenberschu mit ihren Maisernten nicht mehr auskamen. Jedenfalls gingen sie, ehe die Sorgen des Humusschwundes anfingen, ihnen das Dasein zu verderben. Sie hinterlieen keine Landverwstung. Nach ihnen brach wiederum der Urwald ein, der ber ihre Stdte und Tempel, ihre Kalendersteine und sonderbaren Menschenmler hinwuchs, unzerstrt, als ob niemals kopfreiche Vlker in ihm gehaust htten. Er berwucherte die breiten, niederen Terrassen, die ursprnglich dazu gedient hatten, das kostbare Regenwasser in mglichst groen Mengen aufzufangen. Denn es mag sein, da die Quellen, die in engen, hohen, schmalen Kanlen dahinschossen, zuweilen nicht gengend Wasser lieferten. Vielleicht fingen sie bereits an, sich zu verstopfen und zu versanden, so da nicht Hnde genug da waren, um dieses ewig ungebrdige Uhrwerk zwischen Himmel und Erde http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 487 PDF-Ausgabe 62010

in ungestrtem Gang zu erhalten. Wohin jener ausgewanderte Teil des Mayavolkes zog, und was aus ihm wurde, wei man nicht. Man wei auch nicht genau Bescheid ber die Kmpfe mit den wilden Tolteken, die wiederum ihrerseits den rauheren Azteken unterlagen. Man mu aber wohl annehmen, da der zurckgebliebene Rest sich mit fremden Nachkmmlingen vermischte. Sie alle bernahmen die uralte Bodenbearbeitung. Man erkennt es ganz deutlich. Wo jemals diese alten Kulturvlker oder ihre Satelliten saen, da gibt es vorausgesetzt, da die Enkel den einstigen Methoden treu blieben keine oder doch keine nennenswerte Erosion. Die Linie lt sich bis heute verfolgen. Sie zieht sich durch den ganzen sdamerikanischen Riesenkontinent. Immer tiefer schneiden sich dagegen die Furchen ein, die von Farmern weien Blutes herrhren, die den Humus ausbeuten, wie man eine Mine ausbeutet. Hinter ihnen bleibt nur noch Verwstung. Reichtmer der schwarzen Erde Kehren wir nochmals nach Europa zurck. Fragen wir uns, ob denn nirgends, in keiner seiner Himmelsrichtungen, in keiner seiner gemigten Naturen etwas von jenem berflu bestand, der fr uns der Inbegriff des Sdens geworden ist. War Europa immer arm, immer notleidend, immer so nahe am Hunger und am Mangel? Nein es besa einen Schatz von natrlichem Humus, der allem gleichzustellen ist, was unter tropischen Urwldern liegt und von ihnen geschaffen wurde. Es war der Reichtum der schwarzen Erde, des Tschernosjems, der Ukraine. Warum ging in unserem Erdteil immer wieder der Zug von Osten nach Westen? Nicht nur die Sippen wanderten so, sondern auch Tiere und Pflanzen. In historischer Zeit brachen bei uns aus Asien die Wollkrabbe und die Wanderratte ein. Noch in der Gegenwart wanderte zu uns die Schwarzkiefer (Pinus nigra L). Unsere eigene Generation hat den Einbruch des sibirischen kleinblutigen Rhrmichnichtan (Impatiens parviflora) zu verzeichnen und den eines mandschurischen Polygonums, das sich jetzt berall an allen Gartenzunen breitmacht. Das sind nur ein paar Namen aus einem groen Zug von Vergessenen und Verschollenen. Niemals vermochte Europa ihm einen, wenn auch noch so kleinen Widerstand entgegenzusetzen. Wre der Weg nicht immer von Osten nach Westen, sondern in eben dem Ausma auch von Westen nach Osten gegangen, so knnte man wahrhaftig nicht begreifen, warum der gesegnete Boden der Schwarzen Erde nicht unermdlich von Landsuchern aus dem Westen berschwemmt wurde. So aber bewegte sich alles, was es an fremdbltigen Einfllen in Besitz nahm, ausschlielich von Osten heran, allenfalls noch von Norden. 488 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Der Westen wute lange so gut wie gar nichts von der Ukraine. Er kmmerte sich nicht um die Humusparadiese, die da vor den Toren grnten, denn jene deutschen Bauern, die vor ein paar Jahrhunderten nach der Wolga zogen und sich dort in reichen Drfern ansssig machten, waren wirklich und in allem eine Ausnahme. Gefilde voll unerschpflicher Fruchtbarkeit breiteten sich von Lodz und Agram bis hinter die Wolga und zum Schwarzen Meer aber wer nahm davon Notiz? Zum Balkan ging der endlose Schwabenzug. Die groe Katharina bot freies Land an alle Siedler deutscher Zunge. Das war alles, was von seiten der Regierungen geschah. Niemals aber tat man etwas aus berlegener, weitschauender Einsicht, um systematisch den Strom der Fruchtbarkeit auf das ausgeplnderte Land, die verarmten Bden, zu dem hungernden Menschenberschu im Herzen der europischen Kultur zu lenken, die seiner so ntig bedurft htte. Lieber segelte man ber alle Weltmeere und eroberte blutfremde Kontinente. Den eigenen zu einem damals noch so leicht mglichen Ausgleich zu bringen das vermochte man nicht! Den Vorwurf kann man keinem der groen Kaiser, Frsten, Regenten, Berater ersparen. Unisono verhielten sie sich den so naheliegenden Problemen des Ostens gegenber mit einer stupiden Unwissenheit und strflichen Borniertheit, die sich bitter genug nicht nur an ihnen, sondern auch an ihren Nachkommen rchte. Und noch immer ist die Zeit nicht abgelaufen, die unter dem trben Stern der Kurzsichtigkeit und wirtschaftspolitischen Unfhigkeit steht. Denn die europische Wirtschaft htte nicht Jahrhunderte hindurch in dieser ausgebluteten Agonie verharren mssen, wren ihr rechtzeitig jene Strme von Lebensmitteln und Rohstoffen zugeflossen, deren sie bedurfte und die sie so leicht erreichbar vor ihren Grenzen hatte. Einmal gab es auch hier eine gesunde Ausgleichsmglichkeit, ohne Kriege und Eroberungen und ohne das bliche sinnlose Blutvergieen. Denn 1654 bot die bis dahin selbstndige Ukraine freiwillig, weil sie sich der ewigen Einflle nicht mehr erwehren konnte und weil sie vom Westen in jeder Weise im Stich gelassen wurde, das Protektorat ber den Tschernosjem dem russischen Zaren an. Lange hatte es auf diplomatischen Wegen den Schutz des Westens gesucht aber der Westen unternahm nichts, um die Schwarze Erde zu schtzen! Der nie offiziell vollzogene, an sich aber ebenso natrliche

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als wirtschaftlich notwendige Ausgleich mit dem Westen bedingte es, da ca. 70 Millionen Hektar Tschernosjem zu einem Eigenschicksal gezwungen wurden, zu dem alle Vorbedingungen auf geographischer Basis fehlten. Denn auch in seiner gnstigsten Situation fhlte sich das Land der Schwarzen Erde nur als eine Enklave von Byzanz, zwar weithin strahlend, aber unablssig hineingerissen in den uralten Kampf zwischen Sehaftigkeit und Nomadentum. Symbolisch ist der Name. Ukraine bedeutet auf kleinrussisch Grenz gebiet. Und eigentlich war es politisch auch immer ein Grenzgebiet, whrend es doch seiner ganzen Beschaffenheit nach als Zentrum der Fruchtbarkeit, als Kornkammer Europas, gleich einem Augapfel htte behtet werden mssen. Seine Geschichte begann mit den Kimmeriern ein volles Jahrtausend vor Christus. Die suchten die unvergleichliche Weide. Die Nordukraine deckte einst das Land mit ungeheuren Mischwldern aus Eichen, Birken, Erlen und Fichten gegen die Strme des nrdlichen Eismeeres ab. Nach Sden zu lockerte sich dieses Urwaldgebiet in Wahrheit eine nordstliche Hyla in wunderschne, ppige Parklandschaften auf, aus denen einzelne Waldinseln mit wahren Baumgebirgen aus Eichen, Linden und Ulmen ragten. Daraus wurde eine lockere Waldsteppe, die dann in das endlose Grasland der Pontischen Steppe berging. Hier lag einst das Kosakenparadies eines Taras Bulba, hier ritten die Mnner in schulterhohen Grsern. Hier wehte im Winde das ungeheure Heracleum, mit seinen 1,50 m Hhe der grte Doldenbltler. Tulpen und bunte Zwiebelgewchse zngelten wie duftende Flammen aus all dem wogenden, warmen Frhlingsgrn. Das ist freilich Romantik einer Lngstvergangenheit. Denn heute reitet man wenn man reitet und nicht im Traktor fhrt hchstens ber ein knietiefes Gewirr von Ackerunkrutern, wenn es ber Brachland, ber Wildkirschen-, Weichsel- und Distelgestrpp, wenn es ber einstige Wiesen geht. Denn die echten Wiesen sind selten geworden, sogar auf und um die Kurhany, wo es noch immer gigantische Tumuli mit Frstengrbern darin geben soll. In denen ruhen gepanzerte Skythenhuptlinge, umschlossen von geharnischten Reisigen, bis zweihundert in einem einzigen Grab, dazu Pferde, Hunde und Falken. Das, was man bis zum ersten Weltkrieg Podolische Landschaft nannte, galt bis dahin als ein wahres Schlaraffenland. Hier wchst das Brot auf Zaunpfhlen und die Zune dazwischen sind aus Wrsteln geflochten!, sagte man im Scherz. Die Drfer versanken in Pflaumen- und Kirschenwldern. Wasserarmut war nicht einmal dem Namen nach bekannt. Denn berall sprudelten fischreiche, kristallreine Bche, die aus Quellmooren hervorbrachen. Es quakte von Frschen, zahllose Strche wanderten am Ufer umher, die zuweilen in der Steppe drauen wohl auch junge Ziesel jagten. 490 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Mit den Kimmeriern zusammen fielen zuerst Thraker aus dem Balkan im heutigen Ostgalizien ein. Von den Skythenzgen um 800 v. Chr. berichtet schon Herodot. Die Sarmaten folgen. Um 200 n. Chr. kommen die ersten Goten an, und in Westgalizien setzen sich Vandalen fest. Einer vertreibt den anderen. Aber zunchst werden nur Nomaden von Nomaden verjagt. Die Steppe nimmt sie in ihre unendliche Weite auf. Sie hausen in den Wldern. Manche Sippen vergessen das Wegziehen und bleiben. Aber sie alle wurden durch den ersten Hunnensturm weggeschwemmt, dem Bulgaren und Awaren aus dem spteren Anatolien folgten, die nicht geringere Barbaren waren. Gleich Heuschreckenschwrmen fluteten sie heran, gleich Heuschreckenschwrmen verschwanden sie, wenn nichts mehr zum Rauben und Plndern da war. Und nun zum erstenmal wurden die rastlosen Steppenreiter sehaft Als Chasaren richteten sie ein ausgedehntes Reich vom Kaukasus und der Wolga bis zur unteren Donau auf. Das geschah im 8. und 9. Jahrhundert. Vom Altai waren sie aufgebrochen, schne, starke Mnner und unverschleierte, amazonenschlanke Frauen. Bis zum Dnjepr drangen sie nach Westen vor. Sie waren diejenigen, die endlich Stdte auf der Schwarzen Erde bauten, die Straen errichteten, die Handel trieben. Kyjew entstand, Mittelpunkt der Ackerbauer und Zentrum des Poljanenbezirkes und zahlte Tribut an die Chasaren. Der Handel mit seinen Mglichkeiten lockte die Juden an, die ihrerseits wiederum eine geregelte Geldwirtschaft schufen. Zu all diesem stlichen Vlkerwirrwarr gesellten sich nun auch noch slavische Anten. Vielleicht waren sie es, die jene einfache, frhliche Naturreligion mitbrachten, die auf eine einigermaen wunderliche Art die des alten Judengottes Jahwe ergnzt haben mag. Immer haben sich ja die Gtter besser vertragen als ihre Priester und Anhnger. Naturdmonen waren niemals besonders kriegerisch. In Litauen lebten bis in unsere Zeit noch verwandte Wald- und Wiesengtter nach, gleich jenem antischen Sonnengott Daschdboh, jenem Windgott Stryboh und dem schrecklichen Donnergott Pertun. Langsam vollzog sich die Besiedelung des Landes. Man tpferte, man ste, man erntete. Man tauschte bronzene und eiserne Waffen ein. Schlielich siegte ber alles die Oberhoheit von Byzanz mit der Macht des doppelten Kreuzes. Daran konnten auch die Wikingereinflle schwedischer Warger nichts ndern. Dazu htten sie frher oder spter kommen mssen. Aber Wikinger blieben, wo immer, stets die unbesonnenen Abenteurer, die eigentlich nirgendwo den Lohn ihres Blutes und ihrer geopferten Toten ernteten. Kyjew aber war und wurde der natrliche Brennpunkt einer frhen slavischen Kultur, die damals schon viel zuviele wesensfremde, wenn auch nordstliche Kulturen in sich aufgenommen hatte, um nicht menschlich duldsam und von verstndnisvoller geistiger Nachgiebigkeit zu sein. Ein wargischer Rurik grndete Nowgorod. Da er und sein Gefolge mit http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 491

Ruderbooten landeten, so nannte man sie darum die Ruderleute, die Rusj. Die wanderten dann unter Oleh, dem Nachfolger jenes Rurik, nach Kyjew aus, galten nun als Kyjewer Rusi. Als solche wurden sie in Byzanz um das erste Jahrtausend herum teils gesuchte Sldner, teils gefrchtete Ruber. Von Kleinasien bis an die persische Grenze verfluchte man ihre mrderische Beutegier und bewunderte ihren Todesmut, der sinnlos ihnen fremde Vlker ausrottete, weil Ausrotten und Plndern nun einmal zu ihren Daseinsprinzipien gehrte. Erst unter Wladimir dem Groen erwuchs auf der Schwarzen Erde der definitive Anschlu an die byzantinische Kultur. Nach auen hin besiegelte das seine Heirat mit einer byzantinischen Prinzessin. Aber sie war gewissermaen nur das Symbol eines geistigen Zusammenschlusses von weltweiter Bedeutung. Ganz hnlich der Politik Karls des Groen, der mit Hilfe der rmischen Kirche seine stndig aufrhrerischen Gauherren und das rabiate Volk von Herzgen bndigte, zhmte auch der groe Wladimir die Groen seines Reiches nur auf dem Umweg ber das orthodoxe Christentum und dessen Hierophanten. Die Jahrtausendwende fllte die Entscheidung, sozusagen durch seinen Mund. Ost und West strebten von da an als zwei Pole einer entgegengesetzten Entwicklung, die sich nur derselben Methoden bedient hatten, auseinander. Halten wir hier an diesem Punkt! Fassen wir den Ariadnefaden der geschichtlich-wirtschaftlichen Zusammenhnge, der hier unversehens aus dem Irrgarten entgegengesetzter Interessensphren auftaucht! berlegen wir, wo und wie sich das vorbereitete, was damals an dieser folgenschweren Jahrtausendwende nur seinen natrlichen Schlupunkt fand. Warum zerspaltete sich das Rmische Weltreich in zwei Teile? Wir wissen es aus dem, was vorangegangen war. Es konnte sich nicht mehr selbst ernhren und versorgen. Es konnte sich infolgedessen auch nicht mehr gengend verteidigen. Es unterlag der Stokraft seiner barbarischen Angreifer, weil es als Staatsgebilde durch unaufhaltsame berfremdung den inneren Zusammenhalt verloren hatte. Zwar konnten sich seine Eroberer, sich im Herzen Roms einnistend, wohl eine Zeitlang als Ausber der faktischen Gewalt fhlen, aber es mangelte ihnen notgedrungen das wirkliche Verstndnis fr die doppelte Verwurzelung Roms in der griechisch-asiatischen Welt. Von diesseits der Alpen stammend, zog es sie immer wieder diesseits der Alpen zurck. So zerri mit dem rmischen Staatskrper auch eine Bindung, die ursprnglich aus purer Notdurft, aus reinen Versorgungsschwierigkeiten geknpft worden war. Und diese Selbstndigmachung des nahen Osten, der im Goldenen Byzanz prachtvoll aufblhte, whrend das Forum verfiel und vandalische Reiter ber das Kapitol trabten, bestimmte von da ab das Schicksal Europas. Der Westen wandte sich von da ab immer extremer nach Westen, 492 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

der Osten blickte immer faszinierter nach Osten. Vielleicht dmmert hier die Erklrung, welche uns alle bisherigen Geschichtswerke schuldig geblieben sind: Warum zwischen dem Balkan und der Wolga mehr als nur eine Wasserscheide liegt. Eine der Folgen war, da das Land der Schwarzen Erde dadurch fr den Westen verlorenging. Es heit, die ppstlichen Legaten, die aus Rom herbeieilten, als man munkelte, da der Herr des reichen Kyjew zum Christentum berzutreten plane, htten sich die denkbar grte Mhe gegeben, ihn fr dessen westliche Form zu gewinnen. Aber Byzanz habe nicht nur die besseren Diplomaten besessen, sondern auch die Hand der Kaiserstochter zu vergeben gehabt. (Sie war brigens jener griechischen Theophano, der Gattin Kaiser Otto II., blutsverwandt.) In dieser Darstellung spiegelt sich aber in der Hauptsache die zeitgenssische Meinung wider, die ja immer und berall einzig mit den greifbaren Dingen rechnet und die Geheimnisse viel tiefer reichender Beziehungen und Verknotungen nicht zu durchschauen vermag. Als jene Entscheidung im Palast von Kyjew fiel, da redeten mit lautloser Stimme die zerstrten, zugrunde gerichteten Bden des westlichen rmischen Reiches mit, welche die wahre Ursache seines Unterganges wurden. Es redete der verschwundene Humus mit, die zerstampfte Fruchtbarkeit. Es redeten die von Wldern entblten Gebirge mit, die versandeten und verschlammten Strme. Es redete jene bedingungslose Anbetung der Gewalt mit, die Natur, Menschen und Land ber alle Maen mibraucht hatte und nun, ihres endgltigen Mierfolges unbewut, am Ende dieses Mibrauches stand. All das lenkte, dem klugen Wladimir unbewut, seinen Entschlu aus unbekannten Tiefen und wandte sein Herz nach Osten. Ganz sicher whlte er nach handgreiflich praktischen Grnden und sichtbarem Vorteil. Er wute nicht, da eine Weltwende in seine Hand gelegt worden war und da er das schwarze Los fr Europa zog. Er war kaum mehr als ein blinder Waisenknabe, der ins Glcksrad greift und nicht ahnt, welcher Gewinn der von ihm herausgeholten Nummer zufllt ... Von da ab neigte sich die Schwarze Erde dem Osten zu und hielt ihm die Treue. Unzhlige Entfaltungen liefen unheilvoll von diesem Punkt ab auseinander. Eine der bsesten und schwerstwiegenden Konsequenzen war das prinzipielle Miverstehen zwischen Slaven und Germanen, das jahrhundertelang wie ein tzendes Scheidewasser alle Anknpfungen zwischen Nahwest und Nahost vergiftete. Fr sich, fr seine Sippe, fr sein Land und Volk hatte Wladimir unzweifelhaft richtig gewhlt. Sein Sohn man nannte ihn Jaroslaw den Weisen wich von dem einmal eingeschlagenen Pfad nicht ab. Ein gewaltiger Aufschwung des Handels mit dem byzantinischen Reich speicherte Prunk und Schtze und Wohlstand auf der Schwarzen Erde. Man verschiffte den Dnjepr http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 493

hinunter Getreide, Honig, Wachs, Hanf, Felle, Bernstein. Die Bojaren, die nicht nur die Grundeigentmer, sondern zugleich oft auch Kaufherren waren, brachten Wein, Gewrze, kostbare Stoffe, tauschierte Waffen und Rstungen zurck. Von beiden Seiten blhte Sklavenkauf und -verkauf. Das Landvolk blieb, wenig behelligt, in seinem uralten Natur- und Dmonenglauben. Wie bei allen aus berzeugung Sehaften war sein Dasein geregelt von erdverbundenen Fruchtbarkeitsbruchen. Fast ein Jahrtausend spter sangen die Frauen beim Reigentanz um die Kirche noch immer: Oh Ahne, wir pflgen das Feld, wir melden Dir, da wir pflgen, da wir sen, da wir ernten! Sie waren brigens ganz unabhngig, besaen dasselbe Recht wie die Bojaren, hatten ihre eigenen Htten, oft noch hinter altertmlichen Erdwllen. Der malos fruchtbare Boden gab willig alles her: Weizen, Hafer, Roggen, Gerste, Hirse, Bohnen, Erbsen, Mohn und vor allem Flachs, unvergleichlich in seinem seidigen Glanz. Zur Arbeit taten sie sich oft mit landlosen Freibauern zusammen. Tagelhner, meist Hrige, besaen sie alle. Nur die Rusj hausten fr sich, ob sie nun Sldner oder Bootsknechte waren. Ein Heer von vollbrtigen Priestern in kostbar gestickter Dalmatika tat bei Tausenden von Kerzen Dienst in den vierhundert Kirchen von Kyjew. Die Klster mehrten sich, und jedes von ihnen verfgte ber Grund-, Jagd- und Nutzrechte der auskmmlichsten Art. In den Palsten zechten die Bojaren, sie ritten von Schlo zu Schlo, silberne Schellen an den Mnteln. Strme von schwarzem kachetischem Wein verschwanden in goldenen, edelsteingezierten Bechern. Auf den Straen tobten Lrm und Geschrei eines stndigen ungeheuren Warenmarktes, wo Produkte der Nachbarstdte neben Schtzen aus Kitai und Kleinasien angeboten wurden. Die schweren, groen Lastkhne, zurechtgehauen in den Wldern des Nordens, kamen im Winter auf Schlittenkufen an und wurden auf dem Markt von Kyjew verkauft. Sommersber fuhren sie in Dutzenden von Geleitzgen die Kste des Schwarzen Meeres entlang bis zum Bosporus und zum Goldenen Horn. Unermelich scheint dem armgewordenen Europer der mittelalterliche berflu der Ukraine. Noch im 16. Jahrhundert belebten solche Scharen von Wild das Land, vor allem die Wlder und Waldinseln, da man Wisente, Hirsche und Wildpferde nur um der Hute wegen mit dem Jagdspie verfolgte, whrend man an Hirschkhe und Wildschweine nicht einmal einen Pfeil verschwendete. Man briet berhaupt nur die saftigsten Lenden- und Rippenstcke, alles andere warf man den Hunden vor. Die Sauen wanderten zusammen mit den Rehen in riesigen Herden unangefochten beim ersten Schneefall in die Wlder des Nordens hinauf, um im Frhjahr wiederum in die sdliche Steppe zurckzukehren. Der sterliche Markt brachte alljhrlich einen Wildeierverkauf mit sich, den es in solcher Reichhaltigkeit wohl kaum noch gab. Wildenten-, Wildgnse-, 494 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Schwanen- und Kranichseier samt Jungen huften sich zu Bergen. Die Edelfische schwammen whrend ihrer Hochzeitszge im Dnjepr, Don und den unzhligen Nebenflssen so dicht, da ein hineingeworfener Fischspeer aufrecht stecken blieb. Ich will hier nur eine einzige Verfgung anfhren, die sich in Chroniken erhalten hat, weil sie besser als viele Worte ein Bild dieses unbeschreiblich ppigen Lebens in der Ukraine um die Jahrtausendwende vermittelt. Ein Steuereinnehmer war damals ein frstlicher Agent, also eine mittelmig dotierte Amtsperson. Als Deputat standen ihm nach seinem Rang nun folgende Nahrungsmittel zu: Tglich 1 Brot, soviel Hirse und Erbsen, als er zur gewohnten Grtze bedurfte, dazu Kse, 2 Hhner und Salz. An Fasttagen durfte er anstatt Fleisch einen Fisch fordern. Sonntags waren ihm ein Kalb und ein Eimer Malz ins Haus zu liefern, damit er sich Bier brauen konnte. Um 1054 ging die friedevolle Herrlichkeit zu Ende. Bruderkriege der Erben Jaroslaws begannen und dauerten zweihundert Jahre lang. Von 1146 bis 1181 rauften sich die Stammesfrsten, die blutmig berechtigten und die anderen um den Thron. Dazwischen Nomadeneinbrche. Mit dem Untergang von Byzanz versinkt auch sein schtzender Einflu auf das Rom des Ostens. Petschenegen brechen ein, Polowzer, sogar Tscherkessen streichen plndernd ber die Wolga. Jeder dieser berflle endet mit der Vertreibung und Hinmetzelung sehafter Bauern. Ganze Stmme werden bis auf den letzten Sugling ausgerottet. Um 1155 verbndet sich ein Dolgoruky, der sich Frst des nrdlichen Suzdalje nennt, mit irgendwelchen Polowzerkhanen. Sie nehmen die Stadt Kyjew in Besitz und vertilgen sie nach vierzehn Jahren, da sie sich nicht ber die Vorherrschaft einigen knnen. Dann reiten die Tataren, die 1240 das wiederaufgebaute Kyjew erobern. Die Stadt wird vllig niedergebrannt. Was von der Bevlkerung die Katastrophe berlebt, wandert in endlosen Mrschen in irgendeine barbarische Sklaverei nach Osten. Dann folgt Dschingiskhan, der alles zertritt, was noch brig ist. Hundert Jahre danach man schreibt 1320 erobern die wilden Litauer die abermals aufgebaute Stadt. Dann wird sie von 1560 ab fast auf ein volles Jahrhundert polnisch. Bis zum endgltigen Untergang seiner Selbstndigkeit waren in den Kampf um die Stadt Kyjew 64 Frstentmer und 293 Frsten verwickelt. In 83 Brgerkriegen tobte sich Gewalt gegen Gewalt aus. Im 16. Jahrhundert grndete sich etwas wie eine Steppenrepublik. Sie setzte sich zusammen aus den Vertriebenen, die der ewigen Menschenjagd entronnen waren, und aus den Nachkommen von sechstausend geflchteten Bauern, die sich auf einer unbetretbaren Dnjeprinsel angesiedelt hatten. Seit Jahrhunderten waren die Mnner daran gewhnt, nur verstohlen zum Sen und Ernten auszuziehen und sonst sich nicht aus ihren versteckten Htten zu wagen. In der Ssitsch, wo ein Kosakenhetman regierte, fanden sich alle zu http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 495

einem Leben in Freiheit. Nur Mnner wurden geduldet, kein Weib. Dort und bei den Saporoger Kosaken hauste man nach Art wilder Landsknechte, meist nur vom Raub, jedenfalls aber erlst von der Fron des Feldes und der polnischen Grundherren. Nicht nur von hier aus, auch sonst hrten die Plnkeleien nicht auf, denn die Polen waren verhat. Es wurde nicht eher Ruhe, bis sich der Zar von Moskau aus mit bewaffneter Hand einmischte. Aber nun beginnt ein anderer Schrecken: der Landhunger. Nach all den Kriegen, Zerwrfnissen, nach all dem Blutvergieen nimmt die , Bevlkerung nun rasch zu. Besonders die Bodenstndigen vermehren sich. Als um 1861 auch in der Ukraine die Leibeigenschaft aufgehoben wird, zeigt es sich, da von 48,1 Millionen ha Boden nicht weniger als 45,7 Prozent den Bauern zufallen. Das nimmt bis 1916 sogar auf bis zu 65 Prozent zu. Freilich teilt sich das Land in viele winzige Zwergenwirtschaften auf, bei denen nur ganz wie im fernen China 1 bis 4 ha auf eine meist vielkpfige Familie treffen. So fngt man, um die schmalen Einknfte zu steigern, auf den Kleinbauernhfen mit Heimarbeit an. Auch versucht man, wenn irgend mglich, vom Gropchter noch ein Stck Land in Pacht zu bekommen. Nach den Napoleonskriegen wandern von allen Himmelsrichtungen sippenweise fremde Siedler ein, aber sie finden nicht genug Platz. Trotz des Rufes von einem Wunderboden glckte es nur wenigen, sich eine neue Existenz aufzubauen. Das ganze 19. Jahrhundert war ja in Europa eine Epoche innerer Umgruppierungen, im groen und im kleinen. Reiche, Lnder, Vlker, Volksbewegungen versuchten politisch und wirtschaftlich eine stabile Form zu gewinnen oder doch das, was ihnen damals so schien und sich in dem immer enger werdenden Festlandsraum besser einzurichten. Auch in der Ukraine vollzogen sich Vernderungen. Lngst war sie keine Steppe und keine Weide mehr. Sie war zu einem reinen Getreideland geworden, mit 75-90 Prozent bestem Ackerboden, der eine Zeitlang fast ohne Brachen bebaut wurde. Das bedeutete, da die Bewohner, vor allem aber die fremden Ansiedler, ihre Viehhaltung stark einschrnken muten, denn es waren faktisch keine Weidepltze mehr da. So zogen denn auch viele wieder in alle Windrichtungen davon und die stliche Auswanderung nach Amerika mehrte sich auf Kosten derer, die auf der Schwarzen Erde nicht Wurzel zu schlagen vermochten. Allmhlich modernisierten sich auch die Methoden der Bodenbearbeitung. Zwar besten im Kubanygebiet immer noch reitende Kosaken die Stoppelfelder (jene Form, die man gerade jetzt wieder mit Erfolg anwendet, weil sie die Erde nicht entblt und so die Winderosion stark einschrnkt). Hauptschlich aber gab man die wilde Feldgraswirtschaft auf, die darin besteht, einen Boden solange mit ein und derselben Getreideart zu besen, bis er vollkommen erschpft ist. An ihre Stelle bernahm man die allgemeine europische Dreifelderwirtschaft Freilich ist bekanntlich auch sie kein Ideal, 496 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

denn sie wechselt meist nur zwischen Winter- und Sommergetreide, denen dann wieder ein Jahr Brache folgt. Die Ukraine hatte von je ihre eigenen Pflgungsgewohnheiten. Tiefpflgen war so gut wie unbekannt. Man wandte zumeist nur eine S-Egge an, die einem auf den berlockeren chinesischen Lbden verwendeten Gert ziemlich hnlich sieht. Durch die oberflchliche Schlung und beraus flache Eggung bleibt freilich das Ackerunkraut unbehelligt. Aber das ist ein weit geringerer Schaden, als man noch vor kurzem glaubte. Denn auch das Getreide gedeiht nach allerneuesten Versuchen besser mit seiner natrlichen Begleitflora, wie als Monokultur. Durch die sehr vervollkommneten Reutermaschinen lt sich die Samenverunreinigung leichter beheben, als die Aushagerung bei mangelnder Bodenbedeckung. Man mu nun einmal der Steppen- und Prriebebauung ihre besonderen Erfordernisse zubilligen. Von 1909-1913 lieferte die Schwarze Erde jhrlich 8,6 Millionen t zur Ausfuhr. Davon waren 4,6 Millionen t Weizen und 2,8 Millionen t Gerste. 1927/28 wurden sogar bis 1 743 000 t exportiert. Das leistete immer noch der Tschernosjem! Aber schon um 1934 begann der gigantische berschu zu sinken. Die Ausfuhr betrug nur noch 1 000 000 t. Es ist wohl nicht nur Propaganda zu bestimmten Zwecken, wenn behauptet wird, da um diese Zeit bereits Hunderttausende einst freier Bauernfamilien zugrunde gegangen sein sollen. Tatsache ist jedenfalls, da um 1933 der ukrainische Ministerprsident offiziell Berichte verlas, die von einer frchterlichen Hungersnot unter den Bauern seiner Heimat handelten. Da er zahlreiche Flle anfhrte, da Menschen nur von Gras und rohen Krutern ihr Leben fristeten und in ihrer Verzweiflung, sich erhalten zu knnen, ratlos als Bettler in die Stdte flchteten. Damals machte freilich die Gegenpartei geltend, durch die mangelnde Arbeitsorganisation und das Fehlen jeglicher Disziplin seien um dieselbe Zeit 300 Millionen t Getreide auf freiem Felde verfault. Als Folge der ganzen Interpretation wurden 200 000 Ukrainer strafweise nach Nordruland ausgesiedelt. Wie weit diese Manahme gerechtfertigt war und aus welchen Grnden sie tatschlich verhngt wurde, hat uns hier nicht zu beschftigen. Wir haben uns hier nicht mit politischen Problemen auseinanderzusetzen, sondern einzig mit solchen, die sich auf die gesamte Weltwirtschaft und die Versorgung aller Hungriger beziehen. Dagegen interessiert uns ernstlich eine andere Frage: Wie verhlt sich der Tschernosjem zu dem heute blichen mechanischen und mechanisierten Grobetrieb der Landwirtschaft? Sehr lange hat man geltend gemacht, da er weder die Bearbeitung mit Traktoren, noch die Beschickung mit Kunstdnger ertrgt. Das ist nach allen unseren bisherigen Kenntnissen und Erfahrungen mehr als wahrscheinlich. Die durch das Aufpflgen groer ebener Strecken gefrderte Winderosion erfordert jedenfalls Manahmen von allergrtem Ausma zu ihrer Verhtung. Das ist ein Problem, das ebenso fr den amerikanischen Mittelwesten wie fr den europischen Osten gelst werden mu. Wie diese http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 497 PDF-Ausgabe 62010

Gegenmaregeln beschaffen sein mssen, ob sie imstande sind, die groen Verluste durch Zerstrung der Bodenstruktur ganz oder doch teilweise zu beheben, kann man nicht im voraus sagen. Denn die Lsung mu gleichzeitig ein ganzes Bndel von Schdigungen der verschiedensten Art ausschalten. Nicht gering wiegen auch auf der Schwarzen Erde die Snden der Vergangenheit. Durch jahrhundertlange vllige Miachtung jeglicher Bodenpflege wurden allein in der sdlichen Ukraine in den letzten zweihundert bis dreihundert Jahren schtzungsweise an 1 350 000 acres bester Boden ruiniert. Die Aufhebung der Leibeigenschaft machte die Bauern zwar nominell frei, aber sie gab ihnen nicht die Mittel und Kenntnisse, um mit ihrem kostbaren Boden auch vernnftig umzugehen. bermige Steuern und Verschuldung hinderten prinzipiell jede Besserung. Es ist nicht zu leugnen, da erst die russische Revolution mit dem alten Schlendrian der Unfhigkeit und vlligen Unwissenheit gebrochen hat und da seither wirklich etwas geschieht, um den besten Boden Europas nicht so wie bisher einfach nur blind zu erschpfen. Man hat die Landbebauung seither nach Osten und Sden zu enorm ausgedehnt. Dort sind in der Hauptsache aride und halbaride Gebiete. Gerade dort hat die Sonnenblumenkultur stark zugenommen, und man pflanzt jetzt kubanische Sorten, die Riesenkerne, gro wie Mandeln, reifen, welche berall gegessen werden. Zwischen 1931 und 1935 wurden allein im Kuban 300 000 ha dafr kultiviert. Im Flutal des Dnjepr versuchte man es nicht ohne Erfolg mit Reisanbau, im Sden auch mit Baumwolle. (Wir wissen freilich, da sowohl Sonnenblumen als Baumwolle zu den groen Humusausntzern gehren, die bei einem Maximalverbrauch durch ihre Rckstnde dem Boden nur minimale Werte wiedergeben. Selbst auf dem Tschernosjem mssen sie also in eine vorsichtig gestufte Anbaufolge eingegliedert werden.) Durch das sog. Experiment von Novosilsk versucht man seit 1921 einen genau geregelten Fruchtwechsel von zwei bis sechs Jahren, der auch Ruheperioden des Bodens mitumfat, in denen er nur Gras und Leguminosen trgt. Zur Stickstoffanreicherung schaltet man als Grndngung Kleesaat dazwischen und geht dann wieder auf Roggen oder Weizen ber. Auch auf dem Programm des amerikanischen Soil Conservation Service stehen solche aufeinander abgestimmte Bepflanzungsserien. Sie bewhren sich berall. Aber es ist selbstverstndlich, da ihre Anwendung letzten Endes doch nur einen Hemmschuh in der Bodenausplnderung einlegt, aber keine wirkliche Bodenverjngung herbeifhren kann. Doch dies nur nebenbei. Wenden wir uns wieder der wirtschaftlichen Entwicklung des ganzen Komplexes Ukraine zu. Wie berall auf lange bebautem Kulturland, hat auch hier eine erhhte Erosion eingesetzt. Dort, wo es sich um hgelige Bezirke handelt, sind auch 498 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

im heutigen Kleinruland 63-75 Prozent Boden in Gefahr, den Schden der Wasser- und Windabtragung in groem Ausma zum Opfer zu fallen. Eine echte Gully-Bildung zeigte sich in der Pontischen Steppe schon vor vierzig Jahren bereits bei 10-18 Prozent des beackerten Landes. Die eigentliche Ursache der schlimmsten Bodenausntzung war wohl ein um die Mitte des vorigen Jahrhunderts von Petersburg aus ergangener Befehl, soviel Getreide als mglich aus der Ukraine herauszuholen. So griff man denn wieder zur systematischen Rodung, um den Ausfall durch die Brachen auszugleichen. Jetzt wird infolgedessen Wiederaufforstung und Wiederherstellung groer Flchen reinen Graslandes angestrebt. Man versucht eine Allgemeinregelung fr ganz Ruland, denn durch die intensive Tabak-, Tee- und Citruskultur im Kaukasus zeigt sich auch dort jetzt in bedenklicher Ausdehnung eine bis dahin fast unbekannte Dolinenbildung, die man nur als Beginn von Verkarstung auffassen kann. Verbrecherische Versuche whrend des zweiten Weltkrieges, das Land der Schwarzen Erde, das man nicht erobern konnte, sinnlos zu zerstren, rchen sich jetzt mit unvorhergesehener Vehemenz. Die wirtschaftliche Verbindung des Nahostens zu Westeuropa ist so dnn geworden, da sie praktisch eigentlich nicht mehr ins Gewicht fllt. Gegenwrtig trgt der Tschernosjem nichts mehr zur Ernhrung von Europa bei. Er tat es berhaupt nur ein Jahrhundert lang jenes Jahrhundert der Handelsfreiheit, da man eine unbehinderte Wirtschaft fr wichtiger hielt, als barbarische Zerstrungskriege. Ob und wann diese segensvolle Einstellung einmal wiederkehrt, kann niemand voraussagen. Aber dann wird die Ukraine wohl kaum mehr eine entscheidende Rolle in der Rohstoffversorgung unseres Kontinents spielen, denn sie hat keine jungfrulichen Bden mehr. Die sucht man jetzt in West-, Sdund sogar Nordsibirien, wofr man die kltebestndigen Weizensorten herausgezchtet hat. Und noch ferner im Osten reifen heute schon im Altai in frischangelegten Kulturen halbkiloschwere pfel, und Georgien hatte im Sommer 1947 eine enorme Zitronen- und Orangenernte auf neugerodeten Bden. Dorthin will man jetzt gewaltige Kollektivfarmen mit vorbildlichen Obstkulturen verlegen, deren Organisation im Jahre 1950 beendet sein soll. Und so verblht das Sonderschicksal der Schwarzen Erde. Grenzland hie sie. Ein Grenzland ist sie geblieben. Sie htte ich wiederhole es noch einmal ein Zentrum, das Zentrum der Ernhrung Europas werden knnen. Sie ist es nicht geworden. Genau wie anderswo, hat man auch hier die organisch-wirtschaftlichen Zusammenhnge viel zu spt begriffen. Wann wird unser Kontinent endlich aufhren, seine lebenswichtigen Belange zu spt einzusehen?

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Der Griff nach den fremden Kontinenten Fassen wir rckerinnernd den Zustand von Europa vom 16. bis zum 18, Jahrhundert zusammen: Trotz der Kriege und trotz der schweren Epidemien war eine gewaltige Zunahme an Seelen zu verzeichnen, fr deren Ernhrung eigentlich nur der Handel zur Verfgung stand, nicht aber durch bessere oder ergiebigere Anbaumethoden Sorge getragen wurde. Dem merkbaren geistigen und Kulturfortschritt stand ein ebenso schwerwiegendes Minimum an landwirtschaftlichen Kenntnissen gegenber. Nichts geschah fr die Erforschung der natrlichen Zusammenhnge zwischen Agrikultur und Wirtschaft Alles war der Privatinitiative berlassen, welcher die Regierungen zumeist nur hindernd im Wege standen. Man kann Hunderte von Seiten in berhmten Chroniken durchblttern alles, was man in Bezug auf den Ackerbau finden wird, ist hchstens die Angabe, da dieses Jahr sehr na oder jenes sehr trocken gewesen sei und da die Preise fr die Feldfrucht dementsprechend gestiegen oder gefallen wren. berschwemmungen werden hchstens im Sinn einer bedauerlichen, aber doch wohl gerechten gttlichen Strafe erwhnt alles andere ist berhaupt nicht erwhnenswert. England bestritt seine Zunahme und Umstellung auf Schafzucht mit flandrischem Korn. Infolgedessen geschah in den Niederlanden alles, um mglichst viel an Ernten herauszuholen. Ebenso wie in Dnemark, fhrte man dort einen eifrigen Kampf gegen die Kstenzerstrung durch neue und bessere Eindeichung. Die gewonnenen Meeresbden erwiesen sich als beraus fruchtbar, und der ganze berschu wanderte nach Grobritannien, wo man Brot brauchte. Man brauchte soviel Brot, da man, nach flandrischem Muster, doch wieder auf den fettesten Marschbden Getreide ste. In Sdfrankreich verfiel man um 1787, also kurz vor der Revolution, darauf, die Dnen zu bepflanzen. Damit hoffte man den Flugsand zu binden, der stndig die landeinwrts gelegenen Felder verschttete. Ein verstndiger Mann namens Bremontier erreichte auf diese Weise die Nutzbarmachung eines 2,5 Millionen acres groen Landstriches, den man dann einfach Les Landes nannte. Er wurde gegen die Strme mit Meerstrandkiefern (Pinus maritima) besetzt, denn dieses Nadelholz ist daran gewhnt, in fast reinem Salzsand zu gedeihen. Diese Sandaufforstung erwies sich brigens als unerwartet und unberechnet eintrglich. Denn bis dahin wurde der Harzimport ausschlielich von den amerikanischen Sdstaaten bestritten. Der ostindische Handel hatte immer nur erlesenen Weihrauch und Rucherharze geliefert. Nun jedoch erfuhr durch die amerikanischen Brgerkriege der Import eine fast vollkommene Stillegung, denn was herausgeschmuggelt wurde, war nicht nennenswert. Da aber fing man nun an, das riesige knstliche Waldgebiet der Les Landes zu zapfen. Fr fast ein Menschenalter wurde es zur einzigen erreichbaren Harzquelle und trug der Krone ein Vermgen ein das 500 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

allerdings in der allgemeinen Miwirtschaft spurlos verschwand. (Man wird sich erinnern, da infolge einer unerhrten Drrekatastrophe im Sommer 1949 fast die gesamten Kiefernbestnde einem nicht mehr einzudmmenden Riesenwaldbrand zum Opfer fielen.) An sich existierte in Frankreich berhaupt keinerlei Forstschutzgesetz, auer den zahllosen Verfgungen zum Schutz jagdbaren Wildes. Denn, als Folge der Revolution, wurde am 29. November 1791 smtlicher Waldbesitz, ob kniglich oder privat, den Bauern und Brgern ohne Einschrnkung preisgegeben. Ein wildes Wldermorden setzte ein. Der Tierbestand wurde bis auf ein Minimum versprengten und geflchteten Wildes ausgerottet und es sah ganz danach aus, als wrde Frankreich auch des letzten Baumes beraubt werden. Der jahrelang unterdrckte Ha des Volkes gegen das Jagdvergngen des Adels, die Emprung gegen die frchterlichen Strafen fr alles, was Jagdfrevel hie (und was konnte nicht als Jagdfrevel au sgelegt werden!), tobte sich mit barbarischer Verstndnislosigkeit gegen die Wlder aus. Tatschlich haben sie sich ein Jahrhundert lang nicht mehr von der damals ber sie hereingebrochenen Verwstung erholen knnen. Aber die Natur setzte sich gegen die sinnlose Zerstrung der Landschaft zur Wehr. Eine berschwemmung folgte der anderen und eine war schrecklicher, als die andere. Stdte sahen sich aufs schwerste geschdigt, ganze Drfer, Viehherden, Obst- und Weingrten wurden weggerissen. So zog man denn bereits um 1803 die Erlaubnis der unbegrenzten Forstausntzung zurck. Aber es kostete einen schweren Kampf mit den Besitzern kopfstarker Viehzuchten, die ihre Waldweiden durchaus nicht aufgeben wollten. Die Krfte der Erosion, die auf eine so unbedachte Weise in Freiheit gesetzt worden waren, konnten indes nicht zur Ruhe gebracht werden. Um 1840 erfolgte eine neue berschwemmungsperiode und eine abermalige um 1856, die alles bertraf, was man bis dahin erlebt hatte. Die ganzen Landstriche um Rhein, Rhone, Loire und Garonne tauchten unter Wasser. Tausende von Menschen kamen um. Es war eine Menetekel von solcher Eindringlichkeit, da es endlich die Gleichgltigkeit der Behrden und der Regierung berwand. Um 1859 erlie das Dritte Franzsische Kaiserreich schlielich ein groes Forstgesetz, das im wesentlichen heute noch gltig ist. Ihm schlo sich um 1882 eine allgemeine Bewegung fr Wiederaufforstung und vor allem fr systematische Stromregulation an. Diese Bewegung griff dann von Frankreich auf Deutschland und vor allem auf die alte sterreichisch-Ungarische Monarchie ber. Dort galt es, jahrhundertelang eingerissene Schden zu beheben, die sich hauptschlich ber die mchtigen Getreidegebiete der nordwestlichen Tschechoslowakei und des sdlichen Mhrens erstreckten. Aber die Dammbauten, die unumgnglich ntig gewesen wren, htte man auf Tausende von Kilometern ausdehnen mssen. Mit anderen Worten: sie wren selbst damals in den Tagen einer http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 501 PDF-Ausgabe 62010

gesicherten Finanzwirtschaft fr ein Staatsbudget berhaupt nicht tragbar gewesen. Nicht einmal, wenn man die Kosten auf Jahre verteilt htte. Aus Sparsamkeitsgrnden verfiel man dann auf eine ausgiebige Wiederaufforstung. Alles in allem hat das alte sterreich dann Tausende von Quadratkilometern neu bepflanzt, u. a. den Karst zwischen Triest und Fiume, der allein acht Millionen Bumchen beanspruchte, die mittlerweile zu stattlichen Mischwldern herangewachsen sind und sich als der beste Schutz gegen die schrecklichen Einbrche der Bora erweisen. Nur vorbergehend will ich in diesem Zusammenhang erwhnen, da auch in Deutschland der eigentliche Aufschwung der Landwirtschaft erst mit der Aufhebung der Leibeigenschaft, also zwischen 1801 und 1840 begann. In Ostelbien dauerte es sogar bis nach 1870, bis die vorsintflutlichen Methoden des Ackerbaus endgltig zusammengebrochen waren. Die Verhltnisse blieben aber im Osten noch lange so mittelalterlich, da man versteht, warum die erste Bewegung zur Bodenreform durch Adolf Damaschke um 1896 von den Forderungen zur Behebung dieser altertmlichen Mistnde ausging. Diese wenigen Schlaglichter auf die Zeit zwischen 1600 und 1800 zeigen uns Europa in einem Zustande, der unabweisbar einer allgemeinen Katastrophe zutrieb. Alle Lnder waren gleicherweise durch die Erosion gefhrdet, alle Nationen durch eine unverstndige Bodenwirtschaft (ganz abgesehen von Kriegen und Religionskonflikten) wirtschaftlich auf einer absteigenden Stufe. Aber nirgends begriff man die Bindungen innerhalb der einzelnen Phasen. Es ist brigens ganz unwahrscheinlich, da man sie, falls man sie als Ursache und Wirkung erkannt htte, zu verbessern imstande gewesen wre. Dazu fehlten so gut wie alle technischen Vorbedingungen. Das Studium der Wirtschaftspolitik jener Zeit belehrt uns darber, da auch das, was die revolutionrsten Heisporne verlangten, keineswegs eine Landverbesserung, sondern nur eine sozial gerechtere Landverteilung war. Das Schicksal der Ktner und Hintersassen, der Besitzer oder Pchter von Kleinwirtschaften, war in Wahrheit trostlos. Sie konnten nicht leben und nicht sterben, auch dort, wo sie niemals zu den eigentlichen Hrigen gezhlt hatten. Die zahlenmig wenigen Freibauernhfe, die ihre Bevorzugung und Steuerfreiheit meist irgend einem frhmittelalterlichen frstlichen Gnadenakt verdankten, wogen die namenlose Masse von Elend nicht auf. Es ist wahrhaft herzerschtternd, wenn man sich ausmalt, wie vor dreihundert bis vierhundert Jahren ein durchschnittliches Bauernleben verlief. Es bedeutete eine solche Summe von Unwissenheit, Unfreiheit, nahezu tierischen Lebensbedingungen, da tatschlich die Seelsorge des Dorfpfarrers (der brigens meist nicht weniger roh und unwissend als seine Schflein war) die einzige Mglichkeit einer geistigen Erhebung darstellte. Man kann beim

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besten Willen nicht verlangen, da ein solcher Menschenschlag, der nur ber eine sehr bescheidene Summe meist aberglubischer und oft schlecht beobachteter Kenntnisse von Naturerscheinungen verfgte, einen Begriff des Bodens htte haben sollen. Er begngte sich damit, die primitiven Handlangerdienste zu leisten, die zum Ackerbau gehren. Aber auch sie geschahen ohne Verstndnis, nur aus einer dumpfen Ergebung heraus. Dem Bauern und seiner Familie blieben nach Erlegung von Abgaben, Steuern, Zehnten und Naturalablsungen kaum soviel, da sie ihr Dasein fristen konnten. Die Bilder von Ruysdael und anderen niederlndischen Malern verfhren freilich dazu, zu glauben, da das damalige Dorfleben nichts als wste Prasserei gewesen sei. Aber man darf nicht vergessen, da die flandrischen Bauern nicht nur auf den fettesten, ertragsreichsten Marschbden saen, sondern auch, da sie sich eben ein ppiges Leben erlauben konnten, weil sie die englischen Schafzchter mit Getreide belieferten. Sie stellten wirtschaftlich einen Sonderfall dar, den man in keiner Weise vor allem nicht in Hinsicht der weit greren persnlichen Freiheit verallgemeinern darf. Als nun die Entdeckung Amerikas die Mglichkeit bot, auch auerhalb des alten Europas zu leben, da glich seine Bevlkerung gewissermaen pltzlich einem Topf, der in wildem Aufsieden den Deckel abgeworfen hat und nun nach allen Seiten berluft. Eine, und zwar die stabilste Gruppe, stellten die Landsucher. Jger, Aventurier, Konquistadoren taten sich zu einer anderen zusammen. Beide hatten in der alten Heimat nichts zu verlieren und erhofften alles von drauen. Es gab aber auch noch eine dritte Gruppe, und ihre Ttigkeit wog eigentlich am schwersten in der Anknpfung der Beziehungen zu fremden Lndern und die stellten die Handelsherren. Sie allein waren durch das Schwergewicht ihres Kapitals und ihre weitreichenden Verbindungen imstande, Konzessionen von dauerndem Wert herauszuschlagen und sich gesetzmige und private Bevorrechtigungen zu schaffen. Ohne ihren nachdrcklichen Schutz sahen sich die beiden anderen Gruppen nur als verlorene Freibeuter, inmitten eines fremden Volkes, das sie scheelschtig betrachtete, jeder Willkr und Feindseligkeit ausgeliefert. Der Handel dagegen erwartete nicht nur Schtze, er hatte auch Schtze anzubieten. Er rechnete mit unbestechlicher Nchternheit. Gegenber den vllig falschen und voreingenommenen Meinungen, welche Frsten, Regierungen, sogar einzelne Minister von der Finanzkraft ihrer Lnder hatten, war er auer den jdischen Geldverleihern die einzige Instanz, die wirklich genau Bescheid mit dem Soll und Haben eines Staates, fr gewhnlich auch der Nachbarstaaten wute. Das gab ihm jene exeptionelle Stellung, jene innere und uere Freiheit, die einen Typ des Kniglichen Kaufherren schufen, der nach Art der Fugger und Welser tief in die Politik Europas eingriff. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 503

Genau besehen, war die Gilde der Handelsherren so wie die Priesterschaft ein Staat im Staate und besa die Kenntnisse und die zielbewute Tatkraft, die den Regierenden mit wenigen Ausnahmen eine davon scheint der portugiesische Infant Heinrich der Seefahrer gewesen zu sein, der zwischen 1394 und 1460 lebte durchaus mangelte. Nach solchen Prinzipien kamen die verschiedenen Ostindischen Compagnien zustande. Ihre Grndung ging darauf zurck, da England, Frankreich, Holland, Dnemark und Schweden im unermelichen Asien und ganz besonders in Indien Privilegien zu erlangen trachteten. Sie wnschten Handels- und Niederlassungsrechte, zunchst auf eigenes Risiko und fr eigenen Gewinn. Da sie dann direkt oder auf Umwegen die Untersttzung ihres Heimatstaates verlangten und erhielten, ist wohl selbstverstndlich. Seit jener Zeit bildete sich in der quatorialen Welt das bitterbse Wort, da wo der weie Mann seinen Fu hinsetzt, zuerst der Kaufmann, dann der Missionar und dann der Soldat anrckt. Da fr den Heimatstaat daraus mitunter recht kostspielige Verpflichtungen erwuchsen, war nicht zu leugnen. Das englische Parlament lehnte denn auch zunchst mit fast entscheidender Mehrheit ab, sich an den Geschften der Englisch-Ostindischen Companie irgendwie offiziell zu beteiligen. Es hielt das fr viel zu gefhrlich, vor allem gegenber der Freiheit des eigenen politischen Standpunktes. Indien Die Zeit arbeitete indes fr die Compagnien und fr die Koloniengrndungen. Also nicht freiwillig das mu man sich immer vor Augen halten beschritt Europa den Weg der Kolonisation. Es mute ihn gehen. Das absolute Miverhltnis zwischen seinen gigantisch anwachsenden Vlkermassen und seinen immer unergiebigeren Bden zwang es dazu. So wiederholte sich auf einer kontinental vergrerten Stufe, was einstmals die ebenso zwangslufige Entwicklung des Rmischen Weltreiches bestimmt hatte. Es ist ganz unvorstellbar, was Europa angefangen htte, was berhaupt aus der weien Rasse geworden wre, wenn ihr nicht das Gottesgeschenk der kolonialen Exploitation zugefallen wre. In die Erinnerung und in die Geschichte ist es zwar als Grotat des menschlichen Geistes und geniale Initiative einzelner mit weitschauender Einsicht Begnadeter eingegangen. Aber in Wirklichkeit war es eben doch nur der berheizte Dampfkessel, dessen Ventile im letzten Augenblick, knapp vor der Explosion, geffnet wurden. Ich wei, da ich vielen damit nichts Neues sage. Es ist aber im Rahmen dieses Buches notwendig, es zu erwhnen. Denn die Gewalt der Geschehnisse, die zwangslufig so von der weien Rasse auf unser ganzes Gestirn ausstrahlte, wurde dann wiederum die Basis, auf der sich rckstrahlend das aufbaute, was wir heute als Auseinandersetzung mit dem 504 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Gesamtkomplex Kolonialwirtschaft erleben. Von diesem Gesichtspunkt aus wird der Wettlauf mit dem Islam, der z. B. bei der Eroberung Indiens eine nicht geringe Rolle spielte, auch nur zu einem der integrierenden Faktoren, die sich in die ganze englische Zielsetzung einordneten. Freilich htten alle die Bestialitten und menschlichen bergriffe vermieden werden mssen, die nicht nur hier, sondern im Beginn der ganzen Kolonialgeschichte Schande ber Schande auf den Namen des weien Mannes huften. Sie haben sich unerbittlich gercht, und sie werden sich auch in Zukunft noch immer rchen, denn man mu fr alles bezahlen. Aber von alledem soll hier nicht die Rede sein, denn es berhrt lngst Bekanntes. Wohl aber mu endlich ein allgemeines Verstndnis dafr erarbeitet werden, wieso und wodurch die Kolonialwirtschaft trotz aller ihrer weithin sichtbaren Unzutrglichkeiten doch zuletzt zu einem unentbehrlichen Bestandteil der europischen Wirtschaft werden mute. Ich kann nur ein einziges Beispiel dafr anfhren. Ich whle das einschneidendste mit der grten Rckwirkung auf den Mutterstaat: England und Indien. Wir wissen, wie es kam, da in Grobritannien frher als auf dem Festland die Entwicklung von Handel und Industrie anstelle der Entwicklung der Landwirtschaft einsetzte. Zugegeben, diese letztere hatte auf dem Inselboden erhebliche Schwierigkeiten. Immerhin konnte man in Schottland, wo zwischen 1695 und 1780 die Bden durch verstndnislosesten Raubbau total zugrunde gerichtet waren, doch schon um 1815 eine merkliche Besserung konstatieren. Aber der Zwang zur Kolonisation bestand. Er bestand in einem Ausma, da eben nichts anderes zu tun brig blieb. Und so griff die englische Hand mit bemerkenswerter Klugheit und Weitsicht nach dem wertvollsten Stck Asien, zugleich bercksichtigend, da infolge seiner vielfachen politischen Zerspaltung dort nach dem alten rmischen Grundsatz Divide et imperer am ehesten auf Erfolg zu rechnen sei. Man darf nicht vergessen, da ein so enorm bervlkertes Land, das eigentlich einen riesigen Komplex von Lndern, Vlkern und Klimaten darstellt, sich damals nicht in einem wirtschaftlich und vor allem landwirtschaftlich idealen Zustand befand. In der indischen Tiefebene ist die natrliche Erosion sehr erheblich. Sie tritt dort gewissermaen nach Art eines akuten Fiebers auf. Die groen indischen Strme Indus, Ganges, die Mahaweli Ganga Ceylons usw. sind gewaltig und schwellen whrend der Monsunregen bermig an. Diese Zunahme fhrte von je eine mehr oder weniger ausgiebige Verstopfung der Flubetten und Deltas herbei, die sich indes whrend des Sommers bei tieferem Wasserstand alljhrlich von selbst lst. Zuerst bahnen sich Rinnsale ihren Weg, dann aber wird mit dem ersten Anstieg der Flut die ganze Verlegung durch Schlamm und Abtragungsschutt http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 505

fortgeschwemmt. Unter normalen Verhltnissen entstehen also niemals katastrophale Hochwasser, allerdings wird der Humusschwund aus den Stromgebieten von Ceylon, in Sdindien und am Golf von Bengalen auch niemals auf natrliche Weise ersetzt. Es herrscht aber eine gewisse Stabilitt der Verhltnisse. Cochin z. B., das erst 1814 in englische Verwaltung kam, liegt immer noch im Morast und ist mehr oder weniger fieberverseucht. Denn die Portugiesen, die nach ihren eigenen Schtzungen seinerzeit jhrlich an 30000 quistals Gewrze und Spezereien aus dem Hafen von Cochin exportierten, dachten niemals daran, etwas zur Sanierung der Stadt zu tun, obgleich ihnen das mit Hilfe befreundeter Radschahs nicht unmglich gewesen wre. Nichts wre ungerechter, als die Verkleinerung der sanitren und zivilisatorischen Leistungen Englands in Indien. Das Land der Moguln und Radjahs war auch frher trotz seines sprichwrtlichen Reichtums und der Groartigkeit seiner Natur keineswegs ein Paradies. Es ist fraglich, ob es jemals eines sein wird, denn die religisen Gegenstze und die unhemmbare bervlkerung reien wie ein Strom auch die besten Anstze noch vor der Verwirklichung mit fort. Und wenn auch die enorme Geburtenzunahme von je von einer nicht minder groen Sterblichkeit gefolgt war und immer noch ist, so werden die Lebensschwierigkeiten dadurch nicht aus der Welt geschafft. Es ist eine alte Erfahrung, da das menschliche Leben um so weniger wertvoll ist, je mehr sich die Probleme des Einzelnen zu Massenproblemen verdichten. Unter dieses Gesetz fllt der Mensch ebenso wie Sandkrner, Regentropfen oder Wanderheuschrecken ... Die statistischen Zahlen sind nur ein weiterer Beweis fr die Richtigkeit des eben Gesagten. 1000 Englnder haben durchschnittlich 15,5 Geburten und 12 Sterbeflle. 1000 Inder aber bringen es in derselben Zeit auf 33,7 Geburten und 21,6 Todesflle. Alles persnliche Schicksal mndet angesichts einer solchen bervlkerung zwangslufig in einem Kollektivschicksal, und so verlief und verluft die Geschichte vieler indischer Vlker in Form einer berindividuellen Massenerscheinung. Ein indischer Bauer besitzt nur ausnahmsweise mehr als 5 acres (d. s. 2,5 ha) Land. Davon mu er den Unterhalt seiner fast immer vielkpfigen Familie bestreiten. Da er sehr hufig weitab von jeder Stadt oder auch nur einem bescheidenen Verkehrszentrum wohnt, so kann er seine Produkte kaum oder doch nicht mit Sicherheit verkaufen. Er mu also in der Hauptsache von dem existieren, was sein Boden ihm bringt. Diese oft seit Jahrtausenden bebauten und immer wieder bebauten Bden sind aber hochgradig ausgeplndert. Sie werden im allgemeinen gar nicht, und wenn, so hchst unzureichend gedngt. Einiges spendet die natrliche Sedimentation, aber die Hauptsache landet doch unten im Delta. Im Gebirge strzen, wo nicht, wie im Himalaya, unermeliche Wlder die Erosion abdmpfen, genau dieselben Wildbche wie berall von den entblten Steilflanken. 506 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Die Siwalikhgel des Pundschab z. B. besitzen zahlreiche solcher Torrenten, die flieende Sandstrme in die Ebenen abschwemmen. Diese lobetteil genannten stndigen Vermurungen hatte man bereits vor hundert Jahren unschdlich zu machen versucht, indem man sie berall zu verbauen trachtete. Trotzdem verdarben sie in drei Gebieten bei Hosiapur im Jahre 1852 nicht weniger als 48 206 acres. Natrlich trgt die Weidewirtschaft eine nicht geringe Schuld daran, da die sichernde Pflanzendecke an steilen Berghngen so abgetreten und abgebissen wird, da sie den freigelegten, lockeren Grus nicht mehr aufzuhalten vermag. Man braucht nur ein einziges Mal die rasende Gewalt peitschender Monsunregen erlebt zu haben, um die Kraft der Gewchse zu bewundern, die ihr zu widerstehen vermgen. Immerhin wurde doch auch schon in vergangenen allindischen Tagen verschiedenes getan, um die fruchtbare Erde zu schtzen. Ein Rajah Man erfand vor gut 500 Jahren in Jabalpur eine Methode, welche man dann spter bunding nannte. Das durchwegs hgelige Gelnde, innerhalb dessen nur die Stadt selber in der ertragsreichen Narabadaebene liegt, zwingt zur Terrassierung selbst von Baumwoll- und Weizenfeldern. Gegen die Hitze und Trockenheit denn bei 24 Grad C Durchschnittstemperatur fallen jhrlich nur 1 m Niederschlge wird dadurch vorgesorgt, da alle Felder mit kleinen, aber stndig gefllten Wassergrben umgeben werden. Man legt sie sogar oft zwischen den einzelnen Furchen an. Dieses einfache, aber sehr ntzliche System ist von Madras bis Bombay und von Sdindien bis zum Indus bekannt und wird vielfach angewendet. Es entspricht der Wesensart von Land und Leuten und hindert sowohl eine verhngnisvolle Austrocknung, als eine nicht minder verhngnisvolle Auslaugung. Was die eigentlichen Flanken des Himalaya anlangt, so ist es dort noch immer blich, ganz winzige Landstcke urbar zu machen, die man 2-3 Jahre lang unaufhrlich bepflanzt und dann wieder dem Urwald berlt. Krzt man die Ruheperioden willkrlich ab, die man fr gewhnlich ebenso lang als die Frist der Ausntzung rechnet, so beginnt eine merkbare Auswaschung des Bodens. Nicht selten greifen von solchen Stellen aus gefhrliche Abschwemmungen weiter und weiter wie eine Infektion um sich. Das ganze indische Riesengebiet, das gleich Australien ein wstenhaftes Inneres umschliet, ist in seiner Vegetation absolut vom rechtzeitigen Einsetzen des Monsuns abhngig. Versptet sich der Monsun oder bleibt er ganz aus, so gibt es Drren, Miernten und Hungersnot. Es gab sie immer und wird sie vermutlich auch in Zukunft geben. Denn auch das unermelich reiche Indien lebt nur von Ernte zu Ernte, und wehe, wenn eine Ernte ausbleibt! Das letztemal ereignete sich das um 1918, und die Tausende von Menschen, die damals trotz aller englischen Hilfe verhungerten, sind noch lebhaft genug im Gedchtnis der jetzt lebenden Generation. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 507

Bereits in dem Kapitel ber die Pest war die Rede davon, da eines der Massenprobleme der indischen Vlker die Seuchen sind. Sie sind ein grauenhafter Teil ihrer Geschichte. Bedrfte es noch eines Beweises, da der Mensch nicht ohne Kenntnis der Naturgesetze leben kann, so braucht man sich nur an die Verheerungen des Schwarzen Todes in Indien zu erinnern. Man mag sich zum Jenseits einstellen wie man will, man mag einen Areopag von Gttern oder einen schmutzigen Holzfetisch anbeten aber man mu wissen, da man unter einem tropischen Klima auf Trinkwasser, auf Abflle und auf Begrbnissttten zu achten hat! In Indien aber tat man das seit undenklichen Zeiten niemals. Darum gehrt zum Bild des vorenglischen Indiens unausschaltbar die Epidemie, sei es nun von Cholera oder Blattern oder Lungen- und Bubonenpest. Das sind Geieln, die nicht von den Gttern gesandt werden, sondern die der Mensch seiner eigenen Dummheit und Unreinlichkeit zuschreiben mu. Denn zu der Anwendung der Weltgesetze gehrt schlielich auch dies, da man seinen persnlichen oder allgemeinen Lebensraum in einem Zustand erhlt, der ihn nicht zur Brutsttte tdlicher Krankheiten macht. In Kalkutta wurde bis in die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts ein Teil des Unrats in sog. Faulgruben geworfen, deren Wnde weder einwandfrei abgedichtet, noch gegen Einsickerung in Trinkwasserbrunnen geschtzt waren. Um sich eine solche Situation richtig vorzustellen, mu man sich eine mehrhunderttausendkpfige Stadt ausmalen, unter der quatorialen Sonne, ohne Straenreinigung, ohne Kanalisation, ohne Mllabfuhr, berhaupt ohne jede sanitre Vorsichtsmaregel. Um die Grten zu dngen, holte man sich von Zeit zu Zeit aus solchen Faulgruben eine entsetzlich stinkende, halbflssige Masse, voll von Verwesungsprodukten. Es ist also ein wahres Wunder Gottes, da in Kalkutta, das aus den sattsam bekannten Grnden als ebenso bevlkert von Ratten wie von Einwohnern galt, berhaupt Menschen existierten, die nicht pestkrank waren. Brunnen wurden im allgemeinen nur auf dem Grund der Reichen und Vornehmen angelegt, denen die strengen religisen Vorschriften verboten, mit Vertretern anderer, niedrigerer Kasten zusammen dasselbe Wasser zu trinken. Die groe Masse stillte ihren Durst seit jeher aus dem Flu oder aus nicht einwandfreien Teichen. Die englischen Statistiken, die anzuzweifeln keine Veranlassung besteht, behaupten, da neun Zehntel der Einwohner niemals reines, frisches Trinkwasser gesehen, geschweige denn gekostet htten! In den Hugli-Flu, der bei Kalkutta in das Gangesdelta einmndet, wurden ununterbrochen Leichen von Menschen und Tieren, jede Art von Abfall und verseuchten Stoffen versenkt. Trotzdem trank ein Groteil der stdtischen Bevlkerung stndig dieses Wasser bei einer Temperatur, die 41 Grad Hitze im Schatten erreicht! Kein Wunder, da die Stadt von annhernd einer Million Seelen in Wahrheit nur eine einzige groe Pestbeule war. Als die Englnder (brigens gegen den Widerspruch der indischen 508 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Wrdentrger) mit aller Energie es 1870 durchsetzten, da eine Wasserleitung aus dem Gebirge herunter gebaut wurde, retteten sie buchstblich damit Tausende Lebender und Hunderttausende noch Ungeborener. Die orthodoxen Inder aber shnten sich, obgleich der Gesundheitszustand sich sprunghaft besserte, noch lange nicht mit der allen zugnglichen Wasserzufhrung aus. Ihr Hauptargument war, da Parias (jene Unberhrbaren, die man jetzt durch einen Machtspruch des Allindischen Kongresses als gleichwertige Mitbrger erklrt hat) sie bentzen und dadurch fr andere Kasten unbrauchbar machen knnten. Leichen in den Flu zu werfen und dann das Wasser zu trinken, ist nicht nur bei der heiligen Ganga, sondern auch bei fast allen anderen indischen Strmen von altersher blich gewesen. Betrachtet man also mit einem noch so flchtigen Blick die Vergangenheit dieses Paradieses, so berzeugt man sich leicht davon, da es seit langem schon kein Paradies mehr war. Der strmisch von Afrika herberdrngende Islam scheute kein Blut, um sich dieses ganzen Sdasiens zu bemchtigen. Seit dem groen Alexander, der bis zum Fnfstromland des Pundjabs vorstie, ergossen sich immer neue Vlkerwellen. Jede bedeutete fr Indien Kmpfe, Blut, Unglck. Mit den Moguln kam die unheilvolle religise Zerspaltung, die 1526 anhob und von der noch immer kein Ende abzusehen ist. Seit 1498 aber lsten die europischen Eroberer einander ab, und auch ihre Spur hat sich viel zu tief eingegraben, um bald wieder auszulschen. Das ganze 17. Jahrhundert war von Kmpfen mit und zwischen Hollndern und Portugiesen erfllt. Wahre Schlachten tobten um 1612 auf Formosa, das die Niederlnder damals verloren. Das Grogeschft der Welt hie zu jener Zeit Gewrze. Jedermann war verrckt nach Pfeffer, Zimt, Muskat, Nelken, Ingwer und was sonst aus dem fernen Osten gebracht wurde. Die berwiegende Fleischnahrung erforderte scheinbar eine krftige Anregung aller Verdauungssfte. Man betrachtete die bermige Anwendung von Spezereien auch als Gegengewicht gegen den malosen Genu von konzentriertem Alkohol und dessen Folgen. Wenn man die reichen Kaufleute Pfefferscke nannte, so bedeutete das durchaus keine Beschimpfung, sondern man wollte dadurch ihre wohlfundierten Gewinne rhmen. Im Dienste dieses Gewrzhandels wurde das Menschenmgliche unternommen, und die Knige von Portugal, Spanien und Dnemark beteiligten sich mit nicht wenig Geschick an ihm. Einzig der Zimtausfuhr wegen wurde Ceylon von den Portugiesen unter dem jngeren Almeida um 1505 besetzt. Der lwenbltige Radjah Singa Adascyn entri ihnen jedoch die Insel wiederum. brigens hatten die Knige von Kandy die Gewohnheit, sich auch untereinander zu bekriegen, zu ermorden und zu brandschatzen. Kmpfe mit jedermann, also auch mit den Weien, lagen nur in ihrer kriegerischen Tradition. Es scheinen berhaupt die 156 aufeinanderfolgenden singhalesischen Frsten groenteils zu jener Art Herrscher zu gehren, die ihren Untertanen als Volks- und Landplage auf den http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 509 PDF-Ausgabe 62010

Hals gesetzt sind. Alte Chroniken geben die einstige Population von Ceylon mit rund 30 Millionen an. Aber als um 1802 die Englnder nach dem Vertrag von Amiens sich die Insel der Gtter aneigneten, stellten sie bei der ersten Volkszhlung nur noch eine Million fest. Vermutlich ist durch Kriege und Seuchen und Hungersnte die Zahl der Eingeborenen um so vieles zurckgegangen. Die frstlichen Steuern gingen ins Ungemessene. Alles wurde besteuert und das in einer Natur, die ppig genug ist, um auch ohne ihr Dazutun eine vernnftige Zahl von Einwohnern zu ernhren. Die erste gemischte Kolonialwirtschaft beschrnkte sich, wie gesagt, auf den Gewrzhandel und auf die Ausfuhr seltener Edelhlzer. Harze, Edelsteine, Seiden waren den Kaufherren weit weniger wichtig. Gar nichts geschah, um fr Europa den so dringend notwendigen Ausgleich zu den sinkenden Ernten zu schaffen. Gleich den Venetianern und in blinder Weiterfhrung ihrer Geschftspraktiken wurde nur der Luxus mit Raritten und Kostbarkeiten beliefert. Von einer rationellen Ausntzung zugunsten des hungernden Mutterlandes war niemals die Rede. Indien war ein Geschft vom ersten bis zum letzten Tage. Allerdings ein Geschft, das, je lnger es dauerte, eine um so grere Investition von sehr namhaften Kapitalien erforderte. Die indischen Naturwlder setzen sich aus beilufig 25 000 Pflanzenarten zusammen. Bis 1906 war ein verheerender Raubbau an der Tagesordnung. Infolgedessen haben Teakholz (Tectona grandis L.) und die verschiedenen schwarzen und buntgestreiften Ebenhlzer (Diospyros-, Tecoma-, Acaciaund Dalbergia-Arten) stark abgenommen, whrend das kostbare Sandelholz (Pterocarpus santalinus L.) ganz ausgerottet wurde. Daran kann auch das Institut zur Erforschung der indischen Wlder in Dehra-Dun nichts ndern. Immerhin betrug das, was als Staatsforst des einstigen Britisch-Indiens erklrt worden war, ca. 8 Millionen ha, und das war beilufig das Doppelte, als alle Forste des englischen Mutterlandes zusammen. Man braucht sich also nicht lange zu berlegen, warum Grobritannien, solange es noch im ungeschmlerten Besitz seiner Kolonien war, keinerlei Sorgen wegen Deckung seines Holzbedarfes hatte. Wo die Wlder erhalten wurden, gibt es auch heute keine oder doch keine nennenswerte Erosion. Aus umfassenden Untersuchungen konnten wir uns persnlich berzeugen, da man es z. B. in Sdindien im unberhrten Urwaldhumus mit einer geradezu unvorstellbar reichen Bodenlebewelt und wahren Riesenformen der einzelnen Arten zu tun hat. In diesem Humusschatz liegt ein der eingeborenen Bevlkerung so gut wie ganz unbekanntes Kapital, dessen Wert berhaupt nicht bestimmt werden kann. Sich dieses Kapital durch richtige Behandlung zu erhalten, mu jenseits aller religisen, rassischen und sozialen Meinungsverschiedenheiten eine der Hauptaufgaben jeder knftigen indischen Staatenbildung sein. Von der Malaria, welche die zweite Aufgabe ist, die in sanierendem Sinn fortgesetzt werden mu, glaubte man lange Zeit, da einzig der Reisbau die 510 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Schuld an ihrer Unausrottbarkeit trage. Aber es ist nicht der Reisbau allein. Man mu die geographische Situation dafr verantwortlich machen, die enorm groe Deltabildung einiger der wichtigsten Strme, vor allem von Indus und Ganges. Die haben sehr ausgedehnte Sumpfgebiete geschaffen, die begreiflicherweise von Wolken von Moskitos erfllt sind. Auch die etwas entfernteren Kstenstriche bei Ceylon, also die ausgedehnte Ebene zwischen Colombo und dem Hunasagyriagebirge bestehen aus einem einzigen mchtigen Sumpf, voll von Wasserbffeln und Mcken. Whrend der Monsunzeit sind diese Alluvialbden vllig berschwemmt. Hier hat England wahrhaft segenbringend eingegriffen. Es hat besonders das Chenabkanalsystem geschaffen, das durchschnittlich vierzehnmal soviel Wasser als die Themse bei Richmond bewltigt. Hier waren es die Indusmndungen, die einen ungeheuren Landstrich zum stndigen Morast machten. Weithin waren die Lndereien der Provinz Bombay gefhrdet. Dieses nutzlose und zerstrerische Wasser verwandte man nun dazu, um einen bis dahin vllig unfruchtbaren Landstrich fruchtbar zu machen. 1 200 000 ha Boden wurden durch seine Zuleitung gut bewssert und man schuf aus ihm ein Getreidezentrum, in welchem man den berhmten Pusaweizen baute. Hauptausfuhrhafen dafr ist die Stadt Karachi, die auf diese Weise eine ungeahnte Bedeutung fr die Weltwirtschaft erlangte. Damit ergab sich in dem berbevlkerten Indien ein ansehnliches Gebiet zur Neubesiedlung mit Hunderten von Drfern, Straen und Wegen, das vordem eine fast unbewohnbare Wstenei gewesen war. Nicht weniger wohlttig wird sich der Gangeskanal bis in die fernste Zukunft auswirken. Er regelt mit Hilfe zweier Stauwerke nicht nur die hchst eigenwillige Strmung der heiligen Ganga, sondern auch ihrer mannigfachen Zuflsse, die nicht minder schlimme Hochwasser verursachen. Eine Bewsserung von 280 cbm in der Sekunde wird durch die groen, bisher wirtschaftlich ganz unerschliebaren Alluvialgebiete der Doabs geleitet, die sich zwischen Allahabad und dem Fu des Himalayas ausdehnen. Erst nach einer Strecke von 1610 km kehren die Kanle wiederum bei Cawnpur in den Ganges zurck. Das ganze Kanalnetz umfat 6400 km Lnge. Ein hnliches Kanalnetz schliet sich an den Dschamnaflu an, mit dessen Hilfe jetzt im Osten 400 qkm, im Westen gegen 600 qkm Land bewssert werden. Trotz alles dessen und trotz fliegender rztestationen in den jeweils bedrohten Gebieten und berall errichteter Ambulatorien betrgt in schweren Fieberjahren immer noch die indische Todesquote durchschnittlich 1300 000 Malariaflle. Von den annhernd 300 000 Mann weier Besatzung waren auch stets 10 000 fieberkrank. Das scheint viel, an europischen Verhltnissen gemessen. Aber es ist ein Minimum, wenn man sich an die frchterlichen Malariaepidemien bei den Portugiesen in Goa erinnert, die als Allheilmittel nichts hatten, als eine tropfenweise Schrpfung von Blut, die http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 511

man Tag um Tag wiederholte. berhaupt hat unter diesem quatorialen Klima, auf diesem Untergrund von Tropenhitze, Feuchtigkeit, ungewohnter Nahrung und unhygienischer Lebensweise, jede Krankheit die Neigung, zu einer gefhrlichen Seuche mit extremen Symptomen und hoher Sterblichkeit auszuarten. Syphilis ist in allen Kasten endemisch, die Grippe wtete von 1918-1919 in ganz Indien und wurde mit 12-13 Millionen Todesfllen liquidiert. Unter den weien Besatzungen brachen frher stets neu aus unerfindlichen Ursachen Skorbut, Rotlauf, Wassersucht und typhusartige Verdauungsstrungen aus. Abgesehen vom Skorbut, der eine ausgesprochene Avitaminose ist, die zu der berchtigten Blutarmut des weien Menschen in den Tropen irgendwie in Beziehung zu stehen scheint, gehren die brigen Erreger fast ausnahmslos zu den Umbauern und der Fulnisflora der Zersetzung. Solche Epidemien mu also nicht nur der Arzt bekmpfen, denn der ist seit unbekannter Zeit nicht mit ihnen fertig geworden. Er kann es auch gar nicht, denn was hilft eine individuelle oder allgemeine Behandlung, wenn die Erreger berall im Ungeziefer, in und auf Schmarotzern, in Misthaufen und im Abfall sich ungestrt erhalten? berlegt man sich die ganze Sachlage, so stellt sich heraus, da die Krankheitskeime eigentlich nur whrend der kurzen Frist energisch verfolgt werden, da sie im menschlichen Krper ihre unheilvolle Ttigkeit ausben. Die brige Zeit, sogar, wenn sie bekannte Zwischenwirte bewohnen, bleiben sie meist mehr oder weniger unbehelligt und knnen sich nach Belieben ausbreiten und vermehren oder ihre Gestalt wechseln. Gerade die gesundheitlichen Zustnde in Indien sind ein anschauliches Beispiel dafr, wohin man kommt, wenn man nur die Krankheitsflle heilen will, den Erreger aber in den zyklischen Phasen seiner Wanderschaft durch Krper oder whrend seines Freilebens zumeist ungeschoren lt. Die Britisch-Ostindische Compagnie bernahm also mit der Stabilisierung der englischen Oberherrschaft in Indien, die sich dann am 2. August 1858 in eine solche der Englischen Krone umwandelte, eine Verantwortung, der sie sich sicher nicht einmal annhernd bewut war. Es erwuchsen ihr durch ihr Kolonialreich Aufgaben, die denen im eigenen Kontinent auch nicht im entferntesten die Waage halten konnten. Die Ausweitungen zu einem Riesenstaat, dessen materieller Zusammenhalt nur durch eine gigantisch ausgebaute Flotte intakt blieb, wurden zwar durch einen sprunghaft anschwellenden Reichtum belohnt man denke an die big Eightyeights, die wohl den Hhepunkt bedeuteten , fhrten aber eine den ganzen Staat zuletzt erschpfende berorganisation in allen Kolonien herbei. Die Sicherung der eigenen Ernhrung und Versorgung, die als Ausgangspunkt hinter der ganzen, durchaus einseitigen Entwicklung Grobritanniens zum ersten Kolonialreich, zum British Empire stand, brachte zwar bermenschliche Gewinne, mute aber alles in allem gerechnet auch bermenschlich hoch bezahlt werden. 512 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Denn die rasend schnelle Expansion, die kaum eines Jahrhunderts bedurfte, ging doch von einer verhltnismig kleinen Insel aus, die schlechter als die groen Festlnder jede Art von Versorgungsstrungen ertrug. Um sich eine Vormachtstellung zu erobern, bedurfte es also einer malosen Energie und eines schonungslosen Einsatzes aller Krfte. Aus der Schwche, da England sich schon seit dem Mittelalter nicht mehr selber ernhren konnte, mute unter dem Schlagwort der meerbeherrschenden Nation eine Strke herausgezaubert werden, die in keinem Verhltnis zu der wirklichen Macht stand, sondern nur auf einer Fiktion beruhte, die es jedoch gelang, der gesamten Welt glaubhaft zu machen. Jeder Psychiater wei, da jedoch eine solche auerordentliche Beanspruchung des Willenszentrums auf die Dauer die Harmonie einer Persnlichkeit schdigt. Vlker verhalten sich dabei nicht anders als Individuen. Eine bermige Kraftanspannung nach auen ist nicht denkbar ohne eine korrespondierende, ebenso groe Kraftanspannung nach innen. Methoden der Unterdrckung, ohne die ein uerer Erfolg unter solchen Umstnden nicht mglich ist, werden dann auch sehr unzweckgem nach innen angewendet. Das mu irgendwann zu einem seelischen oder wirtschaftlichen oder sozialen oder sonstwie bedingten Konflikt fhren. Durch ihn wird schlielich eine neue Basis geschaffen, so vollkommen neu, da man nicht voraussehen kann, nach welcher Richtung hin sie sich von nun an entfalten wird. England lste sich, alles auf die Karte des British Empire setzend, f reiwillig von dem Gesamtkomplex der europischen Belange los. Es glaubte, sich in einer splendid isolation in Gegensatz zu allem setzen zu knnen, was Europa betraf. Aber es verga, da es sich weder in Gegensatz zu den Bedrfnissen der weien Rasse, noch zu denen der eigenen Bodengesetze setzen konnte. Grobritannien verankerte sich mit seiner ganzen Interessensphre nicht mehr in Europa, sondern in Indien, in Sdafrika, in Australien, in Amerika. Es wurde zu einer nationalen Hybris. Vom engsten Standpunkt seiner Selbsterhaltung aus richtete es eine bewunderungswrdige Organisation auf, welche die des rmischen Weltreiches bei weitem bertraf. Fr seine Versorgungsmngel schuf es sich einen vielfltig berlegenen Ausgleich, indem es ein paar hundert Jahre lang der grte Kaufherr der Welt war, der preisregulierend auf alle Mrkte des Inlandes und Auslandes einwirkte. Dazu aber bedurfte es als Schwergewicht der wirtschaftlichen Flle seiner Kolonien, solange sie in straffer Einheitlichkeit zusammengeschlossen waren. Die wichtigste Rolle spielte dabei der natrliche Reichtum der indischen Bden dort, wo man noch nicht an sie gerhrt hatte. Noch ehe die Verhltnisse in Sdafrika und anderswo geklrt waren, begann man bereits einen Groimport aus Indien aufzuziehen, der lngst nichts mehr mit der Verschiffung kostbarer Luxuswaren zu tun hatte, sondern sich hauptschlich auf die notwendigen Gebrauchsgter in allen Lndern beschrnkte. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 513 PDF-Ausgabe 62010

Die Gesamtflche des bebauten Bodens betrug durch eine zielbewute Organisation im letzten Jahrzehnt ca. 100-121 Millionen ha, also fast die Hlfte der Gesamtgre Indiens, die sich auf annhernd 270 Millionen ha beluft. Im Jahre 1928 rechnete man damit, da einschlielich Burmas auerdem noch mindestens 80 Millionen ha anbaufhiges Land vorhanden seien. Dieses Riesengebiet wurde um die Jahrhundertwende freilich von 231 899 507 Einwohnern in Anspruch genommen, die in allem restlos auf seine Ertrgnisse angewiesen waren. Das besonders dicht besiedelte Bengalen mit 186, das beraus schwach bewohnte Belud schistan mit 2,6 Menschen pro qkm bildeten bei dieser Rechnung die obere und untere Grenze. Aber abzglich dieser Millionenmassen von Hungrigen und Versorgungsbedrftigen gelang es der englischen Regierung, sich auerdem einige Monopole von wirtschaftlichem Hchstwert zu schaffen. Da war vor allem die Kultur der Jutepflanze (Chorchorus capsularis und olitorini C.). Mit anderen Worten: Es wurden, besonders in Bengalen, bereits um 1912 ca. 1 340 000 ha Boden nur fr Jutefelder allein reserviert. Um dieselbe Zeit betrug die Ausfuhr 311 Millionen Jutescke, 1021,8 Millionen Yards Jutestoffe und 17,5 Millionen Ztr. Rohjute. Umgerechnet in gemnzte Valuta hie das 150 Milliarden Mark Erls. Dabei mute die Jute erst in Europa eingefhrt werden, denn man kannte diese auer der Baumwolle wichtigste Faserpflanze vor 1828 auf unserem Kontinent kaum dem Namen nach. Sie wurde durch bengalische Bauern seit sehr langer Zeit auf den unerschpflichen Schlammbden des fieberschwangeren Gangesdeltas im Kleinbetrieb angebaut und fr eigenen Bedarf so wie die Baumwolle im Hausgewerbe auf Spindeln versponnen. Die Rckkehr zu den bescheidenen Wirtschaftsmethoden der Vorzeit war es, was Gandhi unermdlich anstatt der Fabriksarbeit in den englischen Spinnereien von seinen Anhngern forderte. Aber die grobritannische Ausfuhr aus Indien beschrnkte sich nicht nur auf Jute. Der Krze wegen nenne ich hier nur einige Zahlen aus dem letzten Jahrzehnt der englischen Herrschaft: Um 1834 brachte man den ersten Tee aus China nach Assam. Um 1935 betrug die Teeanbauflche 334 000 ha (um 1875 belief sie sich auf nicht mehr als 69 000 ha!), und die Tee-Ernte ergab 179 000 t. Allerdings hatte man diese Rekordzahl in Ceylon, wo man nach dem Zusammenbruch der Kaffeekultur erst um 1880 mit dem Auspflanzen von Assamhybriden begann, mit einer gefhrlichen Zunahme der Erosion bezahlt.

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Hooker, dem Direktor von Kew Gardens, ist es zu danken, da man schon um 1873 entdeckte, da Erosion und Teeplantagen in einer verhngnisvollen Wechselwirkung stehen. Er drckte eine Schonfrist fr die Urwlder an den Flanken des Adamspeak und im Hunasagyriagebirge durch, die auf zehn Jahre festgesetzt wurde. Sie lief 1885 ab und wurde nicht mehr erneuert. Abermals zehn Jahre spter brachen bsartige berschwemmungen des Kelanilflusses aus, die dessen vollstndige Verschlammung herbeifhrten. Seither besteht ein Wettlauf zwischen der steigenden Erosion und der Errichtung neuer Teeplantagen. Und man kann es so gerne man es wohl mchte auch in Ceylon nicht leugnen, da der Teebau ganz allgemein das Klima trockener macht und da whrend der schweren Monsunregen zwischen den locker auseinander gepflanzten Teebschen, die man kaum mannshoch hlt, damit man sie besser bepflcken kann, eine bedenkliche Abschwemmung des fruchtbaren, roten Lateritbodens erfolgt. Die Reisausfuhr aus Burma betrug 1936/37 rund 90 Prozent der Ernte. Bei einer Anbauflche von 33 Millionen ha schtzte man die indische Gesamternte damals auf 50 Millionen t. Im selben Jahr erreichte die Rohzuckererzeugung 4 Millionen t, aus denen 1 150 560 t Zucker hergestellt werden konnten. Zuckerrohr besitzt in der ganzen Welt nirgendwo eine grere geschlossene Anbauflche. Der indische Export hatte ebenso wie der von tropischen Lacken eine Monopolstellung, die von keinem anderen Land erreicht wurde. Indische Baumwolle erzielte um 1935 eine Gesamternte von 919 000 t. Damit stand sie allerdings an zweiter Stelle in der Weltwirtschaft. Dagegen gehrte um diese Zeit die indische Weizenausfuhr unbestreitbar zu der grten, die man jemals auf der Erde gekannt hatte. Aber selbst solche reine Luxusrohstoffe wie Ebenhlzer erbrachten um 1926/27 einen Reinertrag von 2 Millionen Pfund Sterling. Genug der Zahlen! Auch wenn ich diese Wirtschaftsstatistik noch seitenlang vervollstndigen wollte, wenn ich das einst unermeliche Geschft mit Indigo und noch so manche andere anfhren wrde es ergbe sich bei der endlichen Zusammenfassung doch kein anderes Resultat als dies: Grobritannien hat aus seinem Kolonialbesitz eine grere Machtflle und mehr Reichtum geschpft, als dies je einem Staat, selbst dem punischen oder rmischen Weltreich, gelungen ist. Dieses Experiment der vollkommenen Umstellung auf bersee, hervorgerufen durch die Verderbnis der eigenen Bden und die Unmglichkeit, den natrlichen Zuwachs seiner Brgerschaft zu ernhren, fhrte, wie gesagt, sozusagen zwangslufig eine ungehemmte Expansion herbei und gelang dadurch mit einem blendenden, alle Welt verblendenden Erfolg. Aber es dauerte nur 250 Jahre lang! Ein Vierteljahrtausend ertrugen die fremden Kontinente die wirtschaftliche Bevormundung durch die weie Rasse. Ein Vierteljahrtausend brauchten sie, http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 515 PDF-Ausgabe 62010

um in die Methoden hineinzusehen, durch welche ihre eigene unentwickelte und ziellose Wirtschaft veranlat worden war, der berlegenen europischen einen so hohen Tribut zu bezahlen. Ein Vierteljahrtausend hatte England Zeit, mit den fremden Schtzen seine eigene Wirtschaft um- und neu aufzubauen. Denn ein Vierteljahrtausend lang war es der Nabob der Welt. Allein schon seit 1913 importierte es mehr, als sein Export betrug, und seine Monopolstellung wurde erschttert. Man mu indes sagen, da es diese Spanne eines Vierteljahrtausends von der ganz bestimmt niemand ahnte, da es nur eine gegnnte Frist sei ausgezeichnet gentzt hat. Es hat verstanden, billig zu kaufen und teuer zu verkaufen. Schon Lyell berichtet um 1822 in British Dominions in India, da man in Ostindien Gter im Werte von 356 000 Pfund Sterling erstand, die einen Erls von 1 915 000 Pfund Sterling erbrachten. Noch im Mai 1938 wurde offiziell besttigt, da Indien zu den grobritannischen Staatseinknften jhrlich allein 35,6 Milliarden Pfund Sterling beisteure. (Damit sind die privaten Gewinne in ihrer vollen Hhe kaum miterfat.) Bei den Eingeweihten bestand demnach auch niemals ein Zweifel darber, da England den strahlenden Glanz seiner big Eigthyeigths und den Aufbau seiner Industrie fast ausnahmslos mit Kolonialgold aus Indien bezahlte. Dem steht nach einem Bericht der Times ber eine allindische Konferenz zum Zweck medizinischer Forschungsarbeit aus dem Jahr 1926 die Tatsache gegenber, da durchschnittlich 20 Prozent der indischen Bevlkerung durch Hunger und Krankheit berhaupt nicht arbeitsfhig sind, und da prinzipiell nicht mehr als 50 Prozent jenes Alter erreichen, in welchem sie selber ihre Notdurft erwerben und eine Familie grnden knnen. Sehr falsch wre es, derartige gelinde gesagt Dissonanzen den Englndern persnlich zur Last zu legen. Sie gehren ganz einfach als unvermeidliche Konsequenzen zur Kolonialwirtschaft als solcher mit dazu. Kein Staat, kein Volk, keine Regierung sind imstande, die haarfeine Grenze zwischen berechtigter und unberechtigter Ausntzung unverrckbar einzuhalten. Noch dazu, da sich dieser Trennungsstrich je nach den Umstnden nur allzuleicht ndert. Die Kolonialwirtschaft gehrte zu einer ganz bestimmten Entwicklungsphase des hungernden Europas. Sie gehrte so dazu, wie die Auswanderung oder die gewaltsame Aussiedelung. Alles das zusammen sind nur Symptome sinkender Selbstversorgung bei zunehmender Bevlkerung. Indien figuriert in diesem Zug der fr die weie Rasse Ausgebeuteten nur als einer unter vielen. Sie steigen wie Schatten aus dem Dmmergrau der Vergangenheit und sie werden wie Schatten verschwinden. Keine Kolonialwirtschaft in den uns bis heute bekannten Formen kann von Dauer sein. Die englische war ohne anderen Nationen zu nahe treten zu wollen vermutlich eine der besten, denn sie wurde im allgemeinen nur von khler Sachlichkeit und nicht von blindem Fanatismus geleitet. Und trotzdem zerfiel das Grobritannische Kolonialreich, und brig blieben selbstndige 516 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Dominien, die sozusagen an Ort und Stelle die Rolle Old Englands bernehmen und sich von dem Mutterland so wenig in ihre Politik und Staatsziele dareinreden lassen, wie dieses sich einst von ihnen dareinreden lie. Es gilt also das, was ber die Kolonialwirtschaft als solche hier gesagt wurde, nicht nur fr eines dieser groen Experimente, sondern fr alle. Der Zweck dieser ganzen, nun doch etwas umfnglicher ausgefallenen Betrachtung des Problems Indien als eines gut durchschaubaren Exempels ist dies: zu beweisen, da auch die Kolonialwirtschaft, so gut oder so schlecht sie an sich sein und nach welchen Richtlinien sie ausgebt werden mge, keine geeignete Methode ist, um den Welthumusschwund auch nur aufzuhalten, geschweige denn zu beseitigen. Im Gegenteil! Im Wettlauf mit der Welternhrung, die sich bisher nur als jeweiliges Teilproblem in der Wirtschaftsvertrustung der einzelnen Handelsund Produktionszentren widerspiegelte, bedeutete bisher jede Kolonie eine unverantwortliche Vergrerung auf der Verlustseite des Welthumuskapitals. Lland China Was noch zu Europas Griff nach den fremden Kontinenten zu sagen ist, bezieht sich eigentlich nicht nur allein auf diese Tatsache. Die geschichtlichen Ereignisse sind ja allgemein bekannt oder knnen in historischen Fachwerken jederzeit nachgeschlagen werden. berall bereitet sich durch die Ausrottung, Unterdrckung und Versklavung der eingeborenen Vlker ein Umschwung vor, bei dem der Pendel dann unaufhaltsam zurckschlgt. Dem Ruf Asien den Asiaten! schliet sich bereits als nchster Afrika den Afrikanern! an. Es ist mglich, da die australischen Eingeborenen frher aussterben, ehe diese Parole ihnen bewut wird. (Die Tasmanier sind es bereits, denn ich selber habe die letzte prparierte Tasmanierin im Museum von Melbourne gesehen.) Aber auch in diesem Fall werden die dort geborenen weien Australier sich unter diesem slogarf zusammenschlieen. Und die begabten Maoris von Neuseeland sitzen bereits im Parlament und in der Regierung. Was immer Kolonialwirtschaft des einst so malos hochmtigen Europas hie, stellt sich nun lediglich als ein Intermezzo von knapp 500 Jahren heraus, das nicht wiederkommen wird. Das einzige Plus, von dem es berhaupt gefolgt sein kann, war nicht vorhergesehen. Es war die Vorbereitung zu einem Zusammenschlu aller Inseln und Kontinente zu einem allirdischen Verband, der alle die groen Probleme: Ernhrung, Verkehr, Erosion, Humuserneuerung, Bevlkerungszuwachs usw. gemeinsam nach gtlichem bereinkommen regelt. In ihm wird einst jeder Teilnehmer, unabhngig

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vom Nachbarn, Sitz und Stimme haben, und keiner wird dem anderen Rechenschaft ber die Ausgestaltung seiner lokalen Interessen soweit sie von den groen tellurischen Gemeinsamkeitsfragen nicht berhrt werden schuldig sein. Materiell drfte das einzige, was von dem kolonialen Interregnum brig geblieben ist (und das sich leider als viel dauerhafter als dieses erweisen wird), der berall in groem Ausma herbeigefhrte Humusschwund und die Bodenverwstung sein. Von ihr wollen wir nur noch allein reden. Dort, wo der weie Mann nur sehr bedingt an beidem die Schuld trgt, im Lland China, ist es die eigene Bevlkerung, die dieses Problem einmal in seiner ganzen Ausdehnung zu lsen haben wird. Nachdem der Hoangho in wahrstem Sinn der Kummer Chinas aus dem nordwestlichen Hochland jhrlich an die 2 500 000 000 t Schlamm und Sedimente wegschleppt, so mu notwendig das innere Herz Chinas verarmen. Dmme ntzen auf die Dauer nichts, das wei man aus einer mehrtausendjhrigen Erfahrung. Zum letztenmal begrub eine frchterliche berschwemmung im Jahre 1923 den Hauptdamm unter unabsehbar groen Schlammstrmen. Das gleiche gilt vom Jangtsekiang. Es gilt letzten Endes von jedem Flu, der Lboden durchquert. Denn im L kann man nicht wirklich widerstandsfhige Dmme errichten. Sie zergehen immer wieder, wie eine Papiermachmasse im Wasser. Dennoch hat dieses ungeheure Lland, das grte, das es auf Erden gibt, durch die Jahrtausende hindurch eine ganz bestimmte, optimale Form der Bebauung hervorgebracht, optimal darum, weil sie sowohl den speziellen Eigenschaften der gelben Erde, als dem gewaltigen berschu des gelben Menschen entspricht. Es ist das kleine Feld, das sorgfltig mit zurechtgemachten Abfllen von Mensch und Tier gedngt und nach Art unserer Gartenbeete bepflanzt und gepflegt wird. Dadurch erfolgt eine stndige Humifizierung. Das bedeutet wiederum eine Erhhung der Bindigkeit, die dann eine wenigstens relative Verfestigung der so beraus leicht beweglichen Lerde herbeifhrt. Unter den gegebenen Umstnden wird hier ein wenn auch wahrscheinlich nicht gengender Ausgleich angebahnt, der doch faktisch seit 5000-7000 Jahren ausgiebige Ernten ermglichte. Den Wert dieser organischen Bodenpflege kann man aus einer Gegenberstellung ermessen. Man braucht sich nur zu vergegenwrtigen, was in einer viel krzeren ra aus den europischen Bden geworden ist und in welcher bengstigend kurzen Zeitspanne die amerikanischen Weizenlnder zugrunde gehen. Erschwerend fr die chinesischen Verhltnisse sind dabei noch die stndig wiederkehrenden berschwemmungen und die besonders in den letzten Jahrhunderten wiederkehrenden Drrejahre. Der Nordwesten des Reiches der Mitte arbeitete von je meisterhaft ge schickt mit der schon beschriebenen Terrassierung. Hunderte von Stufen 518 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

erheben sich bereinander. Dazwischen wird eine Art von Hhlentpfen angelegt, die sich mit der ausgewaschenen Sedimentation stndig fllen und ebenso stndig wieder entleert werden. Man behandelt diese feinsten, nassen Schlammmassen als natrlichen Dnger. Sie sind das, was die Erosion, was Abblasung und Auslaugung liefern. Der chinesische Bauer hat mehr fr seinen Boden getan, als von einem sonst so wenig kundigen Menschen vorausgesetzt werden kann. Er betrieb zuerst den Reisbau, denn Sdchina, das auch heute noch 60-70 Fu Niederschlge besitzen soll, kannte von je die natrliche berflutung der Felder, die dann anderswo nur knstlich nachgeahmt wurde. 1000 Jahre vor dem Brand von Troja nmlich 4000 Jahre v. Chr. hatte man bei den Shnen des Ming bereits eine genaue Klassifizierung des Bodens vollendet, die ihn nach Farbe, Struktur und seinen sonstigen Eigenschaften unterschied und zugleich angab, wie er danach am besten zu behandeln und zu bebauen sei. Wo stand Europa um diese Zeit? Diese ganze Entwicklung macht es verstndlich, da man in China bei der Methode des kleinen Feldes blieb. Es war auch am besten geeignet, um die Steppe urbar zu machen, in welche sich das Zentrum der asiatischen ackerbauenden Vlker langsam hineinschob. Boden und Gewinn am Boden bedeuteten alles fr den gelben Menschen. Diese Hochschtzung der fruchtbaren Erde ging dann auch auf Mongolen, Tataren, Mandschuvlker ber, denn auch sie waren gelbe Menschen, Shne des L, die allmhlich auf ihm ansssig wurden. Sie verlieen die Steppe nicht, sie verlieen nur das Nomadenleben der Steppe. Was immer in China geschah an die Bodenstndigkeit wurde nicht gerhrt. Die kaiserlichen Geschlechter der Shne der Sonne wechselten, sie gingen unter und neue traten an ihre Stelle. An dem Fnfgestirn Weizen, Hirse, Gerste, Bohne, Soja nderte sich nichts. Auch nicht an dem fanatischen Eifer, mit dem das Land gepflegt, bewssert, bepflanzt, gedngt wurde. Lange Zeit waren die Schden der Erosion angesichts des ewig zerrinnenden und ewig zerstubenden Lbodens gering zu nennen. Gewi, es gab sogar in den Maulbeerpflanzungen zwischen den Stmmen eine merkbare Auswaschung, aber sie war doch geringfgig. Immer noch konnte man sen und ernten. Freilich fllte lngst der Landhunger den letzten Waldbaum, und selbst die Begrbnispltze wurden immer wieder eingeebnet und berpflgt. Aber da und dort sind doch noch immer heilige Haine, mitten im zerwhlten und abgetragenen Erosionsgebiet, so wie jener, in dem seit 3000 Jahren das Grabmal des Kaisers Hwang Ti liegt. Und wer knnte es leugnen mit den Wldern ist auch die Tiger- und Wolfsplage dahin, von welcher Marco Polo noch im 15. Jahrhundert berichtet. Der Schrei nach fruchtbarer Erde ist allerdings seither nicht mehr verstummt. Er geht weiter. Denn der gelbe Mensch vermehrt sich viel rascher http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 519

als der gelbe L und alles, was auf ihm wchst. Und das ist die Tragik, von der kein Ende abzusehen ist. Denn keine Staatsidee bringt dafr eine Lsung, sie mag Sieg des Kommunismus oder wie immer heien, sie mag rechts oder links orientiert sein. Es geht nicht um Ideen es geht um Erde. Und wie kann man neue oder mehr Erde schaffen, wenn ohnedies alles schon seit langem mit den rderlosen Eisenpflgen, mit Bambushacken, Eisenhacken, Eggen und Walzen bearbeitet wird? Wenn Mensch, Rind und Wasserbffel als unermdliche Zugtiere vom Morgengrauen bis zur Abenddmmerung auf den Beinen sind? Mehr als ein halbes Jahrhundert wtet in China jetzt der Brgerkrieg. Die Japaner haben schonungslos hingemordet, was ihnen erreichbar war. Hekatomben von Toten hat dieses Skulum bereits von China gefordert, und immer noch ist das Elend der Menschen in ihrem astronomischen Gewimmel unermelich! Sie flchten in die Stdte des Sdens sie kehren wiederum in die Lndereien des Nordens zurck ein Strom von kaum Geborenen zieht jedesmal mit ihnen. Der Hunger, die Not, die uerste Verzweiflung schrnken die Geburtenzahlen nicht ein. Die Menschen kommen zur Welt, um ihr Leben lang zu darben, sich zu mhen, wie Schimmelpilze sich von Abfllen zu nhren und sie leben und pflanzen sich mit der letzten Kraft ihrer Lenden noch immer weiter fort! Es ist nicht daran zu zweifeln, da das Problem einer optimalen Einordnung von China fr China selbst am schwersten zu lsen ist. Nirgends wird die Landverteilung (sie mag ausfallen, wie immer, wenn berhaupt eine solche Landverteilung je stattfindet) mehr Widerstnde finden, als im Reich der Mitte. Denn die ganze Befriedung hngt an einer Bodenreform, die aber auch wenn nie ein weier Fu mehr das Land betrte kaum durchzufhren ist, weil man sie von Generation zu Generation wiederholen mte. Um sie wirklich segensreich und wirklich zu einer Hilfe der leidenden Vlker zu machen, mte man zugleich die Fruchtbarkeit dieser Vlker mit beispielloser Rcksichtslosigkeit unterbinden. Und welches Volk wird sich dem fgen, auch wenn es das geduldigste der Welt ist?! Der Fluch des treeks Wann begannen die Einflsse Europas auf Afrika? Soll man sie in die Zeit jener Frhneger versetzen, die man als Skelette der sog. Grimaldirasse bei Mentone an der Riviera aufgefunden hat? Die Gebiete jenseits der Sahara wurden erst allmhlich erforscht und bei dieser Gelegenheit unter jene europischen Vlker aufgeteilt, die damals alles daran setzten, zu Kolonien zu kommen. Im Prinzip hat sich dieser Zustand nicht verschoben, wenn auch Rechtslage, allgemeine Einstellung und Versorgung den Eingeborenen gegenber sich stark gendert haben. Kaffern, Buschmnner, Hottentotten, Hereros, Basutos und die verschiedensten brigen dunklen Stmme sind jetzt wenigstens als integrierender Bestandteil ihrer eigenen Heimat anerkannt worden. Eine wirkliche Sklaverei gibt es 520 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

nicht mehr. Die einzige, der ich im schwarzen Erdteil noch begegnete, fand sich in Abessinien in Form einer Haussklaverei. Sie betrifft Schakala- und Cumanaleute, die eine Art hriges Gesinde bilden, aber von ihren Herren weder ausgentzt, noch bsartig gewaltttig behandelt werden. Die Landstriche mit sinkender Fruchtbarkeit und Bodenverderbnis liegen im Zentrum Afrikas, teilweise auch im Sden. Auch hier haben die Verhltnisse ihr Sondergesicht. Zunchst in der allgemein steigenden Geburtenziffer. Sie bezieht sich sowohl auf weie wie auf schwarze Haut. Bei den Negern wird sie verursacht durch eine uere Beruhigung, Verhtung von Seuchen oder wenigstens deren energische Bekmpfung, streng durchgefhrte Gesundheitskontrollen und Unterdrckung uralter blutiger Stammesfehden. Anderseits aber wird den Eingeborenen eine neue und jedenfalls ungewohnte Lebensform aufgezwungen. Ein Groteil von ihnen gehrte zu den nomadisierenden oder halbnomadisierenden Viehzchtern. Im Ostsudan um den Jebel Midob herum gibt es Besitzer von Kleinviehherden, die sich auch Midob nennen. Bis zu den Bantus in Sdrhodesien und den Hottentotten des Westens, die mit milchreichen Langhornziegen umherziehen, wandern sie der Weide nach kreuz und quer durch weite Teile ihres Kontinentes. Richtiger sie wanderten in der Vergangenheit, als niemand sie strte. Durch die Kolonisation jedoch ist das grndlich anders geworden. Die uralten Wanderwege sind jetzt berall verlegt und das beste Feld- und Weideland ist lngst in den Hnden der weien Farmer. Die Farbigen sind mit ihren Herden auf Bezirke angewiesen, die weit weniger fruchtbar, grasund wasserreich sind. Das allein schon bringt automatisch viele Unzutrglichkeiten mit sich. Zwei sehr verschiedene Zivilisationsformen stoen sich allzueng im immer sparsamer werdenden Raum. Die Eingeborenen suchen sich zu helfen, indem sie in die noch vorhandenen Urwlder ausweichen, noch fter aber solche auf groen Strecken niederbrennen, um neue Weide fr ihre Tiere zu bekommen. Aus diesem Grund wurden in Uganda durch Kikuyustmme in noch nicht hundert Jahren an tausend Quadratmeilen herrlichster Urwald vom Erdboden vertilgt. Das hat auch hier dieselben verderblichen Folgen wie berall. Als in Tanganyika die Waldverwstung im groen durch Weie und Schwarze einsetzte, verschwanden buchstblich 90 Prozent der fruchtbaren Erde. Dasselbe ereignete sich im Nyassaland in Ostafrika. Es sind noch kaum drei Generationen ausgelebt, da dort auch nicht ein Hgel unbewaldet war. Ansehnliche Flsse bewsserten die Tler. Heute ist nicht einmal zu 50 Prozent

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die ehemalige reiche Natur vorhanden. 20 Prozent der einstigen Wasseradern sind berhaupt vllig verschwunden, weil ihr Ursprungsgebiet gnzlich von jeder Pflanzendecke entblt wurde. Das hat verhngnisvolle Folgen, denn weder Klber noch Menschen ertragen es, wenn der Zwischenraum zwischen den einzelnen Trnken sich zwanzig Meilen und darber ausdehnt. Darum nimmt in solchen Landstrichen die Rinderzucht ab und die der hrteren Schafe und Ziegen zu. Nun sind aber diese halbwilden Ziegen ganz besonders schdlich fr jede Landschaft. Sie steigen an Bschen und Stmmen ber 1,50 Meter in die Hhe und rupfen das Laub und die jungen Triebe ab. In Kenia beim Lake Barning ist weit und breit kein Blatt in dieser Zone mehr zu sehen, die immer wstenhafter wird und in welcher alle empfindlicheren und wertvolleren Gewchse der Reihe nach aussterben. Da aber alle diese eingeborenen Viehzchter mit dem Vieh als einziger Valuta rechnen, da mit Vieh die Braut gekauft, eine Familie gegrndet und das Vermgen sowohl von Einzelpersonen als ganzer Tribus ausschlielich in Vieh erworben und angelegt wird, so wehren sie sich begreiflicherweise bis aufs uerste, ihre Herden zu verringern. Sie haben nicht das mindeste Verstndnis fr alle Erklrungen und Verfgungen, Verbote und Vorschriften der Weien, mit welchen Argumenten sie auch begrndet werden. Es geht ihnen um die Kopfzahl, auch wenn die einzelnen Tiere von miserabler Rasse und in elendem Krperzustand sind. Es ist ihnen ganz gleichgltig, da sie fr eine Ziegenhaut und nur die Haut ist verkuflich nicht mehr als 6-8 Cents erhalten. Ihre ganze Lebensgestaltung ist seit Urzeiten so, da die Tierzchtung in ihre religisen Vorstellungen, in ihre vererbten Familiengesetze, in ihre tiefstverwurzelten und unnderbaren Anpassungen an Boden und Landschaft eingreift. Sie mten sozusagen ihre ganze Wesenheit verleugnen, wenn sie das alles freiwillig aufgeben wollten. Weiterreichende Zusammenhnge vermgen sie infolge dieser ihrer urtmlichen Einstellung nicht einzusehen. Zu den neu auftretenden Schdigungen durch Humusverwstung gehren z. B. die Heuschreckenschwrme, die man frher kaum dem Namen nach kannte. Von 1920-1930 fielen sie alljhrlich in das Gebiet von Kenia ein und richteten schreckliche Verheerungen an. Die zunehmende Austrocknung des Landes ermglicht ihnen ein Eindringen in einstige reine Urwaldgebiete, die es seit langem nicht mehr sind. So schiebt sich aus demselben Grund von einer Trockenzeit zur anderen die Turkana-Wste unaufhaltsam um 6 bis 7 Meilen in begrntes Land hinein vor. Die beherrschenden Stmme in dieser Provinz sind Massais und Suks, die an ein Dasein in diesen Salz- und Halbsteppen afrikanischer Prgung seit Jahrhunderten gewhnt sind. Eine Rinderpest vernichtete um 1890 ihre Herden fast bis zum letzten Huf. Trotzdem hatten sie knapp zehn Jahre spter sie wiederum auf 35 000 Stck Grovieh und 250 000 Schafe vermehrt. 522

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Man versteht also, da die vor einiger Zeit einsetzende Weideregulation darauf bestand, da ein Teil der Klber an eine Fabrik fr Liebigschen Fleischextrakt im Machakos-Reservat verkauft werden msse. Denn es war nicht die geringste Aussicht vorhanden, die Tiere bei weiterem Zuwachs auch wirklich hinreichend ernhren zu knnen ganz abgesehen von der Gefhrdung der umliegenden Gebiete. Tatschlich wurden denn auch pro Jahr 30 000 Klber abgeliefert. Es wurde zwar eine Zeitlang geleugnet, da die riesigen Eingeborenenherden ein Teil des lokalen Wohlstandes seien, aber man gibt es jetzt stillschweigend zu und trachtet darum, so schonend als mglich vorzugehen. Aber alle diese an sich gewi nicht leichten Schdigungen fallen verhltnismig wenig ins Gewicht, wenn man dagegen die Naturverwstungen hlt, die man den weien Farmern zur Last legen mu. Auch das wird unumwunden und offen zugegeben. Man hat zu seinem Leidwesen den Begriff der Erosion auch im Eden des Schwarzen Erdteiles kennengelernt und wei sich nicht frei von Schuld. Der bedeutendste sdafrikanische Wortfhrer, General Smuts, erklrte ffentlich, da die Erosion die grte Frage fr das Land sei, grer als jede Politik. Es ist kein Zweifel, da das keine bertreibung ist. Wir wissen von anderen Kontinenten, da das Buschbrennen der schlimmsten Humuszerstrung gleichkommt. Offiziell ist es zwar schon sehr lange verboten, wurde aber in einzelnen Fllen trotzdem bis in die jngste Zeit hinein ausgebt. Was man anderswo Gullys oder Dolinen nennt, heit in Sdafrika Douga, und die Dougas haben erschreckend zugenommen. Gewi gab es auch bei den Schwarzen von jeher Buschbrnde. Aber ihre Ausdehnung war, solange sie ber ihre angestammten Weidelnder verfgen konnten, niemals von Bedeutung. Wie denn berhaupt jede Art von Landbewirtschaftung durch Eingeborene sich stets im kleinen vollzieht, weil sie ja immer nur durch eine bestimmte Anzahl von Hnden zustandekommt. Alle Fachleute haben sich lngst darber geeinigt, da eine noch grere Gefahr fr das Land als das Buschbrennen in dem sog. Klberkraaling besteht, das eine althergebrachte Unsitte ist. Schon im Jahre 1687 protestierte bereits ein Simon van der Steel energisch dagegen. Man hat z. B. festgestellt, da, wenn die Besitzer sich dazu entschlieen wrden, die Tiere ber Nacht in ein Gehege einzusperren, das Einkommen der Sdafrikanischen Union fr Schafwolle glatt verdoppelt werden knnte so viel geht bei dem hemmungslosen Umherschweifen der Herden verloren. Denn jede Hecke, jeder Busch pflckt ihnen die wertvolle Wolle aus dem Fell, die dann nutzlos verkommt. Aber noch ein anderer Schaden wird durch diesen altvterhaften Unfug heraufbeschworen: Die wertvolle einheimische Flora, durch welche die Tiere allein wirklich gedeihen, wird langsam, aber mit Sicherheit, durch das immerwhrende Verbeien und Abnagen ausgerottet und durch jene nichtshttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 523

nutzige, teilweise sogar unbekmmliche Allerweltsruderalflora ersetzt, die hauptschlich aus Pflanzen der Kulturwste, der Mist- und Schuttablagerpltze besteht und berall in allen Kontinenten hnlich ist. In einem Land, das schon darum immer trockener wird, weil es nicht mehr den Segen des pluvialen Diluviums geniet, mu auf diese Gefahr ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Bis zum Kapland hinunter, dessen Vegetation durch die Einflsse des Meeres in einer gnstigeren Lage ist, wachsen in Afrika auf verdorbenen Bden eigentlich nur Disteln und Dornstrucher, die aus der Karru- und Salzsteppe einwandern. Da die Rinder sie nicht berhren, so bleiben sie mager, denn sie sind stndig auf der Suche nach wertvollerem Futter. Die Ruderalflora dagegen breitet sich ungehindert immer weiter aus. Bereits zu Anfang dieses Jahrhunderts wurden in Transvaal und Natal ausgiebige Drrestudien gemacht. Denn mit der Zunahme der Menschen und ihrer Bedrfnisse nahmen auch die Erosion und die Klimaverschlechterung zu. Bis dahin waren sie so unwesentlich, da man sie gar nicht beachtete. Solange die Urwlder und selbst der macchiahnliche Busch, das Veld, bis zur immergrnen Grasflur nur von einzelnen, wenn auch familienreichen Stmmen durchzogen wurde, nderte sich nichts an dem natrlichen Ausgleich zwischen den natrlichen Faktoren. Wie berall, war es aber auch in Sdafrika die pltzlich einsetzende Menschenzunahme, die zunchst alles aus dem Gleichgewicht brachte. Das ist ein allirdisches Geschehen, das nicht vom Breitengrad abhngig ist. Im von Menschen berstopften China hat es zu allen Zeiten hohe Mandarine gegeben, die in Hungersnten, Seuchen und den riesigen berschwemmungen, die jedesmal Hunderttausenden oder Millionen das Leben kosteten, nur ganz selbstverstndliche, rechtzeitig von den Gttern gesandte Regulationen sahen, die man zum Wohl des ganzen Reiches nicht unterbinden drfe. Ebenso haben man braucht nur die Zahlen in vorhergehenden Kapiteln nachzulesen Schwarzer Tod und Blattern in Europa zumindestens eineinhalb Jahrtausende lang im Sinn einer zwar barbarischen, aber durchgreifenden Auslese sich ausgewirkt. Und so darf man die althergebrachten Methoden der Bevlkerungsbeschrnkung bei Eingeborenen aller Breiten, ihre nachwuchsmordenden, strapazisen Nomadenmrsche, ihre endlosen Stammeskriege und selbst ihre kannibalischen Gewohnheiten nicht nur von einem sentimentalen, religisethischen oder hygienischen Standpunkt allein aus beurteilen. Auch sie sind nur Symptome des Ausgleiches zwischen Sippe und Lebensraum. Haben sie sich einmal geregelt, so entfallen die Schwierigkeiten, bis Vernderungen Neuordnungen erfordern, ganz gleich, ob die Regelung nun Vlker, Tierherden oder Pflanzenarten betrifft. Die gesamte Aufwanderung aus Europa in andere Kontinente ist aber nichts anderes als eine tief einschneidende Gleichgewichtsstrung des dortigen Bevlkerungsgleichgewichts. Schritte zu einem rechtzeitigen Ausgleich zwischen der unbekannten neuen Natur und dem wild aufschieenden, 524 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

pltzlich vervielfachten fremden Zuwachs wurden niemals unternommen. Man hat es also unter kolonialen Verhltnissen sehr hufig mit Vorbereitungen zur Auslese zu tun, die sich weit erbarmungsloser als der durch eigene Einsicht freiwillig herbeigefhrte Ausgleich fhlbar macht. Man wird die Dinge viel besser verstehen, wenn man sich diese weltgesetzliche Regelung immer wieder vor Augen hlt. Die gesamten sdafrikanischen Bden sind dort am fruchtbarsten, wo sie ber das Tafelland gegen den Kstengrtel zu abfallen. Erdgeschichtlich ist dieses Sdende des Schwarzen Erdteiles nicht annhernd in ein solches wildes und wirres Durcheinander verwandelt worden, als etwa die geologische Vergangenheit aus Europa gemacht hat. Die Gestalt der Tafelberge verrt schon, da hier die Abtragung die Hauptvernderungen schuf und nicht das tektonische Auf und Ab von Auffaltungen und Meereseinbrchen. Es hat zwar auch hier Vulkankatastrophen in ferner Vorzeit gegeben, denen die Diamantenfelder von Kimberley ihr Dasein verdanken. Das Burenhochland im Inneren besteht aber aus verhltnismig jungen Schichten mit wenig verfestigtem Untergrund. Die schweren Regengsse, die zu diesem recht unausgeglichenen, leicht in Wsten bergehenden Landstrich gehren, bringen bei unvollstndiger Bodenbedeckung gefhrliche Auswaschungen mit sich. Wird durch regelmige Bebauung in diesem klimatischen Grenzgebiet viel Humus verbraucht, so kann die Natur ihn von sich aus nicht in gengendem Ausma ersetzen. Die Niederschlge sind zu unsicher. Alles hngt, genau wie in Indien, vom richtigen Ablauf der Regenzeit und ihrem rechtzeitigen Eintritt ab. Um 1648 brachten einmal ein paar ungewhnlich gute, regelmige Regenzeiten Rekordertrge im Ackerbau hervor. Damals empfahlen Vorsichtige den Farmern, sich wenigstens zwei Jahresernten als Reserve hinzulegen. Das erwies sich dann spter als ausgezeichneter Rat. Aber schon hundert Jahre spter wurden Stimmen laut, da sich der zunehmende Ruin des Bodens schrecklich rchen werde. Auch das hatte seine Richtigkeit. Denn die Austrocknung schreitet unaufhaltsam fort, und der Weizenbau beschleunigt sie, weil er sie berall beschleunigt. Als um 1890 die Frhlingsregen strker als gewhnlich ausfielen, gab es wieder einmal eine Rekordernte, und man fate schon neue Hoffnungen, da alle Besorgnisse ungerechtfertigt gewesen seien. Aber gerade danach stellten sich katastrophale Drrejahre ein, welche die ganze Wirtschaft erschtterten. Heute gibt es Programme der Regierung, in welchen die Auszahlung von Subsidien fr die Farmer vorgesehen werden, damit diese Staubecken errichten, Wasser zuleiten und vor allem soviel als mglich aufforsten knnen. Die ganzen Planungen erfordern gewaltige Summen. Man macht sich davon einen Begriff, wenn man liest, da das Parlament im Jahre 1937 den Bau von 18 000 km Dmmen beschlo, die allein auf 2 163 260 afrikanische Pfund Sterling veranschlagt wurden. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 525

In Afrika versiegen die Strme Der Zentralsudan ist weit gnstiger daran, als der Sden. Er beherbergte denn auch keineswegs die nomadisierenden und halbnomadisierenden schwarzen Viehzchter, sondern reine Ackerbauer, die von je nicht weniger bodenstndig als die europischen Ackerbauer waren. Hier entwickelten sich Grostaaten mit Priesterhuptlingen, die ber mchtige Vlker herrschten. Diese Oberhuptlinge waren, da sie in allem und ber alle eine uneingeschrnkte Macht besaen, auch dafr verantwortlich, da die Ernten reichlich ausfielen, und sie wurden darum von ihren Untertanen Mein Korn! oder Unser Korngeber angeredet. Die erste Saat auszusen, war stets das Privileg der Witwe des verstorbenen Knigs. Sie wohnten in Lehmstdten und formten riesige Getreidespeicher aus Ton, die auf erhhten Fen standen. Sie trieben Hackbau, sie arbeiteten im Grofamilienbetrieb in einer Art von abgewandeltem Patriarchat. Ihre Lebensform war fr sie gut und brauchbar, und man kann nicht wissen, wieviele Jahrhunderte, vielleicht Jahrtausende sie in dieser Ausprgung zurckreichte. Sie besaen hauptschlich eine Hirsekultur (Sorghum), dazu fand sich spter Mais und Erdnu (Arachia hypogaea), da und dort auch Erderbsen (Lathyrusarten) und Yams (Dioscorea). Ihre Geschicklichkeit in der Herzuleitung von Quellen ist sehr bemerkenswert. Sie bauten auch knstliche Terrassen, welche dieselben Stufenmauern besitzen, wie die von den Inkas errichteten. Ja, sie stellen sogar Dunggruben her, und sie ntzen verrottende Wurzeln als Dnger aus. Uralte Erfahrung belehrt sie darber, da jede noch so dnne Humusschicht fr Anbau verwendbar ist, wenn man sie nur entsprechend behandelt. Die ganze Ackerarbeit wird von fruchtbarkeitsspendenden Erdgottheiten berwacht und beschtzt. Sie hat sich lngst zu einer Art Kultus entwickelt, in welchem die religisen Vorstellungen nicht mehr von den praktischen Notwendigkeiten zu trennen sind. Durch ganz Afrika, abgesehen von der Kalahari, der Sahara und den pflanzenarmen Salzsteppen, ziehen sich Siedelungen solcher Ackerbaustmme. Sie sind volkreich oder kopfarm, sie hausen auf Hgeln oder in der Tiefebene, sie sprechen viele Sprachen, aber es verbindet sie doch eine gemeinsame Lebensform. Solange sie mit ihrer vorsichtig und bescheiden betriebenen Agrikultur dem Boden ihren Unterhalt abgewinnen, ist die Erosion nirgends gefhrlich. Jetzt freilich behauptet die Erosionspolizei, die nach dem Muster von Ceylon z. B. in Tanganyika eingesetzt wird, die Eingeborenen seien sehr

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unfgsam in der Durchfhrung von Manahmen zur Bodenerhaltung. Und was im Gebirge an schwer zugnglichem Tribus hause, das widersetze sich prinzipiell den Anordnungen der Governments. Die Wahrheit drfte wohl sein, da in den weien Plantagen eben mehr gegen die Erosion geschieht. Dafr macht sich dort der Unsegen der Monokulturen berall geltend. Um 1916 besa Uganda mit seinen ausgezeichneten Bden beilufig 133 000 acres Baumwollfelder. Um 1936 schtzte man sie bereits auf 150 000 acres. Das hatte zur Folge, da in diesen zwanzig Jahren ein erheblicher Teil der Serere Station dermaen von Humus entblt wurde, da man in verhltnismig kurzer Zeit danach die ganze Pflanzung aufgeben mute. Dieselbe Erfahrung machte die Makwapala Cotton Experiment Station, aber sie kam ihr noch viel kostspieliger zu stehen. Denn nach nur drei Jahren war der Boden durch Erosion derart zugrunde gerichtet, da nichts brig blieb, als das ganze Gelnde zu terrassieren. Vermutlich ahnt man in Europa nicht, was eine solche Terrassierung in den Tropen an Zeit, Mhe und Geld beansprucht! Und was den allerjngsten Erdnuskandal anlangt, der Millionen englischer Pfunde verschlang, so hat man zwar keine richtige Vorstellung, wer die eigentliche Schuld trgt, aber jedenfalls die einer grandiosen Verwstung. Sie begann mit der Niederlegung riesiger Trockenwlder und endete mit Staubstrmen, die auch die Erdnupflanzungen mit vernichteten. Westafrika gehrt heute zu den ausgedehnten Kakaozentren, die einen Groteil von Europa mit Rohbohnen versorgen. Am Kakao ist sehr viel herumgezchtet worden und die Fachleute wissen, da die allerfeinsten und wrzigsten Sorten, die einmal in Ekuador und den umliegenden Gebieten wuchsen, praktisch bereits ausgestorben sind. Man hat also alle Ursache, sich die jetzigen Kakaogebiete mit Aufbietung aller Kenntnisse zu erhalten. In Westafrika hat man es eigentlich nur mit einem gar nicht breiten Kstensaum zu tun, der noch ber einen solchen Humusreichtum verfgt, da man die sehr anspruchsvolle Theobroma cacao dort ansiedeln kann. (Das Innere dieses Landstriches ist eigentlich nur eine Art besserer Halbwste.) Die Kakaogebiete ziehen sich von der Goldkste und Nigeria bis hinber zum Senegal. Dorthin wandern zur jhrlichen Ernte 3000 bis 4000 farbige Arbeiter, die dann danach wieder nach Togo und noch weiter nach Osten zurckkehren. Kleinplantagen, die nicht mehr als zehn acres besitzen, haben brigens zumeist farbige Inhaber, die dann im Familienbetrieb arbeiten. Die hochgezchteten Kakaosorten wachsen niedrig und breitkronig, bedrfen allerbester Erde und reichlich Schatten, denn auch wilder Kakao wchst im Amazonasgebiet, von wo er herkommt, nur in der berschwemmungszone. Sonst ist er hchstens auf berfetten, auerordentlich verschlammten Alluvialbden in Ekuador und am Orinocco zu Hause. Er gedeiht berhaupt nicht, wenn man ihm nicht wenigstens teilweise die einstigen Urwald http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 527

verhltnisse schafft, mit Schirmbumen, Windstille, hoher Luftfeuchtigkeit und meterdicken Schlamm- oder Humusaufschttungen. Diese natrlichen Vorbedingungen sind von Kamerun bis Guinea vorhanden. Um eine wirklich erstklassige Bohnenernte auch bei den besten Sorten zu erlangen, mu man uerst sorgfltig mit Erde und Bewsserung umgehen. An sich ist die Ausfuhr von der Goldkste noch jung, denn sie begann erst um 1896 mit knapp 186 t. Dann kam um 1929 der bekannte gewaltige Rckschlag, und wer allen diesen Schwierigkeiten zum Trotz noch immer ungemessene Kakaohoffnungen hegte, wurde ausgelacht. Erst der zweite Weltkrieg brachte ein mchtiges Ansteigen des Bedarfes und man spricht bereits von einem Weltmangel der Kakaoproduktion. Gewarnt durch die Schden der Humusverwstung setzt man jetzt alles daran, nicht an den Schongrtel des Urwaldgebietes an der Kste zu rhren. Man wei, damit steht und fllt das Kakaogeschft. Man kennt natrlich kaum in jedem Fall die Kette der Zusammenhnge. Aber man hat gesehen, wie viele Tausende ein negatives Endergebnis zu kosten pflegt. berall und allerorten hat man die Gegenbeispiele vor Augen. Sie reden laut genug, um von jedermann verstanden zu werden. Jeder Waldverwstung folgt auch im Schwarzen Kontinent eine rapide Erosionszunahme. Geradezu frchterlich werden die hoffnungslosen Verheerungen beschrieben, die sich auf dem Udi-Plateau vollzogen haben. Jede Spur von Erde ist abgewaschen und in die Steine selber sind Gullys eingerissen worden, die sich bis in 50-60 m Tiefe erstrecken. Der Zustand des ganzen Gebietes war so schlimm, da man an der Hauptstrae von Udi-Enugen nicht nur jedes Buschbrennen energisch verbot, sondern auch weder Weide noch Ackerbau mehr erlaubte. Das ereignete sich um 1928. Was geschah daraufhin? Etwas, das nur ganz wenige, die sich bis dahin ernstlich mit dem Problem der Erosion befat hatten, voraussehen konnten. Die knstliche Aufforstung und Begrnung der nackten Bodenwellen hat die Erosion ohne weitere Hillsmittel zum Stillstand gebracht! Und nun mit einem Male hatte jeder nach dieser Demonstration ad oculus ein Verstndnis fr die Notwendigkeit einer zielbewuten Bodenpflege. Mit einem pltzlich geschrften Blick begriff man nun auch uralte Methoden der Eingeborenen, die es in Nord- und Mittelnigeria sehr gut verstehen, Erosionsschden zu verhten. Sie haben von ihren Ahnen den Brauch bernommen, in ganz bestimmten Reihensystemen zu pflanzen. Alle abgesplte Erde wird mit grter Sorgfalt gesammelt und krbeweise wieder in die Pflanzungen zurckgetragen, so da praktisch kaum etwas verlorengeht. Die geografische und meteorologische Situation des Inneren von Westafrika von Senegambien bis Kamerun ist an sich wenig erfreulich. Aus der Sahara wehen unaufhrlich Winde, die durch Hitze und Trockenheit eine 528 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

stndige Aushagerung schaffen. Frher waren sie bedeutungslos, denn sie wurden durch die ausgedehnten Trockenwlder gebrochen, die ursprnglich wahrscheinlich bis zum Nordbogen des Niger reichten. Der damals noch ziemlich hohe Grundwasserspiegel sank indes infolge starker Bebauung. Die Galeriewlder an den Flssen verschwanden und berall fanden die Trockenwinde ungehemmten Einla. Jetzt beginnt man systematisch in den letzten Jahren mit Schneisenpflanzungen der lreichen Dumpalme (Hyphaine), die gegen Staub und Drre wenig empfindlich ist und den Luftzug aus der Wste abfangen soll. Solche Palmenschneisen ziehen sich im Katsina-Emirat halbe Meilen und lnger dahin. Der Gedanke ist glcklich, denn die Dumpalme gehrt zu den wenigen Astbildnern unter ihresgleichen und ist mit ihren starren Blattschpfen, ihrem gedrungenen Wuchs und ihrer absoluten Anspruchslosigkeit hchst geeignet, als Windbrecher zu wirken. Die ersten, die um 1934 gepflanzt wurden, besitzen schon eine ansehnliche Gre und ihr Nutzen ist unleugbar. Aber noch etwas anderes hat man gelernt: da auf diesen nordwestafrikanischen Bden der europische Pflug der schlimmste Feind der Erde ist. Man hat darum prinzipiell auf solchen Anbauflchen, die sich ber eine Quadratmeile ausdehnen, jede Art von Bepflanzung und auch die Beweidung in allen den Landstrichen verboten, wo die Humusverarmung augenscheinlich geworden ist. Man hat sich davon berzeugt, da diese Regelung der Bodenbewirtschaftung unumgnglich ntig ist. Und dennoch dringt auch hier die Wste vor. Die Eingeborenen wandern weg. Ganze Drfer tun sich zum Abzug zusammen. Sie ziehen nach Sden, dem Urwaldsaum entgegen. Eine Zeitlang wurde behauptet, da diese Fulbevlker und ihre Nachbarn ungern sich in franzsischen Mandatsgebieten ansiedeln. Aber magebend fr ihre Auswanderung sind weit mehr die klimatisch verschlechterten Lebensbedingungen, der allgemeine Humusschwund, die Gefahr der Versteppung und Versandung, die geringen Ertrgnisse. So verschieben sich unaufhaltsam die Niederlassungen der einheimischen Stmme und Tribus, und mit ihnen zusammen ndert sich die Art der Agrikultur, der Bewsserung, der Bodenbeanspruchung. Es ist durchaus nicht das gleiche, ob dasselbe Kulturgewchs in einem Gro- oder einem Kleinbetrieb angepflanzt wird. Jeder, der das Leben in den Tropen aus eigener Anschauung kennengelernt hat, wei das. Die Unterschiede drcken sich nicht nur in den wirtschaftlichen Ertrgnissen im Export und der eventuellen Versorgung des Mutterlandes aus, sondern vor allem im Zustand der Bden, ihrer Zukunft und der steigenden oder fallenden Quote ihres Reichtums. Afrika war jener Erdteil, an dessen eingeborener Bevlkerung Europa die schlimmsten Verbrechen beging. Der Menschenraub zum Zweck der Sklavenausfuhr begann schon im 15. Jahrhundert und dauerte tatschlich als http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 529

Menschenschmuggel bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Ich glaube nicht, dass irgend eine Statistik nachtrglich schtzen kann, was und wieviel an schwarzem Fleisch allein nach Amerika hinbergeschafft wurde. Es mu aber ungeheuerlich viel gewesen sein, denn der Sklavenhandel galt bei weitem als das beste Geschft, das berhaupt zu machen war. Es ist darum besonders erfreulich, wenn man objektiv feststellen kann, da sich die afrikanischen Negervlker im allgemeinen jetzt einer besonders groen Freizgigkeit erfreuen, und da dort vieles heute im Namen der Gerechtigkeit geschieht, was auch wirklich gerecht ist. Da dennoch die uralten, natrlichen Gemeinschaften unter Huptlingen und Priesterknigen sich allmhlich auflsen, da eine stndige Umschichtung der einstigen Sitten und Lebensformen erfolgt, ist oft genug schon anderswo geschildert worden. Diese Entwicklung ist nicht aufzuhalten. Wenn zwei verschiedene Zivilisationsprinzipien gegenseitig ihre Wege kreuzen, so hat bisher noch nie die bessere und ehrwrdigere gesiegt, sondern stets die stokrftigere und materialistischere. Wir erleben das leider immer wieder. Der hunderttausendkpfige Sklavenraub hatte auf die Beschaffenheit der afrikanischen Bden einen deutlich erkennbaren Einflu. Zunchst ging durch das Wegfangen oft ganzer Dorfschaften die Bebauung durch die altertmlichen Hackkulturen berall zurck und die Urwlder drangen vor. Viel zu spt erkannte Europa den Wert der riesigen fruchtbaren Gebiete fr die Landsucher. Die Einwanderung setzte zunchst mit einer ungehemmten Verwstung und Ausrottung der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt ein. Aber sie beschrnkte sich doch auf gewisse Gebiete und lie z. B. das Zentrum lange Zeit ungestrt. Alles in allem waren kontinental gegeneinander abgeschtzt bis jetzt die Waldaustilgung und der Humusverbrauch in Afrika geringer, als im Goldenen Westen. Und wenn es wahr ist, da die von der Tsetsefliege verseuchten Landstriche im Kongo und am Viktoria Nyanza jetzt von der Schlafkrankheit befreit werden knnen, so gibt es auf unserem Gestirn wirklich noch ausgedehnte Territorien, die vom weien Menschen und seinen selbstmrderischen Bedrfnissen so gut wie ganz unangetastet sind. Die Verdorrung Australiens Die Vergangenheit Australiens war durchaus und in allem von jener der vier Erdteile so verschieden, wie der fnfte Kontinent berhaupt von den anderen Festlndern verschieden ist. Das Altertmliche und erdgeschichtlich Vorbeigelebte seiner Natur wirkte sich auch auf seine autochthone Bevlkerung aus. Die entfaltete sich zu reinen Nomaden und kannte Ackerbau nicht einmal in seinen frhesten und primitivsten Anfngen. Es ist sehr merkwrdig, da jene Papuasier, die auf greren oder kleineren Inseln leben, sonst sehr verstndig sind in der Anlage von Palmgrten, in 530 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

der Kultur von Maniok (Manihot-Arten), im Anbau von Taro (Colocasia), Bananen (Musa) und Ignamen (verschiedenen halbwilden sen Kartoffeln). Sie verstehen, Sumpfbden auszuwhlen und zu behacken, sie leisten auf vielen Sdsee-Inseln einen sehr nennenswerten Beitrag zur Vanille- und Copraausfuhr. Sie knnen tpfern, legen raffiniert geschickte Feuergruben an, in denen ganze gefllte Schweine gebraten werden, sie verstehen es, sich Tapa so vorsichtig von den Bumen zu klopfen, da die frher ausschlielich daraus verfertigten Lavalavas, die sie sich um die Hften schlingen, gar nicht wie ein Rindenbast, sondern wie ein unbekanntes Gewebe aussehen. Und ich habe aus ihren dunkel kupferfarbenen Fingern die hbschesten und zierlichsten Dinge aus Muschelschalen, Federn, Grashalmen, Bastfden und hartschaligen Smereien und Frchten hervorgehen sehen. Von alledem beherrschen die australischen Eingeborenen, die derselben Menschenrasse angehren, so gut wie nichts. Allerdings vermgen sie anderes. Sie knnen Menschenhaare zu Schnren, Netzen und Fden knpfen, sie schneiden sehr kunstvoll ihre Bumerangs aus dem Stammholz gewisser, besonders ausgewhlter Casuarinen, sie klopfen sich, da ihnen die Verwendung von Metall nicht vertraut ist, Messer aus weiem und schwarzem Obsidian, und sie fertigen sich Keulen aus Harthlzern der verschiedensten Art. Ihre brigen, an sich hchst erstaunlichen Anpassungen und Fhigkeiten beziehen sich auf ein Dasein in der Wste. Dort mu man Wasserlcher finden, im Sand sich orientieren knnen und alles als Nahrung zu verwerten verstehen, das nur halbwegs dazu geeignet ist. Durch Rauch zu sprechen, gehrt ebenso dazu, wie das Sammeln von Grassamen zu Mehl, von unterirdischen Graszwiebeln, die Erfindung von weitreichenden Blasrohren, von Taschen und Bndern zum Lastentragen. Nie verfielen sie darauf, ein Gert zur Bearbeitung des Bodens herzustellen, einen Topf zu kneten, einen Rock zu weben. Wo der Weie sie nicht verdorben oder doch anderes gelehrt hat, sind sie von einer erschreckenden Urtmlichkeit, angepat an eine Natur, die in allem Teil eines frheren Erdzeitalters sein knnte. Gewissermaen leben sie so, wie der Mensch in Europa in der lngstvergangenen Buntsandsteinwste gelebt htte wenn damals schon eine Menschheit vorhanden gewesen wre. Aus alledem lt sich leicht verstehen, da die ersten Einwanderer weier Rasse, die um 1788 im heutigen Port Jackson in Neusdwales landeten, einen Boden betraten, der bis dahin ganz und in jeder Hinsicht von der Fron des Ackerbaues verschont geblieben war. Diese englischen Abkmmlinge waren indes nur die Vorlufer einer sehr vielkpfigen grobritannischen Einstrmung, die bis heute als Dominante ber Italienern, sterreichern, Deutschen und zahlenmig wenigen Asiaten steht. Da der Osten Australiens annhernd 150 Jahre lang zur Deportation von Strflingen und Dirnen aus den Londoner Gefngnissen bentzt wurde, http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 531

ist allgemein bekannt. Es scheint nicht viel geschadet zu haben. Ich habe in Perth in Hotels gewohnt, in denen es nicht blich war, das Zimmer zu versperren. Allerdings sind in Westaustralien erst rund eineinhalbhundert Jahre spter die ersten Landsucher ausgestiegen, und es gab keine wirkliche Mischung der Bevlkerung von Ost und West, bis zu Ende des vorigen Jahrhunderts die groen Goldfunde Menschen aus allen Himmelsrichtungen anlockten. Bis dahin war der Westen ein weltverschollenes Farmerland. Bis etwa 1870 hatte man vom australischen Weizenbau die Meinung, da er weltwirtschaftlich ganz unbedeutend sei. Zunchst konzentrierten sich die Ankmmlinge auf die gewohnte Schaf- und Klberzucht. Mit der Landbebauung hielt der Staat Viktoria mit 3 930 000 acres die Spitze, als man 1901 schrieb. Aber das gesamte Kultur gebiet berschritt um die Jahrhundertwende noch nicht 0,55 Prozent der vorhandenen Landflche. Das waren, in Zahlen bersetzt, 10 330 000 acres. Sie bezogen sich hauptschlich auf die Landstriche im Osten, wo am Australischen Felsengebirge die wasserreichen Wolkenzge des Sdostpassates stranden. Das strmereiche Innere hat nur heie Trockenwinde, es liegt vllig im Regenschatten und bekommt nicht einmal die sagenhaften 8 inches Niederschlge, die angeblich einem Viertel des ganzen Kontinentes zufallen sollen. Es ist eine nicht zutreffende Verleumdung der Eingeborenen, wenn behauptet wird, die ersten weien Ansiedler, die Sydney in jenem bemerkenswerten Jahr 1788 grndeten, htten von ihnen die verbrecherische Unsitte des Buschbrennens bernommen. Eingeborene, die nicht pflanzen, roden auch nicht. Sondern die Mnner aus Europa zndeten ganz einfach die Wlder um die Bothany-Bay an, weil Weideboden geschaffen werden sollte. Das prachtvolle, schnellwchsige Eukalyptusholz, von dem es heit, es sei hart genug, um Zahnrder fr Schiffswerften daraus zu schneiden, wurde in weitestgehendem Ma verwstet und wird immer noch schonungslos als Brennholz bentzt. Desgleichen die Stmme der Casuarinen (Casuarina equisetifolia), die als Eisenholz oder beefwood von einer fantastischen Unzerstrbarkeit sind und zu den erstklassigsten Harthlzern der Welt gehren. Beide stellen die Hauptvegetation im sog. Malleescrub. Nicht anders handelte man in Westrelien, das sich freilich um vieles langsamer besiedelte. In siebzig Jahren, nmlich bis 1860, hatte es noch nicht einmal bis zu 1,5 Millionen Menschen zugenommen. Nur der Osten und Sden Australiens besitzen wirkliche Wlder in unserem Sinn. Aber auch sie sind durchaus nicht artenreich, denn sie bestehen fast ausschlielich aus Eukalypten, Casuarinen, verschiedenen Akazien, whrend die feuchten Schluchten und Taleinrisse von Farnbumen (zumeist Cyatheaceae) erfllt sind. Der tropische Norden allein bringt Urwlder hervor, mit fremdartigen Araukarien (Araucaria bidwilli), Sterculiaceen und einer Vielfalt von berpflanzen und Lianen. Der Westen steht viel zu sehr unter dem 532 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Einflu der groen Wsten. Er besitzt bestenfalls Trockenlandschaften, Trockenwlder mit lockeren Grasfluren, die sich dann in einzelne Kissen buntblhender Polsterpflanzen auflsen. Dort stt man auf uralte, gedrungene Grasbume (Xantorrhoea), Yarrawood (Eucalyptus marginata), und im Mulgascrub auf viele Arten jener Akazien der Trockenwlder, die man inzwischen an der franzsischen Riviera als Mimosen zchten gelernt hat und in Massen verkauft. Im fnften Kontinent macht man meist nicht besondere Unterschiede zwischen ihnen. Man erklrt sie samt und sonders als Scrubakazie. Der eigentliche Wstenrand ist von sehr zerstreuten Bestnden aus einzelnen absonderlichen Wolfsmilchbschen (Euphorbiaceen), aus Spinnifexgrsernbluebush und saltbush (Atriplex nummularia) gesumt. Dahinter beginnt die nackte Glibberwste durch welche ich einmal im D-Zugstempo ununterbrochen 52 Stunden lang fuhr. Es ist notwendig, sich diese auergewhnlichen Naturformationen der australischen Landschaft lebhaft ins Gedchtnis zurckzurufen, um ganz zu begreifen, da hier Buschbrennen und wilde Rodung ein Sakrileg sind, da sie noch ganz andere belstnde verursachen mssen, als in einigermaen segensreichen Landstrichen. Dazu mu man sich vergegenwrtigen, da die quatorialen Monsunregen nur eben die Gegend zwischen Timorsee und Torresstrae und die Nordterritorien um den Carpentariagolf herum streifen. In sehr gnstigen Jahren strahlen sie noch nach Queensland hinein aus. Ursprnglich fielen an der Ostkste ziemlich regelmige Regen, denen wohl die wundervollen Blue Mountains von Melbourne ihr Entstehen verdanken. Der Sden, am nchsten dem Sdlichen Eismeer, taucht mit den Australian Alpes, in denen viel Wintersport getrieben wird, in die gemigte Zone, nicht unhnlich unseren Alpen. Man kann aber nicht von der australischen Natur sprechen, ohne nicht ihrer ganz abnormalen Wasserverhltnisse zu gedenken. Richtiger gesagt, der unterirdischen Wasserversorgung dort, wo es eine oberirdische gar nicht oder doch nur vllig unzureichend gibt. Es war schon davon die Rede, da, ganz hnlich der Sahara, auch unter den australischen Wsten ein riesiger Swassersee mit teilweise starkem Geflle dahinstrmt. Die geologischen Untersuchungen haben ergeben, da wahrscheinlich eine Barre die unterirdischen zentralaustralischen Swassermeere von den westaustralischen trennt. Alles in allem hat man herausgerechnet, da ihr Flcheninhalt etwa ein Vierzehntel des Flcheninhaltes von ganz Australien betragen drfte. Das wren etwa 600 000 Quadratmeilen. Dort, wo man ihn mit artesischen Brunnen erreicht, sprudelt zuweilen eine krftige Fontne kalten oder warmen Wassers in die Hhe, so wie beim Blanche Cup. Der hat sich selber aus Kalksinter sein eigenes Brunnenbecken erbaut, das 12 m ber der Erde steht und dessen Umfang 132 m betrgt. Im Jahre 1909 gewann Westaustralien aus seinem unterirdischen Ozean http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 533

tglich 30 625 000 hl Wasser. Man darf nicht vergessen, da diese recht groe Menge, die sich seither noch vermehrt hat, nicht aus der Erosion stammt und infolgedessen auch keine ihrer blen Folgen auslste. Die Wstenrnder und die ins Innere hinein vorgeschobenen Schaffarmen sind also hier ausnahmsweise einmal nicht die Verursacher der schnelleren Zerstrung der Erdrinde. Aber Wste bleibt Wste in welchem Kontinent immer. Und sie ist ein unberechenbarer und bermchtiger Feind fr alles Leben, das sich in ihrer Nhe anzusiedeln wagt. Von 1900-1935 wurde die nordwestliche Region von New South Wales durch den Einfall einer klimatischen Verschlechterung geradezu landwirtschaftlich zugrunde gerichtet. Damals verdursteten buchstblich Hunderttausende von Schafen und Klbern, und der Ackerbau ging auf ein Minimum zurck. Die Gegend um Wanaaring im Osten zhlte achtzehn reine Wstenjahre, in denen so gut wie nichts keimte. Waren es vorher nur einzelne Gebiete gewesen, die derart geschdigt wurden, so verbreitete sich um 1929 eine katastrophale Trockenheit im ganzen Osten. Die Regen blieben fast vllig aus, die Farmer verschuldeten und verarmten, die Tiere starben. Und ber die leeren Felder, auf denen nicht einmal mehr Unkraut wuchs, wanderten in himmelhohen, braunen Sulen die Staubtromben, die noch den letzten Rest von verdorrtem Humus vor sich herfegten. Damals sprang das australische Parlament mit gewaltigen Summen ein, aber man sprach schon davon, man msse die Steuern auf unbestimmte Zeit herabsetzen. Selbst eine Epoche zeitweiligen Erfolges kann unter solch allgemein ungnstigen Auspizien zum Unglck einer ganzen Provinz werden. Auf den sehr ausgedehnten Weizenfarmen des Westens in Australien ist Weizen das fast einzige Getreide, das gebaut wird richtete man sich aus Grnden einer besseren wirtschaftlichen Organisation und Kostenverbilligung bei der Bestellung und Ernte fast ausnahmslos auf den Grobetrieb mit Traktoren ein. Angesichts der ausgedehnten Bezirke verwendete man fast nur noch Seund Erntemaschinen modernster Art, die auf das Gefge des Bodens bekanntlich nicht die mindeste Rcksicht nehmen. Nun fielen in den Jahren von 1916-1925 die Regen ber alles Erwarten reichlich. Die Ernten waren dementsprechend verschwenderisch, und man gab sich bereits Erwartungen hin, da der australische Weizenbau einer der wichtigsten Faktoren des Weltweizenbaues werden knne. Zu jener Zeit stiegen berall die Getreidepreise. Man arbeitete also Tag und Nacht, man versprach sich goldene Berge. Damals betete man das Schlagwort vom intensiven Pflgen, das gar nicht tief genug hinunterreichen knne, so bedingungslos an, als sei es ein wiedergekehrtes goldenes Kalb. Die australischen Farmer, besessen von ihrer Fata morgana, die Weltweizenwirtschaft in die Hnde zu bekommen, pflgten also immer fleiiger und immer schrankenloser. Sie pflgten ihre gigantischen Felder, die bis zum Horizont reichten, sogar zwei- bis dreimal. 534 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Sie scheuten keine Mhe. Der Erfolg war ein ganz anderer, als sie sich vorgestellt hatten. Ein unerwarteter Humusschwund setzte ein, denn die Bodenstruktur war vllig vernichtet und ihres natrlichen Zusammenhanges beraubt. In der nun folgenden, erbarmungslosen Trockenperiode gab es eine Aushagerung, die alles bisherige Ma berstieg. berall entstanden tiefe Gullys. Die Bodenkolloidalitt erwies sich als vernichtet. Die Erde konnte deshalb der strmischen Erosion durch heie Trockenwinde keinerlei Widerstand entgegensetzen. Wo es ja einmal regnete, wurde die Oberflche des Bodens zerschlagen und die gelste und haltlose Substanz abgewaschen. Die Schden, die auf diese Weise entstanden, sind nie wieder gutgemacht worden. Australien besitzt nur wenige Flsse. Im Westen ist es der Svan River, im Osten das ebenfalls nicht lange Flusystem des Murray Rivers, die mit Sicherheit nicht vertrocknen und ansehnliche Wassermassen fhren. Beide leiden heute unter arger Verschlammung. Im Staate Viktoria, am Avon bei Stratford, erhhte sie sich so, da die im Jahre 1886 errichtete Brcke um 200 m verlngert werden mute so sehr hatte die angeschwemmte Sedimentation das Flubett verbreitert. In den Tambo flats erlebte man schwere Sandvermurungen. Man erklrte zwar, da die Erosionsvernderungen, die sich am Murray River selber zeigten, ungefhrlich seien, doch wurde den anliegenden Landpchtern nicht mehr erlaubt, wie bisher Holz nach Belieben zu fllen. Es fiel ihnen jedoch nicht ein, dieses Verbot irgendwie zu bercksichtigen. Abermals wurden groe Strecken abgebrannt. Solche Hochwasser, die von da ab den Murray herunterkamen, hatte man aber bisher noch nie gesehen. Und es blieb nicht bei einer Katastrophe, sondern von nun an erschienen sie Jahr um Jahr, rissen ganze Uferstreifen weg, und man redet von den Hochwassern des Murray als von einer Geiel Gottes, die das Land und die Menschen verfolge. Aus den Tagen altertmlicher Unwissenheit hat sich auch unter den zchtenden Farmern in Australien der verhngnisvolle Aberglauben erhalten, die Asche abgebrannter Hgelflanken dnge den Boden besser als sonst irgendein Mittel. Da man ein einmal angelegtes Buschfeuer nicht verhindern kann, auf andere, benachbarte Gebiete berzugreifen, das hielt man dabei fr gnzlich belanglos. Wirklich, wenn man an solchen meterhohen Ru- und Aschenhaufen vorberfhrt und die schwarzverkohlten Stmpfe dazwischen sieht, so kann man sich dem Eindruck nicht entziehen, da die Hand des Menschen der Hand eines Teufels gleiche, nur tauglich, um die schne und sinnvolle Natur rettungslos zu zerstren. Aber die Rache der aus allem Gleichgewicht gebrachten Zusammenhnge des irdischen Seins bleibt nicht aus. Der Geehi River ist einer der Nebenflsse des Murray. Um 1930 hatte man innerhalb seines Bezirkes weitum den 535

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Wald niedergebrannt. Das Feuer erlosch erst durch einen gewaltigen Wolkenbruch, der viel lnger dauerte, als sonst in dieser Gegend ein Gewitterregen zu dauern pflegt. Die von der Hitze zerstrte, veraschte, angekohlte und jeder Bindigkeit beraubte Erdoberflche lockerte sich, und ein gigantischer Erdrutsch strzte abwrts. Ein ber 6 m hoher Wall aus Erde, Gerll und Steinen dmmte den Wasserlauf vllig ab. Er teilte sich in seinem einstigen Bett. Auf mehr als fnfzehn Meilen Entfernung hin erhielten die Farmer, die sonst aus seiner klaren Flut ihre eigenen und die Bedrfnisse ihrer Tiere deckten, zwei Wochen lang auch nicht einen Tropfen trinkbares Wasser. Ein gelbbrauner Schlammstrom, alles mitreiend und vermurend, zog unheilvoll durch das Gelnde. Das im Privatbesitz befindliche Land kann man selbstverstndlich nur schwer durch allgemeine Schutzmanahmen der Regierung sanieren. Viele Farmer weigern sich, Arbeit und Kosten fr eine ganze Provinz auf sich zu nehmen. So entstehen dann meilenweite Vermurungen, die frher bebautes Land derart ruinieren, da man es nicht einmal mehr als Viehweide und die australischen Herden sind wahrlich nicht anspruchsvoll gebrauchen kann. Die hrtesten Gesteine, selbst Granite, brechen in tiefe Dolinen ein, und die Landschaft sieht zuweilen aus, als ob sie von einem Granathagel zerschlagen worden sei ... Vielleicht nirgendwo hat die Schafzucht einen solchen enormen Aufschwung hinter sich, als in Australien. Es sind mchtige Tiere, gro wie Klber, und man begegnet auf der Strecke der Trans Australian Railway stets endlosen Zgen, die in einstckigen Kfigwagen riesige Schafherden zur Kste bringen. Die Tiere liefern sowohl ausgezeichnetes Fleisch, als eine hervorragende Wolle. Aber so wie berall, ist die massenhafte Aufzucht so vieler Pflanzenfresser stets mit einer nachhaltigen Schdigung der Vegetation verbunden. Man begreift das, wenn man ber eine ganze Ebene voll wolliger Schafrcken hinblickt und der Besitzer derselben dann achselzuckend erklrt: Mein Gott, ich bin gewi kein reicher Mann, ich habe schlielich nur 60 000 Schafe! Aber alle diese Herden leben doch nur von Gewchsen, und das in einem Erdteil, der zu einem wesentlichen Teil reine Wste ist. Wenn es auch vermutlich wahr sein drfte, da die Schafe dort in gewissen Landstrichen vom Auflecken der Samen bestimmter Trockengrser fett werden so reifen doch auch diese Samen nicht das ganze Jahr ber. In Wirklichkeit verzehrt eine Schafherde jeden erreichbaren Halm und ist von einer unglaublich feinen Witterung dafr, wo auch nur ein bichen Grn zu finden ist. Eine mglichst noch viel rgere Plage fr die Flora ist aber das berhandnehmen der verwilderten Kaninchen. Sie wurden seinerzeit von angelschsischen Siedlern mitgebracht und stellen heute einen Landschaden der australischen Wirtschaft von geradezu unermelicher Tragweite dar. Obgleich Dingos, 536 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Beutelwlfe und die meisten fleischfressenden Tiere hauptschlich von diesen kleinen Nagern leben, und obgleich fast berall seit Jahrzehnten Preise auf ihre Erlegung ausgesetzt sind, pflanzen sie sich doch in den langen Trockenzeiten in astronomischen Zahlen fort. Auf den weiten, offenen, wenig besiedelten Gebieten zwischen Westen, Sden und Osten ist ihnen kaum beizukommen. In den bebauten Landstrichen verzehren sie die Saat auf dem Feld bis zu den Wurzeln und lockern durch ihre zahllosen Gnge die ohnedies schon allzulockere, allzutrockene Bodenoberflche in verhngnisvoller Weise. Auf den Weiden fressen sie die Grser und Kruter und die so beraus wertvollen, geradezu unersetzlichen Gewchse der Dauerflora. Dadurch bleibt den Schafen nur brig, sich an den salt- und bluebush zu halten. Diese Halbstrucher sind nun freilich sehr nahrhaft (jeder Prospektor versteht es, aus ihnen eine wohlschmeckende Suppe zu kochen), aber sie bilden zugleich den einzigen Bodenschutz gegen Aushagerung durch die Strme. Sie hindern auch die Zerstrahlung der Bodenoberflche und ermglichen wenigstens eine nesterweise Humusbildung in Form einer dnnen Decke. Niemand als sie sammelt organischen Staub unter ihren niedrigen Polstern, und niemand verwertet so wie sie den kalten, fr gewhnlich sehr reichlichen Morgentau. Jede Zerstrung und bermige Ausntzung der salt- und bluebushVegetation zieht also Schdigungen des Bodens nach sich, die tatschlich uneinbringbar sind ... Nachdem sich die Regierung des Commonwealth gezwungen sah, von 1921 bis 1931 nur fr die Befreiung von 4000 Meilen Kanlen von Sedimenten 300 000 Pfund Sterling auszugeben, atmete man zunchst befreit auf. Man glaubte, man habe alles nur mgliche getan. Aber man irrte sich. Es blieb nicht bei der einmaligen Ausgabe, so gewaltig sie war. Sie wiederholte sich alljhrlich, ja, sie steigt noch immer an. Jetzt endlich begreift man die Gefahr der Erosion und Humusverwstung in einem Erdteil, der mehr als jeder andere Ursache htte, den Segen seiner einheimischen Flora, vom himmelragenden Eukalyptuswald bis zum letzten, halbverdorrten Salzbusch, sich als lebensnotwendig zu erhalten. Und weil man das endlich einsieht, so macht man alle Anstrengungen, um diese unersetzliche Dauerflora auszubreiten und lebenskrftiger zu machen. Vor allem aber trachtet man, durch Aufforstung groer Strecken, die frher einmal Wald waren, die verderbliche Erosion der Strme einzuschrnken. Man erwgt die allgemeine, fr alle Staaten gltige Einrichtung eines Soil Conservation Service nach amerikanischem Muster und hat ihn in New South Wales auch bereits durchgefhrt. Wie berall, wird also auch in Australien das Problem der Erosion zu einer alles beeinflussenden Hauptfrage, deren fernere Bedeutung ganz unabsehbar ist. Denn auch der hartfelligste Egoist horcht schlielich auf, wenn man ihm sagt, da durch den tglichen Humusschwund eine Farm von durchschnittlich 200 acres heute http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 537 PDF-Ausgabe 62010

nicht mehr erbringt, als noch vor einigen Generationen eine Farm von 45 acres erbrachte. Was hilft es, vor der Tatsache die Augen zu schlieen, da berall im fnften Kontinent, wo man groe Strecken zur Bebauung freigelegt hat, in vermehrtem Ausma die Staubstrme beginnen, die schonungslos die fruchtbare Krume wegtragen. Im letzten Oktober meldeten Schiffe, da sie mitten im Stillen Ozean einer dicken Mauer von rotem Staub begegneten, 600 Seemeilen vor der australischen Kste. Sie verdunkelte die Sonne, denn sie schwebte in fast 3000 m Hhe dahin und verhllte den Horizont auf eine Sicht von 400 Meilen. Es war abgewehte Erde aus den halbariden Gebieten zwischen der Kste und der Nullarborplain. Zehntausende von Jahren, vielleicht ein Jahrhunderttausend zogen die eingeborenen Nomadenwanderer durch ihre Heimat. Sie streiften durch Trockenwlder am Rande der groen desert, sie querten die undurchdring liche ppigkeit der Urwlder bis hinber zum groen Barriereriff. Nichts nderte sich in dieser Epoche, nicht die Tier- und Pflanzenwelt, nicht der Boden, nicht die Strme und Gebirge. Dann kam mit seinen unersttlichen Wnschen der weie Mann. Der berall nur zerstrte und nahm, und der einheimischen Bevlkerung nicht allzuviele Dinge brachte, die sie wirklich glcklich machten. Seit kaum ein paar hundert Jahren bebaut er das Land. Und wie unter einem Fluche verdirbt die Landschaft und riesengro wchst nun auch fr ihn die Sorge um die eigene Zukunft. Alles hat er meisterhaft organisiert: Landwirtschaft und Viehbetrieb und Weizenexport und Gefrierfleischausfuhr und noch vieles andere. Er hat wenig nach der Sonderart des Landes gefragt, und wie sie in Harmonie zu bringen ist mit all diesen Umnderungen, die fr ihn sich so gewinnbringend erwiesen haben. Nun aber taucht ganz fern, nur wie ein dmmernder Schatten aus einer anderen, unerbittlicheren, weil bergeordneten Welt die Frage auf: Darf der Mensch immer und berall nur allein zu seinen Gunsten alles organisieren, was ihm zu organisieren mglich ist? So sieht die Antwort der Geschichte aus Jawohl so sieht sie aus. Im Rahmen eines Buches wie dieses, das doch den ganzen Bogen des Humuskomplexes umspannen mchte, konnten nur wenige Beispiele angefhrt werden. Es gibt unendlich viel mehr Geschehnisse, die aber alle nichts anderes beweisen, als was bewiesen werden sollte. Da Erosion und Humusschwund zutiefst in die historischen Ereignisse eingegriffen haben, in allen Lndern, zu allen Zeiten, in allen Zivilisationen. Und wenn in einer ganzen Reihe von Lexikonbnden berall beschrieben wrde, wie die lokalen Umstnde waren, wie die Verknpfungen all der Begebenheiten und einzelnen Schicksale es wrde nichts anderes dabei herauskommen: 538 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Humusverschwendung und gesteigerte Erosion sind die zwei dunklen, erbarmungslosen Dmonen, welche die irdische Natur verderben. Sie bedienen sich der unwissenden und habgierigen Hand des Menschen, um ihr Werk in beschleunigtem Ablauf vollziehen zu knnen. Das ist es, was von nun an niemand mehr leugnen kann. Und weil es unleugbar ist, so mu man es als Basis einer langen Reihe neuer Erkenntnisse in die knftigen Planungen sowohl, als in die historische Einsicht der Vergangenheit einfgen. Und zwar an allererster Stelle. Nicht nur nebenschlich, als wenn und aber und vielleicht, sondern dort, wo die wirklich entscheidenden Entschlsse geboren werden, dort, wo man mit Unwiderruflichem rechnet, das so beherrschend ist, wie Sternenbahnen oder atomre Energien. Dort unter den irdischen Auslsern der groen Entwicklungen ist ihr Platz. Denn von dort aus strahlen ihre Wirkungen, die alles durchdringen, die nichts verschonen, die in jede Geburt und in jeden Tod mit dareinreden, in alle Folgeerscheinungen umfassender Ideen und in smtliche, jemals stattgefundene Umwlzungen. Nichts gibt es, woran sie nicht beteiligt wren. Geistige Entfaltungen gingen ebenso aus ihrem Scho hervor, als Industrien, Welthandel und Weltverkehr. Im Guten und im Bsen spricht ihre Stimme in jeder Beratung mit. Sie zwangen als letzte Instanz den Menschen Europas, die Lebensformen aller anderen Kontinente gleich einem vergrenden Ferment zu zersetzen und sich damit mehr oder weniger seinen eigenen Bedrfnissen anzupassen. Sie sind die Schuld, da nichts von den einfachen Wesensarten dieser fremden, bedrfnislosen Vlker erhalten blieb. Das war das Schlechte. Denn es fhrte zwangslufig zu Krieg und unsglichem Elend von Generation zu Generation. Das Kreuz, das die Menschheit sich selber durch die Verwstung der fruchtbaren Erde auferlegt hat, wurde zu einer grauenvoll drckenden Last, die ihr nie mehr erlauben wird, zu den sorglosen Tagen einer glcklicheren Vergangenheit zurckzukehren. Wohl war der weie Mann davon berzeugt, da er der unbedingte Herr der eroberten Lnder sei und fr immer sein werde. Aber in Wahrheit war er zuletzt nur der Knecht der fremden Erde, der sie in unschilderbarer Mhe bebaute, sich an ihr vergiftete und in ungezhlten Massen an ihr dahinstarb. Alles das hat er der Ausplnderung seiner Heimat zu verdanken, die er sowohl durch sinnlos eigenen Geburtenberschu, als durch nicht weniger sinnlose Zerstrung ihrer Natur selber hervorrief. Da er heute ein Leben lebt, das den allermeisten von uns lngst nicht mehr lebenswert erscheint, ein Leben der Entarteten, der Entnatrlichten, der Wurzellosen, der mit sich und der Welt, in die sie hineingeboren sind, hoffnungslos Zerfallenen, hat er nur sich selber zuzuschreiben.

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Aber da berall Ormuzd und Ahriman nur wechselnd herrschen knnen, so haben Welthumusschwund und Welterosion demselben Menschen doch auch anderseits wieder positive Werte gegeben. Sie haben aus dem spielerischen, seiner eigenen Fhigkeiten noch unbewuten Geschpf ein Individuum gemacht, das von Schicksalen gehrtet, zur Selbstdisziplin erzogen, der Wunderwelt der Naturkrfte bewut und ein schpferisches Ich geworden ist. Sie haben ihn gelehrt, aus der Not eine Tugend zu machen, und sie wurde darum nicht weniger eine Tugend, weil die Not selbstverschuldet war. Sie haben ihn durch das ganze Inferno der Erschlieung fremder Kontinente hindurchgehetzt und sich ihn dabei in eine solche Rechnung von Schuld und Shne verstricken lassen, da deren Begleichung nur mit Aufbietung ungeheurer Energien mglich sein wird. Die gesamten irdisch-menschlichen Beziehungen werden grundlegend andere geworden sein, bis dieser Saldo einmal ausgeglichen ist. Dasselbe Europa, das einst mit gierigen Fusten auszog, um fremde Erdteile zu knechten und auszubeuten, wird einmal in einem panirdischen Verband Seite an Seite neben ihnen sitzen, und ihre Stimme wird gleichberechtigt mit der seinen sein. Das aber ist gut. Denn es verbrgt letzten Endes einen Ausgleich, der nicht auf Gewalt, sondern auf einem sinnvollen Zusammenspiel der Krfte aufgerichtet ist. berprfen wir noch einmal den Hergang und die Methoden, durch welche whrend unseres gegenwrtigen Erdzeitalters eine solche Verarmung und Zugrunderichtung unserer Naturen zustandekam, so finden wir kaum ein paar Faktoren, die, nicht an Kontinente und keineswegs immer an Klimaunterschiede gebunden, immer wiederkehren. Fr Europa beginnt das Unheil mit der Eiszeit des Diluviums, die seinen tertiren Humusschatz vollkommen austilgte. Die Auswirkungen dieses im weitesten Sinn kollektiven Unglckes werden sich aller Wahrscheinlichkeit nach bis zur nchsten grundlegenden Erdumwlzung fortsetzen. Sie sind die am weitesten zurckgerckte, als kontinentales Geschick noch deutlich erkennbare Veranlassung, da der Menschheit in Europa ein Sonderschicksal zugeteilt wurde, durch welches sie sich vorwiegend nach der Richtung einer rein materiellen Lebensverbesserung entwickeln mute. Da die noch von der Eiszeit bedingte Erosion in dem davon mitbetroffenen Vorderasien bereits durch die Frhkulturen im Zweistromland verstrkt wurde, wissen wir. Sie ist unweigerlich am Ausklingen dieser Frhkulturen mitbeteiligt gewesen, indem sie ihnen die Vorbedingungen ihrer wirtschaftlichen Existenz raubte. Stromverkrzungen durch Erosion, Verschttungen durch Sand und Schlamm, berhaupt alle die Kalamitten, die durch flieendes Wasser entstehen, das durch erodierte Quellgebiete rinnt und entwaldete Stromoberlufe bestreicht, gibt es nicht nur in Innerasien, sondern ganz 540 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ebenso in Afrika, beiden Amerikas und Australien. Desgleichen kommt die Senkung des befruchtenden Grundwasserspiegels auf der ganzen Welt vor. Sie besitzt viele Stufen, und die letzte sind die ganz extremen Flle, wie z. B. in der Sahara, wo er unter ein ganzes, groes Wstengebiet tief untergetaucht liegt. Das gleiche gilt von berschwemmungen und den damit verbundenen Verwstungen, die auch auf der ganzen Welt bekannt sind. Man hatte lange die irrtmliche Meinung, da sie einzig durch Unregelmigkeiten der Niederschlge hervorgerufen wrden, die man nicht beeinflussen kann. Heute wissen wir, da man sie vor allem der Waldverwstung zuschreiben mu. Austrocknung der Bden, Trockenerwerden des Klimas und Winderosion sind ein untrennbarer Komplex, der ineinander verkettet ist. Er gilt fr China ebenso wie fr Ungarn, fr die Hochlnder von Mexiko ebenso wie fr den Balkan und Griechenland, ebenso fr die amerikanischen Weizenzentren und fr einen Teil der Ukraine. Man kann dem Menschen an allen diesen angefhrten Erscheinungen keine oder doch keine nennenswerte Schuld beimessen, soweit es sich um den Beginn dieser Ablufe handelt. Wohl aber trug er dort, wo die Ursache in erdgeschichtlichen Zusammenhngen zu suchen ist, in der Folge dann nicht wenig zu ihrer Vollentwicklung bei. Bei anderen Geschehnissen aber ist er die alleinige Veranlassung, und sie wirken sich denn auch restlos an ihm und seinem Dasein aus. Die Waldverwstung als solche, sei es nun wegen unsinniger Rodung oder bermigem Holzverbrauch, wegen militrischen Belangen (Trken und Hunnen duldeten als Shne der Steppe prinzipiell nirgends Wlder), liegt dagegen schwer in der den Menschen belastenden Waagschale, die mit den Folgen der Naturaustilgung beladen ist. Mit ihr hat er zu seinem eigenen Schaden das rgste angerichtet. Nach dem, was hier bereits angefhrt wurde, ist es wohl nicht ntig, noch neue Beispiele heranzuziehen. Die ganze Erde ist als Beispiel dafr anzusehen, ausgenommen jene paar Wsten und arktischen Gebiete, in denen es niemals Wlder gegeben haben kann. In dieses Kapitel gehrt auch die Verkarstung und Torrentenbildung nicht nur am Mittelmeer durch die Schaf- und Ziegenzucht, sondern berall, wo durch Beweidung Bergflanken und Hgelhalden von der Humusdecke entblt wurden. Von ihren Schden, die man schon seit der Antike kennt, ist bisher noch nichts gebessert worden. Nirgends hat man mit durchschlagender Energie bis jetzt daran gearbeitet, die betroffenen Landstriche wieder in ihren ursprnglichen Zustand zurckzuversetzen. Htte man seinerzeit die Wlder so geschont, wie die Palste, htte man ebenso geflissentlich Bume nachgepflanzt, wie man Autostraen baute, so stnde die Ernhrung und nicht nur in Europa an einem anderen, viel weniger bedrohten Punkte.

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Zeitlich gesehen, zeigt die uralte Kanalwirtschaft, die sich schon vor 4000 bis 5000 Jahren als unvergleichlich gut bewhrte, noch immer unverzeihliche Stillstnde und gewaltige Lcken. Sie htte berall in allen Festlndern einheitlich durchgefhrt werden mssen, aber davon ist niemals die Rede gewesen. Viele unbrauchbar gewordene Territorien in Nordafrika, Mexiko und Peru, ebenso wie in ganz Asien sind nur durch zuverlssig arbeitende Kanalsysteme zu retten. Nur davon kann man sich eine Neubelebung und eine Herabminderung der Erosion erwarten. Ganz besonders notwendig ist das fr Palstina, das bei 10 400 Quadratmeilen bebaubarem Land immer noch ber 6000 Quadratmeilen Steinhgel, Dnen und Halbwsten aufweist. Die Ausntzung der Bden ohne eine Spur von Dngung mu zum absoluten Humusschwund fhren. Dafr ist Griechenland ein warnendes Beispiel. Sein vlliger Niedergang, seine unaufhrlichen Brgerkriege, seine fortgesetzten Hungersnte (im Jahre 1942 verhungerten dort annhernd den Winter ber an 30 000 Menschen!), seine Unfhigkeit, sich selber zu helfen, beruhen zum sehr erheblichen Teil auf der Unfhigkeit, sich selber zu ernhren und zu versorgen. Aber auch mit Dngung ist berproduktion und bermige Bodenausntzung ohne vollgltigen Humusersatz auf die Dauer der Ruin eines jeden Staates. Das Weltreich Rom raubte sich den Sockel, der es trug, als es von den ihm feindlichen, wenn auch eroberten Lndern mit fast seiner ganzen Versorgung abhngig wurde. Es beschritt damit unwissentlich den Weg, der in unerbittlicher Logik zu seinem endgltigen Untergang hinzielte. Es setzte sich selber auerstande, sich nachdrcklich gegen Angriffe barbarischer Eindringlinge, ebenso gegen die stndigen Rebellionen in seinen asiatischen und afrikanischen Kolonien zur Wehr zu setzen. Wenn auch wesentlich abgeschwcht und in den technisch-soziologischen Formen der Gegenwart, erleben wir dasselbe jetzt an England. Auch dort war, so wie in Rom, die Umstellung von Ackerbau auf Viehzucht und Industrie eine der Ursachen, die dem Volk das sehr zweischneidige Schwert der Kolonisation in fremden Lndern in die Hand drckte. Rom ging daran endgltig zugrunde. England, klger, vorsichtiger, weitschauender und diplomatischer, kmpft immerhin gegenwrtig schwer um seine Weltmachtstellung. ber das, was Kriege an Zerstrungen der fruchtbaren Erde anrichten, brauchen wir uns in unserer Generation wahrhaftig nicht zu unterhalten. Fast die gesamte Welt ist fr lngere oder krzere Dauer notleidend geworden, auch ohne den verbrecherischen Unsinn der verbrannten Erde. So war es immer, so wird es immer sein. Kein Sieger erhlt einen wirklich entsprechenden Ausgleich fr die Opfer, die er bringen mu, seit es nicht mehr um Zweikampf von Mann zu Mann, sondern um die Konkurrenz chemischer Laboratorien und maschineller Anlagen geht. Und Ackerbden sind keine leichenverschlingende Empusa. Die Humusbestnde der zivilisierten 542 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Welt sind heute nicht mehr so beschaffen, da sie in kurzer Frist und ohne weiteres Berge von Toten aufarbeiten und nutzbringend verwerten knnen. Gar nicht in Worte zu fassen ist, was die Seuchen zum Verderbnis der Menschheit beigetragen haben. Sie sind buchstblich einer der apokalyptischen Reiter, die den verwsteten Bden, den nicht humifizierten Abfallhaufen und Latrinen entsteigen. Seit wir wissen, da auch die Erreger der Tbc noch mehr als zwlf Monate nach dem Tode ihres Opfers frei in mehr oder weniger verseuchten Bden weiter zu existieren vermgen, knnen wir erst die eminente Gefahr erfassen, die von dort aus uns stndig bedroht. Solange wir selber dazu beitragen, da die Erreger am Leben bleiben und in hochvirulentem Zustand jederzeit wieder auf uns losgelassen werden knnen, hilft uns unsere ganze kostspielige Art der Krankheitsbekmpfung nur wenig. Die Versumpfung endloser Stromgebiete und Mndungsdeltas mit ihren Wolken von Malariamcken ist eine Folge willkrlich beschleunigter Erosion, so wie die Konservierung von Pest, Cholera, Typhus, Grippe und anderen Verursachern von Epidemien meist die Folge ungengender Abfallverwertung sind. Es dreht sich alles in demselben Ring, und Geschichte ist nur ein Faden, der sich durch diesen Ring hindurchflicht, rot oder schwarz, als Blut oder Tod. Wir knnen es uns nach alledem nicht mehr verhehlen, da Geschichte nicht autonom und nicht als unbeeinflutes oder freigebildetes Schicksal verluft. Sie ist nur Folge, Auswirkung, aufgegangene Saat und Ernte dessen, was vom Boden aus seinen Anfang nimmt. Geschichte wird demnach nicht vom Menschen gemacht. Wohl aber wurde sie oft genug unbewut von ihm verursacht. Er setzt die Krfte in Freiheit, die dann automatisch in Bewegung geraten und sich zu Ablufen verdichten, denen er vergeblich zu entfliehen versucht. Denn mittlerweile hat er ganz vergessen oder hat es berhaupt niemals gewut, da er selber es war, der auf den ersten Hebel drckte. So wird ein Netz aus Not, Verzweiflung, Unzulnglichkeit, Mangel und Bedrohung schon bei der Geburt eines jeden Suglings ihm ber den Kopf gestlpt. Er kann ihm nicht entrinnen, denn er wte nicht, wohin. So war es bis heute, weil die Einsicht in die auslsenden Zusammenhnge mangelte. Wir haben diese Zustnde als Erbe einer Vergangenheit bernommen, die wahrlich keine gute, alte Zeit war. Werden wir von der Geschichte immer dieselbe Antwort erhalten? Wird sie fr immer der mit nur wenigen Grotaten lose behngte, aber unfertige und unbewohnbare Turm von Babel sein, dessen Erbauer sich selber und die ewigen Aufbaugesetze nicht verstehen?

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VI. Kapitel

Humus kann nur durch Humus ersetzt werden


Was tut die Natur gegen Erosion und Humusschwund? Wir mssen uns nun endlich einmal fragen, wie denn der ganze Komplex von Erosion und Humusschwund in die irdische Gesetzmigkeit mit eingeordnet ist. Bisher haben nicht nur wir in diesem Buch, sondern hat sich die Menschheit berhaupt nur mit ihren Auswirkungen beschftigt und darber fast ganz versumt, sich mit ihrer natrlichen Bedeutung zu befassen. Das rhrt daher, da wir zumeist nur ihre uns betreffenden Erscheinungen sehen, da sich unserem Blickfeld aber die letzten und ursprnglichsten Ursachen durchaus entziehen. Um sie zu berschauen, mu man die allirdischen Prozesse heranholen und ziemlich weit ins rein Tellurische hinuntersteigen. Nur dort knnen wir Anhaltspunkte ber den Sinn der Erosion finden. Bisher nahm man die Erdgeschichte genau wie die Geschichte des Menschen als etwas Unerforschliches hin, das eben ein Gegebenes ist. Man begngte sich damit, die einzelnen Phasen zu studieren und kennenzulernen und war recht erstaunt, da sie unter den verschiedenen Breitengraden nicht berall gleich verlaufen. Man glaubte, die Einteilung, die man fr Europa aufgestellt hatte, knne unbesehen auf die ganze Erde bertragen werden. Das aber erwies sich als undurchfhrbar. Man fand zwar Parallelen, aber am berzeugendsten doch nur dort, wo es sich um das ungeheure Urgebirge des Variskikums handelte, das in der Steinkohlenzeit scheinbar Asien, Europa und Nordamerika miteinander verband. Zweifellos sind auch noch andere Parallelen vorhanden, aber keine ist so eindeutig wie diese. Zwischen Gebirgsauffaltung und Meerestransgression gibt es aber ein missing link, ein Bindeglied, das ebenso eingeschaltet werden mu, wie es eines zwischen der Rckkehr der Ozeane und der Bildung neuer Gebirgsmassive gibt. Gewissermaen sind also Meer und Berg zwei Polpunkte, die sich gegenberstehen. Einer ist vom anderen abhngig und in seinen Entwicklungen an den anderen geknpft. Zwischen beiden aber steht als beweglicher, stndig alles verndernder Faktor die Erosion, freilich die langsam verlaufende Erosion von Erdzeitaltern. Sie ist es, welche dieses Rad in Bewegung setzt. Durch Erosionsschutt hufen sich in der Tiefsee neue Gebirge als Ablagerung auf, durch Erosion werden die bestehenden Gebirge abgetragen. Dadurch aber verndert die Erosion auch die Lage der Weltmeere. Es findet zweifellos ein stndiges Abdrngen, ein Verschieben, ein Vordringen oder Rckwrtsweichen statt. Vulkanismus mit all seinen augenflligen Grokatastrophen hat scheinbar 544 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

niemals ganze Gebirgszge aufgewlbt. Wohl aber ist er an ihrer Zerstrung im groen und kleinen mitbeteiligt. Ob und wie weit aber die wirklich wirksamen, lndererschtternden tektonischen Beben mit den durch die Erosion hervorgerufenen Verlagerungen zusammenhngen das mu erst noch durch die Forschung geklrt werden. Erosion ist ein Sammelphnomen, und wir haben es bei der Erdgeschichte stets mit gewaltigen Zeitrumen zu tun. Man mag nun der bekannten Wegenerschen Schollentheorie beistimmen oder nicht aber es spricht doch sehr viel dafr, da die aus kompakter Erdhaut gebildeten Festlnder nicht in starrer Unbeweglichkeit auf dem uns noch immer recht unbekannten Erdinneren aufliegen. Da Bewegungen dieser Festlandsschollen zu verschiedenen Zeiten stattgefunden haben, ist mehr als wahrscheinlich. Heute nimmt man an, da der verdichtete Gesteinsmantel unserer Erdrinde nicht dicker als 1200 km sei. Diese Zahl kann aber jederzeit durch eine andere, besser fundierte, abgelst werden. Zusammengefat bilden die Erosionserscheinungen einen Ring, der praktisch an keiner Stelle unterbrochen wird. Sozusagen noch im Moment der Auffaltung setzt bereits die Abtragung ein. Selbst vergletscherte Gipfel verlieren den natrlichen Zusammenhang ihrer Gesteine durch Erfrieren, wie wir ja bereits wissen. Zerstrahlung und Zermorschung arbeiten in groen Hhen weit schneller und nachdrcklicher. Da wir seit ca. fnfzig Jahren in Europa mit einer fast verdreifachten Abschmelzung unserer Alpengletscher rechnen mssen, so ist beinahe als mathematisches Exempel festzustellen, wann auch die letzte, vom Eis befreite Bergspitze wiederum die Sonne erblickt. In der Arktis kann man einen Rckgang des Inlandeises bis jetzt um nicht weniger als drei Breitengrade, also um 330 km, feststellen. Alle nrdlichen Passagen, die frher nur selten eisfrei waren, sind jetzt in jedem Jahr mehrere Sommermonate hindurch schiffbar. Da also ein direkter Verkehr von Murmansk nach Wladiwostok mglich ist, bedeutet fr Ruland die Mglichkeit einer Expansion nach dem Pol zu, deren wirtschaftliche und politische Auswirkungen gar nicht abschtzbar sind. Das Trockenwerden der Lnder durch Humusschwund bringt erfahrungsgem lngere und heiere Sommer, krzere und schneermere Winter mit sich. Das wirkt sich wiederum auf die Vereisung einzelner Landstriche aus, so wie das strkere Abschmelzen und Zurcktreten der Gletscher das lokale Klima in den Gebirgstlern und im Vorland beeinflut. Ebenso hrt die Aufschttung neuer Sedimente rund um die Kontinentalsockel niemals auf. Wenn die Angabe stimmt, da die USA nur allein seit ihrem Bestehen also seit 1783 nicht weniger als eine Million qkm Boden durch Erosion eingebt haben, so ist das ein sehr anschaulicher Wertmesser fr die Vorstellung, da wirklich in manchen Erdepochen Meere aus ihren Ufern gedrngt und verlagert wurden, weil das aufgehufte Erosionsmaterial zu viel Platz einnahm. Man begreift aber auch, da solche einseitig belastete Schollen ihr natrliches Gleichgewicht verlieren und an dem besonders in Anspruch genommenen Ende tiefer sinken, was auf der http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 545 PDF-Ausgabe 62010

entgegengesetzten Seite unweigerlich ein Hhersteigen bewirken mu. Das sind kausale Ablufe, die, einmal begonnen, durch nichts mehr zu unterbrechen sind. Erinnern wir uns an das Beispiel der nordatlantischen Tief ebene, von dem bereits frher die Rede war. Sie ist belastet mit dem Erosionsschutt von fnf groen und einer Anzahl kleineren Strmen, die gleichzeitig ihren Kstensaum ausflachen und verbreitern, whrend sie ihn immer mehr herunterdrcken. Spiel und Gegenspiel ist also in direkter Abhngigkeit voneinander, und das gilt fr alle Festlnder, die der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Auch hier lt sich wenn es bisher auch nicht blich war Aufbau und Abbau einer Landschaft deutlich unterscheiden. Zum Aufbau mu man wohl Schollenhebung und Gebirgsauffaltung zhlen, die ja direkt miteinander verknpft sind. Der Abbau drckt sich in Gebirgsabtragung, Schelfaufschttung und Verlandung aus. Die Weltmeere, ein beraus bewegliches Verbindungsglied, passen sich sowohl dem einen wie dem anderen schmiegsam an. Ihre Ausdehnung in Form von Transgressionen, ihr Zurckweichen in Gestalt von Migrationen drften als Antwort auf die Vernderungen der Kstenlinien und das Emporsteigen der Beckenrnder zu deuten sein. Diese Entwicklungen vollziehen sich naturgem nicht in einer geraden, sondern in einer vielfach gebrochenen und abgelenkten Linie. Lokale Einflsse beschleunigen oder hemmen, verschieben oder regeln. Gesteinsarten, Gestaltung der Ufer, Lnge oder Krze der Strombetten, der ursprngliche oder gewordene Zustand des Festlandes, die Lagerung des Grundwassers, Klima, Abschmelzungstempo der Gletscher, Fallgeschwindigkeit der Winde und noch hundert andere Faktoren tragen jeder ihr Teil dazu bei. Manche wirken gegeneinander und heben sich dadurch auf, andere verzgern nur oder endigen zuletzt in einer berstrzung. Unzhlig sind die Erscheinungen, die sich auf diese Weise herauskristallisieren und das individuelle Bild einer Landschaft, eines Kontinentes schaffen. Aber hinter ihnen allen steht die Erosion als motorische Kraft unausgesetzter Vernderung. Von ihr hngt letzten Endes alles ab, denn sie ist der unaufhrlich in Gang befindliche Motor. Die ewigen Berge, das ewige Meer formen und entformen sich, je nachdem, was die Erosion aus ihnen macht. So trgt sie zugleich zum Aufbau und Abbau bei, ein Perpetuum mobile, dem mehr oder weniger die Hauptursachen der Festlandsund Meeresvernderungen zugeschrieben werden mssen. Wir knnen uns diesen Zusammenschlu der geologisch-geografischen Abwandlungen auf der Erde nicht klar genug machen. Denn damit meieln sich nun auch Kausalitten zwischen den einzelnen Erdperioden heraus. Erdgeschichte ist ganz sicher kein anarchisch wstes Tohuwabohu, kein sinnlos 546 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

durcheinander wogender Wirrwarr. Sie ist nach denselben Weltgesetzen geordnet, die alles im Universum bestimmen. Wo wir bis jetzt nicht oder nicht gengend hineinsehen konnten, ist das nicht der Beweis einer chaotischen Gesetzlosigkeit, sondern nur entweder tatschliche Unkenntnis oder ein prinzipielles Unvermgen der menschlichen Erkenntnisfhigkeit. Die Ablufe von Funktionen vollziehen sich logisch, auch wo wir diese Logik nicht einsehen. Denn das, was uns als logisch erscheint, ist ja letzten Endes doch nur die Widerspiegelung einer unendlich hheren, sagen wir es ruhig, gttlichen Logik, die sich auf Integrationsstufen ausdehnt, die uns Allzuvergnglichen verschlossen sind. Die Flle von Kenntnissen, welche uns unsere Forschungen ber die Erdvergangenheit vermitteln, zeigen uns indes ein stndig Wiederkehrendes, das immer wieder sichtbar wird: Immer, wenn durch eine bermchtige und hemmungslose Erosion irgendwann Gebirge eingeebnet, Ebenen ausgeweitet und berlagert, die Schwergewichtszentren der Festlnder verlegt wurden, stellte sich ein ganzes oder teilweises Absinken der davon betroffenen Schollen dort ein, wo die berlastung nach Masse und Gewalt am grten war. Wir haben das durch eine Reihe von unleugbaren Beispielen in unserer Erdepoche und an der europischen Festlandsscholle erkannt. Hier scheint sich aber ein Weltgesetz zu manifestieren, das auch in den verschiedenen Abschnitten, in welche wir ziemlich willkrlich, aber eben doch schon lange genug blich das bisherige Erdgeschehen eingeteilt haben, zum Vorschein kommt. Alle die unterschiedlichen Kenntnisse der irdischen Vergangenheit, des Herganges der Abnderungen unserer Erdrinde, die wir gleich Steinen lose in unserer Hand halten, vermgen wir nun zu einem Mosaik zusammenzusetzen. Und dieses Bild zeigt uns einen einzigen geschlossenen, logisch sich auseinander entwickelnden Ablauf, der sich viele Jahrmillionen ausdehnt, und in welchem die groartigen Entwicklungen nicht sinnlos, nicht als rein zuflliges Hin und Her einander ablsen. Bedienen wir uns dieser nicht allzuschwer mit Beispielen zu belegenden Hypothese, so sehen wir mit einem Male ein, warum unsere spten Kreideschichten, hinter denen bereits die strmische Auffaltungs- und Urwaldepoche des Tertirs heraufdmmert, in unserem Erdteil so unmenschlich viel Kalke und Kreidegesteine aufgehuft hat. Damals hatten sich die riesigen Erosionswellen des Erdmittelalters zu Ende gelaufen. Rund um die damaligen Festlnder zogen sich enorme Sedimentssockel. Auf ihnen, als einer grundlegenden Basis, profiliert sich bereits die heutige Gestalt der Kontinente heraus. Aber noch immer war zwischen Asien und Europa ein trennender Meeresarm eingetieft, der sich erst nach der Mitte des Tertirs berwlbte. Die unterseeischen Territorien lagen aber groenteils schon nicht mehr unter einer Tiefsee, sondern in stillen, warmen Flachmeeren, die einer unschilderbaren Flle von Leben die Vorteile eines behaglichen, ppigen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 547 PDF-Ausgabe 62010

Lagunendaseins boten. Langsam schmolzen Inseln mit Inseln zusammen. Die Verlandung war in vollem Gang, und, wie immer mit einer Zunahme von neuem Lebensraum, auch ein Ansteigen der Vegetation. Die brachte wieder eine erhhte Humusbildung mit sich. Auf dem massenhaft neugebildeten Schwemmland endloser Ebenen vermochte sie sich ber weite Strecken hin auszubreiten. Ein stilles man ist fast versucht, zu sagen idyllisches Ausklingen des bei uns so wstenhaft begonnenen Erdmittelalters ging dem Tertir voraus. Es schuf die ersten, massiven Humusbnke, auf denen dann die Urwaldppigkeit des Eozns Fu fassen konnte. Das Zusammenwachsen von beinahe ganz Sdeuropa aus lockeren Archipelen flacher Koralleneilande brachte dann mglicherweise jene gewaltige Gleichgewichtsverlagerung mit sich, die in der tektonischen Aufrichtung der Alpen zuletzt ihren von wilden Katastrophen begleiteten Hhepunkt fand. Damit aber trat von neuem wieder die Erosion in ihre erdballverndernde Ttigkeit. Sie mu vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet zunchst frchterlich gewesen sein. Alle nur denkbaren Naturgewalten tobten sich aus. Man darf annehmen, da es hundert Millionen Jahre brauchte, bis das Aufsteilen und gleichzeitige Einpendeln der Erosion in dem gigantischen Alpenmassiv zu Ende war. Seit dem Pliozn, dem sptesten Abschnitt des Tertirs, hat sich das Antlitz Europas nur noch in unwesentlichen Zgen verndert. Erst in der Gegenwart ist mit einschneidenderen Umgestaltungen zu rechnen, die sich als erstes in jenen schon mehrfach erwhnten Meereseinbrchen an den nordatlantischen Ksten fr uns vorbereiten drften. Aber auch in Sdostasien mu die gigantische Sedimentation der dortigen Riesenstrme in geologisch absehbarer Zeit Konsequenzen haben. Heute schon bildet sich vom Bengalischen Golf bis zu den Ksten des Gelben Meeres ein weitgestrecktes Absenkungsterrain. Man mu jedenfalls darauf gefat sein, da die Kontinente des erdgeschichtlichen Heute nicht mehr die Kontinente des erdgeschichtlichen Morgen sein werden. Wann sich bis zu diesem Zeitpunkt das Schollengleichgewicht soweit verlagert haben wird, lt sich nicht vorausbestimmen. Aber sicher ist eines: Die Menschheit kann das Ende dieser ihrer eigenen Erdperiode beschleunigen, indem sie durch Humusverwstung einer lawinenartigen Steigerung der groen und kleinen Erosion Vorschub leistet. Es ist uns in dieser Hinsicht etwas wie die Rolle des Zngleins an der Waage zugefallen ohne da wir es bisher wuten. Damit sind wir aber auch zugleich diejenigen, deren Leben, Glck und Tod auf derselben Waage mitgewogen wird ... Erosion ist also einer der ganz groen Weltbaumeister. Verankert im Unsichtbaren, reichen seine Wurzeln gleich allerfeinsten Saugfden wiederum in die Welt der Unsichtbaren hinein, in die subtilsten Ausgleiche und Abwickelungen zwischen chemischen Stoffen, in den Umbau von 548 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Organischem und Anorganischem, in das lautlos zerwehende Sein der Gase, in die berirdische Gewalt der Strahlungen, in Atomvalenzen und Molekularballungen. Gleichzeitig aber greift es ber Wolken und atmosphrische Zonen in den uersten Ring irdischer Materie und weit ber Zeitgrenzen hinaus, die nordlichthoch oberhalb des Werdens und Vergehens der Floren und Faunen gespannt sind, innerhalb deren sich Erdteile umgestalten, Meere verschieben, millionenkpfige Formationen heraufdrngen oder ausklingen. Und das alles ist Erosion, ist immer noch dasselbe Phnomen, das Kataclysmen der Festlnder ebenso in sich schliet, als da es die tastende Vereinigung zweier Algenfden oder die Minutenteilung von Viren und Bakteriophagen ermglicht. Mitten darin jedoch, als Achse und Energiezentrum dieses um sich selbst rollenden Kreislaufes, steht das Humusproblem. Erosion ist also der wichtigste Vorbereiter der Humusbildung nicht nur die Gewalt, die immer wieder den Humus zerstrt. Der ganze Vorgang wurde bereits mit allen seinen Erscheinungen und Nebenerscheinungen hier so ausfhrlich dargestellt, da es nicht ntig ist, ihn zu wiederholen. Wir knnen es nicht ableugnen, da ohne die Erosion etwas sehr Wichtiges ungetan bliebe nmlich die uere und zuweilen selbst die innere Aufspaltung der Erdrinde, die Auseinanderlegung jahrmillionenalter Verschmelzungen, die ganze Zwischenstufe vom Gebirge bis zum Sedimentschlamm. Ohne diese Vorbereitung wre eine Humifizierung unmglich! Dem Negativen der Abschwemmung fruchtbarer Erde, der Zerstrung der Bodenoberflche mit ihrer kostbaren Krume, der Auswaschung vorwiegend mineralischer Schichten, der Versandung und endlichen Wstenbildung, der Aufschttung wandernder oder stabiler Deltas und der Gleichgewichtsvernderung der Festlandsschollen steht also ein ebenso wichtiges Positives gegenber. Denn dieselben Erscheinungen bereiten zugleich die Durchprgung mit Leben und den Aufbau Organismen- und nahrungsreicher Erdschichten vor. Mit anderen Worten: Humus entsteht nicht ohne Erosion und Humus vergeht nicht ohne Erosion! Diese Erkenntnis mssen wir zu unserem wichtigsten Gedankengut fgen. Wir haben uns unter keinen Umstnden mehr mit ihr auseinanderzusetzen, sondern einzig nur noch mit Tempo und rumlicher Ausweitung. Das gengt, um uns davor zu bewahren, da wir unwissentlich Teilprozesse in Gang bringen, die fr uns dann in ihren Weiterungen die grten Schdigungen hervorrufen. Resultat dieser Erwgung und gedanklichen Zusammenfassung ist also dies: An der Erosion als solcher ist nichts zu ndern. Sie gehrt als Ganzes einer dem Menschen weit berlegenen Integrationsstufe an und ist offenbar ein unentbehrlicher Ablauf im harmonischen Sein der Erde. Es ist aber unser Interesse, vor allem die positiv-aufbauende Phase der Erosion zu ntzen, zu http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 549 PDF-Ausgabe 62010

frdern und in gedeihlicher Weise zu lenken. Die negativ-abbauende dagegen soll man wenigstens soweit zu beeinflussen trachten, da verhtbare Katastrophen auch wirklich verhtet werden, damit der menschliche Lebensraum nicht vorzeitig und unntig herabgemindert und verschlechtert wird. Das liegt in unserer Macht und auch in den materiellen Mglichkeiten. Dazu reichen unsere Intelligenz, unsere Erfindungskraft, unsere Kenntnisse und unsere Organisationsfhigkeit aus. Eine Aufhebung der Erosion anzustreben, wre Irrsinn, denn damit wrde man zugleich die natrliche Vorbereitung der Humusbildung aufheben wollen, was einer Selbstvernichtung des Lebens gleichkme. Aber eine harmonische Einordnung wie alle Naturen sie lngst von sich aus geschaffen haben , das ist das Allen erreichbare und verstndliche Ziel. Mit Verschiebungen des Schollengleichgewichtes beginnt als unmiverstndlichem erstem Symptom die Bildung neuer Erdperioden. Und wenn (was man immer dagegen geltend gemacht hat) die jetzige Einteilung in Erdaltertum, Erdmittelalter und Erdneuzeit vielleicht auch eine willkrliche sein mag, die womglich irgendwann einmal einer anderen weichen mu das lt sich nicht leugnen, da es geschlossene Erdepochen von sehr verschiedener Beschaffenheit gibt. Unter ihnen waren in der Vergangenheit eine Reihe solcher, deren Wiederkehr fr den Menschen geradezu verhngnisvoll wre. Schon die gegenwrtige Konfiguration der Festlnder ist fr eine strmisch anwachsende Menschheit nicht gerade ideal, denn sie verwandelt die Erde in einen Wasserstern, auf dem die Ozeane fast zwei Drittel alles verfgbaren Raumes einnehmen. Ein weiteres Absinken von greren kontinentalen Territorien mte den Lebensraum und die Lebensmglichkeit im irdischen Raum merklich verkleinern und einschrnken. Sie mte zu Kriegen um die meistversprechenden Siedelungsmglichkeiten und zu nichtauszudenkenden entsetzlichen Hungerkatastrophen fhren. Chaotische Massenauswanderungen, eine beispiellose Verwirrung, eine Auflsung aller geordneten Zustnde knnten die Folge sein. Wir bangen ja ohnedies heute schon vor dem Tag, da die mhsam aufgebaute Organisation der Welternhrung wie ein durchlcherter Damm vor dem Ansturm der ungebndigten Vlkerzunahme zerbricht. Was aber soll erst sein, wenn halbe Kontinente aus der Liste der bebaubaren Bden gestrichen werden mssen, weil sie unter den Spiegel des Meeres tauchen? Man darf darauf hoffen, da das so oft irregeleitete Genie Mglichkeiten finden wird, vielleicht, wie erwhnt, zustzliche Ernhrung ohne Humus beizusteuern. Aber auch wenn das gelingen sollte die ganze oder auch nur das Hauptkontingent kann nicht knstlich geschaffen werden. Und selbst wenn atmosphrische Gase und das Sonnenlicht zur Assimilation nach pflanzlicher Art herangezogen werden knnten wer ersetzt uns den 550 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Lebensraum? Wie eine knftige Gestaltung der Festlnder aussehen wrde, das knnen wir nur vermuten. Schlimmstenfalls vermgen wir uns vorzustellen, da mchtige europische, asiatische und amerikanische Landstriche zu einer Art neuer Buntsandsteinwsten oder doch Halbwsten, gleich denen der Kreidezeit, verdorren knnten, wenn der Humusschwund in dem augenblicklichen Tempo weitergeht. Schon fordern Weitschauende, da die USA 40 000 000 acres aus der Kultivierung ausschalten, weil die notwendigen Bodenreserven sonst zu schnell angegriffen werden. Von 1620-1942 ist der Bestand an jungfrulichen Bden und Urwldern in ganz Nordamerika auf einen verhltnismig winzigen Bruchteil zurckgegangen. Und so fehlt es selbst unter den gegenwrtigen Verhltnissen nicht an warnenden und besorgten Stimmen. Frher schon war davon die Rede, da der jetzige Zustand der sogenannten Erdruhe nicht fr immer andauern wird. Dem wrden alle bisherigen Ergebnisse der Forschung und jede Erfahrung widersprechen. Es ist im Gegenteil sehr wahrscheinlich, da die Kette der Mutationen (oder wenigstens das, was man bisher so genannt hat) wiederum einmal als Neugestaltung von Lebewesen ausschwingt. Das ist bisher noch jedesmal geschehen, sobald ein Erdzeitalter zu Ende ging. Es mu also auch fr das augenblickliche gelten, das man nicht mit Unrecht als dasjenige der erdgeschichtlichen Periode des Menschen bezeichnen knnte. Wer und was dann nach uns kommt, das knnen wir nicht einmal ahnen. Wir knnen nur eines nicht bezweifeln: da unter so vllig vernderten und in jeder Weise ungnstiger gewordenen Umstnden unsere Enkel von Morgen und bermorgen nicht so wie wir existieren knnten. Sollen wir vorzeitig alle diese groirdischen Konflikte, zwischen denen der Mensch nur das hpfende Weizenkorn inmitten der sich drehenden Mhlsteine ist, heraufbeschwren? Dazu besteht doch wahrlich keine Ursache. Es kme gewissermaen einem Selbstmord der Menschheit gleich, einem Selbstmord, lange, bevor sie zwar nicht ihren krperlichen, wohl aber ihren geistigen Hhepunkt erreicht hat. Diese Perspektive mssen wir, sei sie auch noch so entfernt, doch immerhin bei unseren Erwgungen mit in Betracht ziehen. Und sie mssen wir mit dem Begriff der Erosion verbinden. Denn sie ist in Wahrheit jener rtselhafte und undurchschaubare Gott, dessen Weisungen zwar erkennbar sind, dessen Antlitz sich aber ebenso vorwrts als rckwrts wendet. Geordnete Erosion wandelt sich in Fruchtbarkeit Fassen wir das ganze nochmals in Krze zusammen. Die Erosion liefert dem Boden nur Sedimente. Mehr leistet sie nicht. Der Boden ist es, der sie weiter verarbeiten mu. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 551

Er behandelt sie genau so, wie er die knstlichen Dngesalze behandelt, die ja in Wirklichkeit nur ein mangelhafter und einseitiger Ersatz des Naturschlammes dort sind, wo es diesen entweder gar nicht oder doch nicht in gengendem Ausma gibt. Wir wissen schon: das ganze Um und Auf der mineralischen Vorbedingungen besteht aus Kieselsure, Schwefelsure, Phosphorsure, Chlor, Kali, Natron, Kalk, Magnesia, Eisenoxydul, Eisenoxyd, Tonerde, Mangandioxyd (letzteres auch in Form von Manganoxyduloxyd). Mehr und andere Mineralien braucht kein Humus. Variabel sind nur die Zusammensetzung und der Wassergehalt. Hier knpft sich alles das, was wir bisher an Kenntnissen in diesem Buch erarbeitet haben, wiederum an seinen Beginn, an die Beschreibung der Gesteine und des Aufbaues der Erdrinde. Der unendlich hufige Orthoklas und der Plagioklas sind die Form, in welcher die Hauptstoffe von den Gebirgen herunterkommen. Wiederholen wir uns das Bild, was unten mit ihnen geschieht. Der erste zerfllt zu Kaolin, Kaliglimmern und Epidot, der zweite zu Natron, Kalk, nicht allzuviel Kali (das liefern vor allem die Feldspate). Dann ist die zhe Hornblende von Wichtigkeit, ebenso der Augit, das rtselhafte Gestein. Die eine spaltet sich zu stark eisenreichen Tonen auf, die anderen wandeln sich zu kupferhaltigen Grnerden um. Chlorite sind im berma in jeder Sedimentation vertreten. Sie versanden meist mehr, als sie verwittern. Und die Zeolithe sind eigentlich nur ein Sammelsurium aller Gesteine, die nicht mehr in ihrer ursprnglichen Verfassung, sondern bereits im Umbau begriffen sind. Schlielich mu man sich noch merken, da die verschiedenen Silikate (also die Kieselsurelieferanten) dem Humus fnf unterschiedliche Zwischenformen beifgen, nmlich: Leucit, aus dem eine weie, reichlich tonige Masse entsteht, die den Porzellanerden nicht nur hnlich ist, sondern auch einige ihrer Eigenschaften besitzt und in Sdruland ein riesiges Kaolinitgebiet bildet. Dann Nephelin, der sich ebenfalls zu tonigen Massen zersetzt, die aber stets Natron enthalten und sich leicht zerlsen, obgleich er selber zu den vulkanischen Basalten gehrt. Immer schliet man auf Epidot, wenn die Tone oder Hornblenden grne Musterungen aufweisen. Und auch der Granat, meist vorhanden in winzigen Splittern, zerfllt in tonige Substanzen, whrend aus dem anderen Halbedelstein, dem schwarzen Turmalin, zuweilen sprde Kaliglimmer werden, zuweilen auch Chlorit, schlielich sogar Talk. Das ist alles, was man von den Humusmineralien wissen mu. Sie alle sind in der Sedimentation enthalten. Ununterbrochen fliet dieser Strom zerriebenen Gesteins von allen Bergflanken hinunter in die Ebenen. Mit den berschwemmungen gelangt er immer wieder auf die fruchtbare Erde selber. Sie nimmt ihn gerne auf, denn sie ist ja auf diesen mineralischen Ersatz angewiesen. Denn es werden nicht nur die Humusstoffe, sondern auch die chemischen Elemente stndig verbraucht. 552 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Bedingung ist nur, da sich diese Sedimentationszufuhr in harmonischen Grenzen hlt. Alles hngt in der Welt der sichtbaren Dinge doch vom richtigen Verhltnis, vom Goldenen Schnitt der bereinstimmung und des Gleichmaes ab. Die ganze Erde und sicher nicht nur sie allein ist zuletzt auf dieses groe, ewig sich wieder neu herstellende Gleichgewicht gestellt, denn das ist die Basis ihres Bestehens. Darum ist eine mavolle Sedimentation eine der Notwendigkeiten der Humusbildung, denn aus ihr wird der natrliche Verbrauch von Phosphorsure, Kalk, Magnesia usw. gedeckt. Da aber wie wir uns bereits berzeugt haben die letzte Umsetzung nicht auf chemisch-mechanischem, sondern auf bodenbiologischem Weg mit Hilfe der Bodenlebewelt erfolgt, mu in diesem Fall auch eine entsprechend groe und vitale Bodenlebewelt vorhanden sein, sonst bleibt die Arbeit ungetan. Infolgedessen ntzt Sedimentation auf guten Humusbden und schadet auf schlechten, ausgeplnderten Landstrichen mit zu geringem oder ganz einseitig entwickeltem Edaphon. Wo die Arbeiter fehlen, da hilft das Anfahren auch der besten und reichlichsten Rohstoffe nichts. Die Natur hilft sich, indem sie dort, wo zu viel Erosionsschlamm angeschleppt wird, jahrelang den berflu nach Art einer Verlandung liegenlt. Die Natur hat Zeit, und zuletzt wird ja doch alles einmal zu Humus. Solche na hingeworfene oder zurckgebliebene Sande vertrocknen an der Oberflche und werden dann abgeweht. Auf diese Weise wird schon ein Teil entfernt. Ein anderer verbckt zu festen Klumpen, in welchen sich das unsichtbare Verlandungsleben erhlt. Whrend der niederschlagsreicheren Jahreszeiten findet zwischen den bodenstndigen Humus- und den herangebrachten Sandschichten ein stndiger, leiser Austausch statt. Die Kohlenstoffinfiltrierung durch Organismen nimmt zu. Die sauren Wurzelausscheidungen der mageren Sandflora, die sich auf jeder Art von Verlandungszonen sehr bald einstellt, zerlsen die Kristalle der verschiedenen Zeolithe, vor allem von Ortho- und Plagioklas. Sie verwachsen oft ihrer ganzen Lnge nach mit den lockeren Krnchen, die von ihnen gewissermaen verzehrt werden. Was man seit kurzem mit einem augenblicklich sehr viel angewendeten Schlagwort die Sorptionskraft des Bodens nennt, ist nichts anderes, als seine Fhigkeit, sowohl mineralische als organische Beimengungen zu verdauen.

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Ist genug Feuchtigkeit vorhanden, so erfolgt die Humifizierung verhltnismig rasch. Nach fnf bis zehn Jahren verschiebt sich die Humusgrenze nach oben und auen. Es entsteht ein Gemisch, das wie die meisten Steppen- und Halbsteppen- oder Schwemmlandbden glitzernd von Mineralkristllchen, mit uerst schwacher Bindigkeit, einem geringen Gehalt an Huminstoffen, aber reich an organischen Lsungen, Kalk, Phosphor und nicht eben arm an Kali ist. Natrlich kann man einen solchen Boden noch lange nicht als Humus bezeichnen. Er ist viel zu arm an organischen Zerfallsprodukten und sein Bodenleben ist zunchst erbrmlich einseitig, fast nur aus Rhizopoden bestehend. Dafr haben die rohen Bodensuren ein viel zu groes Schwergewicht. Aber eine Reihe harter, kieselsureholder Gewchse kann doch schon auf ihm gedeihen. Und mit ihrer Hilfe und einem stetigen Einstrmen von Leben wird schlielich doch ein brauchbarer Humusboden aus ihm, der freilich niemals einen Urwald, sondern hchstens Au- oder Galeriewlder trgt. In der Natur spielen fnfzig oder hundert oder fnfhundert Jahre keine Rolle. Doch das macht sich geltend, da solche Sandverlandungsbden infolge des mineralischen bergewichtes zu leicht austrocknen und nicht ber den Zustand von Rohhumus hinauskommen. Aber immerhin die Versandung wird durch die Natur selber unschdlich gemacht und damit eine der rgsten Erosionsgefahren aufgehoben. Anstatt eines leeren, rollenden oder sanddrren Alluvionengrundes breitet sich zuletzt doch eine wenn auch nicht sonderlich fruchtbare Erddecke aus. In Idealfllen, wie sie z. B. der Nil darstellt, wird allerdings durch einen berreichen organischen Gehalt an Organismen und feinsten Tonflocken, die wiederum imprgniert mit Humussubstanzen sind, auch der mineralische Teil der Sedimentation vllig aufgearbeitet. Es gibt tatschlich kein Miverhltnis zwischen den einzelnen Bestandteilen, nichts geht verloren, nichts bleibt liegen. Im Laufe der Jahrhunderte steigt der Grundwasserspiegel eher, als da er absinkt, denn die detritusreichen Tone hufen sich wasserundurchdringlich auf dem Grunde an. So wird die Natur mit Erosion und Sedimentation fertig. Es kommt weder zu Schollenbrchen noch zur Wstenbildung. Es gibt kein Abrutschen und kein seitliches Verschieben dazwischen gelagerter, unzuverlssiger Schichten, die eventuell zu lokalen Beben fhren knnen. Der zielbewute Aufbau der Bodenkrume wird nicht gestrt. Alles verluft nach planmig vorgezeichnetem Gang, dem Gang der ununterbrochenen Umwandlung. Auch grobe Rollsteine und selbst schwere Felsstcke bedeuten unter natrlichen Verhltnissen keine Humusverwstung fr immer und ewig. Selten gab es grere Verschttungen mit Erosionsschutt, als in den Zwischeneiszeiten und in der nachfolgenden Pluvialzeit. Diese Zustnde der Erdoberflche 554 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

gelten ganz ebenso fr Nordamerika, als fr Europa. Sie wechselten, scheint es, immer von einem Erdteil zum anderen. Der Schutt der Mornen, der ja nur aufgehufter Erosionsschutt ist, liegt zwar auch heute noch im gesamten Alpenvorland zerstreut und dehnt sich weithin um die Appalachen aus. Die knapp 100 000 Jahre, die man seit der letzten Eiszeit rechnet, haben freilich nicht gengt, um diese mchtigen Bnke aufzuschlieen. So haben sie sich unter ihrem eigenen Druck zur Nagelfluh verfestigt, ber der aber immerhin eine, wenn auch oft recht dnne Humusschicht sich breitet, die bei uns maximal 10-20 cm betrgt. Aber da der ganze Grund locker und berall mit tonigen und mergeligen Massen vermengt ist, in dem die kleineren oder greren Geschiebe eingebettet sind, so schadet das nichts. Denn alle Wurzeln, vor allem die langen und unglaublich zhen und elastischen der Legfhren (Latschen) greifen berall dazwischen hinein und bahnen sich einen Weg in die Tiefe. Man versteht es also, da in solchen Nagelfluh- oder Konglomeratbden die Bodenlebewelt, vor allem die Bodenpilze, viel tiefer hinuntergehen, als im ebenen Flachland. Ausgesprochen gnstig ist ihr Wasserhaushalt. Feuchtigkeit, Luft und Licht dringen von oben her in verstrktem Mae ein. Und obgleich immer wieder eine Art mineralischer Verwachsung zu einem hchst ungleichartigen Gestein stattfindet, so bewegen sich doch stets die umfangreichsten Felsstcke langsam nach unten. Bei alter Nagelfluh liegen sie in der Mehrzahl direkt dem gewachsenen Boden auf. Damit wird oben Raum fr die Humusbildung geschaffen, ein Dom wlbt sich auf, der sich selbst im Gleichgewicht hlt. Nur dort, wo 700-1000 m hohe Mornen sehr frhzeitig wieder gewaltsam auseinandergerissen wurden, wie es auf der Bayerischen Hochebene durch den riesigen Isarsee im Postglazial geschehen sein mu, werden die Bden steinig, lehmig und unfruchtbar. Letzten Endes ist aber auch das nur eine Frage der Zeit. Freilich nicht der Menschenzeit und schon gar nicht der sorgenvollen Berechnungen von Erntebudgets und Staatshaushalten. Von alledem nehmen die natrlichen Ablufe keinerlei Notiz. Nur der Mensch sieht sich gezwungen, seine Sonderwnsche entgegen der wohlbekmmlichen und wohlttigen Ordnung der Weltgesetze durchsetzen zu mssen. Und so bringt er es zu einer ungeordneten Erosion, die sich gegen ihn selber richtet, und wei dann nicht, wie er ihrer Herr werden soll. Die natrlichen Formationen Jede natrliche Formation beruht auf dem Prinzip einer lckenlosen und dauernden Pflanzendecke ber der Bodenoberflche. Auch Wiese, Steppe, Prrie, Pampa, Tundra sind solche feste Pflanzendecken, die nur in ihren Bestnden wechseln. Alle haben sie das gemeinsame, http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 555

da niemals die nackte Bodenkrume den Atmosphrilien preisgegeben wird. Sdeuropa besitzt kaum Wiesen, nur dort, wo die Verkarstung noch nicht die bekannten Fortschritte gemacht hat. Der Vellebit, das Mossorgebirge, der albanische und griechische Balkan mit seinen verschiedenen Auslufern, die Seealpen, Apennin und Abruzzen und die spanische Sierra kennen auch keine Almen, weil ihnen jede Almwiese fehlt. Unbestritten war das nicht immer so. Denn der ltere Cato und der beliebte Columella wissen sehr viel ber die rmischen Wiesen zu sagen und knnen sich nicht genug tun, deren jhrliches Abbrennen der Aschendngung wegen zu empfehlen. Sie hatten also noch nicht das mindeste Verstndnis dafr, da man der Winderosion Tr und Tor ffnet, sobald man die zusammenhngende Pflanzenschutzdecke entfernt. Ich wiederhole weil es so wichtig ist hier nochmals, da dort, wo der Mensch nicht an Steppe und Prrie rhrte, praktisch noch niemals die kleinen Erosionsschden beobachtet wurden. Merkwrdigerweise schadet die Beweidung wilder Pflanzenfresser auf einer Grasflur so gut wie gar nicht. Die Ursache? Sie liegt eben in der Gemeinschaft, zu der ja ebensowohl Tiere als Pflanzen gehren. Es scheint, da innerhalb einer geschlossenen Formation Flora und Fauna lngst ihren dauernden Frieden gemacht haben. Allerdings sind noch verschiedene Einzelheiten zu beachten. Tiere in freier Wildbahn erhalten selten Salz, es kann also keine Bodenversalzung durch ihre Ausscheidungen erfolgen. Ihre Hufe sind dem Boden, auf dem sie bentzt werden, hervorragend gut angepat. Sie beschdigen ihn kaum je. Schon darum nicht, weil sie niemals auf engem Raum grasen, sondern stndig wandern. Wstengazellen jagen mitunter einen ganzen Tag lang einer Wasserstelle zu und wieder zurck. Die Elefanten der afrikanischen Grassteppe marschieren ohne weiteres 30 km zur nchsten Trnke. Alle zusammen besitzen sie eine bewunderungswrdig feine Witterung fr selbst kleine Schwankungen der Luftfeuchtigkeit. Regnet es 100 km weit von ihrem derzeitigen Weideplatz, so eilen vom Zebra bis zum Wildbffel alle Tiere wie hypnotisiert herbei. Es ist also ein unaufhrliches Kommen und Gehen, und das einzelne Gebiet wird bei der Weite aller Grassteppen verhltnismig wenig in Anspruch genommen. Noch etwas spricht fr die natrlich ausgeglichene Formation. In ihr fhren die erdbewohnenden Nager nirgends eine ernstliche Winderosion herbei. Pfeifhasen, Erdferkel, Ziesel, Lemminge verursachen auch dort, wo sie von jeder in ihren Erdlchern hausten, weder Gullys, noch Lockerungen der Bodenoberflche. Sie legen ihre Vorratskammern zwar ober- oder unterirdisch an (der Pfeifhase [Ochotona pusillus Pan.] errichtet am Rande der Gobi 10 kg schwere, regelrechte Heuschober, unser Hamster Krnerkeller fr 2-3 Ztr. Frucht), die so tief gelegt werden, da Pferde, die unversehens hineintreten, sich den Fu brechen knnen. Und in Musejahren ist der 556 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Boden von einem Netz von Gngen wie von dnnen Kanlen durchfurcht. Trotzdem ist unter natrlichen Verhltnissen die Abwehung nicht grer, als dort, wo der Erfahrung nach kaum je Erdnager vorkommen. Wahrscheinlich hat man bisher die Bedeutung der Selbstaussamung der Grser und Blumen viel zu niedrig eingeschtzt. Wiesen und Grasfluren, die von keines Menschen Hand gemht werden, heuen sich auch ohne Schnee von selber. Gras fault berhaupt nicht auer es liegt monatelang im Wasser. Es vertrocknet ganz einfach auf dem Halm. Wird es nicht vorher gefressen, so geht es allmhlich als eine natrliche Grndngung wieder in die Erde ein. Inzwischen aber entleeren sich seine hren, Rispen und Spelzen nach allen Seiten. Die zahllosen Zwiebelpflanzen und harten Rbenwurzeln der Trockensteppe werden von der sommerlichen Drre berhaupt nicht berhrt. Die Tundra ist ein einziger, grauweier, braun- oder rtlichgrn gefleckter Teppich von Moosen und Flechten. In Afrika wchst das Elefantengras (Pennisetum) zu 2 m hohen Bestnden. Ich erinnere an die Stelle ber das floridanische Riesenpfahlrohr, das sogar 6 m hoch wird, und an die Beschreibung der nassen Sgegraswiesen (Cladiumarten). Aber es ist in diesem Fall nicht die Hhe, die entscheidend ist. Entscheidend ist die ununterbrochene Bodenbedeckung. Die Wiese mag noch so sauer, die Steppe noch so braungebrannt sein, wenn sie nur unverletzt ihre natrliche Decke behalten. Der Standpunkt des Menschen, der nach der Gte der Weide urteilt, ist hier nicht der Standpunkt des bestmglichen Ausgleiches. Nasse Wiesen gehren sehr oft zu unentbehrlichen Quellmooren. Braungebrannte Steppen sind unvergleichliche Humussammler, die auch das angewehte Luftedaphon zu binden vermgen. Denn dieses kme in windgeschorener Lage und bei Mangel eines erreichbaren Grundwasserspiegels sonst berhaupt nicht zur Ruhe. Und wenn nachweisbar durch alle diese Grser und Kruter die verderbliche Erosion aufgehalten werden kann, so berwiegt dieser Vorteil bei weitem alle Einzelvorteile der Besitzer. Gewi sind alle diese niederen Pflanzenvereine noch immer auch ohne den Menschen von Katastrophen bedroht. Wiesen knnen innerhalb eines ausgedehnten Hochwassers vermurt, abgeschwemmt oder versuert werden. Bergwiesen gehen immer wieder mit Erdstrzen zu Tal. Sie werden durch Strme scharfkantigen Gesteins einfach von ihrer Unterlage abgeschlt und erneuern sich dann oft in Jahrhunderten nicht mehr. ber die Grasflur der Pampas und Prrien rast immer wieder die frchterliche Fackel der Steppenbrnde, die auch ohne den Menschen sich aus Blitzschlgen von selber entzndet. Eine Macchia, eine subtropische Buschsteppe wchst nach solchen Feuerstrmen verhltnismig rasch nach, denn weder der Spaltenhumus, noch die tief eingesenkten Strauchwurzeln werden von ihnen erreicht. Eine echte asiatische oder afrikanische Trockensteppe erholt sich aber oft in Jahrzehnten nicht, denn die Flechten, Moose, Graswurzeln werden meist restlos http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 557 PDF-Ausgabe 62010

von der Glut mitverzehrt. Und dann setzt die Winderosion ein, welche die Aschenhaufen zerblst und die verbrannte Bodenoberflche zerstubt. So kann es geschehen, da sich mit ein paar einander rasch folgenden Steppenbrnden der Charakter einer ganzen Landschaft bis hinauf zum Klima grundlegend verschlechtert, weil der Humusschwund nicht mehr ersetzt werden kann. Aber freilich sind das extreme Ausnahmen, die in der Natur beraus selten vorkommen. Wenigstens innerhalb einer Erdepoche oder sagen wir es so eines deutlich erkennbaren Zusammenhanges einer erdgeschichtlichen Phase. Wald berwindet Erosion Bisher haben wir vom Wald in zweierlei Hinsicht gesprochen. Wir lernten ihn als den ursprnglichen Humusproduzenten kennen und wir berzeugten uns davon, da er die einzige Sicherung des Wasserhaushaltes in den Quellgebieten aller groen Strme ist. Wir mssen uns aber auerdem ein richtiges Bild davon machen, welche Rolle der Wald bei der natrlichen berwindung und Unschdlichmachung der unvermeidlichen, weil notwendigen Erosion spielt. Denn dafr ist er ebenso wichtig, wenn nicht vielleicht noch wichtiger, als bei willkrlich hervorgerufenen Strungen. Dazu mu man sich zuerst ein plastisches Bild von der Durcharbeitung fast aller Waldbden machen, die reine Unterschichten in 5-10 cm Tiefe unter der Lebenszone viel schneller humifizieren, als das irgend sonstwo geschieht. Die Verbesserung des Wasserhaushaltes wird dadurch ergnzt, da die zahlreichen und sehr verschiedenartigen Pflanzenwurzeln selber in teils ober-, teils unterirdische Wasserspeicher verwandelt werden. Die Bewurzelung der Grasnarbe erstreckt sich ausnahmslos nur auf die oberste Zone. Dagegen dringt selbst in trockenen Kiefernwldern der Adlerfarn (Pteridium aquilinum Kun.) mit seinem krftigen schwarzen Wurzelstock bis zu einem halben Meter tief in den Boden ein. Ganz anderes leisten Tropenbume. Im brasilianischen Campos legt der Kaschubaum (Anacardium occidentale) eine Art gestauter Rhrenleitung an. Man war lange der Meinung, da die meterhohen Bretterwurzeln im tropischen Monsunwald, die eine Erfindung vieler Baumarten (Sterculiaceen, Caesalpinien usw.) sind, einzig nur der Verfestigung der mchtigen Stmme im unsicheren Grund dienen. In Wirklichkeit aber werden sie immer als Wasserleitung bentzt, sogar als zwischengeschaltete Wasserlager. Sie erreichen oft nur den Durchmesser einer Tischplatte, und ihr Holz ist unwahrscheinlich pors, manchmal geradezu schwammig und zeigt sich von unzhligen Rhrenbndeln durchzogen. Um viel Feuchtigkeit aufzubewahren, gibt es keinen geeigneteren pflanzlichen Feinbau. Jene Bume der eigentlichen tropischen Sumpfwlder, wie Pandanusgewchse, Mangroven und Sumpfzedern (Taxodien), die nur mit Hilfe eines 558 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ganzen Drahtverhaues aufsteigender Atemwurzeln ihren Sauerstoffbedarf decken, besorgen damit zugleich eine stndige Lftung der Faulschlammbden, die sie durchwuchern. In ihrem Umkreis und durch ihren Einflu geht deren Entgiftung darum schneller und grndlicher vor sich, als anderswo. Bei jeder Bodenform hindern die Wlder die Aussplung durch die Erosion. Durch ihre Wurzelzonen allein wirken sie wie ein wohlausbalanciertes knstliches Kanalsystem, das je nach Beanspruchung auch das Mehrfache seiner eigentlichen Kapazitt aufnehmen kann. Durch den Wald wird aber auch stndig der Grundwasserstrom angezapft Nicht nur, da infolgedessen sog. totes Wasser wieder direkt in den Lebenskreis mit einbezogen wird, es kommt dadurch auch nicht zu berschwemmungen oder diese werden wie im Auwald sehr stark abgebremst. Der fortwhrende Entzug von Bodenwasser ist sehr gewaltig. Um noch einmal eine bekannte Zahl zu nennen, entzieht 1 ha Buchenwald an einem schnen Sommertag dem Boden beilufig 25 000-36 000 1 Wasser. Das wird ausschlielich jener Bodenschicht entnommen, in welcher das steigende Grundwasser bei berschwemmungen von unten her das Bodengefge in oft verheerendem Ausma zugrunde richtet und das nur durch die Baumwurzeln erreicht werden kann. Durch die intensive Einatmung von Kohlensure, durch die nicht weniger intensive Ausatmung von Sauerstoff (ganz abgesehen von anderen Gasen), sichert der Wald auerdem eine nennenswerte Verstrkung und Verbesserung nicht nur des Wasser-, sondern auch des Gasstoffwechsels der Erde durch stndigen Austausch. Auf diese Weise werden kleinere Strungen, die sich lokal bemerkbar machen, automatisch abgelenkt. Maximas und Minimas werden nach jeder Richtung hin abgebaut, ehe sie ernstlichen Schaden anrichten knnen. Gengend groe Waldbestnde speichern sowohl enorme Mengen an Wasser, wie an Gasen, auerdem filtrieren sie den Erosionsschutt wie durch allerfeinste Siebe und verteilen ihn in einer Form, da von einer Verschttung keine Rede mehr sein kann. Der Vorgang ist so zu erklren, da in der Erde des Mischwaldes, im warmen Mull, sehr viel mehr Detritus als z. B. in der Ackererde vorhanden ist. Und ich wiederhole hier nur noch einmal schon Gesagtes, wenn ich abermals daran erinnere, da eben der Detritus der hauptschlichste Trger der kolloidalen Eigenschaften des Humus ist. Gegenber den mineralischen Bodenmikrokristallen ist ein humoses Erdpartikelchen bis um das Tausendfache kleiner. Schon aus diesem Grund mu also eine aus ihnen aufgebaute Struktur ein ganz anderes Wasserspeicherungsvermgen besitzen. Ihre allezeit stark tonige Beschaffenheit gewhrleistet die vielfltige Einlagerung von Atomen der verschiedensten Art. Nach unseren heutigen Erfahrungen ber den Aufbau der Materie mu man damit rechnen, da diese Einlagerung und stndige Auswechselung keineswegs chaotisch, sondern im Gegenteil hchst systematisch geschieht, weil wahrscheinlich auf ihr die eigentliche Funktionsfhigkeit beruht. So ist dementsprechend auch die Quellbarkeit von http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 559 PDF-Ausgabe 62010

Detritus etwas Berechenbares, dessen Optimum man mathematisch erfahren kann. Und es ist kein Zweifel, da der Urwald- oder auch der unausgeplnderte Laubwaldboden diesem Optimum am nchsten kommt. Alles, was in Gestalt des Luftedaphons staubartig auf den Wald herabregnet, kommt ausschlielich im Detritus zur Ruhe, zur Fortpflanzung und Wirksamkeit. Ebenso die aus Blttern ausgewaschenen Chlorophyllstoffe, die auf diese Weise ununterbrochen aus der Blattchemie in die Bodenchemie bergehen. Diese Aufsammlung von Organismen und Nhrstoffen, die vom Menschen so gut wie gar nicht beachtet wird, schafft die Vorbedingungen zur Aufarbeitung von sehr viel Erosionsmaterial. Mechanisch bedeuten die Baumkronen eine Art von gut wirkenden Luftfiltern, welche gleich Seihtchern die Winderosion abfangen, die sonst auf keine Weise aufzuhalten ist. Nur dadurch geht sie der Landschaft nicht vllig verloren. Der Wald ist ganz einfach das missing link, das die Oberflchenzone der Erde mit der ber ihr lagernden atmosphrischen Zone verbindet und dadurch einen gegenseitigen Austausch ermglicht. Es befindet sich ja auch die oberste Bodendecke in stndiger Wanderung. Alles gleitet und fliet, bis hinunter zu den in Brownscher Molekularbewegung zitternden Moleklen und den in Fallstrmen zueinander strzenden Atomen. Ein wesentliches Teil bei der Neueingliederung der Sedimentation in den allgemeinen Seinsproze leisten auch die Moose. Nicht nur durch ihre schwammartige Wasserspeicherung, sondern auch dadurch, da sie sowohl mineralische, wie organische Bodenbestandteile auffangen, beide miteinander in Kontakt bringen und so ihre Durchmischung erleichtern. In Lndern mit Steppenklima sind die Moospolster der Wlder, obgleich sie sommersber vllig austrocknen, doch der einzige Zufluchtsort der Kleinwelt nicht nur des Edaphons, sondern auch der Insektenfauna. Wenn man in Betracht zieht, da gerade diese so unentbehrlichen Kleininsekten mit am meisten von der Erosion bedroht sind, so ist der Schutz, der ihnen hier geboten wird, in seiner Wichtigkeit gar nicht hoch genug einzuschtzen. Unter den sichtbaren Gewchsen gehren die Moose mit wenigen Ausnahmen zu den zhesten und ausdauerndsten Pflanzen. Ihre Sporen ertragen sehr oft die Weltraumklte von 270 Grad C, was ihnen eine Existenz in der Arktis und im Gebiet der Hochgletscher ermglicht. Gegen Ausdrrung sind sie ebenso unempfindlich. Mit Sublimat vergiftete Exemplare aus Herbarien begannen noch nach fnfzig Jahren bei Wasserzufuhr neu zu treiben. Sie brauchen demnach vor keiner Wste zurckzuschrecken, um so weniger, als ihre Wurzeln auch chemisch Mineralien aufzuschlieen vermgen. Des Wertes der Wlder ist man sich bis heute am meisten bewut geworden, als man sich davon berzeugte, in wie hohem Grad sie den Wind zu brechen vermgen. Beinahe auf der ganzen Erde bedient man sich jetzt der

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Schneisenpflanzungen als Waldersatz. Die amerikanische Landwirtschaft hlt lange Zahlentabellen bereit, aus welchen der auerordentliche Nutzen der Windbrechung durch solche Waldschneisen hervorgeht. (Dabei bercksichtigen sie den Wert der Auffangung des Luftedaphons vorderhand noch so gut wie gar nicht.) Wei man das alles, so wird man den Sinn der riesigen Schirmbume, wie sie z. B. fr die afrikanische Steppe so typisch sind, ganz anders als bisher verstehen. Denn die in der Baumsteppe des abessinischen Hochlandes ber die kahlen Plateaus tageweit vereinzelt hingestreuten Baumkolosse hindern tatschlich eine bermige Aushagerung der dazwischen liegenden Steppenbden. Auch aus dem Moor wird einmal Humus Es ist bis jetzt zwar noch kaum je geschehen, aber es wre immerhin an der Zeit, alle die Vorgnge einer natrlichen Erosion mit einer abbauenden Hlfte des irdischen Kreislaufes zusammenzuf gen, die geologisch sehr wohl erkannt werden kann. Ihr stehen berall die Auffangvorrichtungen der Natur gegenber. Unter natrlichen, also harmonoklinen Verhltnissen ist allerorts dafr gesorgt, da Katastrophen dort, wo sie nicht in den Ablufen groer nderungen unvermeidlich sind, ausgeschaltet werden. Eine solche Regelung gibt es scheinbar schon seit vielen Erdzeitaltern und sie tritt immer dann in Kraft, wenn die Ereignisse zur Ruhe kommen. Die Schalen der irdischen Waage sind zuletzt doch im wesentlichen gleichbelastet, wenn die entsprechenden Zeitlufe und die Groartigkeit der Erscheinungen auch weit ber das Leben nicht nur des Einzelnen, sondern vermutlich der ganzen Menschheit hinausgehen. Die Widerstnde des Lebens gegen allzugroe Nhrstoff-, Mineral- und Mikrobenverluste schaffen ganze Komplexe von Vorkehrungen, die pnktlich und przise funktionieren. Ein Groteil der uns lieben und vertrauten Naturerscheinungen ist, von diesem Standpunkt aus betrachtet, einfach als hervorragend geschickte Vorsichtsmaregel zu werten, die automatisch einsetzt, sobald die Gefahr einer allzuschnellen Umwandlung auf der Erdoberflche besteht. Da wir davon bis jetzt nur so wenig eingesehen haben, ndert an der Richtigkeit dieser Erkenntnis gar nichts. Darf ich dazu ein Beispiel anfhren? Die Brger von Jacksonville in Ostflorida bekmpfen mit leidenschaftlichem Eifer die unablssige Verstopfung ihrer Kanle durch die blaue Pest, die ihnen jhrlich mindestens zwei Millionen Dollar Kosten auferlegt. Die blaue Pest ist ich wiederhole die Eichhornia crassipes, die man ob ihrer wunderschnen blauen Blten Waterlily nennt. Sie stammt aus dem Amazonasurwald, ist aber heute wohl so ziemlich in alle Tropenflsse

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verschleppt worden. Unter halbwegs zivilisierten Verhltnissen ist sie wirklich eine groe Landplage. Denn sie schwimmt mit der Strmung frei alle sen Gewsser abwrts und legt sich berall vor Anker, wo diese zur Ruhe kommen oder in Kanle und Altwsser einmnden. Ihr bis halbmeterlanger, schwarzer, zottiger Wurzelschopf trgt die Pflanze, die durch raffiniert ausgebildete Rettungsgrtel in Form aufgeblasener Blattstengel aufrecht erhal ten wird. Die hchst lebenskrftigen Samen werden direkt in die Flut abgeworfen. Bisher sah man die blaue Pest nur von der Seite der notwendigen Frei haltung der Schleusen und menschlichen Wasserstraen an. Und man war sehr entrstet ber sie, denn sie belagert ich habe mich mit eigenen Augen davon berzeugt sie derart, da man sie mit mchtigen Baggerschaufeln immer wieder ausrumen mu. Die wirklichen Zusammenhnge sind aber grundlegend anders. Und wenn man sie erforscht, so blickt man in Verknpfungen hinein, die schlagartig etwas von jenen unnachahmlich friedfertigen und doch zugleich unglaublich erfolgreichen Methoden zeigen, die von der Natur bei Verhltnissen angewendet werden, die von einer ungebndigten Erosion stndig bedroht sind. Die ungeheuren Sedimentationsverluste, welche die Hylea durch die Bodenauswaschung erleidet, welche sie ihrem Riesenstrom verdankt, wird bereits im Allergrbsten durch ausgedehnte Altwsser abgebremst. Alle Altwsser sind unersetzlich dort, wo sonst der Feinschlamm, der so unendlich reich an Organismen und Detritus ist, vllig abgeschleppt wrde. Nur durch sie bleibt er den Ufergebieten und den Au- und Galeriewldern erhalten. Nun wirft jede der wtenden Amazonasberschwemmungen neben Erosionsschutt, Sand und Schlamm und den vielfltigsten Lebensresten auch stets Berge von Eichhorniagrn ber die natrlichen Altwasser- und Alluvionswlle, wo das meiste von ihnen schnell verfault und einen Edelhumus von unvergleichlicher Qualitt bildet. Einiges aber lebt stets fort und bt seine wichtige Ttigkeit auch weiterhin aus. Welche Ttigkeit? Die Waterlily ist eine konkurrenzlose Sammlerin aller im Wasser gelsten, der Erde des Stromoberlaufes entrissenen Nhrsalze. Durchschnittlich wird 1 ha der Wasserflche von ca. 240 solcher flutenden Pflanzen bewohnt. Jede Vegetationsperiode bringt ein annhernd hundertprozentiges Ansteigen hervor, denn allen diesen Wassergewchsen ist ein beraus ppiges Wachstum eigen. Ihr zottiger, wie ein feinstes Reusensieb funktionierender Wurzelschopf ist entweder durch eine noch nicht gengend durchschaute Symbiose mit irgendwelchen Bakterien oder aus eigenem dazu befhigt, aus dem Wasser Stickstoff, Phosphor und Kali an sich zu ziehen. Die bereits bekannt gewordenen Zahlen sind erstaunlich. Auf 1 ha Wasserflche speichert die Eichhornia 2710 kg organischen Stickstoff, dazu 2150 kg Phosphorsure und 3700 kg Kali! 562 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Nicht gezhlt wurden die astronomischen Massen von wichtigen und umbaufrdernden Mikroben, die durch sie und in ihrem Schutz leben. Das ist eine der durchschauten Methoden, wie die Natur die Erosion berwindet und die Zerstrung in den Segen neuen Aufbaus verwandelt! Die Wichtigkeit dieser vllig neuen Einsicht, die unser ganzes Weltbild verndert, erlaubt wohl noch die Anfhrung eines anderen Beispieles aus unseren eigenen Breiten. Ich whle dazu unsere hliche, unntze, nur als Torf zu verwendende Moorflora. Sie gehrt zu einer erfolgreich und klaglos zusammenarbeitenden Gemeinschaft von Pflanzen und Tieren, welche die mineralische Speicherung und Sedimentation verlandender Urseen meisterhaft verwertet. Da sie im Rahmen von Quellmooren und Hochmooren einer Landschaft die ihr ntige Bodenfeuchtigkeit erhlt, wurde schon gesagt. Sie bewerkstelligt einen hnlichen Kreislauf ber Gase und konserviertes Wasser, wie der Wald, aber freilich lange nicht in dessen idealen Zahlen. Dafr wird sie stndig in weit hherem Ma von Erosionsschutt berlagert und durchschwemmt, und die Reinigung und Aufschlieung dieser Massen gehrt ein fr allemal zum Kreislauf der Funktionen eines jeden Moores. Charakteristisch fr die Lebensbedingungen einer solchen Formation ist der abnorm hohe Suregehalt der Lsungen, ein fast vollkommener Kalimangel und eine geradezu katastrophale allgemeine Nhrstoffarmut. Angesichts alles dessen werden die eigentlich blaugrnen Stigonema-Algen rein hellgelb, die Zygogonien und Mesotaenien purpurrot bis violett, und sogar der tiefliegende Spaltenhumus vertorft durch die stauende Nsse. Dennoch arbeitet auch hier eine im Sinn des Ausgleichs ttige Lebewelt. Sie ist es, die den bis zu den Quellhorizonten hinabreichenden Wasserschatz erhlt, der ohne sie schon seit vielen Jahrtausenden abgeflossen und verdunstet wre. Das erweist sich, wenn man wieder einmal irgendwo ein unbrauchbares Moor drainiert und urbar gemacht hat. Dann wird jedesmal die ganze Gegend trockener, der Humus verschwindet und die Erosion nimmt bengstigend zu. Jede, auch die armseligste Pflanzengesellschaft stellt sich, und sei es mit den bescheidensten Mitteln, der auswaschenden und absplenden kleinen Erosion entgegen. Hunderte von Methoden werden angewendet. berall wird versucht, den Boden mit einer Art von arteigenem Dnger zu imprgnieren. Wenn Jahr um Jahr dieselben Blatt-, Blten-, Stengel- und Fruchtreste eine besondere Mischung von Detritus bilden, die wieder durch eine besondere Bodenlebewelt eine besondere Art von Bodenstruktur mit besonderen chemischen und mechanischen Verhltnissen aufbaut, so wird durch das alles die lokale Form und Menge der mineralischen Abtragung und Aufschlieung unbedingt stark beeinflut. Gealterte Bltter werden nicht nur im Herbst abgeworfen, sondern meist gerade whrend der Fruchtreife durch den morgendlichen Tau und leichte http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 563

Sommerregen ausgewaschen, so da ihr Eiweigehalt um diese Zeit, in welcher die Sedimentation stillsteht, den Wurzeln zugute kommt. Dieser kleine Kreislauf der Nhrstoffe, den man ziemlich genau an Fasernesseln (Urticae) und Sonnenblumen beobachtet hat, trgt nicht unwesentlich dazu bei, whrend des Sommerminimums, wenn das Edaphon weitgehend enzystiert ist und die Erosion kaum neues Material liefert, die Gropflanzen gut zu ernhren. Er macht sich aber auch insoferne bemerkbar, als er gewissermaen die organische Basis schafft, die ntig ist, um alles, was aus den organischen Zonen abfllt, dann und dort zu verwerten, wo es auf ideale Weise die Schwankungen der Erosion ausgleicht. Fassen wir alles zusammen, so ersehen wir aus dieser Vielheit von Geschehnissen, da die Erosion freilich nicht als alles vernichtende Katastrophe in ihren leisen und unablssigen Ablufen vom Leben auf der Erde dazu bentzt wird, um auf sehr verschiedene, aber zuletzt doch gleich zielstrebige Art wiederum die Verluste der Bden zu regenerieren und neue chemische und mineralische Nhrstoffe fruchtbar zu machen. Das gilt von der Wste bis zum Moor, vom Urwald bis zur Steppe. Es ist uns allerdings bis jetzt leider nicht erkennbar, in welchem Ausgleich das Aufsteigen und Abklingen der gewaltigen Erosionskomplexe untereinander steht. Ehrlich gesagt, haben wir danach auch niemals gefragt. Aber irgend ein solcher, vielleicht schon an die kosmischen Zusammenhnge reichender Ausgleich mu wohl vorhanden sein, denn Anfang und Ende, Aufbau und Abbau, Geburt und Tod sind ausnahmslos doch die beiden Hlften desselben Zirkels. Auf nichts anders baut sich das Seiende auf. So also liegen die Dinge beim Himmel und der Erde, die nach einer alten Weisheit unser Vorbild zu sein haben. Das wrde heien, da wir von ihnen lernen mssen, wie wir es anstellen sollen, bei ausgiebigster mineralischer Zufuhr eine gleichzeitige Erhaltung, ja Steigerung der organischen Dominante zu erlangen, damit immer mehr und immer fruchtbarerer Humus produziert werden kann. Was tat der Mensch bisher gegen Erosion und Humusschwund? Der Mensch hat nichts oder so gut wie nichts getan. Wo er sich entschlo, endlich etwas zu tun, da geschah es nicht aus weiser Voraussicht, sondern weil die Zustnde so unertrglich geworden waren, da etwas getan werden mute. In keiner seiner zahllosen Planungen hat der Mensch eine geringere berlegung und einen greren Mangel an weitschauender Vernunft bewiesen, als gegenber dem Boden, der ihn ernhrt. Das ist nun nicht mehr zu ndern, sondern mu als ein Gegebenes hingenommen werden. Wie und wodurch dieses Gegebene entstanden ist, tut

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nichts zur Sache. Vergangenes kann man nur einsehen, aber nicht mit ihm rechten. Das Verdienst Liebigs, die Menschheit durch einen Alarmruf wachzurtteln, ist demnach gar nicht zu berschtzen. Er war ja doch schlielich der erste, der erkannte, da berhaupt etwas ersetzt werden msse. Daran ndert die Tatsache, da der Ersatz, den er vorschlug, allzu einseitig war und das ganze Problem der irdischen Fruchtbarkeit auf eine falsche Linie verschob, gar nichts. Man konnte in der Zeit des mchtig aufsteigenden chemischen Materialismus vielleicht wirklich nicht ahnen, da alle chemischen Vorgnge nicht durch eine selbstndig funktionierende, rein mechanische Weltmaschine entstehen, sondern einzig durch Lebensprozesse, die sie hchst variabel, mit zahllosen Anpassungen und plasmaerhaltenden Notwendigkeiten durchfhren. Immerhin geschah seit den Tagen Liebigs etwas, und was sich vorher bereits ereignet hatte, versuchte man von da ab in ein System zu bringen und als solches zu durchschauen. Seitdem entdeckte man erst, da die Behandlung des Bodens ein Problem von allgemeiner Bedeutung sei. Zunchst verfgte man nur ber Erfahrungen, die unbesehen von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Karl der Groe hatte den Ehrgeiz gehabt, sein Reich so gut als mglich zu kultivieren, und so fhrte er denn eine ganze Reihe von Nutzpflanzen und Edelobst ein. Es ging nicht ohne Zwang, und seine Untertanen haben sich, wo sie nur konnten, heftig dagegen zur Wehr gesetzt, da auf einmal alles Gute nur von jenseits der Alpen stammen sollte. Es scheint, da sie in allem, was damals Landwirtschaft hie, erstaunlich unwissend waren. So scheinen sie auch nicht die Brache gekannt zu haben. Sie lernten erst von den Rmern ihren Wert kennen, denn bei den Lateinern war es von jeher blich gewesen, in den Getreidegebieten ein Drittel des Landes unbebaut liegen zu lassen. Das zweite Drittel wurde mit Winterkorn, das dritte mit Sommerfrucht bestellt. Es ist nichts weniger als wahrscheinlich, da man ahnte, warum das so gehandhabt wurde. Es war einfach eine Sache der Tradition, ein Argument, das heute noch bei der buerlichen Bevlkerung aller Lnder ein oft kaum zu berwindendes Schwergewicht besitzt. Man kann hchstens annehmen, da im einstigen Gallien jenseits des Limes etwas von der Brache (man nannte sie lange Dreifelderwirtschaft) bekannt gewesen sein drfte. In Germanien und den neu dazugekommenen slavischen Gebieten geht sie nachweisbar frhestens auf das 8. Jahrhundert zurck. stlich des Rheins gab es zu jener Zeit noch keine geschlossene Feldwirtschaft. Allerdings gehrte bereits zu den bronze- und eisenzeitlichen Hgelburgen und holzwallumgrteten Stdtchen eine Kleinfelderwirtschaft mit Dinkel, Flachs und vielleicht dazu etwas Hafer und Gerste. Mit dieser Dreifelderwirtschaft half man sich mehr schlecht als recht bis ins 17. Jahrhundert hinein durch. Da und dort waren auch noch andere http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 565

Vorkehrungen blich. So streute man unter Friedrich II. in Preuen ziemlich allgemein Mergel auf die gepflgten Felder, um sie dadurch zu verbessern. Aber erst vom Jahre 1802 an verkndete dann Dr. Albrecht Thaer seine neue Theorie des Fruchtwechsels. Damals fingen die Bden schon an, knapp zu werden und es schien unmglich, auf die Dauer auf ein ganzes Drittel der Ernten zu verzichten. Thaer, der zuerst Arzt, dann Begrnder einer landwirtschaftlichen Akademie und zuletzt Professor, Mitglied der Akademie und Staatsrat wurde, erregte in ganz Europa grtes Aufsehen. Er erklrte die Brache als unntz und unnotwendig und behauptete, ein richtiger Fruchtwechsel sei die Hauptsache. Man drfe keinesfalls immer nur Getreide auf demselben Platz bauen, sondern msse mit Halm-, Blatt-, Knollen- und Wurzelfrchten immerfort abwechseln. Dazwischen seien stets Bohnen und Erbsen oder Linsen und jedenfalls hufig Klee zu sen. So behielte der Boden seine Kraft. Und so bekme auch das Vieh mehr Nahrung, das bisher hauptschlich vom Abweiden der brachliegenden cker gelebt hatte. Thaer war es auch, der im Stallmist einen wertvollen Dnger erkannte, so wertvoll, da man auf seinen Rat hin begann, berall die Stallhaltung des Viehs einzufhren, um jederzeit genug Dnger zur Hand zu haben. Die Erfolge seiner Lehren waren so augenfllig, da sich aus seinem Mustergut in Celle die Akademie in Mglin entwickelte, die zur Mutter aller deutschen landwirtschaftlichen Hochschulen wurde. Was wute der Altmeister Thaer von seiner Bedeutung als Reformator? Es heit, es habe ihm nicht an Selbstbewutsein gefehlt. Ahnte er, da man ihm als dem Begrnder der Schule der rationellen Landwirtschaft in Berlin, Leipzig und Celle einmal Denkmler setzen wrde? Mit ihm begann ein Umschwung. Fr die Zeitbedingtheit seiner Epoche war es erstaunlich einund weitsichtig. Aber da er eben doch nicht in die tieferen Zusammenhnge hineinsehen konnte, so litt seine Methode an all den Unzulnglichkeiten, welche sich an die ausschlieliche Dngung mit Stallmist knpfen und von ihr nicht zu trennen sind. Die Brache Die Dreifelderwirtschaft konnte den Humusverbrauch durch Anbau und Ernte nicht ersetzen, denn was gibt sie in Wahrheit dazu? Eigentlich nur eine zeitweise Besamung mit Luftedaphon. Was zum Schlu eingepflgt wurde und das Unkraut wurde keineswegs immer eingepflgt, sondern blieb oft genug stehen, wurde abgefressen oder abgebrannt , gengte nicht, um die Zunahme an Bodenorganismen so zu ernhren, da sie sich maximal vermehren konnten. Und alles zusammen, Tierexkremente, Einpflgung und Mikrobenzuwachs reichte nicht hin, um den Humusverbrauch zu decken. Ein 566 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

mineralischer Ersatz fehlte berhaupt, gegen die durch das Brachliegen verstrkte Auswaschung und andere Erosionserscheinungen geschah gar nichts. Die Brache war also tatschlich nie und nirgends ein gengendes und hinreichendes Mittel zur Bekmpfung des durch den Feldbau entstandenen Humusschwundes. Auch unter klimatisch weit gnstigeren Verhltnissen als auf unserem Kontinent ist sie es nicht. Sie war es auch nicht bei den alten Mexikanern, die sich ihrer bei merkbarer Ertragssenkung bedienten, weil Taro-, Maniok und Bananenkulturen den Boden ziemlich grndlich ausplndern. Auch die Bainingsstmme auf der Gazellehalbinsel legen auerdem in gewissen Zeitrumen neue Felder an und bauen auch gleich neue Huser dazu. Merkwrdigerweise hat man den Gedanken der Brache niemals mit dem der Bewsserung oder Entwsserung kombiniert. Das eine entstand ohne das andere und man forschte auch nicht nach gemeinsamen Ursachen. Man kmmerte sich wie in England nur ausnahmsweise um die abgeschwemmte Ackerkrume und hat heute noch keine richtige Vorstellung davon, da das Brachliegen der Felder seine sehr groen Nachteile besitzt. Mag sein, da man im Laufe der Jahrhunderte manches Brauchbare und manche richtige Beobachtung einfach vergessen hat. Denn es gibt Beispiele dafr, da der Menschheit Dinge aus dem Gedchtnis schwanden, die gewissermaen erst einer neuen Wiedererfindung bedurften. Daher kann man sehr wohl auch einiges auf die Brache Bezgliche vergessen haben. So ging z. B. alles, was die antiken Schriftsteller ber die Schden von zu nasser Erde wuten, fast fr die Spanne eines Jahrtausends verloren. Man verga die Volsker, die lange vor den Rmern in der rmischen Campagna gelebt hatten. Man verga ihre ausgezeichneten Entwsserungsanlagen, die sich durch einen groen Teil der pontinischen Smpfe zogen. Auch diese Smpfe waren durchaus nicht immer Smpfe gewesen. Sie wurden es ganz augenscheinlich erst, als die Kanle verfielen. Es ist nicht sicher, ob sie teilweise zerstrt wurden oder ob die vermutlich viel primitiveren Lateiner sie einfach nur nicht in Gang zu halten vermochten. Denn erst um 60 n. Chr. empfahlen die antiken Schriftsteller Abzugsrhren auch dort, wo man durch die Brache nicht gengend Bodenverbesserung erreiche. Das Kanalsystem der Volsker deckte man berhaupt erst beim Bau der Appianischen Strae und bei Alatri wiederum auf und wute zunchst gar nicht, wie man sich diese ineinander gesteckten konischen Rhren aus nicht vllig durchgebranntem Ton erklren sollte. Sie lagen in Stockwerken bereinander, die grten hatten 4,50 m Durchmesser und manche waren nach oben zu prismatisch zugespitzt. Erst die Gegenwart ist sich so einigermaen im klaren darber, da man dem Zugrundegehen dieser groartigen Entwsserungsanlage, die beinahe vor der europischen Geschichte entstand, die Versumpfung der ganzen Campagna und die gewaltige Dnenbildung von Cisterna bis Terracina http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 567

zuschreiben mu. Der Versuch zur Wiederherstellung beider kosteten Unsummen, und auch Mussolini, der in diesen seinen Lieblingsplan Milliarden hineinsteckte, konnte diese Aufgabe nicht bewltigen. Die Brache erwies sich als ungengend, ber den Wasserhaushalt des Bodens und das, was der Mensch dazu tun kann, besa man nur vage, verkehrte und vllig unklare Vorstellungen. Kein Wunder, da es infolgedessen auch an den notwendigen technischen Hilfsmitteln fehlte. Mangel an richtigen Ideen hat noch immer einen Mangel an technischen Erfindungen hervorgerufen. Der Pflug Eigentlich hatte man als Hauptgert in der Hand des Landwirtes nur den Pflug. Sein Alter ist ehrwrdig, ber seinen Nutzen macht man sich erst jetzt seine Gedanken. Und diese Gedanken stellen sich immer kritischer zu diesem urweltlichen Instrument ein. Wann verfiel man berhaupt darauf, die Erde mit irgendwelchen Gerten aufzureien? Wahrscheinlich schon sehr frh, denn der Pflug geht mit der Entdeckung, da man nutzbringende Gewchse aussen knnte, wohl Hand in Hand. Beides entsprang ganz offenkundig aus demselben Wunsch, Platz fr jene Pflanzen zu schaffen, auf die man besonderen Wert legte. Vermutlich begann man mit Grabstcken. Junge Stmme waren berall und allezeit vorhanden. So wie die heutigen Eingeborenen verstand der Urmensch, aus seiner Umgebung alles herauszuholen, dessen er bedurfte. In Hinterindien bentzt man heute noch schwere Grabstcke aus eisenharten Hlzern. Ich habe in der Sdsee farbige Insulaner sehr geschickt mit Grabstcken arbeiten gesehen. Sie ntzten die Elastizitt des Holzes ebenso aus, wie Astknorren und natrliche Krmmungen. An solche Grabstcke band man dann wohl ein paar Stricke Bastseile sind ganz urtmlich und hngte sie einem Tier oder Mann um die Schultern. Die zogen, langsam ausschreitend, den harten Stockknorren hinter sich her, den ein Dahintergehender mit aller Kraft fest gegen den Boden drckte. So wurde die erste Furche in die Erde eingegraben. In gottverlassenen Karstdrfern, hoch oben im Vellebit, bin ich noch solchen vorsintflutlichen Astpflgen begegnet, die von ein paar Weibern gezogen wurden, whrend der Mann hinten lenkte. Die Arbeit war unsglich mhselig, aber dennoch lief ziemlich gleichmig Furche neben Furche. Sie lagen begreiflicher Weise sehr hoch, und die Kammhhe zwischen ihnen war noch nicht begrnt. Solche gerissene Erdfurchen verstand man schon zur Zeit der Pfahldrfer herzustellen. Man klemmte bald ein groes Steinmesser zwischen ein paar Hlzern fest und schleifte das ganze Werkzeug ber den Boden. MesserPflge dieser Art bentzte man bis zur Bronzezeit, wohl auch noch lnger. Auch spterhin waren sie alles Schwingpflge, ohne jeden Unterbau, und die Pflugschar hing an einer freien Deichsel, die von zwei Rindern gezogen wurde. Sehr bald ersetzte man das Steinmesser durch eine Art von Bronze-, 568 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

spter durch eine Eisenschaufel. Davon hat man Bilder in Tegneby in Schweden gefunden. Sie zeigen die auerordentliche Primitivitt der ganzen Vorrichtung und da an die Kraft und Geschicklichkeit des Lenkers daher sehr hohe Ansprche gestellt wurden. Auch auf den berhmten Bronzeeimern, z. B. einer Situla aus Oberitalien, wurden solche Bilder eingraviert. Ein Mann in Rock und Kappe treibt ein Paar breitgehrnte Ochsen mit einer Geiel vor sich her, whrend er selber mit dem linken Arm den Pflug festhlt, der quer ber seiner Schulter liegt. Der besteht aus einer langen, geschwungenen Deichsel mit Bgel, einem halbmondfrmigen Messer, einem kurzen, gedrungenen Steuer. Das ist offenbar alles, was man ungefhr tausend Jahre vor jeder Zeitrechnung in der Gegend von Certosa bei Bologna als Feldgert kannte. Es war schon eine groe Erleichterung, da man die Pflugschar noch spter zwischen zwei oder vier Bronzerder hing. Da man sehr frh schon Schaufeln bentzte, drfte sicher sein. Sie gingen wohl aus ungestielten Holzbrettern hervor, hnlich denen, derer sich der Fellache noch heute in den Nildrfern bedient. Der Verkehr auf den damaligen Weltstraen, den man nicht als gar so geringfgig ansehen darf, brachte es mit sich, da bis zum Beginn der Eisenzeit die recht unzulnglichen Holzpflge bis nach Skandinavien hinauf durch metallene ersetzt wurden. Man tut nicht ganz unrecht, wenn man darin etwas wie eine allererste Normalisierung einer Erfindung sieht, die doch schlielich eine der wichtigsten war und blieb. In China war es jener halbmystische Kaiser Shinnang er soll beilufig um 3700 v. Chr. gelebt haben dem man die Erfindung des Pfluges zuschreibt. Jedenfalls wrde es in das Bild seiner Persnlichkeit passen, denn er tat viel fr die Bodenwissenschaft. So war er es, der genaue Vorschriften darber hinterlie, auf welchen Bden man Heilpflanzen ziehen drfe, da ihr Wert durchaus abhngig von der Beschaffenheit der Erde und vom Standort sei. Zur selben Zeit ging man dem Boden im nahen und fernen Orient mit Seschlitten, Kasteneggen und Se-Eggen (alle drei beruhten auf dem Prinzip, zugleich mit dem Aufreien des Bodens auch die Saat mit einzustreuen) zu Leibe. Auerdem handhabte man auch metallbeschlagene Grabschaufeln. Sie waren fr die Fuste des Kulis bestimmt, die fast nichts kosteten, auch fr den L, der leicht und ohne Widerstnde zu bearbeiten ist. Offenbar kam man fr das kleine Feld mit diesen wenigen technischen Errungenschaften aus. Europa wieder brachte schon bald nach dem Beginn der Eisenzeit eiserne Schaufeln, Hacken und Hauen verschiedener Art hervor. In Rom soll es dafr die ersten Werksttten gegeben haben.

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Diese Werkzeuge waren handlich, nicht allzuschwer und in jeder Weise zweckmig. De facto nderten sie sich aus ihrer Urform bis etwa ins 18. Jahrhundert hinein nur wenig, bis zur ersten Erteilung eines englischen Fabrikpatentes. Dagegen hat sich im Laufe mehrerer Jahrtausende der Pflug kolossal abgewandelt und variiert. Fr schwere Bden baute man ihn, so wie in Groruland, nicht nur mit einem, sondern mit zwei bis drei Pflugmessern. Dort konstruierte man auch die sog. kosulja, die eine Vereinigung von Pflugschar und Pflugeisen ist. Auch baute man die weirussischen Hackenpflge, die zu beiden Seiten Erde auswerfen. Man knnte berhaupt aus der Entwicklung des europischen Pfluges die Geschichte der Verderbnis seiner Bden ablesen. Immer gewaltiger wird die Maschinerie, je verschlmmter, verbackener und unergiebiger die Bden werden. Es stimmt mehr als nachdenklich, wenn man die frchterlichen Marterwerkzeuge der Gegenwart betrachtet, die sich mit Dampf- und Motorkrften jetzt in die bedauernswerte Erde einwhlen, ohne sie doch fruchtbarer machen zu knnen. Von all den Riesentraktoren, die man heute auf den ungeheuren amerikanischen oder russischen Weizengebieten anwendet, kann man beim besten Willen nicht behaupten, da sie biotechnisch gebaut seien. Sie ergeben zwar fr eine gewisse kurze Zeit Maximalernten und erleichtern die Bewltigung, da sie die bermig teuer gewordene Menschenarbeit ausschalten. Die Schdigungen, die sie im Dauerbetrieb hervorrufen, gehen dagegen ber alles bisher bekannte Ma hinaus. Der Schollenfeinbau wird teils durch das Sauriergewicht, teils durch die rcksichtslose Zerwhlung vllig zerstrt. Es gibt keine natrliche Krmelung mehr, und damit gehen die wichtigen, vom Bodenleben fr das Bodenleben aufgebauten Zonen verloren. Von einem ernstlichen Widerstand gegenber Aushagerung und Auswaschung kann auf derartig mihandelten Bden keine Rede sein. Die Abwehung gewaltig groer, blogelegter Ebenen durch Staubstrme ist die logische Folge der Aufhebung der Bodenkapillaritt und des natrlichen Zusammenhaltes der Feinkrmelung. Die ganze Traktorenwirtschaft ist auf dem Maximalbetrieb aufgebaut. Ihre Konsequenz wird auch ein maximaler Bodenruin sein, der uns in absehbarer Zeit als frchterliches Menetekel in die Annalen der Welternhrung eingeschrieben werden wird. Denn jedes Maximum fhrt letzten Endes immer zur mrderischen Auslese, whrend man durch ein Optimum einen ertrglichen Ausgleich erlangt. Das ist eine weltgesetzliche Regelung, an welcher noch so viele technische Erfindungen nichts ndern knnen. Heute steht man freilich noch immer auf dem Standpunkt, da man, wie z. B. in Kalifornien, der hardpan soll nur mit Riesenpflgen und Traktorenkraft beikommen kann. Man zieht Furchen bis zu zwei Meter Tiefe, hebt die dnne Haut von fruchtbarer Erde ab, schaufelt den Sanduntergrund 570 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

heraus und bettet dann das bichen Humus wieder hinein. Man kann sich, wenn man die darauf bezglichen Kapitel nachliest, vorstellen, was die Auswaschung und Winderosion auf einem solchen aller natrlichen Zusammenhnge und notwendigen Selbstschutzmanahmen beraubten Boden zustande bringen! Heute hat man endlich einsehen gelernt, da alles Tiefpflgen, das ber 50 cm hinuntergeht, ein Totpflgen der fruchtbaren Erde ist. Es werden dadurch nur unaufgeschlossene Rohbden heraufgeholt, berwiegend mineralische, die fast kein Bodenleben enthalten. Man hat sich darum bereits berlegt, ob nicht die obersten 30 cm schon als Grenze der Pflugwirkung gerechnet werden mten. Auf den ausgeplnderten, degradierten Bden der Gegenwart gengt der einfache Pflug sehr oft nicht mehr. Gegen die berchtigten Betonsohlen rckt man mit vielklauigen Kultivatoren und Stacheleggen an. Ist die Verschlmmung, Verlehmung, Vertonung eines Ackers aber erst sehr fortgeschritten, ntzt auch das nichts mehr. Die mhsam auseinandergerissenen, humuslosen, zhen Schollen klatschen, sobald man sie in Ruhe lt, hoffnungslos wiederum gleich einer Art von Kitt zusammen. Auch der verzweifelte Versuch, solche Bden schichtweise auszuglhen, ist kein Allheilmittel. Wohl wird das Wasser mit Gewalt ausgetrieben, aber wer soll das tonig-brckelige Gemenge, das der erste Regen wieder in einen glitschigen Brei verwandelt, organisch aufschlieen? Das Bodenleben ist es, das nahezu vllig fehlt. berall in Europa bleibt darum dann und wann der hineingebrachte Stallmist, den man meist um teueres Geld kauft, unaufgearbeitet liegen. Es mangelt die Kraft des Lebens, ohne die kein Humus entsteht. Die Grndngung Auch sie hat sich wohl aus Urvtertagen her allmhlich eingebrgert. Sicherlich wurde sie schon lngst gebt, ehe man ahnte, da durch ihre zielbewute Anwendung eine dauernde Bodenverbesserung mglich sei. Es ist die Gemeinschaft der Ackerunkruter, die sich in allem auf den Feldbau eingestellt hat, dem sie heute allein ihr Dasein bei uns verdankt. Sie keimt und sie reift mit dem Getreide. Zumeist ntzt sie eine noch flachere Bodenschicht als dieses aus, mit wenigen Ausnahmen, etwa der blaublhenden Wegwarte (Cichoria-Arten), deren bitterfleischige Mhrenrbe viel tiefer hinunterreicht. Alle zusammen bilden sie jedoch eine zwangsmige Formation, die, einmal aneinander gewhnt, sich nicht gerne trennt. Ihre Vertrglichkeit ist lngst ausgeprobt. Sie erstreckt sich nicht nur auf oberirdisches Gedeihen, sondern weit nachdrcklicher auf einen Ausgleich in

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der Wurzelzone. Erstaunlich sind diese Ausgleichsvorgnge. Um nur ein Beispiel zu nennen, gleicht der Ackersenf (Sinapis arvensis L.) die Bodenversuerung aus, die der Hafer verursacht. Vermutlich beruht es auf solchen Prozessen, da man erkannt hat, da die Getreidebegleiter (vulgo schd liches Unkraut) diesem das Leben erleichtern, weil sie den Fluch der Mono kultur etwas abmildern. Pflgen ist eigentlich nicht ohne absichtliche oder unabsichtliche Grndngung zu denken. Nur berlt man es jetzt nicht mehr dem Zufall, was eingepflgt wird, sondern whlt eine Reihe von Schmetterlingsbltlern zu diesem Zweck aus, die man freilich ursprnglich aus der Gesellschaft der Unkruter ausgelesen hat. Auerdem hat man herausgefunden, da sich das Unterpflgen von Spark (Spergula maxima), den man aus einem sehr verfolgten Ackerunkraut herausgezchtet hat, besonders lohnt. Seinen Wurzeln schreibt man einen bemerkenswert gnstigen Einflu zu. Durch Grndngung will man ja berhaupt eine wesentliche Bodenverbesserung erreichen. An sich auch das hat die Erfahrung gelehrt ist mit dem im Boden verbliebenen Wurzelwerk allein wenig geholfen. Es ist nicht einmal ein annhernder Ersatz fr den Ernteentzug. Sonnenblumenwurzeln enthalten z. B. so gut wie gar keinen Stickstoff, sondern wirklich nur ein wenig Zellulose. Andere, wie die Wurzeln von Mais und Zuckerhirse, dem in China sehr beliebten Kaoliang (Andropogon sorghum) bedrfen zu ihrer Aufschlieung sehr viel Salpeterstickstoff. Da er auf diese Weise gebunden wird, zeigte ein Versuch der Cornell University im Staate New York. Erst sechzig Tage nach der Wurzelaufschlieung zeigte sich im Boden wieder freier Salpeterstickstoff. Die Wurzeldngung vorausgesetzt, da der unterirdische Teil der Pflanze wirklich auch ungeschmlert im Boden bliebe ergibt also nur einen zweifelhaften Erfolg. Man hlt sich darum an die direkten Stickstoffsammler, die man meist grn oder whrend der Blte einpflgt. Also Lupine, Seradella (Ornipus sativus L.), Erbsen, Linsen, Bohnen, Wicken (Vicia), ganz besonders aber die Alfalva, nmlich unsere Luzerne, der man die besten Erfolge zuschreibt. Ihre Einverleibung in den Boden (der beste Zeitpunkt wre zwischen Blte und Samenreife) wirkt sich nicht nur als Nhrstoffzuschu, sondern auch als Bakteriengrokultur aus. Soviel man wei, zerstreuen sich die Knllchenbakterien, wenn man die Pflanze am Weiterwachsen verhindert, wiederum im Boden. Da sie allein scheinbar nicht gengend Luftstickstoff zu speichern vermgen, so geht es ihnen bei ihrem Freileben nicht so gut und das beeintrchtigt sicherlich ihre Vermehrung aber immerhin, sie leben und warten die nchste Vegetationsperiode ab. Nach der nchsten Getreide- oder Rbenernte freilich sinkt ihr Bestand wieder auf den alten Status. Die Nhrstoffe sind dann verzehrt, das schon beschriebene Bacterium radicicola 572 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

existiert in eben derselben drftigen Form, die es ja veranlat, in Knllchen zu leben, weiter. Die Grndngung kann niemals einen einmaligen Dauernutzen hervorrufen. Sie mu stets wiederholt werden, braucht viel Zeit und noch mehr Raum, wenn man eine Erntesteigerung durch sie erzielen will. Aber die Bodenqualitt wird tatschlich durch sie verbessert, sie ist fr sie gesnder, als jede andere Art von organischer und anorganischer Dngung. Man pflgt am besten so flach wie mglich ein, um nicht tiefer als die Edaphonzone zu gehen. Sonnenlicht und Wrme beschleunigen den ganzen Proze, der insofern in die Bodenchemie hinbergreift, als durch ihn die Bodenphosphorsure, der man sonst nicht leicht beikommen kann, in erhhtem Ma aufgeschlossen wird. Das ist besonders wichtig fr leichte Sandbden, die so rasch die natrlichen Nhrsalze durch Auswaschung verlieren. Vom Rhizobium leguminosarium wei man auch heute noch nicht alles, was man gerne wissen mchte. Seine Morphologie ist noch immer voll flieender Grenzen. Ist es das Bacterium radicicola? Ist es genau dasselbe? Das steht noch nicht hundertprozentig fest. Es deutet zwar vieles darauf hin, da die beiden identisch sind. Augenscheinlich besitzt es gleich den meisten Mikroben einen vielleicht noch nicht ganz durchschauten Zyklus. Zu dem gehren die paar bekannten Formen des Stbchens und des gelappten Gbelchens. Man hat aber auch andere, kleinere, lebhaft bewegliche Formen beobachtet, die findet man indes nicht immer. Alle miteinander bilden keine Sporen, dafr aber zwei bis drei Geieln. Damit bewegen sie sich im Boden, wo sie an sich hufig sind. Da die Symbiose der Leguminosen mit den Bakterien schon sehr alt sein mu, schliet man daraus, da bereits krperliche Anpassungen sich bei der Pflanze herausgebildet haben. Sie macht nmlich sehr hufig Knllchen, noch ehe sie notwendig sind. berall an den feinen Seitenwurzeln hngen sie gleich Trauben, aber trotzdem sie sehr gut mit freiem Auge sichtbar sind, wurden sie erst im vorigen Jahrhundert entdeckt. Sozusagen sind es eine Art von Gallen. Der Unterschied ist nur der, da auch die Pflanze, ehe die erste Bakterienkolonie geschlossen durch die Wurzelhaare in ein freies Knllchen einwandert, mit Stickstoff nicht gut versorgt ist. Auch die Bakterien sind, wie gesagt, vorher schlechter ernhrt. Die Knllchen selber bestehen aus sehr groen, lockeren Zellen, durch welche die Bodenluft leicht eindringen kann. Sie wird aber erst auf Luftstickstoff hin ausgebeutet, wenn die Bakterien ihre Metamorphose hinter sich haben, d. h., wenn sie zu gelappten Bakteroiden geworden sind. Dann erst arbeiten sie viel mehr Nitrogen auf, als sie selber brauchen, und die Pflanze profitiert davon. Darin, da dieser Luftstickstoff festgehalten und in den Kreislauf eingeordnet wird, besteht die wahre Bodenverbesserung. Der greifbare Wert ist sehr gro. 1 ha Lupinen kann dadurch bis zu 200 kg Stickstoff aus der Luft binden. Das entsprche einer Gabe von 300 kg bestem Stallmist, ist also recht ansehnlich. Offenbar kann der krftige http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 573 PDF-Ausgabe 62010

Leguminosenkeimling mitsamt seinem ungewhnlich groen Vorratspaket von bestem Eiwei ohne diese Hilfe nicht aufgebaut werden. Bei anderen aber kann man von einer Versorgungsbioznose sprechen. Akazienwurzeln und Erlen, die bekanntlich auch Bakterien in ihre Knllchen aufnehmen, versorgen mit ihrem Stickstoffberschu das rosenrot blhende Ruprechtskraut (Geranium Robertianum) und das dem Mohn verwandte Schnkraut (Chelidonium najus), die hufig mit ihnen zusammen wachsen. Auch der falsche lbaum (Eleagnus) gibt ihn an seine Begleitflora ab. Whrend der Samenreife scheint die Pflanze in ihrem Eiweihunger Rhizobien zu verdauen wie, wei man nicht. Spt im Herbst stehen alle Knllchen offen und leer. Es mu wohl so sein, da sich nach ihrer Auswanderung in die Erde zurck die Lappenformen wieder in Stbchen umbilden. Die Symbiose ist aus. Sie hlt den Winter ber auf freiem Feld nicht an. Vieles ist hier noch dunkel und unklar. Es heit neuestens, da sich sowohl Mykorrhiza als Bakterienknllchen unter dem Einflu bioelektrischer Strahlung entwickeln sollen. Das wrde vielleicht erklren, warum jede Leguminose nur ihre besondere Art von Rhizobien besitzt. Wenn man z. B. zum erstenmal Soja pflanzt, so mu man die arteigenen Bakterien erst dem Boden einimpfen. Wo das nicht von Anfang an geschieht, so in Siebenbrgen, entstehen auch keine Knllchen. Das alles ahnte man noch vor hundert Jahren nicht. Man ntzte es nur unbewut aus. Man bezeichnete es einfach als die Vorteile der Grndngung. Auch heute kmmert sich der Praktiker nicht um die rtselhaften Hintergrnde. Eigentlich denkt man nur an die 200 kg Stickstoffgewinn, die dadurch auf den Hektar entfallen. Aber wenn man die Zusammenhnge viel besser als heute durchschauen wrde, liee er sich vielleicht noch steigern. Organische Dngung Es ist ganz irrig, zu glauben, der Mensch htte irgend eine Art von organischer Dngung aus eigenem Ingenium erfunden. An den Kjkkenmddingern, den eiszeitlichen Abfallhaufen, sieht man bereits, da es ihm gar nicht einfiel, irgendwo mit irgendwas zu dngen. Der Gedanke lag ursprnglich so weitab von seiner Einsicht, wie der an gotische Dome oder hhere Mathematik. Der vorzeitliche Mensch war ein Geschpf, das, was es an Abfllen lieferte, liegen lie, wo es ging oder stand. Grub er es wirklich ein, so hchstens darum, damit nicht bse Geister durch seine Lebensreste Macht ber ihn gewnnen. Etwas hnliches machen ja auch Sdseeinsulaner mit ihrem Mumut. Wir wissen, da die Viehhaltung in Stdten frher nicht blich war. In Pferche sperrte man die Haustiere sicher nur darum, weil man es fr notwendig fand, sie vor Raubtieren zu schtzen und am Fortlaufen zu hindern.

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Schon von Dalmatien ab kennen weder Schafe, noch Pferde, noch Esel ein anderes Nachtquartier, als das Angepflcktsein vor dem Haus. In Bosnien und Altserbien ist es noch immer blich, da sich die gesamten Haustiere mitsamt dem Besitzer und seiner Familie im einzig vorhandenen Raum auf der gleichen Strohschtte zur Ruhe legen. Und alle zusammen verrichten ihre Notdurft auf offenem Feld, wo immer sie sich gerade aufhalten. Sicher bemerkte man, da der Pflanzenteppich dort dichter und ppiger gedieh, wo sich vordem ein Tierpferch befunden hatte. Wie weit man diese Beobachtung dann absichtlich auswertete, lt sich schwer beurteilen. Vermutlich ntzte man sie Jahrhunderte lang fr die bessere Ernhrung der Haustiere, aber wenig oder gar nicht fr die des Menschen aus. Denn der, Mensch war in Europa bis in die Neuzeit hinein hauptschlich Fleischesser. Adelige Gastfreundschaft fra buchstblich ganze Herden auf. Darum mute man die Herden pflegen, denn auerhalb der Jagd waren sie die einzigen Fleischlieferanten. Von allen pflanzlichen Speisen war Brot die einzige, deren man tglich bedurfte. Die Armen lebten fast ausschlielich von Brot, aber auch der Reichste betete im Vaterunser: Gib uns unser tglich Brot! So ste man denn auf den frhesten Feldern und Bifangen zweifellos Korn der verschiedensten Art, um daraus Brot zu backen. Hafer-, Gerste-, Roggenbrot waren in Mitteleuropa mehr blich als Weizenbrot, weil Weizen nicht berall wuchs. Die Maislnder kneten ebenso ihre Brotfladen, wie die Indianerin aus gekochten und gestampften schwarzen Bohnen ihre Tortillas bckt. Nur der australische Eingeborene kennt ebensowenig wie der Papuasier der Sdsee etwas Brothnliches. Der erstere zermahlt sich Grassamen und trinkt das feine Mehl als wsserigen Brei, oder er zerreibt die Frchte des wilden Kleefarnes (Marsilia nardu), die aber gar keine Frchte, sondern ruhende Brutknospen sind, zu gelbem Mehl, das zwischen heien Steinen gerstet wird. Der andere it seinen gekochten Taro oder seine Igname, seinen Maniok, Sago, seine Brotfrucht und seine Bananen, die zwar alle Mehl liefern wrden, aber nirgends zu Brot verbacken werden. Die Reisesser aber kannten schon sehr lange auch Reismehl, aus dem sie Kuchen der verschiedensten Art herstellen. Die Dngerwirtschaft, die aus alledem herrhrte, war indes vollkommen unorganisiert. Man sammelte da die Abflle und dort nicht. Man breitete sie an einem Ort aus und an dem anderen nicht. Man handelte ganz nach Gutdnken. Das meiste an tierischen Ausscheidungen blieb auf den Hutweiden oder in den Wldern liegen und verkam dort. Als man dann im vorigen Jahrhundert wie eingangs dieses Kapitels erzhlt wurde den Stalldnger in Gruben oder Haufen aufzustapeln begann, da mu das in der beteiligten Bakterienwelt einen wahren Aufruhr hervorgerufen haben. Ich habe in der einschlgigen Literatur zwar nie eine Bemerkung darber gefunden, aber trotzdem lt es sich nicht leugnen, da http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 575

die heute berall bliche Dngerwirtschaft durch ganz einseitige massenhafte Vermehrung der Fulnisorganismen eine schwere Disharmonie in der uns umgebenden Mikrobenwelt hervorbrachte. Man wird sogleich verstehen, was ich damit meine. Edaphon und Kleinlebewelt sind grundstzlich anders zusammengesetzt, wenn man nicht jahrhundertelang systematisch faulende Tier- und Menschenexkremente in mehr oder weniger groen Massen in den Boden bringt. Tut man das jedoch, so mssen die Abbauer notwendig einen viel greren Lebensraum beanspruchen, als die Aufbauer, denn die Vermehrung aller Einzeller hngt eben vollkommen von der ihnen zur Verfgung stehenden Nahrung ab. Da man Bakterien wegen ihrer Kleinheit nicht an einem Ort fixieren kann, so geschieht es immer, da stark in der berzahl befindliche Gruppen sich weitum in der Erde, in der Luft und im Wasser verbreiten. Mit ungeahnter Pltzlichkeit sind dann ganze Kontinente von ihnen erfllt. Freilich hat es von je auf unserem Gestirn Fulnis und Verwesung in gengendem Ausma gegeben. Aber und diesem Argument kann man sich nicht entziehen sie war nirgends ein knstlich festgehaltener Dauerzustand, wie das sowohl der buerliche Misthaufen, als die im Umkreis der Stdte aufgeschtteten Mllberge, als Abwsser, Latrinen und Senkgruben sind. Fulnis in natrlichen Mengen wird sofort aufgearbeitet, abgebaut und unschdlich gemacht. Selbst Schlachtfelder voller Leichen oder gefllte Pestgruben oder die Hinterlassenschaft von Naturkatastrophen wandelten sich eines Tages wiederum zu idyllischen Orten voll Pflanzenlieblichkeit, voll duftenden Blumen, und die Vgel sangen ber ihnen, als htte es nie einen Tod gegeben. Die wunderbare Selbstreinigung des Bodens und des Wassers eines der grten Wunder, das die Erde hervorgebracht hat erlaubt, wenn man nicht an die funktionellen Kreislufe rhrt, da alles, was an Verunreinigung auftaucht, auch wieder verschwindet. Mit der Planmigkeit eines Uhrwerkes geht das alles vor sich. Die Pepton-, Fibrin- und Glykokollzersetzer (also Streptococcen, Bact. typhoides, Bact. fluoreszens, Schimmel- und Spropilze aller Art), sowie die Colibakterien und anderen Zelluloseaufschlieer gehren fast alle zu jenen Anaeroben, die weder Sauerstoff aus der Atmosphre, noch Kohlenstoff aus der Luftkohlensure, noch anorganischen Stickstoff aus den Bodenlsungen aufzuspalten vermgen. Daher sind sie ich wiederhole es hier noch einmal darauf angewiesen, Krper zu zerlegen. Darum sind sie auch, wo die Verhltnisse fr sie gnstig sind, stets in astronomischer Zahl vorhanden. Ein Doppelzentner Stallmist enthlt auf dem Hhepunkt seiner Zersetzung 1,25 bis 2,50 kg solcher Bakterien. Wie viel das zahlenmig ist, davon kann man sich erinnernd eine Vorstellung machen, weil 1 g Ausscheidungen eines Rindes der Aufenthalt von beilufig 10 Milliarden Bakterien zu sein pflegt. Man denke nun an die vielen Hunderttausende drflicher Misthaufen und 576 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Jauche- oder Senkgruben, die von Generation zu Generation bernommen werden. Sie sind die Brutsttten einer Flora und Fauna, vor welcher sich der Mensch entsetzen wrde, htte er auch nur eine blasse Ahnung davon. Ich halte es fr meine Pflicht, sie noch einmal in einem Aufri aufzuzeigen: Als erste Abbauer fungieren Vibrionen und Spirillen. In der verjauchten Flssigkeit, deren schillernde Bakterienhute man bereits mit freiem Auge erkennen kann, tummeln sich die greren Bakterienfresser. Euglenen, die nicht mehr assimilieren, sondern als farblose Saprophyten von Fulnisstickstoffen leben, immer die Jauchealge Polytoma uvella, ein Clamydophorus stercorea (schon sein Name sagt, wovon er existiert) und immer Oicomonasarten. Wo Schwefelbakterien der verschiedensten Sorten ttig sind, stellen sich die vom Sumpfwasser her an Methan gewhnten vielkernigen Fulnisamben aus der Pelomyxagruppe ein. Schlanke, begeielte Cercomonasarten spielen in langen Zgen. Ein hlich bepelztes Pantoffeltierchen, ein die Zersetzung liebendes Rdertier (Stephanops), die beide kleine Kieselalgen und Kleinflagellaten vertilgen, eine unschilderbare Masse halbverdauter, unverdauter Lebensreste in jedem Zustand der Verwesung das alles treibt in wild grenden Wirbeln durcheinander. Dort, wo durch geschlossene Zementgruben und Silos Licht und Luft ausgesperrt sind, entwickeln sich oft statt Milchsurevergrung Fulnisorganismen und sicher aber das ist leider noch nicht gengend erforscht gefhrlichste Viren. In ungeheuren, der menschlichen Vorstellung berhaupt nicht mehr zugnglichen Massen entfalten sich da Eiterbakterien und auer dem schon mehrfach erwhnten Tetanusbazillus die Erreger von Rotlauf, Milzbrand, Hhnerpest, Typhus und Paratyphus, Ruhr, Dysentherie, Diphtherie, der Tbc, der Grippe und noch anderer Seuchen. Augenblicklich ist man auch dem Erreger der Kinderlhmung als Teilnehmer der Abfallzersetzung auf der Spur. Man denkt z. B. daran, ob die in Malm allsommerlich neu auftauchende Zunahme dieser schrecklichen Krankheit irgendwie mit der auf eingeleitete Abwsser entstandenen hochgradigen Verschmutzung des Sundes etwas zu tun hat. Das sind ausnahmslos alles Abbauer, die Gewebe zerreien, Lebensschlacken verflssigen, den Tod auf jede Weise zersetzen. Sie sind smtlich hochgradig giftig, und giftig sind auch alle die Zwischenprodukte, die durch sie entstehen. Kresole und Phenole und deren arteigene Verbindungen fehlen niemals. Darum kann man junge Bumchen geradezu tten, wenn man in die fr sie ausgehobene Grube unverrotteten Stallmist gibt. Darum flchtet die edaphische Insektenkleinwelt vor ihr nach allen Seiten. Darum darf man im Garten niemals jauchen (man sollte es berhaupt nicht!), wenn man kurze Zeit danach Gemse ernten will. Darum bekommen die Pflanzen auf den Rieselfeldern, obgleich sie gigantisch heranwachsen, einen unausstehlich bitteren, abstoenden Geschmack, der sie ungeniebar macht. Darum darf man http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 577

die empfindlicheren Wurzelgewchse, also Sellerie, Zwiebel, Rettiche, weder mit flssigem, noch auch mit verdnntem Dnger (man rechnet zumeist 10-15 1 Wasser auf 1 l Jauche), in Berhrung bringen. Darum empfiehlt man auch in landwirtschaftlichen Ratschlgen, Kuh- oder Hhnermist nur als Inhalt eines halben Schubkarrens in 100-150 1 Wasser aufzulsen und diese Brhe dann erst nach Tagen zur Dngung zu verwenden, aber den Garten mit allen konzentrierten Giften zu verschonen. Der auf das rein Geistige eingestellte Leser mge sich von alledem nicht ungeduldig oder abgestoen abwenden! Es mu einmal gesagt werden, wie die Ablufe sich vollziehen, die man bisher nur darum einfachen und einzig nach ihrer Erfahrung handelnden Menschen anvertraut hat, weil man eben nicht ahnte, wie wichtig es wre, sie nach richtigen Erkenntnissen, d. h. weltgesetzlich zu behandeln. Es gibt in den natrlichen Prozessen nichts, was gro oder klein, was bedeutsam oder unbedeutend wre. An seinem Platz ist auch das unscheinbarste Rdchen unentbehrlich, und wenn es fehlt oder unrichtig arbeitet, so steht die groe Wandlung der Stoffe, die der Menschheit alles Krperliche liefert, still und andere Ablufe, uns ungnstig und verderblich, schalten sich ein. Wir mssen endlich einmal einen zusammenhngenden Begriff davon haben, wie die greifbare Welt, auf die wir von der Geburt bis zu unserem Ende angewiesen sind, wirklich beschaffen ist und nach welchen Regeln sie sich umsetzt und erhlt. Sonst werden wir ihre wohlttig ausgewogene Harmonie immer wieder unwissentlich stren. Es ist auch ganz und gar nicht gleichgltig, da in der Fulnisbrutsttte der Abfallhaufen eine ganze Reihe lstiger Schmarotzer wchst und gedeiht. Die Larven der Kohlfliege (Anthomya brassicae), der Pferdefliege (Gastrophilus equi), der Dungfliege (Scatophaga stercoriaria) und vor allem der qulenden Rinderbremse (Tabanus bovinus), die selbst Stiere in Raserei versetzen kann, sind stets dort zu finden. Noch weniger nebenschlich ist es, da Wurmparasiten, die zu den direkten und mitunter recht gefhrlichen Schdlingen des Menschen gehren, auf diese Weise mitsamt ihren Eiern immer wieder frisch ausgest werden. Im sdstlichen Europa, wo zumeist (wenn berhaupt) mit den mehr oder weniger frischen Exkrementen von Mensch und Tier gedngt wird, ist die Bandwurmplage endemisch. Aber selbst in einer so gut sanierten Stadt wie Darmstadt brach im Jahre 1948 eine Spulwurmseuche (Ascaris lumbricoides) aus, von der 80-90 Prozent der Bevlkerung befallen wurden. (In Drfern in der nchsten Nachbarschaft waren es sogar 100 Prozent, und es ereigneten sich eine ganze Reihe von Todesfllen.) Auer der Berieselung mit frischem Abwasser machte die Gesundheitsbehrde vor allem das in der ganzen Gegend bliche Begieen mit Jauche in Grten und auf Gemsefeldern dafr verantwortlich. Gegen 578 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

wrtig kann man ohne bertreibung sagen, da zumindestens das halbe Europa durch solche Praktiken mehr oder weniger ausgiebig verwurmt ist. Und was die Entstehung von Seuchen aus verjauchten und verschmutzten Abwssern von Stadt und Land anlangt, so braucht man sich nicht nur an die bsartige Typhus-Epidemie vom Jahre 1949 in Alttting zu erinnern, sondern es gibt dafr ein noch viel anschaulicheres Beispiel: Am 16. August 1892 brach in Hamburg jene frchterliche Cholera-Epidemie aus, die sich in wenigen Stunden wie Feuer unter Wind durch die ganze Stadt verbreitete. Sie kostete Tausenden das Leben und sprang dann auch auf andere Orte ber. Was hatte sich ereignet? Auf nie mehr ganz aufgeklrte Weise war in die ffentliche Trinkwasserleitung sog. unfiltriertes Elbewasser, das voll von stdtischen Abfllen aller Art aus Hafen und Wohnungen war, geraten. Aber auch solche Parasiten, die man nur wenig in der Allgemeinheit kennt, und deren Wirkung mehr indirekt ist, weil sie erst bei anderen Erkrankungen berhaupt sichtbar wird, leben zwischen Krper und Krperaufenthalt in den Mist- und Dngersttten munter weiter. So wandern jene schon genannten kleinen Flagellaten, die in Unzahl in allen faulenden und verwesenden Substanzen vorkommen, von dort stets wieder in den Menschen ein, so wie sie aus ihm auch stndig auswandern. Man findet z. B. im Auswurf und im Gewebe von Lungenkranken Cercomonaden und Oikomonaden, die darin ganze Nester bilden. Vermutlich beteiligen sie sich dort an der Aufspaltung von Gewebezerfallsprodukten. Bisher ist leider niemals erschpfend untersucht worden, wie weit ihre Anwesenheit zu dem ganzen Komplex einer Krankheit beitrgt. Herpetomonaden und Chritisiden leben nicht nur im Darm von Nematoden, sondern ebenso im Verdauungstrakt von Stechmcken (Culex und Anopheles) und man kann kaum daran zweifeln, da sie mit dem Stich ganz ebenso eingeimpft werden knnen, wie die Plasmodien der Malaria. Hier harrt der Forschung noch ein fast unbetretenes Neuland. Wir wissen ber die engeren Beziehungen beschmend wenig, noch weniger ber ihre Auswirkungen. Wenn der Mensch auch, wie es heit, ber zweiundzwanzig Symbionten verfgt, so ist uns doch noch keineswegs klar, wie und wo die Grenze zwischen Symbiont und Parasit verluft. Wahrscheinlich nicht mit Unrecht hat man die Mglichkeit in Betracht gezogen, da derselbe Organismus fallweise das eine oder das andere ist. Was geschieht mit der Trichomonas hominii, die mit sehr flssigem Darminhalt den Menschen als ihren Wirt verlt, die ohne weiteres 8 Grad C ertrgt, aber angeblich keine sauere Reaktion? Sie mu immer wieder mit irgendwelcher Nahrung in ihn eindringen, sonst htte er sich lngst von ihr befreit. Wie verluft hier der Kreislauf? hnliche Trichomonaden, die man fast regelmig in den Ausscheidungen von Meerschweinchen als Zysten findet, brauchen nur eine entsprechende Erwrmung, damit aus ihnen wieder die winzigen Geielwesen schlpfen. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass diese Einzeller auch im Menschen ihren besonderen Zyklus haben, der vielleicht http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 579 PDF-Ausgabe 62010

den von noch kleineren Organismen in sich schliet. Auch Lamblia-Arten, sehr sonderbare, geschwnzte Infusorien, bentzen den menschlichen Darm als Aufenthaltsort, enzystieren sich beim Verlassen, sollen an sich unschdlich, in Massen aber doch wieder schdlich sein. Hier wuchert eine unsichtbare Unterwelt, deren Dasein wir auch heute erst in Bruchstcken ahnen. In ihr scheint sich alles zusammenzufinden, das Harmloseste und das Schrecklichste, und vorderhand knnen wir beides noch garnicht so richtig auseinanderhalten. Sie bentzt den Menschen, sie bentzt seine Haustiere als von Gott ihr zugewiesenen Lebensraum, winzige Lemuren, werken und hausen sie in den Krpern, tauchen unkontrollierbar auf, gehen unkontrollierbar weg, merzen die Funktionen kranker und gesunder Gewebe aus, spalten auf, assimilieren, verbrennen sogar vielleicht Kohlenstoff zu Kohlensure, so wie sie es nachgewiesenermaen in jedem Dngerhaufen tun. Und wir in unserer bisherigen Unwissenheit ebnen ihnen noch die Wege zu ihrer Verbreitung, wir zchten sie ungewollt in Massen, die man hchstens mit denen von Atomen vergleichen kann. Und aus unverwerteten, schlecht verwerteten Ausscheidungen und Abfllen rcken sie wiederum gegen den Menschen an, halose Feinde, die in ihm nur einen nahrungstrotzenden, gesicherten Winkel erblicken, in dem sie einen bestimmten Sektor ihres zyklischen Lebens zu Ende fhren knnen. Lebensstoff steht hier gegen Lebensstoff, Funktion gegen Funktion, Form und Bestimmung gegen andere Form und Bestimmung. Aber nie wren sie ohne unsere Hilfe zu einer derartigen Dauermassenerscheinung geworden das eine ist sicher. Auch die Hefen haben durch unsere Dngerwirtschaft eine unvorhergesehene Frderung erfahren. Das, was man alles zusammen als die sog. Rottepilze bezeichnet (es sind vor allem die Aerobacter- und Amylobacter-Arten), besitzt in hervorragendem Mae die Fhigkeit, alle vorgefundene Strke zu verzuckern. Sie tun sogar noch ein briges, indem sie aus den hrtesten Halmen die Pektine herausholen, die eine verbindende kolloidale Schicht zwischen den Zellen sind. Aus ihnen machen sie einen Brei, auf dem sich die zuckergierigen Hefezellen mit ihrem unstillbaren Appetit zu Tische setzen. Es werden aber auch sonst Kohlehydrate aufgespalten, auf eine so komplizierte Weise, da es hier im Rahmen dieses Buches zu schildern unmglich ist. Andere Mikroben fallen wiederum ber den Zucker her, so da nur Suren und Gase von ihm brigbleiben. Die Gase gehen natrlich sehr oft fast restlos verloren, wie denn berhaupt die ganze Pektinaufschlieung, in die sich dann meist auch noch Actinomycethen und Schimmelpilze einmischen, eigentlich ein Verlustkonto fr die wachsende Pflanze bedeutet. Luftstickstoff und Luftkohlensure verschwinden bis zu einem gewissen Prozentsatz unaufhaltsam. Flssige Stoffe werden, wenn nicht der Humus sie bindet, stets ausgewaschen oder sie versickern in den Faulgruben. 580 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Nach einander wird Strke zu Zucker, Zucker zu Dextrin, Dextrin zu Alkohol, Alkohol zu Aldehyd, Aldehyd in Ameisen-, Essig- und Buttersure umgewandelt. Alles das geschieht nur durch Lebewesen. Bald ist es ein Bakterium aus der Proteusgruppe, bald sind es Buttersurebakterien und Clostridien. Gleich Schwrmen von Hungrigen tauchen die Abbauer auf, jeder nimmt, was sein und leistet, was seine besondere Aufgabe ist und tritt dann von der groen Bhne der Fulnis ab. Gemessen an den natrlichen Ablufen geht die Aufschlieung aber doch erschreckend langsam. Stallmist besitzt an und fr sich eine schlechte Verrottung. Wenn es viel ist, werden in einem Jahr nur 20 Prozent zersetzt. In mehreren Jahren schwankt das Ergebnis zwischen 17 und 40 Prozent. Ist Roggenstroh eingestreut gewesen, so sind es gar nur 9-11 Prozent in zwei Jahren. Von allen diesen langsam von der Wissenschaft aufgedeckten Vorgngen wei der Bauer natrlich nicht das mindeste. Es ist ihm selbstverstndlich, da auf die Wiesen ausgebreiteter Stallmist im Frhjahr auch nicht annhernd aufgearbeitet ist. Die speckigen, schwarzen Schollen berdauern den Winter, und wenn sie noch so sehr mit Gabel und Rechen zerkleinert werden. Nicht einmal uerlich verndern sie sich. Das Schmelzwasser wscht einiges in den Boden, aber auch diese Menge ist eigentlich geringfgig. So macht er denn, wenn schon im Mrz oder April das junge Gras zu sprieen beginnt, tabula rasa. Er recht die durchaus unverrotteten, bestenfalls ausgetrockneten, aber keineswegs aufgeschlossenen Reste zusammen und verbrennt sie in Haufen. In dem gewaltigen, belriechenden Rauch, den solche Mistfeuer entwickeln, empfehlen sich restlos alle die kostbaren Gase der Fruchtbarkeit, und das fleiige Mikrobenleben wird endgltig vernichtet. brig bleiben ein paar Hnde voll grauweier Asche. Die werden sorglos ber den Boden hingestreut, vorausgesetzt, da sie nicht einfach an Ort und Stelle liegenbleiben. Im einen, wie im anderen Fall trgt der Frhlingswind sie unbekmmert weg. Der Nutzeffekt ist gleich Null. Ist es noch notwendig, nach dieser ganzen Darstellung besonders zu betonen, da es geradezu unsinnig ist, Stalldnger in Dngerform aufzubewahren? In Gruben fault er und entwickelt Verbindungen allergiftigster Art, die Menschen, Tieren und Pflanzen gleich gefhrlich sind. Die auf diese Weise aufgeschlossene, verzuckerte Strke lt nicht nur die harmlosen, teilweise sogar ntzlichen Hefen sich vermehren, sondern leider auch Monilia und Torulaceen, die eine ganz hnliche Lebensweise fhren, dagegen aber bitte nachzulesen den Obstbumen empfindlich schaden. Erst bei vollstndiger Humifizierung gewinnen die Reinbodenformen die Oberhand, die Nitratbakterien und die zu ihnen gehrigen Humusaufbauer. Die chemisch giftigen Verbindungen werden mit Hilfe von Humaten (humussauren Salzen) endgltig zum letztenmal umgewandelt. Die Algen durch http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 581

lften krftig mit Sauerstoff. Die ganze Masse ist fein durchkrmelt und die Pflanzenwurzel erhlt als Endprodukt die in Verdnnung bekmmlichen organischen Salpetersuren geliefert. Durch die Mengen verbrannten Harnstoffes, die in den jauchigen Lsungen vorhanden waren, wurde der Boden wohlttig durchwrmt. Er bekommt auch einen berwiegenden Teil jener Wuchsstoffe zurck, die aus frheren Vegetationsperioden und aus Tierkrpern stammen, und vom Edaphon angefangen, reichem sich an ihnen der neue Frhling und Sommer an. Aber und das kann man sich nicht fest genug einprgen das alles geschieht nur bei vollstndiger Humifizierung des Stalldngers. Im Dngerhaufen, in der Jauchegrube oder im Dngersilo kann er sich aber nicht humifizieren, dort fault, vertorft oder versuert er nur zu einem unbrauchbaren und minderwertigen Produkt. Zudem bt er die wichtigsten flssigen Stoffe und einen Groteil der unersetzlichen Gase ein man mag ihn so festtreten, als man will. Was auf diese Weise von ihm zurckbleibt, sind in der Hauptsache hochgiftige, unaufgespaltene Stickstoff-, Kohlenstoff- und Zelluloseverbindungen und eine Menge unerwnschter Suren, alles Halbprodukte der Humifizierung und Strungen des Kreislaufes, aus dem sie herausfallen. So wird die Fruchtbarkeit vermindert, anstatt vermehrt. Dazu kommt noch etwas. Auch fr die nicht nur auf Bodensalze Eingeschworenen stellt der Stalldnger keine ideale Lsung dar. (Ich setze fr die fachlich Interessierten die an sich zwar recht bekannte diesbezgliche Formel nochmals hierher: Im Stallmist sind 0,51 Prozent N, 0,73 Prozent K2, 0,25 Prozent P205.) Auch die chemische Ausntzung ist unvorteilhaft. Auf 1 ha wird aus Stallmist im Durchschnitt nur 18,4 kg Kali, 7,6 kg Nitrogen und 2,2 kg Phosphorsure aufgenommen. Nun knnte man vielleicht annehmen, da wenigstens die Wirkung der Stalldngung von langer Dauer wre. Aber auch das ist nicht der Fall. 300 g verlieren ihren Einflu in zwei Jahren, 600 g in drei Jahren, 900 g in vier Jahren. Man versteht mit einem Male, warum auf solche Weise eine optimale Bodenbereicherung und Bodenverjngung nicht stattfinden kann. Zu alledem kommt noch die bei uns durch Futterwechsel und Milchviehvermehrung bisher nur wenig sichtbar werdende Zunahme von Traktoren. Die wirkt sich an anderen Lndern, z. B. in Schweden, gegenwrtig bereits sehr einschneidend aus. Infolge der viehlosen Wirtschaft hat man fr das auf dem Feld ausgedroschene Stroh keinerlei Verwendung. Um es zu entfernen, zndet man es einfach an. Die fortschreitende Mechanisierung der Landwirtschaft auf der einen Seite, die Umstellung auf knstliche Bodensalze auf der anderen Seite, der Austausch von Groviehgegen Kleinviehhaltung, die katastrophale Verringerung der Pferdezucht das alles bedeutet ein Anderswerden der Welt, das allmhliche Aufhren von Gewohnheiten, die noch im Mittelalter, wo nicht in 582 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

der Urzeit wurzeln. Immer weniger werden die lndlichen Dngersttten, gar nicht zu reden von den Kriegen und ihren lnderverwstenden Verheerungen. Die letzten Jahre geben darum ein vllig falsches Bild. Man mu erst abwarten, in welcher Weise die aus jedem Gleichgewicht gebrachte Produktion auspendelt. Man mu sehen, was aus den Weizen -, den Mais-, den Kornfabriken der inner- und vor allem der auereuropischen Gebiete in einem Menschenalter geworden ist. Augenblicklich ist alles in einem so strmischen Umschwung begriffen, da jede Prophezeiung falsch sein kann. Wir wissen in Wahrheit nichts anderes, als da wir am Ende einer landwirtschaftlichen Periode stehen. Und da die nchstfolgende sich nicht durchsetzen kann, wenn nicht mit den undurchschauten Urvtergewohnheiten aufgerumt und an ihre Stelle eine jedermann zugngliche Klarheit ber jene Ablufe gewonnen wird. Dazu zhlt nebst vielem anderen, da die prinzipiell falsche Behandlung aller Stalldnger endlich einmal aufhrt. Sie ist der Ruin dessen, was wir viel besser und viel nutzbringender verwenden knnen. Kompost Wenn man die chinesische Art der Bodenbehandlung abrechnet, mu man gestehen, da auch der Kompost nicht aus der menschlichen Einsicht hervorgegangen ist. Er wurde wahrscheinlich sogar ziemlich spt, nur aus den natrlichen Hergngen bernommen. Denn praktisch kompostiert sich alles, was irgendwo als Abfallhaufen liegen bleibt. Es dauert nur je nachdem zwei bis zehn Jahre. Die Natur hat Zeit. Der Landwirt nicht. Aber auch der einigermaen wissenschaftlich geschulte Landwirt rechnet nicht unter einem Jahr. Der Dungsilo gibt an, er schaffe es in zehn Monaten, verweigert aber jede Auskunft ber den Zustand seines Produktes. Ich habe ein teilweise patentiertes Verfahren ausgearbeitet, das in einem viertel bis lngstens in einem halben Jahr hochwertigen Humus liefert, und gebe bereitwillig Antwort auf jede Frage biologischer Zusammensetzung und Wirksamkeit. Man sieht also schon aus diesen wenigen Zeilen, da die Unterschiede in Bezug auf Zeit und Qualitt recht gro sein knnen. Und nun braucht man sich nur daran zu erinnern, da annhernd 70 Prozent der gesamten Menschheit sich mit Landwirtschaft in irgend einer Form beschftigen. Dann wird man sich nicht darber wundern, da die Meinungen ber Herstellung, Anwendung und lokale Zusammensetzung des Kompostes beraus different sind. Trotzdem oder vielleicht gerade darum schwrt jeder Grtner auf seinen Kompost. Dieser stellt berhaupt das Kleinhandwerkliche in den menschlichen Bemhungen um Humus dar. Kleine Mengen, sparsame Anwendung, Eintagsflei in den Schrebergrten, kleine Freude einfacher Herzen, stundenweise Rckkehr der Enkel zu der Erde der Grovter und Urgrovter, der jene entflohen, als sie vom Land in die Fabrik abwanderten. Oder http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 583

systematische Aufhufung in den groen Handelsgrtnereien, wo sorgfltig alles gesammelt wird, was zur Verbesserung der Erde dienlich sein kann. Es ist bis jetzt typisch fr den Kompost, da ihm der Zug ins Groe fehlt, der Sinn fr die Allgemeinheit, damit auch die richtige Einschtzung seiner Bedeutung, die er eigentlich haben knnte. Er ist infolgedessen stets nur ein Zufallsergebnis der Abbauprozesse. Die notwendigen theoretischen Kenntnisse mangeln. Ganz zu Unrecht gilt er bis heute als eine Nebensache auf einem Nebengeleise. Er wurde und damit steht er beinahe allein unter den notwendigen Erfindungen bisher noch nie in eine Organisation eingebaut. Der Mann der Praxis pfuscht zumeist mit urvterlichen Methoden an ihm herum. Man hat es bislang nicht fr notwendig gehalten, sich systematisch mit ihm zu beschftigen. In den Grten besteht er zumeist aus pflanzlichen Rckstnden. Die verrotten ziemlich schnell, so zhe Gewebe wie Kohlstrnke u. dgl. ausgenommen. Die gegenwrtigen Verfahren soweit man berhaupt von solchen sprechen kann haben alle den Nachteil, da sie durch falsche Lagerung vielzuviele Fulnisorganismen konservieren. Das bezieht sich sowohl auf einfache Aufschichtung als auf die sog. Stapelung. Immer sind zu viele Schimmelpilze vorhanden. Nun sind freilich Schimmelpilze beste Ammoniakproduzenten, wenn auch keineswegs die einzigen. Alle mglichen Kleinwesen wir wissen es ja beteiligen sich an der Herstellung dieser Eiweizwischenstufe. Von ihnen liefert das Bacterium mycoides sogar 21-58 Prozent. Die gefrchteten Monilien, von den Grtnern ganz besonders verflucht, leisten doch wieder ihr Gutes in der Ammoniakbereitung. Schlielich wird auch aus Abwssern und faulenden Harnstoffen der Jauche ein recht bedeutender Prozentsatz Ammoniak ausgefllt. Aus allen diesen Herknften ergibt sich aber doch dasselbe Wirkungsverhltnis, nmlich pro 1 g Stickstoff durchschnittlich 60 g pflanzlicher Substanz. Weshalb gerade die sehr unterschiedlichen Hefen damit sind Wildhefen gemeint im Kompost eine derart vordringliche Rolle spielen, ist leicht zu durchschauen. Auf allen Blten-, Stiel- und Fruchtresten finden sich unvorstellbare Mengen von Nektarhefen, die mit dem Staub berallhin verweht werden. Bis zum Herbst erreichen sie, auch infolge Verschleppung durch Insekten, in allen Obst- und Weingrten sozusagen berastronomische Zahlen. Im Boden hat man solche Wildhefen bis zu 40 cm Tiefe nachgewiesen. Dem Frost widerstehen sie dadurch, da sie wintersber als dickhutige Zysten liegenbleiben. Aber mit dem ersten warmen Regen setzt von neuem ihre Vermehrung ein. Auch sie besitzen einen rumlichen Zyklus, der sich zwischen vlliger Ungebundenheit und engstem Eingefgtsein in den Krper eines Weidetieres hin und her bewegt. Massenhaft verschluckt, bewirken diese Wildhefen wenn auch wohl selten allein, sondern meist mit anderen hefehnlichen Kleinwesen vermischt 584 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

bei den Wiederkuern eine Fermentation des Speisebreies. Mit den Ausscheidungen kehren sie wiederum vervielfacht in die Freiheit zurck. Daraus, da z. B. frische Pferdepfel stets von unzhlbaren Hefezellen erfllt sind, geht allein schon hervor, da sie sich gegen Verdauungssfte sehr wohl zu schtzen wissen. Das Wie ist freilich noch nicht erforscht. Aber das wei man, da dieselben Hefezellen in Schaben (Blattodea) lebenswichtige Vitaminlieferanten sind. Durchsetzen sie auch den Boden mit unentbehrlichen Vitaminen? Die Ablufe der Kompostverrottung verhalten sich analog den uns schon bekannten Abbauprozessen. Zum Schlu fallen die luftsauerstoffscheuen Abbauer dann wie berall den Bakterienfressern zum Opfer, die unerbittlich unter ihnen aufrumen. Jeder Art von Humifizierung liegt ein gewisses Schema von sich folgenden Leistungen zugrunde, das unverrckbar ist. Ganz ausgereifter Kompost entspricht in allen seinen Bedingungen der besten Gartenerde. Von den ausschlielichen Bakterienvertilgern sollen in 1 g Humuserde enthalten sein: Ciliaten 81-1000, Amben 100 000-500 000, Flagellaten 500 000-1 000 000, Algen 100 000. Die sechs bis acht Arten von Rdertieren, die man stndig im Boden finden kann, bevlkern den Kompost oft in enormen Mengen, denn sie sind Ciliaten-, Amben- und Flagellatenverzehrer und ganz von deren Vorkommen abhngig. Die Erdkieselalgen besiedeln ihn in durchschnittlich 60 000 auf 1 qcm. Alles zusammen kann man rechnen, da die Bodenlebewelt des ausgereiften Kompostes darin auch den besten Boden bertrifft, der bekanntlich pro ha 100-150 kg Organismenmasse beherbergt. Dagegen geht die bereits sichtbare Stufe bei weitem ber den gewohnten Bestand im Ackerboden hinaus. Wenn die Versuche von Rothamstead das Ergebnis hatten, da man auf 1 ha an Insekten 6 200 000, greren Nematoden 1 990 000, Tausendflern 2 100 000, Kleinwrmern (Olichogaeten) 1 145 000, Spinnentieren 590 000, Kleinkrebsartigen 84 000, Weichtieren 33 000, also alles zusammen 12 232 800 Lebewesen beobachtete, so kann man guten Kompost um sehr vieles hher einschtzen. Es ist nicht bertrieben, da man die ca. 36 959 000 Individuen, die einen Hektar guter Ackererde bewohnen sollen, in Anbetracht seines fantastisch reich wimmelnden Lebens mit der drei- bis fnffachen Zahl bewerten kann. Und das ist es, was dem Kompost seine Sonderstellung unter smtlichen organischen Dngern verleiht! Sein unglaublicher Lebensreichtum, der die Aufschlieung aller Reste beraus beschleunigt und dadurch allein schon eine ideale Bodenstruktur sichert. Es fllt dabei verhltnismig wenig ins Gewicht, nach welcher Spezial methode er hergestellt wurde. Jede hat ihre Vorteile und ihre Nachteile. Die http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 585

Hauptsache ist, da er berhaupt einigermaen sachgem behandelt wird. Der Kleinbetrieb, der selbst fr Handelsgrtnereien vorlufig allein Kompost produziert, fordert zunchst noch ein berma von Handarbeit und erbringt berall naturgem oft recht ungleichwertige Ergebnisse. Er ist aber trotz dieser Unzulnglichkeiten ein Weg, der zur allgemeinen Bodenverbesserung fhren kann. Es mte nur endlich der Haupteinwand einmal grndlich behoben werden da nmlich, wo und wie man ihn auch herstellt, berall viel zu wenig von ihm vorhanden ist. Es obliegt mir, in diesem Kapitel aufzuzeigen, was der Mensch gegen Erosion und Humusschwund bisher unternommen hat. Es ist unbedingt notwendig, sich einmal darber klar zu werden, aber im groen ganzen ist es nicht sehr erfreulich. Denn es ist eigentlich recht wenig geschehen. Kehrt man von den gewaltigen Perspektiven der Welt- und Erdgeschichte zurck, so sieht man sich in ein Gewirr noch nicht, halb oder falsch getaner Kleinarbeit verstrickt, das jeden freien Ausblick hemmt. Hier geschehen erst wenig bedeutungsvolle Dinge. Verglichen mit dem Bau eines Hauses, ist man gerade beim Mrtelmischen und Ziegeltragen. Es fehlt vor allem noch die groe, einheitliche Idee, was Boden ist und wie Boden behandelt werden mu. Es fehlt die zusammenfgende Synthese nach einer unendlich weit ausgesponnenen und in vielem einander scheinbar gegenstzlichen Analyse. Die Bebauung und Bewirtschaftung der Bden, so, wie sie jetzt blich ist, kann ihre Gesundheit nicht erhalten. Noch weniger kann sie ihre verlorengegangene Gesundheit und Sorptionskraft wiederherstellen. Der Landwirt, insofern er nicht jungfruliche Bden rodet, was in Europa schon seit sehr langem nicht mehr der Fall ist, hat es prinzipiell nur noch mit Mangelbden der einen oder anderen Art zu tun. Er kennt berhaupt den vollendeten Zustand einer niemals ausgentzten Erde gar nicht. Daher stammen so viele unrichtige und verkehrte Begriffe, die wir von unseren Bden haben. Daher rhrt auch die allgemeine Unterschtzung der Kompostierung und ihrer Ergebnisse. Andere Naturdnger Es gibt sie in Masse. Sie verfgen ber die ungewhnlichsten, romantischsten Namen und nicht selten auch ber eine ganz besonders zugkrftige Propaganda. In den USA heien sie u. a.: Peruvian Bird Guano, Fish Meal, Bone Meal, Tankage, Blood, Nitrogenous. hnliches verkauft man unter anderen Namen in allen Lndern. In wachsendem Ma werden die Abflle von Schlachthusern, Knochenleim-, Holz-, Textil-, Konserven-, Casein- und hnlichen Industrien zur Dngergewinnung herangezogen. Alle diese Produkte werden gesetzlich jedoch nur bodenchemisch, niemals biologisch beurteilt. Auf etwelchen Gehalt an etwelcher Lebewelt wird kein 586 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Wert gelegt. Ihre Gradmesser sind stets nur die Retorte und der Formelschatz der Experimentalchemie. Von einem harmonischen Ausgleich der Stoffe ist demzufolge keine Rede. Sie sind fast immer bersttigt mit Phosphorverbindungen und Nitrogen. Eigentlich drfte man sie gar nicht zu den Naturdngern rechnen trotz ihres organischen Ursprunges. Und dann gibt es noch die Impfung mit Bakterien. Zu den humusbildenden Lebensformen gehren: Bodenwrmer, Rdertiere, beschalte und unbeschalte Amben, Springschwnze, Brtierchen, Milben, Tausendfler, Blaualgen, Grnalgen, Kieselalgen, Wimpertierchen, Geiellinge und Bakterien. Das bedeutet, da sie als eine geschlossene Hierarchie von fnfzehn Lebensgruppen, die unter sich ganz unterschiedlich und ganz verschieden ttig ist, eine Bioznose bilden und aufeinander angewiesen sind. Sie stehen lngst in einem harmonischen Ausgleich, in den man von dritter Seite bei dem heutigen Stand der Kenntnisse nicht positiv, sondern hchstens negativ eingreifen kann. Eine Beunruhigung aller mu zwangslufig dann entstehen, wenn ohne natrliche Vorbedingung eine dieser Lebensgruppen pltzlich auf Maximalzahlen vermehrt wird. Die Naturgesetze bringen es mit sich, da dann die brigen vierzehn alles aufbieten werden, um von sich aus den gestrten Ausgleich wieder herzustellen. Nach der Kenntnis verschiedener Beispiele knnen wir nicht daran zweifeln, da ein solcher gewaltsam herbeigefhrter Ausgleich auf Kosten der Invasion jener Lebensformen erfolgt, die als Strer eingedrungen sind. Erst dann tritt wieder Ruhe ein, wenn sich das vorherige harmonische Verhltnis neu festigt. Es bedarf eigentlich gar keiner besonderen Erwhnung, da sich eine solche gesetzmige Weltordnung selbstverstndlich im Boden genau so auswirkt, wie in allen brigen Lebensrumen. Daran mu man nun den Vorgang einer Bakterienimpfung messen, und man wird ohne weiteres begreifen, warum sie so hufig zu eklatanten Mierfolgen oder nach kurzem Erfolg zu einer dauernden Absenkung der angestrebten Fruchtbarkeitssteigerung fhrt. Der Stalldnger verschiebt auch im besten Fall den organischen Bodenausgleich nach der Seite der Saprophyten hin, wenigstens fr eine gewisse Zeit. Dadurch kommen die Bodenpilze, die nicht nur von Fulnis leben, ins Hintertreffen. Obgleich sie geschworene Bakterienausrotter sind, knnen sie sich gegen ein solches berma von Bakterien nicht so behaupten, wie es fr ihre eigenen Bedrfnisse notwendig wre. Das gilt nicht nur fr das Penicillium und den Aspergillus oder den Goldgelben Schimmelpilz, deren diesbezgliche Eigenschaften man jetzt in der Medizin verwendet. Denn auch die Cladosporien ertragen schlecht die Gemeinschaft mit bakteriellen Fulniserregern und reinen Abbauern. Wie gro aber mu erst der Kampf um die Herrschaft sein, wenn man unzhlige Milliarden von Bakterien in eine Erde einimpft, die ja ohnedies http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 587

bereits von der grtmglichen Zahl besiedelt ist. Noch dazu handelt es sich dabei um reine Humusbewohner, Aufbauer durch Luftstickstoffsammlung. Man empfiehlt solche Bakterienimpfungen, um notleidende Bden damit anzureichern. Das bedeutet, auf die tatschlichen Verhltnisse bertragen, da man unzhlige Hungrige an einen Ort bringt, wo sie wenig oder nichts zu essen bekommen. An ausgezeichnete, ja meist bermige Versorgung im Laboratorium gewhnt, jedes Kampfes um das eigene Dasein vllig ungewohnt, sollen sie sich nun pltzlich allein erhalten und zugleich sich an ganz ungewohnte Belichtungs-, Feuchtigkeits- und Temperaturverhltnisse anpassen! Anpassung an Freilandleben ist jedoch durchaus nicht Sache von gezchteten Bakterienkulturen. Es kostet jedesmal einen nicht unerheblichen Prozentsatz von solchen, die versagen und eingehen. Das Maximum willkrlich hineingebrachter Bakterien davon war schon frher die Rede verhungert also oder geht sonstwie zugrunde. Sie finden weder ausreichend Luftstickstoff, noch freien Kohlenstoff oder Kohlensure, noch Phosphorverbindungen. Mineralische Aufspaltung vermgen sie berhaupt nicht zu leisten. Wovon sollen sie also leben? Man hat zu solchen Bakterienimpfungen bereits verschiedene Bakterienarten herangezogen. Da man es mit den Knllchenbakterien zuerst probierte, wurde ebenfalls schon gesagt. Dann versuchte man es mit einigen Streptothrix-Arten, deren Wirkung man aber durch Hinzusetzung verschiedener Schimmelpilze verdarb. Ganz fragwrdig benahmen sich Bact. mycoides und Bact. megatherium. Desgleichen Nitrosomonasarten und Salpeterbakterien. Ein Micrococcus candicans, ein Bact. fluorescens Erfolge wurden behauptet, bestritten, abermals behauptet, abermals bestritten. In Europa und in Nordamerika zchtete und experimentierte man jahrelang mit grtem Eifer. Die Handelslaboratorien schrieben stolz auf ihre Zertifikate, da die diversen Nitrogine, Nitrobakterine, Humogerm u. a. bis zu 37 500 Millionen Keime pro Impfung enthielten. Sie sagten nur nicht, wovon diese Millionen, die sich von rechtswegen durch halbstndige Teilung htten vermehren mssen, im Boden leben sollten. Praktisch erwiesen sich eigentlich nur die Knllchenbakterien in ihren verschiedenen Rassen, also Bact. radicicola und Radiobacter als einigermaen brauchbar. Und auch die nur dort, wo die Fulnisgilde schon gengend vorgearbeitet hatte, wo es z. B. reichlich Pseudomonas europaea gibt. Denn dieses Lebewesen versteht es, aus organischen Krpern Stickstoff herauszureien, den es mit Sauerstoff zu Salpetersure verbindet. Dabei entweicht ein ansehnlicher Teil Stickstoff in die Luft. Andere Saprophyten saugen die von ihnen verflssigten Eiweisubstanzen, denen sie Tripsin beimischen, in Form von Peptonen und Albuminosen wiederum selber auf. Durch ihre Membran passiert die stark saure Flssigkeit ohne weiteres auf osmotischem Wege. Das Asparagin, das sie allenfalls briglassen, verwenden wieder die Schmetterlingsbltler, wenn sie keimen, denn sie bauen aus ihm, unter Hinzufgung von Kohlehydraten, abermals Eiwei auf. (brigens tun 588 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

das auch Hefen aus Zucker und Asparaginsure.) Kurzum Monokulturen sind von bel, auch wenn sie Bakterien betreffen. Auch dann, wenn diese Bakterien an sich ntzlich und unentbehrlich sind. Die Umwandlung und Anreicherung im Boden ist bei weitem nicht so einfach, da man nur eine Phiole Zuchtbakterien hinzuzufgen braucht. Vielleicht der grte Erfolg, den man bisher mit Bakterienimpfungen erzielen konnte, bezieht sich auf jene Prparate, die hauptschlich aus Azotobacterkulturen hergestellt wurden. Der Leser wird sich daran erinnern, da von diesem wichtigsten Organismus des Ackerbodens bereits ausfhrlich die Rede war. Man hat ihn mit am meisten studiert und unendlich oft gezchtet. Unter dem Handelsnamen Azotogen wurde ein Impfstoff aus seinen Kulturen herausgebracht, der Wachstums- (nicht Boden-) verbesserungen bis zu 85 Prozent bewirkte. Freilich nicht auf die Dauer. In England wie in Amerika vermochte er sich am besten durchzusetzen. Zunchst stellte man den Azotobacter zu den Hefen, kam aber bald davon ab. Ob er wirklich ein einwandfreier Salpeterbildner ist, steht auch noch nicht fest. Er ist sehr rtselhaft in seiner groen Wandelbarkeit und eigentlich noch lange nicht ganz erforscht. Jedenfalls scheint er ein unbegrenzter Kosmopolit zu sein. In der Erde ist er auf die obersten Schichten angewiesen, wegen seiner Licht- und Luftbedrftigkeit. Trotzdem scheint es ihm nicht viel auszumachen, wenn er einmal mit dem Grundwasser auch in 80 cm Tiefe hinuntergeschwemmt wird. Zu seiner Begleitflora gehren immer andere Stickstoffbinder, der Radiobacter, das Bacterium aerogenes, die Gruppe jenes merkwrdigen Bacterium pneumoniae, die zugleich auch Zellulosezersetzung bernimmt. (In der menschlichen Lunge zersetzt sie das Gest der Bronchien, das, wie man wei, aus einer Art tierischer Zellulose besteht.) Ob Gebirge, Ebenen, Moore das macht dem Azotobacter wenig aus. Normalerweise ertrgt er eine Bodenversuerung von 6 pH, man hat ihn aber auch schon bei 5,5 pH gefunden. Es gibt keinen Kontinent, wo man ihn nicht schon in unzhlbaren Mengen beobachtet htte. berall besitzt er 10 Grad C Temperaturminimum, aber auch 40 Grad C behindern ihn durchaus nicht. Sein Optimum scheint zwischen + 20 und 30 Grad C zu liegen. Ein strenger Winter lhmt seine Vermehrung jedenfalls nicht weniger, als ein heier, trockener Sommer. Da er whrend seiner Minimaperioden faktisch geradezu zu verschwinden scheint, hat man schon den Gedanken erwogen, da er auer seinen vielen sichtbaren Formen mglicherweise auch eine invisible besitzen knnte, die ihn whrend der extremen Jahreszeiten unsichtbar macht. Wir kennen eine solche kristalloide Erstarrung vom Virus der Tabakmosaikkrankheit als Versuerungs- und Temperaturfolge.

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brigens erlauben es ihm seine derben Zellwnde, monate-, selbst jahrelang einzutrocknen, so da er auch die schlechtesten Zeiten anabiotisch berdauern kann. Verblffend ist sein Formenreichtum. In dieser Beziehung bertrifft er alles, was man sonst an zyklischer Abwandlung gewhnt ist. Man hre nur: Da gibt es groe, runde bis stbchenfrmige Zellen, die keine Sporen bilden. Dann alle mglichen coccoiden Formen. Dann unterschiedliche Zwergformen. Dann kleine Stbchen, nicht sporentragend. Dann kleine, reichlich sporenentwickelnde Stbchen. Dann groe Zellen mit Sporen. Schlielich auerdem eine Auswahl der verschiedensten, zur Vermehrung bestimmten Bildungen (der Bakteriologe unterscheidet sie als Conidien, Regenerativkrper, Exosporen, Endosporen, Arthrosporen, Mikrozysten). Aber auch der Azotobacter selber zerfllt wieder in verschiedene Arten, als da sind: der elfenbeinfarbene Azotobacter chroococcus, der im Alter braun oder schwarz wird. Ein Azotobacter agile, sehr lebhaft beweglich, grn fluoreszierend. Ein Azotobacter Beijeringki, wei bis gelb, seltener. Und dann noch viele andere Arten, Unterarten, Spezial- und Lokalformen. Sie erstrecken sich u. a. auch auf das Meereswasser und den Salzschlick. Mit einem Wort es ist zum Verzweifeln! Ich mchte nicht, da der Leser von alledem etwa nur verwirrt wird. Ich mchte aber gerne, da er eine leise Ahnung davon erhlt, mit welchen Schwierigkeiten man von vornherein zu kmpfen hat, wenn man sich einen solchen Proteus zur Zucht auswhlt. Denn wir ahnen ja gar nicht die Bedeutung einer jeden dieser Sonderformen, wir kennen die natrliche Reihenfolge und demzufolge auch den Sinn dieser Reihenfolge nicht. Wir wissen nicht mit Sicherheit, welche nderungen in der Stickstoffassimilation mit welchen Formen verbunden sind. Welche Wirkungen sie auf die brige Mikrolebewelt ausben, welche Reaktion sie auf die Pflanzenwurzel auslsen. Ist es also nicht ber alle Maen naiv, zu glauben, dieses unbegreiflich vielfltige Bakterium knne auf einem fremden Boden (vielleicht in einer dafr ganz ungeeigneten Form!) Wunder wirken? Wie viel mehr mten wir nicht nur von ihm, sondern von seiner ganzen kologie wissen, um das richtig beurteilen zu knnen! Und, wie vieles wissen wir von alledem nur ganz oberflchlich und unzulnglich! Wie aber steht es mit den Spezialdngern, die, mit knstlichen Wuchsstoff en angereichert, jetzt besonders fr Samen- und Blumenzucht empfohlen werden? Auch hier hat man es mit der sicher oft voreiligen Anwendung bruchstckweiser Entdeckungen zu tun. Auch hier fehlen letzte Erkenntnisse und vor allem Einsicht in letzte Zusammenhnge. Die ganze Wissenschaft von den Wuchsstoffen ist noch jung und sammelt erst Erfahrungen. Meinung und Gegenmeinung stimmen noch lange nicht 590 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

berein. Oft genug aber steht ausgezeichnet gelungenen, scharfsinnig erdachten und durchgefhrten Experimenten eine vollstndige Ahnungslosigkeit in Bezug auf die harmonischen Gesetze des Wachstums und des gesteigerten Humusverbrauches gegenber. Man ist nahe daran, in einen aus Chemikalien, Wirkstoffen, Bestrahlungen, Hormonisierung und Vitaminisierung zurechtgekleisterten Neomechanismus zu verfallen, in welchem der Sinn des Lebens und seine kosmische Einordnung stillschweigend ausgeschaltet wird. Die psychologische Situation ist nicht um sehr vieles anders als damals, da Darwins Stern strahlend aufstieg. Wiederum hlt man alles, was man sich wnscht, fr prinzipiell erreichbar. Es wre gut, wenn diejenigen, die dafr einmal verantwortlich gemacht werden, rechtzeitig einsehen wrden, wie gefhrlich ein solcher Weg ist angesichts der Folgen, die wir seit damals schauernd miterleben. Eigentlich begann es mit den ebenso giftigen als kostspieligen Colchizinbdern. Colchizin ist ein Wirkstoff aus der Herbstzeitlose (Colchicum autumale). Die Lsungen sind sehr schwach, die Badezeit dauert 24, 48 und noch mehr Stunden. Die Grtner arbeiteten bei der Frhtreiberei und zur Bewurzelung schwieriger, wertvoller Stecklinge damit. Die Erfolge sind nicht zu leugnen, nur geht ein Drittel der Versuchsobjekte, mitunter auch die Hlfte, dabei ein. Und immer wieder entstehen hliche Zerrformen, sinnlose Verkrpfungen, Bildungen von Verwulstungen und wahren Verklumpungen. Anderseits freilich erzielte man dadurch Tomatenbume, Riesenrettiche von Mehrkilogewicht und derlei mehr. Sehr ausgiebige Versuche machte man mit Hefen. Man entdeckte eine Gruppe von Wuchsstoffen, die man als Bios I, II, III bezeichnete. Auf die wieder reagieren Mikroorganismen. Heute wei man nicht ganz sicher, ob die Biosgruppe nicht vielleicht den Vitaminen zugezhlt werden soll. Genau besehen, ist es noch immer ein heilloser Wirrwarr der Meinungen und Gegenmeinungen. Aber man hat schon Ketten der unwahrscheinlichsten Art aufgedeckt. Der Schimmelpilz Aspergillus beschleunigt sein Wachstum, wenn man ihm Wuchsstoffe verabreicht, die aus frischem Birkensaft ausgezogen sind. Warum? Man wei es nicht. Hormone aus der Jauche beeinflussen unzweifelhaft die Zuckerrben. Ein Wirkstoff Biotin macht Hefezellen komplett verrckt. Anstatt um das Vierzigfache, wachsen sie in derselben Zeit um das Sechshundertfache. Bei vielen dieser Versuche spielte die kurzwellige Strahlung eine frdernde Rolle. Eine krftige Wachstumsanregung stellt sich ein, wenn man Bakterien, Hefen, Algen in ultraviolettes Licht mit einer Wellenlnge von 260 Millionstel Millimeter bringt. Andere Wellenlngen hemmen das Wachstum. Sehr winzige Bakterien erreichen nicht einmal die Lnge von Rotlicht, nmlich 0,0007 Millimeter. Steinkohle besitzt Hormone, die sogar erregend auf die Bergarbeiter wirken. Das Tier- und das Pflanzenreich sind berhaupt, scheint es, vielfltig durch ber Kreuz gelenkte Wirkstoffe, nicht http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 591 PDF-Ausgabe 62010

nur solche des Wachstums, sondern auch solche der Fortpflanzung, geheimnisvoll miteinander verbunden. Alles in allem es ist noch lange nicht so weit, da man beliebig damit herumwirtschaften kann. Von einer sprbaren Erleichterung der Welternhrung durch knstlich zugefgte Wachstumshormone ist vorderhand noch gar keine Rede. Man mu das alles erst viel besser kennenlernen, ehe man den Deus ex machina spielen kann. Von den ferneren und entferntesten Auswirkungen hat man noch gar keine Ahnung. Und ein gelungener Laboratoriumsversuch das mu man immer wieder betonen bedeutet noch lange nicht, da dieselbe Sache auch im groen anwendbar ist. An diesem Punkt beginnt denn auch das Reich der Hypothesen. Wahre Urwlder von Hypothesen wuchern aller Ecken und Enden auf. Immer wieder wird die Frage erwogen, ob man sich denn nicht ganz vom Boden und seinen Begrenztheiten unabhngig machen knnte. Vielleicht wrde es gengen, riesige Becken oder betonierte Tiefgrben mit chemischen Lsungen aufzustellen, sie mit knstlichen Wuchsstoffen zu versorgen und so in den heutigen Wsten gigantische Gewchse zu erzeugen. Das wre fr die Technik doch eine leicht lsbare Aufgabe! (Wer solches spricht oder schreibt, hat natrlich niemals im Leben eine Wste gesehen.) Oder: Warum befreit man sich denn nicht berhaupt von den Jahreszeiten und schafft der Menschheit nicht ununterbrochene Dauerernten? Hat die amerikanische Armee nicht auf wasserarmen Inseln ihren ganzen Gemsebedarf fr groe Besatzungen in aufgestellten Kvetten erzeugt, in die man nichts als knstliche Salze schttete? Oder: Es ist doch jetzt gelungen, die radioaktive Phase des Kohlenstoffes von zwanzig Minuten auf einige Stunden auszudehnen. Da mu man doch sehr bald schon knstliche Pflanzen herstellen knnen. Man kennt doch ohnedies bereits die Formel des Chlorophylls, warum wendet man sie denn nicht an? Dann htte man Zucker, Fett und Strkemehl im berflu und es gbe keinen Hungernden mehr. Oder: Warum macht man denn nicht allen Dnger radioaktiv? In den Ruinen von Hiroshima entstand doch nach ein paar Jahren ein so unbndiges Wachstum aller Pflanzen, wie man es noch nie fr mglich hielt. Nur die Fachleute sind so bervorsichtig und wollen nichts von einem allgemeinen berflu wissen (natrlich, denn dann sinken die Preise, ein Blinder kann das sehen!). Die reden immer nur davon, da man ernsthaft hchstens mit einer Steigerung des mineralischen Zerfalls oder einer Zunahme der elektrolytischen Vorgnge rechnen kann. Die Wissenschaftler verstehen eben nichts von der Wirtschaft und sind weltfremd und ohne praktische Einsicht ... Da hat man die beiden Gegenbeispiele: Materialistische Scheuklappen, Beschrnktheit, ein strfliches Ableugnen jedes weiteren und hheren Horizontes auf der einen Seite regenbogenbunte Wolkenschlsser und euphorische Hemmungslosigkeit auf der anderen Seite. Uferlose Phantastereien, Schlagworte, nicht oder falsch verstanden, oft genug berhaupt nur falsch 592 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

gehrt. Und das lrmt die Zeitungen voll, das spektakelt in Radios und Vortrgen, das tobt sich in wilden Phantasmagorien aus ... Hier schneiden die Begrenzungen der menschlichen Planung scharf und unerbittlich ein. Hier hlt der Wissende zgernd inne und sucht hinter dem bunten Sansara das ewige Gesetz. Aber unbekmmert von alledem werkt die unermdlich grabende, sende, erntende Hand, die Jahrhunderte, Jahrtausende lang nicht von einem einzigen richtigen und richtig begriffenen Gedanken gelenkt wurde. Und davon lebt nun die Menschheit! Pflanzen und Tiere, Himmel und Erde spiegeln gewissermaen nur die eigene Unzulnglichkeit wider, die Hungersnte und Erosionskatastrophen heraufbeschwrt, ohne zu wissen, wodurch. Und so viel Elend und so viel Leid ... Mineralischer Ersatz Im 16. Jahrhundert begann man bereits, da und dort Kalk aufzustreuen. Es ist wahrscheinlich, da man beobachtet hatte, da sehr schwere Bden dadurch leichter zu bearbeiten waren. Von Kalk als Pflanzennahrung hatte man sicher nicht die leiseste Vorstellung. brigens erzhlte man bereits schon von rheinischen Frhstmmen, da sie aus dem Boden gegrabene weie Kreide auf ihre cker getragen htten. Damit hat der Rmer Varro ganz sicher nicht Schreibkreide gemeint, sondern die hellen Kreidekalke der Champagne, wirklich eine Hinterlassenschaft der Kreidezeit, die heute allerdings kaum Getreide, sondern eigentlich nur Weinreben tragen. Ganz gewi hatte man im Mittelalter auch beobachtet, da auf dem verrufenen Schindanger, wo man gemeinhin nicht nur die gefallenen Tiere, sondern auch die Galgenleichen begrub, in jedem Frhjahr ein wild und giftig grnendes Pflanzenwerk aufscho. Durch das tgliche Leben und die religise Kunst wute man damals sehr genau Bescheid ber alle Zustnde der Verwesung in und auerhalb der Erde. Es war jedermann gelufig, da das Gerippe im Boden unabsehbare Zeit erhalten blieb, whrend alle Weichteile verschwanden. Es war sogar Jahrhunderte allgemein blich, ausgekochte Knochen als Material fr Kleiderknpfe zu verwenden. Perlmutter kannte man zu jener Zeit dafr berhaupt nicht, Horn war viel zu wenig vorhanden und Elfenbein konnten hchstens Knige und Frsten bezahlen. Die Reste, die bei der Knochenschneiderei abfielen, streute man auf sein Feld. Zuerst im Rohzustand, dann drehte man sie durch Knochenmhlen, bis sie ein grobes Pulver waren. Nach England, wo das Knopfdrechseln ein vielbetriebenes Handwerk war, wurden als Rohmaterial bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts Schiffsladungen voll Knochen gebracht. Es heit, da selbst aufgelassene Friedhfe auf diese Weise wieder nutzbar gemacht wurden. Jedenfalls schtzte man, da jhrlich beilufig an 100 000 t Trmmerwerk von Knochen, die man nicht mehr handwerklich brauchen konnte, in die Mhle und von da aus als Knochenmehl auf die cker wanderten. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 593

Damals waren die Bden Grobritanniens schon lngst humusarm und der Erfolg des Knochenmehls wirkte nicht zufriedenstellend, denn es fehlten die Mineralaufschlieer aus der Bodenlebewelt. Erst als Mr. Lawes, der Grnder der nachmaligen Versuchsanstalt Rothamstead, nach einer Anregung von Liebig darauf verfiel, die mangelnde Schwefelsureaufschlieung selber vorzunehmen, ffnete sich gewissermaen ein Riegel nicht nur die Rckkehr des Knochenkalkes in die Erde betreffend, sondern auch in den Kpfen. Als Superphosphat meldete Mr. J. B. Lawes zwei Jahre spter sein Verfahren zum Patent an. Damit war ein Weg beschritten, der sich im Verlauf von noch nicht einem Jahrhundert zu einer gigantischen Weltstrae auswuchs. Ein Prinzip war gefunden worden, das gleich einem um 180 Grad gedrehten Steuerrad das ganze Problem Boden pltzlich in eine neue, ganz ungeahnte Richtung leitete. Man wute jetzt wenigstens, da die Erde Knochen nur dann verzehrte, wenn sie vorher durch Schwefel aufgeschlossen worden waren. (Von der Fhigkeit der Pflanzenwurzeln, Geobioten und vieler niederer Gewchse, gleichfalls durch Schwefelsuretzung Kalk aufzuschlieen, ahnte man freilich noch lange nichts.) Immerhin wurde man so auf die Phosphate aufmerksam. Man ging ihnen nun auch im Boden nach. Wieder waren es die Englnder, die 1847 zuerst in Suffolk, spter in Cambridge mineralische Phosphate ausbeuteten. Phosphatlager sind nicht selten. Die ganze Welt soll angeblich 17 Milliarden Tonnen abbaufhige Phosphate besitzen. (Wir wissen, da er auerdem als Apatit berall vorkommt.) Aber dieser Rohphosphat ist der Pflanze unwillkommen. Auch die Kalkphosphorverbindungen schneiden durch die organische und anorganische Welt quer durch. Auch von ihrem Zyklus kann man nicht an jedem Punkt mit Sicherheit sagen, inwiefern er sich auf seinem Weg durch die Krper, durch Leben und Tod verndert. Man hat sich nur davon berzeugt, da die organische Phosphorsure, die aus jenen alten Bonebeds liegen blieb, einen ganz besonderen Dngewert besitzt. Spanien ist reich an solchen Bonebeds, ebenso das westliche Florida. Von dort importierte man natrliche Phosphorsalze bereits in den achtziger Jahren. Aber Nordafrika ist noch weit ergiebiger, Algerien, Tunis, die Distrikte von Gafsa und Tebessa. Sie wurden 1873 entdeckt, die ersten vier Konzessionen vergab man um 1894. Im ganzen teilen sich 24 Lnder in den Weltbesitz an Phosphaten, aber fast 60 Prozent fallen Frankreich und den franzsischen Kolonien zu. Das ist ein Schatz von auerordentlichem Wert. Eine uralt verschollene Erdgeschichte hat ihn dort aufgespeichert. Welche unerforschliche Fgung schenkte ihn gerade jenem Lande, das unwissentlich als erstes in Europa mit der neuzeitlichen Humusverwstung begann? Und in welchem durch diese selbe Humusverwstung so tiefgehende geistig-revolutionre Folgen entstanden, die wiederum auf die ganze Welt ausstrahlten und noch weiter ausstrahlen! 594 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Und immer wieder trieben die persnlichen Bedrfnisse den Menschen dazu, die Oberflche der Erde abzusuchen. Wonach? Nach Salz. Lngst dachte er nicht daran, da nicht nur der Magen, sondern auch die Erde gewisser Salze bedrfe. Quer durch unseren Kontinent stt eine ungeheure Salzbarre. Sie verbindet Westen und Osten, beginnt in Elsa-Lothringen und endigt in Polen. Ein versunkenes Meer ist dort langsam eingedampft und hat, ungestrt von allen Gewalten der Erde, langsam seine Salze ausgefllt. Das lernt heute in der Schule jedes Kind, und mit dem Namen der Stadt Stafurt verbindet sich unweigerlich der Begriff Salz. Da es dort Salzquellen gab, wute man seit undenklichen Zeiten. Aus Mnnern, die noch unter Karl dem Groen dort Solepfannen einsotten, fanden sich die ersten Ansiedler zusammen. Wie alle Salzstdte, wurde Stafurt rasch und mhelos reich. Der Dreiigjhrige Krieg, der die zwlf Millionen damaliger deutscher Bevlkerung auf vier Millionen herabsenkte, unter denen dann auch noch die erste Auswanderung als verzweifelte Flucht umging, brachte auch die berhmte Stafurter Saline zum Stillstand. Sie war in einem so verkommenen Zustand, da der preuische Fiskus sie um 1797 um alles zusammen 85 000 Taler kaufte. Kein Fiskus kauft etwas, wovon er sich nicht sicheren Gewinn verspricht. Man lie also bohren. Jawohl, es gab Salz. Viel Salz sogar. Aber es war unrein, bitter, ungeniebar. Erst darunter lag dann sehr gutes Steinsalz von kristallener Reinheit. Also warf man die hindernden, berflssigen Abraumsalze auf riesige Halden und freute sich beraus, trotz dieser ziemlich kostspieligen Mehrarbeit in den Besitz von so viel gutem und gut verkuflichem Steinsalz zu kommen. Natrlich erzhle ich damit niemandem etwas Neues. Wenn ich es trotzdem erwhne, so geschieht es nur darum, weil man sich bei der historischen Entwicklung des Humusproblems immer wieder daran erinnern mu, wie wenig der Mensch bewut dazu beigetragen hat, die Belange seines Bodens rechtzeitig kennenzulernen. Irgendwann einmal fiel es den Leuten aber doch ein, den Carnallit auf den Halden zu untersuchen. Die A nalyse ergab, da er Kali enthielt. Auch darber regte man sich nicht besonders auf. Kali konnte man jederzeit aus Holzasche bekommen. Diese Pottasche kannte man schon sehr lange. Immerhin taten sich die ersten Besitzer der deutschen Kalilager mit den ersten Erforschern zusammen und grndeten 1888 das Kalisyndikat. Aber man hat es schon lngst gelernt, auch die anderen Weltvorkommen auszubeuten: In Spanien, in Nordruland, in Amerika, in Chile, in Indien,

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in Abessinien. Kali ist ein Weltgeschft geworden. Leider wird ja jedes der unabnderlichen Bedrfnisse eines Tages zum Weltgeschft. Das Leben selber macht keine Ausnahme davon. Und so bahnte sich ber die Abraumsalze abermals ein neues groes Weltgeschft an, das mit der richtigen Einsicht eines findigen Kopfes anhob und mit dem globusumspannenden Trust einer Schlsselindustrie endigte. Das Geschft hie diesesmal Stickstoff und zunchst Salpeter. In einem gesunden Boden ist Salpetersure oder Nitrat kein Endprodukt. Beides ist nur eine Durchgangsform, die als stoffliche Brcke die Pflanzenwurzel mit dem Edaphon verbindet. Demzufolge haben humusreiche Bden in harmonischer Zusammensetzung nur jene 1-2 Prozent Stickstoffgehalt, die sich aus Luftstickstoff, organischem und mineralischem Nitrogen zusammensetzen. Das gilt aber nur bekanntlich fr gesunde Bden, die ihre natrliche Leistungsfhigkeit noch voll besitzen. Jede Ernte verschiebt das optimale Verhltnis. Man wute natrlich auch nicht im entferntesten, da der Umbau der Fulnis das groe Pendel ist, das die Bodenerneuerung und Stickstoffversorgung im Gang hlt. Dagegen besa jeder Bauer darber seine Erfahrungen, da die grauweie, penetrant riechende Kruste, die sich an Stall, mauern stndig niederschlgt, das Wachstum der Pflanzen frdert. Leider gab es davon niemals viel. Was bildet sich denn schon auf einer Mauer an Saliter, den man auch Salpetrae oder Salz des Steines nannte? Das konnte jeder sehen, da der Stein das Salz nicht von selber aus schwitze. Das wute auch der dmmste Oc hsenknecht. Es kam ganz einfach von der Jauche. Muten nicht die Bauern, vor allem die des eroberten Schlesiens, in den Kriegszeiten des zweiten Friedrich bei strenger Strafe allen Saliter an die preuischen Pulvermhlen abliefern? Muten sie nicht eigens zu diesem Zweck gekalkte Mauern um und in ihren Hfen auffhren, die man fleiig mit Jauche begieen und halbjhrlich sauber abkratzen mute? Aber hatte man davon etwas fr seine Felder? Nichts hatte man alles fra der unersttliche Kriegsgott! Denn seit dem verhngnisvollen Tag, an dem der schwarzknstlerische Mnch mitsamt seinem ersten Pulvermrser beinahe in die Luft flog, galt Salpeter nur als Ingredienz bei der Schiepulverbereitung. Fr die spanischen Vizeknige, die in Lima residierten, war denn auch die chilenische Salpeterwste das wichtigste Rohstofflager fr Kriegswaffen. Wer sich ihr auf verbotenen Wegen nherte, wurde ohne Umstnde erschossen. Der Salpeterschmuggel blhte von dort aus fast ein Jahrhundert lang und war ebenso lukrativ wie gefhrlich. Dieser Chilesalpeter, der brigens kein Kali-, sondern ein Natronsalpeter ist, liegt als rote caliche steinhart in einer herzerschtternd den und traurigen Wste, die nicht einmal durch einen Grashalm oder ein Flechtenbschel 596 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

unterbrochen wird. Es gibt kein Wasser. Es gibt nur Hitze, Staub, Durst. Es ist ein Nomansland von schlimmstem Aussehen und doch ist es ein unerhrter Schatz, der Fruchtbarkeit aus den ihres Stickstoffes beraubten Bden hervorzaubert. Um 1830 wurden nach dem Aufhren der spanischen Herrschaft die ersten 800 Tonnen ausgefhrt. Beileibe nicht zur Steigerung der Ernten, sondern einzig, um durch Herstellung von noch mehr Schiepulver noch mehr Menschen tten zu knnen. Die Sechzigerjahre, die bereits eine Ausfuhrsteigerung auf 100000 Tonnen erlaubten, fielen aber schon in das bodenchemische Zeitalter. Liebig hatte mit den Abraumsalzen sehr gute Erfahrungen gemacht, trotz der wsten und hchst persnlichen Propaganda, die sich von allen Seiten, nicht nur von der Landwirtschaft allein, gegen ihn erhob. So versuchte man es denn auch mit Salpetersalzen. Woher sie rhrten, darum kmmerten sich die wenigsten. Da sie verhltnismig billig waren, kaufte man auf, was eben zu bekommen war. Niemals hatten die Kpfe weniger Verstndnis dafr, da ein Maximum kein Optimum ist. Man berftterte die Bden mit Salzen. Am liebsten htte man allen noch vorhandenen Humus entfernt, um im nur noch chemisch reinen, nicht mehr organisch verunreinigten Boden zu sen und zu ernten. Man ahnte bis dahin ja auch nicht viel von den Geheimnissen der fruchtbaren Erde, aber niemals wute man weniger als zu jener Zeit. Da hatte man denn endlich die Dreiheit Nitrogen, Kali, Phosphor gewissermaen in der Retorte. Nach dem ewigen beklemmenden Dngermangel, dem sichtbaren Verfall der Bden konnte man von nun an mit ungezhlten Tonnen von Kunstdnger rechnen. Noch mehr! Man konnte sie nach Belieben herstellen, wenn man die ntigen Fabriken dazu errichtete. Und man konnte sie errichten, auch dadurch schaffte man wieder Brot, und dieses Brot setzte sich abermals in wirkliches Brot um. Es war eine unschilderbare Erlsung, ein Aufatmen, das durch die ganze Welt ging, ein Befreitsein von der unablssigen Sorge: Wo nimmt man gengend Brot her, womit bezahlt man es, durch welchen Export gleicht man den gewaltigen Import an Getreide aus? An dem Triumph dieser endlich gelsten Frage waren sie alle mitbeteiligt, die Landwirtschaftler, die Nationalkonomen, die Chemiker, die Industriellen, die Parteifhrer, die Regierungen und nicht zuletzt das ganze Volk. Um 1917 fhrte Chile ber 3 Millionen Tonnen Salpeter aus (von dem zwar ein Teil fr Sprengstoffe verarbeitet wurde), und der Ausfuhrzoll allein deckte den gesamten Staatshaushalt zu 60 Prozent. Und abermals war es der Krieg, also der hemmungslose Vernichtungsgedanke, der den Menschen lehrte, sich nicht des exportierten, sondern des in Kohle und Luft enthaltenen Stickstoffes zu bemchtigen. Der erste Weltkrieg verschlang hochexplosive Stoffe in einer bis dahin nicht einmal fr mglich gehaltenen Menge. Freilich wurden sie bereits nicht mehr alle mit http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 597

Hilfe von Salpeter hergestellt. Das blockierte Deutschland vermochte nur geringe Salpetermengen aus bersee hereinzubekommen. Schon kurz nach der Jahrhundertwende waren aber die Norweger so glcklich gewesen, mit Hilfe des elektrischen Lichtbogens aus der freien Atemluft Stickstoff abzuscheiden. Dieses Patent wurde nun in den mitteldeutschen Stickstoffwerken ausgebaut. Bereits um das dritte Jahrzehnt unseres Jahrhunderts stellte die deutsche Stickstoffindustrie jhrlich 600000t Nitrogen fr die Bodendngung zur Verfgung. Denn um diese Zeit wurde die Bodenverarmung zwar noch nicht ganz zu einem Welt-, aber doch schon zu einem Kontinentalproblem. In den Pampas saliteras arbeitete man brigens mit verbesserten Methoden weiter. Es sieht so aus, als htte der Chilesalpeter vor dem rein chemisch gewonnenen und noch durch keinen Organismus durchgegangenen Nitrogen einen unleugbaren Vorzug. Dieser biologische Faktor scheint von einer viel greren Wichtigkeit zu sein, als man ursprnglich annahm. In den letzten hundert Jahren ist eine unermelich groe Fachliteratur ber bodenchemische Fragen und Verfahren entstanden. Alle Lnder mit eigener Bodenkultur sind in ihr vertreten. Natrlich ist es ganz ausgeschlossen, zu ihr im einzelnen hier Stellung zu nehmen. Die Stellung des Humusproblems dazu wurde ja ohnedies bereits gengend umrissen. Hier wollten wir nur einmal den Hergang kennenlernen, wie der Mensch, um dem von ihm verursachten Humusschwund entgegenzutreten, auf die Mineraldngung verfiel, die darin besteht, da man der Erde anstatt durch organische Prozesse entstandener Nhrsalze das reine und vom Leben noch unberhrte chemische Element verabreicht. Knstliche Dngesalze Whrend unter halbwegs gnstigen Verhltnissen die organische Dngung lange ohne die anorganische auszukommen vermag, kann die anorganische nicht einmal fr eine einzige Vegetationsperiode die Arbeit der Organismen entbehren. Das ist, auf einen Nenner gebracht, der prinzipielle Unterschied zwischen beiden, und das kann man sich nicht oft genug einprgen. Denn daraus resultiert die zuerst heftig ansteigende und dann meist ebenso heftig abfallende Kurve bei der Anwendung von knstlichen Dngesalzen. Gegenwrtig hat man bereits eingesehen, da es vorteilhafter ist, ein gleichteiliges Gemisch von Phosphor, Nitrogen und Kali zu verwenden. Das steckt hinter den verschiedenen Hakaphos, Nitrophoska und hnlichen Prparaten. Im Humus gibt es berhaupt kein ausschlieliches Vorkommen der einen oder anderen Substanz. Da gibt es nur ein mehr oder weniger geregeltes oder gestrtes Grundverhltnis. Man ist jetzt allgemein berall zu sog. Volldnger bergegangen, denn man hat sich von den Schden einseitiger Anwendung berzeugt. Zu viel 598 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Phosphorsure verursacht ein wildes, berstarkes Aufschieen der Keimpflanzen, die dann mitten im Wachstum steckenbleiben. Zuviel Phosphor oder nur Phosphor allein ist auch nicht gnstig fr Weizen, denn die Bildung gewisser Pentosane (Zuckerarten, die fr wichtige Kohlehydratzersetzer spter notwendig sind) wird dadurch geschdigt. Und alle Phosphorverbindungen werden im Boden besser aufgenommen, wenn zugleich fr mehr Salpeter Sorge getragen wird. Rohphosphate dagegen, die stets Neigung haben, die Bden zu versuern, gibt man besser auf notleidende Kiefernoder Lrchenbestnde, die nicht nur an sich sauer, sondern auch meist dazu noch katastrophal nhrstoffarm sind. Die nehmen dankbar alles auf, was sie an Nhrsalzen bekommen. Zudem sorgt die auf solchen sandigen Grnden enorme Auswaschung schon dafr, da nicht zuviel Mineralisches im Boden bleibt oder dort aufgeschlossen wird. Sehr kaliarme Moor- und Sandbden sind nicht so empfindlich gegen Kalischdigungen, sogar wenn sie das Kali in Form von reichlich Kainit erhalten. Entgiftet man solche bermige Gaben durch regelmige Kalkzustze, so behebt man einen Teil der Versalzung. Mit Thomasschlacke, dem gegenwrtig mit am meisten bevorzugten knstlichen Phosphorlieferanten, mu man sowohl auf sauren, wie auf alkalischen Bden sehr vorsichtig sein. Von der Speicherung von Kali, fr welche die groen Kalifresser Zuckerrben, Spinat usw. verantwortlich gemacht werden mssen, war bereits die Rede. Eine auerordentliche Zucker- und Strkebildung, welche auf solche Weise hervorgerufen wird, mte demzufolge einmal auf ihre gesundheitlichen Nachteile geprft werden. Man bentzt deswegen jetzt schon hufig den Ausweg, da man sie als sog. Vorfruchtdnger gibt. Dann bernimmt eine sehr kalibedrftige Pflanze, etwa Getreide, den Lwenanteil, der hier der besseren Strohbildung dient. Die wertvolle Nachfrucht aber erhlt den weit weniger schdlichen, unter gnstigen Humusverhltnissen bereits organisch gemachten Rest. Viele Gewchse vertragen berhaupt keinen Kunstdnger. Tabak, der so heikel ist, da die Wolgadeutschen ihrem Machorka nicht einmal eine Handvoll Stallmist gnnten (damit das Aroma nicht leidet und das Blatt nicht zu derb wird), ist ein fr allemal von jedem knstlichen Nhrsalz ausgeschlossen. Im Orangebelt von Florida, der Tausende von Kilometern kostbarer Citrusplantagen umfat, ist alle Art von Kunstdnger verpnt. Man verwendet kaum den einheimischen Phosphat. Samenzchtereien, Edelobstgrtner vermeiden Kunstdnger, soweit es ihnen mglich ist. berdies wei jeder auch nur einigermaen mit Landwirtschaft Vertraute, da man Superphosphate, knstlichen Harnstoff (den man schon seit Wllner, also seit Mitte des vorigen Jahrhunderts, herzustellen gelernt hat) und alle die anderen, leidenschaftlich und mit dem Aufwand eines groen Kapitals propagierten Kunstdnger nur in einem Landstrich mit reichlichen Niederschlgen anwenden soll. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 599

Man kann sich leicht sagen, weshalb. Wo nicht eine ausgiebige Verdnnung und Auswaschung erfolgt, verbrennt der Boden, nicht anders, wie bei einer hochprozentigen Versalzung, und es dauert mitunter mehrere Jahre, bis das Unheil wieder ausgeglichen ist. Die Anweisung fr solche knstliche Dngergaben spricht zwar von nur 2 kg Superphosphat und Kali auf 100 qm. Von Kalkammonsalpeter sollen 1-2 Lffel auf 10 1 Wasser gegeben werden. Aber wer kann eine Garantie dafr bernehmen, da irgend ein Landwirt, ungeduldig und verrgert, ohne alle theoretischen Kenntnisse ber das Pro und Kontra der mglichen Folgen, nicht doch mehr aufstreut? Auch hat sich die von einem ungarischen Fachmann (Professor Kreybig, der geradezu mustergltige Bodenkarten Ungarns geschaffen hat) warm empfohlene Methode, Superphosphat in Nestern in den Boden zu geben, keineswegs allgemein durchgesetzt. Dabei scheint sie vorteilhaft, weil dadurch die dazwischenliegende Erde weniger Strukturvernderungen erfhrt. Das Alpha und Omega einer unsachgemen Anwendung ist das wurde bereits ausfhrlich auseinandergesetzt eine Verschlmmung und Verdichtung der Erde, ein Aufhren der Bodenkrmelung, eine Herabsetzung der Bodenlftung, eine Verringerung der Humifizierung, ein Zugrundegehen der Bodenlebewelt und der gesunden Bodenkolloidalitt. Und unsachgem ist jede Behandlung mit Kunstdnger, die nicht gleichzeitig auch fr eine Zunahme und Verbesserung des Humusgehaltes durch Bercksichtigung der biologischen Komponente also des Edaphons und seiner Lebensbedingungen sorgt. Diese klare Formulierung ermglicht es endlich, das Fr und Wider der soviel umstrittenen, teils bermig in den Himmel gehobenen, teils grundlos verdammten Wirkungen der Kunstdnger abzuwgen. Wie immer, sind auch hier die extremen Meinungen und Gegenmeinungen unzutreffend. Die mineralische Komponente des Bodens, die bei der Ernhrung alles edaphischen und Pflanzenlebens unentbehrlich ist, braucht einen gleichartigen Ersatz. Dieser Ersatz vollzieht sich auerhalb des Menschen durch eine mavolle Erosion, welche die laufende Aufschlieung von Orthound Plagioklas, von Apatit, von Kalk- und Silikatsedimenten gewhrleistet. Dazu kommt alles, was aus organischen Resten als anorganisch ausgefllt wird, also aus Holz, Pflanzen und Tierkrpern und den natrlichen Abfllen des Lebens. Der Zustrom dieser vielfach gemischten Ersatzstoffe nimmt unter natrlichen Verhltnissen nicht zu und nicht ab, sondern hlt sich im Gleichgewicht mit den Bedrfnissen der Erde und der Vegetation. Darum ist er auf Urbden oder im Wald berhaupt kein Problem. Der Boden bekommt durch Gasverwertung der Pflanzen immer etwas mehr zurck, als er an das. Leben abgibt.

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Dieser Kreislauf ist auf Kulturbden nach jeder Weise hin unterbrochen. Der Boden mu einerseits mehr leisten, denn wir bauen fast nur Pflanzen an, die ihn stark ausbeuten, weil wir aus anderen unsere Nahrung nicht bestreiten knnen. Anderseits erhlt er unter allen Umstnden weniger zurck, als ihm entzogen wird, in vielen Fllen kaum etwas, denn nicht nur die Ernten, sondern auch die Rckstnde werden vom Menschen meist entfernt. Also mu der Landwirt notwendig einspringen und fr den Ersatz der stndig entzogenen Stoffe sorgen. Da der Entgang ein sehr groer ist, so mu auch der Ersatz ein dementsprechend groer sein. Es gengt also nicht, nur ausschlielich die mineralische Komponente zu ergnzen, sondern auch die humose, also die biologische ist zu ersetzen. Humus ist eine einheitliche Formation, dadurch sich erhaltend, da die vielfltigen Stoffe und Prozesse sich in ihm im Gleichgewicht befinden. Leben entsteht in ihm durch Stoffliches, und das Stoffliche wird wiederum durch das Leben aufnehmbar gemacht. Eine Zufhrung von rein mineralischen Salzen bringt also nicht weniger eine Disharmonie mit sich, als eine bersttigung mit organischer Fulnis oder ein berma von Bakterien. In allen diesen Fllen entsteht nicht Humus, sondern ein ungengendes, zuweilen sogar schdliches Zwischenprodukt, das sich weder erhlt, noch die Funktion von Humus ausben kann. Angewendet auf den Kunstdnger heit diese logische Folgerung: Wo in einem Boden noch viele humose Bestandteile und dadurch ein zahlreiches und gesundes Bodenleben vorhanden sind, kann mehr und besser Kunstdnger aufgearbeitet werden und die Schden sind, solange sich dieses Verhltnis nicht verschlechtert, nur gering. In solchem Fall wird der Erfolg des Kunstdngers sichtbar und nicht abzuleugnen sein. Wo dagegen ein Boden humusarm und ohnedies bereits viel zu mineralisch ist, da mu man mit einer unausgeglichenen und mangelhaften Bodenlebewelt rechnen, es wird nur wenig Kunstdnger aufgearbeitet und die Schden knnen mitunter recht unerfreulich werden. Das Wichtigste ist also, unermdlich das ntige Gleichgewicht zu beachten, wenn man nicht eine schwer zu behebende Verschlechterung des Bodens anstatt einer Verbesserung der Ernte bekommen will. Mit anderen Worten: Wenn man in die humusschaffenden Ablufe des Bodens mineralisch eingreift, so darf man dadurch nicht eine strende Disharmonie hervorrufen. Denn Humus hngt als vielfltig funktionelles Gebilde nicht nur von den Kalorien, sondern ebenso von seinem Leben und dem richtigen Verhltnis des einen mit dem anderen ab. Die sog. Volldnger sind immer reich an dem bekannten AmmoniumIon, das chemisch zu Salpetersure oxydiert und dadurch den Bodensuregehalt oft ber das zulssige Ma erhht. Das ist durchaus kein Nutzen, sondern braucht irgendwo notwendig sein Gegengewicht. Anderseits fhren http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 601

die pltzlichen Obererfolge mineralsalzgedngter Pflanzen notwendig zu einer verstrkten Bodenausplnderung. Das gilt auch dort, wo ursprnglich kein fhlbarer Humusmangel bestand. ppigeres Wachstum, reichere Ernten, hherer Ertrag knnen nur aus dem ganzen Boden, nicht etwa von etlichen Mineralsalzen bestritten werden. Das Chemische ist nur die Hlfte, aber niemals ein Ganzes. Die chemischen Elemente, das chemische Mischungsverhltnis sind stets etwas genau Berechenbares. Dafr sind sie ja anorganisch. Unberechenbar ist jedoch ihre Umwertung, denn die untersteht dem biologischen Faktor. So erklrt es sich, da z. B. die Mittelzahl einer erfolgreichen Phosphordngung 70 Prozent aller Anwendungen betrgt, da sie aber trotzdem sich einmal auf 50 Prozent, einmal auf 30 Prozent und einmal vielleicht sogar auf 90 Prozent belaufen kann. Es war eben der biologische Faktor jeweils anders. Das allein ndert alles. Darauf wurde allerdings bisher viel zu wenig geachtet. Denn der Mineralsalzdnger wurde mittlerweile in die Weltanschauung von der absoluten Autonomie des Menschen eingereiht. Angesichts der ganzen Zeitstrmung war das begreiflich, aber nicht frderlich. Im Deutschland des Dritten Reiches wurde, besonders in den letzten Kriegsjahren, die Landwirtschaft befehlsgem auf Kunstdnger umgestellt. Das Stickstoffkapital beherrschte unumschrnkt den gesamten Bebauungsplan. Wer sich aus besserer Einsicht dagegen wendete, wurde nahezu als Hochverrter erklrt. Absichtlich und unabsichtlich verschwieg man die offenkundigen Schden und die zunehmende Verschlechterung der Bden der ffentlichkeit und sich selber. Trotzdem konnten die Eingeweihten es sich nicht verhehlen, da z. B. durch die bermige Kalidngung, verbunden mit Nitrogen, die Osmose in den Blttern gestrt wurde. Experimente in den eigenen Laboratorien bewiesen, da dadurch ein starker Rckgang der Assimilationsfhigkeit hervorgerufen wurde. Der Druck des Zellsaftes in Haferblttern um ein anderes Beispiel zu nennen betrgt normal 7 und 12 Atmosphren. Wird er zu hoch gespannt, so leidet nicht nur das Gewebe, sondern die wichtige Transpiration. Das aber wird durch berdngung mit Mineralsalzen herbeigefhrt. In Fachwerken war schon frher die Meinung vertreten worden, da die Stickstoffbindung im Boden sich nicht chemisch durch die sog. Sorption, sondern durch Organismen vollzieht. Die meisten der sich auf ca. 150 Arten belaufenden wirksamen Pilze und Algen sind an ihr beteiligt. Geradezu sichtbar ist die Zunahme an Gesamtstickstoff im Boden, die auf solche Weise durch das Bodenleben entsteht. (Sie stieg im Versuchsfeld Broadbalk von 1881-1904 von 0,108 bis auf 0,145 Prozent, in Geestroft von 0,108 auf 0,131 Prozent, in einem von 1879-1913 beobachteten Stck Wiesenland sogar von 0,205 auf 0,335 Prozent.) 602 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Man hatte auch genug Beweise dafr, da sich versalzene Bden ganz hnlich wie ausgeglhte Bden benehmen, die berhaupt jede Stickstoffbindung eingebt haben. Aber man wollte den Boden zwingen, das Mehrfache trotz willkrlich falscher Behandlung zu tragen, man wollte, da sich die groen Wachstums- und Umbaugesetze an die Einbildungen des Menschen anpassen sollten, anstatt dieser an die irdisch-kosmische Bedingtheiten. Und so stopfte man die Felder voll mit Salzen, um so mehr, ein je fragwrdigerer Erfolg sich zeigte. So hat das fluchwrdige Wort von der Autonomie des Menschen die deutschen Bden mehr ruiniert , als die Ernhrung es in Jahrzehnten herbeigefhrt htte. Die Verblendung gegenber der Natur erreichte damals etwas wie ihren Gipfelpunkt ... Ist das alles genug? Damit wre die Aufzhlung dessen, womit der Acker-, Obst- und Gartenbau, womit Viehhaltung und Weide- und Forstwirtschaft den Verlust der Bodenausntzung zu ersetzen trachteten, eigentlich erschpft. Im Prinzip ist jedenfalls wirklich nichts anderes geschehen. Die Anwendungen der Dngung freilich wechselten je nach Klima, Einstellung, Gewohnheit, Stand der Forschung, nach Export und Import und nicht zuletzt nach den Regierungsformen. Sie wurden beeinflut von Tradition und Weltanschauungen, sogar die religisen Begriffe erhoben im Lauf der Jahrhunderte fr oder gegen sie ihre Stimme. Volksgesundheit oder Seuchen redeten darein, ebenso wie Krieg oder Frieden. Wie alle menschlichen Einrichtungen spiegelten auch sie die richtige oder falsche Einstellung des Homo sapiens zu seiner Umwelt wieder. Was war damit geschehen? Und vor allem war damit schon genug geschehen? Nein. Es war nicht genug, denn es wurde stets nur lokal und annhernd das unumgnglich Notwendige, aber niemals aus weitsichtiger und umfassender Einsicht heraus das Richtige getan. Es ist sehr schwer, bei einem so umfangreichen Werk Wiederholungen zu vermeiden. Trotzdem mu ich noch einmal auf das Miverhltnis zurckkommen, das zuletzt dem Boden und seiner Fruchtbarkeit gegenber in einen unschlichtbaren Streit zwischen Knnen und Wollen ausartete. Es gibt und gab zu allen Zeiten klare Kpfe, die sich aus Beobachtung, Kenntnissen und Nachdenken ein Bild von dem Zustand unserer Erde machten, das ziemlich genau der Wirklichkeit entsprach. Auch whrend des Dritten Reiches redeten Freimtige und Tapfere immer wieder von dem zuknftigen Ruin des Bodens. Leider aber hat weder das eine noch das andere praktisch etwas geholfen. Als einzelner vermag man es so selten, sich der unaufhaltsam rollenden Maschine einer einmal offiziell beglaubigten und http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 603

von Tradition und Wissenschaft heiliggesprochenen Meinung in den Weg zu stellen. Sie wuchtet viel zu schwerwiegend, als da man zu rechter Zeit, d. h., noch ehe die Schden fr jedermann offenkundig sind, sie hemmen knnte. Erst mu sich die staatlich sanktionierte Anschauung totgelaufen haben, damit man auf Stimmen hrt, die schon lngst gegen sie protestierten, und ehe man die Ursachen dieses Protestes zu berprfen beginnt. Am Beginn eines solchen Umschwunges stehen wir jetzt in der ganzen Humusfrage. Die beiden Weltkriege, die unwahrscheinliche Geburtenzunahme, der besinnungslose Raubbau auf der ganzen Erde haben den Hunger nach Humus trotz augenblicklicher einzelner Rekordernten so anwachsen lassen, da man sich endlich nach neuen und besseren Methoden zu seinem Ersatz umsieht. Mit einmal versteht man, da die Urvtergewohnheit der gefhrlichen rohen Stalldngung nicht das Richtige sein kann. Und ebenso berzeugt man sich immer mehr davon, da die Verabreichung nicht weniger roher nmlich chemisch roher Mineralsalze auch nicht gengt. Die Menschheit hat noch niemals einen solchen allgemeinen Rckgang aller ihrer alten Kulturbden erlebt. Es wird freilich mit groem Trara in die Welt hinausposaunt, da die Rekordernten des Jahres 1948 und 1949 eine Steigerung des gesamten Welternteertrages um 27 und mehr Prozente erbracht htten. Der Kundige lt sich aber dadurch nicht tuschen. Denn es wurde schon gesagt, da das zu einem wesentlichen Teil auf den Zuwachs an neugepflgten Bden zurckzufhren ist, die noch ihren vollen Reichtum an unberhrtem Urhumus besitzen. Und da auch das nichts daran ndert, da, nach einer Aufstellung von Lord Boyd Orr, zwei Drittel der Menschheit heute schon hungern, und da berhaupt nur 40 Prozent ihren vollen Bedarf an Kalorien von Vitaminen gar nicht zu reden bekommen. Fragen wir aber einmal in zwanzig oder fnfzig Jahren nach, was mit all den Hunderten von unbertrefflichen Prparaten zur Erntesteigerung er reicht wurde! Dabei hat zweifellos in den USA der zielbewut arbeitende Soil Conservation Service durch seine Bemhungen an vielen Orten wenigstens die rgsten Mistnde abgestellt. Und es ist anzunehmen, da man auch andernorts diesem Beispiel in wachsendem Ma folgen wird folgen mu, weil die Entwicklung der Verhltnisse dazu zwingt. Die Zeit hat aufgehrt, da man jeden Unwissenden, Gedankenlosen und Rohen mit barbarischen Methoden ber das Kostbarste, das wir haben, den so schwer ersetzlichen Humusschatz, herfallen lassen konnte. Es ist lngst nicht mehr Privatsache, mit welchen Methoden die Erde behandelt wird, sondern hier mu ein Gemeinschaftsgedanke und eine Gemeinschaftsverantwortlichkeit in die Seele eines jeden eingepflanzt werden, da ja doch jeder leidet, der Gerechte und der Ungerechte. Wie sollen die Zustnde werden, wenn in keinem Lande und keinem 604 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Erdteil einmal mehr ber einen Fubreit jungfrulichen Bodens verfgt werden kann, der als Humusspeicher noch gengend Fruchtbarkeit besitzt? Wir mssen es aus Grnden der Selbsterhaltung bis dahin gelernt haben, unsere Bden richtig zu behandeln, sowohl um der Ernhrung, als um der Erosion willen. Vergebens werden wir uns sonst bemhen, drrefeste Weizenarten zu erziehen, denn in humuslosem Boden kann auch die hrteste Halmfrucht nicht mehr gedeihen. Da aber aus dem humusarmen ein humusloser Boden wird, dafr sorgt die Erosion mit der durch nichts mehr aufzuhaltenden Pnktlichkeit einer ablaufenden Weltenuhr. Immer noch hat es mit dem Humusschwund begonnen. Immer hat es mit der Erosion geendet. So sind die unverschleierten Aussichten in Wirklichkeit. Wir knnen es uns nicht leisten, uns ein selbstbewunderndes Theater vorzuspielen, wir drfen nicht mehr wie bisher die Augen vor der Zukunft schlieen. Wir werden am Ende dieses Jahrtausends fr drei Milliarden, manche Eingeweihte reden sogar von noch darber, Menschen zu sorgen haben. Das ist viel mehr, als bereits unter den heutigen Verhltnissen leben knnen. Wie soll das aber mglich sein, wenn die Ernten sich in dem Mastab auf den bebauten Bden verringern, wie sie sich seit hundert Jahren verringert haben? Wir sprechen zwar heute von Weltanschauungen, wir erwgen Ideen, Systeme, Regierungsformen, wir kmpfen fr und gegen westliche und stliche Demokratie. Die Wirklichkeit aber ist so beschaffen, da nicht eines dieser Systeme eine energische Geburtenregulierung auch nur in Betracht zieht. Es ist nicht Aufgabe dieses Buches, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob hemmungslose Fortpflanzung wirklich eines der heiligsten Gter der Menschheit ist, an das man nicht rhren darf. Aber sagen wir, die Mehrzahl der menschlichen Bevlkerung ist dieser Ansicht und sie ist es auch noch fr lange hinaus. Dann aber mu man jedenfalls dafr sorgen, da der Nachwuchs auch ein Stck Brot findet, um satt zu werden. Diese Notwendigkeit wird niemand ableugnen knnen. Wie aber soll das gelingen, wenn alle die bis jetzt bekannten und angewendeten Mittel zur Bodenverbesserung keine dauernde und zuverlssige Erntesteigerung hervorrufen? Gewi ist die Erhaltung des Humus etwas unbedingt Notwendiges. Aber sie gengt nicht. Wenn man alles an die Erhaltung setzen wollte, so drfte man kein Land bebauen und kein Feld abernten. Ernten heit unter den heutigen Umstnden Humus verzehren. Nein, wir mssen Humus schaffen. Neuschaffen mssen wir ihn, systematisch, zielbewut, in groen Mengen, weil er ja auch in groen Mengen verbraucht wird! Das ist die einzige Rettung vor dem Chaos einer Welthungersnot. Wir mssen also unsere Blickrichtung und Zielsetzung grndlich ndern. Wir mssen aufhren, zu glauben, da der Welt mit bodenwirtschaftlichen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 605

Teilerfolgen gedient ist. Dngung ist nur eine halbe Lsung des Humusproblems. Verdorbene, entartete, ausgentzte Bden vermgen Dnger nicht mehr in gengendem Mae aufzunehmen, zu verarbeiten, in fruchtbare Erde zu verwandeln. Das wurde jetzt hier oft genug gesagt und von vielen Standpunkten aus nachgewiesen. Wenn organische Dnger durchschnittlich nur zu 40 Prozent und anorganische durchschnittlich nur zu 0,5 Prozent wirksam sind, so ist das eben viel zu wenig. Wir haben nicht mehr so viel Zeit. Das Unheil sitzt uns auf den Fersen. Aufhren mu in Zukunft jeder Raubbau, schon darum, weil jeder Raubbau am Boden nur kurze Zeit Erfolge bringt und dann eine Kulturwste hinterlt, deren Hoffnungslosigkeit Tausende von Zeugen in aller Welt hat. Gewi ist Raubbau mglich und gewi bringt er fr Jahre oder Jahrzehnte bessere Ernten. Wer aber macht den Schaden wieder gut, der den Enkeln als Fluch aufgelastet wird? Kein gttliches und kein menschliches Recht spricht uns von dem Verbrechen frei, das darin besteht, da wir den Ungeborenen Nahrung und Lebensraum eigenntzig wegnehmen. Wir knnen bessern und wir mssen bessern. Wissen wir es denn nicht von uns selber, wie schwer es ist, da wir die Rechnung fr den verschwendeten Humusschatz, an dessen Verlust unsere Ahnen schuld sind, bezahlen mssen? Die Kausalitt, die ein Weltgesetz ist, verlangt, da alles bezahlt wird auch der Oberverbrauch einer Generation, denn sie wird dann den nchsten abgezogen. Mit dem Dahingehen eines Zeitalters sind die Schulden, die es hinterlt, keineswegs beglichen. Damit bekommt das Humusproblem ein neues Gesicht. Ein Weltproblem war es immer, es fehlte nur lange Zeit dafr die weltbrgerliche Einsicht. Nationale Einstellung kann zu einem wahren Unglck werden, wenn sie auf bernationale Fragen angewendet wird. lm Fall der Welthumuserneuerung ist es mit nationalen Mitteln, sie mgen so reich wie immer sein, nicht getan. Weder Amerika noch Ruland knnen zustzlich die brige Welt dauernd miternhren, gar nicht zu reden von der Welterosion, die eine allirdische Gefahr ist. Jeder Staat und jedes Land mu das Seine dazutun, da der Humusschwund so bald wie mglich aufhrt aber was geschieht, mu in bereinstimmung geschehen. Denn ber jedem Staat und ber jedem Land steht die Menschheit, und die Menschheit will weiterleben und nicht verhungern. Sie hat Aufgaben, die erst ganz allmhlich ins Blickfeld der Geschichte treten, sobald die grbsten Irrtmer, Barbareien und Denkunfhigkeiten einmal berwunden sind. Wir mssen aber fr uns und fr die Kommenden einsehen, da nicht nur das, was auf dem Boden wchst und was davon lebt, sondern da der Boden selber in Gefahr ist trotz allem, was der Mensch bisher zu seiner Erhaltung unternahm.

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VII. Kapitel

Wie kann der Mensch dem Humusschwund endgltig abhelfen?


Das wirklich Zweckmige Bisher war unsere Zivilisation und unsere Kultur auf einer groartigen Humusverwstung aufgebaut. Da uns das erst jetzt langsam bewut wird, ndert nichts an der Tatsache. Das wirkliche Geschehen bleibt dasselbe wirkliche Geschehen, ob man sich seines Ursprunges und seiner Zusammenhnge bewut wird oder nicht. Da wir aber hier die Ursache nicht kannten, haben wir auch ihre Folgen miverstanden und sie fr unentrinnbare Konsequenzen des Menschseins gehalten und uns fr vllig unschuldig daran. Jetzt aber kann niemand mehr sagen, da er nicht Gelegenheit gehabt htte, sich ber das, was tatschlich geschehen ist, informieren zu knnen. Unsere eigene Geschichte lehrt uns, wie die Ereignisse zu verstehen sind. Wir brauchen nur Zahlen und Entwicklungen logisch aneinanderzureihen und miteinander zu vergleichen. Der Mensch war bisher nichts anderes, als der chronische Strer der Humuskreislufe. Darin wurzelt ein entscheidender Teil seiner stndigen Existenzbedrohung und der allgemeinen Verschlechterung der Lebenssituation in der ganzen Welt. Die Strung der notwendigen Humusneubildung zog berall eine Strung der menschlichen Belange nach sich. Der erbarmungslose Satz: Poor land makes poor p eople Poor people makes poor land! enthlt eine unumstliche Wahrheit. Darum wird es dem Menschen automatisch besser gehen, wenn es der Erde besser geht, d. h., wenn sie in ihren frheren produktiven Zustand zurckversetzt wird. Als man noch die frhrmischen Stdte um einen Erntetempel als Zentrum des Lebens erbaute und als der gyptische Osiris noch der groe, unbegrenzt schpferische Humusgott war, versinnbildlicht unter dem Symbol des heiligen Skarabus, da wre es unendlich viel leichter als gegenwrtig gewesen, diese geistige Umstellung den Vlkern verstndlich zu machen. Nicht, da der Mensch von heute im Prinzip weniger glubig wre! Es sind ihm aber doch sehr merklich die Instinkte abhanden gekommen, um aus eigener Seele das Richtige zu glauben. So glaubt er lieber ungeprfte, von anderen gelieferte

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Massenschlagworte aber er glaubt sie letzten Endes nicht weniger unverbrchlich und im allgemeinen auch nicht weniger unkritisch, als der Urahn an seine heil- oder unheilbringenden Dmonen glaubte. Es ist also in der Hochflut der Massenschlagworte auch fr die Humuserneuerung ein zugkrftiges Schlagwort ntig. Es lautet: Durch mehr Verbrauch mehr Fruchtbarkeit! Man berlege sich: Bisher geschah genau das Gegenteil. Je grer der Verbrauch anwuchs, um so grer war die Einbue an Humus und um so strker die Erosion. Durch eine vllige Neugestaltung des ganzen Problems mu also nun der Passivposten zu einem Aktivposten umgewandelt werden. Das geschieht durch die Heranziehung der Abflle der menschlichen Bedrfnisse als Humusersatz. Dieser Humusersatz gliedert sich wiederum in zwei Phasen, die aber einheitlich gelenkt werden mssen und stndig Berhrungspunkte miteinander haben. Der erste Teil umfat die systematische Ausbauung der prinzipiellen Humuserhaltung, so wie sie durch den Soil Conservation Service bereits begonnen wurde. Man knnte aus seinen Anweisungen und Ratschlgen heute schon ein ganzes praktisch ausgeprobtes Handbuch herstellen. Sie entstammen smtlich der Erfahrung und in sie wurden viele Weisheiten der eingeborenen Vlker mit aufgenommen. Sie sind auch infolge der Ausdehnung Nordamerikas an sehr verschiedene Klimate angepat. Zum Teil werden sie jetzt auch schon auerhalb der USA, z. B. in Kanada und in Australien, durchgefhrt. Es ist natrlich, da sie zunchst nur dort angewendet wurden, wo sich schon groe Schdigungen zeigten, und viel seltener vorbeugend. Sie beziehen sich also dementsprechend hauptschlich auf schon zugrunde gerichtetes Land, das fr einige Zeit oder auch fr lange berhaupt nicht mehr bebaubar ist. Groer Wert wird dabei auf richtige und sachgeme Terrassierung gelegt. In Georgia hat man alle aushngenden Terrassen beseitigt und die Rnder abgedmmt. Berchtigte Rutschterrassen erhielten Ablaufkanle, die man zur Festigung innen dicht mit Gras bewachsen lie. Man wandte da und dort sogar Faschinen als Stufensttzung an. In Kalifornien, wo die Erosion durch die natrliche Trockenheit des Klimas verstrkt wird, hatte man ausgezeichnete Erfolge durch Bepflanzung solcher terrassierter Hnge mit Fruchtbumen. Es stellte sich heraus, da die Baumwurzeln enorm viel zur Bodenbefestigung beitrugen. Schmelzwasser wurden von ihnen weitgehend aufgefangen, wenn die dazwischen gelegten Stufenkanle berflossen. (Es ist den kalifornischen Pflanzern sicher unbekannt, da an der ganzen dalmatinischen Kste seit Jahrhunderten ein solcher Anbaumodus blich ist. Mandeln, Wein und Pfirsiche werden mit Vorliebe auf solchen Terrassen gezogen. 608 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Dazwischen stehen aber Walnsse, Feigen und Granatpfel. Ablaufkanle fehlen allerdings meist, dafr gibt es unter gnstigsten Umstnden bei jeder Terrasse eine Zisterne, aus der auch begossen wird.) Waldgebiete sollen niemals kahlgeschlagen, sondern unter allen Verhltnissen nur vorsichtig durchgeplntert werden. Dagegen hat es sich in Amerika besonders ntzlich erwiesen, tiefgehende Dolinen (Gullys) in Akazienwldchen umzuwandeln. Die Akazie, der kaum ein Boden zu erbrmlich ist, erfreut sich eines unverwstlichen und beraus raschen Wachstums. Frische Triebe schieen ohne weiteres in einem Jahr an 2-3 m lang auf. In zehn Jahren bildet sich so ein Vogelparadies, Bsche aller Art stellen sich ein. Die Erosion steht still. Fhren, dazwischen gepflanzt, umgreifen mit ihren Flachwurzeln die Rnder. Versprengtes Wild findet hier Schutz. Das Bodenleben nimmt rapid zu. Damit setzt auch eine neue Humifizierung krftig ein, die auf natrliche Weise durch Laubfall untersttzt wird. Will man noch ein briges tun, so macht man an den gefhrdetsten, weil stndig nachbrckelnden Punkten den stlichen Kudzu heimisch. Dieser Kudzu scheint geradezu geschaffen fr die Ausheilung von leichten bis mittleren Erosionsschden und bessert unter allen Umstnden. Er ist eine immergrne Leguminose, der Soja verwandt, die man aus China gebracht hat, wo man sie seit rund einem Jahrtausend als wertvolle Faserpflanze zchtet. Sie ist von einer unerhrten Lebenskraft. In einem Jahr treibt sie Ranken von 10-15 m Lnge, die mit ihren groen, gelappten Blttern den Boden vllig beschatten. Trotzdem kann man zwischen sie andere Gewchse sen, die prchtig gedeihen. Frost, der andere Pflanzen ttet, veranlat diese Pueraria Thunbergia nur dazu, ein unglaublich dichtes Laubwirrsal abzuwerfen, das sich sehr schnell wieder in Humus verwandelt und einer ausgezeichneten Grndngung gleichkommt. Dazu leuchten ihre hbschen Schmetterlingsblten zwischen blau und purpurviolett. Selbst ihre Knollen sind ebar und sogar ziemlich wohlschmeckend. Man geht jetzt daran, die ber alle Maen verwsteten Baumwollbden der Sdstaaten von USA mit ihr zu regenerieren. Die Erfolge, die man z. B. auf der Channing Copes Farm damit erzielte, waren so erstaunlich, da man endlich begriff, es genge nicht, nur die Baumwollplantagen einzuschrnken, sondern man msse auch die berausgentzte Erde wieder einigermaen instandsetzen. Ruland bewaldet seine Steppen In Anbetracht der alles bertreffenden Bedeutung der Aufforstung werden da, wo Wlder zu pflanzen nicht mglich ist, wenigstens Waldschneisen gesetzt. In den USA durchziehen sie bereits als Windschutz einen bedeutenden Teil von Nebraska. Man dacht sie seitlich mit Bschen ab. Auch das ist ein http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 609

Aufforstungsersatz, wenigstens fr Vgel und Insekten. Mit solchen Buffer Stripes oder Field Windbreaks bricht man wirklich den Wind, sogar schwere Strme. Es ist erstaunlich, wie gro ihre Wirkung ist. Man staffelt sie, um den Boden vor der Aushagerung zu schtzen. Weil sie sich so gut bewhrt haben, plant jetzt auch Ruland, seine ungeheuren Steppen gegen die Winderosion durch Baumschneisen von Hunderten von Kilometern Lnge zu schtzen. Von 1950 bis 1965 sollen solche Waldschutzstreifen dort angelegt werden. Am Don gibt es, wie es heit, bereits einen doppelten Baumwall von 920 km, an den beiden Wolgaufern einen zweiten, der ebenfalls 900 km Lnge bei 100 m Breite aufweist. Alles in allem rechnet man damit, da in Baumschulen nicht weniger als 35 Milliarden Bumchen gezogen werden mssen, um gengend lebendes Material bereitzustellen. Dabei ist noch gar nicht der Bedarf mit eingeschlossen, der ntig ist, um auf einem Gebiet von 322 000 ha den Flugsand durch einen einzigen geplanten, knstlich entstandenen Riesenwald zu binden. Man wrde solche gigantische Planungen ganz bestimmt nicht erwgen, wenn nicht in den letzten 65 Jahren in den Wolgagebieten eine Drre die andere abgelst htte. Jedesmal traten in ihrem Gefolge Miernten und Hungersnte auf, die sich auf die Bezirke von Charkov, Kursk, Dnjepro pctrowsk, Cherson und Nikolajew erstreckten. In derselben Zeit erlitt auch Mittel- und Sdruland mindestens zehn Einbrche katastrophaler Drren. Auch die Ukraine soll wenigstens teilweise in diese Vorkehrungen gegen Winderosion mit einbezogen werden. Auch dort setzte im vorigen Sommer die Abwehung der fruchtbaren Erde in gesteigertem Ausma ein. Sogar ber Ungarn und die westliche Slowakei wanderten gewaltige Staubstrme hin, die sich bis gegen die Grenzen sterreichs verirrten. Sie schienen aus der sdlichsten Ukraine zu stammen und bestanden ganz einheitlich aus Wolken allerfeinsten dunkelbraunroten Staubes, die so dicht waren, da die auf den Feldern arbeitenden Leute sich Tcher um den Kopf banden, weil sie frchteten, sonst zu ersticken. Das sind Alarmzeichen, die auch der Gleichgltigste nicht bersehen kann. Auch Ungarn steht im Zeichen einer weitsichtigen Humusreform. Man erinnert sich endlich daran, da die berchtigten Alfldbden, in denen sich heute der Salzgehalt auf 0,4-1 Prozent beluft (wobei Natronsoda bis zu einem Drittel vorhanden ist), ja einmal alle Wlder trugen. In dem reinen Aufschwemmungsgebiet, das gegenwrtig dort vorhanden ist, ruhen noch Reste einstiger verschtteter Moor- und Birkenhaine, eingestreut zwischen unbersehbaren Riedgrassmpfen und Salzwiesen. Die bisherige Kultivierung ergab hchstens sehr saure Wiesen mit mageren Hartgrsern, die auer den Bffeln keinem Tier als Futter dienlich waren. Nun will man wiederum das ganze Alfld, wo es nicht mit sicherem Nutzen bebaut werden kann, in einen pannonischen Eichenwald rckverwandeln. Das wird freilich nicht leicht sein und 610 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

auch nicht direkt geschehen knnen, sondern eines sehr zielbewuten Umweges ber sandharte Fhren und sureliebende Birken bedrfen. Aber man hat sich berschlagen, da trotz aller Mhen und wohl mglicher Rckschlge diese jahrzehntelange Planung lohnt. Denn man verspricht sich dadurch nicht nur eine Abnahme der sonst unbekmpfbaren Winderosion, sondern vor allem auch eine Abkrzung der Sommerdrren, die immer hufiger bis tief in den Oktober hinein andauern und eine rechtzeitige Herbstbestellung unmglich machen. Auch in Spanien, das in bodenkundlicher Hinsicht zu den rckstndigsten Lndern nicht nur Europas gehrte, machen sich neue Bestrebungen geltend. Freilich wird noch nichts zur Abwendung der Erosion, die fast die ganzen Hochebenen verwstet hat, getan. Aber in dem Madrider Institut fr Bodenkunde bemht man sich jetzt wenigstens, eine allgemeine Bodenkarte des Landes und seiner Kolonien anzufertigen. Man studiert die speziellen Eigenschaften der Tone auf der iberischen Halbinsel, man beschftigt sich mit den Lateriten, den andalusischen Schwarzerden, mit der spanischen Sahara und den Kanaren. Es ist hier sehr viel nachzuholen, denn auer an den sdlichen Ksten wurde so gut wie nichts fr Boden und Bodenpflege getan, trotzdem das Land fast ohne Einschrnkung noch unter den Mauren ein sagenhaftes Paradies der Fruchtbarkeit war. Diese Fruchtbarkeit der spanischen Tiefebene auch heute noch ein Eden, voll von Obsthainen verdankt es zweifellos seiner niemals ausgetilgten Wasserwirtschaft, die noch aus beinahe vorhistorischer Zeit herrhrt. Sie hat ihre eigene Behrde, nmlich das Wassergericht von Valencia, das absolut unabhngig von jeder Art von Regierung ist. An jedem Donnerstag tritt es unter dem Vorsitz eines buerlichen Wassergrafen zusammen. Kleinbauern, die sich in ihm vereinigen, verteidigen die Fruchtbarkeit ihres angestammten Bodens. Es gab in Spanien keine Macht, die jemals gewagt htte, an dieses Wassergericht zu rhren, selbst die allmchtige Inquisition lie es unbehelligt. Auch knigliche Verfgungen galten nichts vor diesem Forum. Seit dreitausend Jahren wurden Bewsserung, Wasserverteilung und Wasserschutz hier geregelt, und sie wurden gut geregelt, man sieht es am Zustand der spanischen Mittelmeergebiete von Valencia bis Malaga, die niemals unter berschwemmungen und Drren litten. Wenn es eines Beispieles bedrfte, da der Mensch durch seine Landwirtschaft das Land nicht unbedingt zerstren und die Fruchtbarkeit seiner Bden nicht unbedingt zugrunde richten mu, so braucht man nur das Wassergericht von Valencia zu nennen, das es verstand, tausendjhrige Erfahrungen nutzbringend anzuwenden. Leider ist es aber nur eine lokale Regelung, die nicht einmal fr das ganze Spanien, nur eben fr seinen schnsten Kstenstrich gilt. Aber kehren wir vom europischen Westen wieder an die stliche Grenze von Mitteleuropa zurck. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 611

An die ungarische Steppe grenzt Nieder-sterreich mit seinem Marchfeld, das, wie bekannt, nichts anderes ist, als ein weit nach Mitteleuropa vorgeschobenes Stck echter Steppe, dem auch das Steppenschicksal nicht erspart blieb. So ist es ganz gewi kein Zufall, da man jetzt daran denkt, die stliche Grenze des Marchfeldes in 50 ha Tiefe durchgngig aufzuforsten. Nicht nur, um Holz zu gewinnen, obgleich auch das mehr als ntig wre. Denn das unselige Jahr des Umbruches hat die Wiener Gemeindeforsten unverantwortlich geschdigt. Nur aus ihnen allein wurden seit 1938 an 200 000 cbm Brenn- und 15 500 cbm Nutzholz herausgeschlagen. Der Raubbau am Wienerwald spottet jeder Beschreibung. Nun soll ein Projekt durchgefhrt werden, das einen Grngrtel um den Ostrand vorsieht. Dadurch sollen die gefhrlichen, trockenen Ostwinde abgelenkt und soweit gehoben werden, da sie nicht mehr direkt ber dem Boden hinfegen. Man richtet bereits eine eigene Baumschule dafr ein, denn es sind an 250 000 junge Bumchen dazu ntig. Alle Vorausberechnungen verheien, da in fnf bis zehn Jahren die einstige Fruchtbarkeit des Marchfeldes wenigstens teilweise wieder hergestellt werden knnte. Denn mit diesem Marchfeld hat es seine besondere Bewandtnis. Noch im 18. Jahrhundert war es die unerschpfliche Kornkammer Wiens. Es war ein Meer von wogenden Weizenhren, die sich spter in ungeheure Strecken voll von Kohlkpfen und Zuckerrben verwandelten. Die Marchfeldbauern galten als die reichsten im Land und hatten keine Sorgen. Dann fing man in den siebziger Jahren mit der Donauregulierung an. (Es war das in ganz Europa jene unglckselige ra, da man es fr unumgnglich ntig hielt, jeden Flu und jede Landschaft zu Tode zu regulieren!) Damit verschwanden nicht nur die ebenso idyllischen als befruchtenden Altwsser, sondern der ganze Grundwasserspiegel unter den Feldern sank in 7-8 m Tiefe ab. Dazu hackten die Bauern, um noch mehr Zuckerrben anbauen zu knnen, ihre Wlder um, alle Rainhecken fielen, die deste Monokultur mit ihrer unverbesserlichen Bodenausplnderung begann. Heute ist der Groteil des Marchfeldes reines Flugsandgebiet. Es gibt nicht einmal Weiden, geschweige Wiesen oder Weizenboden. Man versuchte es mit Kanlen, aber leider in viel zu kleinem Ausma. Denn mindestens 50 000 ha Boden mssen von nun an knstlich bewssert werden. Man berlegt sogar, ob man auer der Anlegung des geplanten Waldgrtels nicht auch die alten Donauarme, die seinerzeit das Land befruchteten, wieder unter Wasser setzen soll. Denn dadurch knnte man dauernd den abgesunkenen Grundwasserspiegel wiederum heben. Staudenreihen, Grngrtel, Dmme, ein gut funktionierender Windriegel all das zusammen soll eine Erntesteigerung von 20-30 Prozent herbeifhren, also bestenfalls einen Teil dessen, das vorher ohne die Verstndnislosigkeit des Menschen und seine Habgier von Natur aus da war. 612 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Alles das erfordert Kosten in mindestens einer halben Milliarde Hhe, und mindestens eine Generation mu ihre vollgemessene Arbeitsleistung in die Regeneration des Bodens hineinstecken. Und was hat man dann erreicht? Eigentlich nur die unleugbare Besttigung der uralten Weisheit, da der Mensch weder allwissend, noch gengend einsichtig ist, um in die groen Zusammenhnge selbstherrlich einzugreifen selbst wenn er es mit dem besten Willen tut. Auch in Palstina sollen die Bodenverhltnisse verbessert werden. Der beratende Ausschu empfiehlt ein viel energischeres Aufforsten. (14 Prozent des Landes sollen prinzipiell bewaldet werden, aber diese Zahl steht vorlufig mehr oder weniger auf dem Papier. Denn ohne Einwilligung der Grundbesitzer darf das Government nur vier Quadratmeilen Landes fr Bewaldung beanspruchen.) Reichlich achtmal soviel Boden, als heute schon begossen werden mu, soll knstlich bewssert werden. Damit sind rund 300 000 ha gemeint, die entweder durch entsprechende Anlagen zu beregnen, jedenfalls aber einer regelmigen Furchenberieselung zu unterziehen wren. Dadurch hofft man gleich wie in Sdkalifornien zwei Ernten im Jahr zu erzielen, was das Budget erheblich verbessern wrde. Denn der Friedensschlu mit den Arabern hat auch hier positive Verhltnisse geschaffen, auf die sich eine allgemeine Entwicklung aufbauen wird. Alle solchen Rechnungen beruhen nicht nur auf Wahrscheinlichkeit. Halbwsten, sie seien natrlich oder knstlich entstanden, hat man auch in Amerika in mehreren Millionen Hektar wieder fruchtbar gemacht. Das Problem ist vielmehr, wie sie dann dauernd fruchtbar bleiben, denn das kann man nicht nur durch Bewsserung allein, das mu man auch durch Humuszufuhr ermglichen. Ob freilich unter den gegenwrtigen unruhigen Verhltnissen Indiens das gewaltige Irrigationsprojekt, das noch durch die britische Verwaltung ausgearbeitet wurde und das die ungewissen Regenzeiten und die zuweilen ausbleibenden Monsunregen ein fr allemal ausgleichen sollte, durchgefhrt wird, ist zum mindesten fraglich. Dagegen sind, um noch einmal auf Europa zu kommen, die italienischen Verbesserungen gegenber Erosion und Humusschwund sehr ins Auge fallend. So trostlose Verhltnisse, wie sie heute noch im sdlichen Apennin herrschen, gibt es eigentlich sonst nirgends mehr auf der Halbinsel. Nur sdlich von Neapel, bis gegen Tarent zu, werden auch jetzt noch die Felder niemals gedngt. Dort sind die Berge auf das schrecklichste erodiert, die Flsse bis zur Unkenntlichkeit verschlammt und versandet. Erdrutsche sind an der Tagesordnung. Es mangelt an Brunnen, Quellen gibt es kaum und ausgiebige Zisternen sind viel zu wenig vorhanden. Ganze Kalkhnge befinden sich in vlliger Auflsung. Die Ernten sind so armselig, da die Bauern kaum selber genug zu essen haben. Von irgend einer Ausfuhr, und sei es die unbedeutendste, ist keine Rede. Durch die Versumpfung der wenigen Gehttp://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 613

birgsflsse ist die ganze Bevlkerung seit Generationen malariakrank. Hier knnte nur der Gott Mammon in eigener Person Hilfe bringen und nicht eine, sondern viele Generationen mten ihre gesamte Kraft und ihre gesamten Einnahmen aufbieten, um von Grund auf andere Zustnde zu schaffen. Wohl aber geschah sehr viel in Norditalien. Von 1930 bis 1944 fhrte die Bonifica integrale Verbesserungen durch, die ein Drittel des Landes betrafen. Sie verschlangen die gewaltige Summe von sieben Milliarden Lire. Allerdings wurde daraus auch die Entsumpfung, Aufteilung und Urbarmachung der Campagna mitsamt den vier Stadtgrndungen Littoria, Sabaudia, Pontinia und Carbonia bestritten. Auch die uerst schwierige Piave-Regulierung gehrte dazu. Aber man wartet noch immer darauf, da endlich die Smpfe und berschwemmungen bei der kleinen Stadt Brisighella in der Provinz Ravenna aufhren, welche die ganze Umgebung gefhrden. Auch das sog. Calanche-Land soll neu bewssert werden. Als Gradonisystem hat man eine Methode ausgearbeitet, die in Form von Breitterrassen (ber 1 m breit und in Abteilungen von 6 zu 6 m) 30 m Steigung ohne Mhe nimmt. Freilich ist sie teuer, denn ein Viertel Hektar stellt sich in den Gestehungskosten auf 70 Dollar. Aber man erwartet sich eine merkliche Erosionsabnahme, indem man damit berall den Hgelkonturen folgt. Solche Terrassen, die das abgeschwemmte Material oft gnzlich erodierter Hgel auffangen, baut man jetzt berall. In Java werden sie zwischen die Gummiplantagen gelegt und mit tropischen Lianen gesichert. Schlimmstenfalls pflanzt man jetzt auch Waldstreifen dazwischen oder Bnder von unverwstlichem Sudangras, die gut sind, um den Grund der Baumwollfelder zu festigen. berhaupt die Grser! Die Wildweizengrser (Andropogon), die salzliebenden Kstengrser (Ammophila-Arten), die wildwachsenden Raygrser (Elymus), die Blaugrser (Poa), der Indianreis (Oryzopsis) und die ausdauernden Hilariagrser, ganz zu schweigen von den sandbindenden Dnengrsern (Psammophila), die man jetzt berall in USA gegen die kanadische Grenze zu sorgfltig ansiedelt. Sie alle sind Pioniere der Fruchtbarkeit, vorgeschickt gegen Bodenauswaschung und Flugsand, sie bedecken, durchkriechen, berwuchern und verspinnen die ihres Haltes beraubte Flche. In ihren ober- und unterirdischen Netzen sammelt sich die davonrollende Bodenkrume und wird dort gleichsam festgemauert und endlich neu humifiziert. Wo es die geografische Situation erlaubt, schafft man auch einen knstlichen scrub, eine Mischung von Busch und Macchid, zu dem man die geeigneten Teilnehmer aus allen Erdteilen heranbringt. Zu diesem botanischen Mixtum compositum hat Europa wilde Olivenbsche beigesteuert, Steinlinden (Phillyrea), Pistazien, Myrthen, Sarsaparilla (die ganz zu Unrecht dornige Stechwinde, in Wahrheit aber Smilax heit), Lavendel, 614 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Rosmarin, strauchartige Kronenwicken (Coronilla), den immergrnen Schneeball (Viburnum) mit den stahlblauglnzenden Beeren. Dazu mehrere Arten Wacholder ( Juniperus), die entsetzlich stacheligen Muse- und Judendorne (Ruscus und Paliurus), die unausrottbaren, wtend aufschieenden, stinkenden Sumach-Arten (Rhus). Frchterlich dornige, rosenfarben blhende Brombeeren (Rubus) bilden eine ausdauernde, wintergrne Bodenbedeckung. Alle diese Sdeuroper sind mehr oder weniger auch Kosmopoliten oder werden es wenigstens mit Leichtigkeit. Dazu sendet Afrika seine wstengewohnten Jujuben, die Brustbeerenbume (Zizyphus), Asien seinen Mahuang (Ephedra sinica), Australien den Salzbusch, Amerika das Dogwood (Cornus sp.), die Apache plume (Falludia paradoxa), das Winterfat (Eurotia lonata) und manche andere. Auch sonst zieht man jetzt in wachsendem Mae die Vegetation zur Hilfe heran. Eingetiefte Innenseiten von Kanlen und Terrassen werden mit allen mglichen winterharten Kleesorten erosionsfest gemacht. Um das Regenwasser, so langsam als es nur immer geht, abflieen zu lassen, pflgt man in Kolorado jetzt fast berall Konturfurchen ein und unterbricht in Sd-Dakota den Fu der Hgelflanken mit weithin wasserglnzenden Tiefbeeten. Auf Buffalograsprrien versucht man es mit feuchtigkeitssammelnden Kanalstreifen, denen man mit Grassoden erhhte Rnder gibt. Anderseits erfindet man jetzt eine Menge von Anlagen, um die Bodenfeuchtigkeit zu steigern und den Grundwasserspiegel zu heben. In Mexiko hat man damit begonnen, reiende Flsse mit schlammbindenden Grsern einzusumen, die den feinen Detritus wie mit Reusen herausfischen. Man lt das Wasser der Drainagegrben ber Kulturland rieseln, wo es alle seine humosen Bestandteile absetzt. Mauern, in Manderform angelegt, sollen den allzuschnellen Wasserabzug verhten. Ufer werden mit Pflcken vor dem Eingerissenwerden bewahrt, man legt mit Gerll gefllte feste Drahtnetze als Bollwerke davor. Groe, auszementierte Viehtrnken bewuchsen sich in Oklahoma sehr bald und wurden von Wasservgeln als Brutpltze aufgesucht. In Wyoming pflanzte man abgeholzte Hgel, die sofort in rasendem Tempo zu erodieren begannen, bis zur Spitze wiederum mit Bumen neu an und erreichte so ein Aufhren der Erosion. Auch einstige, vllig zerstrte Galeriewlder wurden den Ufern entlang zur Sammlung der abgeschwemmten Sedimente so wie frher angelegt. Binnen kurzem minderten sich die gefrchteten berschwemmungen und konnten teilweise sogar ganz zum Stillstand gebracht werden. Es gelang, Seen, die durch den hineingesplten Erosionsschutt viel zu schnell aufgefllt wurden, dadurch vor der vlligen Verlandung zu

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bewahren, da man in den obersten Wasserscheiden eine ganz neue Bewaldung schuf. Dadurch hob sich der Wasserspiegel und stabilisierte sich, wie z. B. beim Lake Como im sdstlichen Minnesota. Stauseen, heute in Europa der letzte Schrei, errichtet man in Amerika seit lngerem, wo es nur irgend angngig ist. Da man sie von vorneherein als Wild- und Pflanzenreservate erklrte, so nahm das Leben von ihnen, wie von einem Zentrum ausgehend, in ungeahnter Weise zu. Ihre Abflsse winden sich in gewollt verlangsamtem Gang durch das Land und verbinden viele Hunderte kleiner Wasserbecken, die man in Texas, in Colorado und in den Great Plains zuerst nur als Viehtrnken errichtete, die aber der ganzen Natur zugute kommen. Man hat es auch gelernt, die oft metertiefen Schlammabtragungen an Fluufern durch Weidenfaschinen abzudmmen eine Methode, die man an den unbndigen Gletscherflssen, die in Europa schon so viel Unheil anstellten, dort lngst kennt. Die nicht weniger reienden Cariongewsser in Arizona sind seither merklich weniger gefhrlich. Das Groartigste ist jedoch die jetzt aufgetauchte Idee in Moskau, ein Sibirisches Meer zu schaffen. Um die nutzlos ins Eismeer abflieenden Strme von Ob und Jenissei zu ntzen, plant das Projekt Davide unterhalb von Belogorje in Westsibirien, eine seit dem Tertir verschwundene Seenplatte mit Hilfe von Staudmmen wieder neu herzustellen. Aralsee und Kaspisee sollen durch Kanle damit verbunden werden. In zwanzig Jahren soll ein Wasserspiegel von der fnffachen Gre der Schweiz sich dort ausdehnen. Ungeheure Kraftwerke, eine Klimaverbesserung und Fruchtbarmachung ganz Zentralasiens und der stlichen Riesensteppen sind das Ziel dieses gewaltigen Planes. Kann sich Europa vor dem Absinken seiner Festlandsscholle schtzen? Schlieen wir diese Aufzhlung, die noch lange fortzusetzen wre. Man sieht jedenfalls aus ihr, da an vielen Orten schon zielbewut und erfolgreich dies und das geschehen ist. Hinter all diesen lokalen Anlagen steht berall die Absicht, mit mglichst natrlichen Mitteln die ursprngliche Landschaft wieder herzustellen und damit zugleich das Klima zu verbessern. Es ist eine Sisyphusarbeit, die unermdliche Geduld, fortwhrende Kostenzuschsse und dauernde Kontrollen erfordert. Aber man kann und wird selbstverstndlich mit all diesen und den anderen Verfahren des Soil Conservation Service in die Augen fallende Erfolge erzielen. Allein die tatschliche Humuserneuerung geht eben doch, gerade weil sie sich in natrlichen Bahnen bewegt, verhltnismig sehr langsam. Denn die Natur hat keine Eile. Ihre Zeitmae sind nicht die unserigen. Und fast ausnahmslos gipfeln alle diese Vorkehrungen in der Erhaltung des Bestehenden, d. h. dessen, was eben noch vorhanden ist. Sie wollen jede weitere Verschlimmerung ausschalten. Fr eine dauernde, alles umfassende, alle Mittel und Mglichkeiten auf bietende, kreislaufartig gefestigte Regelung 616 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

ist das jedoch zu wenig. Denn die heutigen Zustnde sind nicht als ein fr allemal gltiges Faktum anzusehen. Geburtenzunahme, noch unbekannte menschliche Erfindungen, soziologische und konomische nderungen werden knftig die menschlichen Bedrfnisse in einem uns ungeahnten Ausma steigern oder doch wenigstens komplizieren. Mit der Erhaltung des heutigen Humusschatzes ist es also nicht allein getan. Und wie steht es mit der Erosion durch die groen Weltstrme, wie steht es mit der Abtragung der Gebirge, der bengstigenden kontinentalen Verlagerung, wie sie eigentlich alle Festlandsschollen, am meisten aber die europische, bedrohen? Man hat auch noch gar nicht in Betracht gezogen, was gegen die riesigen Grostadtkomplexe und ihre unttig gemachten Bden zu tun ist. Niemand wagt, an ihre Auflsung, ihre Dezentralisation zu denken, obgleich sie wie ein Geschwr den Aussatz der Kulturwste weit um sich her verbreiten. Wo ist der gottbegnadete Architekt und Stdtebauer, der sich schon mit der Frage beschftigt htte, ob es denn nicht prinzipiell mglich sei, Stdtebau mit einer Wiederttigmachung und Gesundung des lebensleeren, vergifteten Grostadtbodens von heute zu vereinigen? Dabei wre doch jetzt in Europa im allgemeinen, in Deutschland im besonderen, wie nie wieder die Gelegenheit gegeben, eine historisch ausgebrauchte Siedelungsperiode abzuschlieen und eine neue, bessere und durch wirkliches Wissen erleuchtete zu beginnen! Hier harrt noch ein vllig unbetretenes Neuland der Gestaltung, die Schpfung einer tragfhigen Harmonie des Menschen mit seiner Heimat und Umwelt, die endlich einmal ber die steinzeitliche Verstndnislosigkeit der autonomen Willkr hinausgelangt. Dabei bereitet sich in aller Stille, von den allerwenigsten geahnt, eine der ganz groen Kontinentalumwlzungen vor, die als eine Folge der bersteigerten Erosion immer gewisser sich abzuzeichnen scheint. Die Geologen sagen uns, da sich der Schelfsockel von Europa (verstrkt durch den unermelichen Abtragungsschutt unserer Epoche) so berhht hat, da nicht nur eine Nordsd-, sondern auch eine Westostverschiebung des Schollengleichgewichtes unvermeidlich sein drfte. Im Zusammenhang damit konnte man bereits eine Hebung des Azorenmassivs von 2000-3000 m auf 600-200 m ausloten. Sein weiteres Aufsteigen knnte, da es mit der europischen Scholle submarin verbunden ist, die hier schon frher besprochene berschwemmung des gesamten nordeuropischen Tieflandes in bedrohliche Nhe rcken. Damit wre aller Wahrscheinlichkeit nach eine strmische Abweichung und sdliche Auspeilung des Golfstromes bis zum Rand unserer Mittelgebirge verbunden. Das wiederum mte eine viel strkere Vereisung des nach Norden zu von der Wrmeflut ganz abgeschnittenen Skandinaviens bedeuten. Man stelle sich die Schwrme http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 617

von Katastrophen vor, die eine solche Umwlzung, auch wenn sie sich allmhlich vollzge, begleiten wrde! Haben wir es ntig, diese ohnedies bereits in Gang befindliche Verringerung unseres Erdteiles noch durch Humusschwund zu beschleunigen? Nein, wir knnen das nicht verantworten. Denn das Untersinken von ganz Nordeuropa und eine neue Vereisung von Norden her wrde die weie Rasse vor Aufgaben stellen, die viel schwerer zu bewltigen wren, als die Vernichtung gewisser Gebiete durch Atomkraft. Wir mssen also alles tun, was irgendwie getan werden kann, um das Schollengleichgewicht unseres Erdteiles solange wie mglich zu erhalten. Denn wir leben von diesem Schollengleichgewicht, und wir wissen nicht, was aus uns wird, wenn dieses Schollengleichgewicht sich ndert oder auch nur verschiebt. 1500 Oasen in der Sahara Alles, was jetzt an interglobalen Verbesserungen geplant und seit dem Aufhren des zweiten Weltkrieges auch praktisch angestrebt wird, bewegt sich schwer zu entscheiden, ob bewut oder unbewut ohnedies auf der deutlich erkennbaren Basis einer solchen Gleichgewichtserhaltung. Alle diese Plne lassen sich hier nicht anfhren, zumal verschiedene von ihnen Geheimplne sind, die erst in wenigen erlesenen Gehirnen ausgebrtet wurden. Viele davon leiden unter den noch nicht vorhandenen technischen Vorbedingungen, andere bedrfen eines allirdischen Zusammenschlusses aller Nationen, um durchfhrbar zu sein. Es ist sehr wahrscheinlich, da die Mehrzahl derselben mit ihrer Verwirklichung erst dem nchsten Jahrtausend vorbehalten bleibt. Einer jener Plne, die indes wohl schon in unserer eigenen Lebensepoche erreichbar und praktisch auswertbar sind, ist der groe Saharaplan, der zwar in seinen Anfngen schon alt ist, sich nun erst aber in seiner eigentlichen Form zu materialisieren scheint. Bekanntlich spielte man schon am Ausgang der Antike mit dem Gedanken, die Sahara zu bewssern. Im vorigen Jahrhundert nahmen die franzsischen Ingenieure den bis dahin vielfach abgewandelten Plan von neuem auf. Damals wurden verschiedene Projekte ausgearbeitet, wie durch einen Durchstich in der Nhe der Insel Djerba in der inneren Bucht der Groen Syrthe das Tiefbecken der Sahara zum Meer gemacht werden knnte. Der Plan war bestechend genug, hatte aber seine Schwierigkeiten. Es gab Terraindifferenzen, mit denen man zunchst berhaupt nicht gerechnet hatte, deren berwindung jedoch mit riesigen Kosten verbunden gewesen wre. So schob man das fertig ausgearbeitete Unternehmen immer wieder auf. Nun aber hat man diese Vorstellung endgltig fallen gelassen. An ihre Stelle ist ein anderer, in jeder Hinsicht (auch in der des afrikanischen Schollengleichgewichtes) vielversprechenderer Plan getreten. Seither hat man ganz anders wie bisher die Grenzen des unterirdischen 618 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Sees kennengelernt, der zwischen dem Atlas im Norden, der Libyschen Wste im Osten und den Gebirgen von Ghat und Tuat im Sden liegt. Er geht an keinem Punkt unter 500 m Tiefe, kann also, nach australischem Beispiel, leicht mit artesischen Brunnen angezapft werden. Man neigt jetzt der Ansicht zu, es hier mit den berbleibseln eines echten Saharameeres zu tun zu haben, das vor ca. sechzig Millionen Jahren abgesunken sein soll. In dieser Zeit htte es sich ausgest (es sind ja merkwrdigerweise alle diese unterirdischen Meere reine Swasseransammlungen). Obgleich die landlufigen Hypothesen ber seinen Ursprung noch nicht voll bewiesen sind das eine lt sich nicht leugnen: das unterirdische Wasserbecken ist vorhanden, und zwar in jener ansehnlichen Ausdehnung. Dort, wo im Sdwesten seine natrlichen Abflsse liegen, verliert es durch Verdunstung jhrlich mehrere Milliarden Kubikmeter Wasser, doch strmen ihm im Norden gleichfalls durch Zuflsse abermals zehn Milliarden Kubikmeter, also viel mehr, als der Verlust betrgt, zu. Die 1500 Oasen, die man nun mit Hilfe artesischer Brunnen grnden will, knnten diesen berschu nicht einmal aufbrauchen. Gegenwrtig hat man in Algerien eine Abnahme der bisherigen Besiedelung konstatiert, die man mit auf eine allgemeine Erhhung der Lufttrockenheit, herrhrend von einem Vorrcken der Wste nach Norden und Westen, schiebt. Auch sind die Bden der alten Dattellnder stark ausgebraucht, und einige der gefhrlichsten Palmenkrankheiten sollen damit in Zusammenhang stehen. Schon darum wre es vorteilhaft, neue Dattellnder erstehen zu lassen. Man rechnet, da das Mzab-Tal allein zweihundert frische Oasen umfassen knnte, die durch eine Palmenstrae quer durch die mittlere Sahara verbunden wrden. In jeder Oase sollen zweihundert Familien mit rund tausend Seelen angesiedelt werden und jede Familie erhlt als billigen Pachtgrund 1 ha Boden mit ber einhundertzwanzig Dattelpalmen. Davon kann sie sorgenlos leben. Aber das ganze Land bleibt in der Hand des Staates, der auch fr den Export der Datteln Sorge trgt. Damit sollen annhernd eine Million Araber von neuem in Afrika sehaft gemacht werden, von denen man schon frchtete, man msse sie auf ihrer Flucht vor der Wste in Frankreich selber aufnehmen eine letzte Hilfe, von deren Unbekmmlichkeit fr beide Teile man von vorneherein berzeugt war. Und das alles soll in einem Zehnjahresplan durchgefhrt werden, der bereits so gut wie genehmigt ist und mit dessen Anfang man so bald als tunlich beginnen will. Es erbrigt sich, zu sagen, welche bodenbiologischen und geologischen Vorteile damit verbunden wren. Die Flugsandbildung wrde langsam eingeengt werden, die Niederschlge wrden immer mehr zunehmen, denn wir wissen ja, da die Hebung des Grundwasserspiegels, die auf solche Weise schlielich http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 619

zustandekme, stets eine Vermehrung der Luftfeuchtigkeit hervorruft. Man knnte den bis in die Tiefen gelockerten Grund neu zu binden versuchen. Denn wenn auch die Dattelpalme im reinen Wstensand zu wachsen vermag und wenn sie, wie die meisten Palmen, auch nur flachwurzelig ist, so wrde doch mit der Zeit sich etwas wie eine Humifizierung anbahnen. Denn immer pflanzen die Araberfrauen in ihren Oasen auch Gemse und sen Durrah, aus dem sie Brotfladen backen. Der gefhrlichen Wanderdnen, die mit Eilzugsgeschwindigkeit dahinkriechen, wrde man allmhlich Herr werden, je mehr solcher Oasenketten den frei dahinjagenden Wstenwind brechen wrden. Und die Aushhlung des ganzen Saharabezirkes, die den Grundwasserspiegel immer tiefer senkt, knnte zum Stillstand gebracht werden. Gewi vermchte nur ein an Arten sehr beschrnktes Edaphon in solchen jungen Oasen Fu fassen. Aber es wre doch berhaupt ein Bodenleben an der Stelle einer vlligen Bodenleere. Und begreiflicherweise wrden die Lithobionten unter ihnen, die imstande sind, Mineralien aufzuschlieen, auch berwiegen. Alles wre noch sehr vergnglich, mit mchtigen Pausen der absoluten Drre dazwischen. Aber dennoch wrde die heimliche Umwandlung sich fortsetzen, denn das Leben erduldet das Unmgliche, um nur leben zu knnen. Freilich beschrnkt sich ein solcher Proze nicht auf zehn Jahre, aber in fnfzig Jahren, wenn er ungehindert weiterginge, wrde man vielleicht schon etwas bemerken knnen. Vor allem aber wrde die Bodenzerstrung, die zu jeder Flugsandwste gehrt, sich nicht unbegrenzt weiter entwickeln und immer tiefer greifen und immer strker vorrcken. Knstlicher Regen Auer mit Wasser aus der Tiefe will man indes diese Neubesiedelung der Sahara auch mit Bewsserung von oben untersttzen. Denn auch das gehrt nicht mehr zu den verschrobenen Hirngespinsten der Vergangenheit. Augenblicklich ist es um das knstliche Regenmachen sehr still geworden. Das bedeutet natrlich nicht, da man sich nicht mehr damit beschftigt. Die ersten Erfolge sind lcherlich jung, sie datieren aus dem Jahre 1947. Der erste knstliche Niederschlag, der berhaupt glckte, gelang in Amerika einem Ingenieur Vincent Schfer, der mit Trockeneis (bekanntlich verfestigtes Kohlendioxyd) im November 1946 Wolken von oben bewarf. Ein nchster Versuch am 5. Februar 1947 erzeugte erstaunlicherweise bei klarem Himmel in einem der Trockengebiete Australiens einen krftigen Regengu. Ein Colonel Ellison von der Oregon-Wetterwarte soll sogar einen Schneesturm (er wurde auf eine Million Dollar Niederschlagswert eingeschtzt) dadurch zustande gebracht haben, da der Pilot eines aufsteigenden

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Flugzeuges eine Handvoll Trockeneis es wurde im Bericht darber ganz besonders hervorgehoben, da sie nur 85 Cents gekostet htte auf eine Haufenwolke schleuderte. Die Wolke warf nach drei Minuten einen schwarzen Schleier aus, der sich als ein senkrecht zur Erde fallender Niederschlag erwies. Auch am 4. Februar 1947 soll es gelungen sein, ber Oregon Schnee und Regen im Ausma vieler Tonnen hervorzubringen und man erwog bereits, ob es sich nicht lohne, die Bergesgipfel zur Aufstellung von Generatoren zu bentzen, stark genug, um jederzeit Trockeneis in die Wolken zu schieen. brigens war der Erfolg nicht geringer, wenn man pulverisiertes Wasser anstelle von festem Kohlendioxyd verwendete. Den amerikanischen Hoffnungen gegenber zeigen sich die europischen Meinungen allerdings stark abgeschwcht. Man machte auch bezglich des Wolkenrohstoffes einige Erfahrungen. So konnte man sich bei Versuchen in Langenthal in der Schweiz davon berzeugen, da es ganz aussichtslos sei, Wolken unter mindestens 150 m Dicke zu bestreuen. Selbst dann konnte man nur auf hchstens 4 mm Regen oder 42 mm Schnee rechnen. Anderseits wieder schwrt ein von Anfang an bei den Regenmachern mitbeteiligter chilenischer Ingenieur Joe Echeverria, er habe bereits zwlf verschiedene Methoden ausgearbeitet, darunter drei unter Verwendung von Jod. (Wre letzteres richtig, so wrde sich damit eine Beziehung zwischen den stets jodhaltigen Luftmassen des Schirokko und den mit ihm verbundenen starken Niederschlgen vermuten lassen.) Jedenfalls glaubt Echeverria, da er mit knstlichem Regen die berchtigte Atacama-Wste seiner Heimat, in der an manchen Punkten die Drre seit vierhundert Jahren ununterbrochen andauert, wieder grn und fruchtbar machen knne. Vielleicht sind alle diese Hoffnungen heute noch viel zu berschwnglich. Aber wenn man sehr optimistische und weniger optimistische Berichte miteinander vergleicht, so kann man sich dem Eindruck nicht entziehen, da sie sie mgen nun aus Amerika, Ruland oder sonstwoher stammen doch eine knstliche Erzeugung von Wasser aus der Atmosphre besttigen. Das aber ist schon unendlich viel. Gelnge es in den nchsten Jahrzehnten wirklich, durch solche absichtliche und fortgesetzte Beregnung die Wsten der Erde ganz oder teilweise in das neuhumifizierte Fruchtbarkeitsgebiet mit einzubeziehen, so wrde das nach jeder Richtung unabsehbare Verbesserungen im Gefolge haben. Nicht nur durch zustzliche Ernhrung von Mensch und Tier, sondern auch durch eine grozgige Klimaverbesserung und ebenso durch eine sehr merkbare Abschwchung der Welterosion. Eine Wiederherstellung des einstigen Zustandes der Sahara als grne, hgelreiche, von breiten Galeriewldern durchrauschte Savanne wre vermutlich gleichbedeutend mit einer Stabilisierung des Schollengleichgewichtes von Nordafrika. Denn die weitere Aushobelung http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 621

durch die Winderosion, welche die Wstenwanne immer mehr ausschleift, wrde einer Wiederauffllung durch Humus Platz machen. Heute zermahlen die viel zu starken, gypten und das Rote Meer bedrohenden unaufhrlichen Wstenstrme Tag und Nacht das Gestein wie in einer gigantischen Mhle und die mechanische Zerreibung vermehrt den Flugsand, der sich dann als Belastung am nrdlichen und stlichen Schelfsockel Nordafrikas ablagert. So knnte auch hier eine kontinentale Umschichtung, die sich zu Ungunsten des Menschen und seiner gesamten Natur vollzieht, aufgehalten, abgebogen und in eine fruchtbare und positive Kurve umgendert werden. Aber das ist schon ein nicht nur den ganzen afrikanischen Erdteil betreffendes Problem, sondern richtig angefat und verstanden eine Menschheitsfrage. Weltorganisation der Humusproduktion Hier endigt alles, was bisher gegen Erosion und Absinken der Bodenfruchtbarkeit gedacht, geplant, in Betracht gezogen und durchgefhrt wurde. An diesem Punkt einige lokale, aber nicht allgemein ins Gewicht fallende Versuche ausgenommen ist man stehengeblieben. Und auch er ist erst eine Errungenschaft der letzten Jahrzehnte unter dem Zwang der immer dringlicher werdenden Bedrohung der menschlichen Rohstoffwirtschaft. Es wre also hier der Augenblick, von der Weltorganisation der Humusproduktion zu sprechen, die kommen wird und kommen mu, weil die Menschheit ohne sie nicht weiter existieren kann. Es beginnt mit der etwas beschmenden Feststellung da sie noch nicht vorhanden ist. Nur erst wenige haben das Schlagwort: Durch mehr Ver brauch mehr Fruchtbarkeit! begriffen. Die ganze Organisation, die dahinter stehen mu, ist noch nicht geschaffen. Es ntzt auch nichts, nur lokale Mittel an sie zu wenden. Sie mu eine Weltorganisation sein. Wir sind aber leider noch nicht so weit. Hier knnen zum erstenmal in einem so groen Blickfeld berhaupt erst die Richtlinien angegeben werden, nach denen ihr Aufbau erfolgen mu. Vielleicht geht das unter dem unnachgiebigen Druck der Verhltnisse rascher, als man sich heute denken kann. Ich halte es aber fr wahrscheinlich, da ich die Grndung des Weltkonzerns zur Verwertung humifizierbarer Rohstoffe wohl nicht mehr erleben werde. Auch R. H. France, der Mensch, der den umwlzenden Gedanken der Welthumuserneuerung zuerst gedacht hat, hat ihn nicht erlebt. Er nahm Abschied von seinem Dasein, als die Erde einem Raubtierzwinger voll wtender Bestien glich, die sich unbarmherzig zerfleischten. Und denen jede Einigkeit so undurchfhrbar erschien, wie die Versetzung auf ein fremdes Gestirn.

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Aber alles, was die Menschheit jemals wirklich weitergebracht hat, geschah so, da, wenn die ersten Erdenker die Tat nicht mehr weiterfhren konnten, die nchsten sich stillschweigend ins Joch spannten. So wird es auch diesmal sein. Denn alles beginnt mit einer Idee. Sie wurde bereits verschiedentlich hier mehr oder weniger klar umrissen. Sie kann in nichts anderem bestehen, als in der Wiederherstellung der gestrten Kreislufe. Dieses Buch ist darum so umfangreich geworden, weil ich alles daran setzte, um nachzuweisen, da smtliche Schdigungen, unter denen wir samt unserer Natur leiden, auf den unterbrochenen Kreislauf der Humusneubildung zurckzufhren sind. Ich brauche sie nicht noch einmal hier aufzhlen, denn ich habe sie zur Genge beleuchtet. Diese Erkenntnis ist der einzige zuverlssige Punkt in der rasenden Flucht der Erscheinungen. Wie aber kann das, was geschehen mu, am besten geschehen? Wir haben verschiedene Vorbedingungen der natrlichen Humifizierung kennengelernt. Wir haben auch einen gengend guten Einblick in den menschlichen Verbrauch und in die Rolle seiner Abflle (und die seiner Tiere, Pflanzen und Zivilisation). Soweit man angesichts ihrer schon von einer Organisation sprechen kann, ist es jedoch unleugbar, da sie falsch gerichtet, unzweckmig und bestenfalls ungengend ist. Die Formulierung der Idee kann also in nichts anderem bestehen, als alles magebend Wichtige zusammenzufgen, auszubauen und das positive Resultat richtig an Ort und Stelle einzusetzen. Der grundlegende Vorgang ist so einfach, wie alle grundlegenden Vorgnge es sind. Der Mensch, als der grte und ungemigtste Humusverbraucher, mu bei allen seinen Bedrfnissen und Ttigkeiten dazu herangezogen werden, auch der grte Humusproduzent zu sein. Und zwar aus einer einheitlichen Einsicht heraus, also einheitlich fr die ganze Erde. Hier aber, wo die Organisation der Durchfhrung beginnt, ist noch fast alles zu tun. Zunchst mu man sich von der Vorstellung freimachen, es gbe zur Humifizierung eigens bestimmte Rohstoffe und andere. In Wahrheit gibt es nur Rohstoffe in Gestalt der Abflle und keiner kann entbehrt, sondern jeder mu zweckentsprechend verwendet werden. Der buerliche Misthaufen ist nicht von Gott dazu ausersehen worden, da man ihn auf das Feld bringt, und der Misthaufen der Stdte und Fabriken ist nicht zum Verbrennen oder zum Verwahrlosen da. Sondern beide mssen aus ihrer ungeeigneten Abbauform befreit und beide mssen von uns in Humus umgesetzt werden. Dasselbe ist es mit den flssigen Abfllen. Jauche ist nur ein rohes, stinkendes und unbekmmliches Abwasser aus den Stllen, und Stadtkanle sind nur menschliche Jauche es ist weder in der Zusammensetzung, noch in den Umbauprozessen ein entscheidender Unterschied. Aber die eine ist nicht dazu da, da man sie auf die Wiesen schttet, und die anderen sind es nicht, um http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 623

Flsse und Seen zu verseuchen (wie das unbegreiflicherweise jetzt in der schnen Schweiz u. a. am Thuner, Zricher und Genfer See geschieht). Und ebenso am Sund zwischen Kopenhagen und Malm oder am bezaubernden Mlarsee, in dem die Stockholmer nicht mehr baden knnen. Denn der Faulschlamm am Grunde verpestet das Wasser mit Wolken von Schwefelwasserstoff und Methan. Auch hier mssen beide wiederum der Humusneubildung dienen, und dazu mssen beide entgiftet, von den ebenso notwendigen, als gefhrlichen Abbau-Mikroorganismen befreit und biochemisch aufgeschlossen werden. Die Reinlichkeitsfanatiker unter uns mgen ihren ganzen Einflu aufbieten, da uns eine zielbewute Humifizierung von den Giftpilzen und Giftbakterien erlst, denn in deren Verlauf werden alle diese unappetitlichen Zerleger, ohne die eben keine Zerlegung stattfindet, restlos durch Vertilgung unschdlich gemacht. Aber, wie gesagt das gilt fr alle Abflle in allen Formen, und die des Menschen sind ebenso ntzlich und ebenso bedenklich. Man hat fr die Vernichtung der menschlichen Abflle sehr viel Geld ausgegeben und gibt es immer noch aus. Und alles, was jede Gemeinde dafr opferte, war durchaus unproduktiv (auch wieder mit wenigen Ausnahmen) und eine reine Belastung. Nach zahllosen gelungenen Versuchen, in deren Namen und mit deren Beglaubigung ich hier spreche, braucht man indes im groen ganzen wahrscheinlich nicht um vieles wenn berhaupt etwas mehr auszugeben, und die Belastung wandelt sich in einen Gewinn, der sich mehrfltig auswirkt, sowohl als mehr Nahrung, als mehr Sauberkeit, als mehr Gesundheit. Man kann besonders in Hinsicht der ausgegebenen Kosten also eigentlich nicht sagen, da nichts geschehen ist. Es geschah nur eben nicht das Richtige. Man verfiel auf die unwahrscheinlichsten Vorstellungen. Aber man verfiel auf das Eine nicht, da, was einmal aus Humus entstanden ist, mit seinen Resten und nach seiner Ausntzung zu nichts anderem zu dienen hat, als wiederum Humus zu werden. Lieber vergaste, verbrannte, zerstubte und mineralisierte man die Abfallrohstoffe, prete Klinker aus ihnen (die dann wieder zerfielen), zerstampfte sie oder hielt sie jahrzehntelang in einem Zustand immerwhrender Fulnis, anstatt sich die Wiederfruchtbarmachung der Erde durch sie angelegen sein zu lassen. Ich hre, da man mir entsetzt die Transportkosten vorhlt, die die knstliche Humifizierung belasten wrden und die niemand tragen knne, wenn alles an Abfllen erfat werden msse. Ich kann diesen Einwand sehr leicht entkrften. Denn wir haben nicht nur ein Verfahren im groen ausgearbeitet, das fr jedes Gemeinwesen von 3000 Menschen ab rentabel ist, sondern auch eines im kleinen, mit welchem jeder Einzelhof und jeder Schrebergrtner sich selber so viel Humus machen kann, als er gemeinhin braucht. Denn Verbrauch und Abflle und Neuhumifizierung stehen in einer natrlichen Relation. Es mu die ganze Organisation nur richtig gehandhabt werden, und 624 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

es mu endlich die Einsicht Platz greifen, da das Ausgentzte, Verdaute und Weggeworfene nicht weniger Wert besitzt, als das Neue und noch Unverdaute und Unverwendete. Denn Humus ist wenn er einmal auf dem Weltmarkt vorhanden ist ebenso verkuflich und ganz sicher ein ebenso gutes Geschft als alle die Dinge, die aus ihm entstehen. Alles das, was ich hier sage, ist keine Utopie. Es ist vielfach von Fachleuten berprft, von Wissenschaftlern beglaubigt worden. Viele Atteste besttigen seine Richtigkeit und seine Erfolge. Es braucht nur angewendet zu werden. Nichts fehlt, als der gute Wille. Der gute Wille und die Einsicht. Beginnen wir bei der mglichen Verwertung der Abgase. Fr sie ist noch am wenigsten getan worden und wenn, dann auch nur mit der Absicht, sie so bald als mglich loszuwerden. De facto ist aber auch die Atmosphre aus dem Gleichgewicht gebracht worden. Die Verbrennung der kostbaren und eigentlich ganz unersetzlichen Kohle wird zwar ohnedies eines Tages aufhren, denn man arbeitet schon auf das eifrigste daran, Wrme ohne Verbrennung zu erzeugen. Diesen Raubbau hat man bereits eingesehen. Trotzdem mu man heute noch mit den Zahlen rechnen, die zwar dem Fachmann, nicht aber der Allgemeinheit bekannt sind. Bereits um 1890 bliesen auf der ganzen Erde die Kamine 510 Millionen Tonnen unatembare Kohlensure aus. Das steigerte sich um 1924 auf 2000 Millionen Tonnen. Um 1930 war es beilufig mehr als doppelt soviel. Das wre umgerechnet bereits ein Einhundertfnfundsiebzigstel jener Kohlensuremenge, die man berhaupt in der gesamten Atmosphre vermutet. Da diese ber den Stdten und Fabrikzentren mehr oder weniger demnach berreichlich vorhandene Kohlensure trotz der stndigen Luftbewegungen gerade auf jene Felder und Grten herabsinkt, deren Vegetation so dringend ihrer bedarf, ist immerhin sehr wenig wahrscheinlich. Nun hat freilich die Forschung schon lngst festgestellt, da der Kohlensuregehalt in dem Luftring, der unsere Erde umgibt, sich nicht verndert oder doch bisher nicht verndert hat. Wir haben keine Beweise dafr, da er jemals im ganzen zu- oder abgenommen htte. Aber die Verteilung ist es, der mangelhafte rtliche Ausgleich, der zum Bild der Kulturwste gehrt. Vulkane hauchen unerhrt viel Kohlensure aus. Die Ozeane wieder binden solche Mengen dieses Gases, da ber dem Meeresspiegel durchschnittlich um 10 Prozent weniger davon vorhanden ist, als ber dem Festland. Alle Karbonate verschlucken dieses H2CO2 bei ihrer Bildung. Bei ihrem Zerfall wird es wiederum frei. Aber auch der Kohlensurekreislauf geht durch den Humus als eine seiner wichtigsten Stationen hindurch. Denn dort werden die aus Fulnis, Verwesung und Zersetzung freiwerdenden Gase sogleich zum grten Teil wieder eingefangen. Die auf Kohlensure aufgebaute Assimilation der Gropflanzen http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 625

ist erst die zweite Zone, denn ihr voran geht die Assimilation durch das Bodenleben, das unersetzlich als Kohlensure-, Sauerstoff- und Stickstoffsammler ist. Diese Leistungen fallen den Aufbauern unter den Geobionten zu, die, aus dem Ungefhren geschtzt, etwa die Hlfte aller Bodenorganismen stellen, whrend die andere Hlfte wir wissen es ja neben festen Substanzen und Flssigkeiten auch diese unermelich wichtigen Gase aus Krpern und Stoffen wieder freimacht. Man ersieht daraus, da sich die aktive Phase der Humusbildung nicht darauf beschrnken darf, nur Nhrstoffe in fester oder flssiger Form, selbst (was es bisher in dieser Art allerdings nicht gab) gasfrmig dem Gemisch der Erdmineralien beizufgen. Das wrde nur wenig ntzen, wenn das lebende Netz von Auffngern, Sammlern und Zerlegern fehlt. Was die Kohlensure speziell anlangt, so wird sie von smtlichen Grn-, Blau- und Fadenalgen, von vielen Flagellaten (Euglena usw.) und von Kieselalgen assimiliert. Sie alle sind mit verschwindend geringen Ausnahmen reine Humusbewohner. Sie verlieren sich darum auch als die ersten, wenn Bodenmdigkeit oder Humusverarmung eintritt. Der Kunstdnger liefert berhaupt keine Organismen, denn er ist ein rein chemisches und kein biologisches Produkt. Er ist in allem darauf angewiesen, da sich zwischen ihn und die Pflanzenwelt, die er ernhren soll, das Edaphon als Mittler einschaltet. Und wenn man jetzt mit Hilfe von radioaktivem Phosphor den Weg vom Superphosphat ber ein gedngtes Kleefeld und die Kleepflanzen zu der Kuh, die damit gefttert wurde, und zu den Knochen des Kalbes, das die Milch dieser Kuh bekam, feststellen konnte, so ist das kein Gegenbeweis des Gesagten, denn man hat nur eben vergessen, auch die phosphorverarbeitende Mikrobenwelt ebenfalls auf ihre Teilhaberschaft zu untersuchen. Stalldnger, auch solche in getrocknetem und mit Torfmull usw. versetztem Zustand, enthalten fast ausschlielich Fulniskeime, da sie ja nicht gengend humifiziert wurden. Einzig Komposte und gemachter Humus bringen der Erde jene Edaphonbesiedelung zurck, deren sie bedarf, um Gase zu sammeln und in Plasma umzuwandeln. Also schon des Gasstoffwechsels wegen, abgesehen von vielen anderen, ebenso wichtigen Grnden, kann Humus nur durch Humus ersetzt werden. Denn einen knstlichen Ersatz fr das funktionell und selektiv arbeitende Bodenleben gibt es nicht. Ohne seine Ttigkeit wrde der Bodenstickstoff niemals mit Wasser und Sauerstoff zu Salpeter gebunden werden. Salpeterbildung im Boden ist ein rein biologischer Vorgang. Knstlich fabrizierter Salpeter hat keine organischen Eigenschaften, sondern erwirbt sie erst, indem er die Mikrobenwelt passiert. Wir haben das Gegenstck dazu aus dem Verhalten der vulkanischen Aschen kennengelernt. Sie sind enorm reich an Bodensalzen, aber arm an 626 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Bodenleben. Die humosen Elemente mangeln in hohem Grad. Aus Versuchen hat man erfahren, da 18 Jahre nach einem Ausbruch noch keine stickstoffbindenden Organismen vorhanden waren. Nur dort, wo in alten Laven durch die Pflanzenwurzeln und die Lithobionten bereits eine echte Humifizierung begann, stellen sich dann Stickstoffbinder ein (nicht nur der bekannte Azotobacter, sondern auch Micrococcus sulphureus, das Bacterium prodigosum, das Bacterium tartaricum, das Bacterium turcosum u. a.). Bringt man aber mit frischem Humus gengend Stickstoffbinder heran, so erfolgt eine beschleunigte und gesteigerte Verwertung, und die Ernteergebnisse nehmen sprunghaft zu. In Hinsicht der Bodenerosion und der Auswaschung wichtiger Stoffe ist nur das Bodenleben imstande, die Kapillarkraft des Bodens zu erhalten und zu erhhen. Es ist unbestreitbar, da die Auswaschung um so geringer ist, ein je zahlen- und artenreicheres Edaphon im Boden arbeitet. Diatomeenschalen und Rhizopodenhuschen bilden sogar zuweilen mechanische Widerstnde gegen das Abflieen der Bodenlsungen und sind anderseits auch gegen das tonige Verbacken ntzlich. Kieselgur wird zweifellos von siliziumhungrigen Bakterien ausgebeutet. Mglicherweise nehmen diese angereicherte Lsungen auf, die natrlich nicht ohne organische Beimischung sein knnen, denn die ganze Substanz ist ja nur eine Hufung fossiler Kieselalgenschalen. Man darf das daraus schlieen, da die beraus feinmehlige Struktur doch in manchem der zartporigen Schwammbeschaffenheit gleicht, als welche sich bei gutem Humusgehalt die edaphischen Zonen in 5-30 cm Tiefe erweisen. Sie ist es, die mit ihren unzhligen Kapillaren alle die ausgelaugten Substanzen, z. B. Eisen, Kalk, Kieselsure, Kupfer, Kali usw. sofort wieder organisch bindet. Die Kapillarkraft des Bodens, dem Landwirt in der Form der von ihm hei angestrebten Bodenkrmelung vertraut, ist eine der wichtigsten Eigenschaften des Humus, die er und nur er allein, besitzt. Denn wie berall in Krpern auch durch den Humus werden die letzten Wasserreste mit fast unberwindlicher Zhigkeit im Boden zurckgehalten. Die Ursache ist, da das meiste davon durch die Lebensprozesse gebunden ist und sofort organisch weitergegeben wird. Die letzten 5-3 Prozent Feuchtigkeit ihm zu entreien, ist mit natrlichen Mitteln fast unmglich. Da diese Bodenkolloidalitt begreiflicherweise in der obersten, der Edaphonzone, am ausgeprgtesten ist, so gengt, wenn sie sich vllig intakt erweist, eine Zeitlang eine geringe Bewsserung, sogar oft nur eine krftige Betauung am Morgen, um Bodenleben und Bodenqualitt ber nicht allzulange Trockenperioden hinberzubringen. Wir haben diese Tatsache unter sehr extremen Verhltnissen auch praktisch nach jeder Richtung hin ausgeprobt. Schlielich und nicht zuletzt wird durch stndige Humusnachfuhr der fortwhrende Eiweischwund, der ein charakteristisches Merkmal ausgeplnderter http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 627

und degradierter Bden ist, verhindert. Gewi frit im edaphischen Bereich einer den anderen, aber nur die individuelle Form geht dabei verloren. Die plasmatisch hochwertige Substanz des Lebens und seine Energien setzen sich immer neu um und werden oft sogar hochwertiger dadurch. Sie ziehen auch von berall her Anorganisches in den organischen Bereich. Leben mndet in Leben, entweder durch direkten bergang oder ber den Tod. Im letzteren Fall braucht Bakterien- und Pilzsubstanz zumindestens sieben Wochen, um sich in Nitrite zu verwandeln. Einzellerstickstoff auch der nicht sporentragender Bazillen zersetzt sich bereits nach drei Wochen, da ihm nicht die zhe Widerstandsfhigkeit der Hyphen- und Sporengewebe eigen ist. Der Humus nimmt jedoch alles Zersetzte wieder neu auf. Wie in einer zeitlosen Mhle drehen sich Elemente, Aggregatzustnde, molekulare und atomare Bindungen, chemische und biologische Umwandlungen. Heute Verwesung, morgen Geburt, heute Pflanze, morgen Bakterium, ein paar Stunden spter Wimpertierchen, am nchsten Tag Regenwurm, die Woche darauf Fulnis. Dann Aasinsekten, Bodenlsung, Kohlensure, gasfrmiger Stickstoff zwischen den Bodenkrmeln, grnes Blatt, Alge, und wieder und wieder Bakterium es nimmt kein Ende, denn es schliet erst mit dem Aufhren des Humus, das den Boden steril macht und die Lebensprozesse abschwcht oder ganz zum Stillstand bringt. Diese unzhlig durcheinanderkreuzenden Ketten, aus denen sich das Leben stndig ersetzen kann, erlangen nur dann Dauer, wenn man Humus mit Humus ersetzt. Ihre Wirkung erstreckt sich auch auf die notleidenden Bden, die sich dadurch schon binnen einer Vegetationsperiode bessern, weil eben mehr mineralische Stoffe aufgearbeitet werden knnen, die sonst tot und ungentzt liegen bleiben. Es findet keine Dngung im landlufigen Sinn statt, denn Dngung beansprucht immer eine Mitarbeit des gedngten Bodens. Durch regelmige Versorgung mit gemachtem Humus aber gewinnt man alle Vorteile der Dngung, ohne dem Boden eine eigene Leistung aufzubrden, zu welcher er bei merkbarem Humusschwund oft berhaupt nicht mehr fhig ist. Es vollzieht sich durch das alles eine Art Heilungsproze, nicht anders, wie in einem geschwchten, erkrankten Krper, dem man durch Bluttransfusion ber eine tdliche Erschpfung weghilft. Alle die Krankheitssymptome verschwinden. Die bermige Versuerung wird herabgesetzt (denn eine einigermaen gute Erde darf nicht weniger als sieben pH haben), dafr steigt das Sorptionsvermgen und die Kapillarttigkeit. Die Struktur verbessert sich unter allen Umstnden. Schwere Bden werden leichter, lockerer, krmeliger, sie sind mit weniger Anstrengung zu bearbeiten. Leichte und sandige Bden erfahren durch die strkere Humifizierung eine nderung nach der Seite einer erhhten Bindigkeit hin, sie werden nahrhafter, und eine Zunahme an Kolloidalitt schtzt sie ohne weiteres Zutun besser vor Auswaschung und Abwehung, als irgend ein knstliches Mittel. Das alles bedingt eine intensivere und raschere 628 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Bodengare. In allen Fllen nimmt die Krmelung zu. Dadurch wird der Pflanzenwurzel ihre vielfltige Funktion erleichtert, so da sie infolgedessen besser atmet, mehr Wurzelhaare und Seitenwurzeln bildet, sich besser im Boden verfestigen und einen greren Umkreis ausntzen kann. Durch all das steigt auch ihre osmotische Leistung in Bezug auf Aufsaugung der Bodenlsungen. Einer erhhten Produktion an Kohlensure, Luftstickstoff und Sauerstoff steht ein geringerer Verlust dieser Bodengase gegenber. Licht und Regen dringen in den gleichmig gekrmelten Boden, der nicht zu Schollen verbacken ist oder eine betonartige Beschaffenheit zeigt, leichter und tiefer ein. Darum sind auch ihre Wirkungen viel nachhaltiger. Durch die Rckgewinnung all dieser Humuseigenschaften wird die Erosion auf ihr natrliches Ma eingeschrnkt, und Katastrophen, herbeigefhrt durch ungeeignete Bodenbehandlung, knnen vermieden werden. Das alles ist erreichbar ohne Beanspruchung anderer Hilfsmittel, als der einer systematischen Humuserneuerung durch Heranziehung stndig kontrollierter humifizierter Massen des Abfallkontingentes der ganzen Welt. Und dadurch erst kann alles, was im Sinn des Soil Conservation Service durch Wiederaufforstung, Anpflanzung von Waldschneisen, durch knstliche Bewsserung und alle mglichen anderen Manahmen gegen eine Zunahme der allgemeinen Erosion geschieht, komplettiert und positiv ergnzt werden. Durch mehr Verbrauch mehr Fruchtbarkeit! Schon vor ein paar Menschenaltern wurde mit ehrlichem Bedauern konstatiert, da leider auf unserem Planeten keine neuen Kontinente mehr zu entdecken seien. Diese Klage ist jetzt eindringlicher denn je zu vernehmen. Die Unbeherrschtheit der menschlichen Fortpflanzung wchst sich heute schon zu einem sehr fhlbaren Mistand aus. Daneben laufen recht erfolgreiche Versuche her, durch knstliche Befruchtung auch Kinderlose zu Eltern zu machen. Auerdem will man unter allen Umstnden das Leben des Einzelnen so weit verlngern, da hundert Jahre die durchschnittliche Norm darstellen sollen. Eigentlich ist es zwar nicht ganz leicht verstndlich, warum der Homo sapiens so mit allen Fasern an seiner Erde hngt, nachdem er sich das Dasein auf ihr doch so bedrohlich und ungemtlich wie nur mglich eingerichtet hat. Es ist aber einmal so, und, da die physiologische Mglichkeit an sich ja besteht, so wird man sicher nicht eher ruhen, als bis das Alter verlngert und die Lebenskrfte verdoppelt sind. Alles das aber zieht zwangslufig eine gewaltige Bedarfssteigerung nach sich, die befriedigt werden mu, soll nicht wiederum aus der zweifach erhhten Lebenszahl nur ein vervielfachter und sanktionierter Mord werden.

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So ist der Wunsch nach neu auszubeutenden Kontinenten also durchaus verstndlich. Es gibt sie indes leider nicht mehr. Eine Zeitlang setzte man die malosesten Hoffnungen auf eine Entdeckung noch unbekannter Lnder und Bodenschtze in der Arktis, besonders am Sdpol. Aber deren Besiedelung wrde doch wohl auf schwer berwindbare Schwierigkeiten stoen, selbst wenn man bis jetzt zuverlssige Nachrichten von solchen Reichtmern htte. Und wenn auch das geglckte Beispiel nordsibirischer Stdte uns lehrt, da man im hohen Norden nicht nur als Eskimo und Lappe leben mu, so beweist das doch auch zugleich, da man vorderhand noch nicht mit einer arktischen Landwirtschaft rechnen darf. Die erstaunlichen Leistungen von Professor Mitschurin, dem es gelang, einen kltefesten Weizen durch neue Zchtungen zu gewinnen, lsen nicht die Frage, woher und womit man in diesen Breitengraden den nicht vorhandenen eisfesten Humus schafft. Durch gelenkte Vererbung wird es ganz sicher mglich sein, noch viele neue Arten, besonders Kulturpflanzen, zu zchten. Von unserem Gesichtspunkt aus ist es unwesentlich, ob das ber den Gametophyten, also ber die sexuelle Fortpflanzung, oder ber den Sporophyten, also ber eine vegetative Pfropfung, geschieht. Auch die Natur befolgt beide Methoden, von der offenbar jede ihr besonderes Fr und Wider hat. Denn die Anpassungsfhigkeit des Plasmas zum Zwecke der Lebenserhaltung ist unbegrenzt. Heute bringt die Natur durch Vererbung ber die Chromosomen allerdings den greren Teil der Lebensgestaltung hervor. Aber diese selbe Natur bedient sich doch auch unzweifelhaft der vegetativen Weitergabe von Eigenschaften dort, wo, wie etwa in der Foraminifere Peneroplis, keinerlei Geschlechtsorgane vorhanden sind. Mehrere Erbketten auf beide Art zu vereinigen, ist also immerhin etwas, das gewissermaen in den natrlichen plasmatischen Mglichkeiten vorgesehen ist. Und wenn es Professor Mitschurin wirklich gelungen sein sollte, durch Pfropfung eine Paprikatomate, eine Tomatenkartoffel u. . zu erzielen, so bedeutet das noch lange keine Umkehrung der Naturgesetze. Wir knnen im Gegenteil damit rechnen, da noch viel derartiges und von uns vielleicht gar nicht fr mglich Gehaltenes geschieht. Es mu vielleicht sogar geschehen, denn einer Welthungersnot kann auf die verschiedenste Weise vorgebeugt werden. Nur wurde schon einmal hier gesagt, da jede Fruchtbarkeitssteigerung Hand in Hand mit einer Humuserneuerung gehen mu, weil sonst die Bodenverarmung zu schnell fortschreitet. Nichts ist an sich erfreulicher, als wenn durch Verzweigung eine Weizenhre anstatt 1,5 g bis zu 10 g schwer werden kann (dadurch sollen auf 1 qm Boden bei nur 200-300 Halmen, umgerechnet auf den Hektar, bis zu 50-100 Dztr. Frucht erzielt werden knnen), aber das ist nicht mglich ohne eine dementsprechend strkere Bodenausntzung. 630 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Damit wrde der allgemeine Humusschwund beschleunigt. Je grer solche Erfolge also sind, um so grer ist der Bedarf an Humusersatz. Darber kommen wir nicht hinweg. Und wenn wir noch soviel knstliche Nhrsalze unseren ckern zufhren, so ist das eben kein Ersatz fr Humus und verschlechtert im berma nur den Boden. Also auch von dieser Seite aus gesehen, bleibt uns nur eine geregelte Humusneuproduktion brig, denn es fehlen die unbekannten Kontinente mit frischem Urhumus, auf die man auswandern knnte. Nur durch konsequente Humuserneuerung kann heute und knftig der Hunger nach Humus gestillt werden. Sie schenkt uns in Wahrheit einen neuen Kontinent, nmlich neue, fruchtbare Erde, nachdem doch deren Auffindung und Bewirtschaftung seinerzeit schon hinter der Entdeckung von Festlndern als am strksten treibender. Motor stand. Sie kommt also wirklich und tatschlich der Entdeckung von erfolgversprechendstem Neuland gleich. Geregelte Humusneuproduktion wirkt sich aber noch in ganz anderer Weise aus, an die wohl kaum noch jemand gedacht, geschweige denn ihre tatschlichen Vorzge jemals in Rechnung gestellt hat. Man wird gleich verstehen, worauf ich das Interesse der verantwortlichen Weltorganisatoren lenken mchte. Der Weltverkehr wird es immer mit sich bringen, da die Gter dieser Erde nicht in ihren Ursprungslndern bleiben. Denn unser Planet ist eine Einheit und infolgedessen streben alle Geschehnisse auf ihm einer groen Gemeinsamkeit zu auch wenn denen, die danach handeln, dieser Zusammenhang niemals bewut wird. Es spielen sich also auf allen Gebieten Ausgleichsvorgnge ein, ganz besonders auf denen des Handels, der ja an sich schon ein Ausgleichsvorgang zwischen Lndern und Vlkern ist. Selbstverstndlich erhielten und erhalten die humusschwachen Lnder mit unzureichender eigener Versorgung die strksten und zahlenmig grten Zuschsse aus den Gebieten des berflusses. Das ist nur natrlich und wurde von je auch als natrlich angesehen. Auf dieser notwendigen Zusatzversorgung beruht ein sehr erheblicher Teil der Weltwirtschaft berhaupt. Augenblicklich beluft sie sich im noch immer hungernden Europa bis zu 60 und 80 Prozent der faktischen Versorgung. Sie gleicht praktisch berbevlkerung und ungengende Ernten nicht anders aus, als ob alle diese Mangelgebiete pltzlich mit Kolonien versehen wrden. In Wirklichkeit ist diese Versorgungsform sogar den Kolonien vorzuziehen, denn sie ist mit keinerlei politischen, rassischen und soziologischen Problemen verknpft. Auch das Entgelt dafr, soweit es sich spter um geordnete Handelsbeziehungen und Import-Exportabkommen handelt, ist vermutlich im Gleichgewicht mit einem durchschnittlichen Budget der Aufwendungen fr eine Kolonie, welche die gleiche Menge an Rohstoffen oder Halb- und Fertigfabrikaten an das Mutterland liefert. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 631 PDF-Ausgabe 62010

Es ist anzunehmen, da solche gegenseitige Versorgungen irgendwann einmal alle Schutzzlle berflssig machen werden, sobald sie sich erst auf ein Optimum nach beiden Seiten hin eingependelt haben. Man wird dann die Gegenwart als Beispiel einer durchaus rckstndigen und in jeder Weise unzulnglichen nationalen und hypernationalen konomie belcheln. Wie und wann immer sich das auch im einzelnen entwickeln wird man mu sich darber im klaren sein, da jede Mehreinfuhr von Nahrungsmitteln, Fasern, Holz, Harzen, len, Kunststoffen usw. zugleich auch ein Plus an humifizierbaren Abfllen bedeutet, das die schon vorhandenen prozentual in demselben Ma steigert. Ihre systematische, richtige Verwendung, d. h., ihre Vollhumifizierung wre geeignet, in absehbarer Zeit das Minus an vorhandenem Humus zustzlich zu einem nicht unwesentlichen Teil auszugleichen. Wenn eine solche tragfhige Weltorganisation also jetzt schon bestnde was sie leider nicht tut , so wre sie imstande, aus den Lieferungen des Marshall-Planes die europischen Bden durch Abfallhumifizierung so zu verbessern, da unser Erdteil, der sich ja schlielich nicht fr alle Ewigkeit von anderswoher ernhren und versorgen lassen kann, seine ausgeplnderten Bden wesentlich ausheilen knnte. Jedenfalls vermchte sich so ein von Natur aus benachteiligtes, durch Raubbau an seinen Bden verarmtes Volk nach einiger Zeit wieder bodenmig zu erholen. Es ist nicht gezwungen, zum willenlosen Anhnger des Growirtschaftsgebietes, das es zeitweilig versorgt, zu werden. Die allgemeine Gesundung der Menschheit hngt nicht zuletzt davon ab, da die unterschiedlichen Eigenschaften und Bedrfnisse der Vlker nicht als Gegensatz bentzt werden und nicht mehr eine Gefolgschaft herbeifhren, wo nicht die innere Notwendigkeit, sondern nur der uere Zwang der Lebenserhaltung das jetzt verursachen. Jedes Staatsgebilde es sei politisch und weltanschaulich wie immer orientiert soll sich doch wenigstens selbst ernhren knnen, sei es direkt oder indirekt. Darin mu man die einzige gedeihliche Basis zum Weltfrieden und zu einem gefestigten, nicht stndig alle Weltmrkte durch schwarze Freitage erschtternden Warenaustausch sehen. Anstatt der absoluten Ziellosigkeit der Weltwirtschaft, welche einerseits Gter verschwendet man denke nur an die mit reifem Mais geheizten Lokomotiven und den ins Meer versenkten Kaffee , whrend andererseits Menschen verhungern, wre auf diese Weise eine grere Sicherheit fr Produzent und Konsument gewhrleistet. Das Chaos der Wirtschaft wrde sich zwanglos von selber ordnen, sobald das Vabanquespiel des um jeden Preis Kaufen- und Verkaufenmssens eingeschrnkt werden knnte. Maximalvermgen und Maximalelend, die sich bis jetzt noch, durch einen Abgrund getrennt, gegenberstehen, wrden nicht dadurch ausgeglichen, da Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbnde sich gegenseitig erpressen, denn damit kommt allmhlich die Produktionskraft eines jeden Landes zum Stillstand. Sondern nur dadurch kann eine Stabilisierung erfolgen, da in jedem Land 632 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

und in jedem Volk die Befriedigung der Lebensnotdurft darum aus der Spekulation ausgeschlossen werden kann, weil sie vollgltig im eigenen Produktionsgebiet gedeckt oder durch dort vorhandene Leistung gesichert werden kann. Wenn es die Meinung der FAO. ist, da jedes bedrftige Land solange untersttzt werden msse, bis es das Doppelte seines eigenen Bedarfes selbst herstellen knne, so bleibt das ein schner Traum, solange die Bden nicht in den dazu ntigen Stand versetzt werden. Durch eine endlose Kette gleichmig aneinandergeknpfter Auswirkungen greift Bodenverbesserung oder Bodenverschlechterung in alle Zweige des wirtschaftlichen Lebens in allen Staaten ein. Ein Zuwachs an fruchtbarer Erde, besonders als eine dauernde Institution, wrde ausnahmslos in jedem Kontinent sichernd, beruhigend und bereichernd wirken. Wie aber stellt sich eine prinzipielle Humuserneuerung zu dem Problem einer allgemeinen Fruchtbarkeitssteigerung? Wir fangen eigentlich jetzt erst an, unsere Kulturpflanzen durch Wuchsstoffe, durch Vitamine, durch Anwendung von Radioaktivitt u. . zu sprunghafter Ertrgniszunahme zu veranlassen. Gesetzt den Fall, da die diesbezglichen gegenwrtigen Erfolge sich in einen Dauererfolg umwandeln lassen wir knnen das noch nicht behaupten, denn dazu fehlt uns die notwendige Erfahrung auf ausgedehnte Fristen , so wre allein schon daraus und aus den knftigen Ergebnissen der Zchterei und Pfropferei (die beide eine groe Zukunft vor sich haben) eine nicht unbedeutend ins Gewicht fallende Zunahme zu erwarten. Sie wrde sich auf Nahrungs-, Faser- und Rohstoffe u. dgl. beziehen. Immerhin ist nicht daran zu denken, da dadurch der Mehrbedarf fr den gefrchteten Anstieg der Geburten auch nur annhernd bestritten werden knnte. Auf diese Weise sind nur Zustze wenn vielleicht auch recht ansehnliche Zustze zu erlangen. Eine allgemeine Steigerung der Nahrungsmittelerzeugung kann dadurch nicht erreicht werden. Sie kann einzig das Werk einer systematischen Bodenverbesserung sein, die nicht nur der bermigen Erosion und dem Humusschwund ein Ende setzt, sondern die Erde in allen ihren Anbaugebieten stndig frisch mit Humus versieht. Auf diesem Sockel landwirtschaftlicher Umordnung mu sich alles aufbauen, er ist das Grundfundament zu einer allgemeinen Besserung der menschlichen Verhltnisse. Denn wirklich sachgem hergestellter Humus besitzt garantiert eine Erntesteigerung von 20-30 Prozent (wir haben aber auch schon 100 Prozent in sehr gnstigen Fllen erzielt) und diese Erntesteigerung ist dauernd. Und darin steht er einzig und konkurrenzlos da.

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Dagegen bedeutet alles gesteigerte Wachstum, hervorgerufen durch Zchtung usw., keine dauernde Zunahme, denn angesichts der bisherigen Bodenbehandlung endete sie immer zuletzt in der unausweichlichen Verarmung der Bden. Bisher spielte sich nicht nur unsere eigene, sondern auch die Bedrfnisbefriedigung unserer Bden als ein Kampf aller gegen alle ab. Dagegen mu uns von nun ab als erreichbares Ziel ein Ausgleich aller durch und fr alle vorschweben. Sicher gibt es Menschen, die solche Gedanken und Worte im Zeitalter der Atombombe und der schrankenlosen militrischen Aufrstung fr ganz unzweckmig, wenn nicht lcherlich einschtzen. Dennoch mssen sie gedacht und gesagt werden, denn sie vertreten das Dauernde, whrend das Gegenteil sich zuletzt in vorbergehenden Kataklysmen erschpft. Die aber mnden dann doch endlich wieder nach rasenden Austilgungen und grauenvollen Zusammenbrchen irgendwann in ein natrliches Gleichgewicht ein allerdings auf einer weit tieferen und primitiveren Integrationsstufe, die mglicherweise den Menschen wieder zurck in eine lngst berwundene Phase seines einstigen Aufstieges versetzen wrde. Gelenkte Abfallhumifizierung Fr die Herstellung einer Substanz, die einem natrlich entstandenen Produkt nicht nur hnlich, sondern zum mindesten gleichwertig, wenn nicht berlegen sein soll, knnen nur biotechnische Methoden in Frage kommen. Das heit im Fall einer gelenkten Abfallhumifizierung, da man nicht mit rein mechanischen oder rein chemischen, sondern ausschlielich mit biologischen Prozessen arbeiten mu. Freilich kennt die Natur keinerlei Zeitbeschrnkung, und oft genug ist auch die Gruppierung und Mischung der Rohstoffe eine sehr verschiedene. Im Wald und auf der Steppe berwiegt das Pflanzliche bei weitem, whrend das Tierische, hauptschlich in Form von Kadavern und Ausscheidungen, nur einzelne Eiweiinseln dazwischen bildet. Das Mineralische spielt, wenn es sich nicht um Schlamm oder Laven handelt, eine verhltnismig geringe Rolle. Kulturabflle besitzen jedoch darber wurden hier schon eine Menge Tatsachen, Zahlen und Daten gegeben eine wesentlich andere Zusammensetzung. Anstatt der natrlichen Verwesung tritt bei ihnen vorzugsweise die Fulnis, hervorgerufen durch sprunghafte Massenvermehrung anaerober und uerst giftiger Organismen samt ihren Spaltprodukten. Unter natrlichen Verhltnissen spielen die gefrchteten pathogenen Keime fern von der menschlichen Zivilisation eine weit geringere Rolle. Wo nicht die bererste von Monokulturen in Frage kommen also auf Feldern, in Grten usw. geht die Zelluloseaufschlieung rasch und leicht vor sich. 634 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Auer in Nadelwaldbestnden ist sie innerhalb einer Vegetationsperiode zumeist als beendigt anzusehen. Der Eiweiabbau zu Salpetersuren vollzieht sich der unregelmigen Verteilung wegen sozusagen nur nesterweise, und demzufolge sind die Eiweiabbauer fr gewhnlich im Boden nicht gleichmig verteilt und oft auch nicht immer in gewaltigen Massen vorhanden. Kulturabflle bedingen aber sowohl mehr Stickstoff-, als mehr Kohlehydratzerleger. Von nesterweiser Verteilung ist nicht die Rede, sondern es bilden sich wste, stinkende Konglomerate aller nur denkbaren Fulnisorganismen und Zwischenprodukte. Durch Infektion und vielfltige Verschmutzung vermehren sich auch solche Organismen, die sonst unter natrlichen Umstnden nicht allzu hufig sind. Der Abbau vollzieht sich also bei Mll, Fkalien, Industrierckstnden, Abwssern usw. mit einem unvorstellbar groen Aufgebot von giftigen Erregern und Zwischenspaltformen. Sie gehren groenteils darum zu den Anaeroben, weil die heftige Auseinanderreiung der Stoffe und Krper durch die langsameren Aeroben gar nicht geleistet werden knnte. Infolgedessen entwickelt jede Abfallrotte auch die bekannte berhitzung durch Thermobakterien, denn alle diese Vorgnge vollziehen sich in einem rasend beschleunigten Tempo. Jede vernnftige Erwgung rt demnach, den notwendigen Vorgang des Abbaus so schnell wie mglich abzuwickeln. Schon aus den bereits besprochenen Grnden der Ansteckung und Weiterverbreitung von Krankheiten, die durch unfiltrierte, unhumifizierte Abwsser usw. jederzeit erfolgen kann, darf dieser Abbau nicht ohne eine wissenschaftliche Kontrolle vor sich gehen, sobald es sich um die groen Mengen von Stadtabfllen handelt. Es ist tatschlich nur eine glckliche Fgung, wenn aus sich selbst berlassenen, noch dazu halbverrotteten, an irgendeinem Punkt ihrer Zersetzung willkrlich unterbrochenen faulenden Massen nicht pltzlich Epidemien entstehen. Im allgemeinen kann man es nicht verschweigen, da bei den heute schon in Gang befindlichen Aufbereitungsanlagen fr stdtischen Mll viel zu leichtfertig gearbeitet wird. Man kann es zu den Wundern der Gegenwart rechnen, da nicht nur die handgreiflich Beteiligten, sondern auch die nhere und weitere Umgebung nicht stndig Ausgangspunkt von sich wiederholenden Infektionen werden. Wie die Zustnde z. B. in einer uns allen wohlbekannten, mittelgroen sterreichischen Stadt sind, lt sich aus zwei Aufstzen vom 13. und 23. August 1949 ersehen, die in einer der dortigen Lokalzeitungen erschienen und in keiner Weise bertrieben waren: An warmen Tagen und Nchten ist es oft kaum auszuhalten, erzhlt eine Hausbesorgerin. Die ganzen Wohnungen sind voll Fliegen. Hat man die Fenster zu, so hlt man es vor Hitze nicht aus, und macht man die Fenster auf, so hat man den Gestank und die Fliegen. Wie oft haben wir uns schon http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 635 PDF-Ausgabe 62010

bei der Stadtgemeinde beschwert ber diese Abfallgruben, aber es ist ja alles umsonst. Die Ratten laufen dutzendweise in den Kellern herum und manche kommen bis in den ersten Stock hinauf ... Oder ... Seit dem Frhjahr ist es besonders schlecht, weil auch das Schlachthaus und die umliegenden Metzgereien ihre Fleisch- und Gedrmabflle in dieser Grube abladen ... Vor einigen Monaten wurde wohl etwas aufgestreut, aber darauf gingen nur alle Singvgel kaputt, der Aasgestank ist geblieben, samt der Fliegenplage und den Ratten. Sie knnen da drauen fragen, wen sie wollen, jeder wird Ihnen klagen, da er dauernd Kopfschmerzen hat und in der warmen Jahreszeit wegen des blen Geruches kaum schlafen kann. Die Beschreibung des von der Zeitung entsandten Reporters lautet: Ein slich-widerlicher Leichengeruch strmt aus dieser Ablagerungssttte. Schwrme von belriechenden Schmeifliegen surren ber dem Gewsser, an dem Hunderte von Ratten ein paradiesisches Dasein fhren. Und fnfzig bis hundert Schritte davon entfernt wohnen Arbeiter mit ihren Familien und Kindern. Solche Zustnde sind nicht alleindastehend. Sie ereignen sich immer wieder. Wird der Gestank zu schlimm oder erreichen die Klagen der Anrainer ein Hchstma, das so wie hier den Weg in die ffentlichkeit findet, so wird gleichfalls wie in diesem Fall der Mllhaufen anderswohin verlegt, wo er dann dieselben Zustnde veranlat. Es wre wirklich aufs uerste zu wnschen, da einmal von einer stdtischen Sanittsbehrde davon Kenntnis genommen wrde, da die hartnckig (oft genug in gewissen Vierteln) wiederkehrenden Typhus-, Tbc-, Rotlauf-, Diphtherie-, Grippe- und Kinderlhmungserkrankungen irgendetwas mit verseuchten Bden, mit Mll- und Misthaufen und derartigen unhumifizierten Abfallsttten zu tun haben. Es ist also kein Wort mehr darber zu verlieren, wie dringend notwendig es ist, da die Abbauvorgnge bei optimaler Ausntzung der Zersetzungsmglichkeiten nicht irgendwie vor sich gehen. Man kann sie dagegen rasch, gefahrlos und in sich abgeschlossen verlaufen lassen. Mit den restlichen niedermolekularen Zustnden, die durch organische Ttigkeit erzielt werden, befreien sich auch die mineralischen Rckstnde in Form von Pflanzenaschen. In dieser Hinsicht sind Kruter und Bltter am ergiebigsten. Am wenigsten enthlt Stammholz, das selten ber 2,4 Tausendstel liefert. Auch Zweige ergeben nur 8 Tausendstel. Buchen- und Eichenbltter lassen dagegen zumeist 40-70 Tausendstel zurck. Bltter sind auch die Trger aller bekannten Spurenelemente. Das Laub einer dreiigjhrigen Esche hatte genau 50 Prozent aller vorhandenen Mineralstoffe fr sich beschlagnahmt, die Nadeln einer dreiigjhrigen Kiefer sogar zwei Drittel. Aber auch dieser Gehalt steht hinter dem Mineralbefund in Grsern noch weit zurck. Wiesenheu besitzt 70 Tausendstel, Weizenhalme haben 97 Tausendstel. Alle zusammen aber bertrifft die Taubnessel (Lamium) mit 135 Tausendstel. (Daraus erkennt man wieder einmal, wie es 636 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

sich in Wahrheit mit den sog. Unkrutern verhlt. Bei der Aufschlieung sind sie sozusagen unentbehrlich.) Jedenfalls werden bei jeder Art von Humifizierung, die auch Pflanzenreste mit betrifft, dem Boden reichlich mineralische Rckstnde wiedergegeben, und zwar solche, die schon einmal einen lebenden Krper passiert haben. An ihrer Freimachung beteiligen sich die unterschiedlichsten Kleintiere edaphischer Zugehrigkeit, selbst Rdertiere (wie die Macrotrachela concinna, die faulende Zellulosen samt ihrer speziellen Lebewelt zu besiedeln liebt). Die sichtbare Abbauergilde in Mllhaufen setzt sich vorzugsweise aus Asseln (Assulina), Wrmern (Enchytraeiden und Lumbriciden), aus allen nur denkbaren Kleininsekten, zelluloseverzehrenden Kferlarven, Tausendflern und Schnecken zusammen. Die Aschen scheinen ihre ganz besondere mikrobielle Lebewelt zu haben, die noch nicht gut bekannt ist, aber mglicherweise in ihrem Darm eine Anreicherung dieser rein mineralischen Substanzen mit Eiweien und Hormonen vollzieht. Denn auch Schaben und Ameisen fehlen niemals, die wieder mit den ihrem Organismus vergesellschafteten Symbionten die einfrmigste und eiweirmste Nahrung aufschlieen. Es ist sicher nicht allgemein bekannt, da die Bakterienheizung in Mllhaufen, wo sie nicht allzuhohe Grade erreicht, sehr viele Tiere nur darum anlockt, weil sie den Ort dann als willkommene Wrmestube benutzen. Die Mllbioznose pflegt infolgedessen auch keinen Winterschlaf zu halten. Sie ernhrt und vermehrt sich im Inneren der Ablagerungen, wo sie nicht allzu sauerstoffarm sind, munter weiter. Denn nach den ersten Tagen wtender Zerreiung und Zermorschung sinkt die Temperatur zumeist bis auf + 12 bis 15 Grad C, die auch beibehalten wird. (Das ist brigens auch fr knstliche Pilzzucht die optimale Wrme.) Wenn gengend Feuchtigkeit vorhanden ist, so steht die abbauende Vorhumifizierung auch nicht eine Stunde still. Selbst Fichtennadeln, die sonst jeder natrlichen Verrottung den grtmglichen Widerstand entgegensetzen, werden noch auf 3,5 Prozent Eiwei hin ausgebeutet. Von der Reihenfolge der Zersetzung war schon mehrfach die Rede. Man kennt sie genau genug, so da man sie jedenfalls bei der Humusproduktion beeinflussen kann. Viele der Saprophyten, die an erster Stelle ttig sind, entstammen den menschlichen und tierischen Eingeweiden, denen sie sektorweise angehren, um dann in verseuchten Medien, die reich an aufschliebarer Fulnis sind, dazwischen immer wieder ein Freileben zu fhren. Ein Beispiel dafr aber durchaus nicht das einzige ist das schon erwhnte Bacterium proteus vulgare. Das sauerstoffarme Milieu, das auf diese Weise entsteht, bietet den verschiedenen Schwefelbakterien und Schwefelmikroben alle Vorbedingungen zur Ansiedelung. Genaue Untersuchungen im seinerzeitigen Gro-Klrwerk Berlin-Stahnsdorf geben recht interessante Einblicke der natrlichen Ablufe. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 637 PDF-Ausgabe 62010

Wo die abbauende Mikrowelt nicht durch Einflsse von auen gestrt wird, da bilden sich scharf abgegrenzte Faulschlammzonen, zu unterst rostbraun, darber tiefschwarz bis grauschwarz, dann gefleckt von flammendem Gelb, Zinnoberrot und kreidigem Wei. Das sind alles natrliche Kulturen der schwefelverarbeitenden Bakterien, die zuletzt amorphen Schwefel ablagern. Zuweilen bilden sich purpurgrne Streifen, die nicht von Grnalgen herrhren. Durch die Fliekraft der Kanalwsser findet immer wieder eine mechanische Zerreiung solcher Lebensdecken statt. Sie verschleien in Fetzen, sammeln sich ein Stck weiter von neuem und beginnen sofort wieder mit dem Abbau. Die Kontaktzone zwischen Faulschlamm und Abwasser wird ausschlielich von den Schwefelmikroben besetzt, die aus ihr vielleicht ihren stndigen Bedarf an Schwefelwasserstoffgas decken. Sie verbreiten jenen dumpfigen Geruch, aber sie lieben frische Luft durchaus nicht. Der Chemiker wird hier Eiwei nur in Spuren finden, dafr aber die Spaltprodukte Nitrat, Nitrit, Ammoniak, Schwefelsure und oft Kaliumpermanganat. Es ist sehr notwendig, die Stufenfolge der arbeitenden Organismen zu beachten, wenn man Humus biotechnisch herstellen will. Man kann das Endprodukt stark beeinflussen, ebenso die Zeit bis zur Fertigstellung. Erfahrung ist hier alles, und wer, so wie ich, sich eine Erfahrung von nahezu dreiig Jahren sowohl in theoretischer, als in praktischer Hinsicht erworben hat, vermag in die ablaufenden Prozesse fast an jedem Punkt wirksam einzugreifen. Alle Heimist-, Edelmist- und Heiverrottungsmethoden haben den groen Nachteil, da durch die strmisch ansteigenden Temperaturen bis zu + 75 Grad C die Mehrzahl der sowohl zum Abbau, wie zum Aufbau ntzlichen Organismen einfach abgettet wird. Da man das Produkt dann stets, so wie es zurckbleibt, verwendet, so wird der Zweck, den Boden mit vielen und ausgezeichneten Stickstoff- und Kohlensuresammlern anzureichern, unter keinen Umstnden erfllt. Man beschrnkt sich dann nur auf die Nhrstoffe, die aber auch noch nicht voll humifiziert, sondern eben noch ein Zwischenprodukt sind. Sie knnen nicht gengend ausgentzt werden, denn die unsichtbaren Arbeiter fehlen. Es mu erst eine Neubesiedelung stattfinden, und die berlt man unbekmmert dem Zufall oder was der Mensch in seiner Gedankenlosigkeit eben Zufall zu nennen pflegt. Fast alle Verfahren, die sich als Anwender der Heimistverrottung empfehlen, brechen danach sogleich den ganzen Proze ab, trocknen womglich noch einmal beschleunigt nach und halten das Produkt fr fertig, nur, weil es nicht mehr stinkt, weil sich eine mechanische Zerkrmelung zeigt und eine nur uerlich ziemlich gleichmig aussehende Masse geschaffen wurde. Die letztere allerdings erweist sich bei genauerer Untersuchung als herzlich wenig homogen, so da auch in dieser Beziehung von Vollendung des Ablaufs keine Rede sein kann. Alle diese Verfahren (zu ihnen gehren das einmal stark propagierte 638 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Danopatent, der native Guano usw.) lassen die ntige bodenbiologische Kenntnis vermissen. Eine Analyse ergibt stets das Vorhandensein noch nicht ausgefaulter Stoffe, die von Mll, Fkalien, Schlachthausabfllen usw. herrhren. Die beliebte Mischung mit Torfmull, die schon zahllose Male angewendet wurde und immer wieder angewendet wird, schafft zwar eine geruchlose, scheinbar gutgekrmelte Masse, die aber den Fachmann nicht darber hinwegtuschen wird, da er es doch dabei mit einem hohen Prozentsatz von beraus schwer auf schliebaren baren Sphagnumstengeln zu tun hat, die ein auerordentlich zhes Gewebe besitzen. Es mu auch zh sein, denn es soll ja in der stauenden Nsse des Moorwassers jahrhundertelang ausdauern, ohne zu vergehen. berdies bedenkt man viel zu wenig, da mit der Beimischung von Torfmull auch stets eine gewisse Versuerung des Substrates hervorgerufen wird, die wieder spter im Boden recht unerwnscht ist. Man beruft sich zwar meist darauf, da damit auch eine stark assimilierende Impfung mit Grnalgen in die Erde gebracht wird, welche die Flora des Moorwassers beleben. Aber dieses Argument ist nicht stichhaltig, denn die groe Gruppe der bodenbewohnenden Grnalgen und die reinen Sammler von Luftstickstoff (Mougeautia, Spirogyra, Zygogonium, Mikrospora, dazu Kokken der verschiedensten Art) ertrgt einen so hohen Grad der Versuerung nicht und fehlt meist fast vollstndig. Aber auch wenn sie in gengender Anzahl vorhanden wren, so vermchten sie sich an das faulende, noch lngst nicht durchhumifizierte Medium, das man ihnen zumutet, nicht anzupassen. Vor allem sind sie dort nicht gengend fortpflanzungsfhig. Zwingt man sie, mit reinen Saprophyten zusammenzuleben, so gehen sie nach kurzem ein. Die zweite Phase der Humifizierung, der Aufbau, ist weit schwieriger zu beeinflussen, denn er erstreckt sich nicht nur auf recht wenig zu durchschauende Bioznosen, sondern wird auch von viel weniger robusten Organismen bestritten. Unter den mir bekannten Verfahren kommt ihm das englisch-indische Indore-Verfahren am nchsten, das dem ausgezeichneten Praktiker Sir Albert Howard seine Entstehung verdankt. Leider ist es fr Europa aus dem Grunde nicht direkt anwendbar, weil es tropischer Besonnung und Wrme bedarf und vor allem der schon erwhnten Sumpf- und Wasserpflanze Eichhornia crassipes, die einer der hervorragendsten Kalisammler der Welt ist. Unter unserem Himmel wchst sie leider nur im Warmhaus. Dazu mangelt uns auer den quatorialen Regenzeiten ohne Frostperioden die bermenschliche Flle pflanzlicher Abflle, die in ausgedehnten Plantagen (Kaffee-, Kakao-, Gummi-, Zimt- usw.) zusammenkommt. Fr tropische Verhltnisse aber hat das Indore-Verfahren nicht seinesgleichen, denn es kann berall durchgefhrt werden, ist von gar keinen maschinellen Vorbedingungen abhngig und liefert dort Humus, wo durch die Plantagenwirtschaft enorm viel Humus verbraucht wird. Die kalianreichernde Verwendung der Waterlily ist auch besonders gnstig fr alle diese Gewrz- oder Ananasplantagen, die keinerlei Dngersalze schon um http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de 639 PDF-Ausgabe 62010

des Aromas willen vertragen. Immerhin habe ich, vielfach noch zusammen mit meinem Mann, teils nach seinem Tode, einige Methoden ausgearbeitet, die teils als Fertighumus, teils als Impfstoff fr Edelkulturen Ersatzhumus in beliebiger Menge liefern knnen, der, bei Einhaltung gewisser Vorbedingungen, kaum weniger kalireich und bekmmlich sein drfte. Er ist es, der imstande ist, jene schon erwhnte 20-30prozentige Erntesteigerung und eine fortschreitende Bodenverjngung herbeizufhren. Er bewirkt bei den Pflanzen eine grere Blhfhigkeit, eine optimalere Fruchtausreifung, im Boden eine ungestrtere Wasserwirtschaft und eine dauernd bessere Durchkrmelung und Lftung. Er ist wirklich geeignet, unseren schon so bedenklich zusammengeschmolzenen Weltvorrat an Humus wiederum neu aufzufllen.. Welche Eigenschaften mu gemachter Humus haben? Es ist nicht allzuschwer, sie aufzuzhlen. Chemisch mu man von ihm verlangen, da er dem allerbesten Gartenhumus mindestens gleichkommt. Er darf also nicht unter 1,1 Prozent Nitrogen, 0,45 Prozent Ammoniak, 1,15 Prozent Phosphor und 1,80-2 Prozent Kali enthalten. Das sind die Mindestzahlen, die gleichzeitig ein gewisses harmonisches Verhltnis, eine Art Goldenen Schnitt der chemischen Ele mente darstellen. Wenn sie lokal verbessert werden (was prinzipiell da oder dort unter besonders gnstigen Verhltnissen immer wieder geschehen wird), so mu man darauf achten, da dieses grundlegende Verhltnis nicht eine Vermehrung oder Verminderung nach der einen oder anderen Seite hin erfhrt. Da Humus als organische Formation ein Hochwinter- und ein Hochsommerminimum zeigt, dem kurvenmig ein Frhlings-. und Herbstmaximum gegenbersteht, so ist diese biologische Tatsache, die sonst zu stndigen Irrtmern und Fehlschlssen fhrt, bei jeder Beurteilung also praktisch und theoretisch zu beachten. Gemachter Humus mu das bodenbiologische Mikroklima verbessern knnen. Er mu kalte Bden erwrmen, zu hitzige berkhlen. In beiden Fllen kann man dadurch die Vegetationsperiode in erwnschter Weise verlngern. In Warmbeeten, die nicht reine Treibbeete sind, ist er also ebensogut zu verwenden, wie zur Pilzkultur was ebenfalls bereits ausgeprobt wurde.

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Er mu frei von Krankheitserregern sein. Ausgereifter Humus enthlt keine faulenden Substanzen, also auch nicht deren Lebewelt, zu welcher die meisten unserer Infektionskeime gehren. Durch seine alkalische Beschaffenheit bei garantiert 7-9 pH sind die Schimmelpilze in nicht mehr gefhrlicher Menge, die wichtigen Bodenpilze dagegen reichlich vertreten. An seine Kapillar-- und Sorptionskraft kann man die grten Anforderungen stellen. Reich an Azotobakter, duftet er nach frischer, gesunder Walderde. Jedes sog. Humusprparat, das auch nur entfernt trocken oder feucht einen blen Geruch zeigt, verrt damit, da es nicht ausgereift ist, oder da es nicht die richtige Edaphonmischung enthlt. Bei Regen mu gemachter Humus imstande sein, schwammartig die Feuchtigkeit aufzusaugen und festzuhalten. Dabei darf der Boden weder verschlammen, noch betonisieren, noch darf das Wasser in krzester Zeit abflieen. Das alles sind Eigenschaften, die unter allen Umstnden verlangt werden mssen. Ihnen gegenber steht immer die Natur mit ihrem Urhumus, der uns als Vorbild zu dienen hat. Darum darf nicht eine dieser Eigenschaften fehlen. Wohl aber mu noch eine Neue hinzukommen, die in der Natur wenig oder gar nicht entwickelt ist, weil dort fr sie keine Notwendigkeit besteht. Denn natrlich entstandener Humus mu nicht aufgespeichert werden, vor allem nicht auf eine unbegrenzte Zeit. Der biologisch hergestellte aber mu auch dieser Aufgabe gewachsen sein. Man mu solchen Humus aufbewahren und versenden knnen. Trotzdem mu er aber jederzeit wieder binnen krzestem wirksam sein. Seine Lebewelt darf sich durch die Konservierung nicht verringern, ihre Funktionsfhigkeit darf nicht abnehmen. Binnen sptestens vierundzwanzig Stunden mu das Produkt des Menschen genau so arbeiten, wie natrlicher Waldhumus, der niemals einer bis zu mehrjhrigen Konservierung, einer Umlagerung, einer Verbringung unter vllig andere Umweltbedingungen unterzogen wird. An diesem Punkte versagen bis heute fast alle vorhandenen knstlichen Humusprparate. Nicht nur Kompost verlangt eine mglichst sofortige Einstellung in den Arbeitsproze. Auch alles, was sich biologischer Impfstoff, Naturdnger oder wie immer nennt, ertrgt nach seiner Fertigstellung meist keine lngere Ruhepause. Dennoch ist das Problem lsbar. Denn es ist mir gelungen, in Form von festen Ziegeln einen biologischen Edaphon-Impfstoff herzustellen, der praktisch unbegrenzt haltbar und zugleich im Besitz der oben aufgezhlten Eigenschaften ist. Er ist fr Flle bestimmt, in welchen eine einseitig gewordene oder auf ein Minimum herabgesunkene Bodenlebewelt einer energischen Gare-Erneuerung bedarf, damit die Umsetzungsprozesse in der Erde, auch jene der verabreichten Kunstdngergaben, wieder voll aufgenommen werden knnen. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 641

Das natrliche Verhalten der edaphischen Lebewelt kommt solchen Anforderungen entgegen. Nicht nur durch die Ablage von Eiern und Sporen, die zumeist ganz unempfindlich gegen selbst die extremsten Temperatursprnge, oft sogar auch gegen Suren (vor allem Bodensuren) sind, und durch ihre feste Umschalung auch mechanischer Gewaltanwendung Widerstand leisten, schtzen sie sich gegen das Zugrundegehen. Darber hinaus aber besitzen sie die Fhigkeit, sich selbst beliebig oft und beliebig lange zu enzystieren. Das allein macht sie praktisch ganz unangreifbar. Rdertiere knnen nach zweiundzwanzigjhrigem Verharren in ihrer Zyste binnen wenigen Stunden neu aufleben und ihre Funktionen ungestrt fortsetzen. Das gilt auch fr die anderen Bodenlebewesen, ebenso fr das Plankton. Sowohl die einen, wie die anderen haben Zwischenstadien mit reinem Luftleben. Da man in einer vergleichenden Biologie die Sporenbildung de r Pilze und die Samenbildung der Bltepflanzen dem tierischen Ei und der tierischen Dauerspore gegenberstellen kann, erbrigt sich heute zu sagen. Aber vielleicht hat auch der anabiotische Vorgang der Enzystierung etwas wie sein Gegenstck in ausgedrrten Moosen oder Flechten oder in den zu einem mifarbenen Knuel zusammengetrockneten Jerichorosen (Anastatica) und Steppenhexen (Rapistrum). Jedenfalls besteht in der mikroskopischen Lebewelt kein Unterschied zwischen Flora und Fauna angesichts der Fhigkeit, die tdlichen Perioden vlliger Wasserlosigkeit lebend zu berdauern. Naturerde, die an Ort und Stelle liegenbleibt und, wie im Urwald, keine Unterbrechung ihrer Funktionen durch Bodenfrost erfhrt, entwickelt in ihrer Lebewelt die anabiotischen Eigenschaften viel geringer. Die Mikroben bleiben voll vermehrungsfhig. Keines enzystiert sich, wenn es nicht dazu gezwungen ist. Im gemachten Impfstoff und hergestellten Humus aber mu es sein. Dort ist es lebenserhaltend. Wer immer sich Humus knstlich aufbaut, mu dieses Satzes eingedenk sein. Schlielich aber mu biologisch ausgereifter und kontrollierter Humus reichlich jene Wuchsstoffe enthalten, welche die Pflanze von der Keimung bis zur Fruchtbildung nicht entbehren kann. Man mu doch in Rechnung stellen, da in Blttern, in Pollen, Staubfden, Graskeimspitzen und unreifen Frchten stndig Auxine und Heteroauxine in die Erde gelangen, die dort wiederum von der Kleinwelt aufgenommen werden. Unter ihnen sind die hchst wirksamen Karotin-, Bios-, Biotin- und eine Reihe anderer Wirkstoffe. In Bakterienknllchen, die ein Bacterium tume faciens bewohnt, glaubt man mit Sicherheit, Heteroauxine man knnte sie Mehrfachwirkstoffe nennen als Stoffwechselprodukte erkannt zu haben. (Das knnte man in der Weise sinnbildlich in Bekanntes bertragen, da etwa unser Schwei Stoffe enthielte, welche dem Wachstum unserer Haushunde oder Hauskatzen frderlich wren!) 642 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Jedenfalls findet ein stndiger Austausch von Wirkstoffen zwischen der Mikro- und Makrowelt statt, dessen eigentliche Bedeutung groenteils noch ganz im Ungewissen schwebt. So ergaben Versuche, da Hefeextrakte bei Erbsen so wie eine ganz besondere Spezialdngung wirkten. Sowohl die Blte wurde durch sie beschleunigt, als die Befruchtung verbessert. Und groes Aufsehen erregten jene Versuche, durch welche es dem Forscher Gustavsen gelang, durch Besprhung der Fruchtknoten unbefruchteter Blten mit Hormonen verschiedene Frchte, darunter Tomaten und Paprika, zu erzielen. Auch die noch immer vielgenannte biologisch-dynamische Wirtschaftsweise nach Rudolf Steiner erreicht ihre umstrittenen Erfolge hchstwahrscheinlich nicht durch Zustze von Aufgssen gewisser Heilkruter, wie Kamillen, Baldrian usw., sondern in der Hauptsache durch Wuchsstoffe aus Hefen, die mehrfach in verschiedenen Kombinationen beigefgt werden. Heute wird auf diesem Spezialgebiet sehr fleiig weitergearbeitet. Es ist anzunehmen, da in den nchsten Jahren und Jahrzehnten hier vieles aufgedeckt werden wird, das man bisher noch nicht als zusammenhngende Kette von Ursache und Wirkung unterscheiden konnte. Es mu also ein gemachter Humus unter allen Umstnden mit gengend Wuchsstoffen ver sehen sein, sonst steht er dem natrlich entstandenen in diesem Punkt merklich nach. Es ist ebenso wichtig, da sie berhaupt da sind, wie da sie in harmonischem Ausma da sind. Disharmonien durch ein willkrliches Zuviel, wie das in manchen Pflanzennhrmitteln angepriesen wird, ist ebenso von bel, wie ein Zuwenig. Anschlieend an eine geregelte Humusversorgung wird es sich ganz von selbst ergeben, da man bei der Verjngung der Bden auch einer Verjngung unserer Kulturpflanzen gedenkt. Man versucht dies teilweise durch vielerlei Umzchtungen der eigentlich Unentbehrlichen zu erreichen z. B. bei Getreide. Die weie Rasse stellt ja das Hauptkontingent der brotessenden Menschheit, sie wird, solange nicht eine unumgngliche Notwendigkeit sie dazu zwingt, nicht auf ihr tglich Brot verzichten. Wohl aber knnte ein l- und Fleischersatz bester Qualitt durch Erdnu (Arachis), Sesam und Soja geschaffen werden. Das letztere htte fr die ausgeplnderten Bden noch dazu den Vorteil, da die Soja keine Kalidngung vertrgt und da ihre Knllchenbildung sie von jeder Stickstoffdngung unabhngig macht. In Wirklichkeit braucht man ihr nur mit Phosphorsure in bescheidenen Quantitten nachzuhelfen. Dagegen liefert sie der Wirtschaft unvergleichliche Werte, denn ihr Samengewebe, das keine Strke hervorbringt, ist zum Platzen mit Aleuronkrnern angestopft. Man braucht sich also nicht zu wundern, da sie 38-38,5 Prozent Proteine, 16,88 Prozent Fett und wichtige, nitrogenfreie Stoffe im Ausma von 24,61-26,20 Prozent enthlt. Das bichen Wasser bersteigt nicht 6-7 Prozent, die Aschen, also die mineralischen Beimischungen, nicht 4,5 Prozent. Dagegen steht ihre gute, auch als Viehfutter ntzliche Faser mit 5,13-5,33 Prozent auf dem Index. http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 643

Eine systematische Entlastung und Auswechselung uralter Hauspflanzen, die nun schon seit Jahrtausenden im Dienste des Menschen stehen, wird vielleicht einmal Hand in Hand mit einer allgemeinen Humuserneuerung gehen. Nach alledem ist die Zukunft unserer Ernhrung also doch nicht vllig hoffnungslos. Wenn es uns nur gelingt, die in Explosionen aufsteigende Geburtenzunahme auf ein vernnftiges Ma einzudmmen, so kann die Menschheit nach dem neuen Schlagwort: Durch mehr Verbrauch mehr Fruchtbarkeit! weiterleben. Aber und hier darf man sich nichts vormachen ohne eine systematische Umstellung unseres Verbrauches auf eine alle Abflle restlos erfassende Humifizierung geht es nicht. Und die mu bald einsetzen. Erfolgt sie nicht und erfolgt sie nicht bald, so knnte es zu spt werden, und dann ist die Kette von Katastrophen, die an Stelle einer solchen vernnftigen Entwicklung tritt, unabsehbar. Es ist tricht und mehr als tricht, auf ein Wunder zu hoffen, das die Fortfhrung des alten unsinnigen Schlendrians erlaubt und trotzdem die Schden der Humusverwstung behebt. Solche Wunder gibt es nicht. Wir knnen allerhchstens nur mit einem Wunder rechnen, und das ist die logische, als Weltorganisation sich manifestierende Einsicht der Menschheit. Nicht Maximalernten, sondern Optimalernten! Die widerspruchsvolle menschliche Seele erfat so hufig die Dinge in einem Atemzug richtig und falsch. Vielleicht darum erschien ihr seit jeher die unentbehrliche Vorbedingung der Ernhrung unwichtiger, als z. B. das durchaus entbehrliche Gold. Kann sein, da es darum verabsumt worden ist, den Koeffizienten der irdischen Humusbestnde auch nur annhernd zu errechnen. Wir kennen schon nicht ganz genau die Zahlen des Weltverbrauches an Gasen, Metallen, Mineralien. Wir mssen von Jahr zu Jahr neu berschlagen, wieviel an Holz, Lebensmitteln, Fasern, Olen, Alkaloiden notwendig ist. Wir haben demzufolge kaum eine schwache Ahnung davon, was von all diesen Stoffen die Kunststoffe noch gar nicht eingerechnet der Wiederhumifizierung zufllt. ber die Zeit, die dabei beansprucht wird, sind uns nicht einmal allgemeine Anhaltspunkte gegeben. Alles das taucht auf dem breiten Wege des Verlierens, Vergessens, des Unbrauchbarwerdens irgendwo, irgendwann ins Dunkel unter. Seine hchst mangelhafte Wiederverwertung gehrt teilweise zu den so gut wie ganz unkontrollierten Elendsberufen, teilweise verkommen Hunderttausende von Kubikmetern humifizierbarer Substanz. Der gegenwrtige Zustand ist einwandfrei der einer wilden Anarchie, einer nicht einmal brokratisch erfaten Verwstung. Irgendeine weltgltige Rechnung aufzustellen, ist also vorderhand ganz unmglich. Ebenso unmglich ist es, irgendwelche gltige und zuverlssige 644 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Zahlen zu erhalten. Denn jede bisherige Statistik vom Bedarf zur Produktion kann schon darum nicht richtig sein, weil die Erneuerung der Produktionsvorbedingungen durch Humusbildung noch so gut wie ganz unbekannt ist. Man kann also gegenwrtig auf keinerlei Weise versuchen, die genaue Linie eines gegenseitigen Ausgleiches zu ziehen. berall fehlen die vergleichenden Vorarbeiten als tragfhige Basis. Wenn irgendwo, so sind hier zu einem richtig informierenden berblick Dutzende, Hunderte von Angaben ntig, gleich jener, da in Missouri in den erst zwanzig Jahren der Humusverlust 25 Prozent, in den nchsten zwanzig Jahren 10 Prozent und nach abermals zwanzig Jahren 7 Prozent betrug. (Von da ab eignete sich der untersuchte Boden nicht mehr fr Bebauung.) Solche Aufzeichnungen mte man lckenlos von Breitengraden zu Breitengraden zur Verfgung haben, rund um den ganzen Globus. Leider besitzen wir sie vorderhand nicht und der augenblickliche, jedes gegenseitigen Vertrauens ermangelnde Zustand der Welt ist nicht so, da man in Blde eine solche Dacharbeit in Anspruch nehmen knnte. So mssen wir auch weiterhin mit der gegenseitigen Unklarheit und Verschleierung rechnen. Und darum ist es sehr schwer, dagegen anzugehen, da noch immer eine Reihe logischer und unausbleiblicher Verkettungen nur als unberechenbare Zuflle betrachtet wird. Ich will dafr nur ein Beispiel nennen. In fast lckenlos allen historischen Werken wird die Einwanderung primitiver Hirtenvlker in frhere hochstehende Kulturkreise als etwas betrachtet, das eben zufllig, oder um einen neuen Lebensraum dazuzugewinnen, geschehen sei. Sie gehrte nach dieser Meinung auch zum Ende der Antike und war nicht zu ndern. Grnde dafr werden niemals angegeben. Man redet bestenfalls von einer Expansion jung aufsteigender, nachdrngender Stammvlker, die den leeren Raum in Griechenland und Mazedonien besetzt htten. Seit den Tagen des Humanismus ist das Studium der Antike und alles dessen, was mit ihr zusammenhngt, das vordringlichste und am strksten beeinflussende geistige Agens in ganz Europa gewesen. Jedes humanistische Gymnasium gab sich die grte Mhe, seinen Schlern als Basis fr das gesamte Leben die Kenntnis der lateinischen und griechischen Sprache, der lateinischen und griechischen Geschichte beizubringen. Wieviel htte es also gentzt, wenn man ihnen auch gesagt htte, da die Einwanderung jener primitiven Hirtenvlker, deren Mentalitt in die Entwicklung unseres Erdteiles immer noch mit dareinredet, keinesfalls ein Zufall, sondern nur eine

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unerbittliche Konsequenz des Humusverfalles dieser einst blhenden Lnder war. Da das Rad auch der glnzendsten Geschichte sich auf den Sektor des Aufhrens aller Kultur dreht, wenn die natrlichen Kornkammern sich leeren und nicht wieder rechtzeitig gefllt werden knnen. Dann hat freilich nur ein anspruchsloses Hirtenvolk mit magerem Kleinvieh noch eine Existenzmglichkeit. Darum vermgen sich die entagronomisierten Gebiete auch nicht mehr zu erholen. Der Standard des Bodens und der Standard der menschlichen Lebensform haben einen gemeinsamen Nenner ... Das htte man als Grundlage in die jungen Seelen und die jungen Herzen einpflanzen mssen. Das htte man nicht versumen drfen, denn es htte als Warnung dienen knnen, da es doch von der unantastbaren Gloriole der antiken Welt umstrahlt war. Aber diese Erkenntnis ist auch in anderer Beziehung viel weitreichender, als man auf den ersten Blick berschauen kann. Sie besagt nicht mehr und nicht weniger, als da unter den seit annhernd dreitausend Jahren herrschenden zivilisatorischen Zustnden ein gleichmiger Lebensstandard unmglich ist. Immer werden, solange man nicht eine Weltbewirtschaftung des Humus erreicht hat, ausgepowerte alte Kulturbden fr einige Zeit und das kann tausend Jahre und lnger bedeuten zu Weideland herabsinken. Was das konomisch, sozial und wirtschaftlich im Gefolge hat, davon kann man sich einen hinreichenden Begriff machen. Bis neue Humuslnder durch ein Weltgremium als Ersatz geschaffen werden, bezahlt immer die Masse der Armen, der wirtschaftlich Schwachen, der wenig Befhigten und aus ihnen besteht doch die Mehrzahl der Vlker den Preis. Der wirtschaftlich besser Gestellte kann der Unbill der Ausplnderungsfolgen leichter entrinnen. Er hat es auch, soweit es ihm mglich war, jederzeit getan. Aber die Verarmung der Bden zieht unweigerlich eine Verarmung der groen Masse nach sich, weit weniger der Einzelnen, und niemals der gerade an der Macht befindlichen Schicht. Der Mensch braucht nur zu wollen Zu einer besseren landwirtschaftlichen Produktion gehrt also unbedingt die Abkehr von dem heute unbegrenzt dominierenden Prinzip der Maximalernten. Ein Maximum als Norm aufzustellen, ist unter allen Umstnden gefhrlich und auf die Dauer nicht durchzuhalten. Es gleicht einem Sportlauf, bei dem die Teilnehmer schon im ersten Drittel der Bahn zu sehr ausgepumpt sind. Noch viel weniger als der Mensch aber vertrgt der Humus eine Maximalwirtschaft. Denn Humus ist in allem das Produkt eines wohlausgewogenen Optimums. Alles, was jenseits dieses Optimums liegt, stellt bergroe

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Ansprche an ihn. In Dutzenden von detaillierten Einzelablufen haben wir in diesem Buch in den verschiedensten Zusammenhngen und angewendet auf die verschiedensten Dinge und Zeiten gesehen, wie und in welcher Weise sich solche bermige Anforderungen selbst bestrafen. In Bezug auf den Humus ist es die zunehmende Wstenhaftigkeit der Erde, die in den grnen Teppich bedrohliche Lcher reit, die nicht mehr geschlossen werden. Die bis jetzt bliche einzonige Bodenausntzung bringt die Verschlechterung gewisser Bodenschichten mit sich, z. B. jener der Getreidewurzeln, der Zuckerrben, der Kartoffeln. Das greift dann auf die allgemeine Bodenstruktur ber, die in ihrer Wasserversorgung, Durchlftung und Krmelung mehr leidet, als man bisher auch nur ahnte. Schlielich bricht der ganze Bodenaufbau zusammen, alles gert in Unordnung, und die einstigen maximalen Ertrgnisse verwandeln sich in minimale. Die ohnedies stark schwankende Erntekurve zeigt viel grere Ausschlge und ein einigermaen stabiles Gleichgewicht ist nicht mehr zu erreichen. Ebenso wichtig und unumgnglich notwendig als die Humuserneuerung ist eine Revision der bisherigen Bebauungsgewohnheiten. Wir brauchen berall Furchenkulturen, Flachbeete gegen zu starke Verdunstung, eine geregelte Bewsserung bei gehobenem Grundwasserspiegel, eine schonende Bodenbearbeitung durch neu zu erfindende Werkzeuge, welche den Aufbau der Erde so wenig wie mglich vernichten. Vor allem aber ist eine systematische Zwei- und Mehrfachbepflanzung geeignet, neben besserer Beschattung auch gleichzeitig zwei und drei verschiedene Bodenzonen auszuntzen, wodurch jede von ihnen entlastet wird. Gewi ist Maschinenbau und Mechanisierung der Landwirtschaft nur an Monokulturen geknpft und sonst nur mit Schwierigkeiten durchzufhren. Trotzdem aber sind sie der Ruin des Bodens und mit die Ursache, warum die Kulturlnder immer unfruchtbarer werden. Ein zweiter, allgemein abzustellender Schaden ist die Blolegung der Erde zwischen den Gewchsen und vor und nach jedem Anbau. Wo Raum ist, mssen berall Stickstoffsammler dazwischen gebaut werden, ob man sie nun zur Ernte, zu Futterzwecken oder nur als Grndngung zieht. Die de und verdende Kultursteppe mu verschwinden, denn mit ihr beginnt der Untergang der Erdkrume, und sie ist der unmittelbare Vorlufer jeder Art von Erosion. Darber besteht heute kein Zweifel mehr. Wenn man sich entschliet, durch stndige Zufuhr von hochwertigem Humus vor jeder Vegetationsperiode die Bden aufzufrischen, so wird sich nach einiger Zeit noch eine weitere Besserung bemerkbar machen, an die man bisher berhaupt niemals gedacht hat. Die Abwehung der obersten Bodenzone, das, was wir Winderosion nennen, erfolgt auer in echten Wsten nur auf Halbwsten oder Trockensteppen (nmlich unter natrlichen Umstnden), und auerdem, knstlich heraufbeschworen, http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010 647

auf Kulturland. Auf anderen Bden gibt es keine Aushagerung. Nun haben aber sowohl das Feld wie die Steppe nicht nur ihren besonderen, ganz speziellen Bodenaufbau, als auch ihre besondere Bodenlebewelt, da doch jedes eine in sich geschlossene Formation ist. Gewi sind sie sich in vielem hnlich. Schon dadurch, da aus der Steppe mitunter ein Weizenfeld, aus einem Weizenfeld mit groer Wahrscheinlichkeit aber eines Tages eine Steppe werden wird. Man kann sich demnach durchaus nicht wundern, wenn die auf beiden heimischen Faunen und Floren sowohl in ihrer Makro-, als in ihrer Mikroform die beste Anpassung an die Aushagerung besitzen. Das dazugehrige Edaphon hat darum seine sehr ausgesprochenen Neigungen. Es enzystiert sich enorm leicht, ist berhaupt viel ausdauernder und lebenszher, weit unempfindlicher gegen Trockenheit und Ortsvernderung. Gewissermaen stellt es kologisch einen eigenen Typus dar, der sich bei jeder Gelegenheit verkapselt und wegfliegt. Das bedeutet anderseits, da dieser viel lngere Pausen in der Vermehrung besitzt und viel weniger arbeitsfhig ist, als z. B. das weit sehaftere Waldedaphon. Htten wir es auf die Dauer also nur mit solchen Steppenorganismen zu tun, so bekmen wir zuletzt eine Auswahl von Mikroben und Geobionten, die berhaupt nicht mehr bodenstndig, dagegen hchst unstabil in Bezug auf Umsetzungsarbeit und Fortpflanzung ist. Eine solche Auswahl wrde die Abbauphase des groen Umbaus schlechter vollziehen, denn ein groer Teil der unentbehrlichen Saprophyten ist bekanntlich licht- und luftscheu, wird also durch das Steppenleben immer dezimiert. Das alles macht fr Jahre und beschrnkt auf ein lokales Gebiet nichts aus. Aber auf der ganzen Erde und das Luftedaphon, das mit den Passaten reist, bestreicht wirklich alle Festlnder unseres Gestirnes wrde es sich nach lngerem Ablauf bemerkbar machen. Es wrde die Aufschlieung der Abflle verlangsamen, so da diese nicht restlos vor sich geht. Erst wrden die Abbauer verringert, dann der Bestand an Bodenlebewesen an sich. Die wunderbare Harmonie, das reibungslose Hand in Hand, dies es Einer fr alle alle fr Einen arbeiten wre zuletzt eben keine so wunderbare Harmonie mehr und seine Leistungen griffen nicht mehr fugenlos ineinander, wie die Rder einer Zahnscheibe. Den Leser dieses Buches braucht man hoffentlich nicht an das alte Wort zu erinnern, da es die kleinen Ursachen sind, welche die grten Wirkungen hervorbringen. Jede Einschrnkung und Arbeitsbehinderung der Bodenlebewelt bringt schon Vernderungen an der Durchprgung des Bodens hervor, ganz abgesehen von einem Anderswerden seiner Chemismen und allem, was wieder von ihnen bedingt wird. Man mu sich doch vorstellen, da in Hinsicht seiner mechanischen Gestaltung guter Humus nach Art eines unendlich kleinen, unendlich vielfltigen Kugellagers strukturiert ist. Die berwiegend meisten 648 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

Geobionten besitzen eine regelmige oder unregelmige Kugel- oder Ellipsengestalt, die ihnen das unaufhrliche Durcheinandergleiten biotechnisch erleichtert. Kokken, Mikrokokken, Bakterien (letztere verfgen auerdem noch ber Faden-, Keulen- und Stbchenformen), Infusorien, beschalte Amben, viele Flagellaten und Ciliaten, sehr viele Algen und unter ihnen wieder besonders die Lithobionten, dazu Eier, Sporen, Zysten das alles rollt endlos durcheinander, unermdlich so den Boden lockernd und den mineralischen Grund in ein sanft zitterndes Gewoge von Kugeln und Kgelchen versetzend, durchzogen von Kieselalgen-Ellipsen und elliptischen Rdertieren oder Wrmern. Dadurch wird das starr ineinandergefgte Kristallgewebe der Mineralien und Metalle durchlchert, gefurcht, mit tausend Kanlen durchbohrt, durch welche Wasser und Luft eindringen knnen. Und bei der unaufhrlichen Bewegung werden auch sie zerschliffen, zertzt, ihrer harten Kanten beraubt und gleich den groen Kieseln auf dem Flugrund rundgerollt. berlegt man sich diese technische Leistung der edaphischen Welt, so kann man sie nicht genug bewundern in dieser stillen und lautlosen Arbeit, welcher der Mensch auch nichts annhernd Gleichartiges gegenberstellen kann. Weshalb er am besten daran tut, sie so wenig wie mglich zu stren schon in seinem ureigensten Interesse. Dieses unschilderbare elastische Plasmaperlenspiel ist die wahre Ursache der fr die Pflanzenwurzeln so unerhrt wichtigen Humusbeschaffenheit, durch welche sie von allen Seiten mit Bodenlsung besplt werden und mit zahllosen Wurzelhaaren festen Halt gewinnen knnen. Das alles wird durch stndige Humuszufuhr untersttzt und verstrkt. So wird innerhalb der Bodenlebewelt jede Verarmung gehindert, jede Einseitigkeit ausgeglichen. Das unstabile Steppen- und Kultursteppenedaphon wird sehaft gemacht, erfhrt eine immerwhrende Anreicherung mit Organismen, die aus Wald, Wiese und Gartenbeet herstammen denn die werden dann allmhlich ausgewechselt , und schmilzt mit ihnen im Laufe der Zeit zu einer neuen, hochwertigeren Einheit zusammen. Ganz allmhlich bahnt sich so eine Umkehr des bisherigen Vorganges an, die wir uns alle sehnlichst wnschen mssen: Ein natrliches Mehrwerden von Humus, eine Zunahme von Fruchtbarkeit, whrend bisher alles nur in ein Wenigerwerden und eine immer grere Abnahme mndete! Eine solche Entwicklung liegt im Bereich des Mglichen, sie ist in die Hand des Menschen gegeben, er kann hier eine positive Wandlung hervorrufen, an welcher letzten Endes seine ganze Existenz hngt. Er kann es er braucht es nur richtig zu wollen! Der Humusschwund wird dann stillstehen wie ein Rad, das seine Schwungkraft eingebt hat. Die Schrecken der Erosion verblassen wie Schatten im Licht. Nicht das tricht anmaende Wort von der Beherrschung der Natur 649

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soll hier allen sichtbar als Ziel aufgestellt werden. Sondern vielmehr die Einsicht, da der Mensch durch bessere Erkenntnis und bewutere Anwendung der Naturgesetze imstande ist, in seinen natrlichen und in seinen knstlichen Umwelten wirklich eine dauernde, alle Teile befriedigende Ordnung zu schaffen. Und da das zum ersten Mal nicht dadurch erkauft werden mu, da er sowohl seinesgleichen, als seine Mitgeschpfe mit brutaler Gewaltttigkeit miachtet, berrennt und hemmungslos vernichtet. Bisher scheiterten die Versuche einer grundlegenden Verbesserung in der Landwirtschaft daran, da sie auf hchst widerspruchsvolle Weise betrieben wurden. Seit Urzeiten hat die Menschheit aus sich heraus eine man knnte es nennen Humusform entwickelt, die eigentlich in allen Kontinenten dieselben bestimmenden Eigenschaften zeigt. Ich meine den Bauern und das Bauerntum. Was man auch politisch und intellektuell von ihm hlt, er ist nun einmal jene Menschheitsschicht, jene Kaste, in welcher sich der Dienst am Humus sichtbar manifestiert. Darum ist er der Bodenstndige, der Erdhafte, der an der Scholle Klebende. Darum ist sein Interessenkreis an den Interessen kreis seiner Ttigkeit so sehr geknpft, da es ihm schwerfllt, sich an andere Anforderungen beruflich anzupassen. Sogar krperlich hat er die Merkmale seiner jahrtausendjhrigen Zugehrigkeit herausgebildet. Im Guten und Bsen ist er an seinen Boden gebunden. Das will nicht besagen, da nicht aus dem Bauernstande eine Reihe schpferischer und hochgeistiger Kpfe hervorgegangen seien. Aber um zu fhrenden Stellungen aufzusteigen, muten sie ihn ja eben verlassen. Und wie viele nahmen in ihre neue Existenz das Schwerbltige und Bedchtige mit! So wie auswandernde Bauern in ihrer Art und Weise sich ja auch nicht ndern, sondern auch unter dem fremden Himmel bleiben, was sie sind und was ihre Vorfahren waren. Gleich einem Humusorganismus beteiligt sich auch der Bauer an der Umsetzung des Todes in Leben. Er ahnt es vielleicht gar nicht, wie tief er mit der Humuswerdung verknpft ist. Nur weil der Urahn es so und nicht anders gemacht hat, tut er zumeist alle diese Handgriffe, hlt er die und die Zeit zum Sen und Ernten ein. Das allermeiste, was er an diesbezglichem Tatsachenwissen in seinem Gedchtnis aufgestapelt hat, sind solche Erfahrungen der Vergangenheit, die eine Generation von der anderen mit der Ehrfurcht des konservativen Menschen bernimmt. Unbesehen, ungeprft, ohne Wunsch und Willen, sich zu berlegen, ob das, was Gegenwart und

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Zukunft erfordern, nicht womglich etwas ganz anderes ist, als was vor hundert oder mehr Jahren erforderlich war. Gewi, es gibt gute Landwirtschaftsschulen. In manchen Lndern bentzen die Bauern die Winterruhe dazu, um zu lesen und sich zu bilden. Aber das ist nicht allgemein, vor allem nicht allgemein auf der ganzen Welt. Wer den Boden bebaut, wei sehr oft nicht viel mehr von ihm, als jene Handvoll simpler Erfahrungen, nur die greifbare Ratio, kein Warum und Weswegen. Meist interessiert er sich fr beides nicht einmal und hlt es fr ganz unntig, da er etwas davon erfhrt. Es dominiert noch immer die Meinung, da guter Wille, unermdlicher Flei, Krperkraft, das Nichtscheuen auch der schmutzigsten Arbeit vollauf gengen. Da man gar nicht mehr braucht, ja, da ein Mehr sogar von bel ist. Der zweite, schon der erste Weltkrieg haben in dieser Hinsicht nicht bessernd gewirkt. Die an sich gewi notwendige, soziale Umschichtung, die mit ihnen einsetzte, hat wie alles ihre Schattenseiten. Sowohl in Europa, als in den Zufluchtslndern, also in Sdamerika, Afrika, Australien, sind zahllose Menschen freiwillig oder zwangslufig zu Siedlern, Farmern, Bauern geworden, denen jegliche Tradition fehlt. Es sei damit nicht gesagt, da sie nicht trotzdem zu tchtigen Landwirten werden knnen. Aber sowohl die Kolchosen, als die selbstndig arbeitenden Kleinhusler, unter welche groe und einmal sehr gut gefhrte Mustergter aufgeteilt worden sind, haben nicht die Mglichkeit, von sich aus etwas fr ihren Boden zu tun. Sie sind in allem abhngig, denn mit der Aufteilung des Bodens allein ist es ja nicht getan. Und innerhalb einer Kolchose gibt es berhaupt wenig eigene Meinung, sondern nur eine von hherer Stelle befohlene Planarbeit. Das ist schon keine ideale Lsung, wenn es sich um Bauern aus dem Bauernstand handelt. Sie mu es notgedrungen um so weniger sein, wo das Strandgut zweier Kriege, die Opfer von Ausbombung, Vertreibung, rassischen oder politischen Konflikten in Frage kommen. Die stammen alle aus ganz anderen Berufen wenn sie berhaupt Berufe hatten , haben den besten Willen, aber nicht die mindesten Vorkenntnisse, weder von dem anderen Klima, noch von der anderen Natur, die dort auf sie wartet. Sie kannten zuweilen nicht einmal die ihres Geburtslandes. Sie sollen nun aus der Praxis, d. h. in Wahrheit, aus ihren eigenen Fehlschlgen und Enttuschungen lernen. Gewi ist auch, da eine Schule, aber wohl die hrteste, die es gibt und auch diejenige, welche die lngste Zeit dauert und am hchsten bezahlt werden mu. Bis auch nur das Notwendigste an Kenntnissen erworben ist, vergehen kostbare Jahre, und die Schden, welche dem Boden mittlerweile zugefgt werden, sind dann oft nur schwer wieder gutzumachen. Das Greenhorn ist nicht nur angesichts eigener Mierfolge, sondern vor allem auch der Erde gegenber, in welcher es neu verwurzeln soll, in einer beraus schwierigen Lage. 651

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Das ist die eine Hlfte der Bodenbebauer, und sie ist zahlenmig weitaus am grten. Ihnen gegenber standen seit einem Jahrhundert die anderen, die Wissenschaftler aus den Laboratorien, die Chemiker mit dem nchternen Rausch der Elementmischung und der in Retorten knstlich zusammengebrauten Welt. Sie kannten praktisch den Boden nicht annhernd so gut, und sie kannten und beachteten von den Naturgesetzen nur diejenigen, die sich materiell in ihren Formeln anwenden lieen. Prinzipiell lehnten sie glubige Erfahrung und alles andere als veraltet ab. Sie sahen darin nur ein verworrenes, aberglubisches Sammelsurium von halbgewuten, schlechtbegriffenen Dingen, kritiklos bernommenen Mutmaungen, herstammend aus frherer Unwissenheit, aber um nichts besser geworden, Schimmel der dumpfen Gehirne, der von einem Jahrhundert ins andere hinberwchst. Bei dieser gegenteiligen, gegenseitigen Unterschtzung ist es geblieben. Der Bauer betrachtet von vorneherein alles, was der gelehrte Diplomlandwirt ihm anempfiehlt, mit allergrtem Mitrauen. Er tut es um so mehr und diesmal nicht mit Unrecht , da sich seit den letzten Generationen die studierte Landwirtschaft zum Teil in reinstem Materialismus der unbeschrnkten Verwendung von Kunstdnger verschrieben hat. Der Dr. agr. wieder hlt die uralten Methoden des Bauern samt und sonders fr einen rckstndigen Unfug, der abzuschaffen wre, je eher, je besser. In dieser tiefen Zerklftung der beiden Mchte, die in allen Kulturlndern heute den berschwer beladenen Karren der landwirtschaftlichen Versorgung ziehen, liegt ein tragisches Verhngnis. Nicht nur der nicht zu behebende Zwiespalt an sich hindert ein besseres Vorwrtskommen, sondern auch die moderne Zielsetzung des Traktors und der fabrikmigen Grobebauung, die eine de und seelenlose Industrie aus dem irdischen Wunder von Saat und Ernte machen mchte. Whrend das Urvterwissen mit allen seinen Krften sich dem entgegenstemmt, wohl ahnend, da Dienst am Boden etwas ist, das individuell, mit Liebe und Hingabe und persnlicher Anteilnahme durchgefhrt werden mu, und da Boden und Ertrgnisse sich mehr verbessern lassen, wenn man sich nach den Bedrfnissen der lebenden Erde und der lebenden Pflanze richtet. Die znftige Landwirtschaft aber ist im Begriff, besonders in den Lndern der bereits vorhandenen Groproduktion, in einen verhngnisvollen Irrtum hineinzugeraten. Whrend bis dahin der Groteil der Erzeugung in lokaler Anpassung der persnlichen Arbeit und dem Gutdnken des Erzeugers berlassen waren, soll nun nach der neuen Planung des Weizen= Kaffee - oder Gummipools ein schonungsloser Raubzug auf die Bden der ganzen Welt einsetzen. Man hat die Maximalzahlen diese verfluchten Maximalzahlen! NPK zum allgemeingltigen Dngerstandard gemacht und hlt die bestenfalls ein paar Jahrzehnte lang erprebaren Maximalernten fr eine auf alle Zeit unerschtterliche Basis der Wirtschaft, auf der wie auf 652 http://btq-bundesverband.de http://www.BAV-Versand.de PDF-Ausgabe 62010

einem unantastbaren Sockel alle knftigen Versorgungsberechnungen fuen werden. Man will es nicht glauben, da das nicht mglich ist, da man eine frchterliche, die ganze Weltproduktion aufs tiefste erschtternde Enttuschung erleben wird! Denn was besagen einige Rekordernten in einem Jahrhundertzyklus, was besagen sie gegen die Tatsache, da 58 Millionen Kriegsopfer des zweiten Weltkrieges spurlos weggewischt wurden von der erbarmungslosen Auslese und Millionen eben Geborener schon gierig darauf warten, die Toten in Form von Brot zu verzehren! Wiederherstellung der kosmisch bedingten Harmonie Aber der Mensch und der chaotische Alptraum seiner Welt ist noch nicht die Welt allein. Er ist nur das ungebrdige und anspruchsvolle Geschpf, das sich ber die tiefste Bedeutung des ihm verliehenen gttlichen Funkens des Denkens noch lange nicht im klaren ist. Und doch mssen wir die unerwartete Frage stellen, was die irdische Humusbildung berhaupt mit einer Welt jenseits unserer irdischen Grenzen zu tun hat. Zunchst darf man wohl die Meinung aussprechen, da es sich um die Erfllung einer tellurischen Funktion handeln drfte, die mit der Lebendigmachung der Erdmaterie zusammenhngt. Vielleicht soll man in ihr die groe Regulation erblicken, welche einerseits das Tempo der Abtragung migt und andererseits dadurch unsere eigene Erdepoche vor einer zu intensiven Abkrzung bewahrt. Damit wird dem Leben Raum und Zeit gegeben, sich zu entfalten. Aus der Tiefe herauf schleudern Vulkane geschmolzenes Magma, und flieendes Wasser sgt die Bergflanken auf. berschwemmungen, Windabtragungen leisten die grbste Zerschlagung bis zur feinsten Sandzermahlung. Dann aber stockt die Zerkleinerung der Mineralien und von diesem Punkte aus greifen die Humifizierungsprozesse ein. Sie erst zerlegen die Elemente in Molekle und Atome. Auf tausend Wegen tritt durch sie das Anorganische in das Organische ein. Die Mehrzahl dieser Pforten erschliet der Abbau, ein unsichtbarer Hades, der in die innersten Ringe der irdischen Wandlung fhrt. Immer tiefere Tiefen der Erdoberflche steigen so ans Licht. Sie werden der Bestrahlung zugnglich, der Durchlftung, dem Zerfall in Gase und der Zerlsung in Flssigkeiten, sie gehen in ein Hin und Wider feiner und immer feinerer beweglicher Teilchen ein. Alle mnden sie in einer Lebensform, in unzhligen Lebensformen. Das kann nur im und durch den Humus geschehen. Er ist und bleibt die groe Zwischenstation zwischen Tod und Leben, auch die zwischen organischem und anorganischem Sein. Wie um

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eine Riesenspindel drehen sich hier Fden von einer unberschaubaren Flle und Buntheit. Aber nach einiger Zeit (einige Zeit nach dem Mae der Lebensdauer unseres Gestirnes) endet wieder alles im Anorganischen. Der farbige, verwirrende, atemlose Zaubertraum des plasmatischen Lebens, der verfhrerischen Eiweiphnomene ist aus. Die ausgelebte Materie sinkt in die Tiefen der Weltmeere und schichtet sich dort neu zu Kontinenten auf. Die Menschen-, die Tier-, die Pflanzenzeit erlischt wie ein zur Ruhe gekommenes Lichterheer in der ewigen Finsternis neuer Erstarrung. (Auch ewig ist nur ein Menschenwort, das nicht lnger reicht, als eine Erdepoche, so wie die Natur, der es entstammt.) Und wiederum beginnt die stumme, unbewegte, unmebare Periode des Steins. Vielleicht die neuer Urgesteine, ganz sicher aber eine neue Etappe des Kalkes und der Sandsteine. Bis auch sie eines Tages wieder ihr Ende findet und sich abermals, gleich einer neuen Schpfung, der regenbogenbunte Fcher des Lebens aufschlgt. Hier, gleichsam als Znglein an der Waage, wirkt die Humusbildung der Welt. Sie ist etwas wie das regelnde Metronom in einem gewaltigen Orchester. Durch die Gesetzmigkeit ihrer alle Stoffe erfassenden Prozesse mit sie die groen Ablufe und sorgt dafr, da das Leben nicht zu kurz kommt. Wir ahnen nicht, welche der kausalen Gleichgewichtsverankerungen gestrt wrde, wenn die harmonisch aufgebaute Humusformation einer allgemeinen Disharmonie verfiele. Wir wissen ja berhaupt noch so wenig. Zwar ist uns bekannt, da pflanzliche Gebilde Kohlensure assimilieren. Aber wissen wir darum letzten Endes, was eigentlich geschieht? Knnen wir ein Urteil darber aussprechen, welche bergeordnete Bedeutung dahinter steckt, da Pflanzenformationen, Wlder, Grassteppen, Savannen Kohlensure in solchen Mengen aus der Luft binden und aus ihr und Sonnenlicht krperhaftes Leben machen? Gibt es vielleicht eine uns unbekannte Norm, nach welcher in einer ra soundso viele Kubikmeter Gase materialisiert werden mssen, weil sonst einer der Ausgleichsfaktoren unseres Planeten ins Wanken gert? Und ist es so vllig ausgeschlossen, da ber dem humusarm gewordenen Europa, das zweifellos eine andere Gasverwertung durch die Gewchse hat, die jetzt seinen Florenbestand ausmachen, die kosmischen Strahlen anders filtriert werden, als etwa noch vor zweihundert oder tausend Jahren? Genug. Es steht gewissermaen bereits zur Diskussion, ob es diesem oder jenem Volk erlaubt sein soll, durch Anwendung von Atombomben die Erde zu zerstren. Und ich selber hrte von einem Fachmann als Erklrung, es 654

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geschehe wenn es nicht geschehe nur darum nicht, weil man noch immer nicht beurteilen knne, welche Folgen es fr die ganze Erde, die ganze Menschheit haben wrde. Er htte hinzufgen knnen: Vielleicht auch fr unser Sonnensystem, durch welches wir mit dem Kosmos verbunden sind! Er hat es nicht hinzugefgt, denn der Kosmos interessierte ihn nicht. Er lag nicht im Bereich vom Menschen verursachter willkrlicher Atomkernvernderungen. Der Zauberlehrling, Mensch genannt, beschftigt sich augenblicklich trotzdem viel mehr mit Atombomben, als mit der Erhaltung der fruchtbaren Erde. Er ist geradezu fasziniert von dem Gedanken einer Allzerstrung. Er spielt mit ihm nun, wie eben Kinder mit einer Bombe spielen. Und da er schon so wenig Verstndnis fr das Grauenvolle einer unverantwortlichen Vernichtung durch eine noch nie dagewesene Katastrophe hat, wie sollte er ein greres Verstndnis dafr haben, da die weltgesetzlichen Konsequenzen, die auf dem Wege ber Zerstrung der Fruchtbarkeit hervorgerufen werden, fr ihn nicht weniger verderblich sein knnen, als eine blitzschnelle Auflsung in zerstubende Atome! Wir kennen die Weltgesetze nur in Gestalt unserer Naturgesetze, d. h., unserer eigenen irdischen Integrationsstufe. Innerhalb dieser Integrationsstufe haben wir uns aber lngst davon berzeugt, da Kleinstes, Unwesentlichstes sich irgendwie und irgendwann auch zuletzt in ganz groen Zusammenhngen auswirkt. Es gibt nichts Bedeutendes und nichts Unbedeutendes in uns und auer uns. Nur wir ziehen diesen Trennungsstrich, weil unsere Zeit, unsere Raumbegriffe uns eine Sonderstellung zu den Dingen, die uns umgeben, vorspiegeln. Aber da es nicht so ist, da das Vergnglichere das Unvergnglichere bestimmt, sondern umgekehrt, so mssen wir damit rechnen, da alles, was wir vom Universum empfangen und das ist letzten Endes die ganze Ordnung unseres Seins durch den Filter unseres Irdischen hindurchgeht. Je nachdem dieser Filter gut instand oder verdorben ist, je nachdem leitet er uns Bekmmliches oder Schdliches zu. Dieser Filter aber ist unsere Natur, und innerhalb unserer Natur als zentrale Ebene, die gleichzeitig nach oben und unten wirkt, die fruchtbare Erde. Es hat sich noch jedesmal erfllt, da ein Volk seine Existenz vernichtete, wenn es seinen Humusschatz vernichtete. Die Grnde, warum dies geschah, taten nichts zur Sache. Entscheidungen fallen nicht nach Motivierungen, sondern nach wirklich Geschehenem. Die Gleichung an sich ist so einfach. Sie ist immer dieselbe, war immer dieselbe, wird immer dieselbe sein. Bisher hat man sie jedoch immer falsch gelst. Daraus entstand das ganze Unglck. Aber die Form des Unglckes

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war so vielfltig, da man Dutzende von Ursachen dahinter vermutete und nicht darauf kam, da aus der einen alles hervorgehen knnte. Abgrnde liegen niemals am Beginn eines falschen Weges. Sonst wrde man ihn ja doch nicht einschlagen. Sie zeigen sich immer erst an seinem Ende. Wir, unsere ganze Generation, stehen vor einem solchen Abgrund nein, einer unabsehbaren Kette von Abgrnden. Nachdem man sie auf die bliche Weise nicht mehr berbrcken kann, so mu man einen neuen, den richtigen Weg suchen. Nicht nur unsere persnliche und gegenwrtige Schuld hat uns an diese Abgrnde gefhrt. Die Schuld vieler Jahrhunderte und unzhliger Dahingestorbener ist es, die sich jetzt an uns rcht. Was sie sich selber antaten an Bsem und Feindseligem, das ist im Laufe der Zeit vergessen worden. Es hat fr uns keine sichtbaren Spuren mehr hinterlassen. Aber unvergessen ist das Unrecht, das sie ihrem Boden und der Lebewelt, die zu diesem Boden gehrt, wissentlich und unwissentlich antaten. Gegen uns richtet sich das Gespenst einer Welthungersnot und einer unsere Scholle bedrohenden Welterosion auf. Fallen sie ber uns her, so bedeutet das unseren Untergang. Aber es gibt einen Weg. Wir mssen ihn nur einschlagen. Er ist gangbar, er ist nicht allzu schwierig, er bringt zu jenem Ausgleich zurck, ohne den sich das Leben auf unserem Planeten nicht erhalten kann. Wenn wir in gengendem Ausma Humus mit Humus ersetzen und die unverantwortliche Verlustwirtschaft unserer Abfallrohstoffe endlich zweckmig ordnen, so bedeutet das eine Wiederherstellung des unterbrochenen Kreislaufes der Materie. An alles das haben wir nie gedacht und haben es darum auch nie zu tun versucht. Die Vlker mssen diese Einstellung darum erst prfen und sich an sie gewhnen. Aber die steigende Beunruhigung einer wachsenden Weltnotlage wird sie, wenn schon nicht aus Einsicht, so doch zwangslufig, veranlassen, endlich von Grund auf ihre gesamte Humuswirtschaft zu revidieren. Denn Humus war und ist nicht nur der Urernhrer der ganzen Welt, sondern auch der alles Irdische umfassende Lebensraum, auf den alles Lebende angewiesen ist. Bleibt uns also berhaupt noch eine andere Chance? _________________________

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Stichwortverzeichnis
Gewisse Standard -Begriffe wie Humus, Boden usw. sind aus Raumersparnisgrnden weggelassen worden
Aasfliegen 186, 239, 441 -fresser 230, 439 -kfer 186, 230 Abbau 137, 183, 262, 267, 295, 366, 540, 629 --disharmonischer 268 -organismen 230, 364, 439, 570, 631 -produkte 99 -prozesse 150, 267, 630 Zufallsergebnis der 578 -Substanzen, kohlenstoffhaltige 92, 103 Abblasung 56, 116, 386, 513 Abbrennen des Waldes 280 Abessinien 515 Aberntung 285, 319 ---natrlicher 257, 396, 512 Abfall, organischer 303, 325, 441 ---bewohner 364 -haufen 250, 366, 440, 502, 537, 572 --, eiszeitliche 568 -kontingent 623 --rohstoffe, Verlustwirtschaft unserer 306, 617, 618, 638, 650 -rotte 629 -verwertung 243, 258, 480, 538, 602, 626 Abflle des Lebens 242, 506, 594 -, Vernichtung der menschlichen 618 Abflukanle 248, 602, 603 Abgase 113, 619 Abholzung 335, 475 Abisco 299 Ablagerungen 538 Abraumsalze 38, 203, 589, 591 Abruzzen 416, 550 Abschirmung 325 Abschluhorizonte 348 Abschmelzung 350 Abschwemmung 284, 289, 350, 451, 543 Absenkungsterrain 542 Absinken des Organismenbestandes 211 Absinth 33 Abu-Arich 297 Abwanderungen 280 Abwasser 232, 248, 249, 253, 366, 367, 570, 578, 617, 629 -, Kontaktzone zwischen Faulschlamm und 631Abwasser, Vernichtung von 253 -budget 256 -fett 256 -pilze 254 -reinigung 256 Abwehung 107, 109, 392, 550, 564, 641 Abzugsrhren 561 Acacia-Arten 504 Acacia lebbek 84 Acarmanische Ufer 403 Achat 28, 387 -knollen 18 Achelous 403 Achnantes-Kieselalgenschale 376 Aciditt 225, 295 Ackerbauer 379 Ackersenf 566 Ackersterbe 176 Ackertannenkrankheit 176 Ackerunkruter 565 Aconitin 369 Aconitum napellus 369 Acorus calamus 91 Acromoniella 238 Actinomyces-Arten 218, 237, 240, 574 -pelogenes 189 Adamspeak 509 Adansonia digitata 338 Adascyn, Radjah Singa 503 Adlerfarn 552 Adria 64 Affenbrotbaum 338 Afrika 162, 297, 399, 406, 410, 416, 429, 438, 458, 468, 469, 503, 514, 515, 518, 523, 535, 551, 613, 645 ger 400 gisches Meer 62 Agava americana 90, 421 Agave 319, 421 Aglossa 231 Agram 483 Agriculture State Georgia test 319 Agrigent 419 Agrikultur 379, 494 -land 416 -schriftsteller, antike 452 Agronomische Theorie 307 Agrosterin 295 Agrostishalme 181 gypten 40, 167, 238, 282, 310, 353, 371, 380, 382, 384, 391, 392, 403, 411, 416, 423, 424, 425, 427, 428, 436, 616 gypter 320 Ainos 394 Akademie der Wissenschaften, franzsische 456 Akademie des Landbaus 560 Akazien 84, 312, 526, 527, 603 -falsche 68, 335 -wurzeln 568 Ak-Darja-Flu 389 Akkad 382, 383 Akropolis 411 Alabama 167 Allahabad 505 Alanen 434 Alaska 61 Albanerberge 415 Albanien 117, 402 Albertson 474 Albuminosen 582 Alchimie 443 Aldehyd 575 Aleppokiefern 165, 220 Aleuron 637 Alexander der Groe 387, 503 Alexandrien 391, 407, 427, 428 Alfalva 384, 566 Alf d, ungarisches 82, 83, 335, 604 Algen 121, 130, 188, 323, 575, 579, 585, 596, 643 -grne 99 -lithobiontische 165 -zysten 376 -symbionten 130 Algerien 588, 613 Algier 239, 409, 458 Algonkinindianer, virginische 278 Algonkium 141 Alibunar, Smpfe von 40 Alisma plantago 91 Alk 180 Alkalibden 190 -degradierte 40 Alkaloide 638 Alkohol 323, 503, 575 Allerweltsruderalflora 518 Alligatoren 147 Allindische Konferenz 510 Allirdischer Verband 511 Allium ursinum 161, 42, 657 Allobophora caliginosa 287 -depressa 287 Alluvialgebiete 505, 521 Alluvionen 382, 388, 548 -junge 55 -bergrnte 85 Alluvionenwlle 556 Alluvium 470 Allzerstrung 649 Almbetrieb 286, 550 Almeida 503 Alnus-Arten 70

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Aloeholz 457 Alpen 88, 165, 360, 445, 470 -Auffaltung der A. im Tertir 156, 542 -Abtragung der 355 -massiv 65, 542 -mahn 108 -tler 196 -vorland 278, 549 Alphiton 310 Altgypten 392 Altai 153, 485, 493 Altertum 452 Altes Reich 310, 320 Altmetall, Anfall von 264 Altmexiko 318 Altnrnberger Reichsgebiet 341 Alttting 573 Altserbien 569 Altstadt 310 Altwsser 556, 606 Aluminium 29, 31, 168, 195 -erz 167 -hydroxyd 29, 168 Aluminiumpflanzen 195 -Verbindungen 89 Amanit 239 Amanus 384 Amathus 407 Amazonas 78 -Rio mar des 79 --Flutwelle 79 -gebiet 280, 360, 521 -berschwemmungen 353, 556 -urwald 110, 333, 555 Ameisen, 130, 234, 631 Ameisensure 289, 326, 575 -salze 100 Amerika 168, 190, 204, 297, 353, 398, 438, 462, 478, 490, 507, 524, 535, 583, 603, 607, 609, 610, 614, 615 -Entdeckung 497 Amerikaner 449 Amide 102, 213, 215, 231, 289 Amiens, Vertrag von 504 Amine 260 Aminosuren 102, 141, 213, 260 Ammoniak 36, 37, 216, 226, 231, 239, 252, 260, 265, 316, 634 -geruch 101, 252 -mengen 215 -phosphat 181 -produzenten 578 Stickstoff 255 Ammonium-Ion 595 -salze 213, 223 Ammophila-Arten 608 Amba proteus 233 Amben 85, 90, 133, 140, 259, 323, 579, 581, 643 Amoriter 383 Ampfer 181

Amphibien 97, 350 -pflanzliche 91 Amrum 358 Amurca 408 Amylobacter-Arten 574 Anacardium occidentale 552 Ananas 318, 634 Ananasplantagen von Hawaii 191 Anastatica 636 Anatolien 485 Anbau 312, 494 Anchovisschwrme 180 Anden 128, 165, 360 Andesit 51 Andropogon 337, 608 -sorghum 566 Anemona 134, 329 Angeln (Volk) 451 Anhydrit 35, 37 Aniokanal 416 Anopheles 317, 573 Anreicherung 296 Ansiedler, deutsche 468 -erste 462, 468 Antarktis 152 Antuskrfte 435 Anten 485 Anthocyan 131 Anthomya brassicae 572 Anthophysa vegetans 193 Anthrenus museorum 231 Anthurien 111 Antigua 467 Antike 152, 200, 238, 249, 307, 403, 405, 445, 535, 612 -, Anfnge der 398 -, Aufhren der 434, 639 -, Kultur der 401, 417, 439 Antiker Feldbau 451 Antilopen 462 Antimon 32 Antiochia 384 Anti-Taurus 403 Anzuchtksten 367 olier 400 quer 413 Apache plume 609 Apatit 35, 37, 178, 588 Apennin 414, 416, 550 -sdlicher 607 pfel, halbkiloschwere 493 -bume 214 -plantagen, amerikanische 197 Apocrensuren 289 Appalachen 143, 464, 470, 549 Appianische Strae 561 Aprikosenwlder, ungarische 82, 240 Aqudukte 480 Aqudukte, rmische 415 Aquaeducte Maintenon 415 Aquaelicium 415 quator 91, 110, 479

-fiale Regenzeiten 633 Araber 282, 405, 607 Arabereinbrche 429, 457 Arabien 383, 406 Araceen 110 Arachis 637 Aragonit 27, 164 Aralsee 610 Araucaria bidwilli 526 -columnea 333 Araukarien 526 Arbeitsgare 292 -organisation 491 Arbutus unedo 328 Arcella 133 Arctium lappa 137 Arenaria 299 Argenson 455 Argentinien 281 Argon 77 Arianer 429 Arides Gebiet 473, 492 Arier 381, 405 Aristoteles 307, 403 Arizona 470, 475, 610 Arkansas 168 Arktis 52, 62, 152, 298, 299, 539, 554, 624 Arles 455 Armviertel 250 Armenfer 270 Armeria 108 Armillaria mellae 129 robacter-Arten 574 Aroideen 325 Arowstook-County 475 Arrueil 415 Arsen 99, 184 -verbindungen 184 Arseniate 184 Arterien 88 Arterienverkalkung 211 Arthemisia 298, 369, 387 Arthemisium absinthum 33 Arthesis 417 Arthrosporen 584 Arundo donax 30, 147, 426 Asby 216 Ascanis lumbricoides 572 Asche 21, 228, 261, 264, 279, 307, 386, 529, 575, 637 -von Aprikosen 34 -von Bodenpilzen 34 -von Kaffeebohnen 34 -von Kartoffeln 34 -von Pflaumen 34 -von Torf 148 -vulkanische 49, 50, 620 Aschenbden 272 -chingung 550 -gehalte 191, 630 Aschersleben 153 Ashmouni, gyptisches 167

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Asia minor 421, 423 Asiaten 380, 525 Asien 297, 383, 387, 436, 438, 447, 448, 461, 482, 498, 499, 536, 538, 542 Askese 429 Asparagin 582 -sure 103, 104, 213, 583 658 Aspergillus-Arten 129, 236, 238, 581, 585 -niger 192, 217, 235 -terricola 372 Asperula adorata 324 Asphalt 375 Asplenien 111 Assam 58, 508 -hybriden 508 Asseln 631 Assimilation 78, 125, 214, 545, 619 -der Tiefe 142 Assimilationsfhigkeit, Rckgang der 596 Assisi, Franz v. 459 Assulina 631 Assyrer 472 Assyrien 381, 384 Astmoose 325 Atacama-Wste 615 Atemluft 95, 99, 114, 368, 592 Atemwurzeln 92, 553 Athen 436, 439 Athen, Schule von 435 Athenischer Stdtebund 417 thiopien 436 Ati 310 Atlantier 409 Atlantik 356, 358 Atlas 56, 65, 80, 392, 407, 411, 433, 457, 613 -, afrikanischer 162, 163, 399 -, algerische Sdabhnge des 80, 282 -, tunesische Sdabhnge des 80 Atmosphrilien 48, 346 Atmung 94, 106, 128, 295 intramolekulare 94, 101 Atmungsmglichkeit, doppelte 94 -Organe 98 Atolle 90 Atomre Stufe 267 Atome 24, 141, 224, 553 Atomkerne 225 -vernderungen 649 -zersprengung 48 Atriplex 313 -nummularia 527 Atta discigera 247 Attika 402 Aufbau 76, 183, 266, 267, 540 -, disharmonischer 268 -, irdischer, Harmonie des 74 Aufbauer 137 Auffaltung 538, 541

Aufforstung 472, 522, 531 -, Bedeutung der 603 Aufforstungsersatz 604 Auflagerung 450 Aufpflgen 346, 472 Auffllung aller Gletscherbche 350 Aufsaugearbeit 284, 293 Aufschichtung 578 Aufschlieung 326 Aufschlieungsprodukte, Tempo der 265, 575 Aufschwemmungsgrund 357 Aufspalter 150 Aufspaltung, Art der 70 Augenfleck, der Algen 119 Augiasstall 402 Augite 27, 35, 546 Augusto domus 432 Augustus 425, 431 Aurel, Marc 434 Aurelian 428 Ausatmung 105 Ausdrrung 554 Ausgleich 236, 430, 443, 450, 518, 534 Ausgleichsgesetz, kosmisches 118 -bodenbiologisches 296 Ausgleichsverhltnis 174, 267 -vorgnge, natrliche 184, 625 Aushagerung 57, 107, 108, 112, 135, 302, 313, 349, 491, 523, 529, 531, 564, 604, 641 Auslaugung 501, 513 Auslese 236, 396, 442, 450, 518 Ausntzung 510, 576 Ausplnderung 430, 435, 640 Ausraubung der Bden 159 Ausrottung 172, 524 Aussen 307 Aussatz 439 Auenluft 115 Aussiedelung 510 Aussplung 326, 553 Australian Alpes 527 Australien 122, 199, 280, 314, 333 343, 344, 346, 397, 469, 501, 507, 524, 527, 528, 529, 531, 535, 602, 614, 645 Australisches Felsengebirge 526 Austrocknung 82, 117, 153, 162, 364, 374, 377, 471, 501, 516, 519 -der Kontinente 350, 351 Austauschvorgnge 174 Auswanderung 445, 450, 510, 518 -, erste 201, 456, 457, 589 -, gelbe 397 Auswaschung 290, 332, 377, 450, 519, 561, 564, 621 Autostraen 362, 363 Autonomie des Menschen 396 Antun 432, 433 Auwald 55, 548, 553 Auxine 246, 636

-bder 246 Avaren 386, 387, 485 Aventurin 28 Avesguano 181 -inseln 181 Avicennia-Arten 91 A-Vitamingehalt 120, 184, 198 Avitaminosen 506 Avon 529 Azetate 100 Azoren 405 -massiv, Hebung des 611 Azotobacter 136, 194, 295, 300, 326, 584, 621, 635 -agile 584 -Beijeringki 584 -chroococcum 111, 115, 584 -kulturen 295, 304, 583 Azotogen 583 Azteken 247, 481 -kpfe 442 Baalbek 411 Babylonien 380, 381, 382, 383, 384, 409 Bachverbauung 451 Bacillariaceen 30, 131, 135, 140 Bcska 130 Bacterium aerogenes 583 -hexacarbovorum 102 -Clostridium gelantinosum 111 -coli commune 243 -denitrilicans 571 -fluorescens 570, 582 -Hartlebi 600, 111 -lactis aerogenes 243 -megatherium 582 -mesentericus ruber 238 -methanicus 102 -mycoides 233, 578 -perfringens 149 -phosphoreum 123, 136 -pneumoniae Friedl. 583 -prodigosum 621 -proteus vulgare 631 -putrificum 233, 243 -pyocyaneum 99, 103, 265 -Pythophtorus 367 -radicicola 304, 566, 582 -subtilis 124, 238 -tartaricum 621 -termo 231 -termophilus vranjensis 187 -tumefaciens 636 -turcosum 621 -typhoides 570 -vulgaris 376 -Welchii 149 Badaibo-Rayon 300 Badlands 470, 475 Badstuben 439 Baeomyceten 130 Bagauden 432, 433 Bahnbau 419

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-dmme 196 Bainingsstmme 280, 561 Bakerguano 181 Bakterien 94, 96, 101, 130, 187, 217, 218, 223, 255, 259, 300, 301, 312, 322, 366, 372, 556, 570, 643 -anaerobe 91, 150 -ausrotter 581 -bestand 242, 296, 322, 326 -dnger 304 -fontnen 188 -fresser 234, 295, 579 -gesteinszerlsende 165 -gruppen 232 -hute 571 -heizung 297, 324 -impfung mit 581, 582 -im Petroleum 150 -kolonien 124, 265, 567 -kulturen 582 -lampe 123 -licht 130, 137, 42* 659 Bakterienniveau 187 -salpeterverzehrende 292 -substanz 622 Bakterioerytrin 189 Bakteriopurpurin 189 Bakteriosen 295, 367 Bakteroiden 567 -flaku, lquellen von 152 Bakufu 397 Balanophoren 325 Balatonsee 354 Baldrian 637 Balk 450 Balkan 163, 190, 309, 313, 315, 483, 485, 487, 535 -albanischer 550 -griechischer 550 -Verkarstung des 411, 446 -wald, subtropischer 64, 220 Balkasch-See 283 Balky 87 Bambus 30, 76 -hacken 396, 514 Banane 70, 75, 318, 525 Bananenplantage 70, 561 Banat 170 Bandwurmplage 572 Bantu 515 Banyan 112 Bren. schwarze 462 Brtierchen 581 Barbados 161, 172 Barbareneinbrche 415 Barbarossa 444, 445 Brenlauch 161 Brlappe 139, 195, 300, 329 --bume 143 Barock 425, 444 Barirreriff 333, 532 Basalte 31, 51, 52, 168, 172, 546 -sdsteirischer B. bei Feldbach 53

Basengehalt 226, 289 Basidienpilze 329 Basin-Bridge 358 Bastseile 562 Basuto 515 Bataten 395 Batrachium 91 Bauern 307, 449, 455, 459, 490, 644 -deutsche 483 -freie 402, 431, 488 -indische 500 -familien 491, 497 -leben 496, 644 Bauholz 340 Baumbewohner 276 Baum des Lebens 321 -farne 110, 139 -flechten 99 -plantagen 634 -rinden 322 -steppe 555 --, afrikanische 162 -wall 604 -wanzen 365 -wurzeln 326, 602 Bume, nacheiszeitliche 64 Baumwolle 90, 98, 167, 172, 318, 320, 375, 468, 492, 509 Baumwollbezirke 288, 604 -dynastien 167 -felder 167, 501, 521, 608 -pflanzungen 319, 471, 478, 603 Bauschutt 365 Bauxit 168, 195 -vom Vogelsberg 168 -lager 29, 168 -verbindungen 195 Bayerisches Vorland 62 Bazillus subtilis 231 -tetani 244 Bearbeitungsmethoden 301 Beauce 56 Bebauung 57, 451, 524 -optimale Form der 512 Bebauungsflchen 425 -gewohnheiten 450, 602, 641 Bedarfssteigerung 623 Beefwood 526 Beerenstrucher, Ausrottung der 332 Beetkultur 301 Befruchtung, knstliche 623 Beggiatoa 92, 189, 306, 373 Begleitflora 291, 491 Begonien 111, 325 Begrbnispltze 502, 513 Begrnung steiler Bergwnde 109 Beifu 33 Beimischung, mineralische 211 -organische 162 Beinwell 102 Belagerung 441 Belaubung 337 Belgien 153, 178, 213, 334, 362

Belichtungseinflsse 134, 159, 165, 172 Belogorje 610 Beludschistan 387, 508 Bengalen 508 -Golf von 500, 542 Benzidin 218 Benzin 149 Benzolring 227 Berberis vulgaris 325 Berberitze 325 Berenice 448 Beregnung, knstliche 615 Bergflanken 109 -kristalle 133 -lnder 419 -reis 315 -rutsch 57 -sturz 87 -wald 80, 322 -wlder, japanische 80 -wiesen 551 Bergisches Land 362 Berlin-Stahnsdorf, Klrwerk 631 Bernstein 406, 488 -sure 104 Berytus 410 Beschaffenheit, alkalische 634 Besonnung 287 Bestand, organischer 135, 159 Betonsohlen 214, 292, 565 Bettlerscharen 455 Bettlergilden 459 Betula 75 -nana 148 Beutelwolf 71, 531 Beutnerei 340 Bevlkerung, Anwachsen der 396 Bevlkerungsbeschrnkung 518 -zuwachs 345, 511 Bewsserung 279, 458, 522, 561 -knstliche 388, 415, 457, 478, 623, 641 Bewsserungsanlagen 425, 465, 477, 480 -hhepunkte 85 -krankheit 295 -systeme 382 Beweidung 535 Bewurzelung 170, 209, 246, 289, 585 Biber 357, 462 Bicarbonate 88 Bienenweide 341 -zucht 340 Bifang 277, 301, 451, 569 Bihargebirge 179 Bilirubin 243 Bilsenkraut 102 Bimssteine 47, 272 Bindekraft des Bodens 289 Bindigkeit 84, 284, 353, 512, 622 B-Indolessigsure 246

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Binnensee 354 Biochemie 223 Biologie, vergleichende 636 Biologisches Institut Mnchen 1 Bios I, II, III 585 -gruppen 585 --Wirkstoffe 636 Biotin-Wirkstoffe 585, 636 Biotechnisches Prinzip 302 Bioznosen 326, 633 -nrdliche 61 Birgus latro 92 Birke 75, 194, 220, 484 -eiszeitliche 148, 300 -sureliebende 220, 605 Birkenlaub 221 -moor 160 -satt 585 Birma 447 Birmingham 362 Bison 276, 279, 462 -knochen 300 Bittersalzbrunnen 183, 374 Bittersalze 38 Bitterseen am Suezkanal 33 Bitumen 144 -kohle 147 -schiefer 41 Blanche Cup 527 Blasiger Kahlkopf 365 Blatt, Abwurf 337, 557 -chemie 554 -flle 174 -gealtertes 337 Blattgelb 184, 191 -gemse 158, 303 -grn 126, 131, 177, 183 --, Assimilation des 125 --, Struktur des 126 -arbeit 33 -scheibchen 106 -oberflche 119 -pflanzen 325 -pilze 343 -schneiderameisen 247, 277, 343 -unterseite 106 -zelle 126 Bltter 176, 183, 323, 630, 636 -leuchtende 124 -kohle 147 Blattern 502, 518 Blattodea 579 Blau, elektrisches 122 -algen 48, 131, 272, 299, 323, 581 -fule 122 -grser 337, 608 -licht 121, 127 -strahlen 78, 127 Blei 32, 99 -Leitungsrhren aus 183, 374 Bleicherde 159, 160 Bleichsucht 250 Blennyer, Aufstand der 428

Blinddarmoperation 98 Blizzard 472 Blood 580 Bluebush 527, 531 Blue Mountains 527 Blhfhigkeit 634 Blumen 90, 158 Blumenzucht 584 Blut 428 -gifte 244 -krperchen 127, 243 -kreislaut 94 -laus 214 plasma 440 -zucker 243 Bltepflanzen 61 -nstaub 98 Boabab 338 Bblingen 251 Bodenelastizitt 375 -gare 622 -helligkeit 134 -mdigkeit 307, 331 -pilzmyzelien 322 -see 351 -Verarmung, mineralische 210 wrmer 581 Bden, jungfruliche 473, 599 -zonale 173 Bohnen 90, 136, 302, 303, 317, 395, 414, 488, 513 -gott 404 Bohrtrme, kalifornische 150 Bojaren 488 Bolivien 477 Bologna 563 Bombax malabaricum 69 Bombay 501, 505 Bommifische 92 Bonebed 178, 588 Bone Meal 580 Bonifica integrale 608 Bonitierung 218 Botien 404 Bor 197, 199 -Kreislauf des 198 -besprhungen 198 -mangel 198 -sure 198 Bora 116, 496 -sturm 164 Borkenkfer 275, 343 -gebiete 343 -weibchen 343 Bosnien 333, 386, 569 Bosporus 247, 488 Bothany-Bay 526 Botryosporien 236 Butryotrichum piluliferum 235 Botrytis cinerea 240 Boussingault 203 Bovist-Arten 99 Brache 278, 310, 452, 481, 490, 559

Brachland 484 Brachiopoden 270 Bradford 256 Brakwasser 91 Brandgttin 424 -pilze 137, 214 Brasilien 122, 281, 343, 466 Brassica 309 -campestris oleifera 197, 397 -napus oleifera 278 Braunerden 161, 166, 168, 169 Braunkohle 146, 151 -nachlebende 92, 147 -Sandsteine 46 -Vorrat an 147, 152 Braunkohlenasche 197 Breccie 57 Breitterrassen 608 Bremontier 494 Brennessel 369 Brennholz 334, 340, 526, 606 Bretterwurzeln 552 Brisighella 608 Britannien 450 Britisch-Indien 504 Britisch-Ostindische Compagnie 506 Brckelschiefer 154 Brombeeren 369, 609 Bromeliaceen 110, 318 Bromus-Arten 313, 337 Broadbalk 596 Bronchien 370, 373, 583 Bronzezeit 64, 278 Brotkorn 452, 459 -revolten 455 -spenden 423, 460 -versorgung 308, 423, 569 Broussonetia papyrifera 395 Bruchrnder 375 Brunnen 502 -antike 282 -artesische 80 Brustbeerenbaum 609 Bruthuschen mit Mistwrme 238 Bubonenpest 436, 437, 502 Buche 27, 45 Buchenbegleiter 324 -jungschlag 134 -keimlinge 330 -laub 64, 106, 207, 630 -wald 75, 79, 205, 220, 223, 348, 553 --, immergrner 325 -mull 323, 324 Buchweizen 33, 160, 177, 395 Budapest 188, 261, 264, 352, 374 Bffel 604 Buffer Stripes 604 Bukolien 425, 426 Bulgaren, Grtner 265 -Vlker 485 Bulten 91 Bumerang 525 Bunding 501

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Buntsandsteinwste 45, 58, 153, 350, 525, 545 Burbank, Luther 320 Burenhochland 519 Brgerkriege 397, 514 Burgunderrebe 433 Burgundionen 434 Burma 508, 509 Busch 518, 608 -abbrennen 314, 517, 522, 526, 527 -feuer 463, 527 -mnner 515 -steppe, kirgisische 280 -wald 112, 461 -wste, australische 66 Buttersuren 289, 323, 575 -bakterien 575 -salze 100 Butyrate 100 Byhlus 405, 410 Byzanz 248, 422, 429, 435, 436, 437, 439, 457, 484, 485, 486, 487, 489 Cabot 448 Caen 455 Caesalpinien 552 Cajabon 478 Caladien 111 Calamagrostis 337 Calamiten 143 Galamus 30 Calanche-Land 608 Calcite 164 Caliche, Terra 590 Californien 474, 602 Calliphora 230 Calluna 161, 328 Callus 28 Calymotta campanulata L. 365 Cambridge 588 Campagna 413 -rmische 561 -Urbarmachung der 608 Cannabis sativa 369 Cafion 470 -bildung 475 -gewsser 610 Capulus 270 Carbonderivate 99 Carbonate 619 Carbonia 608 Carex 30, 91, 148 Carlton, M. L. 314 Carnallit 38 Carneol 18, 387 Carolina 167 Carpentariagolf 527 Csar, Julius 422 Csaren 422, 426 Caseinindustrie 580 Castanea 33 Casuarina equisetifolia 525, 526 Catalanien 460 Catingas, brasilianische 84

Cato 416, 421, 452, 550 Cawnpur 505 Gelle 560 Cephalanthera 329 Cephalothecium roseum 235 Ceratium hirundinellum 193 Cercomonaden 571, 572 Geres 404 Certosa 563 Ceylon 58, 69, 317, 500, 503, 505, 508, 520 -Population von 504 Cincinnati 462 Chalda 380, 381, 384 Chalzedon 18, 28, 387 Chamaerops exclesa 399 -humilis 399 Champagne 587 Channing Copes Farm 603 Charkow 604 Charkowka 314 Charleston 467 Chasaren 485 Chelidonium majus 568 Chemie 201, 202 Chemismen des Bodens 642 Chenabkanalsystem 505 Cherrapunji 58 Cherson 604 Chile 477, 589, 591 -Salpeter 206, 590, 592 China 56, 153, 154, 277, 316, 353, 371, 380, 384, 395, 469, 490, 508, 513, 518, 535, 563, 566 -Lland 109, 511 Chinarindenbaum 320, 335, 477 Chinasure 217 Chinchona 320 Chinchoxo 297 Chinolin 295 Chinon 260 Chitin 236 Chitoniden 189 Chlamydomonas-Arten 232, 299 Chlor 24, 36, 183, 546 Chloranionen 226 Chlorite 18, 35, 37, 546, 547 -schiefer 43 Chlorophyll 33, 95, 126, 127, 131, 176, 183, 233, 554 -Formel des 586 -arbeit 106, 294 -kern 106, 117 -molekl 271 -scheiben 68, 126 -versorgung 112 Chloroplasten 184 Chlorose 191, 197, 212 Cho 395 Chobetten 501 Choiseul, Herzog v. 455 Cholera 97, 402, 436, 537 -bakterien 97, 234

--Epidemie 252, 502, 573 Cholesterine 243 Chorchorus capsularis 508 -olitorini C. 508 Chrenothrix manganifera 192 -polyspora 192 Christen 428 -tum 434 --, orthodoxes 486 -verfolgung 428 Christianisierung der Eingeborenen 467 Chritisiden 573 Chrom 196 -zuschu 196 Chromatium Okenii 189 Chromatogene 131 Chromatophoren 128 Chromophyton Rosanoffii Woron. 119 Chromosomen 624 Chrysopogon 337 Cicero 416 Cichoria-Arten 565 Ciliaten 133, 140, 579, 643 Cilicien 403 Cimbrischer Chersones 355 Cincinnati, Zoologischer Garten von 462 Cincinnatus, Lucius Quintus 413 Cirta 430 Cisterna 561 Citrusbezirke 288 -kultur 493 -plantagen 196, 593 Civitas romanus 430 Cladium 147 Cladonien 130, 332 Cladophora-Arten 312 Cladosporium-Arten 170, 235 Cladothrix-Arten 231 Clamydophorus stercorea 571 Clarinda 413 Cleopatra 403 Cleveland 362 Cloaca maxima 253 Closterienarten 238 Closterium moniliferum 192 Clostridien-Arten 304, 575 Cochenillezucht 344 Cochin 500 Cognitha 222 Colchester 452 Colchicum autumnale 585 Colchizin 585 -bder 585 Coli 127, 243, 570 Collembolen 221, 287 Colocasia antiquorum S. 75, 91, 319, 525 Colombo 505 Colonia Agrippina 433 Colorado 54, 470, 475, 609, 610

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Columbia 204 Columbien 477 Columbus, Christof 448, 449 Columella 414, 452, 550 Commodus 436 Connecticut 154, 465 Contagium, ansteckendes 436 Constantin 422 Constantine 430 Copraausfuhr 525 Copriniden 238 Coprinuspilze 121 Corallorhiza 329 Cordoba 477 Corfu 402 Corinth 411 Cornell University 566 Cornus mas 324, 609 Cornwall, Kreidefelsen von 161 Coronilla 609 Corpuscularwellen 22 Cortez 466 Corvinus 432 Corydalis 329 Coryphapalme 69 Cosmarium botrytis 193 Cottonrun, erster 353 Crataegus monogyna 324 Crensuren 289 Croton 418, 419 Csepel-Insel 188 Cuba 58 Cubean pine 220 Cucurbita pepo 293 Culex-Arten 573 Cumanaleute 515 Cumarin 218, 295 Curassaoguano 180 Curtoneura 230 Cutin 236 Cuvier 272 Cuxhaven 39 Cuzco 479 C-Vitamin 191 Cyanophyceen 48, 51, 131, 272 Cyatheaceae 139, 526 Cydonia vulgaris 421 Cyclops 140, 255 Cypern 410 Cypressen 101, 118, 165, 400 Cyrenaika 457 Cyrus 382, 385 Cytridium haemotococcii 61 Dakota 462, 475 Dalbergia-Arten 504 Dalmatien 117, 399, 569, 602 Damaschke Adolf 496 Damaszenerrose 465 Dame mit dem Schleier 122 Damhirsch 357 Damiette 391, 426 Dammbauten 495, 520, 606 -erde 278, 322, 347

Dmmerformen 135 Dampf 74 Dmonenglaube 488 Dnemark 213, 220, 494, 498, 503 Danopatent 633 Danriver 475 Daphnia-Arten 140, 255 Darg 358 Darmfulnis 243, 317 flora 243, 245, 366 -sfte 243 -schleim 243 -symbionten 222 Darmstadt 572 Darwin 285, 585 Daseinsformen 156 Dassel, Reinald v. 447 Dattellnder, alte 409, 613 -palme 39, 405, 408, 409, 614 -spezialklima 410 Datura stramonium 101 Dauer 156 -ausgleich 339 -eier 99 -ernten 586 -flora 531 -formation 338 -humus 322 -massenerscheinung 574 -nutzen 567 -sporangien 367 Sporen 78, 85, 367 Daytona-Beach 46 Decius 428 Deckenschotter 62 Degradierung 293 Dehra-Dun 504 Dekanporphyr 172 Delaware 464 Delft 438 Delphinium 108, 299 Deltabildung 505 Demeter 15 Deportation 525 Dermapteren 222 Dermestes lardarius 231 Descampsia 331 Desmidiaceen 192 Desoria glacialis Nic. 61 Destillation 143 -trockene 146 Detritus 89, 91, 140, 148, 160, 169, 376, 556, 609 -Bildung 148, 316, 352 -eilande 90 -gehalt 164, 306, 392, 553 -klumpen 98 Detroit 362, 465 Deus spiniensis 424 Deutsche 525 Deutschland 176, 201, 212, 213, 256, 320, 495, 496, 592, 596, 611 Devon 30, 270, 322

Dextrin 575 Dezentralisation 611 Diabasschiefer 43 Diadem von Tahiti 139 Dialekte, aramische 410 Diatomeen 140, 270 -schalen 621 Diatomin 30 Dickdarm 243 Dictyophora 122 Diener, weie 468 Dif flugia 133, 323 -urceolata 372 Dill undierung 38 Digitalis purpurea 137 Diluvialmergel 54 Diluvium 63, 275, 518, 534 Dingo 71, 530 Dinkel 310, 559 Diokletian 428, 432, 433 Dioscorea batatas 319, 520 Diospyros-Arten 504 Diphtherie 571 Diplopoden 221 Dischidia 75 Disharmonie als Strung 176, 291, 368, 397 Disteln 292, 365, 437, 474, 484, 518 Djerba, Insel 612 Dnjepr 485, 487, 489 -inseln 489 Dnjepropetrowsk 604 Doab 505 Dogwood 609 Doldenbltler der Steppe 484 Dolgoruky 489 Dolinen 471, 517, 530, 603 Dolinenbildung 347, 493 Dollartbusen 357 Dolomit 27, 35, 53, 183 Domingo 465 Dominien des British Empire 511 Don 64, 85, 153, 489, 604 Donau 85, 262, 352, 360, 485 -regulierung 606 Donnergott Pertun 485 Doppelsilikate 36 Dordogne 455 Dorier 400 Dornbuschvegetation 424, 437, 518 Dornengott 424 -wald 80, 84 Douga 517 Drahtwrmer 365 Drainage 453 -grben 609 -rohre 454 Dreifelder-Wirtschaft 491, 559 Dreiigjhriger Krieg 348, 438, 441, 450, 589 Dresden 437 Dresdener Wasserleitung 192 Drillpflanzungen 222, 454

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Drosophyllum 148 Drusus 358 Dschamnaflu 505 Dschingis Khan 282, 389, 489 Dsungarei 18, 387 Dubrovnik 375 Duchoborzen 314 Duluth 465 Dumpalme 523 Dnen 494, 530 Dnengras, sandbindendes 608 -vegetation 335 Dungfliegen 572 Dngekalk 290 -salze 175, 209 -salze, knstliche 592 -stoffe 257 -wert 179, 588 Dnger 315 -arteigener 557 -knstlicher 593 -natrlicher 513 -organischer 296 -phosphorhaltiger 179 -bedarf 208 -gewinnung 580 -haufen 572, 574, 576 -mangel 402, 473, 591 -salze 38 -sammelplatz 208 -silo 576, 577 -standard 646 -wirtschaf t 203, 247, 560, 574 Dngerling, bunter 365 Dngung 277, 279, 452, 466, 536, 572, 600, 622 -natrliche 72 -organische 395, 568 Dnndarm 243 Dnnfaden 254 Durchfeuchtung des Bodens 283, 385 Durchfrierung des Bodens 117 Durchlftung des Bodens 51, 159, 287, 326, 331 Durchschnittswrme 69 Durchschwrzung 172 Durchhitzung 117 Durchwsserung 283 Durrahpflanzung 280, 614 Drrejahre 294, 454, 512 -perioden 81, 171, 238, 313, 394, 415, 460, 477, 494, 501, 604 -Studien 518 Durumweizen 314 Dustbowles 474 Dysentherie 571 Ebenen, Bewaldung von 109 Ebenholz 400, 504, 509 Ebersberger Forst 348 Echeverria, Joe 615 Edaphische Kleintierwelt 571, 631 Edaphon, Entdeckung des (Vorwort) 85, 169, 193, 194, 210, 223, 254, 547,

554, 565, 590, 594, 642 -Bioznose des 193, 220, 230, 240, 259, 260, 287, 570, 621 -des Laubwaldes 323 -ungengende Vermehrung des 175, 220, 266, 287 Edaphonbesiedelung 275, 325, 576, Edaphon-Impfstoff 635 -mischung 635 -tone 131, 297, 567, 621 Edelfische 489 Edelmistverrottungsmethoden Edelobst 559 --grtner 593 Eggen 291, 491, 514 Ehrenberg, Christian 20, 122 Eier 635, 643 Eiche 45, 105, 220, 321, 399, 484 Eichenbltter 207, 630 --Buchen-Fichtenwechsel 348 -hain 64, 161, 208, 348 -wald, pannonischer 604 Eichhrnchen 462 Eichhornia crassipes 92, 555, 556 Eigenbedarf, nordamerikanischer 213 Eigenschaften, anabiotische 636 Eigenversorgung 404, 456 Einatmung 105 Einbeere 329 Eindampfung 253 Eindeichung 494 Eingeborene, australische 569 Eingeborenenherden 517 Eingeborenenstdte 371 Einheitsideal, europisches 444 Einigung, kontinentale 446 Einkornarten 278, 310 Einpflgung 560 Einsicht, weltbrgerliche 600 Eintiefung allen Kulturlandes 88 Einwanderer 463 --wische 404 Einwanderung 490, 524 -allgemeine 465 Einzelhof 618 Einzeller. 78, 90, 96, 97, 130, 570 --leben 96 -stickstoff 622 -struktur 300 Einzugsgebiet eines Flusses 159 Eischimmel 236 Eis 77, 299 -algen 61 -kruter 83 -meer 484 Eisen 32, 36, 132, 166, 187, 191, 199 -atmung 193 --bahnstrecken 362 -bakterien 192, 193 -flora 194 --gehalt der Kuhmilch 19-1, 205 ---hacken 514 -holz 526

-hydroxyd 192 -molekle 192 -oxyd 24, 36 -hydrat 36 -oxydul 24, 36, 546 -pflge 511 Eisenrost 165, 193 -suerlinge 194 -schaufel 563 -ton 45 -verbindungen 88, 166, 225 -vertust 194 -zeit 64, 278 Eisenhut, blauer 369 Eisenstdte im Donezgebiet 362 Eiszeit 62, 63, 154, 380 -europische 53, 62, 391, 400, 549 -katastrophe 72, 156, 534 -relikte 81, 300 -schlamm 300 Eiterbakterien 265, 571 Eiwei, lebendes 104, 114, 141, 294 -abbau 213, 215, 244, 628, 631 -Produkte 260 -anreicherung 221 -aufbau 583 -bedarf 404 -fulnis 234 -formet 141 -gehalt 317, 558 Eiweigifte 239 -inseln 628 -kernstoffc 223 -reichtum 222 -schwund 621 -spaltprodukte 243, 260 -substanzen 100, 328 -berftterung 214 -verbindungen 77, 141 -zerfalisprodukte 103 -zerlegung 215 Ekbatana 384 Ekuador 61, 299, 476, 521 Elam 383, 385 Elateriden 365 El Bahira 83 El Cosseir 58 Elbe 357, 358 Elbewasser, unfiltriertes 573 Elbgebirge 46 -sandsteingebirge 190 Elbrus 81 Elche 357, 462 Eleagnus 568 Elefant 550 Elefantengras 80, 551 Elektrolyte 330 Elektronen 124 Elendsberufe 638 Elfenbein 406, 587 Ellison, Colonel 614 Elsa-Lothringen 589 Elymus-Arten 84, 608

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Empetrum nigrum 328 Empusa muscae 99 Ems 357 Enchytraeiden 631 Endosporen 584 Energie 77 -chemische 126 Energie, Kreislauf der 119 -strahlende, Abspaltung von 129 Energiequelle, Sonnenlicht als 126 -berschu 124 -verwertung 125, 621 England 39, 49, 152, 153, 168, 290, 346, 347, 450, 451, 452, 456, 459, 460, 481, 498, 500, 505, 507, 536, 561, 583, 587 Englnder 463, 500, 503, 504, 588 Entgang, mineralischer 306 Entgiftung 553 Enthumifizierung 292 Entkalkung 226 Entmischung, chemische 199 Entnatrlichung der Bden 375 Entsumpfung 608 Entwaldung 163, 335, 353, 417, 449 Entwsserung 170, 292, 351. 561 Enzyme 184, 305 Enzystierung 297, 636 Eozn 512 Ephedra sinica 609 Epidemien 245, 248, 436, 441. 502 Epidot 28, 546 Epilobium angustifolium 369 Epiphyten 110, 117 Epipogon aphyllus 329 Epirus 163, 407 Epithelzellen 243 Epithemia 299 Equisetacae 30 Equisetum arvense 30 Erbketten, mehrere 624 Erbsen 94, 197, 295, 302, 303, 488, 560, 566 Erdbeben 347, 411, 419 Erdbeerbaum 328 Erde, bebaute 287 Erderbsen 520 Erdferkel 550 Erdflhe 307 Erdinsekten 324 Erdmaterie, Lebendigmachung der 647 Erdnu 637 -pflanzung 280, 520, 521 skandal 521 Erdl 149 -entstehung 150, 151 Erdorchideen 329 Erdrauch 33 Erdrutsche 470, 530, 607 Erhaltung des Bestehenden 610 Eriddu 380 Eriesee 153

Erigonum ovalifolium 198 Erika 161, 219, 327 Erkenntnisse 533 Erlen 330, 484, 568 Erlenblatt 70, 221 Ernhrung 248, 294, 304, 311, 363, 493, 511, 535 -zustzliche 328, 545 Ernhrungsmglichkeiten 309 Erntemaschinen 287, 528 Erntesteigerung 304, 520, 906, 627 Ernteverminderung 326 Eroberungen, Weg der 446 Ersatz, mineralischer 547 -stoffe 594 Erwrmung 60 Erze 389, 468 Esche (Baum) 68, 630 Esche (Flu) 357 Eschenblatt 106 Esel 465, 569 Eselmist 248 Eskimo 276 Essigsure 100, 323, 575 Esterelwald 458 Ethesien 110 Etrusker 423 Etruskisches Bergland 415 Eucalyptus 66, 320 -marginata 527 -holz 526 -wald 531 Eucsperite 448 Euglenen 233, 323 571, 620 Euglyphen 132, 133, 323 Eunaprius 422 Euphorbiaceen 66, 527 Euphrat 380, 392, 393 -Abwandern des 382 -mndung 381 Euplotes patella 232 Eurasien 382 Europa 53, 56, 63, 86, 108, 128, 153, 158, 160, 168, 171, 206, 248, 251, 274, 290, 314, 319, 334, 343, 345, 356, 363, 377, 387, 399, 439, 463, 478, 513, 523, 525, 526, 538, 539, 563, 580, 582, 606, 608, 610, 611, 633, 645 -Ernhrung von 473, 493, 569, 625 -Ganzheit 446, 507 --Kornkammer -s 311, 484 -Mangelgebiete 498, 518, 648 -Norden von 490 -Ruin von 65, 339, 436, 438, 534 -Schelfsockel von 354, 542, 611 -Schicksal 274, 308, 371, 435, 443, 445, 486, 487, 493, 537 -sdstliches 398, 572 -Wlder 208, 458 -Wirtschaft in 447, 450, 453, 499 Eurotia lonata 609

Everglades 92, 146 Exkremente 209, 221, 231, 242, 247, 421, 570 -Zersetzer von 101 Exosporen 584 Expansion 393 Exploitation 479 Exportprmien 311 Fabrikabwsser 249 -betrieb der Landwirtschaft 287 -klrteiche 253 Fadenalgen 85, 140, 620 -bakterien 231, 376 Fadenpilze 220 -wrmer 323 Fagopyrum esculentum 160 Fkalien 242, 244, 629, 638 Faktor, biologischer 304, 592 Fall-Laub 123, 321, 325, 328 -oliven 408 -reisig 332 -winde 116, 472 Falludia paradoxa 609 Familie, Entwurzelung der 398, 429 Familienbetrieb 454, 521 FAO 627 Frbepflanzen 320 Farbstoffe 468 Farmwirtschaft 301, 326, 645 Farmerland 526 Farne 272 Farnbume 143, 526 Farer 59 Farrer, William 314 Faschinen 602 Faserkohle 143 -nessel 558 -pflanzen 90, 320, 414, 637 -aus Textil 265 Faulbaumbsche 325 Faulgruben 502 -schlamm 91, 100, 104, 147, 188, 255, 373 -natrlicher 254 --bildung 215, 276 ---der Steinkohlenwlder 142 --decke 92, 553 --kohle 62, 92, 156 --vernichtung 255 --zone 632 -wasser 255 Fulnis 100, 101, 229, 231, 306, 365, 570, 618 -amben 571 -bakterien 93, 230, 255, 506, 571 -dngung 320 -gestank 441 -Organismen 570 -pilze 101, 230, 571 -Prozesse 146, 232, 266 -rohstoffe 215, 367 Federkiele 31 Federlinge 31

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Feigen 414 -wilde 165 Feigenkultur 408, 420, 603 -sorten 420 Feinkrmelung 564 -mll 263 -schlamm 556 Feinstverschlammung 316 Feldbau 305, 309, 312, 452 -bestellung 279, 402 -champignon 240 -graswirtschaft, wilde 490 -kultur 318, 350 -muse 285, 442 Feldscher 441 -spat 34, 42, 52, 546 --sandsteine 46 -Spitler, napoleonische 468 Felder 96, 97, 302, 404 -phlegrische 104 -rmische 424, 451 Felle 401, 406, 488 Fellache 563 Felsenbeete 480 Felsitgestein 52 Fermentzonen 291 Festland, brasilianisches 79 --amerikanisches 353 -asiatisches 388 -indisches 154 Festlnder, Konfiguration der 272, 360, 544 Festlandsabtragung 86, 350 -raum 295, 490 -scholle 538, 611 -europische 540 -verlagerung 358, 540 -wald, europischer 64 Festuca ovina 332 -ruba 332 --Grser 181, 337 Fett, verseiftes 149 --einfuhr 309, 456 -ersatz 637 -gewinnung 309, 586 kraut 148 -lnder, Verringerung der 461 -produktion 105, 308, 300 -reserven 309 -suren 100, 101 --freie 231 -schweine 311 -vergrung, faulende 149, 244 -verlust 256, 289 Feuchtigkeit 313, 350 Feuchtigkeitsabgabe 289, 313, 621 -anreicherung 335 -einflsse 173 -gehalt, idealer 84 Feuergruben 525 Feuerland 325 Feuerwalzen 122, 123 Fichte 64, 176, 219, 332, 345, 48-1

-lapplndische 330 -Nadeln von vierjhrigen -n 174 -Nadeln 195, 631 Fichtendrillkultur 331, 341 -forste 222, 330, 341 -forste, obersterreichische 343 -heide, kmmerliche 43, 160, 342 -nadeln 64 -schleif holz 331 -spargel 329 -stangenforst 160 -wald 52, 136, 347 -wurzeln 160 Fibrine 230 -zersetzer 570 Fidschi-Inseln 172, 665 Fieber 420, 467 -mcken 317, 417, 434, 505 Field Windbreak 604 Fife 314 Fingerhut, roter 137 Finnland 39, 220, 328 Firmus 428 Fische 150, 401 -vorweltliche 143 Fischlaich 150 -1 150 Fish Meal 580 Fiume 496 Flachbeete 278, 641 Flachmeere 542 Flachs 278, 488, 559 --Wurzelbrand des -s 367 Flachseetone 41 Flachwurzler 91 Flagellaten 133, 140, 232, 323, 572, 579, 620, 643 Flamboyant 69, 338 Flankenmorne 56 Flechten 51, 111, 130, 165, 189, 551, 636 Flechtenkeime 301 -Polster 108, 220 -tone 160 Fleckfieber 372, 436, 437, 441, 442, 445 Fleco lacus 356 Fledermuse 179 Fledermausexkremente 179 -guano 179 Fleischesser 386, 452, 569 -extrakt, Liebigscher 517 -lieferanten 453, 468 -nahrung 423 -schiffe 429 Fliegenmaden 230 Flimmerephitel 97 Floh 370 -plage 440 Flora 349 -hochalpine 128 -zentralarktische 61 Florida 46, 92, 178, 220, 405, 588,

593 -strom 178 Flugsand 382, 384, 385 -gebiete 312, 387, 494, 604, 606 -verwehung 390, 409, 475, 476, 613 -wste 614 Fluoreszenz 124 Flsse 284 Flssigkeitswirkung 74 Flumeer 78 Flutrbe 54, 86, 88, 353 -verbauungen 451 Flut 91 Fhr 358 Fhren 176, 603 -sandharte 605 Fhrenholz 341 -nadeln 64, 136 Follikulin 245 Fontainebleau 455 Foraminiferen 270 -Peneroplis 624 Formationen 222 Formenreichtum 584 Formiate 100 Formosa 503 Frna 348 Forst 222 -ausntzung 495 -schutzgesetz 495 -wirtschaft 341 -wissenschaft 341 Fort Marion 449 Fort Matanzas 449 Fort Niagara 464 Fortpflanzung 134, 431, 585 -menschliche 599, 623 Fortschritt, bodenbiologischer 308 Fortschrittsglaube 202 Forum 413, 416, 486 Fragilaria 270 France, Dr. h. c. Raoul H. 1, 85, 321, 342, 616 Frnkische Schweiz 179 Frankreich 56, 178, 213, 334, 377, 415, 450, 454, 455, 472, 495, 498, 588, 613 Franzosen 449, 463, 464, 466 Franzsisches Kaiserreich, Drittes 495 Frse 302 Fraxinus 68 Fregattvogel 180 Freibauernhfe 496 Freiburg 438 Freiburg, Kanton 460 Freiland 289 -betrieb 319 -kultur 218 Fremdwesen 444 Friedhof, natrlicher 149 Friesland 341, 356 Frontinus 416

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Frsche 92 Froschlaichpilz 373 -lffel 91 Frost 237 Fruchtbarkeit 435, 473, 488, 515, 558 Fruchtbarkeitssteigerung, allgemeine 627, 634 Frchte 90, 197, 457 Fruchtreife 69, 338, 634 -unreife 636 -wechsel 87, 302, 313, 492, 560 Frhchristentum 424 Frhkulturen 534 Frhlingsmaximum 134, 634 Frhmensch 276 Frhneger 514 Frhstamm, rheinischer 587 Frhtreiberei 585 Frhvlker 479 Fugger 457, 497 Fulbevlker 523 Fulvosuren 223 Fumaria off. 33 Fnfkorn 380 Fnfstromland 503 Fnf wochensommer 311 Fungi imperfecti 329 Funktionsform, biotechnische 131 Furchenberieselung 607 -kulturen 641 Frstengrber 484 Fusarium 236, 367 Futterkalk 28 -rbe 175, 176, 294 -wechsel 576, 641 Gafsa 588 Galeriewlder 163, 523, 548, 609 Gallpfel 410 Galle 243 Gallenblase 149 Gallertband 131 -mntel 117 -rhren 192 Gallien 424, 431, 432, 433, 559 -belgisches 433 Gallienus 436 Gallier 423, 428 Gallionella ferrugineum 192 Gallische Bauern 431, 432 Gallus 434 Galmeiveilchen 196 Galumna obvius 221 Gamasiden 231 Gametophyten 624 Gandhi 508 Ganges 499, 503, 505 -delta 467, 502, 508 -kanal 505 Ganneten 180 Gnsefingerkruter 365 Garmet 314 Garonne 495 Grten 302, 578

--rmische 416, 421 Gartenarbeit 302 -beet 302 --Idealform des 277 -bewirtschaftung 305, 457 -erde 287, 579 -land 204 -stdte 375 Grtner, Abfallverwendung durch 265 Grtnerei 302, 572 Grung 317 Gasausgleich 112 -dom 150 -produktion 104 -Stoffwechsel 620 -verwertung 593 Gase 638 Gastrophilus equi 572 Gatunsee 477 Gaurisankar 144 Gazellehalbinsel 280, 561 Gebiete, entagronomisierte 640 -landwirtschaftliche 113 Gebirge 540 Gebrauchsgter 508, 666 Geburtenkontrolle 326 -regelung 453, 599 -berschu 397, 481, 533 -verweigerung 429 -ziffern 514, 515 -zunahme 361, 500, 598, 638 Geehi River 529 Geestroft 596 Gefllzone 351, 352, 475 Geflgel 250 Gegenhormone 328 Geielinge 119, 581 Geieltierchen, grne 130 Geistige Entfaltung, Optimum der 533 Gelasimus-Arten 92 Gelbes Fieber 436, 449 Gelbes Meer 353 Gelbsucht 371 Geldverleiher 497 -wirtschaft 485 Gele 226, 306 Gel-Form 471 Gemeinschaftsgedanke 598 -verantwortlichkeit 598 Gemse 90 -beete 572 -kultur 303, 408 Genfer See 618 Genista-Arten 331 Gentiana nivalis 128 Genua 447, 457 Geobionten 78, 99, 133, 134, 588, 619, 642 Geococcus vulgaris 133, 328 Geologie 26, 109, 143, 350 Geoponika 247, 307 Georgia 92, 220, 468, 474, 602

Georgien 493 Gepiden 434 Geranium Robertianum 568 Germanen 431, 487 Germanien 310, 559 -Aufstieg 355 Germanische Ackerknechte 431 Gerll 86 Gerste 205, 214, 278, 293, 294, 310, 316, 380, 395, 420, 488, 491, 513, 559 Gerstenbrot 569 Gesamtbevlkerung der Erde 202 Gesamtstickstoff, Zunahme an 596 -gehalt 215 Geschiebe 351, 357 -sande 53, 55 Gestaltung, Wechsel der 78, 156 Gestein 105, 258 -saures 50, 58, 166 Gesteinsmantel 538 -schutt 354 Gestirn, Vorgnge auf unserem 155, 359 Gesundheit 618 Getreide 29, 158, 291, 401, 455, 488, 497, 637, 641 -als Vorfrucht fr Wurzelgewchse 176, 593 Getreidearten 313 493 -begleiter 291, 566 -einfuhr 411, 428, 457, 591 -fluren 449 -freies 421 -Import an 420, 422 -gebiete 308, 490, 495 -grser 309 -halm 29 -klima 308 -pflanze 293, 491 -preise 420, 528 -speicher 414, 520 -zentren 346, 505 Gewchse 258 -fleischfressende 67 -immergrne 399 Gewalten der Erde 228 Gewsser 89, 92 Gewerbe 401, 407 Gewrze 389, 401 -handel 457, 488, 503 Ghat 613 Ghirka 314 Gifte 457 Giftbakterien 618 -Pilze 239, 618 Ginster 331 Gips 27, 40, 98, 154 -dngung 210, 213, 222 -nadeln 27 Glanzkohle 145 Glaserit 38

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Glassplitter 98, 370 Glaukonit 45 Gleichenberg 49 Gleichenberger Kogel 49 Gleichgewicht 547 Gleichgewichtserhaltung 595, 612 -Strung 518 -verankerung 648 -verlagerung 174, 542 Gletscher 299, 350, 539 -fossile 62 -floh 61, 299 -schlamm 300, 352 Glibberwste 58, 527 Glimmer 18, 45, 98 -schiefer 42 Glochien 344 Glockenblumen 181 Glockendngerling 365 Glockentierchen 232, 259 Glukose 295 Glycerinfettsureester 308 Glykokollzersetzer 570 Gneis 18, 31, 42, 215, 477 -schiefer 43 Goa 506 Gobi 386, 550 Gold 25, 32, 199, 406, 429, 449 -adern 199 -alge 119 -runde 526 -gnge 199 -grbergebiete 58 -kste 521 -pflanzen 198 -staub 199 Goldener Schnitt 547 -Westen 456, 463, 466, 474, 524 Goldenes Horn 248, 488 Golfstrom 348, 354, 405, 611 -klima 450, 453 Gorica 333 Gweinstein 179 Gossypium 318 Goten 485 Grabgrtchen 321 -milben 231 -schaufel 563 -stcke 562 Gradoni-System 608 Granat 28, 133, 546 -pfel 118, 165, 405, 408, 410, 603 Grand Cafion 54 Grande Soufrire 139 Granit 21, 31, 48, 52, 117, 166, 199 215, 372, 475, 477, 530 -Mauthausener 373 -staub 372 Granulobacter-Formen 326 Graphit 144 Gras 204, 209, 492, 551, 630 -bume 527 -decke 470, 476

-feld 350, 484 518, 550 -keimspitzen 636 -nelken 108 -pollen 98 -vegetation 493, 527 -Samen 525, 569 -sandbindendes 169, 461 -soden 609 -steppe 550 -wurzeln 182 -zwiebel 525 Grser 68, 210, 272 -sandbindende 336 -schlammbindende 610 -Sttzgerste der 29 Grauwacke 18, 45 Graz 49, 264 Great Basin in USA 40 -Plains 470, 473, 610 Greenhorn 645 Greisenkruter 313, 369 Griechen 117, 281, 334, 335, 384, 401, 405, 411, 412, 415, 417, 535, 639 Griechischer Archipel 399 Grimaldirasse 514 Grippe 436, 441, 506, 537, 571 Grobmll 263 Gromia sp. 133 Grnland 61 Groaufkufer 461 -bebauung, fabrikmige 646 -betrieb der Landwirtschaft 491 -britannien 165, 405, 450, 452, 453, 464, 473, 494, 499, 504 506, 509, 588 -familienbetrieb 520 -feld 301, 305 -grundbesitz 395, 452 -handelsfirmen 446, 457 667 Gropchter 432 -pilze 99 -ruland 314, 564 Grolistaaten 520 -stdte 362 Abhub der 364 Grostadtgrund 373 --komplexe 611 -Luft 96, 366, 370 -lunge 370 --schnee 370 Grostdte, Rnder der 363 Grovieh-gegen Kleinviehhaltung 577 Grubengas 100, 102, 104, 146 -holz 331 Grnalgen 19, 85, 128, 140, 171, 194, 633 -bodenbewohnende 312, 323, 581, 620 Grndngung 207, 310, 313, 492,

566, 641 -erden 546 -grtet 606 -sand, kupferhaltiger 45 Grundstcksspekulation, erste 404, 468 Grundwasser 36, 248, 282, 387, 409, 466 -geflle 347 --meer 79 -spiegel 162, 312, 389, 391, 392, 523, 548, 606, 609, 613, 641 --senkung 535 --stand 83, 312, 350, 366, 449 --strme 79, 226, 283, 346, 396, 553 Gryllotalpus vulgaris 285 Guadeloupe 139 Guaningerche 180 Guano 90 -native 633 -gewinnung 180 -inseln 179 --vor Sdwest-Afrika 181 -phosphat 180 Guatemala 92, 147, 280, 478 Guayana 477 Guerillakmpfe 427 Guinea 522 Gullies 450, 471, 522, 529, 550, 605 Gullybildung 469, 470, 493, 517 Gummiflu 241 -plantagen 608 pool 646 Gnstlingswirtschaft 430 Gurken 197 Gustavsen 637 Haare 98 Haarlem 364, 438 Haarlinge 265 Hackbau 520 Hacke 278, 563 Hackenpflug, weirussischer 564 Hackkulturen 524 Haematococcus 61, 299 Hafer 160, 204, 278, 294, 309, 395, 488, 559, 566 -Drrfleckenkrankheit des 191 -Flugbrand des 367 -bltter 596 -brat 309, 455, 569 -felder 181 keimlinge 76 Hain, heiliger 513 -buche 220 Haiti 477 Hakaphos 592 Halbarides Gebiet 492, 532 Halbopale 50 Halbsteppe 516 Halbstrucher 160, 531 Halbwste 80, 109, 386, 477, 536, 545, 607, 641 Haller Ebene 54

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Hallimasch 129 Hallstadt 65 -zeit 278 Halmbildung 349 -fruchtgewchse 176, 313 Hmatin 126 Hmin 126 Hamster 550 Handel 401, 407, 487, 497 -ostindischer 494 --antiker 409 Handelsdnger 213 -freiheit 493 -grtnerei 302, 363, 578 -netz 405, 453, 499 -quellen 457 -sitze 405 wege 382, 384, 388 -zentren 389 Handpflge 278 Hanf 369, 395, 488 Hantzschia amphyoxis 323, 372 Hardpan soil 564 Harmonie des irdischen Aufbaus 74 -kosmische 74 Harn 239, 245, 246 -suregerche 180 -stoff 239, 316 --, knstlicher 593 -stoffe der Jauche, faulende 368, 576, 578 Hartgrser 160, 313 Harthlzer 463, 525, 526 Hartreissorten 315 Harz (Gebirge) 43, 52 Harz (Stoff) 211, 218, 223, 289, 401, 468 -import 494, 504 -kiefer 220 -suren 289 Haue 278, 563 Hausdngung 251 -flhe 440 -ratte 438 -Sklaverei 515 -tiere 208, 242 -schwamm 235 Haushainer Bergwerk 146 Ilaustorien 137 Hute 468 Hays 473 Hecataeus von Milet 402 Heerstraen 384, 433 Hefe 98, 127, 243, 244, 583, 585 -extrakte 637 -pilze 123, 574 --zelten 189, 574, 585 Heide 43, 52, 72 -Bden 295, 328 -kruter 209, 328, 330, 341 wlder 341 Ileidelbeeren 160, 331 Heidelbeerflur 161, 332

Heiliges Land 238 Heiliges Rmisches Reich Deutscher Nation 444, 461 Heilmittel 246 -pflanzen 563 Heimarbeit 490 Heinrich der Seefahrer 498 -VIII. 459 Heimist, Verrottungsmethode 631 -Beiverrottung 631 Heiwasserseen 49 Heizwert 145 Hekatompolis 409 Ilekla 49 Helgoland 356 Helianthus 319 -annuus 318 Heliumgas 25 Hellas 310, 401, 403, 404, 411 Hellenen 384 Hellriegel 203 Heloten 401 Helmont, van 307 Helsinki 96 Ilemibasidiomycetes 137 Hemilea vastatrix 343 Hemizellulosen 289 Henley, Robert v. 452 Heracleum 66, 484 Herakles 402 -Sulen des 399 Herbstmaximum 634 -regen 70 -zeitlose 585 Herden 466, 516, 530 Herdenkultur 393 Hereros 515 Herlitzen 325 Hermon 384, 406, 410 Herodot 409, 448, 485 Herpetomonaden 573 Herzfule der Rben 240 Hesiod 404 Hessen-Nassau 290 Heteroauxine 246, 636 -hder 246 Heu 183, 229 -bazillus 124, 297, 366 -pilz 231 -schrecken 365 Heuschreckenschwrme 516 668 Hexenkraut 101 -mehl 195 Hideyoshi 396 Hilariagrser 608 Hillhausia Griffith 187 -mirabilis 187 -palustris West. 187 Himalaya 360, 392, 500, 501, 505 -Bergflora des 128 Hindukusch 389 Hinterindien 562

Hippo 407 Hiroshima 48, 586 Hirsche 455, 488 Hirse 310, 380, 385, 394, 488 -brot 422 -kultur 513, 520 Hirtenleben 439 -vlker, Einwanderung primitiver 639 Hister-Arten 230 Hitzegrade 297 -punkt 95 Iloangho 353, 512 Hochcker 277 Hochebenen 476 --, bayerische 277, 549 -mexikanische 84, 128, 280 -mittelspanische 80 ---, spanische 56, 461 -gebirge, afrikanisches 165 -gebirgswinter 117 --gletscher 554 -land, abessinisches 353, 392, 555 -moor 81, 557 -rhein 352 -sommerminimum 634 -Wald 80 -wasser 417, 500, 529, 551 -winterminimum 634 Hchsttemperatur 297 Hhengrenze 117 Hhlenbr 179 -bildung 347 -lehm 178 -tpfe 513 -wohnungen 470 Holland 49, 153, 161, 213, 334, 343, 352, 498 Hollnder 463, 464, 468, 503 Hollndisch-Guayana 478 Holz 98, 99, 174, 258, 376, 407, 468, 594, 638 -achatisiertes 50 -leuchtendes 124 -abtrieb 330 -asche 199, 210, 307, 589 -bedarf 333, 504 -bildung 105 -ertrag 333 -industrie 580 -kohle 147, 407 --, fossile 145 -mulm 323 -nachwuchs 333, 345 -pulver 71 -verwstung 462, 535 Holzverzehrer 129, 237 -weltbedarf 333, 407 -wespe 234 -zernager 234 --zuwachs 33, 334 Honduras 92, 147 Honig 340, 401, 425, 488 -wein 340

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Hooker 509 Hrige 459, 466, 488 Hormone aus Jauche 585 Hormonisierung 585, 631 Hormonprparate 304 Horn 587 -blende 27, 35, 546 Horse-hoeing-system 451 Hortobgy 66 Hosiapur 501 Hottentotten 515 Howard, Sir Albert 633 Huano 179 Hudsonbai 264, 465 Huflattich 195 Hgeldrfer 356 -flanken 450, 474 -land, assyrisches 381 -lnder 360 -landschaft, schwbisch-trn, kische 45 Hugli-Flu 502 Hhner 384, 440 -mist 572 -pest 571 Hlsenfrchte 27 Humalsuren 224, 289 Humanismus 639 Humate 575 Huminstoffe 289, 548 Humoligninsuren 223 Humus, gemachter 634 -suren 36, 37, 104 -stoffe 90 Humogerm 582 Hunasagyriagebirge 505, 500 Hunde 440 Hundegrotte 104 Hundert-Stdte-Enklave 409 Hunger 510 -katastrophen 251, 395, 396, 454, 456, 536, 544 -nach Humus 303 Hungersnte 422, 434, 458, 459, 491, 501, 504, 518, 586, 604 Hungersnot von 1817 201, 454 Hunnen 386, 388, 535 -sturm 485 Hpferlinge 140, 255 Hutpilze 129, 240 Ilwang Ti 513 Hydroxyl-Ionen 89, 225 Hygroponika 171 Hyksos 427 Hylea 80, 333, 477, 484, 555 Hyoscyamin 101 Hyoscyamus 102 Hyphaine 523 Hyphen 129, 235, 238, 330, 622 Iberische Halbinsel 448, 461, 605 Ichthyol 150 Icosium 409

Igname 90, 569 Ilias 310 Illinois 168 Immunitt, natrliche 464 Imortellen 325 Impatiens parviflora 482 Imperialismus 393, 397 Impfstoff, biologischer 634 -gemachter 634, 636 Importe 397, 413, 431, 457, 494, 508 --Exportabkommen 461, 625 Inder 500, 503 Indianer 280, 301, 464, 481, 569 -drfer 466 -kmpfe 169 -sklaven 466 Indianreis 608 Indien 62, 69, 80, 122, 281, 316, 371, 384, 389, 421, 435, 448, 461, 498, 501, 506, 507, 511, 519, 589, 607 -Ausfuhr aus 508 -Eroberung 499 -Gesamtgre 508 -geschifft 446, 504 -Groimport aus 510 -vorenglisches 502 Indigogeschft 467, 509 -samen 467 Indio 465 Indische Tiefebene 499 Indol 101, 231 Indore-Verfahren 633 Indus 499, 501 -mndungen 505 Industrialisierung 397 Industrie 499, 533, 536 -rckstnde 629 -zentren 362 Infektion 445, 629 -allgemeine 365, 573 Infektionsgefahren 370 -keime 634 -krankheiten 252, 366 Influenza 436, 468 Infusorien 232, 234, 255, 643 -fresser 234 Ingwer 503 Inka 90, 179, 180, 247, 479, 480 -kpfe 442 -reich 479, 481 Inkohlung 142, 144, 152, 218 -Vorstufe der 147 Inkrustierungen 260 Inlandeis 52, 160, 298, 539 Inlandsmrkte 389 -vergletscherung 81, 355 Innerasien 535 Inneraustralien 59 Innerpersien 385 Insekten 245, 276, 579 -larven 316 -schdlinge 275 -welt 350

-Wirte 440 Insel der Gtter 504 -girlanden 354, 358 -wirtschaft 459 Inseln, griechische 57 -westindische 465 Instinkt 103 Institut zur Erforschung der indischen Wlder 504 Integrationsstufen 540, 544 -irdische 649 Interglazial 300 Interregnum, koloniales 512 Inundationsbden 312, 353, 449 Ionen, positive 29, 225 -austauscher 226 -bildung 225 -ttigkeit 473 -verlust 473 Ionisierung 124, 225 Ionosphre 95 Ipomoea 83 Ipomoea pes caprae L. 83 Ins bostrychus typographus 343 Iranier 283 Irland 346, 451, 453 Irokesen 481 Irrigationsprojekt 607 Irrlicht 100 Isarsee 62, 549 Isaurien 426 Isidorus 208 Islam 499 Island 59, 108 Isotoma saltans Ag. 61 Istrien 416 Italien 236, 310, 334, 415, 419, 446, 458, 461, 525 Italienische Bodenverbesserungen 607 Ithyphallus impudicus 239 Jabalpur 501 Jaccaranda mimosifolia 338 Jacksonville 93, 555 Jadebusen 357 Jagd 339 -frevel 495 -hauptmannschaften 455 Jger 497 Jahresmaximum des Bodenlebens 134 Jahreszeit 68 Jahrhundertzyklus 647 Jahrtausendwende 486 Jahwe 485 Jakobskruter 325 Jamestown 464 Jangtsekiang 353, 512 Japan 204, 316, 394, 395, 396, 397, 514 -heie Quellen von 59 Jaroslaw der Weise 487, 489 Jauche 224, 402, 617 -Begieen mit 367, 572, 590

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-alge 232, 571 -grube 104, 576 -pftzen 127, 232, 369 Java 80, 146 -Waldgebirge von 59, 325 Javorina 333 Jebel Midob 515 Jefferson 302 Jelngerjelieber 198 Jena 86 Jenissei 610 Jerichorosen 636 Jerusalem 436 Joch 413 -wind 118 Jod 197, 615 -anreicherung 164 -gehalt 197 -mangelkrankheiten 196 -salze 39 -verarmung 197 Johannisburger Forst 341 Johanniswrmchen 124 Jonier 400 Jowa 168, 473 Juden 425, 485 -dorn 609 Jugera 413 Juglans 137 Jujuben 609 Julian 432 Juliden 222 Jungfischzucht 316 -steinzeit 278, 391 Juniperus-Arten 609 -communis 331 -nana 331 Jnnan 156 Jupiter 20 Jutefelder 508 -pflanze 508 -Stoffe 508 Jtland 355 Kadaver 439, 628 Kadmium 32 Kfer 234 -larven 130, 230, 631 -schnecken 189 Kaffee 335, 626 -kultur 468, 508 -pool 646 Kaffern 515 Kahlschlag 112, 174, 331, 350 -schlgerung 347 Kahmhaut 232 Kainit 35, 38, 153, 593 Kakao 468, 521 --Ausfuhr 476 -Luse 343 -produktion, Weltmangel der 522 -sorten 521 -zentren 521 Kakteen 474

Kakteenblten 128 Kalahari 520 Klber 517 -kraaling 517 -zucht 526, 528 Kalendersteine 481 Kali 24, 33, 35, 36, 89, 93, 153, 174, 177, 184, 255, 305, 310, 317, 546, 548, 556, 589, 591, 594, 621, 634 Kali, Speicherung von 312, 317, 332, 557, 576, 593, 633 -armut, langsames Verhungern der Setzlinge infolge 176 -bedarf 176, 207 -doppelsilikate 35 -dngung 174, 637 --, bermige 175, 596 -entzug 176, 205 -fresser 306, 320, 466 -glimmer 34, 42, 546, 547 -ionen 225 -koliken 34, 211 -lsung 33 -magnesia, schwefelsaure 35 -mangel 176, 332, 557 -mstung 175 -pflanzen 33 -salze 294 -schdigung 210, 593 -spanne 207 -syndikat 589 -zahlen 177, 207 -verarmung 174, 471 -verbindungen 89 Kalifenschwrme 381 Kalifornien 198, 470, 474, 564, 602 Kaliumpermanganat 631 Kalk 24, 27, 28, 35, 36, 45, 88, 89, 98, 104, 117, 141, 174, 184, 213, 290, 305, 440, 541, 546, 548, 587, 588, 621 -algen 88 -alpen, nrdliche 42, 62 -alpiner 27 -ammonsalpeter 213, 369, 594 -armut 77, 290, 295 -auswaschung 281, 290 -belag 75 -bestand 330, 547 -bden, mittel- und westdeutsche 162 -chlorose 191 -dngung 222 -Etappe des 648 -gebirge 164 -gehalt, Herabminderung des 184 -gehalt in den Nadeln 174 -gestein, symmiktes 474 -hnge 607 -hunger 365 -inkrustierung 88 -kohlensaurer 27, 183 -kristalle 164 -krusten 27

-lnder 290 -lehm 376 -lsung 170 -mergel 27 -phosphorsaurer 180 -phosphorverbindungen 588 -quarz 27 -Salpeter 212 -sandstein 27 -schalen 28 -schichten 347 -schiefer 43 Kalkschlamm 88 -schwefelsaurer 35 -sinter 527 -spat 27 -staub 88 -tone 45 -symmikter 53, 164 -zusatz 177, 593 Kalkung 82, 296 Kalkutta 317, 502 Kalo 279 Kalorien 454, 595, 598 Kalmus 91 Kltepunkt 95 -sorten des Weizens 311 Kaltlicht 123 Kalzium-Ionen 225, 226 -Sulfat 226 Kambrium 270 Kamel 384, 387 Kamerun 522 -gebirge 325 Kamillen 411, 637 Kammerlinge 270 Kanada 168, 314, 333, 602 Kanaken 75 Kanle 405, 415, 417, 418 Kanalbau 282 -netz, lateinisches 415 -rhren 374, 453 -wsser, Fliekraft der 631 -wirtschaft 253, 282, 449, 457, 531, 536, 602 Kanalisation 362, 364, 371, 374, 377, 502 Kanaren 282, 605 Kandschandschunga 299 Kandy 503 Kaninchen 205, 438, 454 -verwilderte 343, 530 Kannelkohle 145 Kansas 462, 473, 475 -bden 296 Kansu, Provinz 56 Kao 50 -liang 566 Kaolin 36, 546 --Sandsteine 46 -stufe 43 Kaolinit 18, 36, 37 -gebiet 546

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Kaori 333 Kap Ann 465 Kapillaren 74 Kapillarfunktion 283, 622 -kraft 621, 635 -netz 78 -struktur 346, 375, 470, 564 Kapland 155, 518 Karachi 505 Karakurt 66 Karbon 60, 270, 322 Karbonat 183 Karen 279 Karl V. 445, 458 Karl d. Gr. 444, 446, 486, 559, 589 Karlsbader Sprudel 19 Karnallit 153 Karneol 18 Karolinenreis 467 Karotin 120, 121, 184, 194, 636 Karotinoid 120 Karotte 194 Karpfen 316 Krpflinge 316 Karrenfeld 88, 164, 165 Karrusteppe 518 Karst (Instrument) 278 Karst 163, 460, 496 -gestein 53, 420 -hhlen 164, 471 Karthager 282, 384, 412, 417 Karthago 82, 282, 406, 407, 408, 420, 457 Kartoffel 33, 34, 160, 182, 213, 302, 317, 319, 320, 453, 455, 476, 641 -se 278, 525 -acker 205 -kraut 237 -krebs 320, 367 -lnder 475 -schorf 237, 368 -strke 265 Karawanenstraen 389 Kasbah 426 Kaschubaum 552 Kse 453 -fliege 231 Kaspisches Meer 40, 54, 170, 283, 354, 361, 610 Kastanien 33, 462 Kastenegge 563 Katarakte 321 Katastral-Joch, ungarisches, Weizenproduktion 311 Katharina d. Gr. 483 Kationen 225 Katschin 279 Katsina-Emirat 523 Katzen 440 Kaufherren 443 Kaukasus 81, 314, 360, 437, 493 Kaurifichten 112 Kausalittsgedanke 155

Kautschuk 319 Kecskemt 82 Kehricht 261 -haufen 381 Keime, pathogene 366 Keimbrand des Weizens 367 Keimling 94, 110 Keimlingsbrand 367 Keimpflanzen, Aufschieen der 593 Kelaniflu, berschwemmungen des 509 Kelenfld 374 Keltisches Feld 450 Kern 320, 392, 426 Kenia 516 Kentucky, Wundermann aus 205 Kernfule der Rben 240 Kesselstein 88 Ketschua 179 Kettche 396 Keupersandstein 45 Kew Gardens 509 Keys 178 Khaki lotus 4 Khorsabad 383 Kiefer 64, 220, 300, 345, 630 Kiefernbestand, notleidender 342, 593 -forst 160, 205, 341, 552 --mrkischer 55 -wald 83, 220, 332, 347, 458 -wurzeln 328, 345 Kiemen 95 -pflanzliche 106 Kieselalgen 30, 51, 85, 90, 131, 143, 170, 233, 244, 308, 323, 620 -fossile 140, 270, 621 -lebende 99, 299, 372, 579 --Ellipsenform 643 -gur 140, 621 -lager 18, 270 -Sand 18 -sure 24, 28, 36, 89, 132, 133, 226, 546, 621 -als Baumaterial 31 -belag 75 Kieselsurekonsumenten 29 -lieferanten 546 --lsungen 29 -zinkerze 196 Kikuyustmme 515 Kilimandscharo 325 Kimberley 519 Kimmerier 484, 485 Kinderlhmung, Erreger der 571 Kindersterblichkeit 250 Kirschenwlder 484 Kitai 488 Kitte, pflanzliche 260 Kjkkenmddinger 568 Klranlagen 256 -gruben 254

-schlammbecken 232, 253 Klee 33, 210, 291, 560 -farn 569 -krebs 291 -mdigkeit 291 -Saat 302, 492 Kleesorten, winterharte 609 Kleiderlaus 442 Kleie 455 Kleinasien 163, 385, 399, 411, 486, 488 -bauernhfe 490 -Felder 460, 512 -felderwirtschaft 559 -husler 645 -insekten 169, 220, 221, 259, 265, 554, 631 -Ufer 287 -krebschen 140, 579 -Organismen 221, 286 -orte, Abflle der 266 -pflanzen 94 -pilze 235, 259, 323 -plantagen 521 -ruland 493 -spinnen 287 -viehhaltung 515 -welt 97, 554, 570 671 Kleinwirtschaften 496 -wrmer 92, 287, 579 Klette 137 Klettenwurzeln 76 Klima 26, 67, 328 -absolutes 67 -arides 449 -eines Breitengrades 73 -gemigtes 72, 112, 296 -Grenzen des irdischen 59 -halbarides 449 -lokales 539 -nrdlich gemigtes 72 -anpassung 68 -Trockenerwerden des 294, 535 -auswirkung 308 -begriff 72 -einflsse 173 -regler, Wald als 321, 443 -schutz 326 -schwankungen 171, 348 -spanne 59, 602 -verbesserung 615 -verhltnisse, subtropische 414 -verschlechterung 67, 282, 296, 349, 434, 458, 518 -wechsel 348, 389, 391, 434 Klimaxboden 284 Klingen 54 Kloaken 365 -anlage 248 -kot 320 -reinigung 248 Knoblauch 186, 303

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Knochen, Anfall 264, 587 -kalk 588 -leim-Industrie 580 -mehl 588 -mhten 587 Knllchenbakterien 198, 207, 291, 295, 330, 566, 582 Knollenbildung 476 --Fule 367 -wurzeln 91 Knossos 400 Knteriche 210 Kobalt 32, 196, 199 Kochsalz 38, 39, 164 Koeleria 337 Koffein 218 Kohl 210, 302 -anbau 295 -arten 303 -blatt 106 -fliege 572 -hernie 295, 367 -pilz 247, 303 Kohle 144. 591, 619 -Bildung der 218 -junge 145 -limnische 153 -organischer Ursprung der 145 -silurische 143 -hydrate 223, 243, 258, 295, 305, 309, 315, 323, 328, 338, 574, 583 Kohlenmolekle 126 -zersetzer 593, 629 -schiefer 42 Kohlenbecken, australische 156 -dioxyd 139, 149, 239, 614 -felder 155 -flze 152 -staub 98 -stof fe 100, 103, 127, 149, 207, 224, 348, 570 -feste 100, 103 -organische 162 -atome 126, 267 -infiltrierung 547 -verbindungen 77, 99, 576 Kohlenwasserstoff 100, 231 Kohlensure 24, 33, 50, 77, 88, 95, 96, 101, 102, 103, 104, 106, 127, 130, 150, 184, 553, 574, 648 -abgabe 112, 313, 368 -abscheidung 326 -Absorption der 174, 335 -anreicherung 112 -aufnahme 106 -ausatmung 315 -Aushauchung von 619 -bedarf 104, 105 -bestand 215, 272, 347 -bindung 141 -Freimachung von 105, 111, 235, 240, 323 -gehalt 96, 106, 368

-kreislauf 368, 619 -lief eranten 103 -produktion 110, 118, 138, 315 --im Urwald 111 -sammler 631 -see 103, 110, 127, 349 -strom 108 -berflu 111 -verdung, immerwhrende 108 -verwendung 33, 95, 309 Kokkenformen 96, 633, 643 Kokosruber 92 Koksasche 264 Kokuli 396 Kolbenschimmel 236 Kolchose 645 Kollagene 230 Kollektivfarmen 493 -schicksale 360, 500 Kolloidalitt 169, 284, 289, 315, 347, 352, 471, 529, 594, 622 Kolloidform 224 Kln 433, 438 Klner Umbra 147 Kolonen 432 Kolonialbesitz, englischer 509 -venezuelischer 456 -gold 510 -grndung 404, 498 Kolonialreiche 506, 514, 625 -grobritannisches 511 -rmisches 425,430 -venezianisches 446, 456 -wirtschaft 399, 408, 450, 456, 499, 504, 510 Kolonien, franzsische 588 -neuhispanische 465 Kolonisation 405, 445, 515, 536 -Zwang zur 498, 499 Kommibrot 422 Komponente, mineralische 594 Kompost 207, 577, 620, 635 -herstellung 302, 579 -bedarf 208 -grube 306 -silo 306 Kompostierung 306 Kondenswasser 75 Konglomerate 57, 166 Kongo, afrikanischer 110, 524 Konidien 78, 99, 376, 584 Koniferen, Nadeln der 183 Konquistadoren 449, 497 Konservenindustrie 580 Konstantinopel 340 Kontinentalautostrae quer durch Mittelafrika 363 -probleme 443, 493, 592 -sockel 539 -umwlzungen 611 Kontinentales Geschick 509, 531 Konturfurchen 609 Kpf chenschimmel 129, 236

Kopenhagen 618 Kopflaus 442 -salat 197 Koprophyten 101 Korallen 122 -eilande 542 -kalke 162, 181 -sande in Florida 46 -wurz 329 Krbchenbltler 272 Kordilleren 128, 165, 360 Korea 346, 394, 396, 398 Koremien 236 Korn 425, 431, 437, 569 -deputat 422 -fabriken 577 -flotte 422 -kammern 458, 484, 606, 640 -kammern der Antike 57, 417, 457 -schiffe 429 -speicher 422 -transporte 424 -wucher 454 Krnerfresser 31 Krpereiwei 213, 230 -schlacken 245 Korpuskularstrahlen 128 Korund von Naxos 29 Kosaken 490 -paradies 484 Kosmopoliten 444 Kosmos 87, 398 Kosulja 564 Krabbenspinnen 299 Kraft, Erhaltung der 241 -felder 119 -produktion 87 Krakatau 47, 48, 212, 272 -Vulkanstaub des 49 Kranichseier 489 Krankheitsketten 370, 441 Krtze 250 Kruter 68, 461, 630 -schiefer 42 -stengel 128 Kreatinabbauer 244 Krebs 28 -schere 91 -viertel 370 Kreide 88 -gestein 475, 541 -kalke 164, 587 -sandsteine 477 -schichten, spte 541 -zeit 350, 545, 587 Kreislauf, anorganischer 19, 34 -irdischer 89, 126, 241, 267 -strung 269, 348, 601 -unterbrochener 272, 441, 595 Kreislufe, Wiederherstellung der gestrten 617 Kremma 426 Kresole 571

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Kreta 400 Kretinismus 196 Kreuzbltler 365 -kruter 108 -rillenbildung 476 Kreybig, Professor 594 Krim 461 Kristall, flssiger 141 -form 224 -gitter 224 -seelen 141 -staub 20 -wasser 47 Kristalloide Erstarrung 583 Kristallisation 199 Kritias 281 Kronenwicke 609 Kropf mibildungen 196 Krugit 38 Krmelstruktur 159, 170, 623 Krppelkiefern 332 Krustenflechten 49 Kuba 166 Kuban 492 Kubanka 314 Kubanygebiet 490 Kublai Khan 447 Kudzu 603 Kugellager 642 Kuli 317 Kultivator 565 Kultivierung 545 Kultur, byzantinische 486 -europische 483 -nordstliche 485 -slavische 485 -abflle 283, 628 -fortschritt 494 -gebiete 290, 293, 439, 640, 641 -gewchse 113, 174, 303, 367, 424, 624, 638 --kalkholde 27 -kreise 639 -land 78, 88, 303, 481, 492, 595 -pflanzen 87, 176, 182, 291, 466, 523 -steppe 107, 112 -steppenedaphon 643 Kulturwste 320, 326, 363, 365, 367, 369, 376, 473, 518, 600, 611, 619, 641 Kumarin 235 Kmmelgestrpp 369 Kmmerformen 369 Kunstdnger 167, 169, 207, 221, 287, 347, 596, 620 -Erfolge 296 -flche 347 -geschft 177, 591 -dngung 162, 294, 491 -stickstoff 212 --werke 290 -seide 98 Kupfer 32, 196, 199, 621

-mangel 331 -radioaktives 196 -besprhungen 196 Krbis 136, 293, 302, 318 Kurdistan 380 Kurhany 484 Kursachsen 454 Kursk 604 Kste, cilicische 426 Kstengebiete, entwaldete 400 -gras, salzliebendes 608 -schiffahrt 380 -zerstrung 355, 494 Kwanden 395 Kyjew 485, 487, 488 -Kampf um 489 Kyjewer Rusj 486 Labkraut 66 Lacinisches Vorgebirge 418 Lacke 509 -bume 395 Lactuca 313 Laestadia bidwelli 240 Lagerfieber 442 -leben 441 Lagunenbioznose 542 -wasser 90 Laichkruter 91 Lake Barning 516 Lake Como 610 Lakonien 407 Lamblia-Arten 574 Lamellen, sporentragende 122 Lamium 630 Lampyris noctiluca 124 Land 96 -asseln 222 -bebauung 280, 447, 292, 526, 532 -besitz 395, 424 -bevlkerung 451, 455 -bewirtschaftung 281, 413, 424 --durch Eingeborene 279, 517 -eroberung 406, 485 -flucht 201 --erzwungene 460 -gter 455 -hunger 397, 404, 419, 456, 490, 513 -Schden 452, 530 Landschnecken 221 -scholle 354 Landsteigung der Pflanze 141 --des Tieres 141 -sucher 450, 483, 497, 524, 526 -verbesserung 496 -vertust 110, 284, 363, 433, 472, 474 -verteilung 396, 496, 514 -winde 62 Landes, Les 494 Landschaftsvernichtung 350, 476 Langholz 222 -hornziegen 515 -wurzeln 159 Lanolinfett 34

Lantana 344 Lapilli 48 Lappland 220 Laqueus malitiosus 259 Lrchenbestand, notleidender 593 Lasiogrostis splendens 387 Lateiner 413, 427, 453 Lateinische Halbinsel 417, 434 Laterit 18, 58, 162, 353, 605 Laterite, fossile 58, 166 -rezente 166 -zerfallende 167 Lateritbden 58, 163, 320, 509 -sand 58 -schichten 392 Lathraea squamaria 76 Lathyrusarten 520 Latifundien 416, 420, 432, 434 Latrinen 251, 367, 441. 537, 570 Latschen 549 Lattiche 313 Laub 71 -bildung 293 -decke 325 -erdedngung 369 -fall 68, 168, 185, 337, 603 --kurzfristiger 69 --tropischer 338 -hlzer, edle 462 --nachwuchs 330 -wald 53, 80, 112, 135, 168, 321, 323, 331, 348, 414 --boden 134, 159, 219, 321 --tropischer 69 --mull 345 --streu 223 Lauch 210 Luse 370, 442 Lavabden 48, 172 -einschmelzung 50 -mischungen 48 -schicht 47 Lavalava 525 Lavendel 608 Lvulose 295 Lawes, Mr. 588 Lay dy 108 Lebbachakazie 84 Leben 17, 138 -Anfnge des -s 141 -Erde ohne 18 -erstes 141 Leben, Initiatoren des 119 -Substanz des 621 Lebendverbauung der Bodenkrume 287 Lebensenergie, Stoffkreislauf der 127 -mittel 456, 483, 638 --importe 423, 452 --situation, kontinentale 361 --zuschsse 426 -mglichkeit 274, 451, 544 -optimum 67

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-prozesse 133, 268, 559 -Gesamtheit der 95 -raum 502, 518, 544, 545, 639 -rume, innerstplasmatische 94 -reichtum 579 -situation, Verschlechterung der 601 -standard, gleichmiger 640 -stob 23, 77, 101, 114 -stufe Pflanze 95 -berdru 429 Lebensverbesserung 534 -Zonen 291, 441 Leber 243 -egel 453 -moosteppich 325 Lebewesen, Neugestaltung von 545 Lecidea-Arten 116 Lecithinform, Phosphor in 182 Legfhren 549 Legion 413, 428 Leguminosen 198, 291, 492, 603 -Symbiose der 567 Lehm 287, 470 -boden 54, 84, 88, 215, 296 -mauern 396 -stdte 520 -ziegelbauten 381 Leibeigenschaft 307, 490, 496 Leichen 252, 367, 428, 441, 502, 570 -feld, therisches 113 -fliegen 230 -fresser 101 Lein 309, 318, 414 -schmalblttriger 414 Leinen 98, 403 Leipzig 437 Leitgewchse 198 Lemminge 181, 550 -squash 181 Lemurien 404 Lepidondendren 139 Lepra 443 Leptis 407 Leptomitus lacteus 254 Lerchensporn 329 Le Tozeur 80 Leuchtgas 102, 373 -moos 120 -Organismen 123, 124, 129 -pilze 122 Leucit 546 Leucoplasten 232 Leunaphosphat 213 Leutrabach 86 Levante 437, 457, 465 Levantiner 407 Lianen 110, 526 Lias 162 -kalke 27, 166 -Sandstein 45 Libanon 54, 65, 163, 384, 406, 410 Libyen 282, 448, 457 Lichenen 130

Licht, Abnahme des -s 135 -ultraviolettes 585 -druck 26 -energie, sichtbare 127 -gruppen 120 -menge 134 -pflanzen 137 -quanten 124 -Sprung 134 -strom 128 -zufuhr 309 Liebig 38, 180, 200, 205, 559, 588, 591 Lignin 143 Lignite 143 -Stoffe 223, 236, 260 Lignitkohle 147 Ligno-Proteine 289 -zellulosen 143 Ligurischer Meerbusen 415 Liliputsporen 330 Lima 590 Limes 356, 414, 432, 559 Linchet 450 Linden 484 Lingula 270 Linne 230 Linse 278, 560, 566 Linum angustifolium 414 -usitatissimum 309, 414 Liparite 47 Lipoid 121 Liquor 75 Litauen 485, 489 Lithobiontensiedlung 51, 116, 221, 238, 614, 621, 643 Lithodomus 189 Lithosien 222 Littoria 608 Loangakste 297 Lodoicea 69 Lodz 483 Lohbeet-Lcherschwamm 235 Loire 495 Lockerung der Bodenstruktur 291, 550 London 263, 340, 438 Long Island 263 Lonicera confusa 198 Lop-nor, Ruinen unter Flugsand 390 Lorbeergewchse 399 -wald 62 L 42, 52, 53, 337, 513 -der Mornen 55 -Unstabilitt des 57, 563 -boden 29, 346, 491, 512 -decke 56 -flu 353 -landschaft, chinesische 56, 472, 511 Lmergel 52 -staub 56 -berflu Chinas 109 Lotosstengel 426

-tmpel 62 Lotus 92 -pflaume 421 Louisiana 167 Lwen 414 Lucas, Mrs. Eliza 467 Lucilia 230 Lucullus 420 Ludwig XIV. 455 Ludwig XVI. 456 Luft 81, 94, 118 -feste Bestandteile der 97 -Feuchtigkeitsgehalt der 58, 64, 69, 390, 466, 473, 521, 550, 614 -Eigenversorgung mit 410 -ausschlu 92, 124 -druck 95 -edaphon 96, 148, 285, 298, 305, 335, 372, 554, 555, 560, 642 -entladungen, elektrische 271 -filier 554 -gase 109 --verwertung 95 -hlle 96 -kohlensure 273, 366, 368, 570, 574 -rhre 97 -sauerstoff 94, 260 -sinkstoffe 109 -stickstoff 115, 240, 295, 306, 574, 590 --, Verteilung des 113, 215 -Zusammenklumpung des 113 -produktion 104, 118 -sammlung, Aufbau durch 115, 207, 567, 582, 633 -trockenheit 613 -vergiftung 113, 364 -verkehr 363 Luk 516 Lumbriciden 121, 136, 631 Lumbricus eisenia 286 -rubellus 287 -terrestris 287 Lumpen, Anfall 264 -proletariat 372, 459 Lneburger Heide 55, 161, 333 Lunge 95 -menschliche 97, 99, 104, 195 -Verkieselung der 99 Lungenentzndungserreger 370 -kranke 572 -kraut 134 Lungenpest 436, 437, 502 Lupanare, rmische 248, 439 Lupinen 33, 177, 566, 567 Lupinusarten 414 Lusignom 446 Luzerne 40, 204, 302, 384, 414, 566 Lycoperdo bovista 239 Lycopodien 195 Lycosidae 66 Lydien 404, 407 Lyell 510

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Lyngbya 85 Lyon 20 Mander 403 -form 609 Macchia 80, 118, 410, 424, 434, 437, 461, 479, 608 -bume 118 Macchu Picchu 480 Machakos-Reservat 517 Machorka 593 Machtgedanke 445 -wahnsinn 445 Macrotrachela concinna 631 Madeira 335 Madras 501 Madrider Institut fr Bodenkunde 605 Magdalenenstrom 150, 297 Magdeburger Brde 175 Magnesia 24, 35, 36, 39, 546, 547 -glimmer 34, 42 -silikat 36 Magnesit 183 -spate 183 Magnesium 35, 183, 184 --Aufnahme in Gewchsen 184 -carbonat 183, 184 -gleichgewicht 185 -hydroxid 184 -ionen 185 -manget 185, 332 --krankheiten 185 Magnolien 28, 62 -frucht, versteinerte 50 Mago 408 Mahaweli Ganga 499 Mhren 495 Mahuang 609 Maine 464, 475 Mainz 415 Mais 90, 136, 204, 278, 294, 301, 311, 312, 313, 315, 316, 476, 479, 481, 520, 626 -Beulenbrand des 367 -esser 280, 481 -fabriken 577 -gttin 15 -lnder 311, 569 -wurzel 293, 566 Makarska 406 Makwapala Cotton Experiment Station 521 Malaga 605 Mala punica 165, 405 Malaria 317, 418, 505, 537 -Plasmodien der 573 -smpfe 434, 458 Mlarsee 618 Malleescrub 526 Mallophaga-Arten 265 Malm 571, 618 Malta 59, 410 Malthus, Thomas Robert 453 Maltose 295

Malvasier 433 Malvoisie 433 Malz 214 Mammutknochen 300 Manati 178 Manchester 362 Mancipes 422 Mandarine 518 Mandeln 385 -kulturen 458, 602 Mandschurei 156, 398 Mandschuvlker 513 Mangan 32, 191, 213 -anreicherung 192 -dioxyd 24, 546 -oxyduloxyd 546 Mangelerscheinungen 158, 580 -gebiete 207, 454, 625 Mangfallgebiet 278 Mangold 303 Mangrove 91, 92, 552 Manhattan 314, 375 -Granite von 26 Manihot-Arten 525 Maniok 90, 280, 525, 561 Manitoba-Sorten 314 Maori 511 Maquaire 297 Maracaibo, Golf von 180 Marco Polo 388, 447, 448, 513 Marchantia-Arten 325 Marc Aurel 426, 434 Marchfeld 606 Maria Theresia 318 Marie Antoinette 425 Marillenschlag 240 Mark Brandenburg 332 Mrkte 382 Marmor, Marmorkalke 27, 57 Marne-Insel 432 Marokko 399, 460 Marquis, Weizensorte 314 Marschen, fette 332, 494, 497 Marseille 437 Marshall-Plan 206 --, Lieferungen des 626 Marsilia nardu 569 Marstempel 416 Martinique 47, 138, 478 Maryland 465 Massachusetts 61, 465 Massai 516 Massenauswanderungen 544 -bedarf 260 -erscheinung 500 -infektion 446 -probleme 502 -vermehrung 628 Massilia 401, 407, 437 Mastixbsche 401 Matanzasriver 449 Materialismus 202, 308 Materie, Erhaltung der 44

-feste 119 -Kreislauf der 650 -tote 76 Mauerflechte 99 Maulbeerpflanzung 395, 403, 513 Maulwurfsgrille 285 Mauren 465, 605 Maus 66, 370, 438 Musedorn 609 -jahre 550 Maxentius 429 Maximalernte 564, 640 Maximian 433 Maximus 423 Mayavlker 247, 280, 479, 480, 481 Mayflowerfahrt 464 Mazedonien 639 Mechanisierung 202, 287 -der Landwirtschaft 576, 641 Mecklenburg 290, 340, 438 Medicago sativa 40, 384 Medisches Kraut 384 Medizinmnner 247 Meer 38, 43, 132, 361 -datteln 189 -leuchten 122 -schiffahrt 382 -Schweinchen 573 -strandflora 294 --kiefern 494 -tiere 149 -wasser 584 Meereseinbrche 354, 356, 542 -ksten 361 -plankton 150 -regression 60 -transgression 60, 538, 540 Mehltau 99 Mehrfachwirkstoffe 636 Meijillonesguano, bolivianischer 181 Melanesien 280 Melbourne 511, 527 Melden 211, 313, 365 Melica 337 Melicerta ringens 247 Melonenarten 136, 197, 302, 318 Melun 455 Memphis 353, 427 Mentone 514 Menschheit, Einsicht der 638 -Bedrfnisse der 361 -Gesundung der 626 -Selbstmord der 545 Menschheitskrankheiten 96, 438 Mergel 45, 53, 560 -sandsteine 45 Merida 415 Merinoschaf 460 -wollgeschlt 461 -zucht 461 Merulius lacrymans 235 Merv 385 Mesembryanthemum acinaciforme 83

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Mesopotamiem 384 Mesotaenien 557 Messerpflge 562 Metalle 58, 199, 239, 525, 638 Metallausgleich 196 -beimischungen 471 -salze 194 -radioaktive 196 -silikate 36 -splitter 98, 370 Metapont 419 Meteorstaub 299 Met 340 Methan 42, 93, 100, 102, 185 -absonderung 146 -bazillus 93, 102 -gewinnung 101, 253 Metz 415 Mexikaner 561 Mexiko 90, 147, 465, 536, 609 -Golf von 169, 472 -Hochlnder von 280, 535 Michigangebiet 169 Micrococcus-Arten 218, 231, 322 -candicans 582 -sulphureus 621 Micromyces blastogenes 193 Microsphaerella 235 Microspira desulfuricans 148 Microspora 85, 312, 633 Mijake 395 Mikado 395 Mikroben, polysaprobe 372 -leben 111, 114, 297, 560, 620 Mikroflora 198 -klima des Bodens 159, 325, 634 -organismen 100 --, schdliche 366 Mikrospora-Arten 85 Mikroklin 34 Mikrozysten 584 Milben 130, 185, 221, 442, 581 Milbenexkremente 221 Milch 317 -produkte 453 -sure 100, 323, 326 -viehvermehrung 576 Milet 403 Milliardenkulturen 304 Milpasystem 481 Milzbranderreger 370, 571 Mimosen 527 Mineralien 638 Mineralquellen 29, 374 -salze 205, 212 --dngung 281 -berdngung mit 596 -splitter 370 Mineralien 77 -humusbildende 223 -Mengenverhltnisse der unentbehrlichen 177 -vulkanische 50

Ming, Shne des 388, 513 Minimum, hochsommerliches 135 Minnesota, sdstliches 610 Miocn 60 Mischdnger 205, 213 -Taubwald 322, 335, 342 Mischling 310 Mischwlder 484, 496, 553 Misrables 459 Misera plebs 422 Mifiernten 90, 455, 501 -wirtschaft 448, 495 -wuchs 340, 454 Mississippi 169, 297, 353, 464, 471, 472 Missouri 168, 204, 476, 639 Mist 179, 208, 303, 480 -ablagerpltze 518 -beete 367 -Teuer 575 -gruben 369 -haufen 297, 440, 506, 570, 617 -pftze 371 -pilze 121, 238 -wrme 238 Mistgsttten 262 Mistral 116 Mitschurin, Professor 624 Mittelalter 310, 426, 435, 451, 458, 576 -Abfallverwertung des 249 -agypten 425 -australien 153 -bosnien 147 -dalmatien 406 -deutschland 290 -england 453 -europa 171, 194, 208, 238, 293, 310, 444, 449, 454 -Versorgung von 457 -gebirge, europische 143, 190 -meer 40, 64, 220, 355, 388, 393, 405 -Randgebiete um das 162, 415 -Umfassungszone des 163, 398, 420 --gebiet 165, 436 --hndler 389, 407, 411 --lnder 399, 406 --natur 400 --ufer 382, 383, 405 -nigeria 522 -rulfiand 604 -westen 86, 206, 465, 474, 492 --, amerikanischer 346 Mitternachtssonne 108 Mizellenausweitung 225 Moderholz 33 -torf 148 Mofetten 104 Mohn 303, 309, 395, 488 Molekl 125, 554 -grenze 267 Molekularballung 543 -bewegung, Brownsche 554

Monaden 234, 259 Monas Fallax 187 -Mller 187 Mnchsinseln 181 Mongolei, sdstliche 19 Mongolen 386, 388, 513 -einfall 388 -sturm 385 Mongolische Khotanesen 388 Monilia-Arten 236, 240, 306, 575, 578 Monokulturen 87, 123, 318, 408, 453, 466, 521, 566, 583, 628 -Entnatrlichung durch 268, 276, 291, 491 -Prototyp von 285, 341, 606 Monopole 508 Monotropa hypopitis 329 Monsunregen 499, 501, 505, 509, 527, 607 Monsunwlder, ostjavanische 69, 552 Montana 475 -Silberlager von 198 Montblanc 117, 144 Montdidier 456 Moor 81, 417, 557 -bden 295, 593 --erde 15, 309 -flora 81, 557 -kohle 147 -wasser 632 Moosbeeren 160, 219 -decke 116, 135, 322, 402, 554 -heide 108, 220 -keime 301 -milben 221 -parasitische 111 -polster 108, 220, 325 -rasen 221 -sporen 376 -stmmchen 376 -stengel 148 -urwlder 325 -vorkeime 130 -tone 237 Moose 51, 101, 160, 189, 210, 322, 325, 348, 551, 636 Moschusochsenknochen 300 Mornen 62, 549 -bgel 56 -lehm 52 Morast 500 Morbus viennensis 373 Morea 403 Morgentau 71, 76, 531 Morus-Arten 395 Moskito 83 Mossorgebirge 550 Mosul 381 Motten 186 Mougeautia-Arten 312, 633 -Symbiosen 85 Mount Everest 144, 299

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-Iron 178 Mven 180 Mucarum 406 Mckenlarven 92, 255 Mucorinen 123, 129, 217, 236 Mugoyir 383 Mulgascrub 527 Mull, Laubwaldhumus 219, 321 Mll 262, 264, 629, 638 -stdtischer, Aufbereitungsanlage fr 629 -abfuhr 261, 502 -anlagen 262 -bioznose 631 -erde 198 -gebirge 365, 570 -geruch 265 -haufen 264, 265, 630, 631 -Bakterienheizung in 297, 631 -verwertung, organische 266 Mumifizierung 233 Mumut 568 Mnchen 62, 252, 262, 263, 349, 374 --Puchheim 262, 264 Murmansk 539 Murray-River 529 Musa paradisica 70, 525 Muscheln 28 Muscheltierchen 234, 250 Museumskfer 231 Muskarin 239 Muskat 503 Muskauer Heide 341 Mus norvegicus Exl. 438 -rattus 438 Mussolini 562 Mustergter 645 Mutationen 142, 545 Mykene 400 Mykorrhiza 331, 568 -bildung 326 -filz 328 Myosotis 108 Myrthengewchse 399, 608 Myxomyzethen 237 Myzel 170, 328 Mzab-Tal 613 Nachfrucht 316, 593 Nachreifung 328 Nachwuchs 599 Nadeln 323 -holz 80, 219, 298, 341, 399 -Wurzelscheibe des 64 --wald 80, 348 -streu 71, 136, 223 -wald, nordischer 160 Nagelfluhe 57, 549 -alte 549 Nager 66, 438, 442, 550 Naher Osten 346, 486, 487, 493 Nhrbodengase 102 -lsungen 305, 366 -salze 207, 209, 289, 319, 556

--bedarf 169, 207, 338 --gaben 203, 303, 637 -menge, Entzug der 205 -Stoffe 620 --armut 557 Nhrstoffbedarf, Deckung durch Erosion 558 --zusatz 338 Nahrung 618 Nahrungsabflle 261 -mangel 395, 454 -mittel 305, 627 -Mehreinfuhr von 626 -reste 243 Nahrwan 381 Nahwest 487 Nannar, Mondgttin 381 Naphtalin 218 Napoleonskriege 444, 454, 490 Narabadaebene 501 Nardushalme 181 Nashorn, wollhaariges 300 Nsse, stauende 81, 330, 374, 454. 557 -perioden 171 Naland 452 Nasturcien 325 Natal 155, 518 Natchez 475 Natriumkarbonat 36 -zeolithe 40 Natron 24, 36, 39, 546 -bden des ungarischen Alfld 40 -ion 226 -salpeter 212, 590 -soda 604 Natur, Zugrunderichtung unserer 459, 534 -austilgung 535 -dnger 635 -gesetze 649 -heiligtum 403 -religion 485, 488 -verbundenheit 302 -subtropische 399 -verwstungen 517 -wald 345, 340, 504 Naturalablsung 497 Navajosindianer 86 Navicula-Arten 233, 270, 299 Neapel 195, 607 Nebel 84 Nebela collaris 133, 323 Nebrasca 462, 475, 603 Necrophorus-Arten 230 Nectriagruppe 236, 323 Negersklaven 468, 515 -vlker 524 Negros 477 Negrotown 364 Nektarhefen 244, 578 Nelken 503 Nematoden 99, 133, 135, 170, 186,

307, 323, 573, 579 Nengo Meiji 398 Neomechanismus 585 Neo-Phnikisch 410 Neottia nidus avis 329 Nephelin 546 Nero 423 Nervenstrung 98 Nesseln 90, 365, 369 Nestorianer 429 Nestwurz 329 Neubesiedelung 631 Neu-Mineralisierung 212 Neuenburger Urwald 209 Neufundlandsbank 354 Neukaledonien 83, 112 Neuland 395, 451 Neuseeland 50, 511 Neusibirische Inseln 61 Neusdwales 156, 525 Neutralisierung 216 Neutronen 124, 225 Nevada 216 New Amsterdam 464 New Deal-Programm 472 New Hampshire 468 New Jersey 468 New Mexiko 475, 476 New Red Sandstone 154 New South Wales 314, 528, 531 New York (Staat) 168 New York (Stadt) 188, 263, 362, 464 Nicotiana tabacum L. 318, 466 Niederbarnim 560 -lande 341, 438, 450, 494 -lnder 389, 503 -lassungsrecht 498 --Osterrreich 606 -rhein 332 -schlge 78, 80, 374, 377, 380, 387, 391, 473, 519, 535, 593 -schlge, Quantum der 281, 283, 312, 349, 351, 513, 526, 613 -winde des Urwaldes 110 Niederungen 108 Niederungsmoore 196 Nieren 246 -kanle 243 Niger 297, 523 Nigeriabden 166, 521 Nikolajew 604 Nil 85, 163, 353, 391, 392, 403, 548 -arm 426 -delta 393 -drfer 563 -lnder 429 -schwelle 321 -tal 321, 392, 429 Nimes 415 Nimrud 381 Ninive 381 Nipe-Tone 58, 166 Nippon 394, 395, 396

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Nischenfarne 110, 111, 287 Nitrate 213, 216, 239, 346, 590, 631 Nitratbakterien 575 -pflanzen 369 Nitrifikation 215, 220, 335 Nitrifikationskraft 216 -zahlen 322 Nitrite 148, 213, 216, 622, 631 Nitritbildung 215, 240 -stadium 266 Nitrobacter 219 Nitrobakterien 219 Nitrohakterine 582 Nitrogen 207, 212, 220, 290, 305, 576, 581, 590, 591 -Fresser 369 -gehalt 179, 369, 634 Nitrogenous 580 Nitrogine 582 Nitrophoska 592 Nitrosobakterien 219 Nitrosomonas-Arten 292, 582 Nitzschia putrida 135 Niveauverlust 352 Nodofolium ferrugineum 192 Nomaden 278, 379, 524 -arische 279, 414 -medische 384 -einbrche 382, 489 -instinkte 379 -mrsche 481, 518 -Sippen 279, 387, 532 --, indianische 167 -tum 279, 432 -vlker, mongolische 385 Nomansland 387, 458 --Zone 477 Nonne 275, 342 Nordafrika 84, 178, 238, 282, 346, 380, 399, 406, 409, 457, 536, 588 -Schelfsockel 616 -Stabilisierung des Schollengleichgewichts 615 -amerika 53, 66, 112, 153, 206, 288, 290, 293, 347, 476, 481, 538, 545, 582, 602 -asien 159 -atlantik 354 -atlantische Tiefebene 539 -china 346 -deutschland 290 -europa 159, 176, 356, 612 -frankreich 362 -friesland 358 -holland 356 -italien 608 -karolina 154, 168, 463, 470, 473, 474 -nigeria 522 -ruland 112, 491, 589 -see 62, 354, 358 -sibirien 493 -strand 358 -territorien 527

-ukraine 484 -westfrankreich 356 Nrdliche Passage 539 Normannen 405 North Idaho 474 Norwegen 161, 181 Norweger 592 Nourna 112 Novosilsk 492 Nowgorod 485 Nuhibaum 321 Nullarborplain 18, 59, 71, 532 Numidien 409 Nuiiez, Blasco 372 Nrnberg 438 Nutzholz 606 -pflanzen 320, 550 Nyassaland 515 Nymwegen 438 Oasen 80, 613 -Kufra 81 -Tadjura 458 -bewohner 410 -kultur 457 Obergypten 425 Oberflchengefge 470 --zone 554 Oberitalien 563 Oberschlesien 362 Obsidian 21, 47, 272, 525 Obstbume 312, 320, 395, 418 -fliegen 275 -grten 578 -kulturen 384, 421, 493 -rckstnde 264 Ochotona pusillus Pall. 550 Ochsenfrsche 147 Octolasium cystneum S. 287 -studiosum M. 287 Oder 388 Odessa 313 dland 383, 417 Ohio 297, 475 -tal 53 Ohnblatt 329 Ohrwrmer 222 Oicomonasarten 571, 572 Oicomonas termo 232 Oklahoma 462, 609 Old South 464, 470 Olichogaeten 579 l 411, 414, 420, 423, 425, 638 -bume 118, 408, 456 -baum, falscher 568 --wlder 408 -destillation 152 -ersatz 637 -felder 152 -pflanzen 309 -schiefer 41 -vorkommen 152 Oleander 399 Oliven 404, 414

-Prerckstand der 421 -busch, wilder 608 -l 149 -pflanzungen 408 Olivine 35, 49, 133 O11ontay 480 Olpidiaster radicis 367 Olymp 434 -kretischer 402 Oman, Golf von 387 Ontariosee 89 Oospora scabies B. 320 Opal 50 Opossum 147 Optimum der Wechselwirkungen 446, 640 Opuntie 320, 344 -stachellose 344 Orange-Belt 593 Orangen 421 -ernte 493 Orbatiden 221 -dnger 221 Orchideen 329 -staub 110 Oregon 615 --Wetterwarte 614 Organellen 135 Organisches, Anfnge des 139 Organismen 96, 332 -menge 211, 322 Orient 437, 563 -geschft 446 Orinocco 521 Ornipus sativus L. 566 Orr, Lord Boyd 598 Orthoklas 27, 34, 546, 547 Ortstein 160, 161, 348 -becken 161 -bildung 331, 333 Oryzopsis 608 Oscillatoriafden 265 Oscillatorien 48, 233, 297 Osiris 393, 601 Osmose 75, 328, 596 Ostafrika 319, 515 -england 161 -florida 555 -friesland 358 -galizien 485 -goten 405 -grnlandstrom 354 --Guatemala 478 -indien 510 -indische Compagnie 498 -rom 429 -see 62 -sibirien 300 -sudan 515 -turkestan 282 Osten, Probleme des 483 sterreich 201, 290, 310, 333, 496, 604

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sterreich-Ungarische Monarchie 495 sterreicher 525 Ostia 248 Otto II. 487 Ovatus bodo 233 Oxyde 183 Oxydation 216, 228, 239 Oxygenmangel 219 Ozean, unterirdischer 527 -e, Gasbindung der 619 Padus 417 Paikent 385 Painted desert 470 Paladins 452 Palozoikum 271 Palstina 436, 536, 607 Palisadenephitel 106 Paliurus 609 Palmen 112, 320, 399 Palmfrucht, versteinerte 50 -grten 524 -krankheiten 613 -schneisen 523 Palmetto 28, 147 Pamir 283, 447 Pampas 108, 325, 477, 549, 551 -saliteras 592 Panama 477 -kanalzone 449 Pandanus 91, 552 Panem et circenses 423, 431 Paneuropa 325, 446 Paneuropische Basis 445 Panicum 422 Panirdischer Verband 534 Panis castrensis 422 -plebejus 422 -siligineus 422 -simila 422 Pankreassaft 243 Pantoffeltierchen 232, 259, 571 Papaver 108, 303 Papier 98, 99, 264 -fabriken 254 -maulbeerbaum 395 Paprika 33, 136, 306, 637 -tomate 624 Papsttum 445 Papuasier 524, 569 Papyri 428 Paracelsus 436 Paramaecien 259 Paramaecium bursaria 232 Paramaecium putrida 232 Paraffin 218 Parasiten 573 Parasitenschar 438 Paratyphus 571 Paria 503 Paris 370 -quadrifolia 329 Parklandschaft 484 -englische 168

Parlament, englisches 498 Parmelia-Arten 49 Parmentier 456 Parthenon 411 Partisanen 427 Passat 98, 642 Passifloren 110 Patrizier 413, 423 Pazifik 122, 180, 398 Pechkiefer 220 -kohle 145, 146, 156 -torf 148 Pectensubstanzen 184, 295 Peiresias, zyprischer 85 Peking 396 Pektine 574 Pelasger 400 Pelikane 180 Peloponnes 403 Peloponnesischer Krieg 402, 436 Pelzhandel 466 Pelomyxagruppe 233, 571 Pelomyxa palustris 233 Pelusium 436 Pelworm 358 Penesten 401 Penicillium-Arten 129, 217, 236, 297, 581 Penk 350 Pennisetum 551 Pennsylvania 468 Penthestria holoserica 222 Pentosane 100, 289, 593 Pentosen 100 Pepsin 231, 243 Peptonzersetzer 570, 582 Periophthalmus koelreuteri 92 Perm 60, 146, 153, 154, 156 Persephone 424 Persepolis 385 Perser 384 Persien 283, 384, 387, 389, 390, 447 Persischer Golf 380, 383, 389 Perth 526 Peru 314, 372, 442, 466, 477, 536 -Ureinwohner von 90, 480 Peruvian Bird Guano 580 Pest 371, 435, 443, 445, 502, 537 -blaue 93, 555 -des Justinian 411, 436, 444 -des Tukydides 436 -vor Rom 444, 446 Pestbakterium 371, 435, 438 -flhe 440 Pestgassen an der Pegnitz 438 -huser 438 -karren 437 -leichen 440 -quartiere 438 -seuche 371, 434, 438, 440, 441 -stbchen 439 -verluste 442 Pestis, De 436

Petechien 441 Pettenkofer, Max v. 252, 365 Petroleum 149, 151, 218 Petersburg 493 Petschenegen 489 Peziza-Arten 99 Pfahlbaudorf 277, 562 -bauernzeit, steinzeitliche 309, 391 Pfeffer 503 -minze 395 -scke 503 Pfeifhase 66, 550 Pferd 242, 250, 465 Pferdepfel 244, 579 -fliege 272 -futter 384, 386 -mist 238 -weiden 417 -zucht, Verringerung der 577 Pfirsiche 384, 385, 422, 433, 603 Pflasterung 372 Pflanzer 303 Pflaumen 385 Pflaumenwlder 484 Pflug 278, 395, 413, 562 -messer 564 -schar 413 Pflgen 291, 452, 528 Pflgungsgewohnheiten 491 Pforzheim 414 Pfropf erei 627 Pfropfung, vegetative 624 Pftzen 366 Phamaeolus fimicola Fr. 365 Pharaoameise 370 Pharaonen 310 Pharaonenstadt 427 Phenolverbindungen 217, 260, 571 Philippinen 316 Phillyrea 608 Philopterus 31 Phoma-Arten 236, 240 -uvicola 240 Phniker 163, 384, 405, 412 Phnizien 54, 406, 407, 411 Phnix dactylifera 39, 405 Phora, Fliege 230 Phorbia 367 Phosphat 36, 178, 184, 289, 290, 588, 593 -hafen 178 -lager, natrliche 588 -berschu 182 Phosphate, floridanische 178, 206 Phosphor, radioaktiver 620 -bedrfnis 139, 207 -dngung 178, 576, 591, 596 -gaben 182 -gehalt 104, 179, 548, 634 -hunger 182 -mangelkrankheiten 182 -salze, natrliche 588 -sure 24, 35, 36, 205, 207, 226, 305,

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312, 546, 547, 567, 593, 637 --organische 255, 556, 588 -saure Salze 184 -stickstoff 167 -substanzen 177 -verbindungen 184, 207, 581 -verteilung, ungleiche 162, 178 -zahlen 205 Phosphorus 182 Photobakterien 129 Photobakterium tuberosum 129 Photogen 123 Photoreaktion 126 Phragmites 30 P.H.-Tabelle 219, 223 Phrygier 400, 403 Phyllosticta 236 Phytol 126 Piave-Regulierung 608 Pichincha 61, 299 Picota 283 Pilgrim fathers 301, 464 Pilisgebirge 335 Pillenorgan 247 Pilobolus 121 Pilze des Bodens 33, 34, 115, 125, 170, 184, 581, 596 Pilze 300 Pilze, leuchtende 130 -Leuchten der unterirdischen 183 -mikroskopische 104 -fden 170, 323 -grten 247 -hyphen 328, 622 -licht 122, 137 -myzel 328 -sporen 98, 237, 300, 301, 376 -symbiosen 111 -wurzel 326, 328 -zucht, knstliche 631, 634 Pinien 220, 399 Pindus 403 Pinguicula 148 Pinselschimmel 236 Pinus halipensis 399 -maritima 165, 220, 399, 494 -nigra L. 482 -Pinae 399 -pinaster 399 -silvestris 335 Pirola 329 Pisidien 426 Pistacie lentiscus 118, 401 Pistazien 608 Pithons 138 Pizarro 90, 179, 466 Placophoren 189 Plagioklas 27, 34, 546, 547 Planarbeit 645 Planarien 121, 255 Planet, Ausgleichsfaktoren unseres 648 Plankton 254, 636

Plantagenarbeit 468 -wirtschaft 167, 275, 281, 319, 326, 449, 467, 633 Plnterung 332 Plasma 23, 141, 229 -Anpassungsfhigkeit des 624 -Dachorganisation des 126 -Fhigkeiten des 115 -tod 128 Plasmatisches Sein, Kreislauf des 121 Plasmodien 317 Platanthera 329 Plathelminten 121 Platin 25, 32 Plato 281 Plattwrmer 121 Platycerien 111 Playones 150 Plebejer 413, 423 Plebs 422 Plinius 238, 310, 414, 416, 431 Pliozn 60, 542 Plumiera 69 Pluvialzeit 160, 548 Plymouth 464 -Rock 301 Poahalme 181 Poebene 315 Pocken 436, 444, 445, 464 Podolische Landschaft 484 Podsolbden 159, 160, 161, 168 -allerbeste 159 Podsolierung 283 Poduriden 287, 299 Poinciana regia 69, 338 Polareis 301 Polk-County 178 Polen 490, 589 Poljanenbezirk 485 Pollen 636 Pollenstaub 300 Polo, Marco 447 Polowzer 489 Polsterpflanzenwuchs 61, 527 Polygonum 482 Polyhalit 38 Polypeptide 231 Polyporus vaporiarus 235 Polvsaccharide 236 Folytoma uvella 232, 571 Polytrichum 321 Polyurons uren 236 Pompeji 421 Pontinia 608 Pontinische Smpfe 561 Pontische Steppe 484, 493 Population 454, 481 Porphyre, schwarze 21, 31, 48, 52, 172 Port au Prince 477 Port Jackson 525 Portugal 448, 450, 503 Portugiesen 389, 449, 466, 500, 503,

506 Portulak 66 Porzellanerden 546 -Fragmente 98, 370 Postglazial 549 Potamogeton 91 Pottasche 34, 589 Pr-Algonkium 20 Pr-Archaikum 20 Prmaterialismus 459 Prvulkane 20 Prrie 66, 276, 549 -im Naturzustand 462, 550, 551 -Weizenberflu der 169, 491 -bestnde 108, 325 -bden 108 -grtel, amerikanischer 169, 276, 462 Praterspitz 262 Przivilisation 278 Preirene 411 Preielbeere 160, 219, 331, 332 Priene 403 Primrkristallblttchen 225 Primula 134 Probus 431, 432 Produktionssteigerung 452 -vorbedingung, Erneuerung der -en 639 Projekt Davidoff 610 Pronitritstadium 266 Propan 254 Propionsure 289 Prospektoren 112, 531 Proteine 114, 239, 637 Proteusgruppe 575 Prothallium 330 Protococcus 61, 85 Protoplasma 267 Protozoen 92, 140, 170, 223, 295, 209, 312, 323 Provence 458 Provinzen, mitteleuropische 437 Provinzstdte, chinesische 251 Provitamin Karotin 121 Prunus spinosa 324 Psalliota campestris 240 Psamma gramina 84 Psammophilaarten 169, 608 Pseudochlamys 133 Pseudomonas europaea 582 Pseudopodien 131 Psilocybe bullacea Bll. 365 Psiluria Monacha L. 342 Psyllophyten 142, 271 Pteridium aquilinum Kun. 552 Pterocarpus santalinus L. 504 Ptinus bruneus 231 Ptolemer 427 Ptolemais 410 Ptomaine 234 Puccinia-Arten 367 -graminis 137 Pueblo 466

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Pueraria Thunbergia 803 Puerto angosto 325 Pulex cheopis 438 Pulmonaria 134 Pulvermhlen, preuische 590 Pundschab 501, 503 Punien 407, 431 Punier 407, 410, 446 Punische Kriege 423 Puritaner 466 Purpurbakterien, rote 148, 189 Purpurfarben 401 -schnecken 407 -stdte 406 Pusaweizen 505 Puszta, pontische 40 -brunnen 283 -klima 313 Pyophila cases 231 -petasianis 231 Pyrenen 62 Pyrosoma 122 Pythagoras 403 Quadersandsteine 46 Quallen 123 Quarantne 435, 438 Quartr 63, 274 Quarzfenster 133 -glas 31, 131 -kies 18 -kristalle 133 Quarzite 28, 45, 164, 387 Quebeck 464 Quecken 292 Queensland 198, 527 Quellen 374, 384, 402, 416, 480, 482, 607 Quellbarkeit 554 -gebiete 449, 552 --degradierte 475, 535 -horizont 45, 54, 79, 80, 81, 282, 392, 478, 557 --wasserundurchlssiger 159, 316 -moore 463, 484, 551, 557 -suren 289 Quellung 225 Quercus illicifolia 399 Quitten 421 Rdertiere 90, 135, 234, 247, 259, 325, 571, 579, 581, 631, 636, 643 Radieschen 303 Radioaktivitt 22, 35, 48, 627 Radiobacter 582, 583 Radschah 500 Ragusa 375 Rainhecken 606 Rajah Man 501 Raleigh 463 Ramses 353 Rankenbildung 83 Ranunkeln 220 Rapistrum 636 Raps 197, 278, 309

Raseneisenerz 194 Rasse, weie 509 Ratten 370, 435, 438, 441, 442, 502 Rattenepidemie 371 -floh 370, 435, 438, 440, 442 -pest 371 Raubbau 82, 159, 326, 328, 412 598, 606, 619 -dngerloser 281 -staaten 396, 426 -tiere 276 -wirtschaft 433 Ruber 443 -banden 417, 427, 432 -lnder, balkanische 426 -unwesen 447 Rucherharz 494 Rauchschden 364 Rauken 365 Raum, verlorener 363 Rauschbeere 328 Ravenna 608 Raygras 608 Redlands 475 Regenauswaschung 346 Regenerativkrper 584 Regenmachen, knstliches 614 Regenstein 416 Regenwald, tropischer 111 Regenwrmer 121, 136, 169, 220, 285, 286, 365 Regression 339 Regulation von Flssen 472 Regurbden 172 Rehe 488 Reibmhlen 391 Reichsautobahnen 363 Reichsstdte 251 Reiderland 357 Reifgare des Bodens 292 Reifeverzgerung durch Schlechtwetter 182 Reihensysteme 522 Reinlichkeitspolizei 402, 441 Reinwasser 256 Reis 315, 316, 380 -anbau 315, 317, 394, 467, 492, 505, 513 -ausfuhr 509 -esser 315, 569 -felder 205, 295, 316, 395 -kultur 317 -mehl 569 -sumpf 316 -terrassen 316, 394, 395 Reisen 443 Rekordernten 598, 647 -ertrge 519 Ren 279 Renaissance 425, 452 Rendzinabden 161, 162, 168, 474 Renntierflechtenheide 160, 332 --moos 181, 220

Reptilien 97 Republican River 475 Republik, aristokratische 423 Retina 120 Rettich 303, 572 Reuterapparate 291, 491 Revolution, franzsische 200 -russische 492 Rhabarberblatt 107, 303 Rhamnus frangula 325 Rhein 311, 351, 356, 388, 495, 559 -geflle 352 Rheinisches Schiefergebirge 43 Rhenus 417 Rhizobium leguminosarum 567, 568 Rhizocarpon-Arten 116 Rhizoctoniapilze 329 Rhizophora-Arten 91 Rhizopoden-Arten 85, 131, 135, 140, 169, 312, 323, 372, 548 -huschen 621 Rhizopus nigrans 297 Rhode Island 465 Rhodobakterien 189 Rhone 405, 495 Rhus-Arten 609 -vernix 395 Richmond 505 Ricinus communis 318 Riedgras 30, 91, 148 Rieselfelder 571 Riesenamben 233 -bovist 239 eukalypten 280 -hirsch 300 -insekten 143 -kiesela Igen 323 -ochsen 311 -pfahlrohr 426, 551 -pflge 564 -regenwrmer 287 -rettiche 585 -suger des Tertirs 179 -schachtelhalme 143 -strme, westrussische 85 -traktoren 564 -berschwemmungen 471 -wald 604 --brand 494 --devonischer 143 --silurischer 143 -wuchs 304, 448 -zuckerplantagen 477 Rigispitze 99 Rigolen 296 Rikcttsia Prowaczeki 372, 440, 442 Rind 242, 453, 516, 518, 570 -Reisch 317 Binden 128 Rindenbast 525 -pulver 71 Rinderbremse 572 -hirten 426

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-mist 242 -pest 516 -zucht 395, 431 -zge 311 Rio Chaco 475 Rio de Janeiro 188 Rio-Mar 78 Rispengrser 365 Rittersporn 108 Riviera 514, 527 Rizinus 318, 365 -blatt 107 Robigo 424 Robinie 68, 335 Rocky Mountains 470 Rodung 335, 348, 400, 433, 472, 493, 535 Rodungsarbeit 356, 447, 468 Roggen 33, 294, 311, 492 -brot 310, 569 -stroh 575 Rohbden 565 Rohfule 220 -Jute 508 -humus 43, 136, 147, 160, 165, 218, 225, 328, 330, 331, 348 -phosphate 190, 588 -stolle 243, 395, 483, 627 --versorgung 493 --wirtschaft 616 -zuckererzeugung 509 -zucker 295, 340, 457 Rhrenbndel 552 Rhricht 90, 386, 426 Rohrkolben 426 Rokoko 425, 444 Rollsand 352 Rollsteine 548 Rom 248, 384, 399, 411, 415, 420, 425, 433, 436, 445, 563 -Brotversorgung 421, 424 -Fall von 409 -des Ostens 489 -Expansion 423 -Getreidelieferungen nach 428 -Weltreich 430, 435, 536 Rmer 405, 412, 424, 427, 450, 559 Rmische Besatzung 426 -Landschaft 424 Rmisches Kolonialsystem 431 Rntgenstrahlen 128, 129 Rosa gallica 465 Rose von Jericho 298 Rosenl 465 -zucht 465 Rosettenpflanzen 84 Rosmarin 608 Rollpfel 121 -breiten 59 Rost, lebender 193 -bildung, organische 193 Rostock 438 Rotang 30

Rotatorien 133, 234 Rotbuche 220 -erden 166 --mhrische 166 --rheinpflzische 166 -fule 122 -lauf 127, 506, 571 --erreger 232 -lehm 58, 162 -licht 121, 127, 585 -punktauge der Rdertiere 121 -spohn 211 -strahlen 127 Rtelschiefer 42 Roter Schwingel 332 Rotes Meer 58, 616 Rothamstead 346, 579 Rottepilze 574 Rottum 358 Rousseau 425 Rozites gongylophora 247 Rben 210, 293, 302, 303 -Herzfule der 198 -Trockenfule der 198 Rbensorten 175 -wurzeln 551 -zucker 340 Rubus-Arten 609 -idaeus 369 Rckstnde, mineralische 631 Ruderalllora 377, 518 -pflanzen 363, 369 Ruderkrebschen 140 Ruhr (Krkht.), 261, 402, 436, 441, 445 -erreger 234, 571 Ruhrgebiet 256, 362 -steinkohle 270 Rhrmichnichtan 482 Rumex 197 Rundlinge 322 Ruprechtskraut 568 Rurik 485 Ruscus 609 Rusj 488 Ruflocken 265, 370 -schden 364 Ruland 87, 136, 153, 280, 314, 334, 398, 604 Rustschuk 360 Rustringen 357 Rutschterrain 530 -terrassen 602 Ruwenzori 297 Ruysdael 497 Saatgut 395, 419, 455 Sabalpalmen 28 Sabaudia 608 Saccharum officinarum 466 Sachsen (Land) 436, 437 Sachsen (Volk) 451 Se-Egge 491, 563 -maschinen 287

-schlitten 563 Saftdruck 76, 176 Sftezirkulation 128 Safrankulturen 408 Sgegraswiesen 147 Sahara 58, 138, 162, 238, 433, 520, 527, 535, 612 -mittlere 613 -Neubesiedelung der 614 -spanische 605 -landschaft 282, 391, 514, 615 -meer 613 -plan 612 --Urbauern 391 Saharawinde 409, 522 -wste 392, 393 Sakije 283 Salat 28, 174, 210, 303 Saliter 590 Salomoninseln 90 Salpen 122 Salpeter 37, 115, 212, 213, 256, 590, 591, 593 -bakterien 582 -bildner 583 Salpeterbildung 217, 319 -produktion 219, 620 -salze 591 -sure 36, 37, 216, 590, 595 --organische 115, 576, 582, 628 -schmuggel 590 -stickstoff 566 -wste, chilenische 590 Salpetrae 590 Salpetrige Sure 256 Salt Lake City 475 Saltbush 527, 531 Salyzilsure 218 Salz 37, 154, 211, 223, 236, 239, 287, 327, 401, 589 -des Steines 590 -salpetersaures 250 -schwefelsaures 35 Salzbaumwlder 387 -belag 75 -bden 37, 295 -brunnen 374 -busch 531, 609 -frage 41 -humussaures 575 -gehalt 38, 39, 210 -knstliches 296 -krautkste 83 -kristalle 224 -lecken 209 -pflanzen 39 -quellen 589 -sand 494 -sure 225, 231, 243 -schlick 584 -schotts 409 -seen 64 -stauung 36

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-steppen 516, 520 -sumpf 83, 387 -verkrustung 283 -wasserschicht 150 Salzburg 264 Salze, mineralische 215 Samarkand 389 Samen 94, 110 -Keimkraft der 137 -reife 182 -zchterei 584, 593 Smereien 31, 277 Samojeden 108 Samtbltter 111 Sanborn Field 204 Sand 18, 40, 83, 154, 164, 165, 287, 534 -Entstehung von 43, 229 -vulkanischer 49 -zusammengeschwemmter 160 -aufforstung 494 -bden 45, 84 --der ungarischen Steppe 135 -dnenbildung 332 -ebene, westaustralische 166 -Hora 547 -flur 82, 84, 85 --nordafrikanische 82 -Huren, frnkische 83 --norddeutsche 332 Sandgrser 84 -puszta 40 -rohrseggen 337 -steine 41, 44, 648 --nubische 46 --Vorarlberger 273 --gebirge 46 -steppe 337 -vermurung 475, 501, 529 -weine 83, 312 -wste 384, 386, 389 -Grolle 80 Sandelholz 504 San Domingo 466, 478 San Joaquin Valley 474 San Luis 477 San Pier d'Arena 362 Santa Clara River 474 Santa F 466 Santiago 477 Sahne 433 Saponaria 319 Saporoger Kosaken 490 Saprolegniaceen 254 Sapropelstreifung 145 Saprophyten 104, 242, 245, 265, 306, 366, 371, 571, 581, 631, 633, 642 Sarcinen 231 Sarcophaga 230 Sarcoptyden 231 Sardonyx 18 Sarmaten 485

Sarsaparilla 608 Sarus 403 Saturnus 428 Sauen, wilde 455, 488 Saubohne 403 Sauerampfer 197 Sauerstoff 77, 81, 94, 103, 104, 127, 177, 256, 306, 570 -Armut an 81 -atom 126, 267 Sugetiere, tertire 163 Saugkraft 209, 289 Sure 90, 211, 365 -ausgleich 148 -abbauer 236, 576 -gehalte 557, 595 -zahlen 148 Saurierra 275 Saussure 105 Savanne 163, 325, 479, 615 -tropische 167, 338 Savannenwald 162 Saxaulwlder 387 Scaevola, Gajus Mucius 431 Scatophaga stercoriaria 572 Sclerotinien 236, 240 Scrub 66, 281, 608 --Akazie 527 Scytenema gracilis 298 Sedimentschlamm 454, 477, 513, 529, 531, 543 -sockel 542 Sedimentation 34, 385, 391, 393, 403, 415, 454, 500, 512, 542, 546. 547, 548, 558 -verluste 556 See 351, 609 -unterirdischer 613 -alpen 62, 458, 550 -khe 178 -raben 180 -rosen 92 -strche 180 -Lang 402 --keime 300 -purpur 120 Seide 98, 389, 457, 504 Seidenraupe 395 -wollbaum 69 -zucht 403 Seife 149 Seifenkraut 319 Seine 188 Seitenbewurzelung 197 Sektierer 464 Selaginellen 402 Selbstaussamung 551 -dngung 71, 338 -konservierung 297 -reinigung des Bodens 51, 173, 570 ---Wassers 254 -versorgung 510 Sellerie 572

Seminolen 178 -reservate 92 Semiten 381 Semmering 220 Senat, attischer 404 Senegal 521 Senegambien 522 Senecio-Arten 325, 369 -vulgaris 108, 313 Senf 177 Senkgruben 104, 252, 569 Sequoienwlder 28, 50, 92, 147 Seradella 506 Serax 299 Serere Station 521 Serhad Naisir 387 Serpentin 35 Serpentinieren 475 Serumalbumin 141 Sesam 637 Setzlinge, langsames Verhungern der 176 Seuchen 248, 402, 439, 459, 502, 518, 537, 573 Seychellennu 69 Shenandoahflu 468 Shin-nang 563 Shogune 397 Shrophire 451 Sibirisches Meer 610 Sibirien 112, 280 Sibirtzew 173 Sickerwasser 396 Sidon 405, 410 Siebenbrgen 568 Siedler 644 Siedlerwelle, erste 470 Siedlungen 463 Siegelbume 139, 142 Sierra, spanische 163, 550 Sigillarien 139 Sikaner 417 Sikuler 417 Silber 25, 32, 406, 429 -grser 332 -moose 325, 331 -pflanzen 198 Silicosis 99 Silikate 18, 28, 89, 99, 289, 546 Silikoide 28 Silizium 18, 31, 143, 225 -haut 31 Silla 396 Silo 571 Silva-Arten 230 Sinapis arvenis L. 177, 566 Sinclair, Sir John 454 Sinkstoffe 79, 89, 91, 249, 389 -feinstzerteilte 255, 392 Sinter 31 Sisal 319 Sinyu 396 Situla 563

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Siwalikhgel 501 Sizilien 57, 401, 404, 414, 417, 458 Skandinavische Halbinsel 49, 220, 355, 563, 611 Skarabus 321, 393, 601 Skatol 101, 231 Sklaven 380, 415, 427 -arbeit 307 -handel 401, 406, 457, 488, 523, 524 -kriege 417 -landwirtschaftliche 382, 432 -schiffe 468 -schwarze 406, 467, 468 Sklaverei 489 -Aufhebung der 478 Skorbut 506 Skythenhuptlinge 484 -zug 485 Slaven 487 Slowakei, westliche 604 Slums 460 Smilax 608 Sruts, General 517 Smyr nafeige 421 Soda 36, 39, 168 -bden 214 Soil conservation Service 471, 474, 476, 531, 598, 602, 610, 623 Soja 379, 513, 568, 603, 637 Solfatara 185, 195 Solon 335 Solonetz 40 Solotibden 40 Solontschak 40 Sombreroguano 181 Sommerdrren 164 -Abkrzung der 605 -getreide 491, 559 -minimum 558 -monate, Anfall 264 -schlaf 69, 293 Sonnenbarke 429 -blume 318, 558 -blumenkultur 136, 492 Sonnenblumenwurzeln 566 -energie 121, 125 -gott Daschdboh 485 -Periode, polare 61 -spektrum, rote Strahlen des 126 -stich 135 -tau 148 -wrme 97 So, R. v. 335 Sorghum 520 Sorption 226, 596, 635 Sorptionsfhigkeit 227, 547, 580, 622 Southcarolina 475 Spaltalgen 61 -ffnungen 105, 127 -pilze 102, 322 Spaltprodukte 105 Spaltenfrost 59 -humus 117, 164, 165, 195, 299, 420,

557 -lehm 53 Spanien 62, 334, 405, 406, 448, 450, 460, 503, 588, 589, 605 Spanier 389, 449, 463, 465, 466, 480, 590 Spannungsdifferenzen 375 Spark 566 Sparta 401, 403, 433 Spaten 90 Sptherbst 134 Speichel 243, 245 Speicherhumus 117 Speisebrei, Fermentation des 578 -zettel, mittelalterlicher 452 Spektrum 177 -blauviolette Strahlen des 121 Sperenberg 153 Spergula maxima 566 Sperlinge, Verschleppung der 344 Sperrgut 263 Spezereien 503 Spezialdnger 584 -sorten, argentinische, Weizen 314 --, chilenische, Weizen 314 -zchtung, australische 314 Sphaerella nivalis 299 Sphaerialis 235, 236 Sphaerobulus-Arten 99 Sphagnumpolster 81, 147, 632 Spicktorf 148 Spinat 28, 33, 174, 210, 211, 303, 305, 306, 593 Spinnen 130 -tiere 579 Spinnerei-Industrie 453 Spinnifex-Arten 66, 527 Spiralgefe, pflanzliche 98 Spirillen 187, 231 Spirochaeten 231 -icterohaemorrhagica 371 Spirogyra-Arten 99, 128, 633 Spirophyllum ferrugineum 192 Splendid isolation 507 Spongospora solani Rumpf 320 Sporen 99, 366, 635 -bildung 134 -gewebe 622 -reife 122 -staub 99, 110 Sporophyten 624 Sprengstoffe 591 Springschwnze 130, 221, 581 Sproflpilze 570 Splung 373 Spulwurmseuche 572 Spurenelemente 191, 198, 332, 630 Ssitsch 489 Subarktisches Gebiet 298 Subsidien 519 Subtropen 61, 303 Sdafrika 62, 154, 346, 507, 518, 644 -afrikanische Union 517

-alpen 165 -amerikanische Lnder 62, 111, 346, 469, 645 -asien 146, 503 -chile 344 -china 447, 513 --Dakota 609 -deutschland 309 --england 161, 356 -europa 171, 316, 420, 542, 550 -frankreich 62, 309, 399, 458, 461 -indien 500, 501, 504 -italien 399 -kalifornien 607 -karolina 467, 468 -landswald 65, 376, 399, 402 -ostasien 542 -osten 314 -ost-Indiana 475 --passat 526 -Peru 179, 480 -pol 624 -rhodesien 515, 630 -ruland 546, 604 -schweden 220, 355 -see 91, 181, 280, 319, 334, 562, 569 ---Inseln 344, 479, 525 --kanaken 247, 568 -sibirien 493 -Spanien 399 -staaten 92, 166, 167, 467, 471, 494 --, amerikanische 166 ---Pflanzer 167 -westgeorgia 474 -wind 444 Sdliches Eismeer 527 Sudan 80, 168, 393 -grser 608 Sudetenland 176 Suffolk 588 Suhl 343 Sukkulenten 344 Sulfate 37, 185 Sulfide 185 Sumach-Arten 609 Sumerisches Reich 380 Sumpf 254, 425 -bewohner 276, 369 -bden 91, 525 -lieber 315 -gebiete 415, 433, 505 -grtel von Sybaris 418 -landkultur 452 -schnecken 453 -torf 148 -wlder, Formationen von 139 -wasser 132 -zedern 92, 147, 552 -zypressen 92 -zypressenwald 28, 147 Sund 571 Superphosphat 213 --in Nestern 177, 594

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--, knstliches 177, 588, 593, 594, 620 Surface guano 180 Surinam, Pflanzer von 478 Susa 384 Sgrser 108, 337 -stoflproduktion 175 -wasseransammlungen 613 --meere 527 --schlick 55 --unterirdischer 84, 527 --plankton 150 --zone 315 Suzdalje 489 Svan River 529 Svetloje 300 Sybaris 417, 420 -llu 417 Sydney 156, 526 Sykomorenwlder 321 Sylt 358 Sylvin 38 Symbionten 100, 123, 231, 366, 573 Symbiosen 123, 129 -mit mikroskopischen Pilzen 110 Symphytum 102 Synchitrium endobioticum 367 Syphilis 436, 439, 506 Syrakus 415 Syrien 383 Syrthe, Groe 163, 282, 409, 612 System, komplexes, Erde als 174 Syzigytes 236 Szikes 40, 312 Szt'schwan 156 Schaben 579, 631 Schachtelhalme 30, 139 -wlder 30 Schden, landschaftliche 298, 460 Schdlingskeime 97 Schaf 34. 384, 414 -herden 391, 424, 461, 531 -hirt 424 -weidewirtschaft 404, 459, 460, 516, 528 Schafwolle 517 -zucht 408, 422, 453, 460, 476, 494, 526, 530, 535 Schafsschwingel 332 Schfer, Vincent 614 Schakalaleute 515 Schlung 491 Schattengare 292 Scheintod 135 Schelde 356 mndung 358 Schelfaufschttung 354, 539 -sockel 153, 248, 358 Scheinfe 131 Schiefer 18, 40, 41, 42 -aufschlieung 43, 215 -erden 43 -kohle 143

-letten 42 -tone 42 Schiepulverbereitung 590 Schiffsbau 407 -lieber 442 Schilcher 211 Schildfarn, mnnlicher 195 -krten 147 Schilf 426 --Sandstein 46 -wlder 153 Schimmelpilze 104, 123, 129, 143, 189, 217, 219, 235, 240, 297, 306, 372, 570, 574, 578, 582, 585, 635 -goldgelber 581 Schindanger 587 Schirmbume 522, 555 Schirokko 444, 615 -regen 164 Schistostega osmundacea 120 Schlachtabflle 441 -huser, Abflle von 580, 638 -tiere 411 Schlafkrankheit 524 Schlgel und Eisen, Zeche 145 Schlamm 55, 140, 172, 251, 297, 366, 426, 441, 534 -abtragung 499, 610 -aufschttung 41, 411, 521 -bnder, flieende 108 -bnke, natrliche 79, 140 -bden 90, 508 -grten 480 -inseln 150 -springer 92 -strme 300, 530 -vulkane 93, 151 Schlechtluftinseln 113 Schlehen 209, 324 Schleiden 105 Schleierfall 480 Schleim, leuchtender 136 -mntel 117, 297 -pilze 320, 367 Schlesien 590 Schleswig-Holstein 290 Schliersee 146 Schliezellen 106 Schlundflsse 164 Schmarotzer 115 -pflanzen 325, 329 Schmelz" in Wien 262 Schmelzwasser 602 Schmetterlingsbltler 582 -raupen 222 Schmielen 331 Schmuckalge 193 Schmutzwasser 402 Schneckengattungen 28, 270, 316, 631 Schnee 70, 74, 77, 134, 615 -algen 61 -ball, immergrner 609

--hecken 324 -gewchse 299 --Enzian 128 -sturm 614 Schneisen 222, 349 -pflanzungen 523, 555 Schnellkfer, Larven der 365 Schnupfen 98 Schollenaufbau 291 -brche 548 -feinbau 564 -gleichgewicht 542, 544, 612 -schwergewicht 357 -theorie, Wegenersche 538 -verschiebung 44, 60 Schonfrist 509 Schllkraut 568 Schoollield 475 Schpfbrunnen 282 Schotengewchse 210 Schotter, jngster 55 -decken 153 -massen 154 Schottland 346, 451, 453, 499 Schrebergarten 302 -grtner 618 Schrecken, kollektiver 441 Schuppenbume 139 -wurz 76 Schuttablagerplatz 518 -stauer 66, 84, 165 -strme 387, 426, 479, 499 Schutzvlker, chinesische 388 Schwabenzug 483 Schwalben 247 Schwammnadel 376 --Parenchym 107 Schwarmwasser 224 Schwarzbeinigkeit der Kartoffel 367 -erde, andalusische 605 -erden 166, 172 -fule des Weines 240 -inselland, melanesisches 333 -kiefer 220, 482 -punktaugen der Plattwrmer 121 -sand 311 -wald 414 Schwarze Blattern 464 Schwarze Erde, Sonderschicksal der 170, 482, 484, 485, 490, 493 Schwarzer Erdteil 458 -Tod 436, 437, 440, 443, 444, 451, 464, 502, 518 Schwarzes Meer 62, 66, 187, 283, 360, 401, 414, 483, 488 Schwebefhigkeit 96 -stoffe 79 Schweden 194, 220, 334, 464, 563, 576 Schwefel 81, 104, 139, 183, 185, 213, 239, 375 -amorpher 631 -atom 186

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-bakterien 81, 91, 187, 189, 233, 306, 374, 571 631 --, farblose 189 -eisen 187, 255 -geruch 265 -kreislauf 148, 185, 188 -lager 187 -Organismen 91, 631 -quellen 187 -sure 24, 36, 51, 185, 187, 190, 226, 546, 631 -suretzung 588 -sullitbakterien 373 -verbindungen 148 -wasserstoff 91, 185, 255 ---gas 101, 148, 231, 373, 631 Schweflige Sure 365 Schwein 242, 250, 440 Schweinefleisch 423 -mast 208 -mist 244 Schweiz 445, 618 Schwemmland 380, 542 -sande 143, 382 Schwimmende Grten 90, 480 -Inseln 480 Schwindgruben 252 -sucht 373 Schwingfden 233 -pflug 563 Stalldnger in Dngerform 575, 620 -dngung 304 -rohe 571, 598 -Wirkung der 576, 581 -haltung des Viehs 560 -mist 347, 565, 567, 575 Stammeskriege 518 Stammholz 630 Standgewchse 365 Stangenforste 222, 341, 348 -holz 222 Stapelung 578 Staphylokokken 99, 265, 369 Strke 34, 91, 100, 130, 317, 575, 586 -Riesenmolekle der 126 -arten 236 -bildung 105, 118, 126 -korn 98, 376 -moleklverkettungen 126 -produktion 214 Starnberger See 278 Starrkrampf, Erreger des 234, 244 Stallfurt 153, 589 Stafurter Saline 589 Statesville 473 Statice 39 Staub 77, 98, 99, 109, 262, 263 -, vulkanischer 49 --Barchane 475 -fden 636 -strme 86, 169, 238, 344, 383, 385, 471, 474, 475, 532, 564, 602

Staubecken 381, 519 Staudamm 380 St. Augustine 449, 467 Stauseen 362, 417, 475, 610 Stavoren 356 Stechapfel 101 -mcken 573 -winde, dornige 608 Stecklinge 585 Steel, Simon van der 517 Steilhnge 475 Stein (Stadt) 351 Steinbomben 48 -eichen 118 -flechten 116 -geschiebe 351, 475 -hgel 536 -kohle, Vorrat 152, 339, 585 --entstehung, Problem der 144, 151 --flze, alte 145 --formation 140 --Periode 143 --wald 139, 154 -kohlenzeit 299, 538 -kriecher 221 -linden 118, 608 -salz 38, 589 -salz 35, 153, 154 -staub 140, 218, 353 Steiner, Rudolf 637 Stelzenwurzeln 92 Stendelwurz 329 Staaten, altgriechische 403 -bildung, indische 504 Staatsbudget 496 -forst 507 -idee, rmische 434 Stachelegge 565 -grser 479 -schweingrasbusch 66 Stadium, probiontisches 142 Stadt, weie 364 Stadtabflle 249, 261, 629 -bche 250 -belagerte 441, 442 -brnde 340 -flucht 402 -grben 250, 441 -staaten 381, 399 --, antike 445 -wesen, antikes 250 --, mittelalterliches 249 Stdte 97, 250, 252, 361, 375, 437, 459 Stdte, nordsibirische 624 -, Sanierung der 377 -bau 356 Stalagmiten 179 Stalingrad 362 Stalldnger 203, 238, 296, 560, 569 Stephanops 571 Steppe 107, 136, 287, 386, 535, 549, 550, 551, 628, 642

-afrikanische 555 -ungarische 606 Steppenbebauung 491 -bden 136, 312, 490 -brand 551 -edaphon, unstabiles 643 -gebiete Sdosteuropas 64, 285 -hexen 298, 387, 636 -klima 81 -Organismen 642 --pflanzen 137 -republik 489 -Sommer 66 -spinnen 66 -tulpen 387 -vgel 66 -vlker 368, 485 -wlder 325 Sterblichkeit 500 Sterculiaceen 526, 552 Sterkobilin 243 Sterndolde 66 Steuben-County 476 Steuerpfndungen 432, 455 -raub 432 -vorschreibungen 430 Stichinfektionen 439 Stichococcus 233 Stickstoff 104, 148, 177, 194, 590 -anreicherung 328, 492 --des Bodens 115 -assimilation 584, 621 -atom 267 -bedarf 207, 257 -bergwerk 180 -bestand 347 -bildung 114 -bindungen 115, 295, 567, 596 -defizit 162, 212, 290 -dngung 637 -gaben 556 -gehalt 177, 369 -gewinn 568 -industrie, deutsche 592 -kapital 596 -kraftnahrung 221 -kreislauf, Loch im 114, 348 -, knstlicher 206, 591 -mangel 212 -organischer 316 -produktion 136 -produzenten 291, 304, 326 -sammler 631, 641 -berftterung 214 -verbindungen 255, 271, 576 -verschwender 313, 315 -werke, mitteldeutsche 595 -zahlen 205 -zerlegcr 235 -zuwachs 207 Stigmen 95 Stigonema-Alge 557 Stiller Ozean 52, 462, 532

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Stinkgase 104, 231, 235 Stinkkohle 147, 156 Stinkmorchel 239 Stipapennata 66, 337 Stirnmorne 56 St. Johns River 93 St. Lrincz 264 St. Marie 464 St. Marys River 92, 93, 151 Stocksprossen 91 Stoffe, nitrogenfreie 637 Stoffmolekle 225 -wechsel 211 --produkte 636 -zusammensetzung, mineralische 159 Stoklasa, Professor 35 Stoppeln 176, 313, 490 Strche 484 St. Pierre le Carbet 47 St. Quirin am Tegernsee 41 Stradone 375 Strahlen, gelbe 122 -kosmische 164, 648 -ultraviolette 119, 124, 128, 137, 164 -abbau 125 -filier 125 -berma 128 -umbau 125 -vermittlung 120 Strahlpilze 218, 223, 237, 238, 260, 368 Strahlung 127, 128, 137 -bioelektrische 568 -freie 124 -kosmische 125, 137 -kurzwellige 128, 585 --blaue 121 -unsichtbare 127 Strandnelke 39 -terrassen 475 -vegetation 198 Straburg 311 Straenbau 419 -bume 373 -decke 374 -kot 251 -netz 362 -pflaster 251 -reinigung 250, 373 -schmutz 372 -unsicherheit 432, 443, 444 -verstaubung 373 Stratford 529 Stratiotes 91 Stratosphre 95 Strauenfedern 406, 457 Strelitzien 325 Streptococcus mesenterioides 373 Streptokokken 96, 265, 570 --Ketten 99 Streptothrix-Arten 582 -Foersteri 235

Streu 323 -decke 322, 324, 326 -nutzung 208, 328, 332 Strichwinde, vertikale 110 Stroh 99, 177, 237, 313, 576 -bildung 311, 593 Strme 92 Stromgebiete 534, 537 -kraftminderung 418 -oberlufe, entwaldete 535 -regulierung 495 Strudelwrmer 121, 255 Struktur, kolloidale 78 -einflsse 173 Stubenfliege 99 --Sandstein 46 Stufenmauersttzung 602 -wnde 480 Sturm 290 -fluten 355, 356 taucher 180 Stutenharn 246 Sttzgerst, interzellulares 184 -zellen 376 Stylonichia-Arten 234 Tabak 27, 99, 302, 318, 466, 593 -bden von Mitteldeutschland 81 -kultur 493 -mosaikkrankheit 193, 583 Tabanus bovinus 572 Tabaschir 30 Tacapsal 409 Tafelberge 519 -land 519 Tageslicht 106 Tahiti 80, 139 Taifalen 434 Tal des Todes 317 -flsse 480 -sperren 451 -winde 472 Talkschiefer 43, 547 Talipot 69 Tamarinde 69 Tambo flats 529 Tamerlan, Timur 389 Tampa, Bai von 178 Tanganyika 515, 520 Tange 142 Tankage 580 Tannen 64, 300 -nadeln 64 Tanninsure 217 Tapa 525 Taras Bulba 484 Tarent 607 Tarentinischer Meerbusen 415, 417 Tarim Basin 388 Taro 75, 90, 91, 319, 525, 561, 569 -kultur 280 Tarragona 415 Tarsus 403 Tartessos 407

Tasmanier 511 Tataren 388, 489 Tau 298, 387, 557 Taubenmist 247 Taubnessel 630 Taurus 384, 403, 407 Tausendfler 221, 222, 287, 579, 581, 631 Tauwrmer 169 Tavoliera, apulische 408 Taxodien 552 Tbc 97, 99, 468 --Erreger der 537, 571 --Lcke 96 Teakbaumholz 29, 69, 504 Tebessa 588 Technik 202 Tecoma-Arten 504 Tectona grandis L. 29, 504 Tee 191 -asche 191 -kultur 395, 493, 508 -plantagen 509 Teer 144 Tegneyby 563 Teilerfolge, bodenwirtschaftliche 600 Tein 218 Tektonische Beben 538, 548 Telephora-Arten 99 Tempelbaumarten 69 -haine 402 Temperatur 215 -arktische 95 -differenzen, irdische 59 -extreme 297, 636 -maximum 237 -minimum 583 -senkung 19, 285 -spannen 52, 110 -sphren 95 -Steigerung, klimatische 60, 296 Tenebrio obscurus 231 Tennesee-River 470, 471, 472 -tal 471 -Valley Authority 472 Tenno 398 Terfezia boudieri 239 -leonis 239 Terra Reidensium 357 -rossa 162, 163, 376, 421, 470 Terracina 561 Terrassen 282, 384, 472, 480, 481, 501, 602 -rnder 479 -wirtschaf t 451, 479, 512 Territorien, unterseeische 542 Tertir 45, 60, 62, 66, 178, 276 -Auffaltungsepoche des 541 -Urwaldepoche des 146, 155 Tetanusbazillus 234, 571 Tethys 144, 153 Teuerung 454 Teufelsbeschwrungen 455

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Texas 474, 610 Textilfabriken 254, 580 -fasern 98, 370 Thaer, Albrecht v. 203, 560 Thaliacea 122 Thea sinensis 191 Thei 85, 312 Themse 188, 263, 505 The man made desert 470 Theobroma cacao 521 Theophano 487 Thermalalgen 59, 238 -bder 192 Thermobakterien 629 Thessalien 161, 404 Thetys 35, 44, 144, 153, 178 Thiophysa Hinze 187 Thiospirillium 189 Thiosulfatbakterien 148, 189 Thiotrix-Arten 92 Thiovolum Hinze 187 Thomasschlacke 213, 593 Thoulean-County 475 Thraker 485 Thuja occidentalis 101 Thuner See 618 Thurii 419 Thringen 343, 438 Tiara 357 Tiberflu 248, 413, 417, 444 Tibetaner 388 Tiefbeete 609 -ebene, spanische 605 land 451 -norddeutsches 54, 83, 153, 332, 356, 357 --ungarisches 66, 312, 313, 332 -pflgen 296, 450, 454, 491, 565 -see 538, 542 --tone 41, 166 Tier 94 -abflle 258, 402 -exkremtente 560 -gesellschaften 350 -kadaver, leuchtende 124 -leichen 149 -mist 302, 576 -pferch 569 -zchtungen 516 Tierheit, ausgestorbene 274, 275 Tigerplage 513 Tiglatpilesar III. 407 Tigris 380, 381, 393 Till 88, 352 Times 510 Timorsee 527 Tinea bisiniella 231 Tinea pelionella 231 Titan 196 Titicacasee 90 Tocharer 283 Tod, Komplex des -s 23, 229 Togo 319, 521

Tokugawas 397 Tolteken 482 Toluol 102 Tomaten 136, 191, 197, 302, 303, 305, 637 Tomatenbume 585 -kartoffel 624 Ton 18, 163, 172, 421. 546 -detritusreicher 548 -kolloidaler 165 -lhaltiger 18 -erde 24, 36, 37, 98, 546 --silikate 29, 88, 167, 195 -gehalt, natrlich hoher 170 -lager 45, 154 -partikelchen 29 Tonschicht 79 -schiefer 42 -schlamm 380 -zuschu 167 Topfkultur 218 Tpferwaren 401 Topinambur 319 Torf 81, 151 -bildung 147 -moos 147 -mull, Mischung mit 633 --stich 82 Tornado 472 Torrenten 387 Torrentenbildung 116, 164, 461, 535 Torresstrae 527 Tortilla 569 Torulaceen 240, 575 Torum 357 Totenbaum 102 -grber 230 Tracheen 95 Tracheiden 376 Trachelomonas 193 Trachyte 47 Tradescantia 119 Traktoren 288, 491, 646 Trnke fr Vieh 516 Trans Australian Railway 530 Transgression 166, 339, 355 Transpiration der Bltter 596 Transportkosten 618 Transvaal 518 Traubenfule 240 Trenthepolia jolithus 116 Trespenarten 309, 313 Trianon 425 Tribut 420 Trichoda pura Ehrb. 259 Trichoderma 236 Trichodestes-Arten 265 Trichomonaden-Arten 573 Trichomonas homini 573 Triebsand 18 Trier 437 Triest 496 Trinema-Arten 132, 133

Trinkwasser 197, 252, 415, 419, 441, 444, 502, 573 Triodia-Arten 66 Trioxydsure 246 Tripolis 458 Tripsin 583 Tristan de Cunha 320 Triticum-Arten 311 -savitum monococcum 278 Tritonsee 409 Trockeneis 614 -felder 394 -flora 387 --pontische 66 -grser 530 -klima 313 -landschaften 527 -legung 312, 313 -perioden 529 -schlaf 78, 203 -starre 297 Trockensteppe 80, 551, 641 --afrikanische 551 --asiatische 551 -substanz 93, 273, 313 -wlder 523, 527, 532 -weizen 314 -werden der Lnder 528, 535, 539 -winde 523, 526, 529 -zeit 516, 531 -fule der Rben 240 -formen 135 -schden 162 Troposphre 95 Troja 513 Trompetenbakterien 373 Tropen 172, 296, 325, 365 -bume 30, 111, 338, 552 -erden, echte 166, 325 -Flsse 296 Trffel 239 Trmmerfelder, eiszeitliche 54 Tschechoslowakei 495 Tscherkessen 489 Tschernosjem 130, 158, 170, 482, 483, 491, 493 -bden 484, 491 --kalkarme 170 Tschili, Golf von 353 Tsetsefliege 524 Tuat 613 Tuberkulose, Erreger der 96, 234, 370 Tuchler Heide 341 Tuffe 21, 48 Tulpa uniflora 387, 484 Tmpel 371 Tumuli 484 Tundra, nordische 55, 108, 160, 181, 220, 298, 325, 549, 551 Tunesien 178 Tunicin 184 Tunis 83, 399, 409, 458, 588 Turfan, Kultur von 282

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Turgor 106, 176 Turkana-Wste 516 Trkei 334 Trken 386, 388, 535 Turkestan 385 Turkmenen 386 Turmalin 28, 59, 547 Tuscaras-County 475 Tussilago farfara 195 Typhus 261, 436, 441, 445, 537 --Epidemie 441, 573 --Erreger 234, 370, 571 -huser 370 Tyrins 401 Tyroglophus siro 231 Tyrus 405, 410 Tysanuren 221, 287 beranreicherung 368 berausntzung 424, 536 berbevlkerung 625 berflutung 513 berfremdung 413, 486 berftterung mit mineralischen Salzen 210, 595 bergewicht, anorganisches 162 berorganisation 308, 506 berpflanzen, tropische 103, 110, 526 berschttungsmaterial 352 berschwemmungsgebiet, gyptisches 295 -perioden 296, 352, 417, 494, 495, 518 -zollen 85, 312, 361, 418, 521, 547 bervlkerung 500 Udi-Enugen 522 Udi-Plateau 522 Uganda 515, 521 Uiguren 283 Ukraine 130, 170, 482, 483, 488, 490, 492, 604 Ukrainer 279, 491 Ulm 438 Ulmen 484 Ulminsuren 104 -stoffe 90, 289 Ulothrix-Arten 85 Ultima Thule 405 Ultraviolett, Wirkung von 128 Umbau durch Licht und Strahlung 138 Umbro 417 Umordnung, landwirtschaftliche 627 Umwandlung der Stoffe 215 Umweltanpassung 94 Umzchtungen 637 Ungarn 66, 240, 311, 312, 335, :586, 442, 535, 604 Ungarische Krankheit 442 Ungeziefer 439 Universum 118 Unkruter 292, 484, 560 Unrat 252, 367, 440 -verwerter 322, 372

Unreinlichkeit 439 Untergypten 392, 426 Untergrund 158 Unterholz 325 Unteritalien 419 Untersplungen 475 Ur (Stadt) 380, 381 -Kultur von 381, 383 --Kasdim 383 Ural 43, 143 Uralpen 156 Uranerz 20, 195 -pechblende 20 -speicherung 195 Urbarmachungskrankheit 331 Urbevlkerung 394 Urbewohner 400 Urbs 420, 434 Urelefanten 163 Urernhrer, Humus als 267 Urgebirge 40, 88, 347, 648 Urgesteinsgebirge 53, 88 --platte, finnisch-karelische 26 Urgranit 84 Urgrser 142, 271 Urhumus 598 Urin 371 Urinsekten 221 Urkugeln 85, 171, 233 Urmeere 20, 84, 144 Urmensch 277, 278, 562 Urnahrung 105 Urnil 321 Urpflanzen 117 Ursaurier 143 Urseen 557 Ursteppen 66, 87, 107, 279, 285, 325, 337 Urtica dioica 369 Urticae 369, 558 Urtonschiefer 42 Ursus spelaeus Rosenm. 179 Urvtermethoden der Landwirtschaft 301 Urvterwissen 646 Urwald 80, 139, 209, 279, 281, 321, 356, 433, 456, 481, 526, 554 -indischer 129 -mitelamerikanischer 280, 477 -sdjavanischer 129 -tropischer 111, 323, 449, 476, 532 -bume 103 -bildung 273, 275 -epoche 541 -gebiet, Schongrtel des 509, 522 -luft 111 -pflanzungen 178 -strme 150, 382 -ppigkeit 484, 542 Urwlder, Vernichtung frhester 154 -Zerstrung 515 Urwiese 108 Urzeit 276

Urzeitgebirge 26, 538 USA, Gesamtoberflche der 40, 108, 206, 288, 290, 291, 302, 314, 472, 539, 580, 598, 604, 608 -Ostkste von 465 -Weizengebiete von 86, 281, 346, 469, 471, 473, 475 Ustilaginacaea-Arten 367 Utah 475 Utica 407, 409 Utrecht 465 Uthlande, Chronik der friesischen 359 Uzun tati 389 Vaccinium 160 -vitis Idaea 160 Vakuolen 128, 132 Valencia 605 -Wassergericht von 605 Vandalen 405, 434, 457, 485 Vanille 111 -grten 525 --auf Tahiti 111 Vanillin 218, 295 Varec 402 Variskikum 144, 153 -Erhebung des 143 Variskikum, Erosionsschutt des 153, 538 -Stmpfe des 154 Varro 421, 452, 587 Vatikanhgel 413 Vega von Neapel 48 Vegetationsperiode 622 --zweijhrige 175 -typen 273 Veilchenalge 116 Veld 518 Velebit 163, 550, 562 Veliko-anadolisches Gebiet 136 Venedig 250, 389, 446, 447, 456 Venetianer 163, 405, 465, 504 Venezuela 181 Venus 20 -cloacina 248 Verankerung im Boden 293 Verarmung der grollen Massen 640 Verbackung der Bden 209, 296 Verbeien 517 Verbenen 344 Verbrennung 101, 105, 228 Verdauungsproze 94, 229, 231, 366 -strungen, typhusartige 506 Verdichtung 228, 369, 594 Verdunstung 77, 85, 283, 392 Vereisung 60, 274, 299, 611 Vererbung, gelenkte 624 Verflssigung 228 Vergangenheit 378, 537 Vergnglichkeit 156 Vergrung 105, 306 Vergiftungsgrenzen 368 Vergimeinnicht 108 Verglasungen 50

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Vergletscherung 62 Verjngung des Bodens 634 -der Kulturpflanzen 637 Verkarstung 163, 391, 424, 458, 478, 493, 535, 550 Verkehr 382 Verkehrsmittel 399, 444 Verkieselung 76, 99 Verkohlung 142 Verlagerung, kontinentale 611 Verlaine 33 Verlandungszone 352, 539, 541, 547 --der Tropen, natrliche 91 Verlausung 441, 442 Verlust fruchtbarer Erde 472 -mineralischer 169 Vermehrung der Organismen 322 Vermoderung 220 Vermurung 415, 501, 530 Vet dung des Bodens 176, 293, 595, 641 Verregnung von Abwssern 253 Verrieselung 253 Verrottung 249, 265, 306, 481, 575 Verrucaria-Arten 116 Versailles 455 Versalzung 226, 316, 331, 390, 550, 597 -anorganische 175, 289, 593 Versalzung der Luft 164 -der Meere 270 Versandung 353, 415, 523 Versuerung 81, 219, 281, 287, 306, 330, 331, 332, 369, 622, 638 Verschlammung 475, 529 Verschlmmung 175, 209, 331 -Jchacien durch 179, 594 Verschleimung 143 Verschmutzung 368, 439, 451 Verschmutzungskrankheiten 250 Verschuldung 492 Verschttung der Ebenen 420, 534, 553 Versickerung der Abwsser 253 Versorgungsberechnung 646 -schwierigkeiten 251, 452, 646 -strungen 507 Verstaubung 364 Versteppung 82, 293, 349, 350, 377, 393, 473, 523 Versuchsfeld 9, 204 -kiefern 332 Versumpfung 434, 451, 453, 537, 561, 608 Vertorfung 148 Vertrocknung 296 Verwesung 100, 229, 570, 587 -organischer Stoffe 367 Verwesungsgestank 441 -pilze 365 -produkte 502 -prozesse 101

Verwilderung der Zivilisation 426, 458 Verwitterung 36, 88 -Art der 89 -erste 45, 189 Verwitterungsflora 117 -kraft 164 -organismen 51 -produkte 158 Verwstung von Humus 272, 308, 411, 443, 470, 471, 482, 492, 524 Vesuv 49 Veteranen, rmische 432 Viadukte 248 Vibrionen 230, 231 Viburnum 324, 609 Vicia 566 -faber 403 Vieh 516 -futter 637 -herden 385 -trnken 609 -triebswege 384 -weiden 285, 452, 459, 474, 476, 530 -wirtschaft 532 -zucht 420, 495, 515, 516 Vielfrae 180 -zeller 300 Viktoria 156, 526, 529 -Nyanza 524 -wste, Groe 80 Vilensky 173 Villar 173 Vincennes 465 Vineta-Sage 357 Viola 134 -calaminaria 196 Violettstrahlung 128 Virgil 417 Virginia 154, 464, 465, 466, 468, 475 Virusarten 16, 232, 442, 571, 583 Vitamine 120, 121, 205, 585, 598, 627 Vitamin B 12, 196 -lief eranten 579 Vitaminisierung 585 Vitis labrus 414 Vitrea crystallina 221 Vogelbrutfelsen 181 -dnger 179, 181 Vogelknterich 195 -paradiese 477, 603 -welt 350 Vlker, chaldische 383 -hellenische 400 -minoische 400 -hinterindische 27; -vorchaldische 383 -wanderungen 248, 356, 359, 388, 432, 437 -wanderungshnliche Zustnde 433 -wellen 355, 388 -zunahme 545

Volksernhrung 404 -vermehrung 396 Volldnger 177, 592, 595 Volsker 413, 561 Vorbedingung, irdische 155 -kosmische 155 Vorderasien 80, 380, 390, 400, 403, 405, 414, 424, 436, 443, 456, 469, 534 Vorfruchtdnger 593 Vorgnge, elektrolytische, Zunahme der 586 -osmotische 38 Vorkeim 330 Vorratsspeicher 395, 428 Vorstadt 365 -rand 363, 377 Vorticellen 232 Vorzeit, keltische 277 Vranje 187 Vulkan 138 -ausbruch, Ursache von 48 -katastrophen 519 -ketten 138 -krater 185 -ttigkeit 50, 143, 619 Vulkanismus 361, 538 Wacholder 209, 219, 331, 399, 609 Wachse 211, 289, 401, 425, 488 Wachsstoffe 223 Wachstumsanregung 585, 628 hemmungen 369 -hormone 305 -perioden 303, 314, 349 -schdigungen 109 Wad el Schaf Lugad 168 Wadibildung 475 Wahlfhigkeit der Pflanzen 210 Waisenmdchenhaar 66, 337 Wald 72, 96, 154, 167, 385, 485, 552, 553, 554 -Abfallrohstoffe des 257, 628 -austilgung 524 -baumsmlinge 326 -besitz 495 -bestand 504, 553 -bden 134, 174, 281, 325, 343, 347 -immergrner 403 -tertirer 604 -blumen 328 -brnde 335, 463 -brenner 462 -edaphon 642 -erden 631 -ersatz 555 -flora, altertmliche 139 -gebiete 488, 513, 603 --knstliche 494 -gebiete, mitteldeutsche 208, 334 --ostfranzsische 334 --ostpreuische 334 --polnische 334 --westpreuische 334

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--westrussische 334 -grenzen, Absinken 460 -immergrner 402 -inseln 109, 488 -klima 337 -meister 324 -menschen 97 -moorablagerungen 145 -nutzung 223, 331, 341 perioden 270 -pilze 329 -rand 349 -reichtum 340 -rodung 356, 394 --gerechtfertigte 360 -rodungsgevierte 315 -Savannen 167 -schdlinge 341 -schneisen, Anpflanzung von 603 623 -selbstabschirmung 325 -steppe 167, 484 -streu, fossile 145 -smpfe 139 -swamps 463 -tundra 300 -Verwstung 65, 326, 331, 333, 335, 339, 343, 345, 356, 359, 404, 417, 471, 515, 522, 530, 535 --spanische 460 -vgelein 329 -weide 208, 348, 413, 476, 495 -zerstrung 346, 392 Wlder, berflu an 384 -Vermehrung der 433 -Vernichtung der 281, 391, 407, 418, 419, 462, 495, 526 -versunkene 146 -tone 155 Wales 162, 290, 346 Walnu-Arten 137, 462, 603 Walpole 181 Walzen 514 Wanaaring 528 Wanderung der Bden 108 Wanderdnen 474, 614 -ratte 438, 482 -taube 462 -wege 515 Wanzen 370 Warger 485 Warenaustausch 454, 626 -markt 488 Warmbeete 238, 634 Wrmestube, Komposthaufen als 631 Wartheland 290 Waschgelegenheit 441 Waschbr 147 Washington 302 Wasser, pulverisiertes 615 -totes 553 -abnahme 346 -adern 78, 377, 516

-ansammlungen 24, 76 -armut 80, 209, 287, 484 -auswaschung 289, 470 -becken 610 -bedarf 273 -bffel 505, 514 -dampf 139 -druck 76, 289, 351 -einbrche 475 -enthrtung 226 -flle 475 -flhe 255 -fhrung 116 -gehalt 78, 215, 243, 546 --gehaltstabellen 144 -gemse 305 -gewinnung 84, 525, 615 -gottheiten 74 -grben 501 -graf 605 -hahnenfu 91 -haushalt 60, 64, 79, 269, 284, 346, 549, 552, 562 --hhner 462 -kapazitt 287, 350 -kreislauf 84, 112, 351 -kulturen 171, 197, 305 -leitung 74, 503, 552 -losigkeitsextreme 238, 297 -manget 118, 134, 449 -mhlen 282 -pflanzen 90 -rechte 461 -reichtum 80 -reinigung 259 -reservate 82 -reservoire 476, 552 -rinnen 87 -rose 62, 426 -scheide, Alpen als 355 -scheiden 610 -speicherung 298, 322, 554 -Speicherungsvermgen 553 -Straen 377 -splung 248 -stoff 77, 101, 102, 114 Wasserstollen 282 -sucht 506 -tiere 75 -verdrngung 89 -verlust 291, 335 -versorgung, atmosphrische 59 -unterirdische 327, 351, 382, 527 -wald 91, 92, 147 -wirtschaft 169, 315, 377, 382, 605 -zufhrung 503 -zuschu 82 Wasserstoffatome 126 --ion 89, 225 Waterlily 92, 555, 634 Waver 474 Webwaren 407 -industrie 453

Wechselwirtschaft 87 Wegrechte 461 Wegwarte 565 Weichselgestrpp 484 Weichtiere 579 Weide 208, 484 --betrieb in den Alpen 460 -bden 526, 531, 640 -land 384, 490, 515 -tiere 250, 276 -wirtschaft 386, 394, 404, 449, 453, 474, 476, 501, 515, 522 Weidenfaschinen 610 -rschen 369 Weihrauch 389, 401, 457, 494 Weil'scher Icterus 371 Wein 211, 411, 423, 425, 444, 488 -bau 384, 408, 414, 420, 433, 456 -grten 578, 602 -stcke 246, 433, 587 -trauben 94 Weingaertneria canescens 332 Weibuchen 220 -dornhecken 324 -kernigkeit der Buchen 27 -mulde 159 -pappeln 312 -schwanzhirsche 462 Weitergabe, vegetative 624 Weizen 136, 169, 204, 205, 213, 214, 294, 316, 318, 380, 384, 385, 428, 492, 513, 593 -arktischer 314 -Romane des 314 -hren 624 -anbau, australischer 526 -arten, drrefeste 599 -bau 108, 312, 414, 420, 466, 491, 501, 519 -brot 403, 569 -distrikte 314 -esser 279, 400, 414 -export 532 -Fabriken 577 -farmen 528 -Felder, ungarische 57, 311 --, australische 280 Weizengebiete 79, 86, 564, 642 -halme 630 -kammer Europas 311 -krner 302, 313 -kultur 313 -lnder, amerikanische 512 --, europische 311 -lieferanten 311, 407 -pool 646 -preis 311 -produktion, europische 213 -produzenten 311 -sorten 311 --, kltebestndige 311, 314, 493, 624 -zentren, amerikanische 535 Welser 456, 497

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Weltbaumeister 543 -baustoffe 190, 226 -bewirtschaftung von Humus 640 --aller Abflle 269, 639 -brgerschaft 443 -dumping 397 -entdeckungen 448 -erkenntnis 155 -ernhrung 511, 545, 564, 586 --, Erfordernisse der 171 -ernteertrag 598 -erosion 534, 600, 615, 650 -frieden 626 -fruchtbarkeit 289, 378 -geschehen 156 -geschichte 378 -gesetze, Erkenntnis der 252, 502 -handel 389, 390, 533 -humuserneuerung 600 -hungersnot 268, 454, 599, 650 -katastrophen 214 -klima, einheitliches 60, 143, 270, 299 -konzern zur Verwertung hu -mifizierbarer Rohstoffe 616 -kriege 334, 441, 493, 591, 598, 644 -landwirtschaft 204 -machtstellung 536 -markt 311, 626 -meere 350 -organisation 269 --der Humusproduktion 616 -produktion 647 -raumklte 59, 366 --strahlung 138 -reich, grogriechisches 65 -persisches 385 -phnizisches 65 --, punisches 65 -rmisches 65, 355, 412, 423, 427, 430, 435, 486, 498, 507 --, Zwang zum 412 -staatenbund 113 -stdte 362, 375 strme 611 -verkehr 363, 377, 390, 454, 533, 625 -weizenanbau 528 Weltwende 487 -wirtschaft 175, 213, 264, 266, 269, 314, 315, 491 --, Ziellosigkeit der 626 Werchojansk 58 Wermut 369 Werre 285 Weser 357 Westafrika 521, 522 -amerika 190 -asien 438 -australien 58, 526, 527 -europa 168, 171, 194, 493 -falen 176 -galizien 485 -indien 405

-indische Inseln 478 -relien 526 -rom 429 -Sibirien 493 -spanische Provinzen 64 -staaten 314 -zentral-Alabama 474 Weth 310 Wettersteinkalk 27 Whitechapel 460 Whitehall 340 Wicken 566 Wiederaufforstung 493, 495, 496, 623 Wiederverwertung der Abflle 638 Wien (Flu) 262 -(Stadt) 263, 372, 438 -Belagerung von 388 Wiener Gemeindeforsten 606 Wienerwald 606 Wieringen 358 Wiese, Begriff der 549 Wiesen, rmische 550 -gras 205, 294 -heu 630 -pflanzen 158, 313, 329 Wikingereinfall 485 Wild 447, 455, 488 -bche 500 -bestand 477 -bffel 550 -beweidung 550 -enteneier 488 -hefen 578 -gnseeier 488 -hege 345 -kirschengestrpp 484 -pferde 488 -rosen 325 -tierverkauf 488 -reservate 610 -schaden 447 -schweine 488 -wasserstrme 387 -weizengrser 608 Wimpertierchen 130, 259, 581 Windsor 340 Wind 108 -Unfruchtbarmachung durch 109, 291, 470 -brechung 523, 555, 604 -bruch 219, 343 Winderosion 117, 284, 471, 490, 491, 550, 604, 616, 641 -gassen 349 -riegel 606 -Festigkeit 349 -gott Stryboh 485 -richtungen 349 -stille 59, 110, 522 Windlinge 365 Winkerkrabben 92 Wintertat 609 -getreide 491

-grnarten 329 -korn 559 -monate, Anfall 264 -ruhe 631 -schulen 307, 644 -wasserverbrauch 313 Winthrop John 465 Wirbeltierauge 120 Wirksamkeit, phototaktische 120 Wirkstoffe, Austausch von 585, 636 Wirtspflanze 328 Wirtschaft 398, 456, 494 -englische, Umstellung der 453 -europische 445, 456, 483 -viehlose 576 Wirtschaftspolitik 496 -raum, mitteleuropischer 203 -vertrustung 511 -weise, biologisch-dynamische 637 Wisconsin 281 Wisent 488 Wismut 32 Witterung 93 Wladimir d. Gr. 486, 487 Wladiwostok 539 Wlfe 462 Wolfsbohne 414 -milchbusch 66, 527 --plage 513 Wolga 64, 487 -deutsche 483, 593 -ufer 489, 604 Wolle 98, 401, 414, 452, 453, 459 Wollbedarf 460 -fden 376 -fett 34 -gewinne 459 -krabbe 482 -sackbildung 52 -schwei 34 -wschereien 256 Wollner 593 Wuchshormone 120, 121, 245 -stoffe 246, 369, 576 --aus Hefen 637 --knstliche 584, 627 Wrfelpflaster 375 Wurm im Boden 90, 169, 307, 631, 643 -eier 99 -masse 255, 285, 316 -parasiten 572 Wurzel 129, 295 -ausscheidungen 291, 547 Wurzelbildung 135, 292 -brand der Rben 240 -dngung 566 -fasern 91, 315 -fler 85, 131, 170, 244 -haare 91, 292, 293, 326, 328, 329, 368 -platten 343

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-schlinge der Banane 70, 318 -spitzenzone 338 -stelzen 92 -stcke 91, 332 -tpfe 287 -tcher 84 -wachstum 135, 324, 420, 643 -tone 553, 566 Wste 18, 80, 109, 154, 166 273, 298, 301, 361, 383, 388, 528, 641 -australische 18, 36, 80 -Chami 387 -Et Ti 18 -gedrosische 387 -gewordene 283, 286, 411, 476 -Gobi 18, 109 -libysche 81, 613 -Vorrcken der 457, 523, 613 Wsten, zentralaustralische 18, 525, 530 -abtragung in der 391 -bildung 146, 391, 548 -echsen 75 -gazellen 75, 550 -gebiete 385, 535 -haftigkeit, zunehmende 615, 641 -vgel 75 -wind 390 Wyoming 609 Xanthophyll 184 Xantorrhoea 527 Xenophon 404 Xochimilko 90 Xylaria 235 Yaccaranda 338 Yams 319, 520 Yankees 468 Yangtsekiang 297 Yarrawood 527 Yellowstone-Park 59 Yingo 396 Yotkan 389 Young Arthur 454 Yumoto 187 Zarbath 410 Zebra 550 Zechsteinmeer 153 Zedern 50, 300, 410 -urwlder 384, 407 Zehnjahresplan, franzsischer 613 Zellenflssigkeit 297 Zellgewebe, Bildung der 174 -hute 37, 265 -kerne 132 -saft 177 --, Druck des 596 Zellstoffreichtum 145 ---Fabriken 254 -struktur 143 -wnde, Bildung von 184 -Durchlssigkeit der 328 -wolle 98, 223

Zellulose 104, 222, 289 -abbauer 254 -aufbau 105 -aufschlieer 142, 259, 323, 570, 576, 583 -einschmelzung 148 -faulende 631 -klumpen 328 -tierische 583 -umbau 258, 323 -verrottende 100 -zersetzung 143, 323, 628 Zeltgassen 441 -kulturen 393 Zement 375 -gruben 571 -verbauung 374 Zenobia 428 Zentifolie 465 Zentralalpen 42 -amerika 480 -asien 386, 388, 390 -australien 40 --Oklahoma 475 -regierung der Vereinigten Weltstaaten 326 Zeolithe 34, 36, 37, 226, 546, 547 Zerfall 76 -durch Zersiebung 44 -mechanischer 19 -mineralischer, Steigerung des 586 -organischer 117 Zerfallsprodukte, organische 267, 548 -prozesse 225 Zerkrmelung, mechanische 631 Zermrbung des Gesteins, natrliche 164, 539 Zerreibung der Geschiebe 86, 228 Zersetzer, bakterielle 101, 103, 506 Zersetzung 105, 365 -Reihenfolge der 631 Zersetzungsprozesse 94, 230 -stadium 115 Zerstrahlung 26, 531, 539 -kosmische 44, 52 Ziegenhaut 516 -herden 391, 424 -mist 248 -wirtschaft 404, 408, 460, 516, 535 Zieralgen 192 Ziesel 66, 484, 550 Zimmerluft 99 Zimt 457, 503 -baumhaine 62 Zink 32, 196, 199 -besprhung 196 Zinn 32, 199 -erz 406 Zinnkraut 30 Zisternen 416, 603 Zitronenernten 421, 493 -sure 104, 326 Zivilisation 279, 379, 533

-europische 450 -vorderasiatische 385, 390 Zivilisationsformen 515 -prinzipien 525 Zizyphus 609 Zonen, edaphische 621 -quatoriale 72 -atmosphrische 77 -des Nichtlebenknnens 96 Zoochlorellen 130 Zooxanthellen 130 Zsombk 91 Zchterei 420, 627 Zuchtversuche 275 Zucker 175, 465, 575, 583 -Schrei nach 425 -arten 100 -bildung 100, 105, 118, 309, 586 -ertrgnisse 175 fabriken 254 -gehalt 175, 214 -hirse 566 -industrie, peruanische 180 -mhlen 465 -rohr 320, 385, 465, 509 --arbeit 466 --ertrgnis 172, 468 --felder 365, 478 -rben 33, 35, 175, 210, 213, 218, 320, 585, 593, 641 --Feld 175 Zufluchtslnder 645 Zugstraen 109 Zuidersee 356 Zungenmuschel 270 Zricher See 618 Zusammenhangsketten, bodenbiologische 173, 287 -floristische 325 Zusammenschlu, allirdischer 612 Zusatzernhrung 303, 338, 625 Zustnde, anabiotische 78 Zweige 630 Zweigspitzen 338 Zweistromland 382, 385, 534 --tal 383 Zwergenwirtschaften 461, 490 Zwerginsekten 323 Zwiebel 186, 303, 304, 403, 572 -gewchse 484 -pflanzen 551 Zwielicht, organisches, im Boden 95 Zwischeneiszeiten 548 Zwischenhndler 407 Zwischenwirte 438 Zwischenzonen 325 Zyanamid 316 Zygogonien 557, 633 Zygorhynchus 236 Zygoten 99 Zysten 78, 85, 99 Zystenformen 366, 643

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