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Definitionen und Eigenschaften

Abstandfunktionen, auch Metriken genannt, werden in vielen Bereichen der Mathematik


genutzt. Metriken haben drei definierende Eigenschaften
Sei M Metrik, dann gilt

1. M(x,y) ≥ 0 ∀ x,y und M(x,y) = 0 ⇔ x=y


2. M(x,y) = M(y,x) ∀ x,y
3. M(x,y) ≤ M(x,z) + M(z,y) ∀ x,y,z
Auch in Graphen kann man sich mit Abständen beschäftigen.
In einem zusammenhängenden Graphen G ist der Abstand der Knoten u und v definiert als
die Länge (Anzahl der Kanten) des kürzesten Weges von u nach v. Wir bezeichnen den Abstand
mit d(u,v).
Weiterhin definiert man für einen Knoten v des zusammenhängenden Graphen G die
Exzentrizität von v als den maximalen Abstand von v zu jedem anderen Knoten. Man
schreiben dafür auch ecc(v) = max{d(v,x)}für x∈ V(G).
Der Wert der kleinsten Exzentrizität heißt Radius(rad) und der Wert der größten Exzentrizität
heißt Durchmesser(diam) von G.
Das Zentrum eines Graphen ist die Menge {v ∈ V(G) | ecc(v) = rad(G)} und die Peripherie
ist die Menge {u ∈ V(G) | ecc(u) = diam(G)}.
Beispiel e f

a b c d

In dem Beispiel ist:


d(b,d) = 2 , ecc(a) = 3, rad(G) = 2, diam(G) = 4, Zentrum(G) = {b}, Peripherie(G) = {d,f}

Die voraus gegangenen Definitionen können auch auf nicht zusammenhängende Graphen
erweitert werden. Liegen dann zwei Knoten in verschiedenen Komponenten, so ist der Abstand
zwischen ihnen unendlich.

Der Zusammenhang zwischen Radius und Durchmesser wird durch ein Theorem beschrieben,
das besagt, dass für jeden zusammenhängenden Graphen G gilt: rad(G) ≤ diam(G) ≤ 2*rad(G).
Beweis. Die erste Ungleichung folgt direkt aus der Definition von Radius und Durchmesser. Es
bleibt noch zu zeigen: diam(G) ≤ 2*rad(G). Seien u,v Knoten in G, sodass d(u,v) = diam(G).
Sei weiterhin c ein Knoten im Zentrum von G. Dann ist
diam(G)=d(u,v)≤d(u,c)+d(c,v)=2*ecc(c) = 2*rad(G) ∎

Über das Zentrum und die Peripherie eines Graphen kann man sagen, dass jeder Graph Zentrum
eines anderen Graphen ist.

Beweisidee: Man konstruiert einen neuen Graphen H, indem man 4 Knoten (w,x,y,z), sowie
die zugehörigen Kanten zu G hinzufügen. Nun ist ecc(w) = ecc(z) = 4 und ecc(x) = ecc(y) = 3.
Weiterhin ist für alle v ∈ V(G) ecc(v) = 2. Somit ist G das Zentrum von H.

G
w x y z

Außerdem ist ein Graph G die Peripherie eines anderen Graphen genau dann, wenn
1) Jeder Knoten Exzentrizität 1 hat oder
2) Kein Knoten Exzentrizität 1 hat

Beweis siehe Harris, J. ,Hirst, J. & Mossinghoff, M. (2008). Combinatorics and Graph Theory. (Second
Edition). New York: Springer Science+Business Media. Seite 20.
Graphen und Matrizen
Bis jetzt haben wir uns Graphen angeschaut, die Kanten gezählt und Abstände bestimmt. Bei
größeren Graphen wird das aber ziemlich schwer. Für große Graphen werden häufig Computer
eingesetzt, die die Graphen anhand von Matrizen verstehen.

Zu jedem Graphen mit den Knoten v1 ,…, v𝑛 gibt es eine n x n Matrix, die wie folgt definiert
ist
1, 𝑤𝑒𝑛𝑛 𝑑𝑖𝑒 𝐾𝑎𝑛𝑡𝑒 𝑧𝑤𝑖𝑠𝑐ℎ𝑒𝑛 v𝑖 𝑢𝑛𝑑 v𝑗 𝑖𝑛 𝐺 𝑒𝑥𝑖𝑠𝑡𝑖𝑒𝑟𝑡
[A]𝑖,𝑗 = { 0, 𝑠𝑜𝑛𝑠𝑡

Man nennt diese Matrix die zum Graphen gehörende Adjazenzmatrix.

Beispiel
𝐯𝟏 𝐯𝟐
0 0 0 1 1 0
𝐯𝟔
0 0 1 0 0 0
𝐯𝟑
A= 0 1 0 0 0 1
1 0 0 0 1 1
𝐯𝟓 𝐯𝟒 1 0 0 1 0 1
Graph G (0 0 1 1 1 0)

Für einfache Graphen (ohne Schleifen) hat die Adjazenzmatrix nur Nullen auf der
Hauptdiagonalen. Bei ungerichteten Graphen sind die Adjazenzmatrizen symmetrisch. Je nach
Nummerierung der Knoten kann ein Graph verschiedene Adjazenzmatrizen besitzen. Diese
sind allerdings bis auf Permutation der Reihen und Spalten identisch. Sind also zwei Graphen
G1 und G2 mit zugehörigen Adjazenzmatrizen A1 und A2 gegeben, und kann man eine
Permutation finden, die aus A1 die Matrix A2 macht, so sind G1 und G2 isomorph.

Ein Theorem besagt, dass für einen Graphen G mit Knoten v1 ,…, vn und der zugehörigen
Adjazenzmatrix A gilt, dass für jeden positiven Wert k die Matrix [𝐴𝑘 ]𝑖,𝑗 der Anzahl an Wegen
von v𝑖 nach v𝑗 entspricht, der genau k Kanten lang ist.

Beweis siehe Harris, J. ,Hirst, J. & Mossinghoff, M. (2008). Combinatorics and Graph Theory. (Second
Edition). New York: Springer Science+Business Media. Seite 23.

Eine Folgerung aus diesem Theorem ist, dass für 1≤ k < x [𝐴𝑘 ]𝑖,𝑗 = 0 ist, wenn bereits
d(v𝑖 , v𝑗 )= x ist.

Für einen Graphen von Ordnung n mit zugehöriger Adjazenzmatrix A und einem k > 0 ist die
Matrizensumme definiert als S𝑘 = I + A + 𝐴2 + … + 𝐴𝑘 , (mit I Einheitsmatrix)
Ein Theorem besagt, dass für einen zusammenhängenden Graphen G mit Knoten v1 ,…, vn und
der zugehörigen Adjazenzmatrix A folgendes gilt
1. Wenn k die kleinste positive Zahl ist, sodass die Reihe j von S𝑘 keine Nullen enthält,
dann ist ecc(vj ) = k.
2. Wenn r die kleinste positive Zahl ist, sodass alle Einträge von mindestens einer Reihe
von S𝑟 positiv sind, dann ist rad(G) = r.
3. Wenn m die kleinste positive Zahl ist, sodass alle Einträge S𝑚 positiv sind, dann ist
diam(G) = m.
Beweis zu 1. Annahme: k ist die kleinste positive Zahl, sodass die Reihe j von S𝑘 keine Nullen
enthält.
Der Fakt, dass es keine Nullen in Reihe j von S𝑘 gibt, impliziert, dass der Abstand von v𝑗 zu
jedem anderen Knoten höchstens k ist.
Für k = 1, folgt die Aussage direkt.
Für k > 1, der Fakt, dass es mindestens eine Null in Reihe j von S𝑘−1 gibt, führt dazu, dass es
mindestens einen Knoten gibt, dessen Abstand zu v𝑗 größer ist als k-1. Daraus folgt, dass
ecc(v𝑗 )= k.

Zu 2. Annahme: r ist die kleinste positive Zahl, sodass alle Einträge von mindestens einer Reihe
j von S𝑟 positiv sind.
Wenn alle Einträge einer Reihe positiv (insbesondere ungleich 0) sind, erhalten wir nach 1. die
Exzentrizität, des zu der Reihe gehörenden Knotens. Da r die kleinste/ minimale positive Zahl
ist, beschreibt sie das Minimum dieser Exzentrizitäten. Das ist nach Definition der Radius des
Graphen G.
Zu 3. Annahme: m ist die kleinste positive Zahl, sodass alle Einträge von S𝑚 positiv sind.
Wenn alle Einträge von S𝑚 positiv sind, bedeutet das auch, dass alle Einträge in den einzelnen
Reihen positiv sind. Nach 1. Erhalten wir deshalb wieder für jede Reihe die Exzentrizität des
zugehörigen Knotens. Die Reihe, die zuletzt „positiv“ wird, ist die Reihe mit der größten
Exzentrizität. Die größte Exzentrizität ist nach Definition der Durchmesser des Graphen
diam(G). ∎

Beispiel

𝐯𝟏 𝐯𝟑 1 0 0 0 1 0 1 0 1 0 2 0
1 2 3
I3 = (0 1 0) 𝐴 =(1 0 1) 𝐴 =(0 2 0) 𝐴 =(2 0 2)
𝐯𝟐 0 0 1 0 1 0 1 0 1 0 2 0
Graph G

1 0 0 1 1 0 2 1 1
1 2
S0 = I= (0 1 0) S1 = I + 𝐴 = (1 1 1) S 2 = I + A + 𝐴 = (1 3 1)
0 0 1 0 1 1 1 1 2

Es folgt: 1.) ecc(v1 ) = 2, ecc(v2 ) = 1, ecc(v3 ) = 2

2.) rad(G) = 1

3.) diam(G) = 2
Wir können Adjazenzmatrizen nutzen um andere Arten von Graph-bezogenen Matrizen zu
erzeugen.
Für einen zusammenhängenden Graphen der Ordnung n ist demnach die Abstandsmatrix M
0, für alle i=j ∈ {1,…,n}
definiert durch [M]𝑖,𝑗 ={ 𝑘, für jedes Paar i,j mit i ≠𝑗 , wobei k die kleinste positive Zahl ist, sodass
[S𝑘 ]𝑖,𝑗 ≠ 0.

Für jedes Paar i,j beschreibt der (i,j)-te Eintrag von M also den Abstand von 𝐯𝒊 nach 𝐯𝒋 . Also
[𝐌]𝒊,𝒋 =d(𝐯𝒊 , 𝐯𝒋 ).

Beispiel

𝐯𝟏 𝐯𝟑 1 0 0 1 1 0 2 1 1
S 0 = (0 1 0) S1 = (1 1 1) S 2 = (1 3 1)
𝐯𝟐 0 0 1 0 1 1 1 1 2
Graph G

0 1 2
M𝑖,𝑗 = (1 0 1)
2 1 0
Modelle von Graphen und Abstand
Graphen können für alle möglichen Situationen als Modell dienen. Im Folgenden werden ein
paar bekannte Modelle vorgestellt, in denen auch der Abstand der Knoten zu einander eine
wichtige Rolle spielt.

Bekanntschaftsgraph

Oft werden Graphen genutzt um die Beziehungen von Personen darzustellen. Jeder Knoten
repräsentiert dabei eine Person und eine Kante verbindet zwei Knoten, wenn sich die
zugehörigen Personen kennen. Der Zusammenhang kann dabei total verschieden sein, zum
Beispiel kann es um Menschen in einer Nachbarschaft gehen, oder auf der Arbeit oder sogar
um Menschen auf der ganzen Welt.

Es gibt viele interessante Theorien und Fragen, die man sich in Bezug auf diese
Bekanntschaftsgraphen stellen kann. Oft hört man zum Beispiel Sätze wie „wow, wie klein die
Welt doch ist“, wenn man zum Beispiel jemanden kennenlernt und feststellt, dass man
denselben Bekannten hat. Dieses „kleine Welt“-Phänomen kann zum Beispiel auch durch
Graphen Modelliert werden.

Einer anderen Frage haben sich Milgram und Guare gewidmet. Die „six degrees of
seperaion“ Theorie besagt, dass es bei beliebigen Paaren von Menschen eine Kette von nicht
mehr als sechs Bekanntschaften gibt.

Milgrams Experiment zu dieser Theorie sah so aus, dass er sich willkürlich einige hundert Leute
in den USA suchte und je ein Paket zu ihnen schickte. In diesem Paket waren nur der Name
und die Adresse einer einzigen Zielperson. Die Aufgabe des Empfängers sah dann wie folgt
aus: Er sollte das Paket direkt zu der Zielperson schicken, wenn er diese persönlich kannte.
Andernfalls sollte er das Paket an eine ihm bekannte Person schicken, bei der er die größten
Chancen sah, dass sie die Zielperson persönlich kennen könnte. Milgram verfolgte wie viele
Schritte es gebraucht hatte, bis ein Paket am Ziel war. Die durchschnittliche Anzahl war fünf.

Hollywood Graph

Wieder geht es um die Beziehung von Personen, und zwar von Hollywood-Schauspielern. Die
Frage, die sich ein paar Studenten stellten, war, ob Kevin Bacon das Zentrum von Hollywood
sei. Dies Frage versucht man anhand von Graphen zu modellieren. Ein Knoten in dem Graph
steht dann jeweils für einen Schauspieler und eine Kante zwischen zwei Knoten bedeutet, dass
die zugehörigen Schauspieler in demselben Film auftraten. Die „Bacon-number“ ist dann der
Abstand eines Schauspielers zu dem Knoten von Kevin Bacon. In den USA wurde es schnell
zu einem Trend, diese Graphen zu erstellen und Bacon-numbers zu bestimmen. 2007 wurde
eine Datenbank mit 1,3 Millionen Schauspielern veröffentlicht. Patrick Reynolds pflegt seitdem
eine Website mit Bacon-numbers. Nach ihm können 917.007 Personen mit Kevin Bacon
verbunden werden. Dabei beträgt der maximale Abstand, also die Exzentrizität 8. Da es keinen
Schauspieler mit geringerer Exzentrizität gibt, ist Bacon das Zentrum von Hollywood.
Allerdings gibt es auch noch tausende andere Schauspieler mit Exzentrizität 8, die im Zentrum
liegen.

Mathematischer Zusammenarbeitsgraph

Dieser Graph beschreibt dasselbe Prinzip wie der Hollywood Graph. Jeder Knoten beschreibt
hier einen Mathematiker/ Forscher und eine Kante zwischen zwei Knoten besagt, dass diese
Personen zusammen einen Artikel veröffentlicht haben. Ähnlich wie die Bacon-number gibt es
hier die Erdős-number, die sich auf Paul Erdős, einen der größten Mathematiker des 20
Jahrhunderts bezieht.

„Kleine Welt“ Netzwerke

Wie bereits gesehen, kann mit einem Bekanntschaftsgraphen das bekannte „kleine-Welt“-
Phänomen modelliert werden. Bezieht man allerdings die gesamte Weltpopulation mit ein
kommt es aufgrund der Größe und der Dynamik zu Problemen bei der Analyse. Dafür könnte
es hilfreich sein, kleine Graphen zu erstellen. Wichtig für die kleineren Graphen ist, dass sie
die gleichen Eigenschaften haben wie die der „kleinen Welt“.

Wichtige Eigenschaften sind dabei

1. Es sollte ausreichend gegenseitige Bekanntschaften geben (aber ein vollständiger Graph


ist auch nicht realistisch)
2. Im Vergleich zu der Anzahl der Knoten sollte es eher wenig Kanten geben
3. Die Abstände zwischen den Knotenpaaren sollten relativ klein sein
4. Es sollte eine Vernünftige Anzahl an Gruppierungen geben. In der Realität ist zum
Beispiel Geographie ein Faktor der für Gruppierungen sorgt.

Um diese Eigenschaften auf Graphen beziehen zu können, definiert man die charakteristische
Weglänge (L𝐺 ) als die durchschnittliche Entfernung zwischen den Knoten. Dabei ist
∑u,v ∈ V(G) d(u,v) 2
LG = = n(n−1) ∗ ∑u,v ∈ V(G) d(u, v).
|E(Kn )|
Weiterhin definiert man den Clusterkoeffizienten eines Knotens v der Ordnung n (lokaler
Clusterkoeffizient) als den Quotienten aus der Anzahl der Kanten, die zwischen einem
Knoten und seinen Nachbarn tatsächlich existieren und der Anzahl an Kanten, die zwischen
|E(<N[v]>)|
einem Knoten und seinen Nachbarn maximal existieren können. Also cc(v)= |E(K =
1+deg(v) )|

2∗|E(<N[v]>)|
(1+deg(v))∗deg(v)
.

Der Clusterkoeffizient eines Graphen G (globaler Clusterkoeffizient) ist dann der


Durchschnitt der Clusterkoeffizienten der einzelnen Knoten von G, also
1
CC(G)= n ∑v ∈ V(G) cc(v)

Für „kleine Welt“ Netzwerke sollte dann gelten, dass die charakteristische Weglänge gering
und die Clusterkoeffizienten sehr groß sind.

Graphen die diese Eigenschaften erfüllen, können gut als Modelle zur Analyse „kleine Welt“-
Phänomens genutzt werden.

Beispiel
a

e b

c
f d

Für die lokalen Clusterkoeffizienten ergibt sich


2∗|E(<N[a]>)| 2∗3 2∗4 2
cc(a)= (1+deg(a))∗deg(a) = (1+2)∗2 = 1 cc(b)= (1+3)∗3 =
3

2∗2 2 2∗3 1
cc(c)= (1+2)∗2 = 3 cc(d)= (1+3)∗3 = 2

2∗4 2 2∗1
cc(e)= (1+3)∗3 = 3 cc(f)= (1+1)∗1 = 1

Daraus folgt für den globalen Clusterkoeffizienten


1 2 2 1 2 3
CC(G)= 6 ∗ (1 + 3 + 3 + 2 + 3 + 1) = 4.
Literaturverzeichnis
Harris, J. ,Hirst, J. & Mossinghoff, M. (2008). Combinatorics and Graph Theory. (Second
Edition). New York: Springer Science+Business Media. Seite 2-30
Diestel, R. (2017). Graphentheorie. (5. Auflage). Springer Spektrum. Seite 7-11
Academic. (2019, 20. März). Zugriff unter http://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/270760

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