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TOLERANZEN

UND

LEHREN
VON

DIPL.-ING. P. LEINWEBER VDI


OBERREGIERUNGSBAURAT

MIT 134 ABBILDUNGEN IM TEXT

SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH


1937
ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER 'üBERSETZUNG
IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN.
COPYRIGHT 1937 BY SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG
URSPRÜNGLICH ERSCHIENEN BEI JULIUS SPRINGER IN BERLIN 1937

ISBN 978-3-662-05455-0 ISBN 978-3-662-05499-4 (eBook)


DOI 10.1007/978-3-662-05499-4
Vorwort.
Die Fertigung eines technischen Erzeugnisses in Reihen oder Massen
erfordert umfangreiche Vorbereitungen im Betriebe. Der Bestand an
Werkzeugmaschinen muß überprüft, Vorrichtungen, Werkzeuge und
Lehren müssen rechtzeitig bereitgestellt werden. Die Voraussetzungen
für die reibungslose Abwicklung dieser Arbeiten sind eine werkstatt-
gerechte Konstruktion und eine werkstattreife Zeichnung für jedes Ein-
zelteil. Bereits beim ersten Entwurf müssen diese Fragen ebenso sorg-
fältig durchgedacht werden wie das sichere Zusammenarbeiten aller Ein-
zelteile oder die Wahl geeigneter Werkstoffe. Verläßt man sich allzusehr
auf eine nachträgliche Durcharbeitung für die Mengenfertigung, so
lassen sich häufig nicht mehr alle Wünsche der Werkstatt befriedigen,
ohne die Brauchbarkeit zu gefährden, oder der Entwurf muß in wesent-
lichen Punkten umgestoßen werden.
Um den Forderungen der Mengenfertigung gerecht werden zu können,
muß vom Konstrukteur die Kenntnis der Werkzeugmaschinen und Fer-
tigungsverfahren verlangt werden, er muß über Vorrichtungen und Werk-
zeuge Bescheid wissen; ferner muß er die Mittel zum Prüfen der halb-
fertigen und fertigen Einzelteile, Baugruppen und Geräte kennen. Diesem
Fachgebiet der Lehren und dem damit zusammenhängenden der Toleran-
zen stehen viele Konstrukteure mit Scheu oder Abneigung gegenüber.
Der Zweck der vorliegenden Arbeit ist, zu zeigen, daß diese Gefühle
unberechtigt sind, und gerade soviel Wissenswertes mitzuteilen, als für
den Entwurf einer meßtechnisch richtigen Konstruktion und die An-
fertigung einer zweckmäßig bemaßten und tolerierten Werkstattzeich-
nung notwendig erschien. Es ist nicht beabsichtigt, eine "Anleitung zum
Entwerfen von Sonderlehren" zu geben; hierfür sind Bücher nicht ge-
eignet, sondern allein praktische Erfahrung und Übung und allenfalls
"Richtlinien". Die wichtigsten Regeln für den Entwurf von Sonder-
lehren sind in knapper Form zusammengestellt. Zweifellos wird auch die
Aufgabe des Lehrenkonstrukteurs erleichtert, wenn der Gerätkonstruk-
teur sich von dem Meßgerät für einen bestimmten Zweck eine ungefähre
Vorstellung machen konnte und dementsprechend bei seiner Arbeit vor-
gegangen ist. Es ist wohl kein Zufall: Wenn der Entwurf einer Lehre be-
IV Vorwort.

sondere Schwierigkeiten macht, zeigt oft die Gerätkonstruktion bei nähe-


rem Zusehen Mängel, die nicht nur lehrentechnischer Art sind.
Der Betriebsmann und der Revisor finden Hinweise für die Anwen-
dung der Lehren und für die Beurteilung der Meßverfahren und Meß-
ergebnisse.
Bei dem innigen Zusammenhang zwischen Toleranzen und Lehren
konnte im ersten Teil "Gerätzeichnungen" die Tolerierung nur allgemein
behandelt werden und zahlreiche Sonderfragen mußten im zweiten Teil
in Verbindung mit den Lehren erörtert werden.
Der Anhang, der über den angedeuteten Rahmen hinausgeht, soll zu
weiterer Beschäftigung mit Toleranzen und Lehren und zum selbstän-
digen Nachdenken über dieses Fachgebiet anregen.
Die Anwendung von Lehren und der Austauschbau haben ihren
Ursprung in der Waffentechnik gehabt. Diese hat hier, wie auch auf
anderen Fachgebieten, auf die übrige Technik überaus befruchtend ge-
wirkt. Deshalb ist es mir sehr wertvoll gewesen, mannigfache Erfah-
rungen, die im Heereswaffenamt auf dem Gebiet der Toleranzen und
Lehren vorliegen, verwerten zu können. Ferner fühle ich mich Herrn
Prof. Dr.-Ing. Kienzle von der Technischen Hochschule Berlin zu
großem Dank verpflichtet, der mir in langjähriger Zusammenarbeit eine
Fülle wertvoller Gedanken und Anregungen vermittelt hat.
Berlin, im Januar 1937.
Der Verfasser.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
1. Gerätzeichnungen 1
1. Gestaltung und Fertigung 1
2. Maßeinheiten . 2
a) Längenmaße 2
b) Winkelmaße 3
3. Benennungen . 4
a) Maß- und Toleranzwesen 4
b) Passungswesen . . . . . 5
4. Schreibweise der Toleranzen 6
a) Zahlenmäßige Angabe 6
b) Kurzzeichen . . . . . . 8
5. Maßeintragung . . . . . . 10
6. Welche Maße sind zu tolerieren? . 16
7. Größe der Toleranzen 19
8. Nichttolerierte Maße 20
9. Oberflächenzeichen . 21
10. Toleranzuntersuchungen 21
a) Erster Hauptsatz 21
b) Zweiter Hauptsatz . 23
c) Wahrscheinliohkeit für die Grenzfelder 23
d) Beispiele für rechnerische Toleranzuntersuchungen . . 25
e) Überbestimmung von Toleranzen und Übertolerierung 29
f) Ermittlung von Toleranzen durch Versuche. 30
H. Lehren . . . . . . . . . . . 32
1. Was ist Messen? . . . . . . 32
2. Festmaß- und Istmaß-Lehren. 32
3. Wie wird gemessen? 34
a) Strichmessung . . . . . . 35
b) Strichmessung mit Übersetzung 37
Hebel 37 - Keil 38 - Schraube 38 - Zahnräder 40 - Wasser-
waage 41 - Lupe und Mikroskop 41 - Lichtstrahl 43 - Pro-
jektion 43.
c) Vergleichsmessung ohne Übersetzung. . . . . . . . . . . . . 43
Verfahren 44 - Geometrische Form 46 - Parallel-Endmaße 49.
d) Vergleichsmessung mit Übersetzung 50
4. Besondere Meßverfahren . 51
a) Flachpassungen 51
b) Tiefenmaße 54
c) Kegel. . 57
d) Gewinde 62
VI Inhaltsverzeichnis
Seite
e) Winkel . . 66
f) Formen . . 66
g) Symmetrien 69
h) Verzahnungen 70
5. Meßunsicherheit 71
6. Ausführung der Lehren 74
a) Werkstoffe 74
b) Oberflächengüte 76
c) Paßstifte . . . . 77
d) Schutzüberzüge 77
e) Beschriftung. . 77
7. Allgemeine Richtlinien für den Entwurf von Lehren 78
a) Fertigung . . . . . . 78
b) Wärmebehandlung . . 82
c) Vermessung der Lehre 82
d) Handhabung. . . . . 83
e) Lebensdauer. . . . . 86
f) Instandhaltung und Nacharbeit 87
UI. Anhang: Ausgewählte Abschnitte aus dem Lehrenbau 88
1. Lehrenarten 88
2. Meßgefühl . . . . . 91
3. Parallaxe . . . . . 94
4. Hebelübertragungen . 95
5. Lochmittenabstände . 101
a) Tolerierung der Gerätzeichnung 101
b) Lehren . . . 105
Schrifttum 110
Stic h wo rtver zeic hnis 111
I. Gerätzeiehnungen.
1. Gestaltung und Fertigung.
Für Reihen- oder Massenfertigung sind im wesentlichen folgende Be-
triebseinrichtungen nötig:
Fertigungsmittel :
VVerkzeugmaschinen,
Vorrichtungen,
VVerkzeuge,
Prüfmittel :
Lehrenl .
Die VVerkzeugmaschine gibt Art und Richtung der Bewegung für die
spanlose oder spangebende Verformung des VVerkstückes; die Vorrich-
tung hält das VVerkstück während des Arbeitsganges fest; das VVerkzeug
vollzieht die Verformung. Maschine, Vorrichtung und VVerkzeug ermög-
lichen in ihrem Zusammenwirken, vermöge der Eigenart ihrer Konstruk-
tion, eine bestimmte Arbeitsgenauigkeit, die mit der Lehre nachgeprüft
wird.
Ein Gerätteil 2 ist entweder ein-einfacher geometrischer Körper, der
von ebenen oder gekrümmten Flächen begrenzt wird (VVürfel, Rechtkant,
Pyramide, Zylinder, Kegel, Kugel), oder ein aus einer Summe solcher
geometrischer Körper bestehendes Gebilde. Die Form des so gestalteten
Teiles wird durch die ihm zugedachte Funktion und Festigkeit sowie
durch die Rücksicht auf die Fertigung mittels handelsüblicher oder ge-
bräuchlicher und zweckmäßiger Maschinen und VVerkzeuge bestimmt.
Am einfachsten zu erzeugen sind die drehende und die hin- und hergehende Be-
wegung. Je nachdem, welche Bewegungsart Werkstück und Werkzeug gleichzeitig
ausführen, entstehen Ebenen oder Drehkörper; Ebenen beim Hobeln, Flachschlei-
fen, Walzen- und Stirnfräsen; Drehung des Werkstückes bei gleichzeitiger gerad-
liniger Bewegung des Werkzeuges erzeugt eine Zylinder- oder Kegelfläche oder ein
1 "Lehren" sind ausschließlich Meßgerät. Die vielfach noch angewandte Be-
nennung "Bohrlehre" sollte durch "Bohrvorrichtung" ersetzt werden, im Gegen-
satz zur "Lochabstandlehre".
2 Als Gerät werden im folgenden alle Erzeugnisse des Maschinenbaues, der Fein-
werktechnik und der Elektrotechnik bezeichnet: technische Gebrauchsgegenstände ,
Maschinen, Waffen, Apparate, Fahrzeuge, Uhren usw.
Leinweber, Toleranzen.
2 Gerätzeichnungen.

Gewinde (Drehbank); Drehung des Werkstückes bei gleichzeitiger kreisförmiger Be-


wegung des Werkzeuges erzeugt eine Tonnenform oder eine Kugel; drehendes und
gleichzeitig vorgeschobenes Werkzeug bei stillstehendem Werkstück erzeugt einen
Zylinder mit negativem Vorzeichen, eine Bohrung (Bohrmaschine, Bohrwerk).
Durch die Anwendung von Getrieben lassen sich auch verwickeltere Formen er-
zeugen, doch lohnen sich solche Einrichtungen wegen der beschränktenAnwendungs-
möglichkeit nur in Sonderfällen.
Ferner ist es möglich, verwickelte Formen in die Werkzeuge zu verlegen: Form-
stähle, Räumwerkzeuge, Formfräser, Werkzeuge für spanlose Formung. Beim Ab-
wälzen drehen sich Werkstück und Formwerkzeug (Schneidrad beim Wälzhobeln
oder Wälzfräser) gleichzeitig und das Werkzeug wälzt dabei die Form auf das Werk-
stück ab. Beim Kopieren wird ein Kopierstück, das die gewünschte Form enthält,
zur Führung des Werkzeuges benutzt. Die verwickelte Form braucht in diesen Fäl-
len nur einmal angefertigt zu werden, und die hierfür aufgewendeten Kosten ver-
teilen sich auf alle mit dem Werkzeug gefertigten Werkstücke. Doch darf dabei nicht
übersehen werden, daß die einfachen und maschinenmäßig herstellbaren Formen die
billigsten und genauesten und oft auch dauerhaftesten Werkzeuge herzustellen ge-
statten.
Ähnlich liegen die Verhältnisse bei Lehren. Zudem sind für Welle und Bohrung
die Lehren genormt oder handelsüblich, für den Abstand zweier Ebenen sind die
Meßverfahren längst erprobt. Diese einfachen Fälle erfordern folglich keine oder nur
sehr einfache konstruktive Vorbereitungen für die Beschaffung der Lehren.
Die vom Konstrukteur entworfene Form jedes Einzelteiles wird in
einer Zeichnung in verschiedenen Ansichten und Schnitten nach den Ge-
setzen der Parallelprojektion dargestellt. Nach der Zeichnung, dem allei-
nigen Ausdrucksmittel des Konstrukteurs, fertigt die Werkstatt, nach
der Zusammenstellungszeichnung baut sie zusammen.
Die Zeichnung zeigt die Form und die Größe des dargestellten Gegen-
standes. Der Größenangabe der einzelnen geometrischen Gebilde dienen
die Maße.
2. Maßeinheiten.
Für die Maßangabe auf einer Zeichnung sind zwei Maßeinheiten er-
forderlich:
für Längenmaße (zu denen auch Durchmesser und Halbmesser zu
rechnen sind) und
für Winkelmaße.
a) Längenmaße. Die Einheit für Längenmaße ist das Millimeter (mm).
Der 1000. Teil eines Millimeters ist das Mikron {f-t}.
Das Millimeter ist der 1000. Teil des Pariser Urmaßstabes, der am 26. September
1889 als Urmeter erklärt wurde. Seit dieser Zeit hat sich herausgestellt, daß ein sol-
cher Urmaßstab manche Nachteile besitzt.
Es hat sich vor allem gezeigt, daß er den in neuzeitlich eingerichteten Laborato-
rien erreichbaren Genauigkeiten nicht mehr genügt. Bei Vergleichsmessungen mit
dem Urmeter können in der Bestimmung der Temperatur und des Wärmeausdeh-
nungsbeiwertes auch heute noch Fehler enthalten sein, die Meßfehler in der Größen-
ordnung von 0,5 p, zur Folge haben. Ferner wurden allmähliche Längenänderungen
von der gleichen Größenordnung beobachtet, deren Ursachen noch nicht ganz er-
forscht sind.
Maßeinheiten. 3
Es ist ferner ein großer Nachteil des Urmaßes, daß es nur einmal vorhanden ist
und auch seine Nachbildungen in jedem Lande nur in einer einzigen Ausführung
bestehen. Folglich können die Urmaße einer Werkstatt erst auf einem großen Um-
wege von dem Urmeter abgeleitet werden. Die regelmäßige Nachprüfung erfolgt
auf dem gleichen Umwege und ist mit viel Aufwand verknüpft, sie kann daher nur
selten vorgenommen werden. Jeder Umweg bedeutet eine Fehlerquelle und die
Fehler aller Vergleichsmessungen, die vom Urmeter zum Werkstatturmaß-Satz
führen, können sich addieren.
Dem Werkstatt-Techniker mögen derart kleine Fehler bedeutungslos erscheinen,
doch wird man zugeben müssen, daß an ein Urmaß, auch an ein Werkstatturmaß,
größtmögliche Anforderungen zu stellen sind. Werden alle Teile in der gleichen
Werkstatt gefertigt, so ist es gleichgültig, ob die Maßeinheit dieser Werksta~t richtig
ist oder nicht, wenn sie nur ständig gleichbleibt. Werden jedoch Teile oder auch
Lehren von außerhalb bezogen, so bringt jede Abweichung von der Maßeinheit die
Gefahr, daß die Teile nicht zueinander passen; die Meßunsicherheit, die ohnehin
vorhanden ist, wird vergrößert, und, um mit Sicherheit austauschbare Werkstücke
zu erhalten, muß die Fertigungstoleranz der Werkstücke infolge der größerenMeß-
unsicherheit eingeschränkt werden. Von den ohnehin schon oft sehr kleinen
Werkstücktoleranzen wird sich keine Werkstatt ohne Not auch nur ein kleines
Stückehen abziehen lassen wollen.
Die weite Verbreitung der Meßkunde und ihr tiefes Eindringen in die Fertigung
erfordern ein Urmaß, das unveränderlich und in jedem entsprechend eingerichteten
Laboratorium verfügbar ist. Ein solches Urmaß glaubt man in der Lichtwellen-
länge gefunden zu haben und hat daher für das (internationale) ISA-Passungs-
system festgelegt:
"Die Spektrallinie ,Cadmium rot' hat (unter bestimmten, im einzelnen genau
festgelegten physikalischenBedingungen) eine Wellenlänge von 643,84696 . 10-9 m H ,
d. s. 1'..1 0,64 p.
Die Längenmaße sind in der Werkstatt in Lehren enthalten, die bei
Temperaturschwankungen maßlichen Veränderungen unterliegen. Mit
Rücksicht auf die verschiedenen Ausdehnungsbeiwerte der Metalle war
es notwendig, eine bestimmte Temperatur anzugeben, bei der die Lehren
das vorgeschriebene Maß aufweisen. Sie ist in DIN 102 mit 20° C fest-
gesetzt. Diese Festlegung ist für das internationale (ISA-) Passungs-
system übernommen worden. Wird bei anderen Temperaturen gemessen,
so müssen (bei genauen Messungen) die Unterschiede der Ausdehnungs-
beiwerte berücksichtigt werden. Damit große Werkstücke beim Messen
die gleiche Temperatur haben wie die Lehren, müssen beide längere Zeit
im gleichen Raum bei gleichbleibender Temperatur gelagert werden.
Hierzu sind bis zu 24 Stunden nötig.
Alle Maßangaben beziehen sich auf den Meßdruck Null. Bei sehr genauen Mes-
sungen, die unter einem von Null verschiedenen Meßdruck ausgeführt werden,
muß auf den Meßdruck Null umgerechnet werden. Bei Vergleichsmessungen unter
gleichen Bedingungen erübrigt sich diese Rechnung.
b) Winkelmaße. Die Einheit für Winkelmaße ist der Bogengrad der
360°-Teilung. Daneben sind für Winkelmaße Verhältniszahlen gebräuch-
lich, durch die Angabe "Kegel 1 :50" wird ausgedrückt. da,(3 sich der
Kegel auf 50 mm Länge, in der Achsrichtung gemessen, um 1 mm ver
1*
4 Gerätzeichnungen.

jüngt, die "Neigung 1: 10" entspricht einem Winkel von arc tg 0,1 (Bogen-
360
maß) oder 2 n . arc tg 0,1 (Bogengrade).

3. Benennungen.
Damit im folgenden keine Mißverständnisse entstehen, seien die wich-
tigsten Begriffe des Toleranz- und Passungswesens festgelegt 1.
Zur Erläuterung dient Abb.l, die die gebräuchliche Darstellung von Toleranzen
zeigt, bei der die Toleranzfelder vergrößert gezeichnet sind.
a) Maß- und Toleranzwesen. Als Maß wird der Zahlenwert für die
Größe eines Körpers, z. B. für eine Länge, Breite, Höhe, Tiefe, Dicke,
Weite, einen Abstand, Halbmesser, Winkel usf. in Maßeinheiten be-
zeichnet.
Das Istmaß ist der an einem bestimmten Werkstück vorhandene,
durch Messen gefundene Zahlenwert einer geometrischen Größe,
Pre4silz Spie(silz

WeUe WeUe
Abb.1. Benennungen.

das Sollmaß der in einer Zeichnung oder Beschreibung vorgeschrie-


bene Zahlenwert. Da dieser mathematisch genau weder gefertigt noch
gem~ssen werden kann, werden an seiner Stelle meist zwei
Grenzmaße angegeben, zwischen denen das Istmaß des Werk-
stückes in der Fertigung beliebig ausfallen darf. Der Unterschied
zwischen den beiden Grenzmaßen ist die
Toleranz 2.
Toleranz bedeutet in der Technik die Zulassung einer Ungenauigkeit in
1 Im übrigen muß auf DIN 774, 775 verwiesen werden.
2 Das Fremdwort "Toleranz" ist beibehalten worden, vor allem weil es bei der
internationalen Passungsnorm aus Zweckmäßigkeitsgründen gewählt wurde. Das
Wort "Genauigkeit", das statt dessen im Lehrenbau vieHach in der Zusammen-
setzung "Herstellungsgenauigkeit" angewendet wird, führt zu Irrtümern, denn es
gibt den reziproken Wert der Toleranz an: Eine große Genauigkeit ist gleich-
bedeutend mit einer kleinen Toleranz.
Benennungen. 5
zahlenmäßig angegebenen Grenzen. Die Angabe einer Toleranz ist für alle meß·
baren, d.h. durch Zahlenwerte ausdrückbaren, technischen Größen möglich, z.B.
für die Festigkeit eines Werkstoffes (kg/mm 2 ), für die Dehnung (vH.), für chemische
Werte (Legierungs bestandteile in v H.), für elektrische (Volt, Ampere), physikalische
(Schwingungszahl in Hertz, Drehzahl in Uml./min, Einheitsgewicht in g/cm 3 ) oder
magnetische Größen (Feldstärke in Gauß).
Ferner kann man die Genauigkeit von Messungen durch Toleranzen ausdrücken.
So besagt die Angabe eines Einheitsgewichtes in der Form 2,718 ± 0,003 g/cm 3,
daß die Messung oder Meßreihe auf 3 Einheiten der dritten Stelle hinter dem
Komma genau war. In der Werkstatt·Technik haben Toleranzen immer nur die
Bedeutung von zulässigen Toleranzen, das Meßverfahren muß genauer
sein, als die Werkstücktoleranz.
Das Größtmaß ist das größte zulässige Maß, auch oberes Grenzmaß
genannt,
das Kle ins t maß ist das kleinste zulässige Maß, das untere Grenzmaß.
Das Toleranzfeld ist der Bereich zwischen Größt· und Kleinstmaß;
man sagt beispielsweise: Das Istmaß liegt in der Mitte des Toleranz·
feldes.
Das Gutmaß ist das Maß der Gutlehre, d. h. derjenigen Lehre, die
sich über· bzw. einführen lassen muß. Bei Wellen ist es das Größtmaß,
bei Bohrungen das Kleinstmaß.
Entsprechend ist das Ausschußmaß das Maß der Ausschußlehre,
die sich nicht über· bzw. einführen lassen darf: Bei Wellen das Kleinst·
maß, bei Bohrungen das Größtmaß.
b) Passungswesen. Mit Passung bezeichnet man die Beziehung zwi·
schen den Maßen zweier zusammengehöriger Teile: Welle und Bohrung,
Stück und Gegenstück.
Manchmal wird auch das Wort "Passung" fälschlich auf das einzelne Teil ohne
Bezug auf das Gegenstück angewandt, und zwar als Bezeichnung für eine genormte
(DIN· oder ISA.) Toleranz. Die Toleranz wird dann nicht zahlenmäßig, sondern
durch ein "Passungs".Kurzzeichen angegeben. Streng genommen kann eine
"Passung" nur durch das irgendwie geartete Zusammen"passen" zweier Stücke
entstehen.
Der Gütegrad (DIN) und die Qualität (ISA) geben ein Maß für
die Größe der Toleranz; im DIN.Passungssystem gibt es vier Gütegrade
(Edel., Fein., Schlicht· und Grobpassung), im ISA.Toleranzsystem
16 Qualitäten, von denen die ersten vier hauptsächlich für Lehren gelten.
Zwei zueinander "passende" Teile, z. B. Welle und Bohrung, haben
entweder
Spiel, wenn die Welle kleiner als die Bohrung ist, und zwar ergibt
sich aus den Grenzmaßen das
Größtspiel als der Unterschied zwischen Größtmaß der Bohrung
und Kleinstmaß der Welle, und das
Kleinstspiel als der Unterschied zwischen Kleinstmaß der Bohrung
und Größtmaß der Welle,
6 Gerätzeichnungen.

oder die beiden Teile haben


Übermaß (negatives Spiel), und zwar ergibt sich das
Größtübermaß als der Unterschied zwischen Größtmaß der Welle
und Kleinstmaß der Bohrung, und das
Kleinstübermaß als der Unterschied zwischen Kleinstmaß der
Welle und Größtmaß der Bohrung. Aus der Größe des Spieles oder Über-
maßes ergibt sich für das Zusammenpassen der beiden Teile ein be-
stimmter
Sitz. Man unterscheidet Spiel-. Übergangs- und Preßsitze : Spiel-
sitze haben immer Spiel, Übergangssitze je nach Auswirkung der Tole-
ranzen Spiel oder Übermaß, Preßsitze haben immer Übermaß.
Unter Paßtoleranz versteht man die Toleranz der Passung zweier
zusammengefügter Teile; sie ist gleich der Summe der beiden Toleranzen
und somit gleich der Spielsch wankung, wobei das Spiel auch negativ
(Übermaß) sein kann.

4. Schreibweise der Toleranzen.


a) Zahlenmäßige Angabe. Für die zahlenmäßige Angabe von Tole-
ranzen in Zeichnungen und sonstigen Vorschriften hat sich allgemein
folgende Schreibweise eingeführt, z. B. : 20 + 0,2. Man bezeichnet hierbei 20
als das Nennmaß und + 0,2 als das Abmaß.
Das Nennmaß gibt die Größenordnung an. Man wird hierfür mög-
lichst eine runde Zahl oder eine genormte Zahl nach DIN 3 oder DIN 323
wählen.
Bei Mengenfertigung wird im allgemeinen nicht mit Lehren gemessen, die das
Istmaß des Werkstückes anzeigen, sondern nur mit Grenzlehren, die die Grenz-
maße enthalten. Für diese Lehren und ihre Anwendung ist es gleichgültig, ob ihre
Maße runde oder Bruchzahlen sind. Im übrigen ergeben sich bei den ISA-Toleranzen
auch dann gebrochene Zahlen für die Lehrenmaße, wenn die Nennmaße glatte
Zahlen sind.
Das Abmaß gibt die Grenze der zulässigen Abweichung an. In dem
Beispiel 20 + 0.2 soll das Istmaß des Werkstückes zwischen den Grenz-
maßen 20 und 20,2 liegen. Das Abmaß kann positiv oder negativ sein, und
es können zwei Abmaße angegeben werden, die gleiche oder verschiedene
Vorzeichen haben. Haben die Abmaße verschiedene Vorzeichen und sind
sie gleich groß, so schreibt man z. B. 20 ± 0,1. Ist nur ein Abmaß an-
gegeben, so ist als zweites stets "Null" zu ergänzen. Man kann die
t
=
Toleranz 20+ 0,2 auch in folgenden Formen schreiben: 20,2_ 0 ,2; 19,9 g:~;
20,3 g:~; 20,1 ± 0,1. Alle diese Beispiele besagen das gleiche, die Schreib-
weise hat auf das Ausfallen der Istmaße am Werkstück keinen Einfluß.
Man erkennt, daß bei der Fertigung das Nennmaß bei einigen Beispielen
gar nicht erreicht werden darf.
t
Schreibt man beispielsweise in Abb. l links: 20,25 _ 0,1 statt 20 g:i~,
Schreibweise der Toleranzen. 7
so ist die erste Zahl (20,25) der Toleranzangabe nicht mehr gleich dem
Nennmaß (20), man bezeichnet sie in diesem Fall als das Grundmaß.
Auch das Nennmaß (Grundmaß) kann gleich Null sein, beispielsweise bei einem
niedrigen Arbeitsabsatz, der mit Rücksicht auf zwei verschiedene Arbeitsgänge
vorgesehen wird, aber ebensogut auch verschwinden kann: 0 + 0,2.
Welche Schreibweise soll nun im einzelnen Fall gewählt werden 1
An sich ist die Schreibweise vollkommen gleichgültig, doch wird es
zweckmäßig sein, nach einer bestimmten Richtlinie zu verfahren.
Man kann die Toleranzen so schreiben, daß zusammengehörige Werkstücke die
gleichen Grundmaße (= Nennmaß) haben. Abb. 1 zeigt, daß dann in vielen Fällen

=
zwei Abmaße angegeben werden müssen: Zur Bohruni 200 + 0,1 gehört beispiels-
t
weise die Welle 200 g:~ oder die Welle 200 g:i~· I
Man kann ferner grundsätzlich ± - Toleranzen angeben.
Wiederum ein anderer Gesichtspunkt wäre dle Abnutzung der Werkzeuge.
Beim Drehen einer Welle auf dem Automaten oder der Revolverbank hat die Ab-
nutzung der Werkzeuge das allmähliche Größerwerden der anfallenden Teile im
Laufe der Fertigung zur Folge und man würde sinngemäß schreiben können:
200+ 0,2, für eine Bohrung entsprechend: 200 - 0,2. BeiderspanlosenFormung
läßt sich die Abnutzungsrichtung der Werkzeuge nicht immer eindeutig bestimmen.
Schließlich können für die Wahl der Schreibweise Überlegungen zugrunde gelegt
werden, die sich auf die Lehrung beziehen. Eine Welle mit den Toleranzgrenzen
19,80 und 200 wird mit zwei Rachenlehren geprüft, die diese Maße haben. Die
Lehre mit dem Maß 20 muß hinübergehen, die Lehre mit dem Maß 19,8 darf sich
nicht überführen lassen. Die erste wird Gutlehre, die zweite Ausschußlehre genannt.
Beim Prüfen einer Bohrung dagegen liegen die Verhältnisse umgekehrt: Der kleinere
Lehrdorn muß sich einführen lassen, der größere darf nicht hineingehen, sondern
höchstens anschnäbeln. Legt man nun fest, daß die Gutlehre das Grundmaß
haben soll und die Ausschußlehre dem Abmaß entspricht, so muß man alle Wellen
mit Minustoleranzen (20_0,2) und alle Bohrungen mit Plustoleranzen (19,8 + 0,2)
schreiben.
Für diese Regelung spricht noch ein weiterer Gesichtspunkt: der der "Ferti-
gungsrichtung" bei spangebender Formung. Wird eine Welle, für die die Toleranz-
grenzen 19,80 und 20(/) gegeben sind; aus gewalztem Werkstoff von 22(/) abge-
dreht, so ist sie "noch nicht gut" im Sinne der Toleranzvorschrift, solange sie dicker
ist als 200. Dreht man weiter dünne Späne herunter bis auf ein Maß, das zwischen
19,8 und 20 liegt, so ist sie "gut". Dreht man weiter, kleiner als 19,8, so wird sie
"Ausschuß", reif für den Schrott. Die "Fertigungsrichtung" geht folglich bei der
Welle nach Minus, bei der Bohrung nach Plus.
Bei der Schreibweise, die sich auf die Lehrung und auf die Fertigungs-
richtung stützt, muß auf die Gleichheit der Grundmaße bei zusammen-
gehörigen Werkstücken verzichtet werden; diese hat im allgemeinen nur
für den Konstrukteur, der die Maße prüft und Bauteile miteinander ver-
gleicht, einen gewissen Nutzen, für die Werkstatt ist sie bedeutungslos.
Die Schreibweise hat den Vorzug, daß immer nur ein Abmaß geschrieben
zu werden braucht und dadurch die Zeichnungsangaben übersichtlicher
werden (Abb.2). Ferner erhalten Lehren für die gleichen Grenzmaße
auch die gleiche Aufschrift, dadurch wird die Wiederverwendung an
anderer Stelle erleichtert.
8 Gerätzeichnungen.

Aus diesen Gründen wird vielfach nach der Regel verfahren, daß alle
tolerierten Wellen ein negatives, alle tolerierten Bohrungen ein positives
Abmaß erhaltenl .
Bei Lochabstandmaßen läßt sich eine ausgesprochene Fertigungs-
richtung nicht angeben, das Maß soll vielmehr mit einer bestimmten
Genauigkeit getroffen werden. Ausschuß wird das
Z9-q2
Stück bei zu großer Abweichung nach beiden Rich-
tungen. Solche Maße werden daher zweckmäßig
mit ±-Abmaßen versehen, z. B. 50 ± 0,1.
Beim Abstand gleichgerichteter Flächen (A und
B in Abb. 3), einem sog. Tiefenrnaß, läßt sich eine
Ausschußrichtung nicht bestimmen, denn das Werk-
stück ist nicht unbedingt Ausschuß, wenn die Gren-
Abb.2. Verzicht auf
gleiche Grundmaße, zen der Zeichnungstoleranz (12 + 0,1) über- oder unter-
abernur je ein Abmaß. schritten sind; durch Nachdrehen einer der beiden
Flächen kann es gerettet werden, vorausgesetzt, daß nicht andere Tole-
ranzen (30 + 0,15) dadurch gefährdet werden.
Betrachtet man die Fläche A (Abb.3) als Ausgangsfläche für die
Maße 12 und 30, so geht die Fertigungsrichtung
offenbar in der Abbildung nach links. Dann sind 12
und 30 als Gutmaße und 12,1 und 30,15 als Aus-
schußmaße anzusprechen. Würde man die Fläche B
zum Ausgang der Fertigung nehmen, so müßte nach
obiger Richtlinie geschrieben werden: 12,1- O,l.
Abb.3. f
Fertigungsrichtung, Abb. 4 zeigt eine Schreibweise ür Symmetrie-
A ist Ausgangsfläche.
toleranzen. Der gebrochene Linienzug mit der An-
gabe ± 0,1 bringt zum Ausdruck, daß der Schlitz 6 Dll höchstens um
0,1 mm unsymmetrisch zur Welle 200 h5 liegen darf. Das Nennmaß
Null wird hierbei fortgelassen. Die Lage der beiden Knickstellen zeigt
an, auf welche Flächen sich die Toleranz be-

~: w-E8·t-3
zieht.
b) Kurzzeichen. Im DIN-Passungssystem
sind Toleranzen in bezug auf die Größe und
Abb.4. Symmetrietoleranz Lage zur Null-Linie für bestimmte, häufig vor-
Schlitz 6 Dll darf zur Welle
200 h5 nach jeder Richtung kommende Zwecke genormt. Für die verschie-
0,1 nnsymmetrisch liegen.
denen Nennmaßbereiche von 1 bis 500 mm sind
Abmaßreihen aufgestellt worden. Die Toleranz muß selbstverständlich
mit wachsendem Nennmaß größer werden. Es wurde daher der Begriff

1 Die hier und im folgenden gemachten Vorschläge für die zahlenmäßige An-
gabe von Toleranzen sind der Heergerätnorm HgN 106 06 entnommen; diese
Schreibweise ist für Zeichnungen der Wehrmacht vorgeschrieben. Das Normblatt
kann durch den Beuth-Verlag, Berlin SW19, Dresdener Str.97, bezogen werden.
Schreibweise der Toleranzen.

der Paßeinheit (PE) geschaffen und auf Grund langjähriger Erfahrungen


die Beziehung: 1 PE = 0,005 VD " festgelegt.
Man unterscheidet vier Gütegrade : edel, fein, schlicht und grob. Die
Edelwelle hat das Kurzzeichen eW und ein Abmaß von -0,75 PE, die
Feinwelle W = -1 PE, die Schlichtwelle sW = - 3 PE, die Grobwelle
gW = -10 PE. Die entsprechenden Bohrungen haben folgende Ab-
maße: eB = + 1 PE, B = + 1,5 PE, sB = + 3 PE, gB = + 10 PE.
Diesen Wellen und Bohrungen sind verschiedene Spiel-, Übergangs- und
Preßsitze mit entsprechend dem Verwendungszweck gewählten Spielen
und Übermaßen zugeordnet.
Geht man von der Welle aus und ordnet dieser für die verschiedenen
Sitzarten entsprechende Bohrungen zu, so erhält man das Einheits-
wellensystem; geht man von der Bohrung aus, so spricht man vom
System Einheitsbohrung. In beiden Fällen wird von der Null-
Linie ausgegangen, die im Toleranzschaubild (Abb. 1) das Nennmaß
darstellt, und zwar erhält von der Null-Linie aus die Einheitswelle (eW,
W, sW, gW) ein negatives, die Einheitsbohrung (eB, B, sB, gB) ein posi-
tives Abmaß. Die Darstellung in Abb. 1 gilt für Einheitsbohrung. Die
verschiedenen Sitze, z. B. Preßsitz, Festsitz, Treibsitz, Gleitsitz, Lauf-
sitz usw., unterscheiden sich durch ihren Abstand von der Null-Linie und
die Größe der Toleranz. Sie werden durch Kurzzeichen (Buchstaben) auf
der Zeichnung angegeben.
Im internationalen (ISA-) Toleranzsystem, das auch in die
deutschen Normen aufgenommen wurde, sind im ganzen 16 Gütegrade
(Qualitäten) festgelegt, von denen die ersten vier hauptsächlich für Leh-
ren bestimmt sind. Neben der vermehrten Auswahl an genormten Tole-
ranzen ist als wesentlicher Fortschritt die regelmäßige Stufung der
Qualitäten zu betrachten: Jede Qualität ist um 60 vH. gröber als die
vorhergehende. Ferner ist die Toleranz (für den gleichen Nennmaß-
bereich) innerhalb einer Qualität für alle Wellen und Bohrungen die
gleiche (s. Zahlentafeli), dies war beim DIN-Toleranzsystem nicht der
Fall. Außerdem ist bei den Spielsitzen für den gleichen Sitz der Abstand
von der Null-Linie in allen Qualitäten der gleiche. Diese genannten,
wesentlichen Punkte des ISA-Toleranzsystems bedeuten eine gewaltige
Vereinfachung im Aufbau des Systems.
Für die Größe der Toleranzen gilt die Beziehung:
3

i = 1 ITI (mm) = 0,00045 VD + 0,000001 D.


Als Faustformel kann man sich merken, daß lOi,...., 1 PE ist.
Die Kurzzeichen setzen sich zusammen aus einem Buchstaben, der
den Abstand von der Null-Linie (die Sitzart) kennzeichnet und für Boh-
1 IT = Internationale Toleranz.
10 Gerätzeichnungen.

rungen groß, für Wellen klein geschrieben wird, und einer Zahl, die die
Qualität angibt; z. B. ist h 8 eine Welle der 8. Qualität, deren Toleranz
von der Null-Linie nach Minus geht; H 8 ist die Bohrung mit der gleichen
Toleranz nach Plus. Die Systeme Einheitswelle und Einheitsbohrung

Zahlentafell. I SA- Grund toleranzen 1.


Werte in fl = 1 1100 0 mm.
.., Nennrnaßbereich rnrn
Tole-
~ ran-
3 I über
Iüber 10 I über
6 I über über I über 80 I über
60 I über 120 I 180
über I über
260 I über
316 I über
"'" 1 18 30 400 zen
1 1 ini
(j
bis bis 1 bio! bis 1 bis bis bis bis bis bis bis bio! his
3 6 10 18 30 50 80 120 180 250 316 400 600

1
2
1,5 1,5 1,5
2 2 2
l,g I 1,5
2
2
3
21
3
3
4
4
5
5
7
6
8
7
9
8
10
-
-
3 3 3 3 3 4 4 5 6 8 10 12 13 15 -
4 4 4 4 5 6 7 8 10 12 14 16 18 20 -
-
5 5 5 6 8 9 11 13 15 18 20 23 25 27 =7
6 7 8 9 11 13 16 19 22 25 29 32 36 40 10
7 9 12 15 18 21 25 30 35 40 46 52 57 63 16
8 14 18 22 27 33 39 46 54 63 72 81 89 97 25
9 25 30 36 43 52 62 74 87 100 115 130 140 155 40
10, 40 48 58 70 84 100 120 140 160 185 210 230 250 64
11 60 75 90 110 130 160 190 220 250 290 320 360 400 100
12 190 120 150 180 210 250 300 350 409 460 520 570 630 160
13 140 180 220 270 330 390 460 540 630 720 810 890 970 250
14 250 300 360 430 520 620 740 870 1000 1150 1300 1400 1550 400
15 400 480 580 700 840 1000 1200 1400 1600 1850 2100 2300 2500 640
16 600 750 900 1100 1300 1600 1900 2200 2500 2900 3200 3600 4000 1000

sind beibehalten. Das ISA-System gestattet in höherem Maße als das


DIN-System eine beliebige Paarung von Wellen und Bohrungen aus ver-
schiedenen Qualitäten.
Der Konstrukteur sollte sich, soviel wie irgend möglich, der Toleranz-
kurzzeichen bedienen, sofern die Anwendung genormter und handels-
üblicher Lehren möglich ist. In vielen Fällen wird dies nicht nur bei
Rundpassungen, sondern auch bei Flachpassungen möglich sein. Auch
bei zahlenmäßiger Angabe ist die Anlehnung an die ISA-Toleranzen zu
empfehlen, weil dadurch die Maße der Sonderlehren gegeben sind.

5. Maßeintragung.
Es ist keineswegs gleichgültig, in welcher Weise die Maße in die Ge-
rätzeichnung eingetragen werden, ob sie von dieser oder jener Werk-
1 Nach DIN 7151. Wiedergegeben mit Genehmigung des Deutschen Normen-
ausschusses. Verbindlich ist die jeweils neueste Ausgabe des Normblattes im
Normformat A4, das beim Beuth-Verlag, G.m.b.H., Berlin SWI9, erhältlich ist.
Maßeintragung. 11
stückkante ausgehen, ob eine Lochreihe gleich einer Kette von Loch zu
Loch bemaßt wird oder die Abstandmaße für alle Bohrungen einzeln von
einer gemeinsamen Ausgangsfläche aus angegeben werden. Dies gilt ganz
besonders für Maße, die mit bestimmter Genauigkeit gefertigt und folg-
lich mit Toleranzen versehen werden müssen.
Für die Art der Maßeintragung sind drei Gesichtspunkte richtung-
gebend:
1. Funktion,
2. Fertigung (Werkzeugmaschine, Vorrichtung, Werkzeug),
3. Prüfung (Lehre).
Es kommt oft vor, daß diese drei Punkte ganz verschiedene Arten der
Maßeintragung erfordern, und es ist die Aufgabe des Konstrukteurs, einen
Mittelweg zu finden, so daß das Teil seinen Zweck erfüllt und wirtschaft-
lich gefertigt und geprüft werden. kann.
Die Forderungen, die die Funktion berühren, sind dem Konstrukteur
von vornherein geläufig. Als Schöpfer der Konstruktion wird er sofort
sagen können, welches bei dem einzel- Ir' U
nen Teil die funktionstechnisch richtige
Maßeintragung wäre. Aber es ist not-
wendig, daß bei der Fertigung auch
die angegebenen Maße unmittelbar
~-----w------~
ohne Umwege entstehen. Die Grün-
Abb. 5. Fuuktions-, Fertigungs-
de für diese Notwendigkeit werden noch und Prüfmaße.
eingehend dargelegt. Ferner ist es ein-
leuchtend, daß bei jedem Arbeitsgang das Maß so gemessen werden muß,
wie es gefertigt wird; doch nicht immer ist mit dem besten Fertigungs-
verfahren auch das beste Meßverfahren gegeben.
Abb.5 zeigt ein ganz einfaches Gerätteil, an dem diese Beziehungen
studiert werden können. Zunächst sei angenommen, daß das Maß R für
die Funktion von Wichtigkeit ist.
Die Werkstatt wird zuerst die Flächen 1 und 2 bearbeiten oder ge-
zogenes Halbzeug verwenden. Die Fertigung der Fläche 3 nach dem
Maß R wird mit einer einfachen Vorrichtung (Schraubstock mit Sonder-
backen) auf einer Waagerecht-Fräsmaschine oder Kurzhobelmaschine er-
folgen, während das Werkstück auf der Fläche 1 aufliegt. Um das Maß R
möglichst genau zu erreichen, muß man das Werkzeug jedesmal auf der
Fläche 2 aufsitzen lassen und dann den Tisch um den Betrag R heben.
Das ist bei Mengenfertigung unwirtschaftlich.
Würde man in Anlehnung an die Maßangabe R im Maschinenschraub-
stock eine Anlage für die Fläche 2 schaffen, so hätte das den Nachteil, daß
die senkrechte Teilkraft des Schnittdruckes allein von der Reibung an den
Schraubstockbacken aufgenommen werden muß. Die andere Möglich-
12 Gerätzeichnungen.

keit, in einer Vorrichtung auf die Fläche 1 gegen eine feste Anlage für
Fläche 2 zu spannen, ist ebenfalls unvorteilhaft. Es wird gegen eine
Hauptregel des Vorrichtungsbaues verstoßen: Das Werkzeug arbeitet
gegen die Spannung, der Schnittdruck sucht das Stück von der Auflage-
fläche 2 abzuheben. Dies hat zur Folge, daß mit geringerem Vorschub
und mit größerer Toleranz gerechnet werden muß.
Fertigungstechnisch richtiger ist demnach die Auflage auf der Fläche 1.
Bei bleibender Einstellung des Werkzeugmaschinentisches entsteht nicht
das Maß R, sondern das Maß 8. Diese Art der Maßeintragung hat auch
für die Messung Vorteile, denn das Maß 8 ist ein Wellenmaß und kann mit
einer Rachenlehre gut und mit großer Meßsicherheit geprüft werden. Das
fertige Werkstück kann zwar erst gemessen werden, nachdem es der Vor-
richtung entnommen ist; aber dies ist ein Nachteil, der bei Mengenferti-
gung unwesentlich ist und selten vermieden werden kann. Das Maß R
dagegen ist ein Tiefenmaß, die Messung ist schwieriger und unsicherer.
Dazu kommt noch, daß für 8 eine normale Rachenlehre anwendbar ist,
während Reine Sonderlehre erfordert.
Man erkennt, daß aus fertigungs- und lehrentechnischen Gründen die
Maßeintragung 8 vorteilhafter ist. Dann entsteht aber das für die
Brauchbarkeit wichtige Maß nicht unmittelbar, sondern mittelbar über
das Hilfsmaß T, und es ist R = T - 8.
Für jedes dieser Maße T und 8 braucht die Werkstatt eine Fertigungs-
toleranz. Nimmt man für beide Maße ein Abmaß - 0,1 an, so kann in den
äußersten Fällen
T entweder gleich T oder gleich T - 0,1 und
8 entweder gleich 8 oder gleich 8 - 0,1 werden. Dann kann R in
einem Grenzfall gleich
T - (8 - 0,1) = R + 0,1, im anderen gleich
(T - 0,1) - 8 = R - 0,1 werden, d. h. R kann um 0,2 mm schwan-
ken. Man sieht, daß sich die Toleranzen addieren. Der Vorteil besserer
Fertigung und Messung wurde damit erkauft, daß an Stelle einer gro-
ßen (0,2) zwei kleine (0,1) Toleranzen vorgeschrieben sind. Man wird
trotzdem diese Maßeintragung wählen, wenn das Maß T ohnehin toleriert
werden muß.
Wenn aber die Funktionstoleranz von R sehr klein sein muß, so
klein, daß die Einhaltung der sich daraus durch Aufteilung ergeben-
den Toleranzen von 8 und T mit gewöhnlichen Fertigungsmitteln
Schwierigkeiten macht und zuviel Ausschuß ergibt, dann wird nichts
anderes übrigbleiben, als Rund T einzutragen und eine verwickeltere
Vorrichtung in Kauf zu nehmen. Wenn das letzte an Verbilligung
herausgeholt werden soll, kann nur eine genaue Kostenrechnung und
Gegenüberstellung der beiden Verfahren entscheiden. Bei dieser Rech-
Maßeintragung. 13

nung spielt selbstverständlich die zu fertigende Stückzahl eine wesent-


liche Rolle.
Bei der Fläche 4 ist für die Fertigung und Prüfung die Maßangabe U
zweckmäßiger als V. Dies ergibt eine einfache Überlegung an Hand des
vorstehenden. Es ist jedoch nicht zweckmäßig, beide Maße U und V
einzutragen, wenn außerdem noch die Summe W (als Gesamtmaß des
Stückes) notwendig ist. Wird eines von diesen Maßen einmal geändert,
so muß stets ein zweites mitgeändert werden, und dies ist eine un-
erschöpfliche Quelle von Fehlern. Aus dem gleichen Grunde sollte auch
jedes Maß nur einmal eingetragen und nicht in verschiedenen Ansichten
und Schnittdarstellungen wiederholt werden.
Ausnahmen von dieser Regel sind nur bei
sehr verwickelten Stücken zur Verdeutlichung
der Zeichnung zu empfehlen. Die Werkstatt
gewöhnt sich erfahrungsgemäß sehr schnell an
diese Gepflogenheit. Voraussetzung ist, daß die Abb. 6. Fertigungs- und Prüfmaß.
Maße dort angegeben werden, wo sie am ehesten gesucht werden.
Ein weiteres Beispiel zeigt Abb. 6, eine Bohrungstiefe. Für die Fer-
tigung mag das Maß P zweckmäßiger erscheinen: Auflage auf der
Fläche 1 und fester Anschlag an der Bohrmaschine, Eine Lehre für P
würde aber so verwickelt werden, daß unbedingt Maß Q vorzuziehen ist,
vor allem dann, wenn aus Funktionsgründen eine große Toleranz zu-
gelassen werden kann.
Befder Maßeintragung in einer Werkstückzeichnung wird man nach
vorstehendem zweckmäßig so vorgehen, daß man sich zunächst über alle
Funktionsmaße und die hierfür erforderlichen Toleranzen Klarheit ver-
schafft; sodann wird festzustellen sein, welche Maße als Zusammenbau-
maße von Wichtigkeit sind und eine Toleranz erhalten müssen. Hierbei
kann sowohl an den Zusammenbau bei der Fertigung als auch an aus-
tauschbare Ersatzteile gedacht werden.
Nachdem das geschehen ist, ist es eine unumgängliche Notwendigkeit,
daß entweder der Konstrukteur selbst oder das Arbeitsvorbereitungsbüro
in großen Zügen und wenigstens in Gedanken einen Fertigungsplan auf-
stellt; bei verwickelten Werkstücken ist es sehr zu empfehlen, den Fer-
tigungsplan in Stichworten zu Papier zu bringen, damit der richtige Ab-
lauf der Arbeitsgänge sichergestellt ist. Ja, es wird sogar manchmal not-
wendig sein, wichtige Vorrichtungen und Lehren in ein paar Strichen zu
skizzieren.
Bei dieser Arbeit wird sich dann sehr häufig herausstellen, daß die
Maßeintragung und Tolerierung, so wie sie für Funktion und Zusammen-
bau vorläufig ermittelt waren, nicht so bleiben können, sondern daß Maß-
umschreibungen notwendig werden, bei denen dann eine Aufteilung der
gegebenen Toleranzen eintritt.
14 Gerätzeichnungen.

Beim Vorrichtungsbau für spangebende Formung ist der Gedanken-


gang außerordentlich einfach; er kehrt, mit kleinen Abweichungen, immer
wieder:
1. Ausgangsfläche (Fläche, Bohrung, Zapfen usw.),
2. Spannmöglichkeit,
3. Bearbeitung und Genauigkeit.
Bei der spanlosen Formung ist er ganz ähnlich, meist fällt dann noch
Punkt 2 fort. Beim Lehrenbau heißt es: Ausgangsfläche, Meßvorgang,
Genauigkeit.
Aus den vorstehenden Darlegungen und aus den danach an prak-
tischen Beispielen durchgeführten Betrachtungen wird man zwei
wichtige Erkenntnisse für die Bemaßung von Werkstattzeichnungen
schöpfen.
1. Jedes Maß hat zwei Enden, die äußerlich so aussehen, als ob sie
gleichartig und gleichberechtigt seien. Doch das ist nicht so! Viele

t++++-+
• .1. .1. .1. .1
t-+-+-++-t
tJ ! I !
, .I! I
I: ., .i
Abb.7. Lochreihe, Kettenmaße. Abb.8. Lochreihe, Maßangabe von
einer Fläche aus.

Maße laufen in einer bestimmten Richtung, sie führen von einer irgend-
wie gestalteten Fläche zu einer anderen und nicht umgekehrt, wobei die
erste Fläche bereits fertig ist und die zweite zu fertigen ist. Ein Beispiel
hierfür ist das Maß S in Abb. 5: Es führt von der, Fläche I auf die
Fläche 3. Als weiteres Beispiel sei das Maß von einer Fläche zu einer
Bohrung genannt. Diese Eigenschaft besitzen nicht alle Maße, z. B.
Wellen- und Bohrungsdurchmesser.
2. Daraus folgt: Durch die Art der Maßeintragung wird die Reihen-
folge und Art der Fertigoogsgänge bis zu einem gewissen Grade fest-
gelegt. Wird ein toleriertes Maß bei der Fertigung auf Umwegen erreicht,
so muß die Toleranz der Zeichnung aufgeteilt werden.
Nunmehr wird man erkennen, daß es nicht richtig ist, eine Lochreihe
so zu bemaßen, wie in Abb. 7 angedeutet, sobald es auf die Lage der Boh-
rungen irgendwie ankommt und Toleranzen eingeschrieben werden müs-
sen. Für die Vorrichtung ist eine gemeinsame Ausgangsfläche oder -boh-
rung notwendig; dies wird bei der Bemaßung nach Abb. 8 zum Ausdruck
gebracht.
Der Einwand, daß die Genauigkeit in der Bohrvorrichtung liege und
von der Art der Maßeintragung nicht beeinflußt werde, versagt, wenn
Maßeintragung. 15
man beginnt, Toleranzen einzutragen, und bedenkt, daß sie sich am Ende
der Kette addieren.
Für die Arbeitsvorbereitung (Aufstellung der Fertigungspläne, Ent-
wurf der Vorrichtungen, Werkzeuge und Lehren) und für die Fertigung
ist von großem Wert, wenn für möglichst viele Maße die gleichen Aus-
gangsflächen, -bohrungen oder -zapfen benutzt werden. Diese Flächen
sollen möglichst groß sein und die sichere Aufspannung während des
Arbeitsganges ermöglichen, ohne daß das Werkstück verspannt wird.
Mitunter wird man besondere Flächen vorsehen müssen, die für den Ver-
wendungszweck des Teiles nicht erforderlich sind oder später weg-
gearbeitet werden müssen.
Die Beurteilung der Maßeintragung vom fertigungstechnischen Stand-
punkt fällt anders aus, wenn mit Formwerkzeugen (Formfräser, Satz-

I..
-

Abb.9. Sperrhaken. A,. A, = Ausgangsmaße Abb. 10. Stanzteil. Ar oder A, = Ausgangs-


für Formwerkzeug. Die zU fertigende FOlm fläche, daher Bemaßung von den
ist dick ausgezogen. Mittellinien aus.

fräser, Formstahl) oder mit Schnittwerkzeugen (Folgeschnitt, Block-


schnitt) gearbeitet wird. Dann wird es zweckmäßiger sein, die Maße in
Anlehnung an die Werkzeugzeichnung, innerhalb der Werkzeugform, an-
zugeben, und nicht alle Maße von einer Fläche aus. Die angebenen Tole-
ranzen sind dann wertvolle Anhaltspunkte für den Werkzeugkonstruk-
teur, der so in der Lage ist, die Toleranzen unmittelbar in das Werkzeug
hineinzuarbeiten, z. B. das Durchmesserverhältnis eines Fräsersatzes oder
die Form eines Schnittstempels. Dies gilt freilich nur, wenn nicht schwer-
wiegende funktions- und lehrentechnische Bedenken entgegenstehen.
Ausgangsmaße für die Bearbeitung werden jedoch auch in diesem Falle
notwendig sein. Beispiele hierfür zeigen Abb. 9 und 10.
Manchmal wird die Frage Schwierigkeiten verursachen, ob ein Teil in Gebrauchs-
(Fnnktions-) oder in Fertignngslage darzustellen und zu bemaßen ist. Im allge-
meinen wird die Fertignngslage vorzuziehen sein, denn es empfiehlt sich nicht, ein
Teil schiefliegend zu zeichnen und durch waagerechte nnd senkrechte Koordinaten
zu bemaßen. Die Gebrauchslage ist dann vorzuziehen, wenn sehr enge Toleranzen
erforderlich sind nnd die FImktionsmaße nur auf diese Art richtig wiedergegeben
werden können. Dann muß eine unbequemere Fertigung und Prüfung in Kauf
genommen werden.
16 Gerätzeichnungen.

6. Welche Maße sind zu tolerieren 1


Der Konstrukteur, der eine Werkstattzeichnung für ein Gerätteil an-
fertigt, muß sich beim Einschreiben der Maße darüber klar sein, daß
kein Maß mathematisch genau eingehalten wird. Diese Vor-
stellung ist die wichtigste Voraussetzung für toleranztechnisches Denken.
Für die Fertigung braucht die Werkstatt stets eine gewisse Toleranz,
zwei konkrete Zahlenwerte, innerhalb deren die Werkstücke beliebig
.ausfallen dürfen.
Damit ist nicht gesagt, daß jede Toleranz in der Zeichnung angegeben
werden muß. Im allgemeinen wird man nur die Maße tolerieren, die für
die Brauchbarkeit und Austauschbarkeit des Werkstückes wichtig sind.
Es sei an dieser Stelle davor gewarnt, aus Überängstlichkeit vor Entgleisungen
der Werkstatt allzu viele Maße mit Toleranzen zu versehen. Das ist auch dann
noch unwirtschaftlich, wenn die Toleranzen so groß wie irgend möglich gewählt
werden. Denn in den meisten Werkstätten wird für jedes tolerierte Maß eine
Grenzlehre eingesetzt und - ganz richtig - rücksichtslos jedes Werkstück ver-
worfen, daß dieser Lehre nicht genügt.
Im wesentlichen werden bis jetzt meist nur Längenmaße toleriert;
Winkeltoleranzen, Angaben über Parallelität, Rechtwinkligkeit, Radial-
.schlag, Stirnschlag usw. werden verhältnismäßig selten angewandt. Das
ist als ein Mangel anzusehen.
Damm 1 hat den interessanten Versuch unternommen, auch für diese Größen
Toleranzzeichen zu schaffen. Allein es muß auch hier vor Übertreibungen gewarnt
werden, um den Lehrenpark nicht übermäßig anschwellen zu lassen und die Ferti-
gung nicht zu sehr einzuengen. Denn ein Stück wird oft nicht schon dadurch un-
brauchbar, daß eine von vielen voneinander abhängigen Toleranzen über-
schritten wird, solange die Überschreitung durch einseitige Einengung oder auch
Überschreitung einer anderen Toleranz ausgeglichen wird2 • Für die Werkstatt gilt
aber jede Toleranz für sich als eine Vorschrift.
Es erscheint zweckmäßiger und bequemer, eine Funktionslehre zu bauen, die
alle diese Einzeltoleranzen in ihrer Gesamtauswirkung nachzuprüfen gestattet;
in der Gerätzeichnung muß auf diese Lehre hingewiesen werden. Für eine Kurbel-
welle beispielsweise kann man sich diese Lehre als eine Nachbildung des Kurbel-
gehäuses denken, deren Maße so gewählt sind, daß die Austauschbarkeit gewähr-
,leistet ist. Dementsprechend würde die Funktionslehre für das Kurbelgehäuse die
Form (lehrenfertigungstechnisch vereinfacht) der Kurbelwelle haben.
Toleranzen für Parallelität, Rechtwinkligkeit, Stirnschlag usw. sind
im Grunde nichts anderes als Winkeltoleranzen, bei denen das Nenn-
maß 0°, 90° oder 180° ist. Radialschlag ist eine Abweichung von der
Symmetrie (S. 8).
Alle Winkeltoleranzen erfordern eine gewisse Vorsicht: Man rechne die Aus-
wirkung der Toleranz am Ende des kürzesten Schenkels des Winkels in Millimeter
um, um sich über die Größe der Winkeltoleranz Klarheit zu verschaffen.

Siehe Schrifttum Nr. 11.


1
Es darf z.B. in gewissen Grenzen ein Kurbelzapfen mehr schiefstehen,
2
wenn er entsprechend dünner ist.
Welche Maße sind zu tolerieren? 17
Ferner kommt es bei verwickelten Werkstücken mit Winkelmaßen leicht vor,
daß eine Fläche des Werkstückes überbestimmt wird; die beste Gegenkontrolle ist
das Aufzeichnen nach den Regeln der elementaren Geometrie mit den gegebenen
Maßen; hierbei stellt sich heraus, welche Maße überflüssig sind.
Nach dem Zweck und der Wichtigkeit der Maße und im Hinblick auf
die Tolerierung können unterschieden werden:
a) Maße, die für das richtige Wirken aller Teile des Gerätes entschei-
dend sind. Dieses Wirken kann sich sowohl auf das Teil für sich als auch
auf eine Anzahl ineinandergreifender und zusammenwirkender Teile be-
ziehen. Es kann beeinflußt werden:
1. durch die geometrischen Abmessungen des Einzelteils mit Bezug
auf das kinematische Zusammenarbeiten mit anderen Teilen.
Beispiel: Länge eines Hebelarms.
2. durch Maße, die für die statische oder Wechselfestigkeit bedeut-
sam sind.
Beispiele: Wanddicke eines Hochdruckgefäßes, Durchmesser eines Ge-
windefreistiches.
3. durch Maße, die für Gewicht, Rauminhalt, Federkraft, Trägheits-
moment, Auswucht~ng usw. bedeutsam sind.
Beispiel: Gewicht und Schwerpunktlage eines Geschosses.
Oft empfiehlt es sich, die unter 2. und 3. genannten Größen nicht durchMaß-
toleranzen festzulegen, sondern durch Toleranzen für diese Größen selbst.
Das Federschaubild einer Schraubenfeder beispielsweise ist nicht allein vom
Drahtdurchmesser, dem Windungsdurchmesser und der Windungszahl abhängig,
sondern auch vom Elastizitätsmodul des Werkstoffes, der Schwankungen unter-
liegt. Diese Schwankungen sind dem Konstrukteur meist nicht bekannt, er müßte
sie aber berücksichtigen, wenn er ein Schaubild, das in bestimmten Grenzen liegt,
erreichen will. Daher ist es besser, die Federkraft bei bestimmter Federlänge (oder
die Länge bei bestimmter Kraft) zu tolerieren und es dem Hersteller zu überlassen,
wie er z. B. durch Wahl der Drahtdicke die Schwankungen der Werkstoffeigenschaf-
ten ausgleicht.
Eine Gewichtstoleranz erfordert oft sehr kleine Maßtoleranzen, die die Fertigung
unnötig erschweren; das Endergebnis kann dennoch unsicher bleiben wegen kleiner
Schwankungen im Einheitsgewicht des Werkstoffes. Wenn nur eine sehr kleine
Gewichtstoleranz zulässig ist, ist es deshalb besser, an einer Stelle des Stückes
solange nachzuarbeiten, bis das Gewicht innerhalb der Sollgrenzen liegt. Die übrigen
Maßtoleranzen können dann erheblich größer gewählt werden.
Ebenso kann eine Fahrzeugachse besser durch die elastische oder bleibende
Formänderung bei bestimmter Belastung geprüft werden, anstatt eine große Anzahl
von Maßen zu tolerieren.
In diesem Zusammenhang müssen auch die Größen genannt werden, die durch
Maße überhaupt nicht beeinflußt werden, z. B. die Festigkeit und Bruchdehnung
-des Werkstoffes, für die in den Werkstoffnormen Grenzen angegeben sind, die
Härte, für die bei den verschiedenen Prüfverfahren Toleranzen vorgeschrieben wer-
den können und weiterhin alle Werkstoffeigenschaften, Korrosionsfestigkeit, Ver-
schleißfestigkeit, Eigenschaften von Farbanstrichen, Astfreiheit von Holzteilen usw.,
soweit hierfür Prüfverfahren vorhanden sind und Vorschriften gemacht werden
müssen.
Leinweber, Toleranzen. 2
18 Gerätzeichnungen.

b) Maße, die für den Zu sam me n bau des Gerätes entscheidend sind,
und zwar:
1. den einmaligen Zusammenbau bei der Herstellung,
2. den wiederholten Zusammenbau beim Gebrauch.
Beispiele: Nähmaschinenschiffchen, Verschluß für den Brennstoffbehälter
am Kraftfahrzeug.
3. den Ersatz unbrauchbar gewordener Teile oder Baugruppen.
Beispiel: Mikrophondose beim Fernsprecher.
c) Hilfsmaße für die Fertigung, die für die ein- oder mehr-
malige Aufnahme in Vorrichtungen besonders geeignet, aber weder für
das Wirken noch für den Zusammenbau von Wichtigkeit sind.
Wird ein solches Maß toleriert, so muß es als Hilfsmaß gekennzeichnet werden;
sonst wird das Fertigungsverfahren einseitig festgelegt, und bei Abweichungen von
dem gedachten Fertigungsverfahren unwichtige Maße unnötig genau gefertigt oder
sogar Werkstücke verworfen, die vollkommen brauchbar sind. Wenn die Frage
nicht vorher mit der Betriebsleitung besprochen werden kann, ist es besser, das
Aussuchen eines geeigneten Maßes der Arbeitsvorbereitung zu überlassen.
d) Freie Baumaße, die weder für das Wirken noch für den Zu-
sammenbau, noch für die Fertigung von irgendwelcher Bedeutung sind.
Beispiele: Griffdurchmesser einer Handkurbel, Wanddicke eines wenig be-
anspruchten Teiles.
Es kann keine grundsätzliche Richtlinie dafür angegeben werden,
welche von den unter a) bis d) aufgeführten Maßen in der Zeichnung ~ine

Abb.11. Aussuchen durch Gruppenbildung.


Kleinstspiel = 0, GrößtspieI = G.

Toleranzangabe erhalten sollen. Die Beantwortung dieser Frage hängt


von der zu fertigenden Stückzahl und von den besonderen Verhältnissen
der fertigenden Werkstatt, insbesondere auch von der werkstattüblichen
Genauigkeit bei nichttolerierteü""Maßen ab.
Im allgemeinen wird man Maße, die für das Wirken und den Zu-
sammenbau wichtig sind, tolerieren, freie Baumaße dagegen nicht.
Toleranzen können vermieden oder erheblich vergrößert werden
durch:
1. AUSBuchen. Beim Zusammenbau werden zusammenpassende
Größe der Toleranzen. 19
Stücke ausgesucht. Will man hierbei das "Passen" nicht dem Gefühl
des Aussuchenden überlassen, so können die Einzelteile in. mehrere
Gruppen eingeteilt und vorgeschrieben werden, welche Gruppen zu-
sammengehören. In Abb.11 sind Wellen und Bohrungen in je drei
Gruppen geteilt und Wellen der Gruppe 1 dürfen nur mit Bohrungen
der Gruppe 1 zusammengefügt werden. Die Teilzeichnungen geben in
diesem Falle die zulässige Toleranz der Einzelteile, die Zusammenbau-
zeichnung die zulässigen Spiele oder Übermaße an; daraus ergibt sich
die Anzahl der Gruppen von selbst. Bei diesem Verfahren ist Bedingung,
daß die Toleranzfelder beider Teile gleich groß sind.
2. Nacharbeit (Anpassen). Wenn die Nacharbeit von Hand vorge-
nommen werden muß, ist sie sehr von der Sorgfalt und dem Können des
Arbeiters abhängig. Sie erfordert daher eine besondere Nachprüfung.
Eine nachträgliche Maschinenbearbeitung zusammengebauter Teile kann
jedoch oft sehr vorteilhaft sein.
Häufig wird das eine Stück toleriert und das andere zugepaßt, oder es werden
beide Teile grob so toleriert, daß nur noch wenig nachzuarbeiten ist.
Aussuchen und Nacharbeit können nur vom wirtschaftlichen Stand-
punkt aus beurteilt werden. Sie lohnen sich um so weniger, je größer die
Stückzahl und je größer die Toleranzen sind. Es kann nicht ausgesucht
oder nachgearbeitet werden, wenn mit Rücksicht auf Ersatzteile un-
bedingte Austauschbarkeit gefordert werden muß.
Bei Massenfertigung muß oft auf die Prüfung aller Teile verzichtet werden.
Wenn mit der Prüfung eine Beschädigung oder Zerstörung des Teiles verbunden
ist (Festigkeit, Schliffbild, Härte), können ohnehin nur wenige Teile einer Prüfung
unterzogen werden, von denen dann auf die Eigenschaften der übrigen geschlossen
werden kann.
Bei der teilweisen Prüfung können immer Teile durchschlüpfen, die den Tole-
ranzvorschriften nicht entsprechen. Man kann dann, um sicherer zu gehen, diese
Toleranzen etwas kleiner wählen.
Die Wahrscheinlichkeit dafür, daß zwei oder mehrere ungünstig liegende Ist-
maße zusammenkommen, ist immer sehr klein; deshalb brauchen die Befürchtungen
in dieser Hinsicht nicht übertrieben zu werden (vgI. Abschn. I 10c, S. 23).

7. Größe der 'l'oleranzen.


Jede Toleranz sollte so groß bemessen werden, daß eine Überschrei-
tung das Teil wirklich unbrauchbar macht. Dies gilt auch dann, wenn mit
den vorhandenen Maschinen ohne Schwierigkeit kleinere Toleranzen
eingehalten werden können; denn es muß verhindert werden, daß Werk-
stücke verworfen werden, die zwar der Toleranzvorschrift nicht ent-
sprechen, aber doch noch brauchbar sind. In jedem F~ll hat eine Tole-
ranzvergrößerung eine Verbilligung der Fertigung zur Folge. Abb. 12
zeigt, in welchem Maße der Preis mit kleiner werdender Toleranz ansteigt.
Fast jeder Konstrukteur erliegt anfänglich der Versuchung, zu kleine Toleranzen
einzutragen. Es ist gewiß bequemer, hundertstel und tausendstel Millimeter zu
2*
20 Gerätzeichnungen.

fordern, als in jedem einzelnen Falle zu überlegen, wie weit man gehen kann. Durch
diese Bequemlichkeit wird die Verantwortung für das einwandfreie Arbeiten des
Gerätes abgewälzt und dafür nutzlos der Werk-
\ statt unabsehbare Schwierigkeiten aufgebürdet
und Volksvermögen vergeudet.< Hat der Betrieb
\
t
aber erst einmal gemerkt, daß es mit den kleinen
Toleranzen nicht so ernst gemeint ist, dann wird
.~
1\ man bald Stücke eingebaut finden, die tatsächlich
~ \ nicht zu gebrauchen sind.

"'- r- -
Werden auf Grund sorgfältiger Über-
legung oder einer Toleranzuntersuchung
o To/eranz- (Abschnitt 10) sehr kleine Toleranzen als
Abb.12. Beziehuug zwischen Preis unumgänglich notwendig ermittelt, so ist
und Toleranz.
ZU überlegen, ob nicht eine - oft gering-
fügige - Konstruktionsänderung Abhilfe bringen kann.
Man wird bei der Beschäftigung mit Toleranzen auch feststellen müssen, daß
manche Konstruktionseinzelheit toleranztechnisch nicht beherrscht werden kann
und somit konstruktiv falsch ist. Ein Beispiel zeigt Abb. 13.
Es kann nun einmal nicht erreicht werden, daß diese beiden
starren Teile im Kegel und am Bund gleichzeitig tragen, und
wenn die Toleranzen noch so klein gemacht werden. Es ist
auch schon vorgekommen, daß eine Platte mit drei solcher
Kegelbohrungen auf drei entsprechenden Stiften des Unter-
teils gleichzeitig einwandfrei sitzen sollte!

8. Nichttolerierte Maße.
Abb.13.
Toleranztechnisch
falsche Konstruktion.
Bei der Frage, ob toleriert werden soll oder nicht,
drängt sich immer wieder die Gegenfrage auf: was
Entweder sitzt der Kegel
auf oder die Stirnfläche,
aber nie beidefertigt die Werkstatt, wenn keine Toleranz ange-
gleichzeitig.
geben ist?
Dann gelten die werkstattüblichen Toleranzen, die meist nicht fest-
gelegt sind und je nach dem Werkstoff, dem Fertigungsverfahren und
der Größe der Teile sehr verschieden groß sein können.
Das Heereswaffenamt hat durch die Herausgabe der Heergerätnorm
HgN 11329 im Jahre 1931 den Versuch gemacht, das Problem der nicht-
tolerierten Maße einer Lösung näherzubringen. Es sind "zulässige Ab·
weichungen für Maße ohne Toleranzangabe" festgelegt nach den drei
Gesichtspunkten: Werkstoff, Fertigungsverfahren und Größe des Maßes l .
Selbstverständlich kann ein solcher Versuch, der für alle Arten von Heergerät
vom groben Maschinenbau bis zur Feinmechanik Gültigkeit haben soll, nicht rest-
los befriedigen. Es ist jedoch zu bedenken, daß eine Vorschrift, die allen Teilgebieten
gerecht werden will, sehr umfangreich werden müßte. Andererseits wurde der
gänzliche Mangel einer solchen Vorschrift beim Waffenamt besonders schwer
empfunden, weil bei Heergerät mit gleichzeitiger Fertigung an verschiedenen Stellen

1 Das Blatt kann durch den Beuth-Verlag, Berlin SW 19, Dresdner Str.97,
bezogen werden.
Toleranzuntersuchungen. 21
gerechnet werden muß und eine besonders sorgfältige Abnahme nötig ist, die sich
bis in alle Einzelheiten erstreckt.
Jede derartige Vorschrift wird aber auch zur Folge haben, daß Maße, für die
größere Toleranzen als die angegebenen zulässig sind, wieder toleriert werden
müssen, z. B. die Bohrtiefe von Sacklöchern.
Das Normblatt HgN 11329 ist in den DIN-Mitteilungen vom 7. April 1932
veröffentlicht worden, seine Erhebung zur Dinorm scheiterte jedoch daran, daß
in der Privatindustrie durch übersteigerte Ansprüche des Bestellers wirtschaftliche
Schädigungen des Herstellers befürchtet wurden.

9. Oberflächenzeichen.
Auch die Oberflächenzeichen nach DIN 140 stellen eine Art Toleranz
dar, die jedoch mit der Maßtoleranz grundsätzlich nichts zu tun
hat und davon unabhängig ist. Es kann beispielsweise eine Welle
mit sehr großer Maßtoleranz hochglanzpoliert werden, andererseits ist
eine Edeltoleranz nicht mit einem Schruppschnitt zu erreichen, abgesehen
davon, daß die Unebenheiten der Oberfläche wahrscheinlich die Passungs-
toleranzen überschreiten würden, und daß eine solche Toleranz schwer
einwandfrei meßbar und konstruktiv sinnlos ist. Abgesehen von diesem
Zusammenhang muß die Oberflächengüte unabhängig von der Toleranz
in jedem einzelnen Falle zum Gegenstand einer Überlegung gemacht
werden.
Die Oberflächenzeichen nach DIN 140 legen die zulässigen Uneben·
heiten und Rauhigkeiten, die durch das Fertigungsverfahren bedingt
sind, in groben Zügen fest. Durch eine bestimmte Oberflächengüte wird
daher die Zahl der möglichen Fertigungsverfahren eingeschränkt. Eine
Vorschrift für das Fertigungsverfahren wird dagegen nur bei
wörtlicher Angabe in der Zeichnung (z. B. schleifen) gemacht. Im ilbrigen
bleibt es dem Betrieb überlassen, .für eine bestimmte Oberflächengüte
das wirtschaftlichste Verfahren zu wählen.
Leider ist noch kein Verfahren zur Prüfung der Oberflächengüte so weit ent-
wickelt, daß eine zahlenmäßige Angabe dafür gemacht werden kann. Das Heeres-
waffenamt hat deshalb Mustertafeln herausgegeben, die an einzelnen Stücken die
Mindestgüte für ein bestimmtes Oberflächenzeichen bei verschiedenen Bearbeitungs.
verfahren zeigen und bei der Abnahme zum Vergleich benutzt werden.

10. Toleranzuntersuchungen.
Unter einer Toleranzuntersuchung versteht man die zahlenmäßige
Untersuchung der Grenzfälle, die sich als Summe einer Kette von
Toleranzen ergeben können. Hierbei kann sich die Untersuchung ent-
weder auf die Toleranzen eines Stückes oder mehrerer zusammengehöri-
ger Stücke beziehen.
Toleranzuntersuchungen sind ferner praktische Versuche, die die Er-
mittlung zweckmäßiger Toleranzen für einen Sonderfall zum Ziele haben.
a) Erster Hauptsatz. Eine rechnerische Toleranzuntersuchung wurde
'22 Gerätzeichnungen.

bereits auf S. 12 durchgeführt. Hierbei wurde die Beobachtung gemacht,


daß die Toleranzen der Maße Sund T zusammengezählt werden müssen,
obgleich die Maße selbst voneinander abgezogen werden. Diese Erschei-
nung trifft auch für längere Toleranzketten zu und läßt sich allgemein
im 1. Hauptsatz des Toleranzwesens zusammenfassen:
Die Summentoleranz einer Toleranzkette ist gleich der
Summe der Toleranzfelder der Kettenglieder.
Bei der algebraischen Summierung (Addition oder Subtraktion)
mehrerer tolerierter Maße wird also stets die Endtoleranz größer und es
ist gleichgültig, welche Vorzeichen die Rechenoperation und die Abmaße
der Summanden haben, d. h. es müssen di~ absoluten Beträge
der A bmaße addiert we rden. Die Vorzeichen bestimmen nur
die Lage der Summentoleranz.

===:J,:::~m
_ _ _ ~ G'ro"ßfmI1ß
ft ~ ~
Abb.14. Toleranzkette.

Ist eine Toleranz durch mehrere Abmaße ausgedrückt, z. B. 20! g;i, oder
20 ± 0.05, so ist selbstverständlich bei der Summierung der Toleranzen die Differenz
der beiden Abmaße einzusetzen, nämlich 0,1 (Toleranzfeld).
Beispiele für Toleranzketten aus drei
Gliedern zeigen die Abb. 14u.15.
Am rechten Ende des Maßes 50 _ 0 5 in
Abb.15 kann sich die Toleranz Td-0.5)'aus-
wirken. An diese Variation schließt sich das
Maß 20+ 0,5 an, das seinerseits wieder eine
Variation um T 2 zuläßt; auf diese Weise be-
steht am linken Ende des Maßes 20+ 0,5 die
Gesamttoleranz T 1+T 2 • In gleicher Weise
ergibt sich am Ende der Kette, d.i. am rech-
ten Ende von 40 _ 1 die Gesamttoleranz .
T 1+T 2+T 3 •
Abb. 15. Toleranzkette.
Zur zahlenmäßigen weiteren Erläu-
terung des 1. Hauptsatzes sind in Zahlen-
tafel 2 (s. S. 23) alle möglichen Kombinationen zwischen den Grenz-
maßen der Toleranzen Tl> T 2 und T 3 zahlenmäßig durchgerechnet, und
es zeigt sich, daß die Summe der Toleranzkette nur zwischen 68 und 70
schwanken kann.
Toleranzuntersuchungen. 23
Auf S. 12 war auch bereits die Umkehrung des 1. Hauptsatzes
erkannt worden:
Wird eine Toleranz auf Umwegen gefertigt, so muß sie
in Einzeltoleranzen aufgeteilt werden und diese müssen
auf alle Zwischenmaße verteilt werden.
Zahlentafe12. Auswirkungen einer Toleranzkette.
(G = Größtmaß l( = Kleinstmaß).
Maß
I I
Vor-
zeichen

50_0,5 + G = 50 IG= 50 G = 50 K= 49,5 K = 49,51IK = 49,5 K= 49, 5


I G= 50
20+ 0,5
- G = 20,5\G = 20,5 K= 20 I K= 20 G= 20,5 G = 20,5, K = 20 K= 20
40_1 + G= 40 K= 39 G= 40 K= 39 G= 40 I
K= 39 G= 40 K= 39

Ergebnis: I 69,51 68,51 69 I 68 I 69,51 68,5

Ist für zwei zusammengehörige Teile eine Paßtoleranz von bestimmter


Größe notwendig, so muß sie ebenfalls auf beide Teile verteilt werden.
b) Zweiter Hauptsatz. Betrachtet man die acht Rechnungsgänge in
Zahlentafel2, 80 stellt man fest, daß nur zwei von ihnen zum Ziel, der Er-
mittlung der Grenzfälle, geführt haben. Alle anderen waren also über-
flüssig. In der algebraischen Summe +A-B +0 hat sich das Größtmaß
durch Einsetzen der Werte + G-K + G, das Kleinstmaß durch Ein-
setzen der Werte +K-G+K ergeben.
Daraus folgt der 2. Hauptsatz des Toleranzwesens:
Zur Ermittlung des Größtmaßes einer Toleranzkette
sind positive Kettenglieder mit dem Größtmaß, negative
mit dem Kleinstmaß einzusetzen. Zur Ermittlung des
Kleinstmaßes wird umgekehrt verfahren.
c) Wahrscheinlichkeit für die Grenzfelder. Vor der Durcharbeitung
von Beispielen für rechnerische Toleranzuntersuchungen ist eine Be-
trachtung des Toleranzwesens von der Seite der mathematischen Sta-
tistik vonnöten.
Auf den Ausfall des Istmaßes am einzelnen Werkstück haben sehr
viele Dinge Einfluß, z.B. bei spangebender Formung die Schwankungen
der Härte des Werkstoffes, der Spanquerschnitt, das Zurückfedern des
Werkstückes und der Teile der Werkzeugmaschine, der Abnutzungsgrad
des Werkzeuges, die Zustellung des Werkzeuges, und diese wiederum ist
von der augenblicklichen geistigen und körperlichen Verfassung des
Menschen und von der Ungenauigkeit des Querschlittens abhängig. Der
Mann an der Werkzeugmaschine hat bei der Fertigung nach Toleranzen
das Bestreben, in die Mitte des Toleranzfeldes zu gelangen, um mög-
lichst weit von den gefährlichen Grenzmaßen entfernt zu bleiben. Dies
ist ein Einfluß, der die andern überwiegt, und demgemäß ist zunächst
die größte Häufigkeit in der Mitte des Toleranzfeldes zu erwarten. Aber
24 Gerätzeichnungen.

das Ausschußmaß ist das gefährlichere, denn die Überschreitung macht


das Stück unbrauchbar; deshalb wird man bei spanabhebender Bearbei-
tung häufig ein leichtes Hinneigen der größten Häufigkeit nach der Gut-
seite beobachten können.
Bei Mengenfertigung wird mit fester Einstellung der Maschine und
der Werkzeuge gearbeitet; hierbei ist man bestrebt, bei fortschreitender
Abnutzung der Werkzeuge möglichst lange innerhalb des Toleranzfeldes
zu bleiben. Die Einstellung wird also nahe an der einen Toleranzgrenze
vorgenommen und im Laufe der Abnutzung wird das Toleranzfeld gleich-
mäßig bestrichen. Dieser Einfluß hat demnach eine gleichmäßigere Ver-
teilung der anfallenden Werkstücke über das ganze Toleranzfeld zur Folge.
Trägt man in einem Schaubild über der Breite des Toleranzfeldes die
Häufigkeit der einzelnen gemessenen Maße auf, so erhält man die Ver-
teilungskurve.
Die Fläche zwischen dieser Kurve und der Abszisse entspricht der Gesamtzahl
der einbezogenen Werkstücke, ein senkrecht herausgeschnittener Flächenstreifen
gibt die auf den betreffenden Abschnitt des Toleranzfeldes entfallende Anzahl
Teile an.
Um ein Bild darüber zu gewinnen, in welcher Größenordnung anteil-
mäßig die Anzahl der Stücke liegt, die an die Grenzen des Toleranzfeldes
zu liegen kommen, muß man sich bei
allgemeiner Betrachtung mit der nicht
ganz zutreffenden Annahme begnügen,
daß die mengenmäßige Verteilung der
Werkstücke über das Toleranzfeld der
theoretischen Gaußschen Verteilungs-
kurve entspreche.
Nimmt man ferner an, daß die Ver-
Abb.16. Wahrscheinliche Verteilung teilung symmetrisch zum Toleranzfeld
über das Toleranzfeld.
liege und von den gefertigten Stücken
je 2 vH. oberhalb und unterhalb des Toleranzfeldes ausfallen, so ergibt
sich .eine Verteilungskurve nach Abb.16. Der Flächeninhalt der Ver-
teilungskurve zwischen den Toleranzgrenzen stellt also 96 vH. der ge-
fertigten Teile dar.
Nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung fallen von diesen brauchbaren
Stücken bei der angenommenen Toleranz von 20 + 0,5:
17 vH. in den Bereich zwischen den Maßen 20,225 und 20,275; dieser
Bereich entspricht 10 vH. des Toleranzfeldes in dessen Mitte;
3,2 vH. in den Bereich zwischen 20,0 und 20,05 und ebensoviele in
den Bereich zwischen 20,45 und 20,5, das sind je 10 vH. des Toleranz-
feldes an dessen Grenzen.
Bei einer Toleranzuntersuchung werden stets eine mehr oder weniger
große Anzahl von Toleranzen aneinandergereiht, algebraisch addiert,
Toleranzuntersuchungen. 25·
und die Grenzfälle untersucht. Die mathematische Statistik gibt die
Möglichkeit, unter den oben gemachten Annahmen die Wahrscheinlich-
keit für das Eintreten dieser Grenzfälle zu berechnen. Da es sich um
eine Mengenbestimmung handelt, ein konkretes Maß jedoch mathe-
matisch genau äußerst selten getroffen wird, müssen die Grenzfelder
betrachtet werden, jene oben genannten (beispielsweise) 10 vH. an den
Grenzen des Toleranzfeldes. Für ein einzelnes Toleranzfeld war hierfür'
die Wahrscheinlichkeit zu 0,032 berechnet worden. Daraus ergeben sich
weiter für das Zusammentreffen von Grenzfeldern bei Toleranz-
ketten folgende Wahrscheinlichkeiten: bei einer Kette aus
2 Gliedern: 0,001 oder auf 1000 Stücke ein Fall,
3 Gliedern: 0,00003 oder auf in 000 Stücke ein Fall,
4 Gliedern: 0,000001 oder auf 1000000 Stücke ein Fall,
5 Gliedern: 0,00000003 oder auf 31000000 Stücke ein Fall,
6 Gliedern: 0,000000001 oder auf eine Milliarde Stücke ein Fall.
In der Wirklichkeit ist sehr oft die Häufig-
keit an den Toleranzgrenzen größer, als sich
aus theoretischen Berechnungen ergibt; eben-
so kommt es vor, daß Toleranzen ganz einseitig
ausgenutzt werden. Dennoch kann aus dem
Vorstehenden der Schluß gezogen werden:
Bei vielgliedrigen Toleranzketten ist daR
Ergebnis einer Toleranzuntersuchung insofern
kritisch zu werten, als die Wahrscheinlichkeit
für das Zusammentreften der untersuchten Abb.17. Toleranzuntersuchung
Grenzfälle sehr klein ist. an einer Paßfeder.
G = Größtmaß, K = Kleinstmaß:
d) Beispiele für rechnerische Toleranz- 1. Breite:
x = 12+ 0 ,1_12,03-{j 1
untersuchungen. In Abb. 17 ist die Aufgabe xG = 12,lG -11,93K~0,17
behandelt, an einer Paßfeder nach gegebenen xK = 12K -12,03G = -0,03-
Toleranzen die möglichen Spiele oder Über- Probe: (negatives Spiel = Übermaß)
xG-xK= 0,17-(-{j,03)·
maße zu berechnen. In der Breite (tangen- = 0,2= 0,1+0,1
2. Höhe:
tial) ist das Spiel gleich x gesetzt, in der Höhe Y =46+ 0,2-42_004 +4 +0,2
(radial) gleich y. (Die Spiele sind in der Ab- -8-0,1 '
bildung übertrieben groß dargestellt.) Diese YG =46,2G -41,96K +4,2G
-7,9K =0,54
Unbekannten drückt man durch die gegebenen YK=46K -42G
tolerierten Maße aus und berechnet aus der so -BG =0
entstehenden Gleichung Größt- und Kleinst- Probe: YG -YK= 0,54-0= 0,2-
spiel nach dem 2. Hauptsatz. In den Glei-
+ 0,04 + 0,2 + 0,1
chungen ist durch den Index G oder K zum Ausdruck gebracht, ob ein
Größt- oder Kleinstwert eingesetzt ist. In der Breite ergibt sich als Kleinst-
spiel ein negativer Wert, das ist ein Übermaß. Es ist demnach gleichgül-
tig, ob man beim Ansatz der Gleichungen Spiel oder Übermaß annimmt;
das Ergebnis läßt am Vorzeichen erkennen, was von beiden vorliegt.
26 Gerätzeichnungen.

Zur Nachprüfung der Rechnung benutzt man den 1. Hauptsatz: Der


Unterschied zwischen Größt- und Kleinstspiel muß gleich der Summe
aller in der Rechnung benutzten Toleranzen sein.
Entsprechend dem Wert Xa = 0,17, der für die Nabe wie für die
Welle gilt, weil die Maße gleich sind, kann im ungünstigsten Falle die
Welle gegen die Nabe um einen Winkel verdreht werden, der aus dem
doppelten Betrag, 0,34 mm, berechnet werden kann.
Will man genau rechnen, so muß hierbei beachtet werden, daß die Paßfeder
beim Verdrehen mit einer Kante und nicht mit der ganzen Fläche anstößt.
Ein weiteres Beispiel zeigt
Abb. 18. Hier ist das Spiel in
der Achsenrichtung bei einer
doppelt gelagerten Welle be-
rechnet.
Abb. 19 zeigt einen Ge-
schützverschluß in verein-
fachter Darstellung.
Der Verschlußkeil liegt am
Bodenstück mit der Fläche a an.
Unter der Wirkung der (nicht
Abb.18. Toleranznntersuchung an einem Gehäuse. gezeichneten) Schlagbolzenfeder
_'" = 150+ 0,3 - 8h9 -134---{),3 - 8h9 wird der Schlagbolzen gegen die
"'a = 150,3a -7,964K-133,7K -7,964K= 0,672 Fläche b im Verschlußkeil ge-
"'K = 150K -8a - 134a -8a ° =
Probe: "'a - '"K = 0,672 = 0,3 + 0,036 + 0,3 + 0,036
drückt. In den Schlagbolzen ist
die Schlagbolzenspitze einge-
schraubt, die mit dem vorder.lll
Ende (rl chts) in die ZÜlldschraube eindringt und dadurch den Schuß löst.
Die Eindringtiefe der Schlagbolzenspitze in die Zündschraube muß
innerhalb gewisser Grenzen liegen, sie darf nicht zu klein sein, damit der
Zündsatz sicher gezündet wird, aber auch nicht zu groß, damit die
Zündschraube nicht durchgeschlagen wird. Die Abbildung zeigt die
zahlenmäßige Berechnung des Größt- und Kleinstmaßes der Eindring-
tiefe aus den gegebenen tolerierten Maßen. Der Gang der Rechnung ist
durch den Linienzug über der Abbildung angedeutet.
Beim Ansatz der Gleichung für eine Toleranzuntersuchung muß darauf
geachtet werden, daß der Rechnungsgang "geschlossen" ist"; der Linienzug
in Abb. 19 beginnt am rechten Ende von x und endet am linken. Ferner
setzt man zweckmäßig vorher die Plus- und Minusrichtung fest, die
Wahl der Richtungen ist beliebig. Verfolgt man den Linienzug in der
Richtung der Pfeile und vergleicht mit der Zahlenrechnung, so wird
man finden, daß alle Werte positiv eingesetzt sind, die von rechts nach
links verlaufen, und umgekehrt. Durch diese Maßnahmen in Verbindung
mit den beiden Hauptsätzen ist es möglich, Toleranzuntersuchungen
weitgehend nach einem festen Schema durchzuführen, ohne jedesmal
.schwierige Überlegungen anzustellen, bei denen leicht Fehler unterlaufen.
Toleranzuntersuchungen. 27
Nicht immer ist der Rechnungsgang so einfach zu übersehen wie in
Abb.19. In Abb. 20 ist die Aufgabe behandelt, das Spiel x zwischen
den beiden Scheiben zu berechnen. Hierbei müssen auch die Spiele in
den Lagerstellen berücksichtigt werden, denn ein Drehmoment, das an
der linken Scheibe wirkt, drückt beide Scheiben auseinander und ver-
größert das Spiel x ent-
sprechend den Lager-
spielen. Bei dieser Art !?echnilngsgung
+--
Aufgaben unterläuft
beim Ansatz der Glei-
chung leicht der Fehler,
daß x mit dem falschen
Vorzeichen eingesetzt
wird. Das hat zur Folge,
daß man statt des er-
warteten Größtmaßes
das Kleinstmaß erhält,
und umgekehrt. Des-
wegen wurde der Linien-
zug vollständig geschlos-
sen; er beginnt und en-
det beiA. Die eine Seite
der Ansatzgleichung ist
somit gleich Null. Abb.19. Toleranznntersnchnng an einem Geschützverschluß.
Im übrigen ist es x = 38-0,1 + 86+ 0 ,2 -126+ 0 ,25 + 5-0,05
gleichgültig, an welcher - 6 +0,1 + 4-0,1
Stelle des Kreislaufes xa = 380 + 86,20 -1 26K + 50
man beginnt; statt des -6K + 40= 1,2
Punktes A könnte auch xK=37,9K+86K - 126, 250 + 4,95 K
-6,10 + 3,9K = 0,4
jede beliebige andere
Probe: Xo -xK = 1,2 -0,4 = 0,8 = 0,1 + 0,2
Stelle gewählt werden.
+ 0,25 + 0,05 + 0,1 + 0,1
Aus dem errechneten
GrößtspielO,2875 läßt sich die Verdrehungsmöglichkeit der linken Scheibe
in gesperrtem Zustand berechnen. Hierbei ist für die Aussparung35HlO
das Größtmaß einzusetzen; denn, wenn der Rundungsdurchmesser
kleiner wird, rücken die Spitzen der rechten Scheibe näher und das
wirksame Spiel wird kleiner.
Die Proberechnung läßt auch erkennen, wie sich das Größtspiel zusammen-
setzt. Zwei gewichtige Summanden sind die Toleranzen 0,1, die mit Rücksicht auf
die Fertigung so groß gewählt wurden. Ist für den Verwendungs zweck das er-
rechnete Größtspiel zu groß, so muß in erster Linie an diesen Stellen die Fertigung
weiter eingeengt werden.
In Abb.21 sind zwei Flanschen dargestellt, die durch kreisförmig
28 Gerätzeichnungen.

angeordnete Schrauben oder Nieten miteinander verbunden werden


sollen. Aus der für beide Flanschen gleichen Teilkreistoleranz 50 ± 1 und
dem Durchmesser der durchgesteck-
ten Bolzen soll das Maß für das Durch-
gangsloch ermittelt werden. Die Ab-
bildung zeigt den Fall, daß bei Teil 1
die Teilkreistoleranz nach Plus, bei
Teil 2 nach Minus ausgenutzt ist. Ist
rt---1t----+'Recnnungsgrmg das Durchgangsloch richtig bemessen,
- - + so werden in diesem Falle die Bolzen
gerade festgeklemmt. Wird unter den

Abb.20. Toleranzuntersuchung an einem Gesperre.


4bS = 4-o 01S
4E9 4+ 0,05
-
-+0,02
35h8 = 35-0,039
35H10 = 35+ 0 ,1

°= x + i 35hS+i 4h8 - ~ 4E9 - 30,05±0,05 - ~ 4E9 + i 4h8 -t 35b8 + 30-0,1


'" = -~ 35h8 - ~ 4h8 + ~ 4E9 + 30,OHO,05 + ~ 4E9 - ~ 4h8 + t
35h8 - 30_0,1
"'a = -17,4805X -1,991X + 2,025a + 30,la + 2,025a -1,991X + 17,5a -29,9X= 0,2875
xX=-17,5a -2a +2,01X +30X +2,01X -2a+17,4805x-30a =0,0005
Probe: IT = 0,0195 + 0,009 + 0,015 + 0,1 + 0,015 + 0,009 + 0,0195 + 0,1 = 0,287

gleichen Verhältnissen der Bolzen


kleiner oder die Bohrung größer, so
wird der Bolzen locker und die Aus-
tauschbarkeit ist nicht mehr gefähr-
det. Es braucht folglich nur das
Größtmaß der Bolzen (80) berück-
sichtigt zu werden, und es kann nur
das Kleinstmaß der Bohrungen be-
rechnet werden, für die eine belie-
bige Plustoleranz angenommen wer-
den kann. Der Rechnungsgang geht
Abb.21. Ermittlung der Durchgangslöcher von dem (beliebigen) Punkte A aus
an zwei Flanschen. und endet dort wieder.
0= t + ~xx-sa
x x - 51 a Die Rechnung ließe sich ebensogut
+ t Xx + 49X + t Xx - 8a schematisch nach Abb. 20 durchführen.
Doch dabei muß darauf geachtet werden,
2xx = 51a-49x + 2· 8a = 18
daß beim Umformen der Gleichung nicht
Xx= 9 die Voraussetzung verloren geht: Teill
Größtmaß und Teil 2 Kleinstmaß des Teil-
kreisdurchmessers. Durch Umkehren der Vorzeichen beim Umformen können dabei
Fehler entstehen, wenn anschließend nach dem 2. Hauptsatz vorgegangen wird.
Auch in anderer Hinsicht können Toleranzgleichungen nicht ganz so behandelt
Toleranzuntersuchungen. 29
werden wie gewöhnliche algebraische. Gleiche Ausdrücke mit verschiedenen Vor-
zeichen dürfen nicht gleich Null gesetzt werden, denn es handelt sich, da ein ge-
schlossener Ring durchlaufen wird, stets um verschiedene Stellen des Gerätes, die
zufällig gleiche Maße haben. Gleiche Ausdrücke mit gleichem Vorzeichen werden
nur dann zusammengefaßt, wenn die Werte gleich werden sollen, wie die vier
Bohrungen x K in Abb. 21.
Würde man in Abb. 21 das Teil 1 nach oben verschieben wollen, so
müßte man die Bohrungen größer ausführen, damit der obere Bolzen
nicht klemmt. Beim Verschieben würde der untere Bolzen locker wer-
den.
Dieser Fall tritt ein, wenn beide Flanschen zueinander zentriert sind,
/?ec/lnl/ngsgtlng

Ni§< .",.,., ftIt


--f0W~·~~'l-..o:'-O+---.Lml!e zen#>terung--~#ti7'e i Tetlkreis 2

Abb.22. Ermittlung der Durchgangslöcher


an zwei zentrierten Flanschen.

° 0,3 + t .
= 51 0 - § x K + 80 - ~ xK - 149 K + 0,3
xK = 0,3 + 25,50 + 80 -24,511: + 0,3
xK= 9,6

wie in Abb. 22, und eine außermittige Lage des Teilkreises zur Zentrie-
rung möglich ist. In der Abbildung ist diese durch die Syminetrie-
toleranz ± 0,3 gegeben. Die Zentrierung 20h8 zu 20H8 hat das Kleinst-
spiel 0, mit diesem muß gerechnet werden, denn das Festklemmen des
Bolzens ist weniger zu befürchten, wenn die Zentrierung nachgeben
kann. Der Rechnungsgang beginnt und endet in der Mitte der Zen-
trierung.
Weitere Beispiele für Lochkreistoleranzen sind im IU. Teil im Zusammenhang
mit den Lochmittenlehren behandelt.
e) Überbestimmungvon Toleranzen und Übertolerierung. Addiertman
beispielsweise die beiden tolerierten Maße 30 + 0,5 und 40 + 1,5 mitsamt
ihren Toleranzen, so erhält man 70 + 2. Trägt man dieses Maß ebenfalls
in die Zeichnung ein (Abb.23), so sind die Toleranzen überbestimmt.
Nach der schon erwähnten Grundregel darf die Werkstatt jede Toleranz
für sich voll ausnutzen. Tut sie dies beiMaß 70 + 2 in dem Sinne, daß das
Maß 72 entsteht und wird außerdem beispielsweise 40 gefertigt, so
entsteht statt 30 + 0,5 das Maß 32. Die Toleranzen sind nicht mehr
unabhängig und das Verfahren ist daher grundsätzlich zu verwerfen.
30 Gerätzeichnungen.

Es sind jedoch Fälle denkbar, in denen die Eintragung und Tole-


rierung des dritten Maßes und dadurch die Überbestimmung wünschens-
wert ist. Ist bei einem Rohr Innen- und Außendurchmesser toleriert, so

f-::=
ergibt sich zwangläufig daraus die Wanddickentoleranz unter der
/fS ., =-~1'5 Voraussetzung, daß Innen- und Außenzylin-
, 80 f/O d er genau ml'tt'19 l'legen. Mu ß SIe
. kl' .
einer sein,
~ 70+2 als sich rechnungsmäßig ergibt, so bedeutet
" Abb. 23. Überbestimmte dies eine Einschränkung der Durchmesser-
Toleranzen. toleranzen. Es empfiehlt sich dann, in einer
Bemerkung auf der Zeichnung auf die Überbestimmtheit hinzu-
weisen (Beispiel s. Abb. 24). Wenn die Wanddickentoleranz größer sein
kann, als dies den Durchmessertoleranzen entspricht, ist es vorteilhafter,
in irgendeiner Form Symmetrietoleranzen anzugeben.
Betrachtet man eine T-förmige Führung (vgl.
Abb. 69, S.70) in bezug auf die Tolerierung, so
kommt man zu dem Ergebnis, daß das Anliegen
des Innenteils am Außenteil auf allen 9 Flächen
unmöglich erreicht werden kann. Da jedes
Maß bei der Fertigung Schwankungen unterliegt,
trägt in waagerechter wie in senkrechter Rich-
tung jeweils nur eine Fläche, bzw. wird die
* Die Durchmessertoleranzen Führung von einem Flächenpaar übernommen.
dürfen nur soweit ausgenutzt
werden, daß keine Ober- Deswegen ist eine solche Konstruktion nur
8chreilung der Wanddicken-
toleranz eintrit,. dann nicht übertoleriert, wenn in jeder
Abb. 24. Überbestimmte Richtung nur ein Flächenpaar entsprechend
Toleranzen.
Ist z. B. das Istmaß des dem gewünschten Sitz toleriert und an den
Außendnrchmessers 49 ge- übrigen Flächen soviel Spiel vorgesehen ist, daß
worden. so darf der Innen-
durchmesser höchstens 40,2
werden, damit nach Zeich-
auch bei Auswirkung der Symmetrietoleranzen
nungsvor.chrift die Wand- keine Berührung zwischen Innenteil und Außen-
dickentoleranz nicht über-
schritten wird. Hierbei ist teil stattfindet. Für die Wahl der "Führungs"-
genau mittige Lage voraus-
gesetzt. Etwa vorhandene Flächen ist die Möglichkeit wirtschaftlicher
Außermittigkeit muß a uBer.
dem berücksichtigt werden. und genauer Fertigung und Messung ausschlag-
gebend.
f) Ermittlung von Toleranzen durch Versuche. Wenn für einen
Sonderfall keine Erfahrungen vorliegen, die für die Wahl eines geeigneten
Sitzes maßgebend sein können, so muß die zweckmäßige Tolerierung
durch Versuche ermittelt werden.
Es sei angenommen, daß eine Stahlbuchse in einen dünnwandigen
Leichtmetallkörper eingepreßt werden soll. Die eingepreßte Buchse soll
sich erst bei einer bestimmten Kraft in der Achsenrichtung oder bei
einem bestimmten Drehmoment bewegen. Zur Durchführung der Ver-
suche fertigt man eine Anzahl Buchsen und Körper aus dem gleichen
Werkstoff und möglichst mit der gleichen Oberflächengüte, wie sie später
Toleranzuntersuchungen . 31
bei der Fertigung ausfallen. Abb. 25 zeigt links als Beispiel die Reihen-
folge der Versuche, bei denen die Übermaße systematisch so gewählt
sind, daß mit möglichst wenig Werkstücken auszukommen ist.
Die Versuchsergebnisse zeigen, daß bei einem Übermaß von weniger
als 50 ft der Sitz stets zu lose ist und über HO ft stets Zerstörung des
Leichtmetallkörpers eintritt. Ferner ergeben sich Grenzgebiete, inner-
halb deren das Versuchsergebnis manchmal positiv, manchmal negativ
ist. Zwischen diesen beiden Grenzgebieten wird diejenige Paßtoleranz
100
F
50

tl Or-~~~~__~~~--~+-
~~ -1-

~~-50
"i *:W; 02+
1='''''''-1----'''''

Ein/ieils- Ein/ieils- J'onder-


wel/e bo/irung puurung I
-150 03-

Abb.25. Ermittlung von Toleranzen durch Versuche.

gefunden, die stets den gestellten Anforderungen entspricht. Als Er-


gebnis der praktischen Versuche kann somit festgestellt werden, daß in
diesem Fall ein Kleinstübermaß von 60 ft und ein Größtübermaß von
100 ft zweckmäßig ist. Die Abbildung zeigt rechts, wie diese Paß-
toleranz in Einzeltoleranzen zerlegt werden kann, und zwar einmal im
System Einheitswelle, das andere Mal im System Einheitsbohrung. Es
wäre ebensogut denkbar, daß (bei Nichtvorhandensein geeigneter
Toleranzfelder im Einheitsbohrungs- oder Einheitswellensystem) eine
Preßsitzwelle mit einer Preßsitzbohrung gepaart wird, die zusammen die
gewünschte Paßtoleranz ergeben, wie in Abb. 25 rechts angedeutet.
Als weiteres Beispiel sei angenommen, daß eine Zünd schraube bei
einer Eindringtiefe von 1,5 mm in keinem Falle durchschlagen werde,
und daß sie andererseits bei einer Eindringtiefe von mindestens 0,5 mm
noch mit Sicherheit gezündet werde (Abb.19). Die Versuche werden
zweckmäßig so durchgeführt, daß durch Unterlegen verschieden dicker
Bleche an geeigneter Stelle des Verschlusses die Eindringtiefe beliebig
verändert werden kann, bis der Bereich, der eine sichere Zündung
gewährleistet, eingegrenzt ist. Diese durch Versuche gefundene Toleranz
muß dann auf die einzelnen in Betracht kommenden Maße verteilt
werden.
32 Lehren.

Bei Getrieben irgendwelcher Art kann die zulässige Summentoleranz


nach ihrer Größe und Lage auch in folgender Weise gefunden werden:
Man nimmt gefühlsmäßig eine Summentoleranz an, teilt sie auf und
fertigt zwei Geräte, deren Istmaße so an den Toleranzgrenzen liegen, daß
die ungünstigste Auswirkung in beiden Richtungen zustande kommt
(2. Hauptsatz beachten I). Wenn es möglich ist, sieht man an einem
Versuchsgerät Verstellmöglichkeiten vor (z. B. verstellbare exzentrische
Buchsen zur Veränderung von Achsabständen), mit deren Hilfe die Aus-
wirkungen der Toleranzen in den ungünstigsten Fällen studiert werden
können.

II. Lehren.
1. Was ist Messen 1
Messen ist entweder die zahlenmäßige Feststellung eines Längen-
oderWinkelmaßes oder die Feststellung, ob ein Maß größer oder kleiner
ist als ein gegebener Zahlenwert.
Im Sprachgebrauch wird unter "Messen" in erster Linie das zahlen-
mäßige Feststellen verstanden, man spricht auch vom "Ausmessen" oder
(im Lehrenbau) vom "Vermessen". Dies kann mit einem Strichmaßstab,
einer Schieblehre oder einer Schraublehre geschehen. Auch Endmaße
können dazu benutzt werden; hierbei wird durch Probieren diejenige
Endmaßzusammenstellung gesucht, die sich gerade noch einführen läßt.
In der Werkstatt bedeutet die Ermittlung einer vielziffrigen Zahl eine
ganz erhebliche Fehlerquelle und einen Zeitverlust. Deswegen ist man
bei der Mengenfertigung dazu übergegangen, dem Arbeiter feste Lehren
zu geben, mit denen er nur festzustellen hat, ob das Maß des Werkstückes
größer oder kleiner als die feste Lehre ist. Das Maß dieser Lehre wird in
dem hierfür besonders eingerichteten Meßraum mit der erforderlichen
Genauigkeit "ausgemessen". Diese Arbeit wird besonders geschulten
Leuten übertragen. Damit ist die vollkommene Trennung zwischen der
Maßfeststellung und der zweiten Art des Messens, die man als "Prüfen"
bezeichnen kann, herbeigeführt.

2. Festmaß- und Istmaß-Lehren.


Wenn in diesem Zusammenhang der Ausdruck "feste Lehre" ge-
braucht wird, so soll damit nicht ausgesprochen werden, daß das Meß-
gerät keine beweglichen Teile enthalte oder besondere Festigkeitseigen-
schaften besitze. Auch die Unverstellbarkeit ist nicht entscheidend, denn
es gibt zahlreiche sog. feste Lehren, die zum Ausgleich der Abnutzung
nachgestellt oder auf andere Maße umgestellt werden können. Gemeint
ist vielmehr eine Lehre, die nach einem festen, d. h. zahlenmäßig
festgesetzten Maß gefertigt oder darauf eingestellt ist, im Gegensatz
Festmaß- und Istmaß-Lehren_ 33
zu einer Lehre, mit der innerhalb bestimmter Grenzen jedes belie bige
Istmaß zahlenmäßig ausgemessen werden kann.
Aus diesem Grunde wird im folgenden an Stelle des unklaren Aus-
druckes "feste Lehren" von "Festmaß-Lehren" im Gegensatz zu "Ist-
maß-Lehren" gesprochen werden. Beide Arten können ihrer Bauart
nach sowohl starr als auch beweglich ausgeführt sein und, wiederum
unabhängig davon, entweder verstellbar oder unverstellbar sein.
Eine Festmaßlehre weist innerhalb kleiner Grenzen das Zeichnungsmaß auf,
und zwar die Gutlehre das Gutmaß, die Ausschußlehre das Ausschußmaß und
das Werkstück darf zwischen den beiden auf der Zeichnung angegebenen und
in der Grenzlehre verkörperten Maßen liegen.
Abb. 26 zeigt Beispiele für die Anwendung dieser Bezeichnungsweise.
Danach ist, wenn man den Pfeilen folgt, eine Grenzrachenlebre eine ent-

fl/'enz/'ochenlehre
flMnzlehf'fiorn, fOrm/ehre
IInvef'SleIlbore
Zeiger/ehM m.i! IiJst l10rken
rechte/' Winkel

Schieblehre
Schf'OlIblehre,l1eBllhrslüntier
ve/'sfelllJure SlrichmoBslob
Winke/meBgeriifrSchmiegeJ

Abb. 26. Lehrenarten.

weder verstellbare oder unverstellbare, starre Festmaß-Lehre. Eine


Schraublehre ist eine (meist) verstellbare, bewegliche Istmaß-Lehre.
Auch für Winkelmaße gibt es Festmaß- und Istmaß-Lehren, das
nächstliegende Beispiel für eine starre Festmaß-Lehre ist der Anschlag-
winkel, bewegliche Istmaß-Lehren sind der Universalwinkelmesser, der
optische Winkelmesser von Zeiß und der optische Teilkopf.
Eine gewisse Schwierigkeit beim Gebrauch von Festmaß-Lehren könnte in folgen-
dem gesehen werden: Ist beispielsweise beim Abdrehen einer Welle auf der Dreh-
bank ein Vormaß gefertigt, so muß der Dreher beurteilen, wieviel er noch zustellen
muß, um im nächsten Arbeitsgang das Fertigmaß zu erzielen und nicht entweder
noch einen Schnitt ausführen zu müssen oder die Ausschußgrenze zu überschreiten.
Er wird aber nach der Fertigstellung des ersten Werkstückes wissen, auf welchen
Teilstrich er den Querschlitten einstellen muß, um innerhalb der gewünschten
Toleranz zu gelangen. Ist die Größe dieser Toleranz der Drehbankarbeit angemessen,
so werden die folgenden Stücke lehrenhaltig ausfallen. An der Art des Hinüber-
gehens der Gutrachenlehre und am Auschnäbeln des Ausschußrachens läßt sich
abschätzen, wie das Istmaß im Toleranzfeld liegt.
Bei der Mengenfertigung aber, von der hier die Rede ist, ist es die Aufgabe des
Einrichters, die Werkzeuge und Arbeitsschlitten so einzustellen, daß die Stücke
lehrenhaltig werden. Um der Abnutzung der Werkzeuge zu begegnen, wird meist
nach der Ausschußseite hin eingestellt. Für dieses Einstellmaß kann eine besondere
Leinweber, Toleranzen. 3
34 Lehren.

Lehre eingesetzt werden. Die Grenzlehre, die der Zeichnung entspricht, dient dann
nur der Überwachung der laufenden Fertigung.
Die Schwierigkeit ist keineswegs so groß, wie sie auf den ersten Blick erscheinen
mag; die Praxis hat vielmehr erwiesen, daß auch ohne Vormaß- und Zwischenmaß-
Lehren die Ausschußziffern gering sind, wenn sich die Werkstatt erst an den Ge-
brauch von Festmaß-Lehren gewöhnt hat. Keinesfalls ist es zu empfehlen, neben
diesen auch noch Istmaß-Lehren bereitzustellen, weil dann die Gefahr besteht, daß
nur diese angewendet werden. Dadurch würde der Zweck der Festmaß-Lehrung,
das "Ausmessen" nur von besonders geschulten Leuten ausführen zulassen, verfehlt
werden.
Wenn es sich um ein Vormaß für einen späteren Arbeitsgang handelt (z. B.
Schleifzugaben), sind besondere Vormaßlehren, die als Festmaß-Lehren ausgebildet
sind, zu empfehlen.

3. Wie wird gemessen 1


Meßgeräte sind entweder handelsüblich oder Sonderbauarten.
Es sollte das Bestreben jedes Gerätkonstrukteurs sein und schon beim
Entwurf darauf geachtet werden, daß soweit wie möglich handelsübliche
Meßgeräte angewendet werden können. Dies hat den Vorteil, daß die
Meßgeräte für viele Zwecke nutzbar gemacht werden können und nicht
nach dem Aussterben einer Gerätbauart wertlos werden. Außerdem sind
handelsübliche Ausführungen vielfach billiger und schneller lieferbar.
Durch die kurze Lieferzeit wird die Anlaufzeit für eine Fertigung ver-
ringert und ein etwa notwendig werdender Ersatz verursacht geringere
Störungen der Fertigung. Dazu kommt, daß für die Herstellung von
Sonderlehren meist hochwertigere Arbeitskräfte notwendig sind, an
denen sich in guten Zeiten stets ein fühlbarer Mangel bemerkbar macht.
Vorteile von Sonderbauarten können sich ergeben, wenn die Lehre handlicher,
genauer, billiger oder sonstwie zweckmäßiger ausgebildet werden kann als ein
handelsübliches oder genormtes Meßgerät für den gleichen Zweck. Es ist beispiels-
weise, besonders bei der Werksrevision, oft von Nutzen, wenn in einem Körper
mehrere Grenzrachenlehren vereinigt werden. Dann können mehrere Durchmesser
nacheinander geprüft werden, ohne daß die Lehre aus der Hand gelegt wird. Auch
das Hintereinanderlegen des Gut- und Ausschußrachens ist vielfach vorteilhaft,
weil Gut- und Ausschußprüfung mit einer Handbewegung erfaßt sind. Seit einiger
Zeit erscheinen solche Lehren auch auf dem Markt. Sie sind meist nachstellbar und
werden dadurch schwerer als eine besonders entworfene Blechlehre. Auch wenn
man davon absieht oder das Gewicht wegen der Kleinheit der Lehre ohne Bedeutung
ist, kann es wirtschaftlicher sein, eine derartige Blechlehre besonders anzufertigen,
nämlich dann, wenn sie sich bei der vorgesehenen Gerätstückzahl bis zur Unbrauch-
barkeit abnutzt. Dann sind die Meßflächen meist so uneben und unparalleI gewor-
den, daß die Nachstellbarkeit bei der handelsüblichen Ausführung auch nicht mehr
viel hilft. Man erkennt, was für Überlegungen bei der Wahl der Meßgeräte in jedem
einzelnen Falle anzustellen sind, und daß diese Frage nicht grundsätzlich beant-
wortet werden kann, sondern in jedem einzelnen Falle erwogen werden muß.
Jedoch ist die Beantwortung der Frage, ob eine handelsübliche oder
Sonderausführung zu wählen ist, nicht die Aufgabe des Gerätkonstruk-
teurs, sondern der Arbeitsvorbereitung und des Lehrenkonstrukteurs.
Wie wird gemessen? 35
Der Gerätkonstrukteur sollte lediglich soweit wie möglich die Anwen-
dungsmöglichkeit handelsüblicher Meßmittel anstreben.
Wird dann trotzdem vom Arbeitsvorbereitungsbüro eine Sonderlehre vorge-
sehen, so ist es auch dann vorteilhaft, wenn beispielsweise für eine Welle eine nor-
male Toleranz gewählt wurde, und zwar mit Rücksicht auf die hierfür vorhandenen
Meßscheiben zum Prüfen der Lehre.
Es ist folglich notwendig, daß dem Gerätkonstrukteur die gebräuch-
lichen Arten handelsüblicher Meßmittel hinsichtlich ihrer Bauart und
Anwendungsmöglichkeiten bekannt sind.
Es kann nicht die Aufgabe dieser Arbeit sein, diese Kenntnis erst von
Anfang an zu vermitteln, in dieser Hinsicht muß auf das einschlägige
Schrifttum verwiesen werden. Es er-
SlrichmaBsfab
scheint jedoch eine kurze Besprechung
der Meßmittel im Hinblick auf den 10 I 20 30 40 50 60 I
Zweck dieser Arbeit vonnöten, eine"lillllll""llllll"lillllll""l""l""l""ll"illllll""li~
meßtechnisch richtige Tolerierung zu I Werksfiick I
ermöglichen, sowie mit Rücksicht auf Abb.27. Strichmessung (Körper-Strich).
die bei der Aufstellung von werkstatt-
reifen Gerätzeichnungen notwendigen Überlegungen hinsichtlich der
Sonderlehren. Denn es wird sich zeigen, daß die Mehrzahl der Sonder-
lehren-Konstruktionen von den Meßverfahren mittels handelsüblicher
Lehren abgeleitet ist.
a) Strichmessung. Die einfachste und ursprünglichste Art des Mes-
sens ist die mittels Strichmaßstab. Der Maßstab mit Millimeterteilung
wird möglichst nahe und parallel an das zu messende Längenmaß an-
gelegt und die Anzahl der vollen Millimeter unmittelbar abgelesen,
Bruchteile von Millimetern können grob geschätzt werden (Abb.27). Bei
dieser Schätzung wird auch bei einiger Übung kaum eine größere Ge-
nauigkeit als 0,2 mm erreichbar sein. Die Größe des Fehlers hängt von
zahlreichen Umständen ab: Fehler der Teilung, Art des Nullpunktes
(Strich oder Endfläche), Fehler des Nullpunktes, scharfkantige Begren-
zung, Dicke, Länge und Geradheit der Striche, Scharfkantigkeit des zu
messenden Werkstückes, Beleuchtung, sowie vom physiologischen Bau
des menschlichen Auges. Es ist ferner festgestellt worden, daß bei jeder
Schätzung innerhalb eines Intervalles der Fehler nicht über das ganze
Intervall hinweg gleichmäßig verteilt ist. Bestimmte Werte werden
bevorzugt und andere dafür vernachlässigt. Am größten ist der Fehler
bei 0,2 und 0,8, am kleinsten bei 0,0, 0,5 und 1,0.
Versuche haben gezeigt, daß es nutzlos ist, bei einer fortlaufenden
Teilung den Strichabstand wesentlich kleiner zu wählen als 1 mm, solchen
Teilungen fehlt es an Übersichtlichkeit und die Strichdicke, die nicht
beliebig klein genommen werden kann, macht sich beim Schätzen störend
bemerkbar.
3*
36 Lehren.

Der einfache Strichmaßstab wird im Maschinenbau nur für ganz


grobe Messungen benutzt. Eine Erweiterung ist das sog. Knopfmaß, das
praktisch gar keine Bedeutung hat und hier nur der Vollständigkeit
halber erwähnt wird. Es stellt eine Schieblehre ohne Nonius dar und ist
hier im Zusammenhang aus folgendem Grunde interessant.
Das Ablesen und Schätzen der Lage einer Körperkante zu einer
Strichteilung ist unbequemer und bringt größere Fehler, als das Ablesen
und Schätzen eines Markenstriches zu einer Strichteilung. Dies hat seinen
Grund nicht allein darin, daß die Körperkante nie ganz scharfist, sondern
auch darin, daß das Auge gewissermaßen von dem Körper auf die Strich-
teilung übersetzen muß. In gleicher Weise ergibt es genauere Werte,
wenn ein Körper mit einem Körper verglichen wird.
Ein einfacher Versuch, den jeder ausführen kann, wird dies bestätigen. Man
bemühe sich, das sauber bearbeitete Ende eines Flacheisenstückes mit einem be-
stimmten StriQh eines Maßstabes in übereinstimmende Lage zu bringen. Man wird
hierbei bereits eine größere Unsicherheit empfinden, als wenn die Aufgabe gestellt
wird, zwei gleiche Flachstücke so nebeneinander zu legen, daß die Enden auf einer
Seite möglichst genau gleichliegen. Prüft man die beiden Ergebnisse der Bemühun-
gen mit einfachen Meßmitteln nach und wiederholt den Versuch mehrmals, so wird
man feststellen, daß die Streuung beim Strich-Körper-Vergleich erheblich größer
ist, als beim Körper-Körper-Vergleich; bei diesem kann außerdem neben dem
Gesichtssinn noch der Tastsinn zu Hilfe genommen werden.
Ebenso läßt sich zeigen, daß ein Strich-Strich-Vergleich genauer ist, als ein
Körper-Strich-Vergleich.
Dies ist eine wichtige Erkenntnis, die für die Wahl einer Lehren-
konstruktion bestimmend ist. Will man genau messen, so ist unbedingt
die Strich-Strich- oder die Körper-Körper-Messung vorzuziehen.
Markenrisse am Werkstück sollen, wenn es auf Genauigkeit ankommt,
nur mit einem Markenstrich an der Lehre geprüft werden und Körper-
maße nur mit körperlichen Lehren. Damit ist nicht gesagt, daß das
kombinierte Verfahren Körper-Strich oder Strich-Körper nicht auch
angewendet werden dürfte, nämlich dann, wenn eine große Genauigkeit
nicht notwendig oder nicht erwünscht ist. Ist eine Toleranz von 3 mm
angegeben, so hat es keinen Sinn, diese mit einer Genauigkeit von 0,01 mm
messen zu wollen, vielmehr genügt eine solche von 0,1 bis 0,3 vollkommen.
Wichtig ist nur, daß der Messende sich über die Genauigkeit seines Meß-
verfahrens im klaren ist und nicht Werkstücke verwirft, bei denen er eine
Toleranzüberschreitung feststellt, die im Rahmen der Meßfehler liegt.
Bisweilen wird sogar bewußt das kombinierte Meßverfahren angewandt,
nur um toleranter gegenüber geringfügigen Überschreitungen großer
Toleranzen zu sein.
Die Erreichung größerer Genauigkeiten ermöglicht der Nonius
(Abb. 28), wie er von der Schieblehre her allgemein bekannt ist. Dies ist
keine reine Strichmessung mehr, sondern eine Körperanlage ist in der
Wie wird gemessen? 37
Form der Meßschnäbel gewissermaßen "vorgeschaltet" , man kann von
einer "Übertragung" (im Gegensatz zur Übersetzung) sprechen.
Schieblehren haben im allgemeinen Nonien, die 0,1 mm abzulesen
gestatten. Daneben sind auch 1/20- und I/50-Nonien im Handel. Die
Genauigkeit ist durch DIN 862 vorgeschrieben. Man wird im allgemeinen
beim Werkstattgebrauch der Schieblehren
50 60
nicht eine größere Genauigkeit erwarten
dürfen, als der Noniusteilung entspricht. 111111111111111111111
Zwar ist es bei einiger Übung möglich bei
[11111 111 [
einem I/50-Nonius auch noch Hundertstel
abzuschätzen, nämlich dann, wenn kein
o ! 10
Abb. 28. Nonius. Eingestelltes
Strichpaar zusammenfällt, doch kann da- Maß: 50,6.
mit nicht gerechnet werden.
Der Nonius stellt bereits eine Art Übersetzung dar. Das meßtech-
nisch Bemerkenswerte an ihm ist die Ausnutzung der Fähigkeit des
menschlichen Auges, geringe Unterschiede in der Übereinstimmung
zweier Markenrisse erkennen zu können, eine Fähigkeit, die beim Bau
von Sonderlehren ebenfalls häufig ausgenutzt wird. Das unbewaffnete
Auge vermag bei kürzestem Sehabstand (120 mm) unter günstigen Be-
dingungen noch eine Abweichung vom Gegenüberstehen zweier Striche
um etwa 0,012 mm wahrzunehmen. Daraus erkennt man, daß der
I/50-Nonius die praktisch erreichbare Grenze darstellt, und daß es ferner
zwecklos ist, Markenrisse, die mit bloßem Auge beobachtet werden, ge-
nauer als ± 0,01 mm bezüglich ihrer Lage zu fertigen, wenngleich eine
genauere Fertigung technisch möglich ist.
Der Nonius wird benutzt bei Schieblehren für Wellen und Bohrungen,
bei Tiefenlehren und beim Höhenreißer.
In gleicher Weise wie bei Längenmessungen wird die einfache Strich-
messung und die Strichmessung mit Nonius auch auf Kreisteilungen an-
gewandt. Beim Universalwinkelmesser können 5 Winkelminuten abge-
lesen werden.
Bei geodätischen und astronomischen Instrumenten kann bei entsprechend
großen Teilungskreisen und Ablesung mit einer Lupe die Genauigkeit erheblich
weiter getrieben werden.
b) Strichmessung mit Übersetzung. Um die Ablesegenauigkeit zu ver-
größern, der durch die physiologischen Eigenschaften des Auges eine
Grenze gesetzt ist, und auch um einer Überanstrengung (I/50-Nonius!)
und schnellen Ermüdung des Auges vorzubeugen, wird bei vielen Meß-
geräten vor die Strichmessung eine Übersetzung geschaltet.
Diese Übersetzung kann auf mechanischem oder optischem Wege er-
zielt werden.
Hebel. Das einfachste mechanische Maschinenelement, das hierzu
Verwendung findet, ist der ungleicharmige Hebel. Er wird z.B. benutzt
38 Lehren.

bei den verschiedenen Minimeter-Bauarten mit Übersetzungen von


1 : 100 bis 1 : 1000. Der Meßbereich dieser Instrumente ist klein, er
beträgt etwa 20 bis 200 Skalenteile. Die Instrumentengenauigkeit gibt
Berndtl bei kleinen Übersetzungen mit ±0,05 bis 0,1 Skalenteilen
(Skt), bei großen bis ±0,4 Skt an.
Man nehme für den Werkstattgebrauch (die Abnutzung eingerechnet)
bei allen übersetzten Meßgeräten nicht einen wesentlich kleineren Fehler
an, als etwa einen Skalenteil.
Es ist Unfug, an einem Meßgerät für Hunderstel-Millimeter die Tausendstel
schätzen zu wollen; diese geschätzten Tausendstel sind recht ungewiß2. Eben-
sowenig läßt sich mit einer Schraublehre auf 0,001 genau messen: die Spindel
hat erheblich größere Steigungsfehler.
Gegen rauhe Behandlung, wie sie sich in der Werkstatt nicht immer
ganz vermeiden läßt, sind die genannten Hebelgeräte ziemlich empfind-
lich ; bei allen werden die Lager- und Gelenkstellen durch gehärtete Schnei-
den gebildet, die zur Erreichung einer hohen Genauigkeit möglichst scharf
sein müssen und somit eine stoßweise Beanspruchung schlecht vertragen.
Eine brauchbare und auch lehrentechnisch interessante Lösung stellt
der "Compar" der Firma Keilpart, Suhl, dar, bei dem ein Schlag auf den
Tastbolzen zunächst ein Abheben der Schneiden von den Pfannen be-
wirkt. Die Übertragung geschieht nicht formschlüssig, sondern die An-
lage wird kraftschlüssig durch Federn bewirkt.
Keil. Ein weiteres Maschinenelement, das zur Übersetzung geeignet
ist, ist der Keil. Er wird bei handelsüblichen Meßgeräten mit Teilung
und Zeiger wenig angewandt, häufiger wird er (meist ohne Übersetzung,
45°) zur Umlenkung einer Bewegung benutzt, so bei Innenmeßgeräten.
Er hat den Vorteil, daß er sehr genau gefertigt werden kann. Sehr viel-
seitig ist seine Verwendung bei Lehren für Drahtdicken, Blechdicken
und - als Kegel- für Bohrungen, sowie in der Form zweier unparalleler
Lineale, zum Sortieren von Kugeln; die Kugeln laufen vom engen Ende
nach dem weiten zu und fallen zwischen den Linealen hindurch in ent-
sprechende Behälter, an der Stelle, die ihrem Durchmesser entspricht.
Schraube. Die Schraube wird zur Übersetzung eines Meßergebnisses
in vielfältiger Form benutzt, als Schraublehre für Wellenmaße (Bügel-
schraublehre) wie für Innenmaße und für Tiefenmaße, ferner in Sonder-
ausführungen für Gewindemessung mit auswechselbaren Einsätzen oder
nach dem Dreidrahtverfahren, sowie beim Sphärometer zum Messen der
Krümmung von Kugelkalotten. Die Ablesung beträgt im allgemeinen
1Schrifttum Nr. 8.
2 Dem Verfasser ist sogar einmal eine Meßuhr mit 1/1000 mm Ablesung angeboten
worden, die (nach Angaben der Firma) ±4 Skalenteile Fehler aufwies, und das in
neuem Zustande! Daher sollte jedes Meßinstrument vor dem Ankauf mit einfachen
Mitteln auf seine Richtigkeit geprüft werden.
Wie wird gemessen? 39
0,01 mm. Die Genauigkeitsansprüche, die an gute Schraublehren ge-
stellt werden können, sind in DIN 863 festgelegt. Werden höhere An-
sprüche gestellt, so müssen die Steigungsfehler ausgeglichen werden.
Dies wird z. B. bei der Tischverstellung von Lehrenbohrmaschinen in der
Weise bewirkt, daß die der Hauptteilungstrommel gegenüberstehende
Noniustrommel durch ein Kurvenlineal um geringe Beträge verdreht
wird. Diese Beträge entsprechen den an der Spindel durch genaueste
Messung ermittelten Steigungsfehlern. Auf diese Weise ist der Fehler
auf etwa 1!l herabgedrückt worden.
Recht lehrreich ist die Verwendung der Schraube an der Lehrenbohrmaschine
von H. Lindner. Zur groben Längs- und QuereinsteIlung des Tisches dienen
Millimeter-Teilungen. Für die Feineinstellung ist längs der beiden Bewegungs-
richtungen eine hochglanzpolierte Welle angeordnet, auf der sich ein schrauben-
linig verlaufender feiner Riß befindet. Auf der Welle ist eine Teilungstrommel be-
festigt; die Einstellung geschieht mit Nonius. Sodann wird der Tisch mit Hilfe
einer Transportspindel solange verstellt, bis der schraubenlinige Riß im Gesichts-
feld eines Mikroskopes genau zwischen den zwei Markenstrichen der Okularstrich-
platte liegt.
Eine Verbindung der Schraube mit optischen Meßmitteln ist das
Werkstattmeßmikroskop. Die Verstellung des Tisches mit dem zu
messenden Stück erfolgt nach rechtwinkligen Koordinaten mit je einer
Lehrschraube mit 1/1(1J mm Ablesung. Das Werkstück wird mit einem
Mikroskop, das eine Strichplatte enthält, anvisiert. Winkelmessungen
werden durch eine drehbare Strichplatte mit Kreisteilung ermöglicht.
Das Werkstattmeßmikroskop verdient in diesem Zusammenhang be-
sondere Erwähnung, obschon es hauptsächlich für die Vermessung von
Werkzeugen und Lehren, jedoch weniger für Werkstücke benutzt wird.
Aus der Anordnung des Aufspanntisches als Kreuzschlitten und seiner
sonstigen vielseitigen Verwendbarkeit folgt nämlich, daß es zweckmäßig
ist, für eine irgendwie gestaltete Form, für die ein Formwerkzeug oder
eine Formlehre notwendig wird, die Bemaßung in der Gerätzeichnung
nach einem rechtwinkligen Koordinatensystem vorzunehmen, um Um-
rechnungen zu vermeiden. Als Ausgangsordinaten werden vorteilhaft
möglichst die wichtigsten aufeinander senkrecht stehenden Flächen ge-
wählt, die möglichst lang sein sollen.
In gleicher Weise überlege man sich beim Eintragen der Maße, ob für
Vorrichtungen oder Lehren zu einem Gerätteil ein Lehrenbohrwerk be-
nutzt wird und bemaße dementsprechend. Auch dieses arbeitet nach
einem rechtwinkligen Koordinatensystem. Wahllos durcheinander ge-
würfelte Maße lassen nicht nur Fehler beim Umrechnen befürchten, son-
dern vermindern auch die Genauigkeit der Betriebsmittel (Vorrichtun-
gen, Werkzeuge, Lehren) und damit der Werkstücke.
Das Spiel im Gewinde einer Schraublehre wird durch Nachstell-
einrichtungen nach Möglichkeit ausgeschaltet, ganz beseitigen läßt es
40 Lehren.

sich nicht, schon mit Rücksicht auf die Notwendigkeit eines Schmierfilms.
Deswegen muß der Meßdruck immer in der gleichen Richtung, auf die
gleiche Gewindeflanke, wirken; dies ist wichtig, wenn eine Lehrschraube
(ohne Bügel im Handel erhältlich) in eine Sonderlehre (Istmaß-Lehre)
eingebaut wird. Beim Einstellen einer solchen Lehre muß der Meßdruck
in der gleichen Richtung wirken wie beim Messen.
Die Regelung des Meßdruckes 1 ist bei so genauen Messungen, wie sie
die Schraublehre ermöglicht, besonders wichtig. Schwankungen des
Meßdruckes bewirken verschieden starke Abplattungen an den Be-
rührungsstellen und verschieden große elastische Formänderungen der
Lehre. Auch die meist angebrachte Ratsche oder Reibkupplung bietet
keine unbedingte Gewähr für gleichbleibenden Meßdruck, durch mehr
oder weniger schnelles Andrehen können erhebliche Unterschiede hervor-
gerufen werden.
Eine Erweiterung des Anwendungsgebietes der Schraube als Über-
setzung stellen die Meßmaschinen dar, soweit man sich hierbei der
Schraube bedient (Hommel, Mahr, Reinecker, Sautter & Meßner).
Hierbei werden Meßdruckregler der verschiedensten Bauarten benutzt.
Zahnräder. Eine weitere Möglichkeit einer mechanischen Übersetzung
des Meßwertes stellt das Zahnradgetriebe dar, wie es in der Meßuhr An-
wendung findet. An ein solches Räderwerk werden hohe Anforderungen
bezüglich der Genauigkeit des Abwälzens gestellt, die Rädchen sind kaum
größer als die einer Taschenuhr. Es hat lange gedauert, bis brauchbare
und vor allem haltbare Meßuhren in den Handel kamen. Die Anforde-
rungen in bezug auf Teilungs-, Evolventenfehler und Unrundheit sind
höher als bei einer guten Taschenuhr. Dazu kommt, daß die Werkstoff-
beanspruchungen bei stoßweiser Bewegung des Taststiftes infolge der
Massenkräfte außerordentlich hoch sind. Das unvermeidliche Spiel
zwischen den Zahnflanken wird durch Federn unschädlich gemacht. Die
Meßuhr hat genormte Anschlußmaße und kann mit Vorteil in Sonder-
lehren eingebaut werden; sie erhält auf Wunsch einstellbare Toleranz-
marken und stellt dann eine Festmaß-Lehre dar. Ihre leichte und ein-
fache Einstellmöglichkeit nach einem Urstück (Gegenlehre), durch Ver-
drehen der Teilung, ist zweifellos ein Vorteil, es besteht jedoch die Ge-
fahr einer unbeabsichtigten oder absichtlichen Verstellung beim Werk-
stattgebrauch.
Bei der Meßuhr kann, wie bereits erwähnt, in der Werkstatt mit einer
Zuverlässigkeit der Messung auf einen Teilstrich gerechnet werden. Be-
sonders zweckmäßig sind Meßuhren, die einen gleichbleibenden Meß-
druck über den ganzen Meßbereich aufweisen (Mahr).
Die Meßuhr wird in der verschiedensten Weise bei handelsüblichen
1 Auf dem Normblatt DIN 863 ist die zulässige Aufbiegung des Bügels für den
Meßdruck 1 kg festgelegt.
Wie wird gemessen? 41

Meßgeräten angewandt: Meßuhrständer , Schlagprüfer , Rachenlehren,


Innenmeßgeräte, Fräserprufgeräte usw. Zahnradgetriebe in Verbindung
mit Hebelübersetzungen enthalten auch das Passameter (für Wellen) und
das Passimeter (für Bohrungen) von Zeiß.
Über die Zweckmäßigkeit der Verwendung von Meßuhren in Sonderlehren
bestehen verschiedene Ansichten. Der Verfasser vertritt die Meinung, daß bei aus-
gesprochener Massenfertigung und kurzer Meßzeit eine Zeiger- (Hebel-) Konstruk-
tion mit nur zwei Toleranzmarken zuverlässiger ist und den Messenden weniger er-
müdet, als der ständig herumschnurrende Zeiger; jedoch lassen sich solche Fragen
kaum grundsätzlich beantworten. Es muß jedoch unbedingt davon abgeraten wer-
den, irgendwelche Zahnräderübersetzungen für Sonderlehren besonders zu ent-
werfen. Die Fertigung solcher Getriebe erfordert Sonderwerkstätten und Sonder-
erfahrung und wird bei Einzelfertigung ganz gewiß nicht das gewünschte Ergebnis
bringen, sowohl in bezug auf die erstrebte Genauigkeit, als auch in preislicher
Hinsicht.
Wasserwaage. Als mechanische Übersetzung ist auch die Wasser-
waage anzusprechen, bei der einer geringen Neigung der Auflagefläche
ein mehr oder weniger
großer Blasenweg ent-
spricht. Sie findet Ver-
wendung an der Reiß-

3
platte, zum Ausrichten
von Maschinen, in Ver-
bindung mit anderen
Hilfsmitteln (Schmiege)
usw. Die Empfindlich- :S ··:' ··-~-- i~--,· -;.--, -
t I , I • , •

01245678 9 10
keiten sind in DIN 877
genormt. Die Wasser-
waage kann geeicht und Jq

als Istmaß-Lehre be-


nutzt werden.
Lupe und Mikroskop.
An optischen Hilfsmit-
teln w.erden zur Erzie-
Abb.29. Sehfeld des Ablesemikroskopes am UMlIL
lung einer Übersetzung Einstellung : 3,3248 mm.
die Lupe und das Mi-
kroskop in Verbindung mit Glasstrichplatten sowie für große Werk-
stücke (Lokomotivrahmen) das Fernrohr mit Kollimator benutzt.
Das Werkstatt-Meßmikroskop als eine Verbindung zwischen Optik
und Mechanik wurde bereits erwähnt. Genauere Messungen ermöglicht
das Zeißsche Universal-Meßmikroskop (UMM). Hierbei dient das Ge-
winde nur zum Verschieben der beiden rechtwinklig zueinander ange-
ordneten Schlitten, während die Ablesung der Schlittenstellung mit Glas-
maßstäben und Mikroskopen erfolgt.
42 Lehren.

Lehrreich ist hierbei die Verwendung einer auf eine drehbare Glasstrichplatte
aufgebrachten Doppelspirale. Zwischen den beiden Spiralstriehen läßt sich mit
großer Genauigkeit ein Strich der Millimeterteilung eingrenzen; die Ablesung
der Hundertstel und Tausendstel erfolgt
I
auf einer Kreisteilung der Spiralplatte
I (Abb.29).
I
I Das UMM wird neben vielen anderen
I Anwendungsgebieten in Lehrenwerk-
I
I stätten für die genaue Messung von Ge-
I
I I
winde benutzt. An die Gewindeflanken
I Ii I I werden besondere Meßschneiden ange-
-- -----+-+++- ------ schoben die parallel zur Schneide in be-
I 11 I I
I I I I I stimmtem Abstand einen feinen Riß
I I II I tragen. Dieser Riß wird mit einer im
I I I
I I I Mikroskop befindlichen drehbaren Uni-
I I ' versalstrichplatte (Abb. 30) anvisiert; auf
! diese Weise kann der Flankendurch-
messer ermittelt werden. Zur Prüfung
des Gewindeprofils dient eine Revolver-
Abb.30. UniversaJstrichplatte. strichplatte (Abb. 31), welche die ver-
schiedenen Gewindeprofile enthält. Uni-
versalstrichplatte und Revolverstrichplatte finden sich auch am Werkstattmikro-
skop.
Beim Optimeter, als Waagerecht- oder Senkrecht-Optimeter ausge-

"- "-
"-
"-
"-
\
\ 53'0'/ "- "-
\ /
\ /
----"----
1
" 0$1
" I
"" I
"..- "-~ \

-- .f. \
-7
\
/ -..-..
/ /
/

I
I
/

/ ..... j.
/ I ...................
/ -..

Abb. 31. Revolverstrichplatte.

führt, wird durch die Bewegung des Meßbolzens ein Spiegel gekippt.
Dieser Spiegel reflektiert das Bild einer Skala in das Gesichtsfeld einer
Wie wird gemessen? 43
Lupe. Eine feste Marke in der Lupe gestattet Ablesungen von 0,001 mm,
bei einer neueren Ausführung können sogar 0,0002 mm abgelesen werden.
Das Optimeter muß nach Endmaßen oder Gegenlehren auf Null einge-
stellt werden.
Die Meßmaschine von Zeiß ermöglicht Absolutmessungen bis zu 6 m
auf 0,001 mm. Für die Ablesung der Hundertstel und Tausendstel ist ein
Optimeter eingebaut, das gleichzeitig als Meßdruckregler dient; zur
genauen Einstellung auf ganze Zehntelmillimeter dient ein Glasmaßstab
von 100 mm Länge und je im Abstande von 100 mm angebrachte Glas-
platten mit Doppelstrichen. Ein optisches System läßt die Maßstab-
teilung und jeweils ein Strichpaar gleichzeitig im Gesichtsfeld eines
Mikroskopes erscheinen; zur Einstellung wird der gewünschte Skalen-
strich genau in die Mitte zwischen das Strichpaar gebracht.
Als weitere optische Meßgeräte seien genannt die Brinell-Lupe zum
Messen des Eindruckdurchmessers bei Brinell-Härteprüfungen und das
Meßmikroskop mit Okularskala.
Ebenfalls mit mikroskopischer Ablesung und Glas-Strichplatten ist
der optische Teilkopf versehen, der sowohl zur Fertigung sehr genauer
Werkstücke, als auch für die Fertigung und Prüfung von Betriebs-
mitteln gebraucht wird.
Ferner verdient in diesem Zusammenhang der optische Winkelmesser
erwähnt zu werden, der infolge der Verschiebbarkeit des einen Schenkels
für alle möglichen Winkelmessungen verwendbar ist.
Lichtstrahl. Beim "Mikrolux" der Fa. Fritz Werner bildet ein Licht-
strahl den langen Arm eines Übersetzungshebelsi. Durch eine Hebel-
anordnung wird ein Spiegel gedreht, der einen Lichtstrich auf eine
zylindrisch gebogene Mattscheibe wirft. Die Einstellung muß mit einem
Einstellstück erfolgen, oder mit zwei Einstellstücken, wenn eine Grenz-
messung vorgenommen werden soll. Eine Istmaß-Ablesung ist nicht
vorgesehen, die Mattscheibe trägt verschiebbare Marken für die Grenz-
werte.
Projektion. Eine weitere Verwendung der Optik ist die Projektion.
Formstücke werden in bestimmter Vergrößerung (bis 1: 150) auf einen
Schirm oder eine Mattscheibe projiziert und können auf diese Weise mit
einem Aufriß in vergrößertem Maßstab verglichen werden. Es ist mög-
lich, diesen Riß als Toleranzfeld auszubilden und so eine Form-Grenz-
prüfung vorzunehmen (vgl. Abb. 66).
Bei genauesten Messungen wird die Interferenz der Lichtwellen benutzt,
das Verfahren kann hier unbesprochen bleiben, weil es ausschließlich in Meß-
laboratorien benutzt wird.
e) Vergleiehsmessung ohne Übersetzung. Wenn hier von einer Ver-
1 Das gleiche Meßprinzip wird seit langem bei physikalischen Meßinstrumenten
(z. B. Spiegelgalvanometer) angewendet.
44 Lehren.

gleichsmessung zum Unterschied von der Strichmessung gesprochen wird,


so soll damit in erster Linie die Körper-Körper-Messung gemeint sein.
Verfahren. Die Messung der Länge eines Werkstückes, wie es Abb. 32
zeigt, kann zunächst in der Weise geschehen, daß es auf eine ebene Platte
neben einem Musterstück von genau bestimmter Länge aufgestellt wird.
Beim Vergleichen der beiden nebeneinander stehenden Teile in bezug auf
die Höhe ergibt sich, ob das Werkstück höher (= länger) oder niedriger
ist als die Lehre.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, eine galgenartige Lehre auf
eine Platte zu stellen und zu prüfen, ob das Werkstück unter dem Galgen
hindurchgeht oder nicht, d. h. ob
Lehre es kleiner oder größer ist als das
Maß der Lehre (Abb. 33). Man kann
Werk- .L
Werk- noch einen Schritt weitergehen und
sliiclr Mre
sfiick die Länge mit einer Rachenlehre
prüfen, deren Weite der Höhe des
Abb. 32. Vergleichs-
~0:~~~~~~~~
Abb. 33. Vergleichs-
Galgens entspricht, wie dies allge-
messung, gl ei c h - messung, Ge gen körper. mein bekannt ist.
artige Körper. Der Unterschied besteht darin,
daß bei dem ersten beschriebenen Verfahren gleichartige Körper ver-
glichen werden, denn in Abb. 32 hat die Lehre im wesentlichen, d.h. in
der zu messenden Länge, dieselbe Gestalt wie das Werkstück; im zwei-
ten und dritten Fall dagegen stellt die Lehre den Gegenkörper dar.
Beide Verfahren werden in der Praxis in vielfach abgewandelter Ge-
stalt benutzt.
Es scheint auf den ersten Blick, als ob das erste Verfahren, der Ver-
gleich gleichartiger Körper, ungenauer sei als das zweite; beson-
ders bei der Rachenlehre leuchtet es ein, daß sie beim Gebrauch sehr
empfindlich anzeigt, ob das Stück länger oder kürzer ist als ihr Maß:
sie geht nicht hinüber, oder sie geht hinüber.
Stehen die beiden Stücke in Abb. 32 dicht beieinander und haben sie
scharfe Kanten, so lassen sich durch Abtasten Höhenunterschiede von
der Größenordnung 0,01 mm noch feststellen. Der Tastsinn in den Fin-
gerspitzen, in denen viele Nerven endigen, ist in hervorragendem Maße
hierfür geeignet. Sind die Endflächen beider Stücke poliert, so lassen sich
an der Spiegelung kleine Höhenunterschiede ebenfalls recht genau er-
kennen. Das feinfühligste Hilfsmittel für derartige Messungen ist das
Haarlineal, das eine nahezu messerscharfe, genau gerade Kante besitzt.
Wird es über die beiden nebeneinander stehenden Stücke gelegt, so erkennt
man von der Seite, welches der beiden Teile höher ist.
Die Feinfühligkeit des Haarlineals geht so weit, daß Unterschiede von I fl und
weniger sehr gut erkannt werden können. Man kann sich davon überzeugen, wenn
man zwei Endmaße, die sich um I fl unterscheiden, nebeneinander an eine genau
Wie wird gemessen? 45
ebene Platte ansprengt und den Höhenunterschied mit dem Haarlineal prüft.
Hierbei wird der Lichtspalt unverhältnismäßig groß erscheinen. Diese Erscheinung
hat ihre Ursachen in der Spiegelung des Lichtspaltes in der polierten Fläche, in
der Lichtbeugung, die an der schmalen, engen Stelle auftritt, und in der physiologi-
schen Eigenschaft des menschlichen Auges, helle Stellen auf dunklem Grunde
größer erscheinen zu lassen, als dunkle Stellen auf hellem Grunde. Hiervon zeugen
zahlreiche sog. optische Täuschungen. So erwünscht an sich diese Erhöhung der
Meßsicherheit ist, so unangenehm kann sie sich bei Formlehren auswirken, bei denen
geringste Abweichungen der Werkstückform von der Lehrenform deutlich in Er-
scheinung treten. Dies hat oft Fehlschätzungen über die Größe der Unterschiede
zur Folge.
Die Messung nach Abb. 32 kann auch so ausgeführt werden, daß beide
Stücke mit einer Meßuhr, einem Optimeter, Mikrolux oder ähnlichem
Gerät abgetastet werden. Die Lehre dient dann als Einstellstück (Gegen-
lehre) für das Meßgerät (Lehre).
Für die zweite Art der Prüfung nach Abb. 33 gibt es gleichfalls ver-
schiedene Möglichkeiten des Vorgehens. Man kann die Lehre von oben
auf das Werkstück setzen und prüfen,
ob sie mit ihrem Fuß auf der Platte

Abb.34 . Verkantnng in der Lehrenebene. Abb.35. Verkantung senkrecht


zur Lehrenebene.
aufsitzt (Lichtspalt). Man kann die Lehre festhalten und das Werkstück
darunter zu führen versuchen, oder das Werkstück festhalten und die
Lehre heranschieben und dabei beobachten, ob sie anstößt oder sich
anhebt (Tastsinn). Das letzte Verfahren dürfte im gewählten Beispiel
das beste sein, weil die Lehre die größte Auflagefläche hat und infolge-
dessen beim Verschieben am wenigsten zum Kippen neigt. Die Licht-
spaltprüfung erscheint wegen der großen Auflagefläche unangebracht,
weil dasAuge genau in die Ebene des Lichtspaltes gebracht werden muß,
um diesen überhaupt erkennen zu können; das ist bei "tiefen" Flächen
46 Lehren.

nicht ganz leicht, so daß der Lichtspalt leicht verfehlt wird, und eine
Fehlmessung die Folge ist. Der Vorteil des Haarlineals ist im Gegen-
satz dazu die geringe Tiefenausdehnung, die den Lichtschimmer auch
bei nicht genauer Einstellung des Auges zu erkennen gestattet.
Ist bei der Vergleichsmessung nach Abb. 33 die Lehre erheblich
schwerer als das Werkstück, so ist es vorzuziehen, das Werkstück nach
der Lehre hin zu verschieben, um das Meßgefühl zu vergrößern.
Beim Messen mit einer starren Rachenlehre kommt es darauf an, daß
beim Ansetzen die Meßflächen parallel zu den zu messenden Flächen
liegen, mit anderen Worten, daß die Lehre nicht verkantet wird. Bei
geringer Übung und mangelnder
Sorgfalt kann dadurch leicht der
Eindruck entstehen, als sei das
Werkstück größer als die Lehre.
Diese Verkantung kann sowohl in
der Ebene der Lehre (Abb. 34), als
auch senkrecht dazu auftreten
(Abb.35). Bei der Messung einer
runden Welle kann das Verkanten
nach Abb.34 nicht vorkommen,
weil der zu messende Durchmesser
in jeder beliebigen Winkellage vor-
handen ist. Um das Verkanten
in der andern Richtung zu verhin-
dern, geht man vielfach so vor, daß
man zuerst die eine Meßfläche der
Rachenlehre zur Anlage bringt und
darauf achtet, daß nicht eine
punktweise Berührung- an der
vorderen oder hinteren Kante - ,
sondern eine Linienberührung über
Abb . 36. Messen einer W elle mit Rachenlehre.
die ganze Meßfläche hinweg ein-
tritt. Die Dickenausdehnung der Lehre an der Meßstelle wird also zum Auf-
richten der Lehre benutzt. Sodann wird die zweite Meßfläche über die
Welle geschwenkt, wobei die erste auf dem Umfang abrollt (Abb.36).
Geometrische Form. In diesem Zusammenhang taucht die Frage auf,
inwieweit durch die einzelnen Meßverfahren an zwei zusammengehörigen
Werkstücken sichergestellt wird, daß die Stücke mit der geforderten
Passung zusammengefügt werden können.
Betrachtet man als einfachstes Beispiel eine Rundpassung, Bohrung
und Welle, die mit genormten handelsüblichen Lehren geprüft werden,
so ergibt sich folgendes:
Die Bohrung wird mit einer Gutlehre geprüft, deren Meßfläche
Wie wird gemessen? 47
einen Zylinder von bestimmter Länge darstellt. Die Bohrung kann
unrund, kegelig, ballig, hohl oder krumm sein, sie kann alle diese Fehler,
mehr oder weniger stark, gleichzeitig besitzen. Der Gutlehrdorn läßt sich
ganz einführen, wenn an keiner Stelle ein Zylinder vom Durchmesser
und der Länge des Lehrdornes unterschritten wird. Ist die Bohrung
länger als der Meßzapfen, so wird eine Abweichung von der Geradheit
nicht ganz erfaßt. Ist die Bohrung soviel krumm, daß die Lehre gerade
noch hineingeht, so muß befürchtet werden, daß eine Welle, die länger
ist als der Meßzapfen, sich nicht einführen läßt. Man sieht, daß die
Krummheit durch eine im ganzen größer gehaltene Bohrung ausgeglichen
werden muß. Alle anderen genannten Abweichungen von der geometri-
schen Form nach der Gutseite hin werden vom Gutlehrdorn vollkommen
erfaßt.
Der Ausschußlehrdorn darf sich nicht einführen lassen. Das bedeu-
tet, daß an dem Ende der Bohrung, an dem man versucht, die Lehre
einzuführen, der einbeschriebene Kreis kleiner sein muß als der Durch-
messer des Ausschußlehrdorns. An dieser einen Stelle kann die Bohrung
unrund sein oder sogar enger als in ihrem weiteren Verlauf. Folglich
kann über den Sitz der Werkstückwelle in der Werkstückbohrung sehr
wenig ausgesagt werden; dieser Art Ausschußprüfung haften große
Mängel an.
Wenn es sich um eine Lagerbohrung handelt und demnach auf eine
gute Ausbildung des Schmierfilmes und -keiles sowie auf geringen Ver-
schleiß, d.h. auf eine gute geometrische Übereinstimmung zwischen Welle
und Bohrung und gleichmäßiges Tragen des ganzen Lagers besonderer
Wert gelegt werden muß, so muß man zu anderen Meßmitteln greifen.
Vorteilhafter ist bereits die Flachlehre, wie sie für große Bohrungen be-
nutzt wird, weil sie in gewissem Grade eine Unrundheit erkennen läßt.
Am besten geeignet für diesen Zweck ist jedoch ein Meßmittel, das an
jeder beliebigen Stelle zu prüfen gestattet, ob das Ausschußmaß des
Bohrungsdurchmessers überschritten ist oder nicht. Ein solches Meß-
mittel ist das Kugelendmaß. Es wird bis zu jeder beliebigen Tiefe
(wenn nötig, mit Halter versehen) eingeführt und aufzurichten versucht,
dabei kann der Durchmesser in jeder beliebigen Richtung geprüft werden.
Diese Vorzüge haben dazu geführt, daß mit der Einführung des ISA-
Toleranzsystems die Anwendung des Kugelendmaßes als Ausschußlehre
für Bohrungen weitgehend empfohlen wurde.
Die Vereinigung eines Gutlehrdorns, der kugelig ausgebildet ist, mit einem
Kugelendmaß stellt die von den schwedischen Kugellagerfabriken entwickelte
"Tebo-Lehre" dar l •
Betrachtet man nun die der Bohrung zugeordnete Welle und ihre
Prüfung, so stellt man fest, daß sie ebenso wie die Bohrung unrund,
1 Die Lehre wird in Deutschland von &eindl & Nieberding, Berlin, hergestellt.
48 Lehren.

kegelig, ballig oder hohl und krumm sein kann. Sie wird zunächst mit
einer Gutrachenlehre gemessen, die hinübergehen soll. Diese liegt,
wenn sie zufällig paßt, in zwei kurzen Stücken von Mantellinien des
Zylinders an. Die Geradheit wird also nur jeweils in einer Ebene und auf
eine Länge geprüft, die der Dicke des Meßrachens entspricht. Dies ist
verhältnismäßig wenig, viel weniger als beim Gutlehrdorn. Balligkeit
oder Hohlheit und Kegeligkeit können insoweit vorhanden sein, als bei
der vorbeschriebenen Anlage in zwei Mantellinienstücken nirgends das
Maß der Lehre überschritten ist. Hierbei muß vorausgesetzt werden, daß
eine genügende Anzahl von Messungen ausgeführt wird. Auch ein
elliptischer Querschnitt der Welle würde bemerkt werden, wenn das
Lehrenmaß an der dicksten Stelle überschritten ist.
Es gibt Abweichungen vom Kreisquerschnitt derart, daß
zwar der umbeschriebene Kreis größer ist als das Lehren-
maß, dies jedoch mit einer Rachenlehre nicht erkannt wer-
den kann. Dies sind die sog. "Gleichdicke", die ein Mittel-
ding zwischen der Kreisform und einem Vieleck mit unge-
rader Eckenzahl darstellen (Abb. 37).
Die vollkommenste Gutlehre für eine Welle ist ein
Lehrring, dessen Länge gleich der "tragenden" Länge der
Abb. 37. Drciseitiges Passung ist. Dieser läßt sich bei der Fertigung nicht immer
Gleichdick. gut anwenden, er wird besonders in der Feinwerktechnik
viel benutzt.
Die Ausschußrachenlehre darf sich nicht überführen lassen. Sie
liegt ebenfalls in zwei Linien an, die im Grenzfalle (wenn das Stück
gerade eben Ausschuß ist) auf Durchmessern liegen. Unterschreitungen
des Ausschußmaßes sind etwa in der Form denkbar, daß die Welle auf
der Länge der Berührungslinien hohl ist. Da diese verhältnismäßig
kurz sind, kann der Fehler nur unbedeutend sein. Das Ideal wäre eine
Ausschußrachenlehre mit punktförmiger Anlage, die, ebenso wie das
Kugelendmaß, den Nachteil der schnelleren Abnutzung aufweist.
Aus den Betrachtungen geht hervor, daß in dem gewählten Beispiel
Abweichungen von der geometrischen Form zunächst innerhalb des
Toleranzfeldes möglich sind und darüber hinaus infolge der Unvoll-
kommenheit der Meßmittel Abweichungen auftreten können, die ent-
weder das Zusammenfügen der beiden Werkstücke verhindern, oder die
Brauchbarkeit einer Lagerstelle infolge (örtlich auftretender) zu großer
Lagerluft in Frage stellen können.
Im gewöhnlichen Maschinenbau braucht jedoch diesen Fragen nicht
allzu große Bedeutung beigemessen zu werden. Es ist nur notwendig, daß
sich der Ingenieur darüber klar ist, welche Fälle trotz der sorgfältigen
Tolerierung eintreten können, und im Einzelfalle, der es erheischt, ent-
weder die Auswahl derMeßmittel vorschreibt oder besondere Anga ben
über Abweichungen von der geometrischen Form macht.
Wie wird gemessen? 49

Kommt es wirklich - ausnahmsweise! - so genau darauf an, so


wären im behandelten Beispiel folgende Messungen vorzusehen:
Welle:
Gutlehre : Ringlehre, Länge gletch der Länge der zugehörigen Boh-
rung,
Ausschußlehre : Rachenlehre mit möglichst schmalen Meßbacken;
Bohrung:
Gutlehre : Lehrdorn, Länge gleich der Länge der zugehörigen Lager-
stelle an der Welle,
Ausschußlehre : Kugelendmaß.
Welche Nachteile diese Maßnahmen im einzelnen haben, wurde be-
reits angedeutet und man sollte solche Besorgnis nur in Ausnahmefällen
an den Tag legen. Denn sie bedeuten gegenüber dem Üblichen eine
Einschränkung und Verteuerung.
Ein wichtiger Schluß kann aus den Betrachtungen gezogen werden,
der auch für den Entwurf von Sonderlehren grundlegende Bedeutung hat:
Eine Gutlehre ist meßtechnisch dann am vollkommensten, wenn sie
sich in der Form und Größe der Meßfläche (nicht in den Lehren-
maßen) möglichst an diejenige des Gegenstückes l anlehnt;
die Ausschußlehre dagegen soll möglichst punktweise
messen. Ausschußlehren, die mit einer Messung mehrere Meßgrößen
erfassen, sind grundsätzlich falsch entworfen.
Beispiel: Gutlehre für einen Vierkantzapfen: Vierkantdurchbruch möglichst
in ganzer Länge des Werkstückzapfens, Ausschußlehre: offene Rachenlehre. Die
Gutlehre erfaßt die Rechtwinkligkeit, die Ausschußlehre nicht.
Parallel-Endmaße. Die Grundlage für technische Längenmessungen
in der Werkstatt stellen die Parallel-Endmaße dar. In der Werkstatt für
Mengen- oder Massenfertigung werden sie allerdings nur zum Einstellen
von Maschinen benutzt, um so mehr aber in der zugehörigen Werkstatt
für Vorrichtungen, Werkzeuge und Lehren. Sie stellen Rechtkante vom
Querschnitt 9 x 30, bei größerer Länge 9 x35mm dar, deren Endflächen
hochglanzpoliert, in hohem Grade eben und mit großer Genauigkeit auf
ein bestimmtes Längenmaß gearbeitet sind. Sie werden in Sätzen, die
innerhalb gewisser Grenzen jede beliebige Zusammenstellung gestatten,
und in Längen bis zu 3 m in verschiedenen Genauigkeitsgraden geliefert.
Die Herstellungstoleranz beträgt beispielsweise unter 10 mm in Klasse I
± 0,2,u, in Klasse II ± 0,5,u, in Klasse III ± 1,2,u.
In größeren Werkstätten wird meist ein Urmaßsatz besonders sorg-
fältig aufbewahrt, der nur zum Vergleich mit den vorhandenen Arbeits-
und Prüfmaßsätzen dient und von der Physikalisch-Technischen Reichs-
anstalt geprüft ist. Die Arbeitsmaße werden in der Werkstatt, die Prüf-
1 Unter Gegenstück ist das dem zu messenden Werkstück zugeordnete Werk-
stück zu verstehen.
Leinweber, Toleranzen. 4
50 Lehren.

maße in der Revision benutzt. Mitunter werden zwischen Prüfmaße und


Urmaße zu deren Schonung noch Vergleichsmaße eingegliedert.
Endmaße werden aus hochgekohltern, legiertem Sonderstahl gefertigt und ge·
härtet. Bei der Auswahl des Werkstoffes kommt es vor allem auf Verzugsfreiheit
und Maßbeständigkeit an. Die hierfür benutzten Legierungen, sowie die Verfahren
zum Härten, Entspannen und künstlichen Altern wie auch die Polierverfahren, sind
das Ergebnis jahrzehntelanger Erfahrungen und vielfach Geheimnisse der her-
stellenden Firmen. Bis vor einiger Zeit galten die Endmaße der schwedischen
Firma Johansson als unübertroffen, jetzt werden jedoch auch in Deutschland min-
destens ebenbürtige Erzeugnisse hergestellt.
In Verbindung mit Zusatzgeräten: Endmaßhaltern, Anreiß spitzen ,
Zentrierspitzen, Halbrundschnäbeln, geraden Meßschnäbeln, Toleranz-
meßschnäbeln, Messerschnäbeln u. dgl. und sonstigen Hilfsmitteln, Win-
keln, Linealen, Platten, Dornen, Meßdrähten usw. ist das Anwendungs-
gebiet der Endmaße außerordentlich vielseitig.
Die Anwendungsmäglichkeiten sind so vielseitig und lehrreich, daß ihr Studium
wohl als die Grundlage für die Beherrschung des Meßwesens angesehen werden kann
und die Beschäftigung hiermit auch dem Gerätkonstrukteur angeraten werden
muß. Man vergleiche hierzu die wenigen, aber nützlichen Beispiele in der AWF-
Schrift Nr. 951, "Parallel-Endmaße".
Meßscheiben, -drähte und -kugeln, zu-
sammen mit Endmaßen, werden für Längenmessun-
gen an schiefwinkligen Teilen und für Winkelmessun-
gen der verschiedensten Art im Werkzeug-, Vorrich-
tungs- und Lehrenbau sehr viel benutzt. Ein einfaches
Beispiel zeigt Abb. 38. Zur Ermittlung von e aus d
(-Zeichl7l1l7gsmQ!J) (in gewissen Grenzen beliebig), a und a ist eine einfache
Abb. 38. Messung einer trigonometrische Rechnung erforderlich. Hierbei muß
Schwalbenschwanznut mit das Istmaß des Winkels a eingesetzt werden.
Meßdrähten und Endmaßen.
Zu den Endmaßen im weiteren Sinne rech-
net auch der sog. "Spion" oder die Fühlerlehre. Sie besteht aus mehre-
ren dünnen Stahlplättchen von verschiedener Dicke und dient zum
Prüfen der Breite von Schlitzen und Spalten. Sie besitzt keine große
Genauigkeit.
In ähnlichen Sätzen, wie für Längenmaße, sind auch Winkelendmaße
erhältlich, die in Abstufungen von I' jeden beliebigen Winkel zwischen
10° und 350° zusammenzustellen gestatten. Man findet sie jedoch ver-
hältnismäßig selten, da sie kurze Meßflächen haben und ihr Anwendungs-
gebiet beschränkt ist. Zudem kann an ihrer Stelle meist ein Werkstatt-
Meßmikroskop mit Strichplatte oder ein anderes optisches Meßgerät mit
Vorteil verwendet werden.
Von den übrigen Vergleichsmeßgeräten sind Lineale, darunter das
bereits besprochene Haarlineal, Winkel (auch solche mit einer Haar-
kante), ebene Platten, Parallelreißer, Zirkel und Taster (Außen- und
Innentaster) zu nennen.
d) Vergleichsmessung mit Übersetzung. Ist mit der Vergleichs-
Besondere Meßverfahren. 51
messung zur Verdeutlichung eine Übersetzung verbunden, so geschieht
dies stets in Verbindung mit einem der bereits besprochenen Festmaß-
oder Istmaß-Meßgeräte: Meßuhr, Optimeter, Projektionsapparat, Mikro-
lux usw.
Eine Meßuhr mit Ständer wird meist nach einem oder zwei Vergleichs-
stücken (z.B. Endmaß) eingestellt, auch dann, wenn an sich ihr Meß-
bereich ausreichen würde, um von der Nullstellung der Meßuhr auszu-
gehen. Kommt es auf die Genauigkeit der Messung an, so ist durch dieses
Verfahren die Möglichkeit gegeben, die Fehler der Meßuhr in gewissem
Grade unschädlich zu machen, denn diese Fehler sind - über den ganzen
Meßbereich genommen - größer als innerhalb eines verhältnismäßig
kleinen Meßbereiches, wie er für die Toleranz benötigt wird.

4. Besondere Meßverfahren.
a) Flachpassungen. Bei einer Rundpassung gehört zu einer zylindri-
schen Welle eine zylindrische Bohrung und zwischen beiden ist, je nach
der Größe und Lage der gewählten Toleranzfelder , mehr oder weniger
Spiel oder Übermaß. Überträgt man die Verhältnisse auf flache pris-
matische Stücke, so erhält man eine Flachpassung. Sie besteht aus
einem Innenteil, entsprechend der
Rundpassungswelle, und einem
Außenteil, das der Paßbohrung
entspricht. Beide Werkstücke ent-
halten ein Paar paralleler Ebenen,
die gleichfalls mehr oder weniger
Spiel oder Übermaß zueinander
zeigen. Als Beispiele seien Paß-
federn, Flachführungen, Kulissen-
steine genannt.
Es steht nichts im Wege, Flach-
passungen in der gleichen Weise
zu tolerieren wie Rundpassungen ;
soweit wie möglich empfiehlt sich
die Anwendung von Toleranzkurz-
zeichen. Es ist jedoch darauf zu
Abb. 39. Flachpassung, Innenteil. Messung
achten, daß meist eine Flachpas- mit Grenzrachenlehre.
sung aus Fertigungsgründen eine
größere Toleranz erfordert als eine Rundpassung.
Es ist möglich Flachpassungen in der gleichen Art wie Rundpassungen
zu messen: mit Grenzrachenlehre und Grenzlehrdorn. Es ist aber wert-
voll, sich darüber klar zu werden, was dabei erreicht wird, in ähnlicher
Weise, wie dies bei den Rundpassungen auf S. 46ff. betrachtet wurde.
Bei der Prüfung des Innenteils einer Flachpassung mit einer
4"
52 Lehren.

Grenzrachenlehre (Abb. 39) wird verlangt, daß die Gutseite sich an


allen Stellen überführen läßt. Hierbei sind die Berührungsverhältnisse
zwischen Werkstück und Lehre andere als bei der runden Welle. Die
Schwierigkeit, die Rachenlehre in die richtige Lage zum Werkstück zu
bringen, so daß sie sich überführen läßt ohne zu ecken, wurde bereits
erörtert. Bei dieser Art Prüfung wird die Geradheit des Werkstückes
nur auf eine Länge sichergestellt, die der
Breite B der Meßflächen entspricht. Allen-
falls kann noch die Lehre von vorn oder
hinten über das Stück geführt und so die
etwas größere Länge L der Meßflächen aus-
genutzt werden. Will man unbedingt sicher-
stellen, daß das Stück mit einem ent-
sprechend tolerierten Außenteil den ge-
wünschten Sitz ergibt, so muß man eine
Sonderlehre nach Abb. 40 wählen. Ist das
Abb. 40. Flachpassung, Iunenteil. Außenteil kürzer als das Innenteil, so braucht
Messung mit Voll-Lehre. die Lehre nur die Länge des Gegenstückes
zu haben. Um das Einführen zu erleichtern, hat die Lehre nach vorn
eine verlängerte Auflagefläche erhalten, auf die das Werkstück zuerst
aufgelegt und dann zwischen den Meßbacken durchgeschoben wird.
Zur weiteren Erleichterung des Einführens können die Meßbacken angeschrägt
werden; besser ist es, auf die Auflagefläche seitlich Führungsklötze aufzuschrauben,
die etwas weiter auseinanderstehen als die Meßklötze, oder eine der Leisten zu
verlängern.
Die Ausschußprüfung geschieht zweckmäßig mit einer gewöhnlichen
Ausschußrachenlehre, die man an mehreren Stellen überzuführen
versucht.
Man erkennt hier wiederum den gleichen Grundsatz: Gutlehre volle
Form, entsprechend dem Gegenstück; Ausschußlehre kleine Meßfläche.
Ob im einzelnen Fall für die Gutseite eine
Voll-Lehre nötig ist, muß jeweils nach der
Wichtigkeit der Passung und dem Wunsch
nach der mehr oder weniger vollkommenen
Austauschbarkeit entschieden werden. Da es
nur um die Geradheit der Flächen geht, ist
der Zustand der benutzten Werkzeugma-
schinen von ausschlaggebender Bedeutung.
Bei guten Maschinen und nicht zu kleinen
Abb. 41. Flachpassung, Außeu. Toleranzen wird man im allgemeinen mit
teil. Messung mit Lehrdorn. einer Grenzrachenlehre auskommen.
Beim Außenteil (entsprechend der Bohrung) liegen die Verhältnisse
ganz ähnlich. Prüft man mit einem Grenzlehrdorn (Abb.41), so hat
Besondere Meßverfahren. 53
man auf der Gut- und Ausschußseite Linienberührung. Auf der Aus-
schußseite ist diese Kleinheit der Berührungsfläche erwünscht, auf der
Gutseite ist sie in den meisten Fällen unzureichend. Doch ist die Aus-
schußprüfung mit einem Dorn sehr empfindlich gegen kleinste Uneben-
heiten (Rattermarken); es muß befürchtet werden, daß ein Werkstück
wegen einer unbedeutenden, ganz kurzen Toleranzüberschreitung als
Ausschuß erklärt wird, obwohl es in den wenig-
sten Fällen dann wirklich unbrauchbar sein
wird. Deshalb wird meist die Gut- und Aus-
schußprüfung eines solchen Außenteils mit
einer Flachlehre vorgenommen, wie in Abb. 42
dargestellt. Kommt es auf die Geradheit an,
sind die Führungen der Werkzeugmaschine
schlecht, ist das Kleinstspiel klein und wird
die Austauschbarkeit unbedingt verlangt, so
muß auch hier eine Voll-Lehre für die Gut- Werkstück
seite vorgesehen werden, die die Länge des
Abb. 42. Flachpassung, Außen·
Gegenstückes bzw. die Paßlänge hat (Abb.43). teil. Messung mit Flachlehre .
Die Lehre Abb.43 ist an den Enden angeschrägt, weil die Nachbildung der
Werkstückrundung schwierig und nicht erforderlich ist. Andererseits soll das
Festklemmen am Beginn der Rundung (bei A) vermieden werden. Eine ent-
sprechende Formgebung würde sich auch für die Flachlehre in Abb. 42 empfehlen.
Geht man mit der Länge der Voll-Lehre über die Länge des Gegen-
stückes hinaus, macht man beispielsweise die Lehre für eine Kulisse
erheblich länger als den Kulissenstein
(Gegenstück), so erkennt man aus dem Vor-
hergehenden, daß man damit eine Gerad-
heitprüfung ausführt. Hat die Passung an
allen Stellen genau das Gutmaß, so muß sie
genau gerade sein, damit die Gutlehre hin-
eingeht. Liegt sie aber hart an der Ausschuß-
grenze, so zeigt Abb. 44, welche Abweichung
von der Geradheit denkbar ist, nämlich eine
solche, die genau der Größe der Toleranz T
entspricht. Ist diese Abweichung im Einzel-
fall zu groß, so muß die Geradheit mit an-
deren Mitteln (Lineal, Fühlhebel od. ä .) nach- Abb.Messung
43 . Flachpassung, Außeuteil.
mit Voll-Lehre .
geprüft werden. Dann ist aber auch eine
besondere zahlenmäßige Angabe in der Gerätzeichnung notwendig.
Abb.45 stellt verschiedene Möglichkeiten dar, in welcher Weise die
Toleranz ausgenutzt werden kann. Die Nut kann parallelwandig sein,
sie kann aber auch links Kleinstmaß und rechts Größtmaß haben und
umgekehrt und endlich kann sie beliebig uneben innerhalb des Toleranz-
54 Lehren.

feldes verlaufen. In der Darstellung ist zur Vereinfachung die untere


Fläche als genau eben angenommen und die außerdem mögliche Un-
geradheit der Nut außer Betracht gelassen.

Abb. 44. Geradheit. Abb. 45. Ausnutzung der Toleranz.

b) Tiefenmaße. Während bei einer Flachpassung am Stück und am


Gegenstück je zwei entgegengesetzt gerichtete ebene Flächen vor-
liegen, sind die Flächen bei einer Tiefe, also einem treppenförmigen
Absatz, der Tiefe einer Bohrung, dem Abstand zweier gleichartiger
Wellenabsätze, gleichgerich tet.
Für die Messung einer Tiefe in ihrer verschiedenen Gestalt gibt es
zahlreiche Möglichkeiten.
Ein Beispiel zeigt Abb. 46 für eine abgesetzte Bohrung. Die Lehre
wird mit den durch die Aufschrift als solche gekennzeichneten Auflage-
/,ehre flächen mitten auf den Rand des Werkstückes ge-
setzt und dann nach rechts (Gutseite) verschoben.
Stößt hierbei die Kante der Lehre an der Stelle A
an, so ist der Bohrungsabsatz zu klein. Sodann wird
die Lehre nach links verschoben, dabei muß die
Ausschußseite anstoßen, sonst ist der Bohrungs-
absatz zu groß und die Toleranz überschritten.
Zweckmäßig wird an allen Festmaß-Lehren die Aus-
Abb. 46. Tiefenlehre, schußseite äußerlich erkennbar gezeichnet, nicht nur durch
Flachlehre für einen die Beschriftung der Lehre, sondern beispielsweise, wie in
Bohrungsabsatz. Abb. 46, durch eine an der Ausschußseite angebrachte Ab-
schrägung B. Dadurch werden Irrtümer beim Messen vermieden, und der Messende
stellt durch Fühlen sofort fest, welche Lage die Lehre in seiner Hand hat, ähnlich
wie der Setzer an der "Signatur" Art und Stellung der Type erkennt.
Das Tiefenmaß erhält nach den Ausführungen auf S. 7 ff. ein positives Abmaß,
z. B. 20 + 0,2, das Gutmaß ist 20, das Ausschußmaß 20,2. Das bedeutet nach dem
oben Erwähnten, daß der Rand, auf den die Lehre aufgelegt wird, die Ausgangs-
fläche ist, d. h. zuerst gefertigt und von dort aus der Absatz auf die vorgeschriebene
Tiefe ausgebohrt wird. Nach der gleichen Regel müßte geschrieben werden 20,2 - 0,2,
wenn die untere Fläche Ausgangsfläche wäre, die dann folgerichtig auch die Auf-
lagefläche für die Lehre werden müßte. Man erkennt hier die Bedeutung des vor-
geschlagenen Tolerierungsverfahrens auf die Lehrenkonstruktion und sieht auch,
wie in gewisser Weise durch die Art der Tolerierung das Fertigungsverfahren und
die Reihenfolge der Arbeitsgänge festgelegt werden.
Wird das Teil auf der Drehbank gefertigt, so wird nach Abb. 46 zuerst die
obere Stirnseite plangedreht und dann, von dort ausgehend, gebohrt und aufgebohrt.
Bei Fertigung auf der Revolverbank oder dem Automaten ist die obere Fläche
Anschlagfläche beim Werkstoffvorschub und somit ebenfalls Ausgangsfläche.
Besondere Meßverfahren. 55
Wird das Loch auf der Bohrmaschine gebohrt bzw. aufgebohrt oder gesenkt,
so wird das Werkstück mit der unteren Fläche auf den Bohrmaschinentisch ge-
stellt. Wollte man entsprechend der Maßeintragung fertigen, so müßte eine Vor-
richtung entworfen werden, die das Teil gegen die obere Fläche spannt. Vorrich-
tung!)n, bei denen gegen die Spannung gearbeitet wird, werden nach Möglichkeit
vermieden. Das Messen des Maßes 0 ist aber weitaus unbequemer als bei Maß
20 + 0,2 auszuführen.
Hier stehen Vorrichtung und Lehre gegeneinander. Eine gute Vorrichtung
macht Maß 0 erforderlich, für eine gute Lehre wäre Maß 20 + 0,2 besser.
Ausschlaggebend für die Entscheidung ist in solchen Fällen die Brauchbarkeit
und Austauschbarkeit. Wenn es darauf nicht ankommt, müssen die Vor- und Nach-
teile, die in jedem Einzelfall anders gelagert sind, sorgfältig gegeneinander abge-
wogen werden (vgl. dazu S. 11-14).
Wenn zu befürchten ist, daß die gemessenen Flächen zueinander
Stirnschlag haben, so muß die Messung mehrmals an verschiedenen
Stellen wiederholt werden. Voraussetzungen B / ' " " - - - - - -.....
Lehre
für eine einwandfreie Messung sind, daß die
beiden Auflageflächen an der Lehre in einer
Ebene liegen, und daß sie breit genug sind,
um ein Verkanten, d.h. Aufliegen nicht auf
der ganzen Breite der Fläche, sondern auf I
Werkslück
einer Kante, gut erkennen zu lassen.
Es empfiehlt sich, den Teil der Lehre, der in das
Werkstück hineinragt, schmaler zu machen, als der Abb.47. Tiefenlehre, Flachlehre
für einen Wellenabsatz.
Durchmesser der verengten Bohrung beträgt, so
daß zuerst auf die gute Auflage auf dem oberen Rand geachtet werden kann,
während der untere Teil das Werkstück noch nicht berührt.
Das gleiche Meßverfahren läßt sich sinngemäß auf einen Wellen-
absatz anwenden, wie in Abb. 47 dargestellt.
Die Auflagefläche ist in der Mitte ausgespart, um die beim Abstechen leicht
entstehende Unebenheit in der Mitte des Werkstückes, die in diesem Falle unschäd-
lich sein möge, auszuschalten.
Soll die Tiefe einer flachgesenkten
Bohrung, wie in Abb. 48, gemessen wer-
den, so ist das Verfahren nicht anwendbar,
wenn die obere Fläche Ausgangsfläche
sein soll. Abb.48 stellt eine sog. Schwenk-
lehre für diesen Zweck dar. Wie der Sei-
tenriß zeigt, sind die Auflage- und Meß-
flächen Teile von Zylinderflächen. Die Abb. 48. Tiefenlehre, flache
Schwenklehre .
Lehre wird in den Richtungen der Pfeile
um die Auflagefläche geschwenkt; hierbei darf die Gutseite nicht an-
stoßen und die Ausschußseite sich nicht durchschwenken lassen.
Die Lehre hat den Nachteil, daß die Flachsenkung nicht bis an den Rand ab-
getastet werden kann. Die Messung ist aber im übrigen empfindlicher und erfordert
weniger Geschick und Meßgefühl, als die mit der Lehre nach Abb.46. Das Ver-
fahren läßt sich auch auf Wellenabsätze übertragen, doch wird es sich empfehlen,
56 Lehren.

die Mantellinie der Welle als Anlage zu benutzen, vor allem, wenn die Auflage an
der Ausgangsfläche klein ist (Abb. 49) .
Muß Wert darauf gelegt werden, daß die Flachsenkung bis zum
Rand erfaßt wird, so eignet sich eine Lehre nach Abb. 50 oder 51. In
Lehre
beiden Fällen wird der Lehrenkörper auf den oberen
Rand aufgesetzt und ein Stempel, dessen Durch-
messer nur wenig kleiner ist als die Bohrung, legt
sich federnd an die Flachsenkung an. Bei der Lehre
nach Abb. 50 besitzt der Tastbolzen oben eine ebene
Fläche, die durch Fühlen, durch Augenschein oder mit
Hilfe eines Haarlineals mit je einer rechts und links
gelegenen Fläche verglichen wird; der Höhenunter-
schied dieser beiden Flächen ist gleich der Toleranz.
Bei der Lehre nach Abb. 51 erfolgt die Ablesung an
Abb. 49. einem Markenstrich auf dem Tastbolzen, dem an
Schwenklehre für
Wellenabsatz.
einem Fenster im Lehrenkörper zwei Markenstriche
entsprechend der Toleranz gegenüberstehen. Bei klei-
nen Toleranzen, bei denen die zwei Markenstriche zu eng nebenein-
ander stehen würden, erhält der Tastbolzen zwei in beliebigem Abstand
aufgebrachte Marken, denen im Fenster je eine Marke entspricht. Ob
die Lehre nach Abb.50 oder 51 vorzu-

,
ziehen ist, ist hauptsächlich von der Ge-
wöhnung des Messenden abhängig und

IS
muß von der Erfahrung gelehrt werden.
In beiden Fällen liegt eine "Übertra-
gung" vor, und zwar im
ersten auf einen Kör-
'ill .. I:' per-Körper-Vergleich,
Lehre
im zweiten auf einen ein-
fachen oder doppelten
Strich -Strich-Vergleich.
Bei sehr kleinen Tole-
ranzen ist eine etwas ver-
Werks/17ck änderte Bauart vorzu-
ziehen, bei der der Tast-
Abb.50 . Tiefenlehre Abb. 51. Tiefenlehre mit bolzen auf ein Zeigerwerk
mit Tastfläch en. Markenstrichen.
(mit Übersetzung) mit
Toleranzmarken oder auf eine Meßuhr, Mikrotast od. dgl. arbeitet.
Von den vielen möglichen Bauarten von Tiefenlehren wurden nur einige
grundsätzliche gezeigt, die verschiedenen Abarten und Sonderkonstruk-
tionen gehen nur den Fachmann an. Es bleibt noch zu überlegen, inwie-
weit die einzelnen Bauarten die Austauschbarkeit sicherstellen. Die Be-
antwortung dieser Frage hängt sehr von der Form des Gegenstückes ab.
Besondere Meßverfahren. 57

Die Tastlehre (Abb.50) und die Markenstrichlehre (Abb.51) sitzen


an beiden Werkstückflächen mit ihren ganzen Flächen auf, oder, wenn
die Flächen uneben sind (das ist ja in der Wirklichkeit immer der Fall),
auf den höchsten Punkten. Bei den Blechlehren nach Abb. 46--49 wäre
es denkbar, daß Unebenheiten der oberen und unteren Fläche am Werk-
stück sich so entsprechen, daß das Werkstück auf dem ganzen Umfang
für gut befunden und dennoch nicht brauchbar (austauschbar) ist. Doch
diese Annahme ist recht unwahrscheinlich.
Die Herstellungstoleranz der Tiefenlehren entspricht derjenigen der
Grenzlehrdorne und -rachenlehren mit gleichem Nennmaß und gleicher
Werkstücktoleranz. Eine Abnutzung der Meßflächen ist bei den Lehren
mit federndem Tastbolzen gar nicht zu erwarten, bei den Schwenklehren
in sehr geringem Umfange, da an der Auflage ein Abrollen und an der
Gutseite selten eine Berührung stattfindet. Nur die Flachlehren, die an
der Auflage auf dem Werkstück hin- und hergeschoben werden, lassen Ab-
nutzung erwarten, doch wird auch diese in der Praxis meist vernachlässigt
und Zahlenwerte oder Abnutzungsprüfer werden dafür nicht festgelegt.
e) Kegel. Kegellehren für genormte Kegel, wie Aufnahmekegel an
Werkzeugmaschinen, sind handelsüblich. Für einen Kegeldorn haben
sie die Form einer Hülse mit einer kegeligen
Bohrung, die über das Werkstück geschoben
wird. Die Toleranz tritt entweder in der Form
einer Stufe, wie in Abb. 52 (T), oder zweier
Markenstriche an einem Ausschnitt in Er-
scheinung. Eine Kante des Werkstückes, An-
fang oder Ende des Kegels oder auch eine
entfernt liegende Kante, wenn die Funktion
Abb.52. Kegellehrring.
dies erfordert, liegt zwischen den Flächen
oder Marken der Lehre, wenn das Werkstück toleranzhaltig ist.
Es wird also eine Längentoleranz (Tz) gemessen. Gibt die Werk-
stückzeichnung eine Durchmessertoleranz (T y ) an, so erfolgt die
Umrechnung nach der einfachen Beziehung : Tz = k . T y' wenn 1 : k das
Kegelverhältnis ist.
Für eine Kegelbohrung wird sinnentsprechend ein Kegellehrdorn mit
Absätzen (Abb. 53) oder Marken benutzt.
Der Kegelwinkel stimmt mit dem der Lehre überein, wenn die
Lehre nicht wackelt; ist das Werkstück in Abb. 52 am rechten Ende
zu dünn, also der Kegelwinkel zu klein, so liegt die Lehre nur am linken
Ende an und wackelt am rechten Ende. Da sich schlanke Kegel leicht
festsetzen, wird zur Beobachtung des Kegelwinkels häufig ein Fenster
oder eine Ausnehmung an der Lehrhülse vorgesehen und der Lehrdorn
ein Stück weit abgeflacht, wie es in Abb.53 unten angedeutet ist. Es
empfiehlt sich nicht, eine Kegelhülse ganz aufzuschlitzen, weil sie dann
58 Lehren.

schwierig mit der erforderlichen Genauigkeit zu fertigen ist und eine


längs durchgeschnittene Hülse nicht "steht", d .h . infolge der Werk-
stoffspannungen auf- oder zugeht. Die Über-
einstimmung des Kegelwinkels mit der Lehre
kann also nur auf eine bestimmte Länge, nicht·
aber über den ganzen Kegel hinweg beobach-
tet werden.
Zur genaueren Prüfung des Kegelwinkels
sind Lehren im Handel, wie in Abb. 54 dar-
gestellt. Je eine zugeschärfte Leiste berührt
Abb. 53. K egellehrdorn.
das Werkstück rechts und links, Längentole-
ranzen können mit Markenrissen oder Flächen geprüft werden. Diese
Lehre umschließt zwar das Werkstück nicht vollständig wie eine Kegel-

MC.!LSTlF06 ~ OIN 1 W1 SO

Abb. 54. Lehre für Kegelstifte mit Gegenlehre. (Fritz Werner A.-G. , Berlin-Marienfelde.)

hülse, sie gestattet aber Abweichungen von der geometrischen Form


nur im Rahmen der Toleranz und darüber hinaus nur in der Form des
"Gleichdicks" .
In all diesen Fällen
wird eine Normalleh-
rung des Kegelwin-
kels vorgenommen.
Ist der Kegel winkel
toleriert, so kann diese
Abb. 55. Lehre für den Kegel- Abb. 56. Lehre für den Kegel- Toleranz mit den Lehren
winkel, Kleinstmaß. winkel, Größtmaß. nach Abb.55 und 56 ge-
prüft werden. Die Lehre Abb. 55 enthält das Kleinstmaß des Winkels
und muß (mindestens) an den durch Pfeile bezeichneten Stellen zur
Anlage kommen; die Prüfung geschieht in der Weise, daß entweder
Besondere Meßverfahren. 59
der sich nach dem dünnen Ende hin verbreiternde Lichtspalt beob-
achtet oder versucht wird, ob sich die Lehre um die durch die Pfeile
angegebenen Anlagepunkte nach oben und unten durchschwenken läßt.
Die Lehre für das Größtmaß des Kegelwinkels (Abb. 56) wird sinngemäß
angewendet. Diese Art der Prüfung ist nur dann möglich, wenn das Werk-
stück ein Kegeldorn ist. Bei der Kegelbohrung versagt das Verfahren,
besonders dann, wenn es sich um schlanke Kegel handelt. Auf die Blech-
lehren (Abb.55 und56) wird vielfach ein Winkelstück aufgesetzt, das die
Gewähr gibt, daß die Lehre stets in einem Achsenschnitt angelegt wird.
Die Kegellehrhülse (Abb. 52) ist mit der erforderlichen Genauigkeit schwer zu
messen. Sie muß an der rechten Stirnseite ein genaues Maß haben und außerdem
muß der Kegelwinkel genau stimmen. Deshalb fertigt man sie meist nach einer
Gegenlehre, für die aus Ersparnisgrüllden der Kegellehrdorn für das Gegenstück
benutzt werden kann. Dessen Dicke am rechten Ende kann genügend genau er-
mittelt werden und an der rechten Stirnseite solange nachgearbeitet werden, bis das
gewünschte Maß erreicht ist. Von dieser Stirnfläche aus wird dann der Toleranz-
absatz gefertigt oder mit Hilfe von Endmaßen Marken angerissen. Mit Hilfe eines
solchen Dornes als Gegenlehre läßt sich eine Lehrhülse gut fertigen. Die Überein-
stimmung der Kegelwinkel wird durch Antuschieren geprüft, das Maß an dem weiten
Ende kann mit der genau gefertigten Stirnseite des Dornes, wenn nötig unter
Zwischenschaltung von Endmaßen, durch Stirnschleifen erreicht werden.
Der Kegelwinkel des Dornes kann mit handelsüblichen Meßmitteln genau ge-
prüft werden.
Ist großer Verschleiß zu erwarten, so empfiehlt es sich, für die Lehrhülse eine
besondere Gegenlehre einzusetzen, die sowohl für die Fertigung, als auch für die
Prüfung auf den Abnutzungszustand dient.
Es ist nun die Frage zu untersuchen, wie ein Kegel auf der Gerät-
zeichnung zweckmäßig bemaßt und toleriert wird.
Man kann zu dem Kegel ein rechtwinkliges Koordinatensystem fest-
legen, so daß die Abszisse die Kegelachse bildet und die Ordinate radial
verläuft, etwa wie in Abb. 52 angedeutet. In diesem System ist ein
Kegel z. B. dann einwandfrei festgelegt, wenn an einer beliebigen Stelle,
etwa am dicken Ende, der Halbmesser oder Durchmesser angegeben und
ferner der Kegelwinkel, die Kegelneigung oder das Kegelverhältnis fest-
gesetzt ist. Ebensogut könnte man zu zwei verschiedenen Abszissen-
punkten (etwa Anfang und Ende des Kegels) die Ordinaten eintragen;
dann braucht der Kegelwinkel nicht besonders angegeben zu werden.
Er kann deshalb wohl als Richtmaß für die Werkstatt zur Einstellung der Ma·
schine eingetragen werden, wird aber für die Tolerierung des Kegels nicht benutzt.
Dies muß auf der Zeichnung irgendwie zu erkennen sein, damit nicht eine "Über.
bestimmung" zustande kommt, weil die Werkstatt glaubt, der Kegelwinkelmüsse
mit möglichster Genauigkeit eingehalten werden. Dies kann durch den Zusatz
"Richtmaß", "rechnerischer Wert" oder das Ungefährzeichen ,,~" geschehen.
Betrachtet man zunächst das erste Verfahren: Festlegung eines
Koordinatenpunktes und des Winkels, so steht man vor der Frage, ob
man Abszisse und Ordinate tolerieren soll, oder nur eines von beiden.
(Die Tolerierung des Winkels ist davon unabhängig.) Die Tolerierung
60 Lehren.

der Abszisse führt zu Unklarheiten, wenn sie mit einer Körperkante


zusammenfällt. Man könnte den Ausweg wählen, daß man einen be-
liebigen anderen Punkt der Mantellinie (der sogar außerhalb, rechts
oder links des tatsächlich vorhandenen Werkstückkegelsliegen kann) mit
Abszisse und Ordinate nebst Toleranzen angibt; sehr oft wird auch mit
Vorteil die Kegel s p i t z e gewählt, für die nur die Angabe der Abszisse nötig
ist. Es bleibt dem Lehrenkonstrukteur überlassen, von dem gewählten
Punkt auf den für ihn zweckmäßigen, an einer Stirnfläche der Lehre,
umzurechnen; denn das Verfahren wurde ja nur gewählt, um eineeindeu-
tige Darstellung auf der Zeichnung, ohne textliche Zusätze, zu ermöglichen.
Die Trennung zwischen der Körperkante, die für sich eine Toleranz braucht, und
dem Bestimmungsmaß für den Kegel (Abszisse) ist zur Vermeidung von Unklarhei-
ten auch dann nötig, wenn zufällig für beide die gleiche Toleranz zulässig wäre.
Für die Auswirkung der beiden Toleranzen, Abszisse und Ordinate,
ergibt sich folgendes (Ab b. 57): Der beliebig gewählte Punkt P der Mantel-
linie sei zunächst bestimmt durch die Nennmaße : x in axialer Richtung
und y, den zugehörigen Halbmesser (oder Durchmesser). Legt man durch
diesen Punkt P eine Gerade, deren Neigung gleich der Kegelneigung ( ; )
ist, so erhält man die Mantellinie des Kegels, die den Nennmaßen x und y
entspricht. Die Toleranz Ta; von
!I
x bewirkt eine Verschiebung die-
ser Mantellinie um Tla;, die To-
leranz T y von y, die ja unab-
hängig von Ta; belie big ausgenutzt
werden darf, hat eine weitere
Verschiebung um Tl y zur Folge,
i-----x x so daß das Gesamttoleranzfeld,
Abb.57. Kegeltoleranzen. wie es durch Schraffung ge-
kennzeichnet ist, sich aus zwei Teilen, T' a; und TI y zusammensetzt.
Es wird niemand behaupten, daß durch dieses Verfahren die Klarheit
besonders gefördert wird, sowohl für den Gerätkonstrukteur, der sich
nicht alle Tage eingehend mit solchen Dingen befaßt, als auch für den
Lehrenbauer, der sich die beiden Toleranzen erst zusammenrechnen muß.
Die Lehren nach Abb. 52 und 53 messen die Toleranz nurin der x-Richtung;
ein Verfahren, um die Durchmessertoleranz an einer bestimmten Stelle
zu messen, ist ebenfalls möglich. Aber man wird erkennen, daß es allen-
falls vorteilhaft ist, entweder die Länge (x) oder den Durchmesser (2y)
zu tolerieren. Die Tolerierung der Länge stößt auf die erwähnten
Schwierigkeiten, deswegen wird meist der Durchmesser an der dicksten
oder dünnsten Stelle des Kegels mit einer Toleranz versehen und das
zugehörige Längenmaß bleibt untoleriert; damit ist stillschweigend ge-
meint, daß- es an der Lehre mit Lehrengenauigkeit enthalten ist und
Besondere Meßverfahren. 61
nicht etwa die werkstattüblichen Toleranzen für nichttolerierte Maße an-
gewandt werden dürfen.
Beim zweiten Verfahren: Festlegung der Mantellinie durch zwei
Punkte im Koordinatensystem stellt sich nunmehr folgendes heraus
(Abb. 58): Hat das Werkstück die Nennmaße entsprechend den Ko-
ordinaten Xl' Yl und X 2 , Y2' so geht die Mantellinie durch die durch diese
Koordinaten bestimmten Punkte PI und P 2 • Die Halbmessertoleranz (in
der Werkstattzeichnung zweckmäßig Durchmessertoleranz) zu PI sei Tl
und zu P 2 gehöre die Toleranz T 2. Folglich ergibt sich die geschraffte
Fläche als Toleranzfeld.
Da jede Toleranz für sich beliebig ausgenutzt werden kann, darf der
Kegel vorn das Kleinstmaß und hinten das Größtmaß haben oder um-
gekehrt, wie in Abb. 58
angedeutet, die Mantellinie u
...-''--------::~~~~''I~min
kann innerhalb des Tole- ~~~r=-------1.-Z
ranzfeldes beliebig ver-
laufen. Damit ist eine be-
stimmte Toleranz für den
Kegelwinkel gegeben 1. Der
Konstrukteur muß sich also
bei diesem Verfahren über- ~---~~-----~

legen, ob die sich so er- Abb.58. Kegeltoleranzen.


gebende Toleranz zulässig
ist und ist im andern Falle gezwungen, das erste Tolerierungsverfahren
anzuwenden; dabei ist es möglich, den Kegelwinkel unabhängig von der
Durchmessertoleranz besonders zu tolerieren.
Betrachtet man die bisher besprochenen Kegellehren nach dem Ge-
sichtspunkt der Austauschbarkeit der Werkstücke, so kommt man zu
folgendem Ergebnis. Lehrhülse wie Lehrdorn erfassen als Gutlehren
die ganze Form und stellen somit die Austauschbarkeit sicher. Als Aus-
schußlehren, die sie gleichzeitig darstellen, sind sie weniger geeignet. Es
ist denkbar, daß das Werkstück nur auf einem kurzen Stück oder an
mehreren Stellen genügend dicht anliegt und an den übrigen Stellen
hohl liegt. Durch Antuschieren können die tragenden Stellen ermittelt
werden, doch dies ist eine unsichere und in vielen Fällen eine zu scharfe
Prüfung. Teilweise kann die Prüfung mit Hilfe der erwähnten Aus-
schnitte an den Lehren erfolgen, sowie mit der Lehre nach Abb.54.
Große Abweichungen lassen sich auch mit den Winkeltoleranzlehren
(Abb. 55 und 56) erkennen.
Muß auf eine einwandfreie Ausschußprüfung des Durchmessers Wert
62 Lehren.

gelegt werden, wie dies beispielsweise bei dem Ladungsraum eines Ge-
schützes der Fall ist, um eine sichere Liderung der Patronenhülse zu
erreichen und andererseits das Festklemmen beim Aufweiten durch den
Gasdruck zu verhindern, so muß entweder eine Messung mit einzelnen
gestuften kegeligen, kugeligen oder zylindrischen, scharfkantigen (Ab-
nutzung 1) Scheiben und einer Art Tiefenmesser vorgenommen werden
(Abb.59) , oder es muß eine Verbindung zwischen einem anzeigenden
Innenmeßgerät und einem Tiefenmesser geschaffen werden, mit dem die
Durchmesser punktweise geprüft werden. Die gleichen Möglichkeiten
bestehen für Kegeldorne unter Verwendung gestufter Ringe oder einer
Verbindung zwischen
Außenmeßgerät und
Tiefenmesser .
In einfacheren Fäl-
len kann zur Formprü-
fung ein Haarlineal als
qualitatives Meßmittel
benutzt werden, das
bei Außenkegeln stets,
Abb. 59. Kegelmessung mit Meßscheibe.
bei Innenkegeln nur
bei genügend großen Durchmessern und guter Zugänglichkeit anwend-
bar ist.
d) Gewinde. Eines der schwierigsten und am häufigsten vorkommen-
den meßtechnischen Probleme stellt das Gewinde dar. Es würde zu weit
führen, wenn an dieser Stelle das Problem und die Meßmittel erschöpfend
dargestellt würden. Außerdem können die Schwierigkeiten als über-
wunden angesehen werden. Wer sich darüber eingehender unterrichten
will, dem seien die einschlägigen Dinormen, vor allem das Erläuterungs-
blatt DIN 2244 empfohlen, das in gedrängter Form alles Wissenswerte
enthält. Die Verwickeltheit des Gegenstandes kann an der Tatsache
ermessen werden, daß es recht lange gedauert hat, bis das Kolumbusei
der Gewindemessung, die Flankendurchmesser-Messung, gefunden wurde.
Noch ungelöst ist die Frage der Tolerierung und Messung des dichtenden
und des kegeligen Gewindes.
Die Bestimmungsgrößen eines Gewindes sind: Außendurchmesser,
Flankendurchmesser, Kerndurchmesser, Steigung, halber Flankenwinkel
und die Abrundungen im Kern- und Außendurchmesser. Eine Zeitlang
hat man sich bemüht, jede dieser Größen für sich mit möglichster Voll-
kommenheit zu messen und hatte zum Schluß doch kein brauchbares
Gewinde. Von einem guten Gewinde muß verlangt werden: gute An-
lage in den Flanken über die ganze Traglänge hinweg, genügende
Überdeckung, d.h. genügend große Tragfläche zwischen Bolzen und
Mutter und nicht allzuviel Spiel in radialer oder axialer Richtung. Die
Besondere Meßverfahren. 63
Dinormen enthalten drei Gütegrade : fein, mittel und grob, die das
Flankenspiel in radialer Richtung festlegen und deren Toleranzen zu-
einander im Verhältnis 1 : 1 ,5 : 2,5
stehen. Sie gelten für eine Mutterhöhe
von 0,8 d.
Eine Gewindemessung nach neuzeitlichen Gesichtspunkten setzt sich
zusammen aus:
a) einer Flankendurchmesser-Prüfung "Gut" mit einer Lehrmutter
(Gut-Gewindelehrring) oder einer Flankenrachenlehre bzw. mit einem
Gut-Gewindelehrdorn. Diese Messung berücksichtigt gleichzeitig Stei-
gungs- und Flankenwinkelfehler ; soll die Gutlehre sich auf- bzw. ein-
schrauben lassen, so muß jede Abweichung von der vorgeschriebenen
Steigung oder dem vorgeschriebenen Flankenwinkel beim Bolzen durch

I '
II
Abb. 60. Verkleinerung des Flankendurch· Abb. 61. Verkleinerung des Flankendurch-
messers infolge eines Steigungsfehlers. messers infolge eines F lankenwinkelfehlers.
Steigung des Werkstückes ist zu groß. Zu Teilflankenwinkel des Werkstückes ist zu
kleine Steigung bewirkt ebenfalls eine klein. Zu großer Winkel bewirkt ebenfalls
Flaukendurchmesser· Verkleinerung . eine Flankendurehmesser-Verkleinerung.

eine Verkleinerung, bei der Mutter durch eine Vergrößerung des Flanken-
durchmessers berücksichtigt sein, wie in Abb.60 und 61 für einen
Gewinde bolzen dargestell t.
b) Die Ausschußprüfung des Flankendurchmessers erfolgt mit einer
Ausschuß-Gewinderachenlehre bzw. einem Ausschuß-Gewindelehrdorn.
Um Steigungsfehler bei dieser Messung auszuschalten, erfaßt die Aus-
schuBlehre möglichst nur einen Gang; um den Flankenwinkelfehler un-
schädlich zu machen, sind die Flanken der Lehre verkürzt, so daß sie
nur an einem kurzen Stück der Werkstückflanken anliegen. Diese Maß-
nahmen sind nötig, um den oben genannten Forderungen an ein gutes
Gewinde nahezukommen. Würde man die Steigungs- und Winkelfehler
nicht ausschalten, so wäre eine weitere Verkleinerung bzw. Vergrößerung
des tatsächlichen Flankendurchmessers denkbar ; das Gewinde trägt
dann in noch höherem Grade nur an einzelnen Stellen (Steigungsfehler),
oder auch nur an den Spitzen oder im Kern (Winkelfehler). Das letzte
ist besonders deswegen unangenehm, weil die Biegungsbeanspruchung
der Gewindegänge größer wird und die Spitzen weggedrückt werden.
Dann schlottert das Gewinde noch mehr oder eine festgezogene Schrauben-
verbindung lockert sich.
c) Um die Überdeckung sicherzustellen, werden Kerndurchmesser
der Mutter und Außendurchmesser des Bolzens mit glatten Grenzlehren
geprüft, meist genügt für beide eine AusschuBlehre (Lehrdorn bzw.
Rachenlehre ).
64 Lehren.

d) Die Prüfung des Kerndurchmessers des Bolzens und des Außen-


durchmessers der Mutter ist meist nicht erforderlich. Durch die Gutlehre
wird gewährleistet, daß das Gewinde genügend tief "ausgeschnitten" ist.
Eines verdient ganz besonders hervorgehoben zu werden: Zügig
gehende Gewinde, die nicht schlottern, können bei aus-
tauschbarer Fertigung (Gewindetoleranzen) nicht erreicht
werden. Im übrigen ist solch ein schlotterndes Gewinde weitaus besser,
als ein scheinbar zügiges, das an den Spitzen trägt.
Es nützt auch nichts, wenn das Gewinde nach der Gut-Lehrmutter
oder dem Gut-Lehrdorn zügig angepaßt wird. Nach zahlreichen Unter-
suchungen 1 sind bei der Massenfertigung die Steigungs- und Winkelfehler
so groß, daß diese Zügigkeit doch nur eine scheinbare ist. Eine Gewinde-
prüfung ist nur dann richtig, wenn die Gutlehre sich ohne Zwang an-
wenden läßt, - sie darf aber schlottern! - und die Ausschußlehre sich
nicht über- oder einführen läßt. Es darf wohl behauptet werden, daß
die Gewindeprüfung in dieser Form sich seit der Schaffung der Gewinde-
toleranzen (etwa 1923) im Grundsätzlichen durchaus bewährt hat.
Der Gut-Gewindelehrdorn für die Prüfung der Werkstückmutter
schließt die ganze Form ein und sichert somit die Austauschbarkeit.
Das gleiche kann von der Lehrmutter (Gut-Gewindelehrring) gesagt
werden, die jedoch immer mehr durch Gut-Gewinderachenlehren ersetzt
wird, die entweder mit gezahnten Backen oder mit profilierten Rollen
versehen sind. Obwohl die Gewinderachenlehre als Gutlehre keine voll-
kommene Formprüfung ergibt, haben sich Anstände bei der Benutzung
sehr selten gezeigt. Das wird wohl daran liegen, daß neuzeitliche Ma-
schinen und Werkzeuge die Fertigung eines in praktischen Grenzen
runden Gewindes ermöglichen. Man sollte daher nur in ganz besonderen
Ausnahmefallen auf die Lehrmutter zurückgreifen, bei dünnwandigen
Teilen, die durch die Gewinderachenlehre elastisch verformt werden oder
dann, wenn mit der Gewindeprüfung andere Messungen verbunden
werden müssen, wie bei einem identischen Gewinde.
Muß ein Gewinde in einem besonderen Falle spielfrei gehen, so sollte
man sich nicht damit begnügen, in der Zeichnung seine diesbezügliche
Forderung an die Werkstatt kundzutun, sondern auf konstruktive Mittel
sinnen, die den Spielausgleich herbeiführen können. Ein einfaches Mittel
besteht in der Anordnung einer einstellbaren Gegenmutter, in anderen
Fällen wird die Mutter geschlitzt und wie eine Spannpatrone zusammen-
gezogen. Ferner kann das Spiel durch Anordnung einer Feder aus-
geschaltet werden, die bewirkt, daß das Gewinde stets an der gleichen
(rechten oder linken) Flanke anliegt.
Nicht nur bei Gewinden, sondern in allen Fällen, in denen der Kon-

1 Schrifttum Nr. 7.
Besondere Meßverfahren. 65
strukteur Spielfreiheit verlangt, muß er die konstruktiven und fertigungs-
technischen Voraussetzungen dafür schaffen. Bei der Mengen- oder
Massenfertigung auf der Grundlage des Austauschbaues gibt es kein
einziges Maß, das ohne irgendeine (geschriebene oder ungeschrie-
bene) Toleranz gefertigt werden kann, und sei sie noch so klein.
Identische Gewinde. Schraubt man beispielsweise eine Mutter
gegen den Bund einer Welle und verlangt nun, daß Nuten in dem Bund
und in der Mutter einander gegenüberstehen, so muß das Gewinde an
beiden Werkstücken "identisch" geschnitten werden, d.h. das Ende des
(verlängert gedachten) Gewindes der Welle, unmittelbar am Bund 1, und
das Ende des Muttergewindes, unmittelbar an der Stirnfläche, müssen
zu der Nut in der Welle bzw. in der Mutter den gleichen Winkel ein-
Toletunz fUr tfen

Abb.62. Identisches Gewinde, Bemaßung.

schließen. Soll dieses Gebilde austauschbar sein, so muß dieser Winkel


in der Zeichnung maßlich festgelegt sein. Ein Beispiel zeigt Abb.62.
Es ist unvorteilhaft, den Gewindemeßpunkt an das Ende des Gewindes
zu verlegen, weil er dort in Wirklichkeit nicht vorhanden ist, sondern
man wählt einen beliebigen Abstand, z.B. 10 mm. Der Gewindemeß-
punkt liegt auf dem Flankendurchmesser und ist durch zwei Größen
bestimmt: den Abstand (10 mm) und den Winkel zum Ausgangspunkt,
d.i. in dem gewählten Beispiel die Mitte der Nut. Die Verhältnisse
liegen ähnlich wie beim Kegel, und es wird zweckmäßig nur eine von den
beiden Bestimmungsgrößen toleriert. .
Die Lehren werden vorteilhaft ähnlich dem jeweiligen Gegenstück
ausgebildet, die Lehrmutter für den Bolzen erhält ein lehrenhaltiges
Gewinde und eine dazu entsprechend stehende Nut. Die Toleranz wird
durch Verbreiterung der Nut oder durch Marken an der Lehre angegeben.
1 Hiermit ist, genauer ausgedrückt, der Punkt gemeint, der
der Bezugsebene (Stirnfläche des Bundes),
der Zylinderfläche, deren Durchmesser gleich dem Flankendurchmesser ist
und deren Achse mit der Werkstückachse zusammenfällt, und
der beim Anziehen der Schraubenverbindung zum Tragen kommenden Gewinde-
flanke (Schraubenfläche )
gemeinsam ist.
Leinweber, Toleranzen. 5
66 Lehren.

Bei dieser Art Lehrung empfiehlt sich die Tolerierung des Winkels.
Ebensogut kann man auch nur den Abstand des Gewindemeßpunktes mit
einer Toleranz versehen.
Bezüglich der Größe der Toleranz ist es ratsam, sich durch eine einfache Rech-
nung klarzumachen, wieviel eine bestimmte Winkeltoleranz an der Flanke, in
Millimeter, ergibt. Identische Gewinde machen in der Mengenfertigung stets er-
hebliche Schwierigkeiten und sollten daher möglichst vermieden werden.
Die Prüfung des Gewindemeßpunktes an einem Gewindelehrdorn für identisches
Gewinde wird am besten auf dem Zeißschen Universal-Meßmikroskop in folgender
Weise vorgenommen:
Bestimmung des Flankendurchmessers in bekannter Weise mit Meßschneiden,
sowie der Lage der Gewindeachse,
Einstellung der Lehre auf die richtige Winkelstellung zum Bezugspunkt (z. B.
mit dem optischen Teilkopf),
Anlegen von Schneiden an die Bezugsfläche und an die Bezugsgewindeflanke
und Messung des Abstandes; hierbei muß die optische Achse des Mikroskopes von
der Lehrenachse um den halben Flankendurchmesser abstehen.
e) Winkel. Die in Abb. 55 und 56 gezeigte Art der Winkelmessung
in Toleranzen mit starren Lehren läßt sich sinngemäß auf andere Winkel-
messungen übertragen. Bei der Messung muß wie beim Kegel darauf
geachtet werden, daß die Winkellehre nicht schief, sondern in der
richtigen Ebene angelegt wird; sonst wird das Meßergebnis verfälscht.
Winkel-Toleranzmessungen können auch mit beweglichen Zeiger-
lehren ausgeführt werden, die zwei Toleranzmarken erhalten.
Teilungswinkel von Lochkreisen werden im dritten Teil bei der Besprechung
der Lochmittenlehren behandelt.
f) Formen. Eine "Form" ist meist aus Geraden und Kurvenstücken
zusammengesetzt und erscheint meist an einem prismatischen oder an
einem Drehkörper. Die am häufigsten benutzte Kurve ist deI: Kreisbogen,
da er am einfachsten zu fertigen ist!. Aber auch andere Kurven kommen
vor, Evolvente, Zykloide, Spirale usw. Bei einfachen Flächen, Ebene,
Zylinder, Kugel, ist die Anzahl der Kurvenelemente gleich eins, und die
Abweichungen von der "geometrischen Form" wurden bereits erörtert.
Die Prüfung einer zusammengesetzten Form mit Meßmikroskop oder
Projektionsapparat wurde bereits besprochen, außerdem können zahl-
reiche Formen mit Endmaßen, Dornen, Drähten usw. genau vermessen
werden. Diese Verfahren können nur beim Lehrenbau, nicht aber bei der
Mengenfertigung angewendet werden, da sie zu zeitraubend sind und
geschulte Leute voraussetzen.
Bei der Gerätfertigung werden Formen am häufigsten mit Blech-
lehren geprüft. Ist die Form in einem Werkzeug enthalten (Formstahl,
Formfräser), so begnügt man sich vielfach mit einer Werkzeuglehre, die
zur Fertigung und Überwachung des Werkzeuges dient.

1 Siehe S. 1.
Besondere Meßverfahren. 67
Bei Werkzeuglehren sind häufig korrigierte Formen notwendig, vor allem bei
hinterdrehten Fräsern und Formstählen, bei denen der Spanwinkel von Null ab-
weicht. Die durch das SchrägstelIen der Schneide entstehende Profilverzerrung
muß bei der Formlehre berücksichtigt werden, wenn es nicht möglich ist, die Lehre
so anzulegen, wie sie in das Werkstück hineinschneidet.
Die Formlehren dieser Art beruhen auf der Lichtspaltprüfung, die
außerordentlich empfindlich sein kann. Außerdem ist es in den wenigsten
Fällen möglich, eine Formlehre als Grenzlehre auszubilden. Deshalb
sollte ihre Anwendung überhaupt nach Möglichkeit eingeschränkt wer-
den. Kann eine Formlehre nicht entbehrt werden, so ist eine gründliche
Unterweisung des Mannes an der Werkzeugmaschine und des Prüfers
erforderlich. Über die Größe des Lichtspaltes können sehr leicht Täu-
schungen entstehen, und es besteht

I(:t
die Gefahr, daß brauchbare Werk-
stücke verworfen werden. Man kann
sich manchmal dadurch helfen, daß
man die Meßflächen recht breit
macht. Dadurch wird zwar der
Lichtspalt schwerer erkennbar, aber
Größ/maß
// ~ /{leins/maß

auch die Messung schwierig und noch Abb. 63. Grenzprüfung einer Rundung.

unzuverlässiger.
Ein Beispiel für die Grenzprüfung einer Rundung zeigt Abb. 63. Die
Lehre enthält das Kleinstmaß und Größtmaß der Rundung. Links ist
das Größtmaß an das Werkstück angelegt, es muß in der Ecke Licht
zeigen oder im Grenzfalle auf der ganzen Länge der Meßfläche lichtdicht
anliegen. Rechts ist das Kleinstmaß angelegt, es muß zumindest in der
Ecke anliegen und kann wiederum im Grenzfalle lichtdicht sein. Statt
mit dem Lichtspalt kann die Prüfung auch
durch Schaukeln der Lehre um die Anlagestellen
vorgenommen werden.
Hier, wie bei Anwendung aller Blechlehren,
kommt es auf das richtige Ansetzen der Lehre
an: die Lehrenebene muß mit beiden Ebenen
des Werkstückes einen rechten Winkel bilden. Abb.64.Werkstück. Tolerierte Form,

Im Beispiel (Abb. 63) ist die Lage der Run-


dung dadurch festgelegt, daß sie in die geraden Stücke der Form tan-
gierend übergehen soll. In Abb. 64 ist die Mitte der Rundung beson-
ders bemaßt und die Größe des Halbmessers toleriert. Die Prüfung
einer solchen Form könnte etwa mit einer Lehre nach Abb. 65 vorge-
nommen werden; das Werkstück ist gestrichelt eingezeichnet. Der
Mittelpunkt der Rundung ist durch die Buchse B verkörpert, die von
den Anlageleisten mit Lehrengenauigkeit den Abstand 35 bzw. 21 hat.
In diese Buchse wird die links in Ansicht dargestellte Schwenklehre mit
5*
68 Lehren.

ihrem Mittelzapfen eingeführt; sie weist auf der einen Seite das Gut-
maß 25, auf der anderen Seite das Ausschußmaß 24,8 auf.
Es wäre unzweckmäßig, die Koordinaten 35 und 21 auch noch zu
tolerieren, weil dadurch die zu messende Rundung eine doppelte Toleranz
erhält. Die Verhältnisse liegen wieder ähnlich wie beim Kegel (Abb. 57),
entweder werden die Koordinaten des Mittelpunktes oder nur der Halb-
messer toleriert. Im vorliegenden Beispiel ist mit Rücksicht auf die

lehre

c: '-'---'-'~J~
-..J 16~ 001
01
- - 25 - 29;8
Abb. 65. Lehre für tolerierte Form nach Abb.64.

Lehrenkonstruktion die Tolerierung des Halbmessers vorzuziehen. Wenn


es sich um eine Innenrundung (Kehle) handelt, deren Mitte festgelegt
ist, so kann bei kleinen Abmessungen statt der Schwenklehre auch ein
abgesetzter Dorn benutzt werden; die (dünnere) Gutseite muß an der
Rundung vorbeigehen, die (dickere) Ausschußseite muß anstoßen.
Es ist vorgeschlagen worden, für
~ verwickeltere zusammengesetzte For-
.---t---.~-r_-=#~ men ein Toleranzfeld, etwa nach
~ Abb. 66 anzugeben; die Messung
dieser Toleranz stößt aber oft auf
Schwierigkeiten; sie ist einwandfrei
Abb.66. Formtoleranz. und in einfacher Weise nur mit dem
Projektionsapparat nach einem Auf-
riß des Toleranzfeldes möglich. Bei Anwendung starrer Lehren wird
für die Ausschußprüfung eine große Zahl von Einzellehren nötig, die
keineswegs einfach zu entwerfen und anzuwenden sind. Denn nach der
schon öfter erwähnten Grundregel des Lehrenbaues darf die Ausschuß-
prüfung sich jeweils nur auf ein Maß erstrecken.
Man hat sich in einigen Fällen auch schon dadurch geholfen, daß
man dem Messenden einen Spion - ein dünnes Blech oder ein Stück
Draht - zu der Formlehre gab; dieses Hilfsmittel durfte sich an keiner
Stelle in den Spalt zwischen Werkstück und Lehre einführen lassen. Das
Verfahren versagt aber bei kleinen Toleranzen. Es wurde auch versucht,
die zulässige Größe des Lichtspaltes durch einen beigegebenen Muster-
lichtspalt von bestimmter Breite zu beherrschen, jedoch bleibt die Beur-
teilung der Lichtspaltbreite auch dann noch in gewissem Grade individuell.
Besondere Meßverfahren. 69

Eine andere Möglichkeit besteht in dem Vergleichen mit einem


Musterstück nach dem Kopierverfahren. Der Unterschied zwischen
Musterstück und Werkstück wird an einer Meßuhr, einem Millimeter
od. dgl. angezeigt. Das Verfahren hat sich für Nockenwellen und auch
für verwickelte Flächen (Propeller), die punktweise angetastet werden,
bewährt.
Eine weniger scharfe Formprüfung ist durch Vergleich mit einem
Markenriß der Form in natürlicher Größe möglich, sofern die Gestalt des
Werkstückes das Auflegen auf eine Platte, die den Riß trägt, gestattet.
Bei genügend großem Toleranzfeld (mindestens etwa 0,4 mm) ist es
sogar möglich, einen Toleranzriß aufzubringen.
g) Symmetrien. Das Wesen der Symmetrietoleranz wurde im ersten
Teil l beschrieben und eine Art der Eintragung in die Gerätzeichnung
vorgeschlagen. Ein Bei-
spiel zeigt Abb. 67. Die
Welle 10 0 h6 soll dem-
gemäß zur Welle 30 0 h6
nicht mehr als 0,05 un-
symmetrisch, d. h. in
diesem Falle außer-
mittig liegen. Hierbei
bezieht sich die Sym- Abb.67. Symmetrietoleranz. Abb.68. Symmetrielehre.
metrietoleranz sinnge-
mäß nicht nur auf die Zeichenebene, sondern auf jede beliebige durch
die Achse gehende Ebene.
Um an einem Werkstück nach Abb. 67 die Symmetrieabweichung zu
prüfen, kann man so vorgehen, daß man es in einem der beiden tole-
rierten Durchmesser, z.B. 10 0 h6, zentrisch drehbar aufnimmt, dEm
andern Durchmesser (300 h6) mit einer Meßuhr oder einem Millimeter
antastet und die Ausschläge des Zeigers beim Drehen beobachtet. Der
Unterschied zwischen dem größten und dem kleinsten angezeigten Wert
gibt den doppelten Istwert der Außermittigkeit an.
Will man statt dieses umständlichen und nicht immer anwendbaren
Verfahrens eine Festmaßlehre benutzen, so kann eine Konstruktion nach
Abb. 68 gewählt werden. Die Bohrung 10 hat das Größtmaß der
Toleranz lOh6, sie wird zuerst auf den Wellenzapfen aufgeschoben.
Beim weiteren Zusammenschieben greift die Bohrung 30,1 über die
Welle 300 h6. Die Zahl 30,1 ergibt sich aus dem Größtmaß von 30h6
plus der Gesamt-Symmetrietoleranz: 2 . 0,05. Eine einfache Überlegung
zeigt, daß die Bohrung 30,1 sich überführen läßt, wenn die Toleranz ±0,05
nicht überschritten ist; selbstverständlich auch unter der Voraussetzung,

1 Siehe S. 8.
70 Lehren.

daß die beiden Passungen nicht das Größtmaß überschreiten; zu diesem


Zweck müssen sie vorher besonders geprüft worden sein.
Liegen die Werkstücke nahe an der Ausschußgrenze, sind sie also
kleiner, als bei der Berechnung der Lehre zugrunde gelegt wurde, so
kann die Bohrung 10 der Lehre auf dem Zapfen 10 0 h6 wackeln, da-
durch und durch das vergrößerte Spiel (gegenüber dem rechnungsmäßigen )
zwischen 300 h6 und 30,1 ist eine Überschreitung der vorgeschriebenen
Toleranz möglich, ohne daß sie beim Messen bemerkt wird.
Ferner können die beiden Wellenteile auf Kosten der zulässigen
Außermittigkeit zueinander schiefstehen. Außerdem hängt die Genauig-
keit der Messung sehr von der tragenden Länge der beiden Bohrungsteile
ab. Entsteht infolge der Ausnutzung der Toleranzen Spiel zwischen
Lehre und Werkstück, so kann die Lehre auf dem Aufnahmezapfen
10 0 h6 verkanten und dadurch das Meßergebnis verfälschen.
Es ist wichtig, sich über diese Auswirkungen und unvermeidlichen
Überschreitungen der gewollten Toleranz im klaren zu sein. In den
meisten Fällen wird sich allerdings
zeigen, daß die Symmetrietoleranz-
Überschreitungen infolge Ausnut-
zung der Passungstoleranzen unge-
fährlich für die Brauchbarkeit und
Austauschbarkeit sind.
Ein anderes Beispiel für eine
Abb.69. Abb.70. Symmetrietoleranz zeigt Abb. 69, die
Symmetrietoleranz Symmetrielehre
an einer T-Nut. für eine T-Nut. zugehörige Lehre ist in Abb. 70 dar-
gestellt. Die Aufnahme mit Gutmaß
(entsprechend 10h6 in Abb.67) erfolgt im (genaueren) Maß 30H8,
die Toleranz ist im Maß 39,8 enthalten. Es ist auch möglich, die Sym-
metrietoleranz zu verteilen: 29,9 und 39,9, um das Einführen der Lehre
zu erleichtern, doch ist dann stärkeres Verkanten der Lehre im Werk-
stück möglich.
Auch bei dieser Lehre sind Überschreitungen der gleichen Art möglich,
wie bei Abb.67 und 68. Die Lehre darf nicht aus zu dünnem Blech gefer-
tigt werden, um das Ecken beim Verschieben in der T-Nut zu verhüten.
h) Verzahnungen. Es gibt im Handel eine große Anzahl von Meß-
geräten zum Prüfen von Verzahnungen, die die Bestimmungsgrößen
einer Verzahnung!, Teilung, Zahndicke, Zahnform, Schlag und Unrund-

1 Unlängst ist von der Fachgruppe Werkzeugmaschinen ein Merkblatt "Stirn-


radfehler" herausgegeben worden, in dem die Begriffe eindeutig festgelegt werden
und die Grundlage für die Schaffung von Zahnradtoleranzen gegeben ist. Das
Blatt kann vom Beuth-Verlag, Berlin SW 19, Dresdener Str. 97, bezogen werden.
Eine Erläuterung dazu findet sich in "Werkstattstechnik und Werksleiter" 1936,
S.531.
Meßunsicherheit. 71
heit, einzeln oder zu mehreren gleichzeitig zu prüfen gestatten. Sie
brauchen hier im einzelnen nicht beschrieben zu werden. Ein gewisser
Mangel haftet jedoch fast allen bisherigen Prüfverfahren an: bei schnell-
laufenden Zahnrädern kann einwandfreies, geräuscharmes Arbeiten mit
Sicherheit nur beim Laufen unter Last festgestellt werden. Deshalb
wird bei führenden Zahnradfabriken möglichst sorgfältig gefertigt, ver-
hältnismäßig wenig gemessen und die gefertigten Getriebe werden durch
einen Probelauf geprüft, bei dem sie mit einem hierfür besonders ent-
wickelten Gerät abgehört werden. Erst wenn sich dabei Störungen zeigen,
werden weitere Einzelmessungen angestellt, um der Fehlerquelle auf die
Spur zu kommen.

5. Meßunsicherhcit.
Es wurde bereits erörtert, wie die einzelnen Meßverfahren in bezug
auf die Brauchbarkeit und Austauschbarkeit der Werkstücke zu be-
urteilen sind. Bei jeder Messung muß sich der Messende aber auch
darüber klar sein, welche Zuverlässigkeit dem Meßergebnis zukommt.
Es hat keinen Zweck, mit dem Holzmaßstab Zehntelmillimeter zu
schätzen, weil der Holzmaßstab selbst Fehler von der Größenordnung
1 mm aufweisen kann. In diesem Falle ist der Ablesefehler kleiner als
der Fehler des Meßgerätes. Es hat auch keinen Zweck, Bruchteile von
Skalenteilen zu schätzen, wenn die Unsicherheit nahe an einen Skalenteil
heranreicht.
Die Meßunsicherheit hat bei den verschiedenen Meßgeräten viel-
fältige Ursachen; diese können hier nur im Hinblick auf das Messen
in der Werkstatt, aber keineswegs erschöpfend behandelt werden.
Die Streuung macht sich dann bemerkbar, wenn die gleiche Messung
mehrmals ausgeführt wird, es zeigen sich geringe Unterschiede in den
Meßergebnissen. Bei Meßgeräten, die von subjektiven Einflüssen nicht
ganz frei sind, wird die Gesamtstreuung größer, wenn die messende
Person nicht immer die gleiche ist. Die Streuung setzt sich dann zu-
sammen aus der dem Meßgerät eigenen Streuung und der Streuung der
persönlichen Meßfehler.
Der Fehler ist die Abweichung der Anzeige von dem wahren Wert
der Meßgröße. Bei Istmaß-Geräten kann der Fehler gleichmäßig, stetig
wachsend oder abnehmend, periodisch oder auch unregelmäßig schwan-
kend sein. Fehler und Streuung zusammen sollen nicht größer sein als
höchstens 1 Skt, vor allem weil die bei wissenschaftlichen Messungen
übliche Benutzung von Fehlertafeln oder -kurven in der Werkstatt
undenkbar ist.
Nimmt man als einfachstes Beispiel das Messen einer runden Welle
mit einer handelsüblichen Rachenlehre, so zeigen sich folgende Quellen
der Meßunsicherheit:
72 Lehren.

1. die Herstellungstoleranz der Lehre, auf die sich auch die


Herstellungstoleranz des Meßgerätes auswirkt, mit der die Lehre geprüft
wird, sowie die Meßunsicherheit, die dieser Prüfung anhaftet;
2. die Abnutzung der Lehre;
3. die elastische Aufbiegung der Rachenlehre infolge des Meß-
druckes;
4. die elastische Verformung der Werkstück- und Lehrenfläche in-
folge des Meßdruckes, die Abplattung;
5. die Maß änderung durch Einfluß der Temperatur;
6. der Berührungsfehler, der dadurch entsteht, daß die Werk-
stück- und Lehrenflächen nicht unmittelbar metallisch aneinanderliegen,
sondern durch eine Luft- oder Schmiermittelschicht voneinander ge-
trennt sind.
Für die Herstellungstoleranzen und zulässigen Abnutzungen normaler
Lehren sind in den Normen für DIN- und ISA-Toleranzen Zahlenwerte
festgelegt. Für andere Toleranzen werden die Werte zweckmäßig durch
Wahl des nächsthöheren Wertes gefunden. Die ISA-Toleranzen bieten
eine so reiche Auswahl an Toleranzwerten, sowohl nach der Größe wie
nach der Lage zur Null-Linie, daß es sich empfiehlt, alle Toleranzen dem
ISA-System zu entnehmen, auch wenn nicht mit genormten Lehren
gemessen werden kann. Damit sind Herstellungstoleranz und zulässige
Abnutzung unmittelbar gegeben. Sie sind im Durchschnitt etwas
kleiner, als bei den DIN-Toleranzen, entsprechend den Fortschritten der
Lehrentechnik.
Nicht festgelegt sind Abweichungen von der geometrischen Form,
d. s. bei Rachenlehren Abweichungen von der Parallelität und Ebenheit
der Meßflächen. Donath 1 hat festgestellt, daß diese bei den meisten
Erzeugnissen der deutschen Lehrenindustrie verhältnismäßig klein sind.
Sie dürfen keinesfalls zu einer Überschreitung der Herstellungstoleranz
an irgendeiner Stelle führen. Durch die Abnutzung wird die Unparalle-
lität vergrößert, die Lehre erhält eine "Vorweite".
Als Faustformel kann man sich merken, daß die Toleranz der Lehre
etwa ein Zehntel der Werkstücktoleranz beträgt, bei kleinen Toleranzen
mehr, bei großen weniger.
Durch die zulässige Abnutzung, die bei DIN stets, bei ISA in einzelnen
Fällen zu einer Überschreitung des Werkstück-Toleranzfeldes führt,
wird bei abgenutzten Lehren der vom Konstrukteur geforderte Sitz-
charakter gefälscht, Spielsitze werden enger, Preßsitze fester.
Die Abnutzung der Ausschußseite wird im allgemeinen vernachlässigt, weil ja
die Ausschußseite meist nicht hinüber- oder hineingeht. In den Normen ist daher
eine zulässige Abnutzungsgrenze nur für die Gutseiten angegeben.

1 Schrifttum Nr. 9.
Meßunsicherheit. 73
Diese Veränderung des Sitzcharakters hat jedoch kaum eine prak-
tische Bedeutung, weil, wie auf S. 2411n Hand der Theorie gezeigt wurde,
die Grenzfelder der Toleranz eine sehr geringe Häufigkeit aufweisen.
Die Praxis hat bisher im wesentlichen der Theorie recht gegeben.
Mit Verkleinerung der Herstellungstoleranz wächflt der Preis nach einer Kurve~
wie sie Abb. 12 zeigt.
Eine Verkleinerung des Abnutzungsfeldes hat eine linear verhältnisgleiche Ver-
kürzung der Lebensdauer zur Folge, wenn nicht durch andere Maßnahmen (z. B.
abnutzungsfestere Werkstoffe) der Abnutzung entgegengearbeitet wird.
Die elastische Aufbiegung (3.) der gebräuohlichen Raohenlehren hat
Donath1 eingehend untersuoht. Sie ist reoht beträohtlich. Man hat sie
duroh folgende Definition für das Maß einer Raohenlehre soweit wie
möglioh unschädlioh zu machen versucht.
"Als Arbeitsmaß einer Rachenlehre gilt der Durchmesser derjenigen
Meßscheibe, über die sie, leicht gefettet und dann sorgfältig abgewisoht,
aus dem Zustande der Ruhe durch die Gebrauchsbelastung 2 gerade noch
hinübergleitet. "
Wird beim Prüfen des Werkstückes mit der Rachenlehre in der
gleichen Weise vorgegangen, so ist der Meßdruck und damit die Auf-
biegung in beiden Fällen (annähernd) gleich. Sinngemäß müßten
Rachenlehren für Toleranzen an flachen Werkstücken mit Endmaßen,
statt mit Meßscheiben 3 geprüft werden.
Bei Berücksichtigung und praktisoher Anwendung der Definition des
Maßes einer Rachenlehre wird auch die Abplattung (4.) an der Berührungs-
stelle praktisch gleioh und ausgeschaltet.
Der Einfluß der Temperatur (5.) wurde auf S. 3 besprochen.
Der eigentliohe Berührungsfehler (6.), die Schicht zwischen den
metallischen Flächen ist sehr klein. Er hängt von der Art der Zwischen-
schioht (Luft oder Fett, versohiedene Fettkonsistenz), vom Meßdruok,
der Größe der Fläohe und von der Oberfläohengüte ab. Bei ange-
sprengten Endmaßen beträgt dieser Berührungsfehler Bruohteile von p,
bei weniger guten Oberfläohen ist er größer.
Die Meßunsioherheit ist vorstehend für die Messung einer Welle mit
der Raohenlehre besproohen. Sie wird selbstverständlioh anders, sowohl
der Art als auoh der Größenordnung naoh, wenn beispielsweise Lehr-
dorne, Kugelendmaße, Flaohlehren usw. betraohtet werden.
Fü.r den Praktiker in der Werkstatt haben Herstellungstoleranz,

1 Schrifttum Nr. 9.
2 Weicht die Gebrauchsbelastung vom Eigengewicht der Lehre ab, so muß sie
auf der Lehre in Gramm angegeben werden.
S Um die Anzahl der Meßscheiben einzuschränken, können an die eine Meß-
fläche der Rachenlehre Endmaße angesprengt und dann die Prüfung mit einer ent-
sprechend kleineren Meßscheibe ausgeführt werden.
74 Lehren.

Abnutzung, Temperatur und Meßdruck (richtige Anwendung der Lehre !)


die ausschlaggebende Bedeutung.

6. Ausführung der Lehren.


a) Werkstoffe. Um die Abnutzung zu verringern, werden die Meß-
flächen, An- und Auflageflächen und sonstigen der Abnutzung beim Ge-
brauch unterworfenen Stellen gehärtet. French und Herschmann 1 ,
McPharlin 2 und Nie berding 3 haben festgestellt, daß mit der größten
Oberflächenhärte keineswegs auch immer die geringste Abnutzung ver-
bunden ist. In einzelnen Fällen hat sich sogar gezeigt, daß "feilweiche"
Flächen, d. s. solche, bei denen die Feile noch angreift, eine längere
Lebensdauer haben als härtere. Doch empfiehlt es sich wegen der Gefahr
der Beschädigung durch Anstoßen oder Zerkratzen nicht, derart weiche
Flächen vorzusehen. Nur wenn es sich um fertigungstechnisch besonders
schwierige Formen an Lehren handelt und gleichzeitig die Abnutzungs-
flächen groß sind, können Meßflächen weich bleiben; meist wird dann
Stahl von 60-70 kgJmm 2 Festigkeit benutzt. Hierbei spielt auch die
Anzahl der zu prüfenden Werkstücke eine Rolle, und es ist ratsam, beim
Entwurf einer "weichen" Lehre besonders darauf zu achten, daß mecha-
nische Beschädigungen nicht leicht vorkommen können.
Das merkwürdige Verhalten mancher Stähle in bezug auf die Ab-
nutzung wird so erklärt, daß aus einem harten, spröden Werkstoff
mikroskopisch kleine Teilchen beim Hinübergleiten eher herausgerissen
werden, als wenn diese Teilchen in einem zäheren Grundwerkstoff ein-
gebettet sind. Sehr großen Einfluß auf die Abnutzung hat auch der
Werkstoff des zu prüfenden Stückes. Am unangenehmsten in dieser
Hinsicht verhalten sich hartes Messing, Bronze und Leichtmetalle. Bei
Aluminiumlegierungen werden kleinste Teilchen losgelöst, die sofort
oxydieren und einen sehr harten Schleifstaub aus Aluminiumoxyd
bilden. Auch der Meßdruck beeinflußt die Abnutzung; Gewindelehr-
dorne nutzen sich um ein Vielfaches schneller ab als glatte Lehrdorne,
weil (neben dem Gleitweg) der Meßdruck infolge der Keilwirkung der
Gewindegänge erheblich größer ist.
Bei Widia konnte Nie berding bei seinen Versuchen praktisch
keine Abnutzung feststellen. Man kann die Lebensdauer der mit Widia
bestückten Lehren auf mindestens das 10-20fache gegenüber den
Lehren aus Kohlenstoffstahl annehmen. Der Verwendung von Widia
.stehen der hohe Preis entgegen, der durch die lange Lebensdauer aus-
geglichen wird, und die Schwierigkeit der Bearbeitung. Doch ist es
gelungen, aus anderen Hartmetallen sogar Gewindelehrdorne herzu-
stellen; dies ist mit Widia bisher noch nicht möglich.
1 Schrifttum Nr. 12-14. 2 Schrifttum Nr. 27.
3 Schrifttum Nr. 28.
Ausführung der Lehren. 75
Bei Lehren und insbesondere bei Endmaßen wird vom Werkstoff
verlangt, daß er homogen, gut härtbar, widerstandsfähig gegen Ab-
nutzung und Korrosion ist und den gleichen Ausdehnungsbeiwert wie
Stahl hat und sich gut bearbeiten und polieren läßt. Die wichtigste
Forderung ist die der Maßbeständigkeit. Durch den Härtevorgang wer-
den innere Spannungen hervorgerufen, die sich allmählich auslösen und
im Verein mit langsamen Gefügeänderungen Verformungen der ge-
härteten Stücke bewirken, die sich erst im Laufe der Zeit bemerkbar
machen. Die Verringerung dieser Erscheinungen ist bei den einzelnen
Lehrenherstellern der Gegenstand kostspieliger Versuche und großer
Erfahrungen und so kommt es, daß die Ansichten über die geeigneten
Lehrenwerkstoffe sehr auseinandergehen.
Es sind in der Hauptsache zwei Arten zu unterscheiden, der niedrig-
gekohlte Einsatzstahl und der hochgekohlte Durchhärter mit oder ohne
Legierungsbestandteile. Einsatzstähle entsprechen im allgemeinen etwa
St C 10.61 bis St C 16.61; die Einsatztiefe richtet sich nach der Größe
des Teiles, sie muß mindestens so groß sein, daß nach dem Fertigstellen
der Lehre noch eine genügend dicke Schicht für die Abnutzung zur
Verfügung steht, jedoch muß bei dünnen Teilen ein zäher Kern vor-
handen sein. Häufig wird auch Nitrierhärtung angewandt, die sich gut
bewährt hat, vor allem, weil das spannungerzeugende Abschrecken
wegfällt.
Der Vorzug der Einsatzstähle liegt im geringeren Härteverzug und
in der Möglichkeit, Stellen, die weich bleiben sollen, abzudecken. An-
dererseits wird ein inhomogenes Gebilde erzeugt, das zu nachträglichen
Gefüge- und Formänderungen neigt. Durchhärtende Stähle haben meist
hohen Kohlenstoffgehalt (um 1 %), als sehr vorteilhaft hat sich ein Cr-
Zusatz von 1-2% erwiesen. Er erzeugt größere Härte, ermöglicht da-
durch geringere Abkühlgeschwindigkeit (Ölhärtung) und geringeren Ver-
zug. Bei durchhärtenden Stählen ist es wichtig, daß durch die Form-
gebung Härterissen möglichst vorgebeugt wird, vor allem durch Ver-
meidung starker und schroffer Querschnittübergänge.
Um die nachträglichen Formänderungen, das Altern, auf ein Mindest-
maß zu beschränken, werden die gehärteten Lehrenteile künstlich ge-
altert. Dies geschieht durch mehrstündiges Erwärmen auf Temperaturen
von 100-200°, am besten, wenn dies möglich ist, in Verbindung mit
einer halbjährigen Lagerung. Auch hierbei, wie bei der Wahl und Be-
handlung der Werkstoffe, spielt die eigene Erfahrung mit einem be-
stimmten Werkstoff eine große Rolle.
Bis vor kurzem wurde die Härte der Meßflächen vorwiegend mit der
Feile geprüft, ein Verfahren, das zwar dem Hersteller im vorgearbeiteten
Zustande der Lehre einen Anhalt gibt, dem Benutzer dagegen, der ohne-
hin nur an der Kante oder in der Nähe der Meßfläche nachprüfen kann,
76 Lehren.

kaum etwas über den Abnutzungswiderstand des gekauften Erzeugnisses


aussagt.
In jüngster Zeit sind Geräte auf den Markt gekommen - z. T. auf
Anregung des Verfassers - , die, wie es scheint, brauchbare Härteprüf-
verfahren für Lehren ermöglichen. Eine Diamantpyramide wird mit
verhältnismäßig geringem Druck ohne Vorbelastung in die Meßfläche
eingedrückt, das Bild des Eindruckes vergrößert projiziert und die
Diagonale des Eindruckes gemessen. Tafeln ermöglichen die Umrech-
nung auf Rockwell-, Brinellhärte und Festigkeit. Die Streuungen der
Meßergebnisse halten sich in erträglichen Grenzen und, was das wich-
tigste ist, die Eindrücke sind mikroskopisch klein, die Beschädigung der
Meßfläche also erträglich. Es wurde festgestellt, daß die Aufwulstung
infolge des günstigen Einflusses der mehr schneidenden Pyramide im
Gegensatz zum mehr drückenden Kegel bei einer Last von 15 kg unter I",
liegt, also keine nennenswerte Maßveränderung hervorruft, zumal der
entstandene Wulst sich beim Gebrauch sehr schnell abnutztl.
In Verbindung mit geeigneten Einspanngeräten ist bei zahlreichen
Lehrenformen eine brauchbare Messung der Oberflächenhärte möglich,
und es besteht keine Gefahr infolge zu hoher Belastung die Einsatzschicht
zu durchbrechen. Wird sie dennoch durchbrochen und werden folglich zu
geringe Werte angezeigt, so war die Einsatzschicht nicht dick genug; man
hat also gleichzeitig die Möglichkeit einer groben Prüfung der Einsatztiefe.
Recht gut bewährt hat sich bei entsprechender Ausführung das
Verchromen der Meßflächen, doch ist es nicht leicht, eine genügend
dicke, haltbare Cr-Schicht aufzubringen, besonders bei nicht ganz ein-
fachen Formen, weil dann die Schicht ungleichmäßig dick wird. Auch
zum Aufarbeiten abgenutzter Lehren ist das Verfahren geeignet.
Es möge noch erwähnt werden, daß alle Lehrenteile entmagnetisiert
sein müssen, um das Anhaften kleiner Eisenspäne und Zerkratzen der
Meßflächen zu vermeiden und um das Ineinanderstecken zusammen-
gehörender Teile (z. B. Hilfsdorne ) zu erleichtern.
b) Oberfiächengäte. Die für die Feinmeßflächen notwendige Ober-
flächengüte wird durch Polieren auf Gußeisen oder Kupfer mit Polier-
stoffen (Polierrot, Pariser Blau, Chromoxyd) erzeugt. Das Polieren
mittels Schwabbelscheibe und ähnhche Verfahren wie in der Metall-
verarbeitung ist unzulässig, da es geometrisch ungenaue Flächen erzeugt.
Mit dem Polieren wird das Justieren verbunden; hierbei wird nicht
nur das genaue Maß, sondern auch Parallelität, Ebenheit usw. erzeugt.
DerArbeitsgang konnte bislang durch keine maschinenmäßigen Hilfsmittel
vollkommen ersetzt werden, er erfordert hohe Handgeschicklichkeit,
feines Meßgefühl und eine bestimmte Veranlagung.
1 Hersteller: Hessenmüller & Wolpert, Ludwigshafen a. Rh., Gg. Reicherter,
Eßlingen.
Ausführung der Lehren. 77
Es ist mit viel Verständnis und Liebe zur Sache bei sorgfältiger Menschen-
auswahl gelungen, in verhältnismäßig kurzer Zeit Leute aus ganz anderen Berufen
soweit zu bringen, daß sie einfache Lehren in recht guter Ausführung herstellen
konnten. Hierbei verblieben von 70 ausgesuchten Leuten etwa 10 in der Lehren-
werkstatt.
Die hohe Oberflächengüte ist notwendig, weil dann, wenn beide
Teile - Werkstück und Lehre - rauh sind, das Meßgefühl ganz außer-
ordentlich beeinträchtigt wird. Ferner läßt sich eine weniger gute Meß-
fläche nicht so genau messen und nutzt sich infolge der "Berge und
Täler" schneller ab. Bei groben Toleranzen genügt Feinschleifen mit
Schleifscheiben von der Körnung 200 und darüber.
Die Kanten" der Meßflächen werden meist mit dem Ölstein leicht
gebrochen, wenn nicht die Konstruktion größere Fasen erfordert.
Die Oberflächengüte der übrigen Lehrenflächen ist der Gegenstand großer
Meinungsverschiedenheiten. Von der einen Seite wird darauf hingewiesen, daß in
der Werkstatt ein sauber gearbeitetes Meßgerät sorgfältiger behandelt wird als ein
ruppig aussehendes; andererseits muß gesagt werden, daß im modernen Maschinen-
bau nicht für das Auge, sondern in erster Linie technisch ri c h t ig und wirts c hiLft-
lich konstruiert wird, ebenso wie IOnische Säulen an Dampfmaschinen längst der
Vergangenheit angehören, und daß die gute Behandlung der Betriebsmittel nichts
weiter erfordert als eine entsprechende Erziehung der Arbeiterschaft.
Skalenflächen und Markenfenster dürfen keinen Glanz zeigen, die Strichrich-
tung darf nicht parallel zu den Markenstrichen verlaufen. Hierfür hat sich eine
matte Verchromung ausgezeichnet bewährt, soweit nicht die Bauart der Lehre, wie
bei Schieblehren, dies verbietet.
c) Paßstifte. Zum Festlegen der einzelnen Lehrenteile gegeneinander
werden zylindrische Paßstifte benutzt. Kegelige Stifte haben sich nicht
bewährt, weil der einwandfreie Sitz bei geringen Winkelabweichungen
in Frage gestellt ist und die Gefahr besteht, daß der Stift nicht fest
genug eingetrieben wird, wenn etwas zu tief gerieben worden ist. Der
gute Sitz der Paßstifte ist sehr wichtig für die Maßbeständigkeit der
Lehre und wird nach besonderen Verfahren sorgfältig nachgeprüft.
d) Schutzüberzüge. Neben metallischen Überzügen (Verchromen)
werden Farben und Lacke zum Schutz gegen Rosten und zur Kenn-
zeichnung der Lehrenarten benutzt. Einbrennlacke können im allge-
meinen wegen der hierzu notwendigen Erwärmung nicht benutzt werden.
Zur Kennzeichnung werden beispielsweise die rote Farbe bei Ausschuß-
lehren, andere Farben für die verschiedenen Gütegrade (Edel-, Fein-,
Schlicht- und Grobpassung) verwendet. Die Lacke und Farben müssen
so hart werden, daß bei gewöhnlichem Gebrauch mechanische Be-
schädigungen und Abgreifen nicht eintreten.
e) Beschriftung. Das Maß der Lehre, der Verwendungszweck (Num-
mer), die Bezugstemperatur, Hersteller und Eigentumsvermerke werden
auf die Lehre geschriftet. Die Beschriftung wird durch Gravieren (nur
bei weichen Teilen) oder Ätzen aufgebracht. Das Beschriften mit Schlag-
78 Lehren.

buchstaben oder durch Pressen oder Walzen erzeugt Spannungen und


Maß veränderungen und wird daher in guten Lehrenwerkstätten nicht
angewendet. Markenstriche werden entweder geätzt oder mit dem
Stichel oder Diamant gezogen. Für Mengenfertigung von Teilungen ist
ein photographisches Verfahren im Gebrauch, das auch für die Be-
schriftung benutzt werden kann und praktisch verzugfrei arbeitet.

7. A.Ilgemeine Richtlinien für den Entwurf von Lehren.


Die wichtigsten allgemeinen Gesichtspunkte, die beim Entwurf einer
Lehre beachtet werden müssen, sind folgende:
a) Fertigung,
b) Wärmebehandlung,
c) Vermessung der Lehre,
d) Handhabung,
e) Lebensdauer,
f) Instandhaltung und Nacharbeit.
a) Fertigung. Zur Einrichtung einer Lehrenwerkstatt gehören:
Werkzeugmaschinen:Mechanikerdrehbänke,z. T. mitLeitspindel;
bei größeren Stückzahlen der gleichen Lehrenart Revolverdrehbänke;
Universalfräsmaschinen; Bohrmaschinen; Hobelmaschinen, insbesondere
Kurzhobler ; Stoßmaschinen; Flächenschleifmaschinen ; Rundschleif-
maschinen ; Innenschleifmaschinen ; Lehrenbohrwerke oder statt dessen
sehr genaue Kreuzschlitten und Rundtische in Verbindung mit sehr
guten oder besonders hergerichteten Senkrecht-Fräsmaschinen; Ge-
windeschleifmaschinen ; Rachenlehrenschleifmaschinen; Läppmaschinen;
Graviermaschinen für Beschriftung; Teilmaschinen.
Vorrich tungen : Möglichst vielseitige Zusatzeinrichtungen zu
Werkzeugmaschinen, verstellbare Aufspannwinkel, Aufspannböcke,
Magnetfutter, Teilköpfe, Spanndorne, Spannfutter usw.
Werkzeuge: Handelsübliche und genormte Maschinen- und Hand-
werkzeuge.
Meßeinrichtungen: Handelsübliche Meßgeräte aller Art, ins-
besondere für jeden Lehrenbauer ein Satz Endmaße, ferner Dorne,
Winkel, Meßmikroskope, Schieb- und Schraublehren, Meßuhren, ebene
Platten, Härteprüfgeräte usw.
Sonstige Einrichtungen: Härterei mit Härte-, Glüh- und Anlaß-
öfen, Bottiche für Abschreckflüssigkeit sowie Ätzeinrichtungen usw.
Mit diesen Einrichtungsmitteln in größerer oder geringerer Voll-
zähligkeit hat der Lehrenkonstrukteur zu rechnen und darüber hinaus
möglichst keine Ansprüche zu stellen, denn Sonderwerkzeuge oder -vor-
richtungen werden bei Einzelfertigung ganz dem Preis der Lehre zu-
geschlagen. Es wird sich nicht immer vermeiden lassen, daß einfache
Allgemeine Richtlinien für den Entwurf von Lehren. 79
Hilfsmittel für die Fertigung oder Vermessung besonders angefertigt
werden: ein Aufnahmedorn, ein Meßklotz, eine Anreißvorrichtung, ein
Aufriß auf einer Zinkplatte für das Projektionsverfahren. Diese Hilfs-
mittel werden aufbewahrt und bei Gelegenheit wieder benutzt.
Nach Möglichkeit muß auf maschinenmäßige Bearbeitung Bedacht
genommen werden, doch wird im Lehrenbau viel- manchmal noch zu
viel - Handarbeit ausgeführt. Lehren, zumal Sonderlehren, werden
meist in Einzel-, selten in Reihenfertigung hergestellt. Deshalb muß ein
ganz anderer Maßstab angelegt werden als etwa an massenfertigungsreife
Gerätteile, und man wird nicht eine Lehre für den Gebrauch auch nur
um eine Kleinigkeit unzweckmäßiger entwerfen, nur um einen Feilstrich
zu sparen. Während man bei Massenfertigung anstrebt, daß die Teile
möglichst fertig von der Maschine kommen und als einzigen Hand-
arbeitsgang das Entgraten zuläßt, wird im Lehrenbau die Handarbeit
nie ganz entbehrt werden können.
Für die fertigungstechnische Beurteilung eines einzelnen Lehrenteiles
muß in noch viel stärkerem Maße als bei Gerätteilen darauf hingewiesen
werden, daß der hohe Preis seinen Grund in der Genauigkeit hat. Ebenso
wie auf den Schneiden der Werkzeuge der Erfolg eines Unternehmens
beruht, stellen die Meßflächen der Lehren einen großen Teil des auf-
gewendeten Kapitals für eine Fertigungseinrichtung dar, sie sind aber
auch ausschlaggebend für die Genauigkeit und Güte der Erzeugnisse.
Es ist also vom fertigungstechnischen Standpunkt aus zu unter-
scheiden zwischen der Formgebung der Meßflächen und der der übrigen
Flächen. Das gleiche wie für Meßflächen gilt in diesem Zusammenhang
natürlich auch für Funktionsflächen, wie Lagerstellen für Hebel, Marken-
risse, Teilungen, die genau ausgeführt sein müssen.
An den teuersten Stellen der Lehre lohnt sich einige Überlegung, wie
mit vorhandenen Genauigkeits-Schleifmaschinen und geringer Justier-
arbeit auszukommen ist, anstatt sich ganz auf die Kunst des hoch-
wertigsten Arbeiters, den es gibt, zu verlassen.
Der einfachste Aufbau einer Lehre und die einfachste Gestaltung der
Einzelteile ermöglichen nicht nur einfache Fertigung und große Genauig-
keit, sondern ergeben meist auch meßtechnisch die beste Konstruktion.
Bekanntlich ist es sehr oft leichter, eine sinnreiche, verwickelte Ein-
richtung zu ersinnen, als mit den einfachsten Mitteln das gewollte Ziel
zu erreichen.
Ein Mittel zur Vereinfachung der Einzelteile und der Meßflächen ist
die Unterteilung. Wie weit damit gegangen werden darf, ist Sache des
konstruktiven Gefühls und der Erfahrung; ein Aufbau aus allzu vielen
Stücken macht das Ganze unstarr.
Die Unterteilung ist zu empfehlen, wenn dadurch eine große Anzahl von Meß-
flächen an einem Teil vermindert und somit die Ausschußgefahr an einem hoch-
80 Lehren.

wertigen Teil verringert wird oder wenn an Herstellungsgenauigkeit gespart wird.


Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn an der Lehre Abb. 40 die Leisten
aufgeschraubt, nach Endmaßen auf den genauen Abstand gebracht und dann durch
Paßstifte gesichert werden. Die Fertigung dieser Lehre aus einem Stück dagegen
würde viel mehr hochwertige Genauigkeitsarbeit erfordern.
Die Schwierigkeiten wachsen nicht nur mit kleiner werdender Herstellungs-
toleranz, sondern auch mit der Größe der Meßflächen. Es ist sehr schwierig, große
Flächen genau eben herzustellen, weil auch bei vorzüglicher Kühlung während des
Schleifens eine geringe Erwärmung nicht zu vermeiden ist, die Verziehen zur Folge
hat, und weil die Teile beim mechanischen oder magnetischen Aufspannen stets
geringen elastischen Formänderungen unterliegen; beim Aufhören der Spannkräfte
wird die eben geschliffene Fläche uneben. Spannt
man beispielsweise eine Platte auf den Magnettisch
einer Flächenschleifmaschine, so würde das "Ver-
spannen" nur dann nicht eintreten, wenn sowohl
der Magnettisch, als auch die Unterseite des Werk-
stückes vollkommen eben wäre. Jenes wird bei
guten Maschinen mit möglichster Vollkommenheit
Abb. 71. Rundungslehre. angestrebt, dieses ist unmöglich, denn es soll ja erst
auf der anderen Seite der Platte eine genaue Ebene
.erzielt werden. Dreht man nach dem Schleifen die so verworfene Platte um und
schleift die andere Fläche, so machen sich die durch das Verspannen hervorgerufenen
Unebenheiten wiederum mehr oder weniger bemerkbar. Deshalb können große
Flächen nur durch Schaben (Handarbeit) eben gefertigt werden.
Zur Abhilfe empfiehlt es sich, große Flächen an den Stellen auszusparen, wo
die Fläche nicht gebraucht wird. Der Arbeitsaufwand für die Aussparungen steht
in keinem Verhältnis zu den erwähnten Schwierigkeiten und Kosten.
Abb. 71 zeigt links eine
Rundungslehre, die viel
Handarbeit nötig macht,
rechts eine vereinfachte
Form, die auf der Rund-
schleifmaschine fertiggestellt
werden kann und zudem den
Vorteillängerer Le bensdauer
Abb. 72. Formlehre für ein Langloch. hat.
Abb. 72 stellt eine Formlehre für ein Langloch dar, deren Meßflächen
gleichfalls auf der Rundschleifmaschine erzeugt werden; die beiden
Meßstücke werden auf der Grundplatte genau ausgerichtet und dann
verstiftet. Wollte man die Lehre aus einem Stück fertigen, so wäre die
gleiche Genauigkeit nicht erreichbar und der Preis betrüge das Vielfache
gegenüber der dargestellten Ausführung.
Besonders unangenehm sind Durchbrüche und geschlossene Formen,
die genau sein müssen, aber mit der Schleifscheibe nicht zugänglich sind.
Abb. 73 stellt links eine geschlossene Vierkantlehre aus einem Stück dar.
Die Ausführung rechts sieht zwar verwickelter aus, die Meßflächen
können aber mit der Schleifscheibe bearbeitet und die Lehre dann mit
Hilfe einer Gegenlehre oder Endmaßen zusammengesetzt werden.
Allgemeine Richtlinien für den Entwurf von Lehren. 81
Wenn bis an einen Ansatz heran geschliffen werden muß, so tritt in
der Kehle eine stärkere Erwärmung auf, die eine Verminderung der
Härte zur Folge haben kann. Die Kante des Schleifrades nutzt sich
schnell ab und die Fläche wird
ungenau und unsauber. Ferner sind
Abweichungen von der geometri-
schen Form die Folge, weil das
letzte Stück vor der Kehle nicht
in der gleichen Weise vom Schleif-
rad bestrichen wird wie die übrige
Fläche, infolgedessen bleibt hier schecht
mehr Werkstoff stehen. giJf
Deswegen müssen Meßflächen, so- Abb.73. Gutlehre für Vierkantzapfen.
weitirgendmöglich,freigear bei tet
werden, damit die Scheibe auslaufen kann. Die Freiarbeitung soll mög-
lichst groß sein (Abb. 74-76). Beim Schleifen der Stirnfläche in Abb. 75
links besteht die Gefahr, daß die Zylinderfläche des Zapfens verletzt wird.

Abb. 71. Freiarbeitung an Meßrachen.


Boßa schleclrf gul
Abb. 75. Freiarbeitung an einem
Dorn.

U0
Müssen an Meßflächen die Kanten stark gebrochen werden, so ist
eine Fase besser als eine Rundung, denn diese erfordert sorgfältige Arbeit
am Übergang von .der Rundung zur Meßfläche, damit die Meßfläche
nicht verletzt wird.
Bei großen Lehren, die wegen der Hand-
habung leicht sein sollen, kann oft mit Vorteil
eine Schweißkonstruktion gewählt werden. Doch
ist hierbei einige Vorsicht geboten, wenn es sich
um kleine Herstellungstoleranzen handelt. Die
durch das Schweißen erzeugten Schrumpf- schiech! gul
spannungen können nur sehr schwer wieder voll- Abb.die 76. SchleIfschelbe.
Frei~r Aus!auf für
kommen beseitigt werden, selbst wenn es mög-
lich ist, die Schweißgruppe zu glühen. Die Spannungen lösen sich
beim Lagern oder beim Gebrauch allmählich aus und rufen Maßände-
rungen hervor. Die Gasschmelzschweißung eignet sich wegen der
größeren Schrumpfung am wenigsten für Lehren. Die lichtbogen-
schweißung mit nackter Elektrode ist vielfach mit gutem Erfolg an-
Leinweber, Toleranzen. 6
82 Lehren.

gewendet worden. Leider liegen planvolle Versuche über die Maßände.


rungen geschweißter Lehrenkonstruktionen noch nicht vor.
b) Wärmebehandlung. An schroffen Querschnittübergängen treten
beim Härten infolge der verschiedenen Abkühlgeschwindigkeit große

+-- i-]---J --.-~.w:~-t22~S


schlecht uu!
Abb.77. Vermeidung schroffer Querschnittübergänge an gehärteten Teilen.

innere Spannungen und häufig Brüche auf. Ein Beispiel für eine uno
vorteilhafte Konstruktion und einen Vorschlag zur Abhilfe zeigt Abb. 77.
Von scharfkantigen Ecken und Kanten gehen häufig Spannungsrisse aus
(Abb. 78 links). Die
Härtespannungen sind
oft auch durch Nach.
behandlung kaum zu
schlecht beseitigen und führen
Abb.78. Vermeidung von scharfen Ecken. manchmal erst nach
längerem Lagern oder
beim Gebrauch zum Bruch, ohne daß äußere mechanische Bean-
spruchungen den Anlaß dazu geben.
Muß an einem Teil nach dem Härten und Schleifen
eine weitere Bearbeitung vorgenommen, z. B. ein Stiftloch
gebohrt und gerieben werden, so kann dies dadurch ermög-
licht werden, daß Einsatzstahl verwendet und die aufgekohlte
Schicht vor dem Härten an der Bearbeitungsstelle weggearbei.
tet wird.
Ein Paßstift darf nicht zu nahe an die Meßfläche gerückt werden,
weil dadurch deren Genauigkeit beeinträchtigt und Nacharbeit er-
forderlich wird. Manchmal kann der Gerätkonstrukteur helfen, indem
er am Gerätteil Platz für ein genügend großes Meßstück schafft.
e) Vermessung der Lehre. Die Herstellungstoleranz, die
einen großen Teil der Meßfehler ausmacht, ist unmittelbar
von der Möglichkeit abhängig, die Lehre mit einfachen und
Abb.79.
genauen Hilfsmitteln zu messen. Das meistbenutzte und
Anreißen beste Meßmittel für Lehren ist das Parallelendmaß. Abb. 79
vonMar·
kenstrlchen zeigt, wie eine Tiefenlehre durch Anbringen eines Durch·
nach End-
maßen ohne bruches für die unmittelbare Messung mit Endmaßen einge·
Gegenlehre. richtet werden kann. Ohne den Durchbruch müßten eine

oder zwei Gegenlehren angefertigt werden; diese weisen größere Tole·


ranzen auf als Endmaße.
Allgemeine Richtlinien für den Entwurf von Lehren. 83
Bei einer Lehre, deren Meßfläche ein Stück von einem Zylinder
bildet, ist es wertvoll, wenn zum Messen der Gegenpunkt stehenbleibt
(Abb. 80). Häufig ist die Schaffung von beson-
deren Hilfsmeßflächen zweckmäßig, die nur der bes-
seren Messung der Lehre selbst dienen, sowie die Ver-

schiechi gut
Abb. 80. Gegenpunkt
beim Rundschleifen. Abb. 81. Verlängerung der Meßfläche.

längerung von Meßflächen über das für den Gebrauch notwendige Maß
hinaus (Abb. 81).
Kommt man ohne eine besondere Gegenlehre oder Einstell-Lehre nicht
aus, so genügt für Grenzlehren nur eine Gegenlehre, wenn sie so gestaltet
wird, daß die Grenzwerte mit Hilfe von End-
maßen gebildet werden (Abb.82).
d) Handhabung. Eine Lehre soll so einfach
und mühelos zu handhaben sein, daß das
Meßergebnis schnell, sicher und ohne Ermü-
dung beim Messen vieler Stücke erzielt
wird.
Das Werkstück oder die Lehre muß sich
schnell und einfach in die Meßstellung bringen
lassen und ebenso schnell und ohne zu klem-
men oder zu ecken wieder entfernen lassen.
In besonderen Fällen werden Handgriffe oder
Aushebevorrichtungen vorgesehen. Das Ein-
führen großer Lehrdorne oder Zentrierungen
macht wegen des Eckens oft Schwierigkeiten Abb. 82. Einezwei. Gegenlehre statt

und ist daher möglichst zu vermeiden. Bei


kleinen Hilfsiehren empfiehlt es sich oft, eine
Vor-Führung anzubringen, wie in Abb. 83 an- lIi/fSiehre
gedeutet. Die Messung beginnt erst, nachdem
die Flachlehre genügend Führung am Meßklotz
Werksliick
hat.
Häufig werden mehrere Messungen in einer /.ehre
Lehre vereinigt. Es wird an Meßzeit gespart,
Abb. 83. Ausrichten der
wenn Gut- und Ausschußseite hintereinander- HIlfslehre an der verlängerten
liegen (Abb. 84). Meßfläche.

Die Vereinigung zahlreicher Meßstellen zu einer Lehre empfiehlt sich


nur, wenn die Stückzahl der Werkstücke nicht so groß ist, daß für jedes
Maß ein Prüfer eingesetzt werden muß. Bei schwankender Fertigungs-
6*
84 Lehren.

ziffer werden am besten Einzellehren vorgesehen, die bei Bedarf in


Haltern zusammengesetzt oder, wenn es sich um leichte Werkstücke
handelt, auf dem Tisch zweckmäßig angeordnet und befestigt werden
können.
Lehren, die an der Maschine oder am Arbeitsplatz benutzt werden,
enthalten selbstverständlich nur die Meßstellen, die der einzelne Arbeiter
braucht. Die Vielfachlehren für die Revision dürfen nicht zu umfangreich
sein, damit nicht einzelne Meßstellen ausgelassen oder vergessen werden;
außerdem ist zu bedenken, daß bei Ausfall einer solchen
Lehre nicht so schnell Abhilfe geschaffen werden kann,
wie wenn nur eine Einzellehre unbrauchbar geworden
wäre.
usschuB Gehören zu einer Lehre mehrere Hilfsiehren (Dorne,
Gut Flachlehren usw.), so macht man sie entweder gleich
oder, wenn dies nicht möglich ist, so deutlich verschie-
Abb. 84. Gut· und
Ausschußseite in den, daß Verwechslungen ausgeschlossen sind. Bei der
einem Rachen
vereinigt. Unterscheidung der einzelnen Meßstellen (z. B. Gut und
Ausschuß) sollte man sich nicht auf die Beschriftung der
Lehre beschränken, sondern grob wahrnehmbare Merkmale an-
bringen (vgl. S.54u. 55, Abb. 46u. 47, B). Ebenso wichtig sind Hinweise auf
die Anwendung der Lehre, z.B. die Kenntlichmachung von Anlage- und
Auflageflächen ; hierbei genügt jedoch eine entsprechende Aufschrift.
Vorkehrungen, die die falsche Anwendung der Lehre verhindern,
brauchen nur in besonders gelagerten Fällen getroffen zu werden, denn
es kann bei Massenfertigung mit richtiger Anwendung gerechnet werden,
wenn der Messende eingehend unterwiesen worden ist.
Lose Lehrenteile, Hilfsdorne, Hilfsmaße usw. brauchen nicht unbe-
dingt vermieden zu werden, wie dies beim Vorrichtungsbau häufig an-
gestrebt wird.
Lehren, die zum Messen in der Hand gehalten werden, dürfen nicht
zu schwer und unhandlich, aber auch nicht zu klein sein, um das Meß-
gefühl nicht zu beeinträchtigen und den Messenden nicht vorzeitig zu
ermüden. Hierzu gehört auch, daß ein Griff angebracht wird, an dem die
Lehre bequem und sicher festgehalten werden kann. Für kleine Werk-
stücke, die an feststehender Lehre geprüft werden, und für scharfkantige
Stücke sind geeignete Halter vorzusehen.
Schließlich soll eine Lehre so ausgebildet sein, daß sie möglichst un-
empfindlich gegen mechanische Beschädigungen ist und nicht schon beim
Weglegen auf empfindliche Kanten zu liegen kommt. Sehr gut bewährt
haben sich zum Ablegen, auch an der Werkbank, Holzklötze mit ent-
sprechenden Aussparungen. Diese Klötze tragen zu sorgsamer Be-
handlung der kostspieligen Meßgeräte bei und sind mehr wert als eine
blanke und teure Oberfläche an Stellen, wo sie nicht nötig ist.
Allgemeine Richtlinien für den Entwurf von Lehren. 85
Die Meßsicherheit wird durch die Bauart der Lehre sehr stark
beeinflußt. Eine Lehre, die so kleine Auflageflächen hat, wie in Abb. 85
dargestellt, kann kein genaues Meßergebnis zeigen. Der Messende ist
fast ausschließlich auf die Lichtspaltprüfung angewiesen, zu diesem

e;::~'%~~

:
~

I I~
iil
Abb. 85. Le hre mit Abb. 86. Lehre mit Abb.87. Unzweckmäßige Lehre für T-Nut.
einer zu kleinen großer Auflagefläche.
Auflagefläche.
Zweck müssen Werkstück und Lehre in Augenhöhe gebracht werden;
wegen der weiten Entfernung der zu messenden Flächen voneinander
macht sich eine etwa vorhandene. Unparallelität der Werkstückflächen
störend bemerkbar. Die Lehre nach Abb. 86
dagegen nutzt die ganze vorhandene Auflage
amWerkstück aus; beim Verschie ben der Lehre
wird das Anstoßen mit dem Tastsinn erkannt.

f- +
Mit der Lehre nach Abb. 87 soll die Breite
einer T-förmigen Nut geprüft werden. Die
viel zu schmale Lehre eckt beim Hindurch-
schieben und ermöglicht nicht eine genaue
Abb. 88. Schwenklehre für T-Nut.
und schnelle Prüfung. Wird die Lehre nach
Abb. 88 aU8gebildet, so läßt sie sich an jeder Stelle des Werkstückes
mühelos einschwenken. (Sie prüft aber nicht die Geradheit der Führung.)
Für lose LehrenteiIe, besonders HiIfsdorne, die beim Meßgang ein-
geführt oder hin- und herbewegt werden müssen, ist eine ausreichende
Führung vonnöten, die mindestens 1,5 bis 2 .d (d = Durchmesser oder
Dicke) betragen muß.
Abb. 89 zeigt, wie bei einer
großen Rachenlehre die Meß-
sicherheit dadurch erhöht werden
kann, daß die Stirnfläche des Abb. 89. Große Rachenlehre mit Auflageflächen.
Werkstückes als Auflage für die
Lehre benutzt wird. Die Lehre wird aufgelegt und über das Werkstück
herübergezogen.
Um zu verhindern, daß Späne oder SchmutzteiIchen das Meßergebnis
fälschen, müssen alle Auflage-, AnIage- undMeßflächen zugänglich, sicht-
bar und leicht zu reinigen sein. Es sei an die Möglichkeit erinnert, von
der im Vorrichtungsbau oft Gebrauch gemacht wird, Nuten vorzusehen,
in denen sich Späne und Schmutz ohne Schaden ansammeln können.
Kleine Werkstücke und solche, die mit der Hand nicht sicher in der
86 Lehren.

Meßlage gehalten werden können, müssen festgespannt werden. Hierzu


können Exzenter, Schraube, Keil usw. benutzt werden. Die Spannmittel
dürfen nicht zu kräftig sein, damit Lehre und Werkstück nicht verformt
werden. Aus diesem Grunde werden beispielsweise Schraubengriffe
häufig ohne Kordelung ausgeführt.
Paßstifte zum Festlegen von angeschraubten Einzelteilen werden
möglichst weit auseinandergesetzt.
Die Lehre nach Abb. 90 ist nur für sehr große Toleranzen geeignet,
weil infolge der starken Abrundung des Werkstückes der Vergleich mit
den Markenstrichen der Lehre sehr ungenau
wird. Im übrigen darf vom Messenden nicht all-
/,ebre
zu genaues Sehen verlangt werden, besonders
sollen Markenstriche nicht zu dicht beieinan-
derstehen; wird die Aufmerksamkeit in irgend-
, einer Weise zu scharf angespannt, so sind vor-
I
IWmsfiick
zeitige Ermüdung und Meßunsicherheit die
-
Folgen.
Zur Vermeidung des schädlichen Einflusses
der Körperwärme werden besonders bei großen
Abb. 90. Werkstück mit
stark gerundeten Kanten. Lehren Verkleidungen aus Holz an den Griffstellen
angebracht.
e) Lebensdauer. Die beste Maßnahme, um die Lebensdauer der
Lehren zu erhöhen, ist sachgemäße Behandlung, und das ist eine Frage
der Erziehung derjenigen, die mit den Lehren umgehen.
Eine Lehre wird unbrauchbar durch Abnutzung der Meßflächen oder
beweglichen Teile oder durch mechanische Beschädigung, Verbiegen oder
Abbrechen von Teilen.
Das bereits mehrfach erwähnte Härten, Verchromen, oder die Ver-
wendung von Hartmetallen für Meßflächen, erhöht nicht allein die
Abnutzungsfestigkeit, sondern auch die Widerstandsfähigkeit gegen Be-
schädigung der Oberfläche.
Daneben kann auch der Konstrukteur zur Erhöhung der Lebensdauer
beitragen. Je kleiner die Meßfläche ist, desto schneller nutzt sie sich ab.
Deshalb werden sehr kleine Meßflächen möglichst so ausgebildet, daß
sie schnell ersetzt werden können. (Außerdem sind sehr kleine Meß-
flächen auch schwieriger zu fertigen.) Gleitende Reibung bewirkt
schnellere Abnutzung als rollende. Ein gutes Beispiel bietet die Ge-
winderollenlehre, die ein Mehrfaches an Lebensdauer gegenüber der Ge-
winderachenlehre hat (abgesehen von der viel größeren Meßfläche). Ihr
einziger Nachteil ist, daß sich durch Zufall einzelne Stellen des Rollen-
umfanges und der Flanke stärker abnutzen können und diese Stellen bei
der Nachprüfung schwer zu erkennen sind. Doch hat sich dieser Nachteil
bisher noch nicht störend bemerkbar gemacht.
Allgemeine Richtlinien für den Entwurf von Lehren. 87
Gewindelehrdorne nutzen sich vorn am schnellsten ab. Bildet man
den Gewindekörper so aus, daß er auf dem Griff umgedreht werden kann,
so kann die Lehre länger benutzt werden.
Wird beim Messen die ganze

.-----~ID
Länge der Lehre eingeschraubt,
so muß man sich darüber klar
sein, daß durch die sich nach
vorn bis zur Abnutzungsgrenze
verjüngende Lehre größere Stei-
gungsfehler nicht erkannt wer-
den.
Abb. 91 zeigt eine Lehre
cid:~(111~:)-CC*;~111~I
für die Breite einer Schei- Abb. 91. Grenzlehre für die Breite einer Scheibenfedernut.
benfedernut, die einfach zu
fertigen ist und bei der die Meßstücke nach der Abnutzung mehrmals
versetzt werden können. Die Bohrung gibt an der Gutseite ungefähr
die Tiefe der Nut an, bis zu der sich die Lehre einführen lassen muß.
Abb. 92 zeigt, wie bei vereinfach-
ter Fertigung die Meßfläche und
damit die Abnutzungsfläche ver-
größert werden kann.
Dünne Zapfen und Dorne
brechen beim Gebrauch leicht
ab. Bei Abb. 93 ist auf den
Schleifeinstich verzichtet und ein
großer Übergang auf den dicke- Abb. 92 . Tiefenlehre .
ren Durchmesser geschaffen.
Abb.94 zeigt einen von den vielen bekannten Haltern für dünne Lehr-
dorne, die sich gut bewährt haben; der Meßdorn ist ein Stück Draht
mit genauem Durchmesser, das billig ist und schnell ersetzt werden kann.
f) Instandhaltung und
Nacharbeit. Bohrungen
-t
für Hilfsdorne und be-
wegliche Teile werden mit
Rücksicht auf die Instand- Abb.93. Abb . 94. Halter für dünnen Lehrdorn.
. h Befestigung
setzung mIt ge ärteten eiues dünnen
Buchsen versehen. Die Zapfens.
Buchsen haben auch den Vorzug, daß der Lehrenkörper an der Stelle
nicht gehärtet und nicht gleich verworfen zu werden braucht, wenn
eine Bohrung "verrutscht" ist; der Lehrenbauer kann sich dann durch
Größerbohren helfen.
Paßstifte setzt man nicht in Sacklöcher, weil dadurch das Ausein-
andernehmen erschwert wird. Muß der Stift aufsitzen, so bohrt man das
Loch mit einem kleineren Durchmesser durch .
88 Anhang: Ausgewählte Abschnitte aus dem Lehrenbau.

Rachenlehren werden durch Beitreiben mit leichten Hammerschlägen


und Nachjustieren instand gesetzt. Liegen "Gut" und "Ausschuß"
hintereinander, so muß allerdings die weniger abgenutzte Ausschußseite
ebenfalls nachjustiert werden. Ent-
hält eine Lehre mehrere Rachen, wie

Abb.95. Mehrfachlehre mit Einschnitten E Abb. 96. Instandhaltung der Lehre,


zwischen den Rachen. Zapfen sind versenkt angeordnet.

Abb.95, so werden zwischen den Rachen Einschnitte vorgesehen, um


jeden Rachen für sich instand setzen zu können.
Bei der Tiefenlehre (Abb.96) sitzen die Stifte in Senkungen auf;
nach dem Herausdrücken der Stifte können Lehrenplatte und Stifte sehr
oft nachgearbeitet werden.

Irr. Anhang: Ausgewählte Abschnitte aus dem Lehrenbau.


1. Lehrenarten.
Die Ar beitslehre wird an der Werkzeugmaschine oder an der Werk-
bank gebraucht. An jedem Arbeitsplatz müssen Lehren für diejenigen
tolerierten Maße vorhanden sein, die an diesem Arbeitsplatz entstehen.
Meist werden nur für tolerierte Maße, Formen und für solche Maße Ar-
beitslehren vorgesehen, die sich nicht mit handelsüblichen Meßmitteln
prüfen lassen. Die Arbeitslehre muß sich in dem Fertigungszustand, den
das Werkstück an dem betreffenden Arbeitsplatz erreicht, anwenden
lassen. Oft ist es notwendig, daß sie sich zur Prüfung des Werkstückes
in eingespanntem Zustand eignet; dies ist aber nicht immer erforderlich
und durchführbar. Beispielsweise wird bei Fräsvorrichtungen ein Probe-
stück gefertigt, herausgenommen, geprüft und dann, soweit nötig, die
Einstellung der Maschine berichtigt. Die früher häufig benutzten Ein-
stellanschläge und Hilfsmeßflächen an Vorrichtungen werden nur noch
selten angewandt. Nach beendeter Einstellung dient die Lehre nur zur
Überwachung der Maschine und des Abnutzungszustandes der Werk-
zeuge.
Zu den Arbeitslehren zählen auch die Vormaßlehren, die eine Be-
arbeitungszugabe für spätere Arbeitsgänge: Reiben, Schleifen, Zieh-
schleifen, Läppen usw. berücksichtigen.
Nach mehreren Arbeitsgängen kommt das Werkstück in die Zwi-
schenrevision, die bei wertvollen Teilen verhindern soll, daß entstandener
Ausschuß weiter bearbeitet wird, und nach Fertigstellung in die Werks-
Lehrenarten. 89
oder Endrevision. Hier erfolgt die Prüfung mit Revisionslehren, für
die zumeist Arbeitslehren benutzt werden, die bereits etwas abgenutzt
sind, aber die Abnutzungsgrenze noch nicht erreicht haben. Durch diese
Maßnahme soll verhindert werden, daß Stücke, die mit der Arbeitslehre
für gut befunden wurden, von der Revision als der Nacharbeit bedürftig
zurückgewiesen werden.
Abb.97 zeigt ein Beispiel aus dem ISA-Toleranzsystem für die Lage und
Größe der Herstellungstoleranz und mittleren Abnutzung der Arbeitslehren. Es
sei angenommen, daß die Ar bei ts -
lehre sich bis auf das Maß, das der
Stelle a entspricht, abgenutzt habe
und die Revisionslehre bei b liege.
Der Lehrdorn a ist also dicker als
der Lehrdorn b; läßt sich a in eine
Bohrung einführen, so geht b be-
stimmt hinein. Bei Rachenlehren
liegen die Verhältnisse spiegelbildlich:
die Rachenlehre wird durch Abnut-
zung g r ö ß er. milli. ZIJ!. /1Uf,IUfLUffU
Werden besondere Revisions- miltl. ZlJi
lehren gebaut, so können mehrere d.Apn(JIln.'ele!~"-~HH-~mlll
Maße in einer Lehre vereinigt
werden. Auf die Anwendungs- Abb.97. Herstellungstoleranz und Abnutzung
möglichkeit am eingespannten der Lehren, ISA-Toleranzsystem, 5.-S. Qualität,
Bohrungslehren.
Werkstück braucht hierbei na-
türlich keine Rücksicht genommen zu werden. Mitunter läßt sich die
Arbeitslehre an dem inzwischen weiter bearbeiteten Stück nicht mehr
anwenden, dann muß eine besondere Revisionslehre vorgesehen werden.
Unter Hilfsiehren versteht man lose Teile von Lehren aller Art,
die beim Meßgang gebraucht werden: Hilfs-Lehrdorne, -Flachlehren
usw. (Beispiele zeigen die Abb.65 und 83.)
Mit Werkzeuglehren werden Werkzeuge: Reibahlen, Gewinde-
werkzeuge, Formfräser, Formstähle und Werkzeuge für spanlose For-
mung geprüft. Oft kann dann auf die Messung des fertigen Werkstückes
verzichtet werden, oder es braucht nur noch die richtige Lage der Form
am Werkstück nachgeprüft zu werden.
Für die Nachprüfung der Erzeugnisse durch den Besteller bedient
man sich meist der Revisionslehren der herstellenden Firma. Nur bei
der Wehrmacht sind besondere Abnahmelehren in großem Umfange
vorgesehen. Sie sind Eigentum des Bestellers und die Abnahme erfolgt
durch besondere Abnahmestellen. Die Maße der Abnahmelehren sind
im DIN-Passungssystem genormt. Sie entsprechen in neuem Zustand
den abgenutzten Arbeitslehren, dadurch werden Auseinandersetzungen
zwischen Werksrevision und Abnahme vermieden.
Bei der amtlichen Abnahme von Munition wird außerdem eine Gutlehre I ver-
90 Anhang: Ausgewählte Abschnitte aus dem Lehrenbau.

wendet, die innerhalb des Toleranzfeldes liegt und zur Schonung der Gutlehre 11,
der eigentlichen Abnahmelehre, dient. Dadurch wird erreicht, daß nur ein Teil der
Werkstücke mit der Gutlehre 11 in Berührung kommt, und diese sich nicht so schnell
.abnutzt, wie es bei den harten Werkstücken zu erwarten wäre.
Im ISA-Toleranzsystem sind Abnahmelehren nicht enthalten, die
Abnahmelehren der Wehrmacht liegen in neuem Zustand an der Ab-
nutzungsgrenze der Arbeitslehren (Abb.97). Ihre mittlere zulässige
Abnutzung beträgt t H (H = Herstellungstoleranz). Abnahmelehren
werden nur im Abnahmeraum benutzt, sie können demgemäß Viel-
fachlehren sein und entsprechen dem Fertigzustand der Werkstücke.
Nicht zu verwechseln mit Revisionslehren sind die Prüflehren.

l.ehren-
priifsfe//e
d.Werkes

I
I
I
I
WerkSftr#{ I
I
I
Revision { _ _ _ _ _ ......J

J.~~:~:~;{ 1r--;A-:-bn-a-:-hm-e Ie-;-hr-e-n-m-;it':;Ge=g=en~l~eh:::p:::en:::,:::A~b=n=u~tz-un-g-sp-p7."üf::-e-rn-us-w-. ...,


7

Abb. 98. Lehrenarten.

Sie dienen zum Prüfen der Arbeits-, Revisions- und Abnahmelehren.


Zu ihnen gehören die (genormten) Meßscheiben zum Prüfen von Rachen-
lehren.
Enthält die Prüflehre die Maße der abgenutzten Lehre, so bezeichnet
man sie auch als Abnutzungsprüfer. Durch besondere Abnutzungs-
llrüfer wird die Nachprüfung der Lehren, die ja in regelmäßigen Zeit-
abständen stattfinden soll, erleichtert. Geht der Abnutzungsprüfer
hinein oder hinüber, so muß die Lehre instandgesetzt oder ausgeschieden
werden. Zahlenwerte für die Lage und Größe der Herstellungstoleranz
von Prüflehren sind durch das Normblatt DIN 7162 gegeben.
Nahe verwandt mit der Prüflehre ist die Gegenlehre. Sie dient
nicht etwa zur Prüfung des Gegenstückes, sondern zur erleichtertenFerti-
gung oder schnelleren und besseren Vermessung der Lehre und ist be-
sonders dann am Platze, wenn eine größere Anzahl gleicher Lehren ge-
braucht wird. Die Gegenlehre hat in den wesentlichen Punkten die Form
des Werkstückes. Sie kann ferner zur Feststellung benutzt werden, ob
eine Lehre, die verschickt oder rauh behandelt wurde, noch in Ordnung
Meßgefühl. 91
ist. Zu den Gegenlehren gehört auch die Einstellehre, wie sie bei-
spielsweise zum Einstellen von Gewinderachenlehren oder Lehrschrau-
ben benutzt wird.
Läßt sich die Gegenlehre schlecht vermessen, oder sind wegen sehr
großen Lehrenbedarfes mehrere Gegenlehren erforderlich, so wird häufig
eine Urlehre vorgesehen: eine Gegenlehre zur Gegenlehre.
Die Frage, in welchem Umfange Lehren der verschiedenen Arten
(Abb. 98) vorzusehen sind, läßt sich in allgemeiner Form kaum beant-
worten. Sie hängt vom Umfang und der Art der Fertigung, dem zu er-
wartenden Lehrenverschleiß, der verlangten Genauigkeit, dem Zustand
des Maschinenparks, der Fertigkeit der Arbeiterschaft, der Wichtigkeit
der einzelnen Maße für die Brauchbarkeit des Gerätes und manchen
anderen Bedingungen ab. Auf Arbeitslehren kann wohl oft verzichtet
werden, wenn die Genauigkeit des Werkstückes durch eine Vorrichtung,
die laufend überwacht wird, vollkommen sichergestellt ist. Wäh-
rend manche Betriebe auch für sehr grobe Toleranzen und für untole-
rierte und unwichtige Maße Lehren einsetzen, lassen andere solche Maße
mit handelsüblichen Meßmitteln prüfen. Entscheidend ist hier nur die
Wirtschaftlichkeit des Verfahrens, Sicherheit und Zeitersparnis auf der
einen, Ersparnis an teuren Sonderlehren auf der anderen Seite.
Abnutzungsprüfer sind dann angebracht, wenn die Prüfung der Lehre
nicht einfach ist oder es auf sehr schnelle Prüfung ankommt; V oraus-
setzung ist aber ein Umfang der Fertigung, der den Verbrauch mehrerer
Lehren erwarten läßt. Gegenlehren können die Konstruktion, die Ferti-
gung und die Vermessung der Lehre außerordentlich erleichtern.

2. Meßgefühl.
Beim Vorgang des Messens wird durch den Messenden eine Relativ-
bewegung zwischen Werkstück und Meßgerät bewirkt. Die Art dieser
Bewegung beeinflußt die Genauigkeit des Meßergebnisses und ist in
hohem Grade von der Person des Messenden abhängig. Je nach der Art
des Meßgerätes macht sich der subjektive, von den Eigenschaften des
Messenden abhängige Einfluß mehr oder weniger stark geltend. Das
Streben der Meßgerätkonstrukteure ist seit langem auf die möglichst
vollkommene Ausschaltung der subjektiven Einflüsse, der Erfahrung,
übung und angeborenen Geschicklichkeit des Messenden gerichtet.
Vollkommen wird dies nie gelingen. Es wäre nur möglich bei ausschließ-
licher Anwendung vollselbsttätiger Meßgeräte, wie sie beispielsweise bei
der Fertigung von Infanterie-Patronenhülsen angewendet werden. Doch
auch diese Maschinen sind durch die Verschiedenheit der inneren Rei-
bungsverhältnisse und der Federn nicht vollkommen objektiv.
In erster Linie wird beim Messen der Tastsinn benutzt. Er zeigt an,
welche Kraft nötig ist, um einen Lehrdorn in eine Bohrung einzuführen
92 Anhang: Ausgewählte Abschnitte aus dem Lehrenbau.

und um ihn darin zu bewegen, oder mit welcher Umfangskraft eine


Schraublehre zugedreht wird. Er zeigt auch an, ob eine Tiefenlehre nach
Abb. 46 oder 47 sich beim Übergleiten über die (gerundete) Werkstück-
kante von der Auflagefläche abhebt oder nicht. Ferner wirkt der Ge-
sichtssinn mit, die Sehschärfe bei der Lichtspaltprüfung und beim Ver-
gleichen zweier Kanten oder Marken, das Augenmaß beim Einführen
eines Dornes parallel zur Bohrungsachse oder beim Überführen einer
Rachenlehre.
Die objektivste Messung ist die mit einer Meßuhr, einem Minimeter
od. dgI., oder einem Optimeter, weil der Meßdruck am Taststift vom Meß-
gerät herkommt. Allerdings ist der Meßdruck bei den meisten dieser
Meßgeräte nicht über den ganzen Meßbereich gleichmäßig. Größere
Fehler können aber dadurch entstehen, daß der Messende mit Hilfe der
Abhebevorrichtung den Taststift mit verschieden großer Wucht auf das
Werkstück fallen läßt, anstatt ihn gleichmäßig leicht aufsitzen zu lassen.
Noch ein anderer subjektiver Einfluß macht sich bemerkbar. Das Werk-
stück muß in die richtige Lage zur Meßrichtung gebracht werden, so
daß bei einem runden Körper ein Durchmesser und nicht eine Sehne ge-
messen wird und bei einem rechtkantigen Körper entsprechende Punkte
angetastet werden und nicht übereck geprüft wird. Dieses Suchen des
höchsten oder tiefsten Punktes erfordert Handgeschicklichkeit und
Übung.
Beim Messen einer Bohrung mit einem festen Stichmaß oder Innen-
mikrometer wird das Meßgerät zunächst mit einem Ende in der Bohrung
aufgesetzt; dann wird versucht mit dem anderen Ende möglichst in der
Durchmesserebene durchzuschwenken. Hat die Bohrung genau das Maß
des Stichmaßes, so ist das Durchschwenken bei leichter Berührung nur
dann möglich, wenn das Stichmaß genau in der Durchmesserebene ge-
schwenkt wird; die geringste Abweichung nach rechts oder links (Sehne)
führt zum Anstoßen an der Bohrung. Es muß also durch Probieren die
Lage gefunden werden, in der sich das Stichmaß am leichtesten durch-
schwenken läßt. Hierbei kann das Augenmaß zu Hilfe genommen wer-
den. Ferner kann die Bohrung in einer Schräglage (kurz vor dem Durch-
gang) rechts und links angetastet und daraus die Mittelstellung durch
Augenmaß oder mit dem Tastsinn gefunden werden. Bei diesem Vorgang,
dem Suchen der Durchmesserebene, muß der höchste Punkt gesucht
werden.
Beim zweiten Vorgang, dem Durchschwenken, muß der tiefste
Punkt gesucht werden, in dem die Meßfläche entweder frei durchgeht
oder die Bohrung gerade berührt. Diese Vereinigung zweier entgegen-
gesetzter Suchvorgänge macht das Messen mit einem Stichmaß oder
Innenmikrometer so schwierig. Leichter ist das Messen mit einem Kugel-
endmaß, bei dem der Kugelhalbmesser mit dem Bohrungshalbmesser
Meßgefühl. 93
zusammenfällt. Dadurch wird beim Aufsetzen die Lehre in die Durch-
messerebene a·u sgerichtet, und zwar um so vollkommener, je breiter
die Auflage ist.
Von dieser Möglichkeit des "Ausrichtens" der Lehre nach einer Richt-
fläche kann bei vielen SonderIehren mit Vorteil Gebrauch gemacht wer-
den. Dadurch wird der Messende von störenden Ein-
flüssen freigemacht, und er kann seine ganze Auf-
merksamkeit auf den eigentlichen Meßvorgang (beim
Stichmaß das Durchschwenken) lenken. Werden
beispielsweise die Lehren nach Abb. 46 und 47 aus Abb.99. Schräge,
., .
ZU d ünnem BIech ge~ertlgt, SO mu
ß b'eIm Messen schwierige
tolerierte Bohrung,
Fertigung
darauf geachtet werden, daß die Lehre nicht um nnd Prüfung.
die Auflage schaukelt; ist die Auflagefläche aber breit genug, so wird die
Ebene der Lehre von selbst immer parallel zur Längsachse des Werk-
stückes liegen, ohne den Tastsinn und das Augenmaß hierfür besonders
in Anspruch zu nehmen.
In diesem Zusammenhang verdienen die vielfach benutzten dünneren
Ansätze und Zapfen an glatten und Gewindelehrdornen, die zum V or-
lführen dienen, Erwähnung. Eine Werk- ~
stückbohrung nach Abb. 99 ist nicht ~1!J>~
nur sehr schwierig zu fertigen, sondern
macht auch erhebliche Meßschwierig-
Abb.l00 . Lehre für bogenförmige T-Nut,
keiten, weil das Gefühl für achsenpar- Griff liegt nicht in d er Richtung, in der
alleles Einführen der Lehre verloren die Lehre eingeführt wird.
geht. Aus dem gleichen Grunde wird der Griff an der Lehre nach
Abb. 100, mit der eine bogenförmige T-Nut geprüft werden soll, besser
fortgelassen, weil er nicht parallel zur Einführungsrichtung der Lehre

l
liegt. Auch die rechtwinklige Lage des Griffes zur Bewe-
gungsrichtung, wie in Abb. 101, ist nach Möglichkeit zu
vermeiden.
Die Empfindlichkeit des Tastsinnes für geringe Kraft-
unterschiede beim eigentlichen Meßvorgang hängt in erster
Linie von der Veranlagung und Übung des Messenden,
dem Meßgefühl, ab. Das Meßgefühl kann aber auch durch
die Bauart der Lehre beeinträchtigt werden. Muß beim
Messen eine große Kraft zum Halten der Lehre oder des
Abb.l01.
Werkstückes oder für einen anderen Zweck aufgewendet Lehre, bei der
der Griff
werden, so wird dadurch die Feinheit des Tastsinnes beein- senkrecht zur
Bewegungs-
trächtigt. Es ist nicht möglich, mit einem Finger Unter- richtung steht.
schiede von wenigen Gramm festzustellen, wenn gleichzeitig
mit der gleichen oder auch der anderen Hand Kräfte von mehreren Kilo-
gramm ausgeübt werden müssen. Daraus folgt für den Lehrenkonstruk-
teur, daß das Werkstück auf die feststehend angebrachte Lehre zu be-
94 Anhang: Ausgewählte Abschnitte aus dem Lehrenbau.

wegt werden muß, wenn es nicht möglich ist, die Lehre leichter ,zu bauen
als das Werkstück. Die gleichen Überlegungen haben bedeutende Meß-
gerätfabriken zum Bau von Lehrdornen in besonders leichter Ausführung
gebracht, die sich im Gegensatz zu der genormten schweren Bauart
(50-1000) besonders für kleine Toleranzen ausgezeichnet bewährt haben.
Die Lehren sind zur Gewichtsverminderung einseitig ausgeführt (Gut-
und Ausschußseite getrennt) und weitgehend ausgespart. Der Schwer-
punkt liegt so, daß die Lehre kein Übergewicht nach einem Ende zu be-
sitzt; sie liegt trotz des verhältnismäßig kurzen Griffes gut in der Hand.
Ein dankenswerter Versuch, den subjektiven Anteil zu vermindern,
ist bei der "Definition des Maßes einer Rachenlehre" (S. 73) gemacht
worden, wie sie bei den ISA-~assungen festgelegt wurde und in ähnlicher
Form bereits für die DIN-Passungen aufgestellt war. Die Lehre soll
nicht mit Muskelkraft übergeführt werden, sondern durch ihr (gleich-
bleibendes) Eigengewicht aus dem Zustande der Ruhe (Vermeidung der
kinetischen Energie) hinübergleiten. Leider läßt sich das Verfahren nur
anwenden, wenn die Welle zum Messen in waagerechte Lage gebracht
werden kann.
Ein weiterer Versuch ist der an Meßmaschinen mit Schraubenspindel
angebrachte Meßdruckanzeiger und die bei Schraublehren gebräuchliche
Gefühlsratsche. Diese hat jedoch einige Mängel. Die Feder der Ratsche
und die Reibung sind Schwankungen unterworfen. Ferner macht sich
die Oberflächengüte des Werkstückes und die Größe der Berührungs-
fläche auf den Grad des Zuschraubens störend bemerkbar. Am stärksten
ist wohl der Einfluß der Geschwindigkeit, mit der die Schraube zugedreht
wird. Viele geübte Meßtechniker benutzen daher bei genauen Messungen
die Ratsche nicht, sondern drehen gefühlsmäßig möglichst stets mit
gleicher Kraft an und prüfen dann durch Schwenken der Lehre um den
feststehenden Amboß die Kraft, die zum Hinübergleiten nötig ist (starre
Rachenlehre !) und machen dadurch die (ebenfalls stark subjektive)'
Gegenprobe.

3. Parallaxe.
Liegen bei Strichmessung Teilung und Zeiger nicht in der gleichen
Ebene, und befindet sich das beobachtende Auge nicht in der Ebene, die
durch den Zeigerstrich geht und auf der Teilungsebene senkrecht steht,
so treten beim AblesenParallaxenfehler auf (Abb. 102). Zur Ausschaltung
der Parallaxe ist bei vielen Meßgeräten (Flüssigkeits-Druckmesser, elek-
trische Meßgeräte) ein Spiegel so angeordnet, daß bei richtiger Augen-
steIlung die Flüssigkeitskuppe oder die Marke am Zeiger sich mit ihrem
Spiegelbild deckt. Bei Werkstattmeßgeräten der hier besprochenen Art
ist dies Verfahren noch nicht angewendet worden.
Eine Vorstellung von der Größe des Parallaxenfehlers gibt folgende,
Hebelübertragungen. 95
einfache Überlegung. Die Dicke eines Noniusfensters oder Zeigerendes
(b in Abb. 102) sei 0,25 mm; dann hat eine Abweichung des Auges um
20 mm nach der Seite (bei 250 mm Sehabstand) einen Ablesefehler von
0,02 mm zur Folge. Dies ist eine mit dem Auge erkennbare Abweichung.
Zur Vermeidung des Parallaxenfehlers muß bei Meßgeräten mit
Zeigerablesung die Teilung so angeordnet sein, Auge
daß der Ablesende das Auge mühelos in die
richtige Stellung zur Teilung bringen kann. Viel-
fach wird aus diesem Grunde das anzeigende
Gerät (Meßuhr, Mikrotast usw.) nach hinten
geneigt angeordnet. Bei der Schieblehre und
der Schraublehre bilden Teilungs- und Zeiger-
ebene einen möglichst stumpfen Winkel zuein-
ander, und das Noniusfenster oder die Teilungs- Abb.102. Parallaxe,
t = Ablesefehler .
trommel ist so zugeschärft (Abb. 102), daß die
Strichenden angenähert in die Ebene der Hauptteilung fallen. Am besten
wäre es, wenn die Teilungen unmittelbar nebeneinander in einer Ebene
lägen. Bei der Schraublehre ist dies nicht möglich, bei der Schieblehre
ist es deswegen nicht zu empfehlen, weil sich die Kanten der Haupt-
teilung beim Gebrauch verrunden und die Strichenden dann nicht mehr
aneinanderstoßen. Dadurch treten Schätzungsfehler
auf, die auch durch geschicktes Ablesen nicht mehr
ganz vermeidbar sind (Abb. 103). Außerdem lassen
sich werkstattmäßig die Striche in der Nähe einer
Kante nicht ganz sauber und gleichmäßig ausführen, Abb.103.
Schätzungsfehler.
ein Mangel, der bei dieser Anordnung zweimal, bei
der allgemein gebräuchlichen dagegen nur einmal, am Noniusfenster,
in Erscheinung tritt.
Liegen die Kanten so geschützt, daß ein Verwischen der Striche und
ein Verrunden der Kanten nicht eintreten kann, so werden Teilung und
Zeiger in eine Ebene gelegt.
Auch bei optischen Geräten: Lupen, Mikroskopen, Fernrohren gibt
es eine Parallaxe. Eine gute Optik darf beim Bewegen des Auges vor
dem Okular keine Verschiebung zwischen dem Objekt und den im Oku-
lar angebrachten Marken zeigen.

4. Hebelübertragungen.
Bei der Übertragung oder Übersetzung eines Meßwertes durch einen
gleicharmigen oder ungleicharmigen He bel können durch unzweckmäßige
Konstruktion oder fehlerhafte Ausführung Fehler entstehen. Da bei
Lehrenkonstruktionen Hebel als Meßwertträger oft mit Vorteil benutzt
werden, sollen die Fehlerquellen nach ihrer Art und Größe untersucht
werden.
96 Anhang: Ausgewählte Abschnitte aus dem Lehrenbau.

Übertragungs- oder Übersetzungsfehler können nur wirksam


werden, wenn Istmaße abgelesen werden. Wird die Meßuhr in
Abb. 104 mit einer Gegenlehre oder Endmaßen auf Null eingestellt und
dann die Abweichung vom eingestellten Maß für jedes Werkstück
ab ge le se n, so würde eine fehlerhafte Konstruktion oder Fertigung des
Hebels Meßfehler zur Folge haben. Wer-
den dagegen beide Grenzwerte mit Ge-
genlehren oder Endmaßen eingestellt (To-
leranzmarken), und beim Messen nur die
Feststellung gemacht, ob das Werkstück
innerhalb der Toleranz liegt oder ni<lht,
so sind Hebelfehler unschädlich; von der
Möglichkeit des Ablesens von Zahlenwer-
ten an der Meßuhr wird kein Gebrauch ge-
macht, sie wird als Festmaß-Lehre be-
nutzt.
Abb.l04. Hebelübertragung.
Bei einem Meßwerk werden die einzel-
nen Glieder als Träger des Meßwertes nicht formschlüssig miteinander
verbunden, sondern die stete Berührung durch schwache und möglichst
gleichmäßige Federkraft bewirkt (Kraftschluß). Die Federkraft soll
schwach sein, um Verbiegung und Abnutzung klein zu halten, sie soll
über den ganzen Weg möglichst gleichmäßig sein, um die Abplattung
an den Berührungsstellen und die Verbiegung stets gleich zu erhalten.
Die Federkraft muß andererseits so groß sein, daß sichere Berührung
und Mitnahme gewährleistet sind.

~~~~~
i~~llll N~~i
+43r·

4J~9 -2 -1 0 L--------
Anzt'i§t'Teb/er
invHYflnT
Abb.l05. Fehlerhafte Anzeige infolge Knickung der Hebelachse.

Auf die gute Lagerung von Meßwerkhebeln muß besonderer Wert


gelegt werden, damit der Lagerzapfen in der Lagerbohrung möglichst
wenig wandern kann. Spitzenlagerung empfiehlt sich wegen der schwie-
rigen Fertigung und der starken Abnutzung nur bei Hebeln, die ganz
besonders leichtgängig sein müssen. Im allgemeinen wird bei Lehren
mit einer spielarmen, kräftigen und langen Zapfenlagerung auszukom-
men sein. Durch verschiedene Kraft- und Reibungsverhältnisse an den
Hebelenden kann bei größerem Lagerspiel eine schädliche Drehpunkt-
verlagerung eintreten.
Zunächst sei als theoretische Grundlage der Hebel mit Spitzen oder
Hebelübertragungen. 97
Schneiden betrachtet, wie er in Abb.105 vergrößert dargestellt ist. Auf
der Werkstückseite W bewirke eine Toleranz T verschieden hohe Stel-
lungen der (stets waagerechten) Fläche W. Damit eine gleichgroße
(oder bei ungleichen Hebelarmen r verhältnisgleiche) Bewegung der
Fläche M auf der Meßseite (links) erzielt wird, muß die Verbindungslinie
Schneide-Drehpunkt-Schneide MOW
+lJ,/lr
eine Gerade sein und nicht ein gebroche. -........
b::
"
......

"
ner Linienzug, wie z. B. QOW und POW. ~~,
Das Schaubild zeigt die Fehlergröße in +OJr
v H. der Toleranz als Funktion der T~ -o,osr(e;'nseil;j:; ~
Knickung. Der Meßfehler wächst an- ~I
genähert mit dem Quadrat des Hebel· I~
fehlers. Das Schaubild gilt auch für T-+o,osrfeinseil&::;
-lJ,1r ~
/ ' kj/
ungleicharmige He bel und für beliebige
Größe der (symmetrisch zur Grundstel·
lung W liegenden) Toleranz. In Abb. 106 -O,2r / '
2
V t:/-1
:t T \symTelr'fch)
0 +1
ist die Kurve in vergrößertem Maßstab AnzeigefehIer in vII vonT
(dick ausgezogen) herausgezeichnet. Die Abb.106. Fehlerhafte Anzeige infolge
Knickung der Hebelachse bei
dünn gezeichneten Kurven stellen die symmetrischer und bei einseitiger
Abweichung von der Nullstellung.
Fehler bei positiver oder negativer Lage
des Istwertes (im Beispiel + 0,05 und - 0,05 des Hebelarmes) zur
Grundstellung dar. Für die Praxis interessieren nur diese Kurven, da
nach dem eingangs Ausgeführten die vorliegende Untersuchung
nur für Istmaß·Lehren von Bedeutung ist; sie weichen von der
für symmetrische Toleranz angegebenen Kurve nur unwesentlich ab.
Die Abweichung wird größer mit wachsendem !:.-, r
d. h. mit wachsen.
dem Schwenkwinkel.
t7.?
Man könnte auf den Gedanken kommen,
die Unsymmetrie des geknickten Hebels durch ~J~-~-=lit'
~
eine Verlagerung des Drehpunktes1 zu besei. ~#/' ".-#....-------
tigen, wie Abb. 107 zeigt. Eine symmetrisch \
•..r
. ..r'

zu dieser (dick gezeichneten) Grundstellung Abb.107. Angenäherter Ausgleich


des Hebelfehlers durch
liegende Toleranz würde als Ganzes ver- Verlagerung des Drehpunktes.
hältnisgleich übertragen werden,ein Istwert
dagegen zeigt immer noch Fehler, die aber im Verhältnis viel kleiner
sind, wie der Vergleich der Abb. 108 mit der im gleichen Maßstab ge-
haltenen Abb. 106 zeigt. Der Fehler kann hierbei auch positiv werden:
es wird ein zu großer Wert angezeigt.
Ein weiterer Fehler kann dadurch entstehen, daß ein Tastbolzen auf
der Werkstück· oder Meßseite schief steht (Abb. 109). Die Fehlergröße
ist die gleiche wie bei geknicktem Hebel nach Abb.105. Daraus folgt, daß

1 Oder der Nullstellung.


Leinweber, Toleranzen. 7
98 Anhang: Ausgewählte Abschnitte aus dem Lehrenbau.

eine Hebelknickung durch entsprechende Schiefstellung eines Tast-


stiftes ausgeglichen werden kann und umgekehrt 1. Ferner kann das
Schiefstehen des einen Tastbolzens durch ebensolches SchiefstelIen des
anderen ausgeglichen werden.
Ein Hebel überträgt einen Meßwert verhältnisgleich,
wenn es eine Stellung des He bels gibt, in der die Bewe-
gungsrichtungen der (parallelgeführten) Zu- und Ableitung auf
denVerbind ungslinien Drehpunkt-
+TU.sr.ml1l'e!risch) Schneide senkrecht stehen. Dies
gilt auch für jeden beliebigen
+1J,3r Winkelhe bel.
\ J
\
+D,1r T=-405r~ ~[_405r
(einseilig-) \ (einseilil1+)
\11
J\
7\
1/ \
L
\
-q2r
j

-1 0 +1 ,.,...,_.~-

Anze&el'enlerin pli Ylln T


Abb. 108. Anzeigefehler eines durch Abb. 109. Fehlerhafte Anzeige infolge
Drehpunktverlagerung korrigierten Schiefstehens des Meßbolzens.
geknickten Hebels.

Ein Schiefstehen des einen Tastbolzens aus der Zeichene bene


hera us könnte durch gleichgroßes SchiefstelIen des anderen Tastbolzens
in der gleichen oder entgegengesetzten Richtung ausgeglichen werden.
Sind alle diese ge-
nannten Bedingungen
erfüllt, ist aber die An-
lagefläche für eine
Schneide schief, wie
Abb. 110 übertrieben
zeigt, so entsteht ein
Abb. 110. Fehlerhafte Anzeige infolge Schieflage der Tastfläche. Fehler, der die gleiche
Größe wie in Abb. 108
hat. Demgemäß wären wiederum Ausgleichsmöglichkeiten denkbar.
Ebenso ließe sich der Fehler durch entsprechende (symmetrische) Schief-
heit der anderen Schneidenanlage ausgleichen. Er ist aber recht klein,

1 Dann wird aus dem geraden Hebel ein Winkelhebel.


Hebelübertragungen. 99
und die genügend genaue Fertigung der Schneidenanlagen macht keine
Schwierigkeiten.
Bei Meßwerken werden Schneiden soweit wie möglich vermieden,
weil eine theoretisch genaue Schneide nicht herstellbar und auch nicht
haltbar ist. Man geht daher "
nach Möglichkeit noch einen .~.l'>
Schritt weiter und sieht eine ~~.,
genügend große Rundun~ a~s
Anlage vor (Abb. IU). WIe dIe
~

Darstellung zeigt, geht die Wir- Wt:~h;s~/


, .1'~
+-I
~ ,.
,
kungslinieinjeder HebelsteIlung ~.
durch den Mittelpunkt der Run- zylindrischen
Abb.l11. Anlageflächen.
Hebel mit wt!~ihle~el
dung, das ist die Stelle, an der In Nierenform.
sich bei den vorhergehenden Betrachtungen die Schneide befand. Die ge-
nannten Bedingungen für verhältnisgleiche Meßwertübertragung müssen
demnach so abgewandelt werden, daß sie sich auf die Mittelpunkte der
Rundungen beziehen. Die Rundungen
können beliebig groß und auch am
gleichen He bel verschieden
groß sein. Bei kleinen Winkelhebeln
entsteht eine Nierenform (Abb.112).
In Abb.113 sind die Rundungen nicht
ausgearbeitet, sondern an den .Hebel-
enden runde Stifte eingesetzt. Dies
hat den Vorzug, daß die Rundungen
genauer herstellbar sind. Abb.113. Hebel mit eingesetzten Stiften.

C
In Abb.114 ist gezeigt, wie sich ungefähr eine Schneide abnutzt
und man erkennt, daß die entstehende Rundung einer Hebelknickung
gleichkommt und einen entsprechenden Fehler zur Folge hat.
Welchen Fehler eine ungenaue Rundung erzeugt,
zeigt Abb. 115. Als Beispiel ist bei den angenom- 0

menen Größenverhältnissen eine Abplattung der Kuppe


von I und 2 mm im Sehnenmaß gewählt.
Die Fehler im übersetzungsverhältnis, die von Abb.114. Abnutzung
Fehlern der Hebelarmlänge herrühren, braue . h en nIC . ht der Schneide.
besonders untersucht zu werden; sie sind unmittelbar verhältnisgleich
dem Hebelfehler.
Aus den bisher angestellten überlegungen geht hervor, daß eine
Hebelkette nach Abb. 116 für Istmaß-Lehren nur sehr bedingt zu ge-
brauchen ist. Das Schaubild links zeigt die fehlerhafte Meßwertüber-
tragung.
Wenn die Hebelkette aus der gezeichneten Lage ausschwenkt, so wird die wirk-
same Länge des langen Armes am ersten (rechten) Hebel verkürzt, die Wirkungs-
7*
100 Anhang: Ausgewählte Abschnitte aus dem Lehrenbau.

linie rückt schneller an den Drehpunkt heran, als am kurzen Hebelarm. Gleich-
zeitig wird die wirksame Länge des kurzen Armes am zweiten Hebel größer. Beides
• trägt zu einer beträchtlichen Verkleinerung des Gesamtübersetzungsverhältnisses
beim Ausschwenken bei.

~IO
,~
~

t
~
S=1
~ S=2

(J2 (J1 Omm Abb.115. Meßfehler infolge Ungenauigkeit der Hebelkuppe


Fehler (Abplattung).

Wenn es auf Istmaße ankommt, muß die Anordnung nach Abb. 117
gewählt werden, bei der zwischen beide Hebel ein parallelgeführter Über-
tragungsstift Z geschaltet ist.

Abb.116. Fehlerhafte Hebelkette.

Eine andere Möglichkeit der Meßwertübertragung besteht darin, daß


man den Hebel mit ebenen Flächen und die Taststifte mit Rundungen
versieht. Dies hat bei der Konstruk-
tion nach Abb. 118 zur Folge, daß
das Hebelverhältnis a: b sich beim
Ausschwenken in ~: b1 ändert, wo-
bei a 1 kleiner als a und b1 größer als b
ist. Die Einrichtung ist für Istmaße Abb.117. Richtig arbeitende Hebelkette.
nicht zu gebrauchen.

I. b .r.-~~
Abb. 118. Fehlerhafter Hebel. Abb.119. Verhältnisgleich arbeitender Hebel.

Der Fehler wird bei Abb. 119 vermieden. Hierbei müssen die Hebel-
flächen in einer Ebene liegen, die durch die Drehachse geht, und die Tast-
Lochmittenabstände. 101
stiftrundungen müssen sich wie die Hebelarme verhalten (r1 : r 2 = a : b),
damit die Verhältnisgleichung erfüllt wird:
a : b = a 1 : b1 = w : m.
Die Anordnung hat den Nachteil, daß, um die Berührung aufrecht-
zuerhalten, zwei Federn notwendig sind, die gegeneinander arbeiten.

ö. Lochmittenabstände.
a) Tolerierung der Gerätzeichnung. Die richtige Tolerierung von
Lochabständen erfordert eine rechnerische Toleranzuntersuchung, damit
der im einzelnen Fall beabsichtigte Zweck erreicht wird. Es lassen sich
jedoch gewisse Richtlinien aufstellen und damit die jedesmalige Wieder-
holung der Rechnung vermeiden.
Die Toleranz für einen Lochabstand hängt in vielen
Fällen von dem Kleinstspiel zwischen Bohrung und Gegen-
stück (Bolzen, Schraube,
Niet, Welle, Zapfen) ab.
Im folgenden sind einige
a Bemaßung:
grundsätzliche und häufig
wiederkehrende Fälle un- Teil 1: m ± ~t

terschieden. Die zugehöri-


Teil 2: m ± ~.
gen Bilder zeigen, zur Ver- b
deutlichung übertrieben
dargestellt, äußerste Aus- 1
wirkungen der Toleranzen. Abb.120. Lochabstand von einer Fläche aus, t = 2" K
Die meisten Fälle von
Lochmittenmaßen lassen sich auf diese Beispiele zurückführen.
1. Zwei Platten, Bleche, Flanschen oder ähnliche Bauteile sollen mit
je einer oder zwei (aufeinander senkrecht stehenden) Seitenflächen
gleich liegen oder so aneinanderliegen, wie in Abb. 120. Sie enthalten
eine oder mehrere Boh:mngen, in die nach dem Zusammensetzen ohne
Nacharbeit Bolzen gesteckt werden sollen.
Die Bemaßung aller Bohrungen muß in diesem Fall an jedem der
beiden Teile von der Ausgangsfläche ausgehen. Schreibt man ±-Tole-
ranzen, so ist die Austauschbarkeit gesichert, wenn für die Größe der
Toleranz ± t 1 bei jeder einzelnen Bohrung die Bedingung er-
füllt ist: t ;;;: ~ (K = Kleinstspiel zwischen Bohrung und Bolzen).
Wird dagegen die Bedingung: t ~~ nicht bei jedem Werkstück für sich
erfüllt - etwa weil die Kleinstspiele verschieden sind, die Toleranzen aber gleich
sein sollen - , so muß die Gleichung erfüllt sein:
tl +t 2 ;;;: 1 (KI + K 2 ),
I Das Toleranzfeld ist dann also gleich 2 t!
102 Anhang: Ausgewählte Abschnitte aus dem Lehrenbau.

d. h. die Summe der Toleranzen t muß gleich der halben Summe der Kleinstspiele
sein, oder: Die Angabe einer größeren Toleranz als t = ~ K bei dem einen Werk-
stückgehtaufKostenderToleranzdesanderen, wenn die Austauschbarkeit
gesichert sein soll. Bei Auswirkung der Toleranzen bleibt dann der Werkstück-
bolzen nicht an der glei-
chen Stelle, sondern seine
Bemaßung: äußersten Stellungen un-
terscheiden sich um v, d. i.
-t+2") die doppelte Toleranz-
Teil 1: m ± ( K
überschreitung (Abb.121).
Teil2: m ± (~2-i) Dies gilt sinngemäß
auch, wenn drei Werk-
stücke übereinanderlie-
gen: Wird bei einem der
*2
Abb. 121. Lochabstand von einer Fläche aus, t
1
K drei Stücke die rechnungs-
mäßige größtzulässige To-
leranz t = ~ K überschritten, so müssen bei den bei den anderen die Toleranzen
je um den Betrag der Überschreitung verkleinert werden (Abb. 122).
2. Zueinander zentrierte Flanschen enthalten kreisförmig angeordnete
Bohrungen, durch die
ohne Nacharbeit Bol-
Bemaßung: zen gesteckt werden
. 1 : m ± (K
Tell ,-t + 2V) Die(Abb.
sollen 123).
Bemaßung er-
. (Kg V)
Tell 2: m ± "2-2 folgt zweckmäßig VOm
Mittelpunkt des Loch-
kreises aus als Halb-
messer; die Toleranz
ist sinngemäß die glei-
aufeinander, t *-}
Abb.122. Lochabstand von einer Fläche aus. 3 Stücke
K
che wie bei 1.
Durch die Angabe des
Halbmessers und nicht
des Durchmessers wird für die Fertigung und Lehrung auf die Zentrierung als
Ausgang hingewiesen. Bei Angabe des Durchmessers muß außerdem eine Sym-
metrietoleranz eingetragen werden.
In Abb. 123 und den
folgenden ist auf die Dar-
stellung der extremen Tole-
Kranzauswirkung in umge-
Bemaßung: m ± 2 kehrter Richtung (+ statt
- , bzw. - statt +), auf
die Berücksichtigung ver-
Abb.123. Zentrierte Lochkreise, t = !.. K schiedener Kleinstspiele
2
sowie auf die Erörterung
der Überschreitung der
Formel: t=tK an einem der Teile verzichtet, weil diese Fragen hier in der gleichen
Weise beantwortet werden können, wie es bereits gezeigt wurde.
Der eine geometrische Ort für die Bohrungsmitte ist der vorstehend
Lochmittenabstände. 103
angegebene Lochkreishalbmesser, der zweite ist die Lochteilung; hier-
für gilt in mm, die zweckmäßig auf Bogenmaß umgerechnet werden, die
gleiche Toleranz wie für den Lochkreishalbmesser . Es wird später ge-
zeigt werden, daß bei den gebräuchlichen Lehren die Lochteilung mit
erfaßt wird, auch ohne daß
eine Winkeltoleranz beson-
ders angegeben ist; des- Bemaßung:
K
wegen wird häufig auf ihre m ± 2'0der
Angabe verzichtet. 2m ±K
Die Größe der zulässi-
gen Toleranz t wird von
Abb. 124. Unzentrierte Lochkreise
einem etwa vorhandenen
Spiel in der Zentrierung
t= iK für Halbmesser
t = K für Durchmesser.
nicht beeinflußt.
3. Unzentrierte Flanschen enthalten kreisförmig angeordnete Boh-
rungen, in die ohne Nacharbeit Bolzen gesteckt werden sollen (Abb. 124).
Die Bemaßung kann in der gleichen Weise erfolgen, wie bei Abb. 123,
ebensogut kann der Durchmesser angegeben werden, der die doppelte
Toleranz erhält; für die Teilung gilt in jedem Falle die einfache To-
leranz t :s;; t K.
4. Zwei Bleche
mit je zwei Bohrun- Bemaßung:
. Ko+Km
gen sollen, aufeinan- Tell1: m ± - - 2 -
dergelegt, in beliebi- Ko+Km
Te1l2: m ± - - 2 -
ger Lage zueinander
das Durchstecken
von Bolzen ermög-
Abb.125. Lochabstand von einer Bohrung aus
lichen (Abb. 125).
t= 2"(Ko + Km)
1
Die Bemaßunger- t= K.
folgt von Lochmitte
zu Lochmitte, die Toleranz kann doppelt so groß sein, wie in den bisher
besprochenen Fällen, nämlich t :;;:;; K, oder, wenn die Kleinstspiele ver-
schieden sind, bei jedem Stück t ;:;;;: t (Ko + Km)'
5. Zwei Bleche mit je mehreren Bohrungen sollen, aufeinandergelegt,
das Durchstecken von Bolzen gestatten (Abb. 126).
Die Bemaßung erfolgt von einer beliebigen Ausgangsbohrung aus
nach den übrigen Lochmitten; für die Größe der Toleranz gilt wieder:
t ;;;;tK.
Das Schnittbild 126 gleicht in seinem linken Teil vollkommen der Abb. 125.
Für das Maß m wäre nach 4. : t :;:;; K zu setzen. Dann dürfte aber das Maß 'ß in der
oberen Platte nicht unterschritten und in der unteren Platte nicht überschritten
werden, oder umgekehrt, wenn die Toleranzen zufällig in entgegengesetzter Rich-
tung ausgenutzt worden wären. Die scheinbare Schwierigkeit liegt allein in den
Mängeln der maßlichen Ausdrucksmittel begründet. Die Maße m und 'ß gehen näm-
104 Anhang: Ausgewählte Abschnitte aus dem Lehrenbau.

lieh nach dem Wortlaut der Zeichnung von der Mitte der linken Bohrung aus, und
man müßte demgemäß das Bild so zeichnen, wie es in der unteren Hälfte angedeutet
t
ist. Dann sieht man ohne weiteres, daß t :;;;; K sein muß. Daß die Ausgangs-
bohrungen der Werkstücke genau übereinanderliegen, ist jedoch nicht notwendig,

Bemaßung:
K
m±2"
n ±.!..
2

Abb. 126. Mehrere Lochabstände von einer Bohrung aus


K
t=2"

und es wird später gezeigt werden, daß eine richtig entworfene Lehre, abweichend
vom Wortlaut der Zeichnung, das Gewollte mißt.
Für die Abweichung einer Lochreihe von der Geraden oder auch
für die rechtwinklige Lage mehrerer Bohrungen zueinander werden meist
auf der Zeichnung zulässige Abweichungen nicht besonders angegeben.
Hierfür gelten stillschweigend die gleichen Toleranzen in mm, wie für
die Abstände.
6a). Zapfenschlüssel und zugehöriges Lochpaar sollen zusammen-
steckbar sein (Abb. 127).
Die Bemaßung erfolgt von Zapfen zu Zapfen und von Loch zu Loch.
Die Größe der Toleranz ist wieder t ;;;;;: t K.
b) Zapfenschlüssel mit

~:Ei
mehr als zwei Zapfen
~
r--+--------+'-~-'f Bemaßung:
\ ~ Teil 1: m ±{
und zugehörige Lochreihe
sollen zusammensteckbar
=K~ 2 Teil 2: m±{ sein.
Abb.127. Zapfenschlüssel und Lochpaar Die Bemaßung erfolgt
t= !. von einem Ausgangs-
2
zapfen bzw. einer Aus-
gangsbohrung aus. Bezeichnet man diese mit 1 und die übrigen mit 2, 3,
4, ... , so ergeben sich nach dem ersten Hauptsatz ~wischen2 und 3, 3 und
4,2 und 4 usw. Summentoleranzen von ± 2 t. Folglich muß t von
vornherein halb so groß wie imFall6a gewählt werden, nämlich: t ;;;;;: i K.
7. Eine Symmetrietoleranz für eine abgesetzte Bohrung, zu der eine
abgesetzte Welle passen soll; 'kann man als eine Abstandstoleranz mit
dem Nennmaß Null auffassen. Es ergibt sich das gleiche wie unter 6a,
oder, wenn die Kleinstspiele verschieden sind, t ;;;;;: K1 : Ks (Abb. 128).
Lochmittenabstände. 105

Nach diesen Überlegungen kann in den scheinbar vorhandenen Wirr-


warr von Beziehungen zwischen t und K Ordnung gebracht und es können
Regeln aufgestellt werden, die leicht zu behalten sind und eine mehr oder
weniger schematische Behandlung von Mittentoleranzen ermöglichen. Der
Kernpunkt des Problems war bereits beim Fall 6 b gestreift worden: Die
Beziehung zwischen zwei beliebigen Mitten, die sich bei der jeweils
gewählten Art der Maßangabe ergibt. Vergleicht man Abb. 125 mit
dem rechten Teil von Abb. 126, so erkennt man die Ähnlichkeit. Nach
den beiden Hauptsätzen ergibt sich in Abb. 126: ±~) (n - (m ±
~)
= (m - n) ± K; in Abb. 125 war gleichfalls t = K erkannt worden.
Eine Betrachtung der übrigen Fälle,
in denen es sich um Durchgangslöcher
und durchgesteckte Bolzen handelt, Bemaßung:
in dieser Richtung führt zum gleichen ±I~1+~2
4
Ergebnis. K
Für die Beziehung zwischen festen ±-2
Zapfen und zugehörigen Bohrungen
ergibt sich für zwei belie bige Mitten Abb.128. Symmetrietoleranz.
K
stets die Forderung: t ~ 2.
Man kann also die Frage nach der richtigen Tolerierung von Mitten-
abständen wie folgt beantworten:
An jedem Werkstück darf die Abstandtoleranz ± t zwi-
schen zwei beliebigen Mitten
a) bei "Bohrungen und losen Bolzen" den Wert t = K,
b) bei "Bohrungen und festen Zapfen" den Wert t = ~
nicht übersteigen. Überschreitungen dieser Werte an einem
Stück müssen an allen anderen Stücken durch Unterschrei-
tun gen ausgeglichen werden.
Bei allen übrigen Lochabständen, die sich nicht hierauf zurückführen lassen,
und bei denen keine zwangläufige Abhängigkeit zwischen Kleinstspiel und Toleranz
besteht, wie z. B. Getriebegehäuse, Hebelbohrungen, Teilscheiben usw. sind tech-
nische Überlegungen und notfalls Toleranzuntersuchungen notwendig.
b) Lehren. Die Achse einer Bohrung ist etwas Gedachtes und deshalb
muß beim Prüfen eines Maßes, das sich auf eine Bohrungsmitte bezieht,
auf das körperlich Vorhandene, die Bohrungswandung, übergegangen
werden. Das gleiche trifft auf die Zapfenmitte zu, bei der sich die Messung
auch auf die Zylinderfläche beziehen muß. Deshalb ergeben sich für
Zapfenmittenlehren sinngemäß spiegelbildliche Verhältnisse.
Das einfachste Meßverfahren nach Abb.129, bei dem von einem ein-
gesteckten zylindrischen oder kegeligen Dorn aus die Maße a und c mit
gebräuchlichen Meßmitteln gemessen werden, und ähnliche Verfahren
106 Anhang: Ausgewählte Abschnitte aus dem Lehrenbau.

brauchen hier in Bezug auf Durchführung und Fehlerquellen nicht er-


örtert zu werden, weil sie nur für behelfsmäßige Messungen in Betracht
kommen, nicht aber bei der Mengenfertigung.
Mit der Lehre nach Abb. 130 wird im Grunde nur das Maß a in
Abb.129 gemessen. Der Dorn erhält das Kleinstmaß der Bohrung,
könnte aber ebensogut kleiner sein, wenn nicht
dadurch die Gefahr des Eckens der Lehre größer
würde. Die Lehre wirkt wie eine Rachenlehre
und die Rachenweite entspricht dem Größt- und
Kleinstmaß des Lochabstandes, abzüglich dem
Abb.129. Messung eines Dornhalbmesser. Liegt der Bohrungsdurchmesser
Lochabstandes mit Dom
und Schieblehre und nahe dem Ausschußmaß, so geht die Ausschuß-
Tiefenlehre.
seite hinüber, obgleich die Toleranz zahlenmäßig
noch nicht überschritten ist. Um das zu verhindern, muß die Ausschuß-
seite um die halbe Bohrungstoleranz enger gefertigt werden. Das hat
aber die Möglichkeit einer Toleranzüberschreitung nach Minus zur Folge,
wenn der Bohrungsdurchmesser an der Gut-
seite liegt.
Damit sind wir beim Kernproblem aller
starren Lochmittenlehren angelangt: der Aus-
wirkung der Bohrungstoleranzen auf die Ab-
standtoleranz. Eine ganz korrekte und gleich-
zeitig elegante undeinfacheMeßmöglichkeitfür
Lochmittentoleranzen gibt es nicht, soweit es
Abb.130. um die Erfüllung des Wortlautes der
Staue Lochabstandlehre.
Zeichnung geht. Aber es wird sich zeigen,
daß die meist gebräuchliche und beste Form der Lochmittenlehren,
die in Abb. 131 dargestellt ist, die wirklichen Anforderungen viel besser
trifft, als die Ziffer der Toleranzvorschrift es auszudrücken vermag.
Die Lehrenplatte wird auf das Werkstück
gelegt und an der Ausgangsfläche (rechts) an-
geschlagen. Im genauen Abstand m von der
Anschlagleiste befindet sich eine gehärtete
Buchse, in die ein Hilfsdorn ohne Spiel paßt.
Der Hilfsdorn ist um 2 t, also um die Gesamt-
toleranz, dünner als das Kleinstmaß der Werk-
Abb.l31. Lochabstandlehre stückbohrung. Wie man aus der Abbildung
mit Hilfsdorn.
ohne weiteres erkennt, kann die Bohrung nach
jeder Seite um den Betrag t abweichen. Ist die Abweichung größer, so
läßt sich der Hilfsdorn nicht in die Bohrung einschieben und dadurch
wird die Toleranzüberschreitung beim Meßvorgang sinnfällig angezeigt.
Hierbei muß nur darauf geachtet werden, daß sich die Lehre nicht
von der Anschlagleiste abhebt.
Lochmittenabstände. 107
Bei der Bemaßung des Hilfsdornes wird vom Kleinstmaß der Boh-
rung (Gutmaß) ausgegangen. Ist die Bohrung aber größer als dieses,
so hat sie mehr "Bewegungsfreiheit" um den Hilfsdorn herum; die
Zeichnungstoleranz wird zahlenmäßig über-
schritten. Ein Blick auf die Abb. 120-126
lehrt aber, daß t größer sein dürfte, wenn das
Spiel größer wäre. Das Spiel wird dadurch
größer, daß die Bohrung sich der Ausschuß-
grenze nähert. Entspricht, wie bei der Lehre
Abb.l31, die Vergrößerung der Abstandtole-
ranz genau der Vergrößerung des Spieles, so
ist der reibungslose Zusammenbau gesichert.
Der Durchmesser des Hilfsdornes ist gleich
dem Größtmaß des Werkstückbolzens, und
wenn jener sich einführen läßt, geht dieser
B-It
auch hinein. Die Lehre mißt die Maße a und
c in Abb. 129 gleichzeitig.
Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit, wie in
Abb.131, den Hilfsdorn zuerst in die Lehre ein-
zuführen und ihn dann in die Werkstückbohrung
eintreten zu lassen. Geht man umgekehrt vor,
so hat zunächst der Hilfsdorn in der Werkstück- Abb.132. Lochmitten-
lebte für zwei rechtwink-
bohrung Luft und das Einführen in die genau lige Koordinaten.
passende Lehrenbuchse macht Schwierigkeiten;
insbesondere an den Toleranzgrenzen geht das Meßgefühl verloren. Bei dem ge-
wählten Beispiel kann der Hilfsdorn sogar in der Lehre steckenbleiben und braucht
beim Messen nur verschoben zu werden.
Das Beispiel Abb. 131 ist für die Frage der Lehrenersparnis lehrreich. Auf
die Gutlehrung des Bohrungsdurchmessers kann oft verzichtet werden, denn der
Hilfsdornmuß hineingehen, damit das Stück für brauch-
bar erklärt wird. Eine Unterschreitung des Kleinst-
maßes der Bohrung ist möglich, sie geht aber auf
Kosten der Mittentoleranz und beeinträchtigt meist
nicht die Brauchbarkeit des Stückes. Die Ausschuß-
lehrung der Bohrung braucht nur vorgenommen zu
werden, wenn es auf einen den gegebenen Toleranzen
entsprechend guten Sitz des Bolzens in den Bohrungen
ankommt. Demnach wird in vielen Fällen die Anwen-
dung der Lochmittenlehre genügen.
Versieht man diese Lochabstandlehre mit Abb. ]33.
einer zweiten Anschlagfläche (Abb.l32), so kön- Quadratisches Toleranzfeld.
nen beide Koordinaten in einem Meßgang geprüft werden. Bedingung
ist nur, daß beide Maße m und n die gleiche Toleranz t haben, denn die
Verkleinerung des Hilfsdornes hängt in beiden Richtungen von der je-
weiligen Toleranz ab, und eine Verschiedenheit würde einen ovalen
Hilfsdorn bedingen. Die Forderung gleicher Toleranz in beiden Rich-
tungen deckt sich mit den Anforderungen des Zusammenbaues.
108 Anhang: Ausgewählte Abschnitte aus dem Lehrenbau.

Nach dem Wort la u t der Gerätzeichnung ist auch diese Lehre nicht
einwandfrei. Die Toleranzen von mund n dürfen nach einem Grund-
gesetz des Lehrenbaues, jede für sich, voll ausgenutzt werden. In
Abb. 133 sind die Toleranzfelder für mund n vergrößert dargestellt, und
man erkennt, daß für die Lochmitte ein quadratisches Toleranzfeld
entsteht .. Aus Abb.134 geht hervor, daß die Lehre nur ein kreisför-
miges Toleranzfeld zuläßt, und dieses (in Abb.134 gestrichelt) darf
auch nicht überschritten werden, wenn der
Zusammenbau ohne Nacharbeit gesichert
sein soll. Wiederum erfüllt die Lehre die tech-
nische Forderung besser, als es die Gerätzeich-
nung ausdrückt, diesmal mit einer Einschrän-
kung der Zeichnungsangabe.
Stehen die beiden koordinierten Maße nicht senk-
recht aufeinander - z. B. weil die Ausgangsflächen
be/ieb&e, äußersfe Logen schiefwinklig stehen - , so entsteht nominell ein rhom-
der WerisftldbolJrung benförmiges Toleranzfeld; die Lehre der beschriebenen
Abb.134. Kreisförmiges Art läßt aber nur ein solches von der Größe des ein-
Toleranzfeld. Die beschriebenen Kreises zu.
Mittelpunkte aller
Werkstückbohrungen in Mit der gleichen Lehrenart können auch
äußerster Lage liegen auf
einem Kreis. mehrere Löcher auf ihre richtige Lage geprüft
werden, wenn nur die Lochmittenmaße von den
gleichen Flächen ausgehen. Diese Bemaßungsart entspricht der Auf-
nahme in der Vorrichtung und die vielfach noch übliche Angabe von
Kettenmaßen ist demgemäß sowohl in vorrichtungs- als auch in lehren-
technischer Hinsicht unzweckmäßig.
Grundsätzlich kann der Hi1fsdorn auch als fester Zapfen ausgebildet werden,
hierbei muß aber auf gute Führung an der Anschlagfläche im Augenblick des Ein-
tauchens in die Bohrung geachtet werden. Bei den bisher gewählten Werkstücken
empfahl sich dies Verfahren nicht mit Rücksicht auf die Gefahr des Verkantens der
Lehre.
Schief gebohrte Löcher werden von Lehren dieser Art dann zurückgewiesen,
wenn an einer Stelle der Bohrung die Toleranz (im oben besprochenen Sinne) über-
schritten und dadurch der Zusammenbau in Frage gestellt wird.
Anstatt von Flächen auszugehen, kann auch von einer Ausgangs-
bohrung aus gemessen werden. Die Lehre wird in diesem Loch mit einem
Zapfen aufgenommen, der das Kleinstmaß des Werkstückes hat. Die
übrigen Zapfen werden um 2 t dünner ausgeführt. Dann entspräche das
Werkstück dem unteren Teil von Abb. 126. Die Austauschbarkeit wird
aber ebenfalls gewährleistet, wenn alle Zapfen gleich gemacht werden
(Gutmaß minus 2· t), und somit dem Wortlaut nach eine Überschrei-
tung der Zeichnungstoleranz zugelassen, aber den praktischen Bedürf-
nissen besser Rechnung getragen wird. Außerdem wird durch diese Maß-
nahme das Einführen einer mit festen Zapfen versehenen Lehre er-
leichtert.
Lochmittenabstände. 109
Bei Lehren für Zapfenabstände und bei Symmetrielehren für ab-
gesetzte Wellen werden die Buchsen der Lehre um den gleichen Betrag
größer, als die Zapfen einer Lochmittenlehre kleiner ausgeführt wer-
den müßten, z. B. an der Lehre zum Schlüssel in Abb. 127 erhalten beide
Buchsen den Durchmesser: Zapfendurchmesser + K. t
Aus den im vorstehenden über Lochmittenlehren (zu denen
auch die Zapfenmittenlehren im besprochenen Sinne zu rechnen
sind) angestellten Betrachtungen geht folgendes hervor:
Wenn der Konstrukteur in einer Gerätzeichnung die
Mitten von Bohrungen oder Zapfen durch je zwei tolerierte
Maße von der Form m ± t festlegt, so meint er damit, daß
um jede ideelle Mitte ein kreisförmiges. Toleranzfeld vom
Halbmesser t zulässig ist, weil nur durch dieses die Aus-
tauschbarkeit der Teile sichergestellt ist. Überschreitungen
dieses Toleranzfeldes sind nach Maßgabe der Ausnutzung der Durch-
messertoleranz zulässig. Die angegebene Toleranzschreibweise ist gleich-
bedeutend mit der Bemerkung auf der Zeichung: "Die Abstände der
Bohrungen müssen der Lehre Nr .... entsprechen."
Die beschriebene Mittenlehre läßt alle Abweichungen der verschieden-
sten Arten zu, die den Zusammenbau nicht gefährden.
Die Toleranz, mit der Lochmittenlehren gemeinhin ausgeführt
werden, beträgt etwa ein Zehntel der Werkstücktoleranz für den Loch-
oder Zapfenabstand. Die Zapfendurchmesser werden mit einer Toleranz
gefertigt, die in gleicher Weise wie beim Grenzlehrdorn der Bohrungs-
toleranz entspricht.
Für nicht zu große Maße (bis 100 mm) haben Versuche gezeigt, daß
beim Werkstück in der Mengenfertigung mit einer guten Vorrichtung
Toleranzen von ± 0,05 eingehalten werden können. Kleinere, bis zu
± 0,02, erfordern außergewöhnliche Maßnahmen und vor allem sorg-
fältige Überwachung und Instandhaltung der Betriebsmittel. Den an-
gegebenen Zahlen entsprechen Lehrentoleranzen von ± 0,005 bis
± 0,002.
Schrifttum.
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30. Schmidt, Die Abnutzung von Lehren. Würzburg: Konrad Triltsch.
Stichwortverzeichnis.
Die feUgedruckten Zahlen geben die Seiten an, auf denen die Begriffe erklärt sind.
Abmaß 6. Einschnitte 88.
---e, absolute Beträge der 22. Einzeltoleranzen, Aufteilung in 23, 31.
Abnutzung 75, 86, 87. Endmaß, Kugel 47, 73, 92.
- und Meßunsicherheit 72, 74. ---e, Parallel- 49, 50, 66, 73, 75,82.
- , zulässige 72, 90. ---e, Winkel- 50.
-sgrenze 89, 90. Endtoleranz 22.
-sprüfer 90, 91.
Abplattung und Meßunsicherheit 72. Farben 77.
Altern 75. Fehler, Meß- 71, 96 ff.
Aluminium 74. - -tafel 71.
Anpassen 19. Feinpassung 5.
Aufbiegung und Meßunsicherheit 72, 73. Fernrohr 41, 95.
Augenmaß 92, 93. Fertigung der Geräte 1.
Ausdehnungsbeiwert 75. - der Lehren 78.
Ausgangsfläche bei Maßeintragung 15. Flachpassungen 51 ff.
Ausschußlehre 5, 47 ff. Form, geometrische 46, 66, 72, 81.
Ausschußmaß 5. - (Toleranzfeld) 68.
Außermittigkeit 69, 70. - -grenzprüfung 43, 67 ff.
Aussuchen zusammenpassender Stücke - -messung 66 ff.
18. Funktion und Toleranz 11 ff.
Austauschbarkeit 19, 101 ff., 109. - -slehre und Einzeltoleranzen 16.

Berührungsfehler und Meßunsicherheit Genauigkeit der Meßinstrumente 35 ff.


72,73. Geräte, Fertigung der 1.
Beschriftung 77. - , Gestaltung der 1.
Betriebseinrichtungen 1. Gerätteil 1
Blechlehren und Formen 66. Gerätzeichnungen 1.
Bohrlehre 1. Gesichtssinn 92.
Brinellhärte 76. Gewinde 62 ff.
Brinellupe 43. - , identisches 64 ff.
Bronze 74. - , spielfreies 64 ff.
Buchsen für Hilfsdorne 87. - , zügig gehendes 64.
-s, Messung des dichtenden 62.
Cadmium 3. -s, - - kegeligen 62.
Compar 38. - -meßpunkt 65, 66.
- -rollenlehre 86.
DIN-Passungssystem 5, 8, 89, 94. GIeichdick 48, 58.
DIN-Toleranzen 72. Grenzfelder bei Toleranzen 23 ff.
-n, Zusammentreffen von 25.
Ebenheit 72, 76. Grenzmaß 4.
Edelpassung 5. - , oberes 5.
Einheitsbohrung 9, 10, 31. - , unteres 5.
Einheitswelle 9, 10, 31. Grobpassung 5.
Einsatzstahl 75. Größtmaß 5.
112 Stichwortverzeichnis.

Größtspiel 5. Lehre, Abnahme 89, 90.


Größtübermaß 6. - , Arbeits- 88ff.
Grundmaß 7. - , Ausschuß- 5, 47ff.
Gutmaß 5. - , Einstell- 91.
Gütegrad (DIN-Passungen) 5, 9. - , Einzel- 84.
- (Gewinde) 63. - , feste 32ff.
- , Festmaß- 32, 33, 54, 96.
Haarlineal44, 50, 56. - , Flach- 47, 73.
Hauptsatz, erster 21, 26, 104, 105. - , Form- 45, 67, 68, 80.
- , zweiter 23, 28, 105. - , Fühler- 50.
--es, Umkehrung des ersten 23. - , Gebrauchsbelastung einer 73.
Härte, Oberflächen- 74. - , Gegen- 90, 91.
-n der Lehren 82. - , Gut- 5,46ff.
-n der Meßflächen 86. - , Hilfs- 89.
Härteprüfung bei Lehren 76. - . Istmaß- 32, 33.
Hebel 37, 95 ff. - , Prüf- 90.
- , Winkel- 98. - , Revisions- 89, 90.
- -übertragung 95 ff. - , Schieb- 36, 77, 95.
- - und Festmaße 96 ff. - , Schraub- 38, 92, 94, 95.
- - - Istmaße 96 ff. - , Schwenk- 55, 67.
Herstellungsgenauigkeit 4. - , Symmetrie- 69, 109.
Herstellungstoleranz der Lehren 57, 72, - , Tiefen- 54 ff., 82, 92.
73, 80, 81, 82, 89, 90. - , Ur- 91.
- und Meßunsicherheit 72. -, unverstellbare 33.
--Preis 73. - , Verkantung einer 46,70.
Hilfsdorne, Buchsen für 87. - , verstellbare 33, 34.
- , Vielfach- 84, 90.
Interferenz 43. - , Vormaß- 34, 88.
ISA-Grundtoleranzen (Zahlentafel) 10. - , Vorweite einer 72.
- Passungssystem 3, 5, 9, 47, 72, 89, - , Werkzeug- 89.
90,94. - , Winkeltoleranz- 61.
- (Qualität) 5, 9, 10, 89.
- , Zeiger 66.
- Toleranzen 6, 72.
Lehrenarten 88ff.
Istmaß 4, 96. - , Kennzeichnung der 77.
IT (= Internationale Toleranz) 9.
Lehren, Ausführung der 74ff.
Kegel 3, 57 ff. - , Beschriftung der 77.
- Bemaßung 59 ff. - -bohrmaschine 39, 78.
- -ige Stifte 77. - , Entmagnetisieren der 76.
- -messung mit Tiefenmesser 62. - , Entwurf von 78.
Keil 38. - , Fertigung der 78.
Kennzeichnung der Lehrenarten 77. - für Lochmitten 105ff.
Kleinstmaß 5. - , Gewicht der 84, 94.
Kleinstspiel 5. - , Handhabung der 83.
Kleinstübermaß 6. - , Härten der 82.
Kollimator 41. - , Härteprüfung der 76.
Kopierverfahren 69. - , Herstellungstoleranz der 57, 72, 73,
Korrosion 75. 80, 81, 82, 89, 90.
Körperwärme 86. - , Instandhaltung der 87.
Kurzzeichen 8, 9, 10, 51. - , Justieren der 76, 79, 88.
- , Lebensdauer der 86.
Lack 77. - , Maßbeständigkeit der 77.
Längenmaße 2, 16, 32. - , Nacharbeit der 87.
Stichwortverzeichnis. 113
Lehren, Oberflächenhärte der 76. Meßmaschinen 40, 94.
-,Oberflächengüte der 76. Meßmaschine von Zeiß 43.
- , Polieren der 76. Meßmikroskop 66.
- , Schutzüberzug der 77. Meßscheibe 50, 73, 90.
-, Sonder- 34, 35, 40, 41, 93. Meßsicherheit 85.
- und Temperatur 3, 72 ff. Meßstellen, Vereinigung mehrerer 83.
-, Verchromen der 77. Meßuhr 38, 40, 45, 51, 56, 69, 92, 95, 96.
-, Verkleidung an 86. Messung, Flach- 51ff.
-, Vermessung der 82,90, 9I. -, Flankendurchmesser- 62.
-, Wärmebehandlung der 82. - , Form- 66ff.
Lehrenwerkstatt, Einrichtung einer 78. - , Gewinde 62ff.
Lehren, Werkstoffe der 74 ff. -, Kegel- 57ff.
Leichtmetalle 74. - , Strich- 35, 94.
Lichtspalt 45, 67, 68, 92. - , - mit Übersetzung 37ff.
Lichtstrahl 43. - , Symmetrie- 69ff.
Lichtwellen 3, 43. -, Tiefen- 8, 54 ff., 62.
Lochabstandmaße und Fertigungsrich- -, Vergleichs- mit Übersetzung 50.
tung 8. -, - ohne Übersetzung 43ff.
Lochmittenabstände 10I. - von Verzahnungen 70.
Lochreihe, Maßangabe bei 14. - , Winkel- 66.
Luftschicht 72. Meßunsicherheit 3, 71ff., 86.
Lupe 41,95. Meßverfahren, besondere 51ff.
Mikrolux 43, 45, 5I.
1,2. Mikrometer, Innen- 92.
Markenrisse 36, 69. Mikron 2.
Markenstriche 77, 78, 86. Mikroskop 39, 41, 43, 50, 66, 95.
Maß 4. Mikrotast 56, 95.
Maße, freie Bau- 18. Minimeter 38, 69, 92.
-, Hilfs- 18.
Nacharbeit der Geräte 19.
- , Ketten- 14, 108.
-, nichttolerierte 18, 20, 9I. - der Lehren 87.
Neigung 4.
-, Tolerieren der 16ff.
Nennmaß 6.
-, Zweck und Wichtigkeit der 17ff.
Maßeinheiten 2. Nitrierhärtung 75.
Maßeintragung, Ausgangsfläche bei 15. Nonius 36, 95.
- bei Geräten 10ff. Nullinie 8, 9, 72.
- und Reihenfolge und Art der Ferti- Oberflächengüte 73, 94.
gungsgänge 14. - der Lehren 76,77.
Massenfertigung, Prüfung bei 19. Oberflächenhärte 74ff.
Maßstab 35. Oberflächenzeichen 21.
Meßdraht 50. Optimeter 42, 45, 51, 92.
Meßdruck 3, 40, 72 ff., 92.
Meßdruckanzeiger 94. Paarung 10, 31.
Messen 32, 34. Parallaxe 94, 95.
Meßfehler 71, 96 ff. Parallelendmaße 49, 50, 66, 73, 75, 82.
Meßflächen, Härten der 86. Parallelität 72, 76.
-, Unterteilung der 79. - (Toleranz) 16.
- , Verchromen der 76, 86. Parallelreißer 50.
Meßgefühl56, 91, 107. Passameter 4I.
Messing 74. Paßeinheit (PE) 9.
Meßinstrumente, Genauigkeit der 35ff. Passimeter 4I.
Meßkugel 50. Pa ßstifte 77, 86, 87.
Leinweber, TolersDzen. 8
114 Stichwortverzeichnis.

Paßtoleranz 6. Taster 50.


Passung o. Tastsinn 44,91,92,93.
-en, Flach- 5lff. Tebo-Lehre 47.
-swesen 4, 5. Teilkopf, optischer 33, 43.
Platten, ebene 50. Teilung bei Verzahnungen 70
Polieren der Lehren 76. -swinkel 66.
Polierstoffe 76. Temperatur und Lehren 3, 72ff.
Preis und Toleranz 19, 20, 73. Toleranz 4, 72, 91.
Projektion 43. - der Zusammenbaumaße 13.
-sapparat 51, 66, 68. - , End- 22.
Prüfen 32. Toleranzen, Aufteilung in Einzel- 23.
Prüfung bei Massenfertigung 19. -, Ermittlung von - durch Versuche
30ff.
Qualität (ISA) 5, 9, 10, 89. -, Grenzfelder bei 23ff.
- eines Kegels 59.
Radialschlag (Toleranz) 16. -, Schreibweise der 6.
Ratsche 40, 94. -, Überbestimmung von 29.
Rechtwinkligkeit (Toleranz) 16. - , werkstattübliche 20.
Rockwellhärte 76. -, zu kleine 19.
Toleranzfeld 0, 22, 24, 68, 69, 72, 90,
Sacklöcher 87. 108, 109.
Schlag bei Zahnrädern 70. Toleranzgleichungen, Behandlung der
Schlichtpassung 5. 28.
Schmiermittelschicht 72. Toleranz, Größe der 19, 109.
Schmutznuten 85. - , Herstellungs- der Lehren 57, 72, 73,
Schraube 38. 80, 81, 82, 89, 90.
Schweißkonstruktion 81. Toleranzkette 21ff., 25.
Sehschärfe 92. - -kette, Auswirkungen einer 23.
Senkungen 88. Toleranzkurzzeichen 8, 9, 10, 51.
Sitz 6, 9. Toleranzriß 69.
Sitz, Übergangs- 6, 9. Toleranz, Summen- 22, 104.
- , Preß- 6, 9, 72. - , Symmetrie- 8, 30, 69, 70, 102, 104,
- , Spiel- 6, 9, 72. 105.
Sollmaß 4. - und Funktion 11 ff.
Spannmittel 86. - und Preis 19, 20, 73.
Spannungsrisse 82. - -untersuchungen 20ff., 25, 101, 105.
Sphärometer 38. - von Lochmittenlehren 109.
Spielo. - von Lochmittenabständen bei Ge·
- -freiheit und Massenfertigung 65. räten 101, 105.
- -schwankung 6. - -wesen 4.
Spion 50, 68. - , Winkel- 16, 66, 103.
Stahl 74. Tolerieren der Maße 16ff.
- , durchgehärteter 75. -, Über- 29.
-, Einsatz- 75.
Steigungsfehler 87. Unrundheit bei Zahnrädern 70.
Stichmaß 92, 93. Urmeter 2.
Stirnschlag (Toleranz) 16. Übermaß 6.
Streuung bei Messungen 71. Übersetzung 37, 95ff.
Strichmessung 35, 94.
- mit Übersetzung 37ff. Verchromen der Lehren 77.
Symmetrie 69. - der Meßflächen 76, 86.
Vergleichsmessung mit Übersetzung 50.
Stichwortverzeichnis. 115
Vergleichsmessung ohne Übersetzung I Winkelendmaße 50.
43ff. Winkelhebel 98.
Verkanten einer Lehre 46,70. - -maße 2, 3, 32, 33.
Verteilungskurve, Gaußsche 24. - -messer, optischer 33, 43.
Verzahnungen 70. - -messer, Universal 33, 37.

Wasserwaage 41. Zahndicke 70.


Wärme, Körper- 86. Zahnform 70.
Werkstoffes, Maßbeständigkeit des 75. Zahnräder 40,71.
Widia 74. Zirkel 50.
Winkel 50. 66.
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