Oberstes Zwanzigstel zahlt fast die Hälfte

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ANALYSE. SPÖ-Chef Babler setzt bei seiner Kampagne für „ein gerechtes Steuersystem“ eher auf Stimmungen als auf Ergebnisse.

„Von 100 Euro Steuereinnahmen sind 80 Euro von unseren Leuten, 20 Euro von den Reichen“, postet SPÖ-Chef Andreas Babler auf Twitter: „Deshalb brauchen wir endlich ein gerechtes Steuersystem in Österreich.“ Kritik an dieser Botschaft bleibt nicht aus. Tatsächlich kann man sich fragen, wie Reiche dazu kommen, sich dafür kritisieren zu lassen, dass Vermögen hierzulande kaum besteuert werden. Es mag nicht wenigen gefallen, dafür verantwortlich ist jedoch die Politik. Superreiche wie Hans-Peter Haselsteiner würden abgesehen davon sogar eine Erbschaftssteuer fordern, ÖVP, FPÖ und Neos sind jedoch dagegen. Mit ihnen könnte Babler die Auseinandersetzung suchen.

80% der Staatseinnahmen kommen von Steuern der arbeitenden Menschen. 20% der Steuereinnahmen resultieren aus Gewinnen und Vermögen. Diese Inflation ist profitgetrieben. 1/3 pic.twitter.com/YOXU5jV2pz

— Andi Babler (@AndiBabler) July 6, 2023

In einer Anmerkung zur eingangs erwähnten Aussage führt der SPÖ-Vorsitzende aus, wen er mit „unseren Leuten“ meint: Arbeitende Menschen. Während nur 20 Prozent der Steuereinnahmen aus Gewinnen und Vermögen resultierten, würden 80 Prozent der Staatseinnahmen von diesen kommen.

Was dabei untergeht, ist zum Beispiel ein wichtiger Aspekt bei der zweitgrößten Steuer, der Einkommensteuer, die gut ein Drittel des gesamten Steueraufkommens ausmacht. Sie kommt zum überwiegenden Teil von Leuten, die sich nicht Bablers „unseren Leuten“ zugehörig fühlen dürften. Gemeint sind etwa die obersten fünf Prozent aller Einkommensbezieher, die brutto auf 70.000 Euro und mehr pro Jahr kommen: Sie tragen 43 Prozent des gesamten Lohn- und Einkommensteuer-Aufkommens. Weitet man den Blick auf das oberste Achtel aus, kommt man bereits auf 60 Prozent des Aufkommens. Das ist der integrierten Lohn- und Einkommensteuer-Statistik der Statistik Austria zu entnehmen. Es entspricht dem progressiven Ansatz, wonach jeder so viel zahlt, wie er kann, gehört jedoch beachtet.

Für eine Gesamtrechnung muss man selbstverständlich auch Beiträge und andere Steuern berücksichtigen. Diesbezüglich sind nur Annäherungen möglich. Das Beispiel mit der Einkommensteuer zeigt jedoch, dass Babler seine Kampagne auch ganz andres aufziehen könnte: Es könnte Spitzenverdiener, von denen ein größerer Teil im umgangssprachlichen Sinne „reich“ sein dürfte, durchaus zu Partnern einer Steuersystemreform – zum Beispiel eben mit einer Erbschaftssteuer – machen. Auch wenn die Gruppe überschaubar bleiben würde, würde es sich um eine starke Lobby handeln.

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