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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 15.1914

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Nr. 7
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Fleischer, Oskar: Ritterliche Tonkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.32140#0165
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151


Mtterliche Tonkunst.

Von Prof. Or. OskarFleischer- Berlin.

'elch ein Abstand in der Kriegsführung von einst und jeht! And doch sind bei allem Wandel
gewisse Grundlagen unerschütterlich, und vieles, das der Willkür zu unterliegen und deshalb
leicht abänderlich erscheint, hat sich trotzdem nach dem historischen Beharrungsgesetze erhalten.
>Das sieht man bei der Kriegsmusik zum Greisen deutlich.

Von jeher haben sich die Neiter in den Heeren einer größeren Achtung und Begünstigung erfreut, als
die Fußsoldaten, ganz besonders da, wo sie ihr Pferd selbst zu gestellen hatten, wie z. B. im alten römischen
Heere. Cin aussälliger Anterschied zwischen Kavallerie und Infanterie spricht sich auch in ihrer Signal- und
Kriegsmusik aus.

Schon bei den Römern. Der Grund ist leicht ersichtlich. Aür die Reiter waren nur besondere, leicht
zu handhabende Signalinstrumente recht brauchbar, während sür die Außsoldaten eine solche Beschränkung
in der Größe und Tragbarkeit der Instrumente nicht so stark ersorderlich war. Daher bediente sich
die römische Reiterei des kleinen Lituus, einer Art Trompete, womit nach Ammianus Marcellinus die
Kaiser die Soldaten zusammenrusen ließen, wenn sie eine Ansprache halten wollten. Das Fußvolk aber
wurde durch den Klang der langen geraden Tuba oder der ziemlich großen bogensörmigen Buccina zu
den Fahnen gerusen und zum Kampse angefeuert. Beide, Tuba und Buccina, sieht man auf unserer
Abb.l22 dargestellt. Da der Lituus um eine Oktave höher stand als die Buccina, wie wir aus noch vor-
handenen Originalen seststellen können, so bestand schon im Altertum dasselbe Verhältnis zwischen den
Instrumenten der Ritter und Fußsoldaten, wie heute zwischen Trompeten als den Hauptinstrumenten
der Kavallerie und Hörnern oder Posaunen, als denen der Insanterie.

Diese römischeEinrichtung erhielt sich, weil sie natürliche, zwingende Gründe hatte, auch imMittelalter.

Im 13. Iahrhundert wird
uns in einer sranzösischen
Handschrist eine interessante
Mitteilung gemacht, die ich
hier in Abersetzung wieder-
geben will. „Es gibt in der
Legion Trompeter, Hornisten
und Posaunisten. DieTrom-
peter blasen, wenn die Reiter
(olievaliörch in die Schlacht
vorrücken, und ebenso, wenn
sie wieder zurückgehen sollen.
Wenn die Hornisten blasen,
gehorchen und bewegen sich
diejenigen, welche die Kriegs-
zeichen(Fahnen) tragen,nicht
aber die Neiter. Allemal,
wenn die Neiter ausbrechen
sollen, um irgendeinen Be-
fehl auszuführen, blasen die
Trompeter, und wenn die
Fahnenträger (Fußsoldaten)

Abb. 122. Römische Tubenbläser und Buccina-
toren von der Trajanssäule in Nom.

sich in Bewegung setzen sollen,
blasen die Hornisten."

Die Trompeten waren also
ritterliche Musikinstrumente;
dem Fußvolk gehörten die
Hörner zu.

In derselben Zeit, im 13.
Iahrhundert, findet man in
Frankreich auch ein anderes
ritterliches Musikinstrument er-
wähnt, die kleine Kesselpauke
oder Nacaire (nuguaütz), von
der das Lexikon der Crusca
sagt, daß es dem Tambour
ähnlich sei, aber zu Pserde ge-
spielt werde. Es hat auch im
Abendlande seinen arabischen
Namen nalcarieli behalten.
Gewöhnlich werden zwei ge-
schlagen, rechts und links am
Pserde hängen sie, genau so
wie heute noch die Kessel-

pauken unserer Garde-Kürassiere, wie man es auch auf der Abbildung eines Paukenschlägers der Ka-
vallerie zu Ludwigs XIV. und XV. Ieiten (Fig.123) sehen kann. Die Kreuzfahrer brachten, wie es scheint,
dieses Tonwerkzeug — zum wenigsten seinen Namen — mit aus dem Orient. Es blieb seitdem ein
Instrument der Kavallerie, im Gegensatz zu den Trommeln der Landsknechte als Signal- und Marsch-
 
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