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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

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Lasser, Moritz Otto von: Die künstlerische Reform der Drucksache: "Das Monosystem"
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https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0308

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DIE KÜNSTLERISCHE REFORM DER DRUCKSACHE
„DAS MONO-SYSTEM".

Es gab eine Zeit, in der kaum der eine oder
andere Künstler sich herbeiließ, sein
Können in den Dienst des Plakats zu stellen.
Heute aber sind wir entrüstet darüber, nicht
durchgehends künstlerisch wertvolle Plakate
zu sehen. Erste Künstler sind nun in diesem
Genre tätig, und selbst zu Ausstellungen hat
es dieses schöne Gassenkind gebracht.

Nicht so gut liegen die Verhältnisse auf
einem verwandten (jebiete. Das Plakat im
Kleinen, das Inserat, erfreut sich nämlich
selbst heute noch nicht jener künstlerischen
Fassung, die wir nach gerade schon beim
belanglosesten Ding heischen; häufig genug
stößt es sogar direkt ab. Die wenigen guten
Inserate in Tages- und Fachzeitungen — wir
meinen jene, die illustrativ und auch sonst
auf der Höhe sind — bilden ebenso glän-
zende Ausnahmen, als jene Herren Chefs, die
sie in Auftrag gaben.

Was soll man aber zu all den Broschüren,
Flugschriften, Katalogen, Prospekten, mit
einem Worte zu den diversen Drucksachen
sagen, die einem täglich ins Haus flattern ?

»Darüber verlohnt es sich gar nicht zu
reden«, höreich manchen Leser urteilen, und
er hat recht. Freilich auch wieder nicht;
denn hätten wir nicht immer zu der Ge-
schichte geschwiegen und wären wir vielmehr
diesen Erzeugnissen schon vor zehn Jahren
energisch entgegengetreten, es müßte gegen-
wärtig anders aussehen.

Man sage nur nicht: »Ach was, solche
Dinge haben ja gar keine Bedeutung!« Alles
hat Bedeutung auf der Welt, und ebenso kann
alles zu etwas Hübschem werden, wenn man
dem ernstlich nachgeht. Aber nicht nur das;
sehr häufig kostet das hübsche Ding nicht
mehr als das häßliche, wenn es nicht noch
weniger kostet . . . Denn das Schöne zieht
immer, laut und leise seine Kreise, und man
vergißt es nicht und holt es wieder hervor;
das geschmacklose Zeug ist man aber gerne
recht bald und für immer los.

Man darf das, was ich über Plakat, Inserat
und Drucksachen sagte, als eine Präludie zu
meinem eigentlichen Thema — dem »Mono-
System« — auffassen. Das von dem Schweizer
Redakteur K. W. Bührer erfundene System
stellt in der Tat einen nicht gering zu ver-
anschlagenden kulturellen Wert dar. Strebt

doch das Unternehmen nicht mehr und minder
an, als jeder Drucksache eine geschmack-
volle, eine gediegene Erscheinung zu sichern.

Das Mono-System will eben alle möglichen
Drucksachen in Karten- und Broschürenform
in einem handlichen Einheitsformat (n'/a
X i61/2 cm) herstellen und durch Aufdruck
von ebenfalls einheitlich durchgeführten, leicht
verständlichen Registraturvermerken den
vielgestaltigen Druckschriften des Ge-
schäftes, Druckschriften der Behörde,
Druckschriften des Privatmannes und
Druckschriften des Vereins eine mühe-
lose Aufbewahrung, eine ebenso schnelle
als peinliche Ordnung bei großer Raum-
Ersparnis sichern. Durch die technische
Vollendung und künstlerische Ausgestaltung
jeder einzelnen Drucksache soll die Freude am
Schönen in die breitesten Schichten des
Volkes getragen werden.

Die im Kunstgewerbeverein zu München
veranstaltete überaus reichhaltige Mono-Aus-
stellung hat die Durchführbarkeit dieses Pro-
gramms unwiderleglich bewiesen.

Man sah eben einmal Einheitlichkeit, wo
sonst Chaos, man sah den ehrlichen Willen
zur künstlerischen Tat, wo sich früher Bor-
niertheit , Aufdringlichkeit, Geschmacklosig-
'keiten aller Art die Hände zum Bunde ge-
reicht hatten.

Auch die Texte, welche die Rückseite der
Monos aufweisen, möchte ich nicht unberührt
lassen. Sie sind knapp gehalten, aber instruk-
tiv, und gerade deshalb darf man ihnen etwas
von dem Wert lexikalischer Beiträge zusprechen.

Ferner mag auch über die geschäftliche
Seite des breit angelegten Unternehmens ein
Wort einfließen. Ich berichte also, daß die
Internationale Mono - Gesellschaft
ihren Sitz für Deutschland, Österreich-Ungarn
und Luxemburg in München, für die
Schweiz in Winterthur hat.

Besser übrigens als alle Worte werden
kommende Tage den Leser über den Wert
von Bührers Erfindung belehren. Denn da
die Monos unmittelbaren Anschluß an die
täglichen Bedürfnisse des Lebens, d. h. des
modernen Menschen haben, so wird Jedermann
sehr bald seinen eigenen Standpunkt ihnen
gegenüber einnehmen können.

MORIZ OTTO BARON LASSER-MÜNCHEN.
 
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