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Cin unparteiischer Lhorug.


Wohl dem Beamten, der ohn' Widerstreben
Dem Rückschrittler dal seine Stimme gegeben;
Denn die Regierung will ibm wobl:
Immer hat er ein Hubn im Topfe
Und zum Huhn den geschmorten ,'iobl.
Der Geächtete deißr er, der Hochgeschätzte,
Im Volköverein gilt er als Autorität.
Freundlich grüßt ihn der Vorgesetzte
pnd erkundigt sich, rrie'S ihm geht.
Häufig auch ladet man ibn ein.
Und zu der duftenden Fremdencigarre
Ouillt ihm im Becher der lieblich klare
Dunkelpurpurschäumende Wein.
Zulage kriegt er von Zeit zu Zeit;
Sau'end kommt der Orden gezogen,
Und der Titel macht vor dem Namen sich breit;
Denn die Behörden sind ihm gewogen
Und er stützt sich auf die Gewalt.
Wie im Spiele klimmt er vergnügt und beiter
Empor aus des Amts beschwerlicher Leiter,
Und in Ebren und Würden wird er alt —
Wenn nicht vielleicht — waS der Himmel verhüte —
Der Sturm ihn knickt in der schönsten Blüthe,
Und wie der Donnerschlag, der gräßlich rollende,
Die Regierung kommt, die ihm unwoblwollende:
Ja, dann freilich war' er schön blamirt!
Aber wer wein, ob das jemals pafsirl?
Weh dem Beamten, der vom Wühler verleitet.
Seine Stimme dem Mann gab. der vorwärts schreitet;
Denn die Regierung will ihm nicht wobt!
Auf dem bescheidenen Schreiberpot'len
Kann er versauern, kann er verrosten;
Und des Hungers nagende Ratte
Frißt auf das Haupt ibm die glänzende Platte,
Und die Wangen werden ibm hobt.
Der Vorgesetzte behandelt ihn raub:
Im Bureau muh er in der Zugluft sitzen
Oder am glühenden Ofen schwitzen.
Kommt er nach Haus, so empfängt ibn die Frau,
Tie von den hungernden kleinen umwiinmelte,
Und der kalte O'en grinst ihn an;
Und zum Abendbrot eine verschimmelte
Rinde erwartet den Unglücksmann.
Also verlebt er in Roth und Plage
Kummervoll «'eines Da'einS rage —
Wenn ni.br vielleicht ein fortschrittlich denkendes
Ministerium kommt, ein ibm Wohlwollen schenkendes.
Za. dann freilich i«'t er schön heraus!
Aber danach siebt die Lage nicht aus.
Wem die Götter die Mackck in die Hände gaben.
Er kann tbun, weß' sein Herz gelüstet;
Aber es gibt Messer, die zwei Schneiden haben.
Tarum lob' ich das Maß und die holde Mitte;
Denn das Unglück schreitet mir schnellem Schritte:
Wer gestern groß war. ist beute matsch;
Portefeuilles zerstieben. Svsteme wanken!
Aber bocb über dem Wechseln und Schwanken
Steht er — nicht ER. sondern —
K l a d d e r a d a t s ch.

Ter Kutscher des Actcnwageus einer hohen'(Gerichtsbehörde soll sich be
klagt haben, nicht darüber, daß ihm an den Wagen gefahren wird, sondern
im Gegentbeil — daß Alles ibm ausweicht.

8- 84.
Dein Obertribunal «eil bei keinem Beschluß über den §. S4. ein schlecht
eorrigirter Abdruck der Bersasiung Vorgelegen haben, in welchem der betreffende
Artikel also lautet:
8.84. Sie können für ihre Abstimmungen in der Kammer, niemals für
ibre darin ausgesprochenen Meinungen nur innerhalb der
Kammer aus Grund der Geschäftsordnung, zur Rechenschaft ge-
zogen werden.

DaS Grünberger Wochenblatt bringt in seiner Nr. 11. <vom
18. Februar d. Z.) wörtlich felgende Anzeige:
Ich warne biermil Jeden, Keinem, er sei wer er wolle, ohne
meine Einwilligung etwas zu tergen, da ich keine Zahlung leiste.
Grünberg, den 18. Februar 1866.
Der Färbcrmeister Earl Decker.
Aus Grund dieses ErlaffeS «ollen sowohl Mexikaner als Oesler-
reich isebe Loose in den nächsten Tagen einer erheblichen Baisse entgegemeben.
da. wie man sich an der Börse zuslüstert, diese Anleihen leider ebne die
Einwilligung des Färbermeisters Earl Decker in Grünberg
contrabirt «'ein sollen.

Die liberalen Zeitungen (selbst daS Decker'scke FremdenblarN bringen
fortwährend kleine Geschichrck'en von einem jrüheren Militär, einem alten Herrn
von Schmeling, welcher täglich aus osiener Friedrichöstraße den nickt mehr
ungewöhnlichen Weg der öffentlichen Anleihe einzuschlagen pflegt. Wie
wir aus innerster Ueberzeugung versichern können, ist das Ganze ein ,,Wahl-
manövcr" der Fortschrittspartei, um das Herrenhaus herabzufetzen und das
bürgerliche Abgeordnetenhaus in Ansehen zu bringen.

Zuckt, Sitte. Moral, Glaube —das waren am Schluffe SEINER
Thronrede die Haupt werte. Und nun ist — Theresa das Zeitwort!

Der Papst bar den Fastenpredigern eingeschärft, daß sie den Gläubigen
die Verachtung des Irdischen einschärfen sollen. Man hat darüber vielfach
gespöttelt und gesagt, eS stehe das im Widerspruche zu dem Bemühen deS
päpstlichen HofeS, eine Anleibe zu Stande zu bringen. Wir denken, es
ist durchaus consequent, wenn die Gläubigen ermabnt werden, ihr Vermögen
nickt mehr in Renten oder gewagten Geschäften, sondern in — PeterS-
pfennigen anzulegen.

„DaS Französische Volk genießt der ausgedehntesten bürgerlichen Freiheit
und einer so weit gehenden Gedanken Ausbreitung, daß bisweilen durch Ein-
schreiten der Gerechtigkeit ihrer Verwegenheit gegen Personen, Sitten und
Religion Einbalt gerban werden muß."
Dieser in der Adresse des Französischen Senats enthaltene Pasius soll aus
die Noteniängeiin'1 Tberesa einen so tiefen Eindruck gemacht haben, daß
sie entschlossen sein dürste, den Einladungen deS Kaisers nicht mehr — dagegen
der Kaiserin zur Buße nach Rom zu folgen.

Sogleuch Seune Oexcöllönz Herr Gras von Büsmarck bcweust:
Eun Hörzogthum üft kenn Reuck —
haben dock dü Geste ün düser Reftauraßion von Frank Röcht, wenn sü
bebauptcn: Gorken ist kenn Eompot!
_ Zwickauc r.

ER ist in SEINER Antwort aus die Thronrede auch bis zu der
„Pvramide" gekommen, an deren Aufbau ER arbeiten will. Die Pvra-
«niden sind bekanntlich — Gräber der Despoten.

E x (i f 5 r ll n g.

Die nachstehenden. ohne Voraussicht abnormer Zustände von mir in
müßiger Stunde verfaßten Verse:
„Wer in der Well ist frei von allen Banden?
Wir sind gebunden Alle, wie wir sind!
Im Hause binden uns der Liebe Pflichten;
In der Gesellschaft bindet uns die Sitte;
Im Staate bindet uns das Staatsgesetz,
Und die Nothwendigkeit in der Natur;
Ja, selbst die e«v'gcn Geister sind gebunden.
Denn ein Gesetz muß sein, nach dem sie sind!" —
erkläre ick nachträglich, da es doch Existenzen gibt, welche durch kein
Gesetz gebunden sind, für eine — muffige Erfindung.
Raupach. Interpret a. D.

') Sollte taS N nickt ein Z sein?

Der Setzer.
 
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