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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 6.1932

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Nr. 36 (4. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44980#0209
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4- SEPTEMBER 1932

VI. JAHRGANG, Nr. 36

D I E


ART/theWORLD

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT

NST
LMONDE^AKTS

DAS INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT

Erscheint jeden Sonntag im We 11 ku n s t - Ver 1 a g , G. m. b. H.,
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WERTHEIM-BIBLOGRAPHIKON
Inh. Dr. Hans Wertheim Alt© Graphik / Gotik bis Biedermeier Berlin W9, Lennestr. 7. Lützow 4512

China und Japan
in der Kunstkammer
der Brandenburgischen Kurfürsten
Von Dr. L. Reidemeister
Kustos an den Ostasiatischen Kunstsammlungen Berlin

Die Ostasiatische Kunstsammlung der
Staatlichen Museen wird in diesem Monat eine
jteine Sonderschau eröffnen, die vergessene
-Stände des Völkerkundemuseums zu neuem

zwischen Brandenburg-Preußen und dem
fernen Osten gelüftet. Sie bewiesen spontan,
daß schon die Kurfürsten von Brandenburg im
17. Jahrhundert als Auftraggeber auf dem
Kunstmarkt in Ostasien


eine Rolle gespielt
haben. Dank der ge-
nauen Buchung der
Neueingänge in die
Kunstkammer zur Zeit
Friedrichs III. unter der
Leitung des tüchtigen
Christoph Üngelter wis-
sen wir jetzt, daß der
Kurfürst diese Schilde
am 15. Februar 1690 in
die Kunstkammer ein-
lieferte. Möglich, daß
der 1688 verstorbene
Große Kurfürst sie
noch in Japan bestellt
hat. Diese Schilde sind
aber nicht nur kul-
turhistorische Kuriosa
ersten Ranges, sondern
in ihrer hohen künst-
lerischenQualitätW erke,
wie sie eine Export-
kunst nur selten hervor-
gebracht hat.
Um diese beiden
Schilde, die ihren ehr-
würdigen Stammbaum
an der Stirn tragen,
hat sich durch archiva-
lische Nachforschungen
eine Reihe anderer

Dinge geschart.
Es ist bekannt, daß
der Große Kurfürst vor
allem aus kolonialem
und handelspolitischem
Beziehungen zum fernen

erweckt und ihnen durch Aufdeckung
Stammbaums besondere Bedeutung ver-
Die Ausstellung umfaßt kunst-

S child mit dem Kurfürstlich-Brandenburgischen Wappen
Gelacktes Holz. Japan, um 1690
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Berlin, Ostasiatische Kunstsammlungen

Interesse dauernde
Osten unterhalten hatte. Seit seiner Studien-
zeit in Holland (1634—35), das damals im
Zeichen der aufblühenden Ostindischen Kom-
pagnie stand, hat er diese Interessen gepflegt.
Nach dem Scheitern seiner Pläne, selbst eine
ostindische Handelsgesellschaft zu gründen,
haben ihm Kommissionäre in Batavia, die in
Diensten der Holländischen Ostindischen Kom-
pagnie standen, durch Jahre hindurch asiati-
sche Antiquitäten und Merkwürdigkeiten be-
sorgt.
Einiges von diesen ostasiatischen Ankäufen
des Kurfürsten kann in der kommenden Aus-
stellung gezeigt werden. Es sind Arbeiten in
Speckstein, damals für eine Art Marmor oder
Chalzedon gehalten, Nashornbecher und vor
allem eine kleine Schale in der Form eines
halben Granatapfels „ex lapide Nephrictico“,
die durch ein Inventar aus dem Jahre 1688 für
die Sammlung des Großen Kurfürsten ge-

ken
/es
®*ht. Die Ausstellung umfaßt kuuov-
r/‘'verbliche Arbeiten Chinas und Japans,
fj1.6 Friedrich Wilhelm, der Große Kur-
vst, und sein Sohn Friedrich III., der
jNtere erste König von Preußen, für die
q/stkammer gesammelt haben. An Pracht
»yeh die gleichzeitigen fürstlichen Sammlun-
Ä'stasiatischer Kunst leicht zu übertreffen,
diese kleine, äußerlich unscheinbare
(k Füllung einen hohen dokumentarischen Wert
denn das Gezeigte ist durch zeitgenössi-
^.e Inventare und archivalische Nachrichten
das genaueste belegt.
japanische gelackte Holzschilde mit
ity Kurfürstlich-Brandenburgischen Wappen
’°ldrelieflack (s. Abb.), die bei Aufräu-
^Larbeiten. im Depot des Völkerkunde-
StJ?6Unis wieder auftauchten, haben den
6ier von den vergessenen Beziehungen

sichert sind. Die letztgenannte chinesische
Jadeschale darf in Ermangelung anderer da-
tierter Jadearbeiten des 17. Jahrhunderts be-
sonderes Interesse beanspruchen.
Von fünf chinesischen Porzellanfiguren, die
die Kunstkammer zur Zeit Friedrich Wilhelms
enthielt, haben sich vier wieder auffinden
lassen: Zwei Biskuit-Figuren des vergnügten
Glücksgottes Pu-tai sind als Vorbilder der so-
genannten Pagoden der europäischen Porzel-
lane von Bedeutung. Eine achtzehnarmige
Kuan-yin aus _ weißglasiertem Fukien - Por-
zellan ist wohl wegen ihrer ikonographischen
Merkwürdigkeit für die Kunstkammer erwor-
ben worden; da diese Fukien-Porzellane bis in
die neueste Zeit hergestellt wurden, was eine
Datierung im allgemeinen erschwert, ist diese
Blanc de Chine-Kuanyin des 17. Jahrhunderts
auch heute noch kunsthistorisch bedeutsam.
Das letzte der wieder aufgefundenen Porzel-
lane, die im Inventar von 1688 beschrieben
sind, ist ein figürlicher, lichtblau glasierter
Sockel für eine Gottheit, der in der Feinheit
seiner Modellierung gegenüber der heimischen
Fayencekunst als ein kleines Wunderwerk er-
schienen sein mag. Die Tatsache, daß alle
diese Porzellane durch
eine glückliche Fügung
noch die Nummern des
Inventars von 1688 am
Boden tragen, zerstreut
jeden Zweifel, den eine
Identifizierung, ledig-
lich auf Grund der Be¬
schreibung, aufkommen
lassen könnte.
Es ist ein glücklicher
Zufall, daß unter der Re¬
gierung Friedrichs III.
die rege Sammeltätig¬
keit für die Kunst¬
kammer mit einer lei¬
denschaftlichen China-
und Japanmode zu¬
sammenfällt; die Kunst
Ostasiens stellt daher
einen wesentlichen Teil
der damaligen kur¬
fürstlichen Erwerbun¬
gen.
Friedrich III. hat der
Kunstkammer nur ein
einziges chinesisches
Porzellan hinzugefügt.
Auch dieses ist wieder
aufgetaucht und stellt
das wichtigste Stück
der Ausstellung dar. Es
ist ein kleiner Kelch der
Wan-li-Zeit (um 1600)
mit einer unendlich
feinen Durchbrucharbeit
(Abb. S. 2). der in mehr¬
facher Hinsicht von
großer Bedeutung ist.
Kulturhistorisch be-
trachtet ist er der Inbe¬
griff aller Kunstkam¬
merobjekte, für deren
Wertung galt, „daß, je
schwerer eine Materie
an und für sich zu be¬
arbeiten, um desto mehr
die Rarität und Kunst
dabey zu admiriren
sey“; kunsthistorisch
gehört er zu einer der
seltensten Gruppen des

chinesischen Porzellans, wie sie zuweilen die
Holländer des 17. Jahrhunderts auf ihren Still-
leben dargestellt haben.
1693 hat der Kurfürst von der Holländi-
schen Ostindischen Kompagnie ein chinesi-
sches gelacktes Schränkchen erworben, das wir
ebenfalls ausstellen können. Es ist ein Koro-
mandellack (so genannt nach der Küste Koro-
mandel in Vorderindien, von der aus diese
Lacke nach Europa verschifft sein sollen), d. h.
geschnittener und bemalter Lack, wie er haupt-
sächlich aus großen, zwölfteiligen Setzschirmen
bekannt ist. Den Berliner Kunstkammerbe-
sucher aus dem Ende des 17. Jahrhunderts mag
die gelackte Außenseite des Schränkchens
wenig interessiert haben; er hat mehr das
Innere bewundert: ein ganzes buddhistisches
Pantheon in Pavillons und unter Baldachinen
mit allerhand Menschen und Tieren, die ein
Uhrwerk bewegt.
Eine große Seltenheit ist ferner ein chine-
sisches Prunkbett, das nachweislich 1710 in die
Kunstkammer kam. Es ist damit ein ge-
sichertes Möbel der K’ang-hsi-Zeit und ein
wichtiger Beitrag zur Geschichte des chinesi-
schen Möbels.


Gelackter Kabinett-Schrank. Japan, um 1700
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Berlin, Ostasiatische Kunstsammlungen

Brunner qa^ new-York
55, East 57th Street
 
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