Gemäß § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist.

HINWEIS I – ÄNDERUNGSVEREINBARUNG?
In dem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters liegt zugleich ein Angebot zum Abschluss einer Mieterhöhungsvereinbarung nach §§ 558, 558a BGB. Hierbei handelt es sich um einen Antrag auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Mit der Zustimmung des Mieters, die als Annahme eines solchen Änderungsantrags zu werten ist, kommt eine den bisherigen Mietvertrag abändernde Mieterhöhungsvereinbarung zustande.
Eine bestimmte Form der Zustimmung ist nicht vorgeschrieben. Während das Erhöhungsverlangen des Vermieters in Textform zu erklären und zu begründen ist, hat der Gesetzgeber hinsichtlich der Erklärung der Zustimmung ein entsprechendes Formerfordernis nicht aufgestellt. Der Mieter kann sie daher sowohl ausdrücklich als auch konkludent erteilen. Jedenfalls eine mehrmalige vorbehaltlose Zahlung des erhöhten Mietzinses kann als schlüssig erklärte Zustimmung des Mieters gewertet werden.

HINWEIS II – WIDERRUFSRECHT?
Ein Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen im Hinblick auf eine Zustimmungserklärung zu einer vom Vermieter verlangten Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558a Abs. 1, § 558b Abs. 1 BGB) ist nach der Rechtsprechung nicht gegeben.

Gemäß § 558a Abs. 1 BGB ist das Erhöhungsverlangen in Textform (§ 126b BGB) zu erklären und zu begründen, wobei gemäß § 558a Abs. 2 BGB zur Begründung insbesondere auf die folgenden Begründungsmittel Bezug genommen werden kann:

  1. Auf einen Mietspiegel (§§ 558c, 558d),
  2. eine Auskunft aus einer Mietdatenbank (§ 558e),
  3. ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen,
  4. entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen (hierbei genügt die Benennung von drei Wohnungen).

In einem aktuellen Urteil hat sich der Bundesgerichtshof mit dem vorstehenden Begründungsmittel Nr. 1 befasst: Dem Mietspiegel. Welche Eignung hat dieser, wenn er veraltet ist?

  • Das Gesetz geht grundsätzlich von einem Aktualisierungserfordernis für Mietspiegel innerhalb einer Frist von zwei Jahren aus (§ 558c Abs. 3, § 558d Abs. 2 BGB).
  • Andererseits gestattet das Gesetz zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens grundsätzlich auch die Bezugnahme auf einen veralteten Mietspiegel, wenn bei Abgabe des Mieterhöhungsverlangens des Vermieters kein Mietspiegel vorhanden ist, bei dem die Vorschriften zur Aktualisierung eingehalten sind (§ 558a Abs. 4 Satz 2 BGB).
  • Das Gesetz setzt für die Heranziehung eines veralteten Mietspiegels keine Höchstgrenze für das Alter fest.

Der BGH hält nun fest, dass das Alter des Mietspiegels nicht bedeutungslos ist. Der Vermieter kann nicht einen beliebig veralteten Mietspiegel zur Begründung seines Mieterhöhungsverlangens heranziehen, nur weil ein neuer Mietspiegel nicht erstellt beziehungsweise eine Aktualisierung nicht vorgenommen wurde. Das bestehende Aktualisierungserfordernis setzt sich grundsätzlich durch.

Für die formelle Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens kommt es deshalb auch bei einem veralteten Mietspiegel darauf an, ob diesem (noch) ein in § 558a Abs. 1 BGB vorausgesetzter Informationsgehalt zukommt.

Die in § 558 Abs. 2 BGB genannten Wohnwertmerkmale, nach denen sich die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete für eine Wohnung richtet, unterliegen typischerweise mit fortschreitender Zeit einem Wandel. So können etwa im Laufe der Zeit bestimmte Einrichtungen, die einer Wohnung besonderen Wert verleihen und deshalb Gegenstand eines Mietspiegels sind, zur Standardausstattung werden. Auch kann die Bewertung einer (Wohn-)Lage durch mit der Zeit auftretende strukturelle Veränderungen beeinflusst werden.

BGH

Entsprechende Veränderungen können bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete anhand eines nicht aktualisierten Mietspiegels naturgemäß keine Berücksichtigung finden. Dies führt nach dem BGH dazu, dass es dem Mietspiegel insoweit am notwendigen Informationsgehalt fehlt und deshalb eine Entscheidung über die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens nicht getroffen werden kann, weil sie zu einem ganz erheblichen Teil auf bloßen Mutmaßungen bezüglich der Art und des Umfangs der Veränderungen beruhen würde.

HINWEIS ZUM BERLINER WOHNUNGSMARKT:
Relevant ist diese Rechtsprechung insbesondere auch vor dem Hintergrund des in Berlin geplanten MietenWoG (Mietendeckel), das nebenbei das Mietspiegelsystem ausschaltet und nach dem derzeit geplanten Auslaufen des Mietendeckels nach 5 Jahren den aktuellen 2019er Mietspiegel allenfalls als veralteten und einfachen Mietspiegel mit für eine dynamische Stadt fraglichen Informationsgehalt zurücklässt. Die Gesetzesbegründung nimmt dies ausdrücklich in Kauf und verweist die Mietvertragsparteien auf andere Begründungs- und Überprüfungsmittel, z.B. auf die Heranziehung von drei Vergleichswohnungen.

Der BGH verweist den Vermieter in einem solchen Fall, in dem er sich nicht auf einen veralteten Mietspiegel berufen kann, darauf, sich zur Begründung seines Erhöhungsverlangens der weiteren gesetzlich vorgesehenen Begründungsmittel zu bedienen, etwa der Benennung von drei Vergleichswohnungen gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB. Auch hierzu hatte der BGH erst kürzlich seine Rechtsprechung konkretisiert:

  • Die an die „Vergleichbarkeit“ der zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens genannten Wohnungen zu stellenden Anforderungen sind dahin geklärt, dass ein großzügiger Maßstab anzulegen und eine Übereinstimmung oder gar „Identität“ in allen wesentlichen Wohnwertmerkmalen nicht zu fordern ist.
  • Der Mieter soll (lediglich) in die Lage versetzt werden, der Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens nachzugehen und die begehrte Mieterhöhung zumindest ansatzweise nachzuvollziehen.
  • Ist ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen gegeben, so hat der Tatrichter materiell-rechtlich zu überprüfen, ob die konkret vom Vermieter verlangte Mieterhöhung nach § 558 BGB tatsächlich berechtigt ist, insbesondere ob die neue Miete innerhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. 
  • Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch einen Sachverständigen, dessen Unterstützung sich der Tatrichter bedient, kommen unterschiedliche wissenschaftliche Bewertungsmethoden in Betracht. Die Wahl einer bestimmten Bewertungsmethode ist generell dem – insoweit sachverständig beratenen – Tatrichter vorbehalten.

Allerdings kann auch das auf nicht unerhebliche Schwierigkeiten stoßen.

Meist ist es nicht möglich, durchgängig auf gleichartige oder gar weitgehend identische Vergleichswohnungen zurückzugreifen. Die Beteiligten stehen daher in Gemeinden ohne Mietspiegel vor beträchtlichen Schwierigkeiten, „vergleichbare“ Wohnungen zu finden.

BGH

Qualitative Unterschiede der Vergleichswohnungen zu der zu beurteilenden Wohnung müssen berücksichtigt werden, um die Vergleichbarkeit herzustellen. Es ist somit nicht immer vermeidbar, bestehende Unterschiede zwischen den Vergleichswohnungen und der Wohnung des jeweiligen Mieters auszugleichen. Den Ausgleich vorhandener Unterschiede kann der Sachverständige auf verschiedene Weise vornehmen, etwa prozentual oder durch absolute Beträge. Auch die Verwendung eines Punktesystems ist nach dem BGH möglich. Soweit dabei auf veröffentlichte Untersuchungen oder Erhebungen zurückgegriffen wird, ist auch insoweit ein Aktualisierungsgebot zu beachten. Veraltete Erhebungen scheiden als geeignete Grundlage aus.


© Copyright by Dr. Elmar Bickert