Demografischer Wandel: Auswirkungen auf Gesellschaft und Geldanlage

Demografischer Wandel: Bevölkerungspyramide

Demografischer Wandel: Die Veränderung der Bevölkerungsstruktur ist ein Megatrend. Das Phänomen ist nicht neu, aber es entfaltet zunehmend seine Wirkung.

In diesem Artikel betrachte ich die Auswirkungen dieses demografischen Wandels auf unsere Gesellschaft sowie auf Vermögensaufbau und Geldanlage.

Deutschland wird immer älter. Der Zukunftsforscher Mattias Horx hat die Alterung der Gesellschaft schon vor etlichen Jahren als einen der wesentlichen Megatrends identifiziert, die auf unsere Gesellschaft wirken (neben Themen wie Digitalisierung, Individualisierung, Gesundheit oder Neo-Ökologie).

Die Alterung der Gesellschaft ist eine Entwicklung, die nicht nur in Deutschland, sondern in allen entwickelten Nationen der Welt zu beobachten ist.

Wie so oft sind so große Veränderungen mit Ängsten besetzt. Angeheizt wurde die Debatte einst von Frank Schirrmacher mit seinem Buch Das Methusalem-Komplott*. Das Szenario der drohenden Katastrophe: Die Wirtschaft kommt zum Erliegen. Das Rentensystem kollabiert. Altersarmut greift um sich.

Gründe für demografischen Wandel

Auf allen Kontinenten ist seit dem Ende des 2. Weltkriegs die Lebenserwartung stark angestiegen.

Wesentliche Gründe hierfür sind:

  • Eine bessere Lebensmittelversorgung
  • Bessere Hygiene und medizinische Versorgung
  • Rückgang der globalen Gewalt.

Zusammen mit Japan gehört Deutschland zu den am schnellsten alternden Gesellschaften der Welt. Gleichzeitig mit der steigenden Lebenserwartung sinkt die Geburtenrate immer weiter. Seit 1970 liegt in Deutschland die Geburtenrate unter der für die „Reproduktion“ notwendigen Rate von 2,1 Kindern je Frau. Seit diesem Zeitpunkt wächst die Bevölkerung in Deutschland nur noch durch Zuwanderung aus dem Ausland.

Der demografische Wandel gewinnt zunehmend an Brisanz. Der Grund: Die sogenannten Baby Boomer (also die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er und 1960er Jahre) zahlen momentan noch kräftig in die Rentenkasse ein. Das absehbare Problem ist aber, dass diese Generation zu wenige Kinder bekommen hat, um das aktuelle Verhältnis von Beitragszahlern und Rentenempfängern (und damit die Beiträge und die Renten) stabil zu halten.

Die Bevölkerungspyramide ist keine Pyramide mehr. Konsequenz: Immer weniger Beitragszahler müssen die Renten finanzieren. Eine weitere Herausforderung für das Rentensystem stellt die steigende Lebenserwartung dar, d.h. die Renten müssen nicht nur von weniger Beitragszahlern finanziert werden, sondern auch für einen längeren Zeitraum.

Demografischer Wandel: Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt

Erste Vorboten des demografischen Wandels sind bereits auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu beobachten. Die Erwerbsbevölkerung ist im Durchschnitt deutlich älter geworden. Durch eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters dürfte sich diese Entwicklung fortsetzen. Gleichzeitig hat die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften deutlich zugenommen. In vielen Branchen und Regionen ist der Arbeitsmarkt quasi leergefegt. Neben der aktuell guten Konjunktur hat dies aber auch vermehrt demografische Gründe.

Der Fachkräftemangel stellt eine Gefahr für die gesamte Wirtschaft dar, denn hierdurch wird das Wirtschaftswachstum geschmälert. Dies ist nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Industrieländern zu beobachten.

Langfristig kann diesem Trend nur durch zunehmende Automatisierung und (qualifizierte) Zuwanderung begegnet werden.

Demografischer Wandel: Auswirkungen auf unser Rentensystem

Besonders stark betroffen vom demografischen Wandel ist das deutsche Rentensystem. Nach dem zweiten Weltkrieg war der Kapitalstock stark reduziert, so dass eine ganze Rentnergeneration keine Zeit mehr hatte, finanzielle Rücklagen für ihren Ruhestand zu schaffen. Als Ausweg wurde das Umlageverfahren eingeführt. Dies bedeutet, dass die Beitragszahler mit ihren Rentenbeiträgen keinen Kapitalbestand für ihre eigene Rente aufbauen, sondern die Bezüge der aktuellen Rentenbezieher finanzieren. Im Gegenzug erwerben sie einen eigenen Rentenanspruch, der durch die zukünftigen Beitragszahler zu finanzieren ist.

Dies funktioniert auch, so lange es genügend erwerbstätige junge Menschen gibt. Doch dies ist aufgrund des demografischen Wandels nicht mehr lange der Fall. Die Bevölkerungspyramide ist keine Pyramide mehr. Konsequenz: Immer weniger Beitragszahler müssen die Renten finanzieren. Eine weitere Herausforderung für das Rentensystem stellt die steigende Lebenserwartung dar, d.h. die Renten müssen nicht nur von weniger Beitragszahlern finanziert werden, sondern auch für einen längeren Zeitraum.

Wichtig: Frühzeitig mit der Altersvorsorge beginnen, um die Rentenlücke zu schließen

Wenn heute ein Arbeitnehmer mit 20 Jahren ins Berufsleben einsteigt und durchgehend bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter von 67 Jahren arbeitet und das Durchschnittseinkommen (ca. 38.000 EUR p.a.) bezieht, erhält er eine monatliche Bruttorente i.H.v. rund 40% des Durchschnittseinkommens bei Renteneintritt.

Diese Rentenlücke (also die Differenz zwischen Rentenhöhe und letztem Arbeitseinkommen) wird sich nur durch eine frühzeitige private, kapitalgedeckte Altersvorsorge verringern oder schließen lassen. Leider hat es unsere Politik versäumt, die private Altersvorsorge in Deutschland entsprechend zu fördern. Riester oder Rürup sind nicht der große Wurf, zumal die hohen Gebühren dieser Versicherungsprodukte attraktive Renditen für die Sparer verhindern. Durch Abschaffung der Steuerfreiheit für Kursgewinne nach einer Haltedauer von 12 Monaten („Spekulationsfrist“) wurde zudem die Anlage in Aktien unattraktiver. Kursgewinne sind nun mit der Abgeltungssteuer (25% + Soli + ggf. Kirchensteuer) zu versteuern.

Was Du für die Altersvorsorge tun kannst, habe ich an anderer Stelle behandelt.

Nun betrachte ich die Frage, welche Auswirkungen der demografische Wandel auf Geldanlage und einzelne Vermögensklassen hat.

Demografischer Wandel: Auswirkungen auf die Geldanlage

Ein Problem für unsere Vermögenswerte (insb. Aktien und Immobilien) ist, dass deren Bewertung durch die niedrigen Zinsen getrieben wurde. Steigen die Zinsen, kommen die Bewertungen entsprechend unter Druck. Hinzu kommt, dass das „Entsparen“ durch die nicht mehr Erwerbstätigen, die ihre Vermögenswerte verkaufen, die Vermögenswerte ebenfalls belastet.

Alle Anlageklassen, ob Immobilien, Aktien oder Anleihen, sind von diesen Entwicklungen betroffen.

Immobilien

Der Immobilienmarkt ist schon heute sehr heterogen. Geht man davon aus, dass in 20 oder 30 Jahren aufgrund des demografischen Wandels etliche Millionen weniger Menschen in Deutschland leben werden, wird die Nachfrage nach Immobilien zurückgehen.

Der demografische Wandel verstärkt die heutigen Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt. Während in Metropolregionen Immobilienpreise und Mieten weiter ansteigen dürften, sind in vielen ländlichen Gegenden fallende Preise zu erwarten. Schlechte Infrastruktur (Geschäfte, Freizeiteinrichtungen, medizinische Versorgung) dürften die „Landflucht“ verstärken. Immobilien in solchen Gegenden werden aufgrund der deutlich sinkenden Nachfrage voraussichtlich deutlich an Wert verlieren.

Wer seine Altersvorsorge auf der Strategie „gesetzliche Rente + selbstgenutzte Immobilie“ aufbaut, kann hier ein Problem bekommen. Wer auf häusliche oder Heimpflege angewiesen ist, dürfte die Pflegekosten (die mehrere tausend Euro monatlich betragen können) mit der gesetzlichen Rente nicht decken können. Häufig ist der Verkauf des Eigenheims dann die einzige Möglichkeit, für die Pflegekosten aufzukommen. Und in vielen ländlichen Regionen dürfte es schwierig sein, eine Immobilie zu einem attraktiven Preis zu veräußern. In Großstädten und Metropolregionen dürfte sich die Situation für Immobilienbesitzer hingegen besser darstellen.

Demografischer Wandel hat also definitiv eine Auswirkung auf den Immobilienmarkt. Das generelle  Pro und Contra einer Immobilie als Altersvorsorge habe ich auch schon einmal separat behandelt.

Aktien und Anleihen

Die geburtenstarken Jahrgänge („Baby Boomer“) scheiden aus dem Arbeitsleben aus, während geburtenschwächere Jahrgänge in das Berufsleben eintreten. Neben dem schon beschriebenen Fachkräftemangel hat diese Entwicklung auch Auswirkungen auf die Kapitalmärkte.

Anders als in Deutschland wird international viel Geld für die Altersvorsorge in Aktien angelegt. Klassischerweise wird in der Ansparphase (gerade in jungen Jahren) ein hoher Anteil des Sparbeitrags in Aktien investiert. Je näher der Renteneintritt (und damit die Entnahmephase) rückt, desto mehr wird der Aktienanteil reduziert und der Anleiheanteil erhöht.

Durch den demografischen Wandel ist davon auszugehen, dass sich die durchschnittliche Kapitalallokation verändert: Wenn die Bevölkerung im Schnitt immer älter wird, steigt der Anteil derjenigen, die in der Entnahmephase sind. Dies gilt nicht nur für private Anlageaktivitäten, sondern insbesondere auch für Pensionsfonds, die sukzessive ihren Aktienanteil senken und ihren Anleiheanteil erhöhen dürften. Gleichzeitig wird weniger Geld investiert.

In der Konsequenz bedeutet dies: Es werden vermehrt Gelder von Aktien in Anleihen umgeschichtet, und den Kapitalmärkten wird insgesamt Kapital entzogen. Durch die höhere Nachfrage nach Anleihen dürfte das Zinsniveau (neben anderen Effekten, wie z.B. der Notenbankpolitik gerade in Europa) dauerhaft niedrig bleiben.

Wenn diese Prognose richtig ist, dann dürften sowohl die durchschnittlichen Aktienerträge (durch geringere Nachfrage nach Aktien / Umschichtung von Aktien in Anleihen) als auch die Zinserträge aus Anleihen (durch die höhere Nachfrage) niedriger ausfallen als in den vergangenen Jahrzehnten.

Ein Gegenargument hierzu lautet: Entscheidend ist nicht die Anzahl der Marktteilnehmer, sondern das bewegte Vermögen. Und dieses sei – so das Argument – durch Erbschaften unverändert groß und nur auf weniger Köpfe verteilt.

Die Zukunft einer alternden Gesellschaft ist schon heute in Japan zu beobachten

Japan ist das Land auf der Welt, das am schnellsten altert. Daher lassen sich viele der skizzierten Auswirkungen dort heute schon beobachten.

Die Bevölkerung schrumpft, Wirtschaft und Finanzmärkte stagnieren. In den letzten 20 Jahren lag die Rendite am Aktienmarkt im Schnitt bei lediglich 3,7% p.a. Die Rendite der 10-jährigen Zinsen lag im Schnitt bei 1,0%. Und am Immobilienmarkt sind die Preise in den großen Ballungszentren noch stabil, während in ländlichen Regionen die Preise teilweise regelrecht eingebrochen sind.

Die in Japan zu beobachtende Entwicklung könnte auch auf Deutschland zukommen. Durch eine deutlich höhere Zuwanderung dürften die Effekte aber später einsetzen und nicht ganz so schlimm ausfallen.

Gar kein Anlass für Zukunftsoptimismus?

Droht uns nun also tatsächlich ein „Gerassic Park“, in dem der Generationenvertrag vor der Auflösung steht, das gesamte Pflegesystem in Frage gestellt werden muss und die Rationierung medizinischer Leistungen in Zeiten kapper Ressourcen unausweichlich scheint?

Der Zukunftsforscher Matthias Horx ist hier optimistischer. Die Annahmen, die zu den Untergangsszenarien führen, basieren auf der aus seiner Sicht verkürzten Sichtweise, dass ein hoher Anteil junger Menschen in der Gesellschaft mit Wohlstand gleichzusetzen ist. Nach dieser Logik müsste etwa Bangladesh ein reiches Land sein.

Zum anderen beruhen die Folgerungen auf einem Altersbild, das den klassischen Rentner des Industriezeitalters im Auge hat. Doch was, wenn sich die Älteren von morgen nicht aufs Sofa setzen, sondern für den nächsten Marathon trainieren und sich dafür die teuersten Laufschuhe kaufen?

Was, wenn sie bis 75 Jahre noch halbtags arbeiten und in die sozialen Sicherungssysteme einzahlen? Nicht weil sie müssen, sondern weil sie wollen. In der Wissensgesellschaft mit ihren geistig orientierten Tätigkeiten spielt die körperliche Leistungsfähigkeit oft nicht mehr die entscheidende Rolle.

Und auch die Entwicklung in Japan sieht er nicht ausschließlich negativ: Die Menschen leben in Japan länger, da sie gesünder sind.

Diese Anlageformen profitieren vom demografischen Wandel

Für den Privatanleger stellt sich nun die Frage, wie er sich auf diese weitreichenden Entwicklungen am besten einstellen kann. Ganz allgemein dürften Flexibilität und Diversifikation in Zukunft besonders wichtige Faktoren der Geldanlage darstellen.

Bei Immobilien ist insbesondere auf die zu erwartende wirtschaftliche Entwicklung der Region und damit einhergehend der Zuzug / Wegzug der Bevölkerung zu achten. Weiterhin dürfte die Alterstauglichkeit des Objekts und die „Seniorengerechtigkeit“ des Standorts (Infrastruktur, ÖPNV-Anbindung, Verfügbarkeit von Ärzten) eine Rolle spielen.

Bei Aktien dürfte es für Anleger spannend sein, Branchen und Unternehmen zu identifizieren, die von der Entwicklung des demografischen Wandels profitieren (Gesundheitswesen, Altenpflege, altersgerechte Konsumgüter und Dienstleistungen).

Beate Sander, die Grand Dame der Geldanlage, hat zu diesem Thema sogar ein eigenes Buch geschrieben: Wohlstand sichern im demografischen Wandel*. Ihrer Meinung nach ist der größte Nutznießer des demografischen Wandels das Gesundheitswesen mit Biotech, Medtech und Pharma. Gut geführte Pflegeheimbetreiber, Gesundheitsdienste und Privatkliniken zählen dazu.

Darüber hinaus sieht Beate Sander Potenzial für Unternehmen der Reisebranche sowie bestimmte Freizeitsparten und Konsumgüter. Um die richtige Aktienauswahl treffen zu können und das eigene Depot breit zu streuen, enthält ihr Buch eine Übersicht verschiedener, aus ihrer Sicht chancenreicher Unternehmen aus den Branchen der „Nutznießer“.

Auch spezialisierte Demografiefonds oder entsprechende thematische ETF-Angebote greifen den Megatrend „Demografischer Wandel“ auf.

Demografischer Wandel: Mein Fazit

Natürlich ist es nie einfach, die Zukunft vorherzusagen. Bei einem Megatrend wie dem demografischen Wandel handelt es sich aber um eine langfristige Entwicklung, die absehbar ist und mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auch so eintreten wird.

Für unsere Generation geht es nun darum, sich auf die Auswirkungen des demografischen Wandels einzustellen. Nicht nur, aber auch was die Geldanlage angeht.

Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vorherzusagen, sondern darauf, auf die Zukunft vorbereitet zu sein. (Perikles)

Bildnachweis: © https://de.depositphotos.com/home.html

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