Geldmarktfonds – die smarte Alternative zum Tagesgeld

Von Gerd Kommer und Daniel Kanzler  

Die Deutschen sind ein Volk von Kapitalmarktmuffeln. Wie wir aus den Statistiken wissen, schenken sie ihre finanzielle Liebe nicht der Börse, sondern drei anderen Anlageformen: Bankguthaben, kapitalbildenden Lebensversicherungen und Immobilien.

Die vielen Nachteile von kapitalbildenden Lebensversicherungen haben wir in einem früheren Blog-Beitrag beschrieben (hier). Zu Wohnimmobilien haben wir in den vergangenen vier Jahren sieben thematisch verschiedene Blog-Beiträge publiziert. Sie sind alle in unserem kürzlichen Blog-Post zu den langfristigen Wertsteigerungen von Wohnimmobilien verlinkt (hier).

 

Das unterschätzte Risiko von Bankguthaben

Kommen wir daher gleich zum eigentlichen Thema: Verzinsliche Bankguthaben und Geldmarktfonds. Bei einem Bankguthaben ist die Bank der Schuldner und der Einleger der Gläubiger (der Kreditgeber). Leider sind Banken betriebswirtschaftlich fragile Schuldner. Das hat zwei Gründe: (a) In keiner, wirklich keiner anderen Branche sind die Eigenkapitalquoten so konsistent niedrig und damit umgekehrt die Verschuldungsquoten so hoch wie im Bankensektor. Über 90% einer typischen Bankbilanz besteht aus Schulden. (b) Banken sind die einzige Branche, die nennenswert vom Risiko des „Runs“ ihrer Einleger (Kunden), also ihrer Kreditgeber, betroffen sind. In einem Bank-Run versuchen viele oder alle Einleger einer Bank aus Angst um die Sicherheit ihres Geldes gleichzeitig ihre Guthaben abzuziehen, während ca. 95% bis 99% dieser Guthaben bei der Bank gar nicht in liquider, sofort verfügbarer Form vorhanden sind. [1] Das kann innerhalb kurzer Zeit, oft nur wenigen Tagen, zur liquiditätsmäßigen oder aufsichtsrechtlichen Insolvenz der Bank führen. Vor kurzem bestätigte der Chef der Bundesbank, Joachim Nagel, dass sich die Wahrscheinlichkeit eines Bank-Runs mit dem Aufkommen der sozialen Medien noch vergrößert hat (hier).

Weltweit sind in den Industrieländern in den zurückliegenden Jahrzehnten und davor viele Tausend Banken zugrunde gegangen (siehe hier und hier und hier und hier), zumeist im Kontext eines Bank-Runs.

Bankpleiten einzelner Institute oder Bankpleiten im Rahmen einer systemischen Bankenkrise sind in gewisser Weise wie Erdbeben. Sie kommen zwar selten vor und ihr Auftreten ist nicht verlässlich prognostizierbar, aber dass sie vorkommen, ist sicher. Die letzte große globale Bankenkrise mit Hunderten von formalen oder de-facto-Bankkonkursen (darunter etwa 15 in Deutschland) ereignete sich 2008 bis 2011. Im März 2023 kam es zu einer Minibankenkrise, in der eine der größten Banken Europas, die Credit Suisse und drei mittelgroße US-Banken kollabierten. Zwischen 2011 und heute sind in Deutschland etwa ein halbes dutzend von 1.700 Banken aufgrund bankindividueller Probleme (fast immer Inkompetenz der Geschäftsleitung) unfreiwillig ins Jenseits übergesiedelt. Die zwei letzten waren die Greensil Bank und die VTB Europe Bank.

 

Warum man nicht auf einen Bank-Bailout wetten sollte

Trotz der großen historischen und strukturellen Fragezeichen hinsichtlich Bonität einzelner Banken und Stabilität des Bankensektors werden Bankguthaben von den meisten Mitbürgern als sehr sicher wahrgenommen – vermutlich deswegen, weil ihre Volatilität, also ihre Wertschwankungen im Zeitablauf null sind. Das ist bei einem Investment in Aktien bekanntlich nicht so. Bankguthaben sind in der Tat sicher in Bezug auf ihre geringe Volatilität. Sie sind aber leider sehr unsicher in Bezug auf einen anderen Risikotypus, nämlich Ausfallrisiko (Rückzahlungsrisiko), wie wir oben dargestellt haben. [2] 

In Bezug auf dieses Ausfallrisiko glauben viele Anleger, dass der Staat Banken im Falle ihrer Pleite immer retten wird, so dass Einleger keinen Schaden erleiden. So war das in der globalen Bankenkrise ab 2008 oder bei der Minibankenkrise im März 2023. (Die Aktionäre und die Anleihengläubiger von Banken erlitten allerdings Verluste in der Größenordnung von 70% bis 100%. Bei Banken in Zypern verloren auch Einleger Geld.)

Eine realistische Einschätzung zur Wahrscheinlichkeit von Banken-Bailouts durch den Staat sieht jedoch anders aus.

Zunächst einmal ist völlig klar, dass kein westlicher Staat über ausreichend Finanzreserven verfügt, um in einer großen systemischen Bankenkrise alle Bankguthaben oder auch nur den überwiegenden Teil zu stützen. Am Beispiel Deutschlands lässt sich das einfach zeigen: Die gesamten Bankguthaben hierzulande beliefen sich Ende 2022 auf rund 3.100 Milliarden Euro. Dem steht ein jährlicher Staatshaushalt von etwa 2.000 Milliarden gegenüber. Diese Mittel sind jedoch zu 100% bereits für andere Zwecke verplant, z. B. für Beamtengehälter, den Unterhalt der öffentlichen Infrastruktur und sonstige Staatsausgaben. Diese Ressourcen stehen also sowieso nicht für eine potenzielle Bankenrettung zur Verfügung.

Könnte der Staat Schulden aufnehmen, um einen Massenbanken-Bailout zu finanzieren? Leider Fehlanzeige. Ein schuldenfinanzierter Banken-Bailout im Rahmen einer großen systemischen Bankenkrise dürfte heute für kaum ein westliches Land möglich sein, da die Verschuldungsquoten bei allen Staaten bereits an einer nicht nennenswert ausdehnbaren Obergrenze liegen.

Würde ein Staat – gleichgültig, ob er USA, Deutschland, Schweiz oder Liechtenstein heißt – ex ante (außerhalb einer Bankenkrise) eine betraglich unbegrenzte, formale Garantie für alle nationalen Bankeinlagen aussprechen (entweder mündlich durch ein Regierungsmitglied oder in Gesetzesform), müssten die Rating-Agenturen aufgrund dieser gigantischen, nicht realistisch erfüllbaren „Eventualverbindlichkeit“ die Bonität des betreffenden Staates sofort drastisch herabstufen (die Bonitätsnoten der betreffenden Staatsanleihen senken). Das würde zu starken Kursverlusten bei bereits existierenden Staatsanleihen führen – mit wahrscheinlich katastrophalen Auswirkungen auf institutionelle Anleger wie etwa Versicherungen, Pensionskassen und Banken, die diese Anleihen halten. 

Zweitens – noch schlimmer – würde das die Verzinsung für neu zu begebende Anleihen dieses Staates substanziell verteuern. Die erhöhte Zinslast für Staatsschulden könnte dann in der Tat der Auslöser für einen Staatskonkurs einige Zeit später werden. 

Weil das so ist, existieren entweder überhaupt keine formalen staatlichen Garantien für Bankeinlagen wie in der Schweiz oder der EU oder sie sind auf „relativ kleine“ Obergrenzen pro Bankkunde begrenzt wie in den USA (dort 250.000 Dollar pro Kunde).

 

Nur in diesen Fällen sind Konten sinnvoll

Die so genannte „gesetzliche Einlagensicherung“ in der EU von 100.000 Euro pro Bankkunde ist keine formale Staatsgarantie wie in den USA, sondern nur ein „gesetzlicher Rechtsanspruch auf eine Entschädigung durch ein privates, staatlich beaufsichtigtes Entschädigungssystem“. Aus Bankkundensicht fehlt damit die Rechtssicherheit, die es in den USA gibt. Gleichwohl dürfte die gesetzliche Einlagensicherung in der EU einer formalen staatlichen Garantie im Umfang von 100.000 Euro pro Kunde nahekommen. [3] 

Für rationale Haushalte existieren vor diesem Hintergrund nur zwei Konstellationen, in denen sie Vermögen in Gestalt von Bankguthaben halten: 

Konstellation 1: Das Bankguthaben bewegt sich betraglich innerhalb der gesetzlichen Einlagensicherung von 100.000 Euro (oder 200.000 Euro für Ehepaare) und der „garantierende“ Staat besitzt ein Bonitäts-Rating von mindestens AA (oder Aa2) von zwei namhaften Rating-Agenturen (die drittbeste Bonitätsnote). Das trifft für Deutschland und Österreich zu, aber nicht für viele andere EU-Staaten. [4]

Konstellation 2: Das Bankguthaben übersteigt zwar 100.000 Euro (bzw. 200.000 Euro), wird also für den überschießenden Betrag nicht von der gesetzlichen Einlagensicherung erfasst, besteht jedoch nur für wenige Wochen oder maximal einige Monate. Es handelt sich somit nur um ein kurzzeitiges „Geldparken“. Dieses wird typischerweise erforderlich, weil dem Eigentümer kurzfristig viel Liquidität zugeflossen ist, z. B. aus einer Erbschaft, dem Verkauf einer Immobilie oder einer Unternehmensbeteiligung und weil die Umsetzung des langfristigen Investments (mit weniger Ausfallrisiko als bei einer Bankeinlage) noch eine gewisse Zeit braucht.

 

So funktionieren Geldmarktfonds

Erfreulicherweise existiert zu Bankeinlagen eine überlegene Alternative: Geldmarktfonds (GMF).

Geldmarktfonds (engl. Money Market Funds) wurden in den USA Anfang der 1970er Jahre erfunden und kamen rund 25 Jahre später, Mitte der 1990er Jahre, im deutschen Privatanlegermarkt an.

GMF sind die bessere Alternative zu Tagesgeldern wie wir hier zeigen werden. Sie sind de facto genauso liquide und bequem wie ein Tagesgeld und liquider und bequemer als ein Festgeld. Die laufenden Kosten von GMF bewegen sich im Bereich von 0,05% bis 0,4% per annum des angelegten Geldes. GMF im ETF-Format bewegen sich eher am unteren genannten Ende der Spannbreite. Die jährliche Rendite nach Fondskosten von GMF liegt langfristig zwischen 0,3 und 1,0 Prozentpunkten oberhalb derjenigen des durchschnittlichen Tagesgelds. [5] 

Am Ende dieses Blog-Beitrags nennen wir fünf beispielhafte GMF im ETF-Format.

Der so genannte Geldmarkt oder Money Market ist ein Teilsegment des Anleihenmarktes. Er umfasst sehr kurzfristige Kredite und Anleihen (typischerweise bis 18 Monate Restlaufzeit) im gehobenen Bonitätsspektrum des Schuldners und ohne Wechselkursrisiko. [6] Weil GMF-Anlagen nur kurze Restlaufzeiten haben, ist bei ihnen das sogenannte Zinsänderungsrisiko (Kursverlust bei Anstieg der Markzinsen) gering und bei bestimmten GMF sogar null (siehe unser Blog-Beitrag zum Zinsänderungsrisiko hier).

Bliebe noch die Frage, warum GMF, obwohl sie schon rund 30 Jahre in Deutschland verfügbar sind, unter Privatanlegern hierzulande bis vor Kurzem kaum bekannt waren. Das hat drei Gründe: (a) Bankguthaben – die bekanntere und gewohntere Alternative zu GMF – werden irrtümlich als sicher oder jedenfalls als sicherer wahrgenommen (siehe oben). (b) Die Deutschen sind generell Kapitalmarktmuffel. (c) Wenn sie sich überhaupt in den Kapitalmarkt trauen, dann müssen es Aktien sein. Mit der Asset-Klasse Anleihen (hierum handelt es sich bei GMF in erster Linie) haben die Deutschen schon immer gefremdelt.

Einer der beiden Autoren dieses Blog-Posts hat 17 Jahre in angelsächsischen Ländern gelebt und war dort in der Finanzbranche tätig. Er kann die merkwürdige deutsche Aversion vor Anleihen daher aus eigener Anschauung beurteilen. Für einen Amerikaner, egal aus welcher Bildungs- und Einkommensschicht er kommt, ist es völlig unstrittig, dass kurzlaufende US-Staatsanleihen das für ihn sicherste Investment auf diesem Planeten darstellen. Selbstverständlich auch sicherer als Immobilien. Ähnlich sieht es auch der durchschnittliche Australier, Brite oder Franzose in Bezug auf die nationalen kurzlaufenden Staatsanleihen. Anders bei den meisten Deutschen. 

Warum die Deutschen ein so „schwieriges Verhältnis“ zu Staats- und Unternehmensanleihen haben, bleibt am Ende unklar. Die Erfahrungen in der Hyperinflation 1922/1923 oder der Währungsreform 1948/49 sind keine plausible Erklärung, weil diese Währungskrisen Bankguthaben genauso schädigten wie (inländische) Anleihen.

Doch wie dem auch sei, die folgende Tabelle stellt die beiden „Cash-Anlagen“ Bankguthaben und GMF einander gegenüber und vergleicht sie anhand der wichtigsten Kriterien.

 

Tabelle: Vergleich der zwei wichtigsten Typen von „Cash-Anlagen“: Bankguthaben und Geldmarktfonds

[A] In der Nullzinsphase von Anfang 2017 bis Mitte 2022 betrug die durchschnittliche nominale Verzinsung von in Deutschland angebotenen Geldmarktfonds minus 0,4% p.a. gegenüber einer durchschnittlichen Verzinsung von Tagesgeldern von 0% p.a. Die Inflationsrate über diesen 5,5 Jahreszeitraum belief sich auf 3,8% p.a.

Eine Geldmarktanlage im eigentlichen Sinne darf kein Wechselkursrisiko beinhalten. Dementsprechend wäre ein Tagesgeld in US-Dollar für einen Anleger in Deutschland mit der funktionalen Währung („Heimatwährung“) Euro keine Geldmarktanlage, sondern ein spekulatives „Carry Investment im Zinsbereich“. Die Wechselkursschwankungen des Dollars zum Euro bewirken starke tägliche Wertschwankungen in Euro gerechnet und damit eine für Geldmarktanlagen im eigentlichen Sinne des Konzepts inakzeptabel hohe Volatilität.

 

Diese drei Geldmarktfondstypen gibt es

Es existieren drei verschieden Typen von Geldmarktfonds und geldmarktnahen Fonds:

Klassische aktiv gemanagte, nicht börsengehandelte GMF: Sie haben aus unserer Sicht mehrere Nachteile relativ zur besseren Alternative ETF-GMF (siehe weiter unten): (a) Geringere Kontrolle seitens des Anlegers, in was sein Geld investiert wird. (b) Kauf und Verkauf dauern zwei bis drei Werktage länger als bei einem ETF-GMF. (c) Bei einigen aktiv gemanagten GMF fällt ein Ausgabeaufschlag an. Dann sind die Kaufkosten oft merklich höher als bei einem ETF-GMF.

GMF-ETFs, die einen Anleihenindex abbilden (notabene: die spezifischen Namen von Anleihenindizes sind unter Privatanlegern kaum bekannt): Bei einem solchen GMF-ETF kauft der Fonds die Anleihen, die der Anleihenindex vorgibt („physische Replikation“), genauso wie bei den meisten Aktien-ETFs. Der Anleihen-Index kann sich auf kurzlaufende Staatsanleihen, auf kurzlaufende Unternehmensanleihen oder auf beides beziehen.

GMF-ETFs, die einen Referenzzinssatz abbilden, also keinen Anleihenindex. Kurzfristige („variable“) Referenzzinssätze sind Zinssätze, die im Interbankenkreditgeschäft gelten und nach einer von der Finanzaufsicht vorgegebenen und überwachten Methode jeden Tag neu ausgerechnet werden. Der bekannteste und für GMF-ETFs wichtigster dieser Zinssätze ist der ESTR (Euro Short Term Rate). Die Methode der physischen Replikation ist bei ETFs auf einen Referenzzinssatz aus offensichtlichen Gründen unmöglich. Daher kommt die Swap-Methode („Swap“ = Tausch) zur Anwendung. Bei einem Swap-ETF werden die Anlegergelder auch in Anleihen investiert. Der ETF (als Rechtsperson) zahlt die Erträge aus diesen Anleihen jeden Tag um ca. 17 Uhr an eine andere Vertragspartei, in der Regel eine Bank. Diese wiederum zahlt dem ETF im Gegenzug den Referenzzinssatz (daher „Tausch“). Das bedeutet, das Anlegergeld ist, wie bei einem normalen Anleihen-ETF in High-Quality-Anleihen investiert. Swap-ETFs haben unter manchen Anlegern zu Unrecht einen schlechten Ruf, sind aber letztlich genauso sicher wie konventionelle ETFs. Ein oft übersehener, kleiner Vorteil von GMF-ETFs auf Referenzzinssätze besteht darin, dass sie, wie ein Tagesgeld, überhaupt kein Kursverlustrisiko im Falle von deutlichen Marktzinserhöhungen aufweisen.

In Bezug auf den Verwendungsmodus für laufende Erträge (Zinsen) existieren sowohl thesaurierende GMF als auch ausschüttende.

In den Medien und im Internet werden Geldmarktfonds regelmäßig mit Festgeldern (auch Termingelder genannt) verglichen. Da Festgelder – anders als Tagesgelder und Geldmarktfonds – fixe Laufzeiten zwischen zwei Wochen und drei Jahren haben, sind sie in einem fundamentalen Merkmal anders als ein Geldmarktfonds oder ein Tagesgeld. Ein Festgeld erfordert grundsätzlich mehr Planungssicherheit vom Anleger, beinhaltet das Risiko von Renditeverlusten im Falle von Fehlplanungen, beispielsweise, wenn man früher als erwartet an sein Geld möchte. Außerdem verursachen Festgelder notwendigerweise mehr Arbeit für den Anleger.

 

Die Kritik an Geldmarktfonds

In den Finanzmedien und im Internet geistert seit 2008 die „Falschmeldung“ umher, dass damals in der Großen Finanzkrise GMF „unerwartete Verluste“ erlitten. Das ist zumindest stark übertrieben. Zunächst einmal gab es diese „unerwarteten Kursverluste“ damals sowieso nur bei einer Minderheit der vielen Hundert europäischen und amerikanischen GMF. Zweitens bewegten sich die Kursverluste bei den betroffenen Fonds im Bereich zwischen 0,5% bis 3,5%. Sie waren also überschaubar, vor allem, wenn man sie neben die gleichzeitigen Crashes bei Aktien und Immobilien (Immobilien außerhalb der DACH-Länder) in der Größenordnung von 50% stellt und wenn man bedenkt, dass damals die Bankeinlagen bei Hunderten von Banken ohne staatliche Bailouts zu wohl über die Hälfte ausgefallen wären. [7] Drittens lag die laufende Verzinsung von GMF 2008 bei drei bis vier Prozent p.a. Rechnete man also die unmittelbar vor oder unmittelbar nach den Kursverlusten ausgeschütteten Zinsen gegen die Kursverluste, verlor vermutlich kaum ein Anleger Geld.

Solche – statistisch vielleicht alle zehn Jahre auftretenden – Minikursverluste werden hauptsächlich bei plötzlich und stark steigenden Zinsen geschehen – einer für Geldmarktanleger vorteilhaften Entwicklung! Durch den Zinsanstieg wird der kleine Kursverlust schnell wieder aufgeholt. Danach steht der Anleger wegen der gestiegenen Zinsen sogar besser da als vorher. 

Weil die Minikursverluste damals aber einen medialen und politischen Shitstorm verursachten, implementierten die verängstigten Fondsanbieter danach freiwillige Maßnahmen, die selbst dieses moderate Risiko noch weiter senkten. Wiederum einige Jahre später kam es in der EU auch noch zu einer regulatorischen Verschärfung mit dem Ziel des Anlegerschutzes. 

Eine kuriose Erfahrung, die wir im Zusammenhang mit GMF ab und an machen, sind Kunden, die unseren Vorschlag eines GMF-Investments zunächst mit der Begründung ablehnen, ein Bankguthaben sei sicherer als der von uns vorgeschlagene GMF. Dieser enthalte ja überwiegend (deutsche) Staatsanleihen und könne „schwanken“. Auf unsere Rückfrage, was passieren würde, wenn die kontoführende Bank Pleite ginge, wie beispielsweise die Commerzbank 2008 (damals die zweitgrößte Bank Deutschlands), die Hypo Real Estate 2009 (damals die größte deutsche Immobilienbank) oder die Credit Suisse 2023 (die zweitgrößte Schweizer Bank), erwiderte der Mandant, dass diese Banken ja vom Staat gerettet wurden. Das unterstreiche das geringe Risiko.

Ja, sie wurden vom Staat gerettet – von der Institution, deren Anleihen der betreffende Kunde für risikoreicher hält als ein Bankguthaben. 🤔 

Statt aber bei der eigenen Geldanlage auf eine freiwillige und damit ungewisse Rettungsaktion des Staats abzustellen, ist es klüger, gleich in die Wertpapiere zu investieren, bei denen man den härtesten denkbaren Rechtsanspruch auf vollumfängliche Rückzahlung durch den Staat hat: Die Staatsanleihen selbst. [8] Und selbst dieses Risiko kann man noch weiter senken, in dem man einen oder zwei GMF wählt, die über Anleihen mehrerer Staaten hoher Bonität und vieler Hundert Unternehmen diversifizieren.

 

Fazit

Wir können und sollten davon ausgehen, dass sich in den nächsten 20 Jahren eine neue systemische Bankenkrise in Europa oder weltweit ereignen wird.

Eine echte staatliche Einlagensicherung wie in den USA existiert in Deutschland, im Rest der EU sowie in der Schweiz und Liechtenstein nicht. Gleichwohl können wir annehmen, dass in Deutschland und Österreich 100.000 Euro pro Bank-Kunde-Kombination auf einem Bankkonto faktisch vom Staat garantiert werden (200.000 Euro für Ehepaare).

Ob in der nächsten systemischen Bankenkrise wieder ein staatlicher Bailout aller Einlagen einschließlich derjenigen oberhalb von 100.000 Euro stattfindet, darf aus einer Reihe von Gründen in Zweifel gezogen werden. Klar ist, dass in einer Krise, die das Ausmaß derjenigen von 2008 ff. überschreitet, die staatlichen Mittel für einen Bailout oberhalb der 100.000-Euro-Grenze nicht ausreichen würden. Diejenigen in den privaten, rein freiwilligen Einlagensicherungssystemen der Banken sowieso nicht.

Weil die Sicherheit von Bankeinlagen oberhalb von 100.000 Euro fragwürdig ist, sollten vermögende Privathaushalte Bankguthaben in ihrem ureigensten Interesse nur in den Grenzen der beiden oben genannten Konstellationen 1 und 2 halten.

Geldmarktfondsanlagen sind eine überlegene Alternative zu Tagesgeldern und Festgeldern. Sie produzieren langfristig eine bessere Rendite, bei geringerem Ausfallrisiko und praktisch gleich hoher Liquidität.

 

Kurze Liste mit Geldmarktfonds im ETF-Format: 

(a) Passive Geldmarktfonds-ETFs, die einen Anleihenindex auf Staatsanleihen abbilden (mit physischer Replikation) – Währung Euro

Amundi ETF Gov. 0-6 Mon. Euro Investment Grade: Kurzlaufende Staatsanleihen der Eurozone mit Rating zw. AAA und BBB–, physische Replikation, thesaurierend, WKN A0RNWC

Deka Deutsche Boerse EUROGOV Germany Money Market UCITS ETF: Kurzlaufende dt. Staatsanleihen, physische Replikation, ausschüttend, WKN ETFL22

— iShares eb.rexx Government Germany 0-1yr UCITS ETF: Kurzlaufende dt. Staatsanleihen, physische Replikation, ausschüttend, WKN A0Q4RZ

 

(b) Passive Geldmarktfonds-ETFs, die einen Referenzzinssatz in Euro abbilden und auf der Swap-Methode basieren – Währung Euro

Xtrackers II EUR Overnight Rate Swap UCITS ETF 1C: Repliziert den ESTR-Referenzzinssatz + 0,085% , thesaurierend, Swap-basiert, WKN DBX0AN (der gleiche ETF ist auch in einer ausschüttenden Variante verfügbar)

Lyxor Euro Overnight Return UCITS ETF Acc: Repliziert den ESTR-Referenzzinssatz + 0,085%, thesaurierend, Swap-basiert, WKN LYX0B6

 

Es werden auch GMF-ETFs auf Unternehmensanleihen angeboten. Diese bringen eine etwas höhere Rendite als solche auf Staatsanleihen oder auf Referenzzinssätze. Mit dem Renditevorteil geht jedoch auch höhere Volatilität einher, die sich besonders in Phasen heftiger Marktturbulenzen unangenehm auswirken kann.

 

Disclaimer

Bei den aufgeführten Anlageprodukten handelt es sich ausdrücklich nicht um Anlageempfehlungen, sondern lediglich um die beispielhafte Nennung einiger Geldmarktfonds. Bitte informieren Sie sich selbstständig und – ganz wichtig – lesen Sie alle Produktunterlagen durch, bevor Sie eine Anlageentscheidung treffen.

 

Endnoten

[1] Mit „Einlagen“ oder „Guthaben“ sind nur Cash-Guthaben bei Banken gemeint (z. B. Girokontoguthaben, verzinsliche Tagesgelder, Festgelder, Sparbücher), nicht jedoch Wertpapier- oder Fondsanlagen auf einem Depot. Der Inhalt eines Kundendepots ist durch den Konkurs der depotführenden Bank grundsätzlich nicht gefährdet, da die Bank bei einem Depot nur als Treuhänderin oder Verwalterin agiert.

[2] Hier einige weitere alternative Namen für Ausfallrisiko: Bonitätsrisiko, Rückzahlungsrisiko, Kreditrisiko (Credit Risk), Default Risk, Gegenparteirisiko (Counterparty Risk), Adressrisiko, Kontrahentenrisiko.

[3] Viele Deutsche glauben irrtümlich, dass die Einlagen bei Sparkassen, da sie staatliche Banken sind, durch ihren Eigentümer (Stadt, Landkreis) garantiert würden. Fehlanzeige. Diese so genannte „Gewährträgerhaftung“ aus dem Jahr 1931 wurde 2005 zurecht abgeschafft, da wettbewerbsverzerrend. Daher darf eine Kommune selbst dann keinen Bailout ihrer insolventen Sparkasse durchführen, wenn sie es ausnahmsweise könnte. 

[4] Wikipedia enthält eine Erläuterung zu Bonitäts-Ratings für die Anleihen (Schulden) von Unternehmen und Staaten (siehe hier).

[5] Derjenige, der sich dem wenig erquicklichen und beträchtlichen Arbeitsaufwand von dauerhaftem „Tagesgeld-Hopping“ unterwirft, wird zu einem gegebenen Zeitpunkt individuelle Tagesgeldangebote finden, die die Rendite von Geldmarktfonds übersteigen. Solche Lockvogelangebote sind nahezu immer mit unerfreulichen Bedingungen verknüpft, z. B. gelten sie nur für Neukunden und/oder eng begrenzte Zeit oder sie erfordern die gleichzeitige Eröffnung eines kostenpflichten Girokontos.

[6] Eine Anleihe ist nichts anderes als ein zum Handel (Kauf, Verkauf) vorgesehener Kredit. Der Gläubiger (Kreditgeber) kann bei einer Anleihe seine Forderung im Prinzip jederzeit ohne Zustimmung des Kreditnehmers (Schuldners) an einen Dritten veräußern. Das ist bei Krediten üblicherweise nicht so.

[7] Damals gab es noch keine EU-weite gesetzliche Einlagensicherung. 

[8] Warum die Anleihen eines Staates mit seltenen Ausnahmen das Investment mit dem niedrigsten Ausfallrisiko innerhalb dieses Staates sein müssen, haben wir hier dargelegt.

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