Mannheimer Morgen lädt Verfassungsfeind zu einem Debattenbeitrag ein

Die Wochenendausgaben des Mannheimer Morgens enthalten jeweils einen „Debattenbeitrag“ einer mehr oder weniger prominenten Autorin oder eines Autors. Das Themenspektrum ist weit gefasst. Der Mannheimer Morgen schreibt zu dieser Rubrik: „Ein renommierter Autor positioniert sich, regt zu Diskussionen an. Mit Gastbeiträgen wollen wir Ihnen Expertenmeinungen näher bringen.“

Am 10.9.2022 enthielt diese Rubrik einen Beitrag von Thorsten Polleit unter dem mehr oder weniger unverfänglichen Titel „Wie wichtig ist die Unabhängigkeit der Wissenschaft, Herr Polleit?“ (Beitrag hinter Bezahlschranke).

Polleit? Da war doch was! Polleit ist Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH und Präsident des Mises Instituts in München, das eng mit der Degussa Goldhandel verbandelt ist (Mehr dazu bei Andreas Kemper). Sein Chef ist der Rechtsextremist Markus Krall, Geschäftsführer der Degussa Goldhandel.

Krall ist auch in der Metropolregion Rhein-Neckar bekannt als Redner bei Max Ottes sog. neuem Hambacher Fest 2018 auf dem Hambacher Schloss und 2019 im Saalbau in Neustadt.

Polleit und Krall plaudern gerne zusammen auf den einschlägigen Kanälen im Internet über die kommende Wirtschaftskrise und – im eigenen Geschäftsinteresse – die finanzielle Krisenabsicherung durch Goldkäufe für die Vermögenden des Landes, die gerne die „Leistungsträger“ genannt werden, auch wenn sie gegebenenfalls ihr Vermögen nur geerbt haben.

Polleits Debattenbeitrag in der Mannheimer Lokalzeitung provozierte einen Leserbrief, der nach Kürzungsauflagen nach fast zwei Monaten schließlich am 5.11.2022 unter dem etwas unglücklichen Titel „Meinungsfreiheit weit gefasst“ im Mannheimer Morgen veröffentlicht wurde. Passend wäre der Titel gewesen:

Mannheimer Morgen veröffentlicht Artikel eines Verschwörungserzählers und Antidemokraten

Es folgt der veröffentlichte Leserbrief vom 5.11.2022:

„Debatte ist gut, aber ich bin entsetzt, wen der Mannheimer Morgen zur Debatte eingeladen hat: Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH und Präsident des Ludwig von Mises Instituts. Er gehört in die Szene der Crash-Propheten, die seit Jahren den Zusammenbruch der Wirtschaft herbeireden, darüber Unsicherheit und Angst verbreiten – und als Gegenmittel pro domo den Kauf von Gold aus dem eigenen Unternehmen propagieren.

Polleit spricht sich als Anhänger der (neo-)liberalen Ökonomen Ludwig von Mises und Friedrich August Hayek sowie des vom „Unwesen der Demokratie“ sprechenden Hans-Hermann Hoppe für eine „Privatrechtsgesellschaft“ mit einer radikalen Reduzierung der Staatsaufgaben aus. Privateigentum und ein unregulierter Markt soll die Menschheit beglücken. Sein Vorbild Hayek will allen Beschäftigten beim Staat und Empfängern staatlicher Unterstützungen (etwa Sozialhilfe, Kindergeld, Bafög) das Wahlrecht nehmen. Ein solches neues „Ständewahlrecht“ propagiert auch Polleits Chef und gleichgesinnter Ideologe, Markus Krall, Geschäftsführer der Degussa Goldhandel GmbH. Krall hat die Notwendigkeit einer „bürgerlichen Revolution“, die durchaus blutig sein könnte, u.a. auf dem Hambacher Schloss bei Max Ottes „neuem Hambacher Fest“ ausgerufen. Die beiden Herren haben hier längst den Boden unserer grundgesetzlichen Ordnung verlassen.

In einem Beitrag beim Mises Institut (15.7.2022) raunt Polleit vom Verdacht, etwas sei nicht so, wie es den Anschein habe. Hinter Klimawandel, Coronavirus und Lockdown-Krise könnte sich ein kollektivistisch-sozialistischer, ein neomarxistischer oder neo-feudalistischer Umsturzversuch verbergen.

Unsere liberale Demokratie garantiert auch den Feinden der Demokratie eine weitgefasste Meinungsfreiheit. Polleit und seine Gesinnungsfreunde haben Ressourcen und Kanäle genug, ihr zersetzendes Gift in die Öffentlichkeit zu tragen. Der Mannheimer Morgen sollte sich an diesem Geschäft nicht beteiligen und seine unterentwickelten Kompetenzen in Sachen Rechtsextremismus und Verschwörungserzählungen ausbauen.

Ulrich Riehm, Mannheim“

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