Familienunternehmen:
Wenn die Nachfolge fehlt

Familienunternehmen: Wenn die Nachfolge fehlt

Die Nachfolge in Familienunternehmen – der Name sagt es schon – regelt sich eigentlich fast automatisch innerhalb der Familie. Meist übernehmen eine Tochter oder ein Sohn die Leitung und manchmal steigen gleich mehrere Kinder in das Unternehmen ein. Doch was, wenn es keinen Nachwuchs und damit keinen direkten Nachfolger gibt? Oder die Kinder werden das Unternehmen zwar eines Tages erben, haben aber kein Interesse daran, die aktive Geschäftsleitung zu übernehmen. Dann steht man als Firmengründer*in oder derzeitige*r Eigentümer*in eines Familienunternehmens vor einem Problem, denn anders als bei anderen größeren Konzernen, hat man oft viel Herzblut eingebracht und ist emotional stark mit dem Unternehmen verbandelt. Handelt es sich um ein sehr altes Familienunternehmen, dass bereits seit Generationen von Mitgliedern der Familie geführt wird, dann spielt auch die Geschichte eine große Rolle, die man nicht so einfach aufgeben kann. Nicht selten verkaufen sich Familienunternehmen auch nach außen als genau das: als ein mit dem Familiennamen und bestimmten Werten verbundenes Unternehmen. Fehlt die Nachfolge, dann scheint all dies plötzlich auf der Kippe zu stehen. Das muss aber nicht sein, wenn man sich rechtzeitig Gedanken um die Unternehmensnachfolge im Familienunternehmen macht, und darüber nachdenkt, wie man die Familien- und Firmentradition selbst dann wahren kann, wenn kein Familienmitglied mehr in der Unternehmensführung aktiv ist. Ein Verkauf des Unternehmens kann, muss aber nicht die Lösung sein.

1. Rechtzeitige Nachfolgeregelung und nicht erst auf den letzten Drücker

Ohne Nachfolger bleibt das Büro geschlossen, das Büro im Familienunternehmen ist leer.

Mit der Suche nach dem passenden Nachfolger sollte man nicht erst beginnen, wenn die Rente bereits vor der Tür steht – egal, ob ein Familienmitglied das Unternehmen übernimmt, oder man das Unternehmen in externe Hände übergibt. Grundsätzlich müssen Nachfolger angelernt und mit den Abläufen in Unternehmen vertraut gemacht werden, damit eine reibungslose Übergabe möglich ist. Selbst wenn die eigenen Kinder sich entscheiden, den Betrieb zu übernehmen, kann man sie nicht einfach ins kalte Wasser schmeißen. Sie müssen die Mitarbeiter kennenlernen, mit der Position vertraut sein, die Aufgaben, Zulieferer und Kunden kennen und sich im Unternehmen etablieren, damit sie nicht mehr nur ‚der Sohn vom Chef‘ oder die ‚Tochter vom Chef‘ sind – gefolgt von einem entsprechenden Augenrollen der lang gedienten Mitarbeiter, die den Jungspund nicht wirklich ernst nehmen.

Oft bringt eine neue Geschäftsführung neue Ideen mit und um diese umsetzen zu können, muss die neue Unternehmensführung im Betrieb akzeptiert und respektiert sein. Wer also an eine Familiennachfolge denkt, der muss einen entsprechenden Zeitplan für die Nachfolge und Firmenübergabe entwickeln. Dabei handelt es sich nicht nur um einige Wochen. Auch rechtliche und finanzielle Fragen müssen entsprechend geklärt werden.

 

Steht ein Familienunternehmen aber vor dem Problem, dass es zwar einen Familiennachwuchs gibt und dieser zwar am Unternehmenseigentum, aber nicht an der eigentlichen Unternehmensführung Interesse hat, dann bleibt nur die Suche nach einer (externen) Alternative. Es kann dauern, bis hier der geeignete Kandidat oder die geeignete Kandidatin gefunden ist, die nicht nur die entsprechenden Fähigkeiten mit sich bringt, sondern auch zur Philosophie und den Werten des Unternehmens passt und diese gegenüber Kund*innen und Mitarbeiter*innen vertreten kann. Die Nachfolge sollte man innerhalb der Familie also am besten bereits ein paar Jahre im Voraus ansprechen, damit genügend Zeit für die eigentliche Nachfolgeregelung bleibt.

 

2. Das Verhältnis zwischen Eigentümern und Management definieren

Bleiben wir einmal bei letzterem Beispiel: Kein Familienmitglied hat ein Interesse an der Geschäftsführung, das Unternehmen bleibt zwar in Familienhand, die eigentliche Leitung übergibt man aber in kompetente Hände. Dann ist es wichtig, nicht nur die rechtlichen, finanziellen und kaufmännischen Fragen zu regeln, beispielsweise welche Rechtsform für ein derartiges Konstrukt geeignet ist – hier holt man sich am besten Rat bei einem Anwalt, der auf derartige Aspekte spezialisiert ist. Darüber hinaus müssen auch die Verantwortlichkeiten geklärt sein: Wie stark ist die Familie weiterhin im Unternehmen involviert? Wie läuft die Kommunikation? Bei Großunternehmen und Aktienkonzernen sind derartige Fragen bereits durch die Rechtsform und beispielsweise Shareholder-Versammlungen geregelt.

 

Grundsätzlich gilt: Unternehmen haben eine größere Chance einen externen oder unternehmensinternen Nachfolger zu finden, wenn sich die Familie ganz aus dem Tagesgeschäft zurückzieht und beispielsweise mittels Aufsichtsrat oder Beirat an den Entscheidungen beteiligt ist – das heißt eher im Hintergrund. Nichts ist schließlich nerviger, als wenn ständig der alte Chef aufschlägt, einem über die Schulter guckt, kritisiert oder darauf verweist, dass man das früher aber anders gemacht habe. Das gilt im übrigen – und ganz besonders – auch bei der Übernahme durch Familienmitglieder. Kaum etwas ist frustrierender und unterwandert die Autorität mehr, als wenn Mama und Papa mit Adleraugen jeden Schritt überwachen und womöglich auch noch vor der Belegschaft kommentieren.

3. Externe Nachfolger finden

Familienunternehmen: Nachfolger gesucht! Solch ein Aufruf kann für Manager attraktiv sein, die in anderen Unternehmen tätig sind und nach einer neuen Aufgabe suchen. Einen externen Nachfolger ins Unternehmen zu holen, kann viele Vorteile haben: So fühlen sich die Kinder vielleicht nicht mehr unter Druck gesetzt, eine Nachfolge anzutreten, die sie eigentlich nicht wollen. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit einen herausragenden und qualifizierten Manager zu finden sehr viel größer, wenn man sich eben nicht auf den eigenen Familienkreis beschränkt. Bei der Suche nach einer geeigneten Führungskraft gelten hier die gleichen Regeln, wie für andere Unternehmen, die dringend einen Nachfolger suchen.

 

Steckt ein mittelständischen Unternehmen oder ein Familienunternehmen finanziell und wirtschaftlich in einer Sackgasse, dann kann ein externer Nachfolger als eine Art Startsignal in eine neue, bessere Zukunft fungieren. Er oder sie bringt neue Ideen, Erfahrungen und Fachkenntnisse mit, die im Unternehmen gegebenenfalls fehlen, und kann entsprechend neue Ansätze ins Unternehmen bringen, die dieses aus der Krise führen können. Auch nach außen kann das ein Signal sein: Jemand neues ist verantwortlich, vorangegangene Fehler werden nicht mehr passieren, das Unternehmen arbeitet daran den geschädigten Ruf zu verbessern etc.

 

Tatsächlich sagen verschiedene Studien, dass familienexterne Manager die besseren CEOs für Familienunternehmen sind. Dabei sind sie vor allem in der Talentförderung überlegen und dann, wenn sie veraltete Managementmethoden beseitigen. Familieninterne CEOs punkten dafür bei der operativen Zielsetzung.

4. Den eigenen Nachwuchs im Unternehmen heranziehen​

Gerade in Familienunternehmen und in kleineren und mittelständischen Unternehmen kann es besonders sinnvoll sein, die Nachfolger nicht extern anzuwerben, sondern gezielt im eigenen Unternehmen zu schulen und auszubilden. Das bedarf Zeit und so muss man sich oft bereits Jahre im Voraus darüber Gedanken machen, welches Teammitglied sich als potentielle*r Nachfolger*in eignet. Gerade in kleinen Unternehmen, bei denen persönliche Netzwerke – intern und extern – wichtig sind, kann es hilfreich sein, wenn jemand bereits lange im Unternehmen tätig ist, den Chef oder die Chefin regelmäßig begleitet und nach und nach deren Aufgaben übernommen hat. Wer die Zulieferer, Kunden, Unternehmensnetzwerke in der Region bereits kennt, hat größere Chancen, zu vermitteln, dass zwar jemand neues das Ruder übernommen hat, das Unternehmen aber weiterhin der gleiche zuverlässige Partner war, wie bisher. Wir gehen hier einmal von dem positiven Fall aus, dass das Unternehmen gut aufgestellt ist und einen guten Ruf hat und sich nicht bereits seit Jahren oder Monaten in der Krise befindet.

Ein intern herangezogenes Führungsteam bringt viele der Vorteile einer Familiennachfolge mit sich: die enge Verbindung zum Unternehmen, die guten Kontakte, sie kennen die Abläufe, Kunden und Zulieferer und die Unternehmensphilosophie. Will man garantieren, dass sie auch neue Ideen und besseres Management ins Unternehmen bringen, dann sollte man sie auf externe Schulungen schicken oder beispielsweise ein Teilzeitstudium neben der Arbeit ermöglichen.

Die nächste Generation für das Familienunternehmen, oft übernehmen die Kinder

5. Was man vermeiden sollte

Wer die Fernsehserie Succession gesehen hat, der hat eine ziemlich genaue Vorstellungen davon, was man bei der Nachfolge in Familienunternehmen dringend vermeiden sollte: Da kann der alte Familienmogul die Zügel nicht aus der Hand geben, vermeidet eine klare Nachfolgeregelung, um ja keine Konkurrenz zu haben, spielt die eigenen Kinder gegeneinander aus, macht geheime Deals und ist kurz und knapp ein richtig mieser Charakter. Die Kinder sind aber auch nicht besser. Da werden Intrigen gesponnen – gegen das Führungsteam, den eigenen Vater, gegeneinander und das in wechselnden Konstellationen – und meist spielt das eigene Ego eine größere Rolle als rationale Unternehmensentscheidungen. Mehr Details wären Spoiler.

Um das Problem auf den Punkt zu bringen: Wird die Nachfolgeregelung zu einem internen Krieg zwischen Familienmitgliedern, der Führungsriege im Unternehmen, externen Konkurrenten und potenziellen Käufern, dann ist am Ende keiner glücklich und das Unternehmen nimmt Schaden, ganz zu schweigen von den Mitarbeitern, auf deren Rücken das ganze Drama ausgetragen wird.

Dramen bei der Firmennachfolge sind daher super als Fernsehserie, im wirklichen Leben aber eine mittelschwere Katastrophe.

Weitere Ideen und Tipps zur Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen und im Mittelstand? Diskutieren Sie mit uns über das Thema auf Instagram und lesen Sie mehr spannende Themen in unserem Blog.

* Wir legen Wert auf Gleichberechtigung und ein Miteinander auf Augenhöhe. Deshalb beziehen wir unsere Personenbezeichnungen, egal in welcher Schreibweise auf alle Geschlechter.