Der Bolzplatz – Das Königreich der Jugend. Ob Regen, Dreck oder einfach mal 37 Grad drückende Hitze, egal, gekickt wird immer, jeden Tag. „Tip-Top, Torwart ist letzter Mann, ohne Aus, Tore ab der Mittellinie und letztes Tor entscheidet“. Wie auch immer die Regeln sind, sie sind bekannt – ungeschrieben.
Der Bolzplatz ist viel mehr als nur ein Ort zum Fußballspielen. Es ist ein Ort, an dem Hierarchien definiert, Freundschaften geschlossen, Ehren gebrochen und Helden geboren werden. Es ist ein Ort, der jede Menge Werte vereint und jeden Fußballer in seiner Karriere begleitet. Jeder hat einen Lieblingsplatz, jeder verbindet etwas Besonderes mit diesen Orten. Es werden Erfahrungen gemacht – Enttäuschungen als auch Siegesmomente. Schließlich geht es nicht nur um das Kicken selbst, sondern wie sagt man so schön?:
Man lernt hier etwas für das Leben – Ist so.
Das Motiv Bolzplatz ist damit ein gern gesehenes Schema, wenn es darum geht, den Fußball zu bewerben. Warum? Einfach weil jeder weiß, was er damit anfangen kann. Zurecht kann man immer wieder beobachten, wie Fußball-fokussierte Marken die Klischees des Bolzplatzes in ihrer medialen Präsenz aufleben lassen. Zu den bekanntesten Aufmachungen des Bolzplatzes gehört wohl die Kampagne von Adidas von 2006. Wer kennt ihn nicht? Jose und seine legendären Jungs auf dem Bolzplatz. Kaum eine andere Werbung verkörpert das Bolzplatz-Leben so gut wie diese.
Doch wie so Vieles in der heutigen Zeit, erlebt auch der Bolzplatz offenbar eine Revolution – digital, urban, cool, modern – auf jeden Fall einfach anders als früher. Wer sich in der Fußball-Markenwelt umsieht, wird erkennen, dass die Thematik des modernen Bolzplatzes und des Straßenkicks im Trend liegt. Vielleicht kann man ja schon von einem Hype sprechen. Der Grund dafür sind vor allem, wie kann es anders sein, die beiden Giganten Adidas und Nike, die mit dem „Bolzplatz 2.0“ ein bewährtes aber neu aufgesetztes Stilmittel gefunden haben die eigene Marke im Fußballgeschäft zu positionieren.
Vorbei sind die Zeiten des dreckigen Ascheplatzes mit krummen Toren. Adidas demonstriert mit seinen Pop-up Turnieren in diversen deutschen Städten, dass Bolzplätze heutzutage einen ganz anderen Flair haben. Nach dem Motto „Glow in the Dark“ kreiert Adidas mit neonfarbigen Linien-Markierungen ein eigenes Spielfeld und lässt den Ball an Orten rollen, an denen Bälle bisher Fehl am Platz waren. Ob Parkhaus oder Container Hafen – Die Community ist da, wenn es drauf ankommt. Adidas greift damit bewusst das Bolzplatz-Motiv auf und paart es mit einem urbanen Straßenflair. Die neue Aufmachung soll eben das Zeitgemäße verkörpern.
Die Kollegen von Bootsblog waren bei einigen Events live vor Ort und liefern spannende Einblicke in die Straßenturniere wie beispielsweise hier in Frankfurt.
Neben den Pop-Up Events machte Adidas vor kurzem einen weiteren Commitment-Schritt in Richtung Bolzplatz und Straßenfußball mit der Errichtung von „The Base“ in Berlin. Die Location dient als Headquarter für den Berliner Straßenkick. Hier können sich die Kicker von heute auf einem fein hergerichteten, käfig-ähnlichen Bolzplatz spannende Duelle liefern. Auch hier liefert Bootsblog ein paar Eindrücke. Das Ganze wird logischerweise mit einem subtilen Adidas Branding begleitet. Damit streckt der deutsche Sportartikelhersteller seine Fühler gezielt nach der Berliner Straßenfußball-Community aus und aktiviert dabei das Markenerlebnis in den Köpfen der jungen Kickern an einem Ort, der für Fußballer eben heilig ist: Der Bolzplatz.
Aber auch der Konkurrent Nike steht in Sachen Bolzplatz-Kultur in nichts nach. Bereits im Frühjahr berichtete Bootsblog von der sogenannten „Nike Football X Tour“ durch Deutschland. Im Zentrum stehen dabei die Jungs von „Balkan Mix“, die vermutlich zu den besten Straßenkickern Deutschlands gehören und sich mit zahlreichen Teams aus der Republik messen. Schnell wird deutlich, dass auch Nike viel Wert auf die „Straßenpräsenz“ legt und die Bolzplatz Kultur leben will. Untermalt wird die Nike Kampagne mittlerweile sogar mit musikalischer Prominenz, indem der Berliner Rapper Shindy die Jungs von „Balkan Mix“ mit einer dafür eigenen Single besingt.
Schnell wird deutlich, dass beide Sportgiganten den Aufschwung der Bolzplatz-Kultur erkannt haben und dies in ihren Agenden verankert haben. Auch wenn der Schwerpunkt identisch ist, suchen die Marken dennoch eigene Wege, um eine kontrollierte Markenwahrnehmung zu erzeugen. Die präsentierten Aufmachungen zwischen „Coolness und Modernität“ bieten, wie man sieht, viel Spielraum. Der Bolzplatz erlebt damit eine Revolution, getrieben von einer Marken-orientierten Wirtschaft.
Aber auch andere Marken bedienen sich immer wieder am Motiv Bolzplatz. Pepsi zum Beispiel deutete mit der Werbung vor ein paar Monaten an, wie die Zukunft der Bolzplätze aussehen könnte – nämlich mit Dronen, digital und responsive. Nette Idee.
Schließlich finden auch immer mehr Modemarken einen Bezug zum Straßenfußball. Unter dem Label „Straßenkicker“ präsentiert kein geringerer als Weltmeister Lukas Podolski mittlerweile eine eigene Mode-Kollektion. Der Stil ist offensichtlich – Lässige Streetwear mit einem Touch Kölner Fußball-Kultur a la Podolski. #AHA
Auch das junge Hamburger Fashion-Label „Boltzplatzkind“ trägt im Kern, wie der Name schon verrät, die Identität der Bolzplatz-Kultur. Auch hier gibt es schlichte Klamotten für die Straße mit einem konkreten Statement: „Groß geworden, Kind geblieben“. Das wirkt.
Man kann also feshalten: Der Bolzplatz hat sich verändert – Auf der einen Seite heiliger, traditioneller Ort des Straßenfußballs, auf der anderen Seite Schlachtfeld für Markenduelle. Für die Kinder ein Freizeit-Ort, für Geschäftstreibende eine kommunikative Leitidee.
Der Bolzplatz wird inszeniert, er wird kommerziell, nach und nach.
Bleibt nur noch die Frage: Verliert er vielleicht dadurch genau das, was ihn ausmacht? Ohje!
Wer übrigens die schönsten Hinterhöfe und Bolzplätze der Welt sehen will, folgt den Bildergalerien von /HinterDerLinie auf Facebook und Instagram. Ihr wisst gar nicht, was für schöne Plätze es gibt!
Bilder: Adidas, Bootsblog, Strassenkicker, Bolzplatzkind
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