Mord im Autokino

Isabella Mueller @isabella_muenchen Frankfurt am Main Kino

Im Neu-Isenburger Stadtteil Gravenbruch, dessen Mythos als kinderreichster Stadtteil Europas bis heute präsent ist, ereignete sich ein mysteriöser Raubmord, der zu Deutschlands spannendsten Kriminalfällen zählt. Am 31. März 1960 eröffnete in Gravenbruch Deutschlands erstes Autokino, in dem sich am 13. Oktober 1962 ein Mord ereignete, der die Kripo 14 Jahre lang auf Trab hielt. Am besagten Abend lief der James Dean Klassiker „Giganten“ im Autokino, zu dem die Schutzpolizisten gewöhnlich nach dem Schichtwechsel um 21 Uhr fuhren. Aber diesmal wurden sie zum Kirmesplatz gerufen und konnten dadurch den Kassierern des Autokinos keinen Schutz bieten. An diesem Abend hatte die 30 Jahre alte Ingrid Theile aus Dietzenbach als Kassiererin im mittleren von drei Kassenhäusern Dienst. Nachdem sie die 10-, 20- und 50-Markscheine gebündelt und in die Geldkassette gelegt hatte, brachte sie diese in Begleitung eines männlichen Mitarbeiters des Autokinos in das 20 Meter entfernte Büro. Dieses war von außen gut einsehbar. Im Büro setzte sie sich an ihren Schreibtisch, um mit der Abrechnung zu beginnen. Ihr gegenüber saß ihr Chef, der Kinoleiter Konrad Wisnievski. Sie wartete mit der Abrechnung noch bis ein junges Paar vom Büro aus einen Anruf getätigt hatte. Gegen 21.15 Uhr betrat plötzlich ein maskierter Mann das Büro. Er lief auf den Schreibtisch von Frau Theile zu, entwendete 3.400 DM aus der geöffneten Geldkassette und erschoss dann Frau Theile. Der Schuss drang durch den Oberarm in die linke Seite des Rumpfes und hatte die Leber und Milz durchschlagen ehe er aus der rechten Körperseite wieder ausgetreten war. Noch auf der Fahrt ins Offenbacher Krankenhaus verstarb Ingrid Theile. Warum der Mann die Kassiererin erschossen hatte, warf später viele Fragen auf, da Frau Theile völlig ruhig geblieben war und dem Täter keinen Anlass zum Gebrauch der Waffe gegeben hatte. Hatte Frau Theile den Täter vielleicht erkannt? Laut Zeugenaussagen handelte es sich bei dem Maskierten um einen 20 bis 30 Jahre alten 1,75 bis 1,85 Meter großen, schlanken Mann, der hochdeutsch gesprochen hatte. Er hatte einen Trenchcoat mit Ringgurt, dunkle Hose, dunkle Schuhe und eine dunkle Baskenmütze getragen. Sein Gesicht war mit einer zweiteiligen Gesichtsmaske bedeckt, die Augenschlitze im oberen Bereich hatte. Das schreckliche Verbrechen hatte ein Kassierer aus seinem Kassenhäuschen aus beobachtet, der nach dem Schuss sofort zum Büro gelaufen war. Der Maskenmann, der aus dem Büro rannte, drohte diesen zu erschießen, wenn er nicht stehen blieb. Doch der Kassierer folgte dem Mann in den nahegelegenen Wald. Als dieser nur noch 3 Meter von dem Maskenmann entfernt war, drohte er diesen zu erschießen, wenn er nicht augenblicklich stehen blieb. Daraufhin legte sich der Kassierer auf den Boden. Der Maskenmann stieg in ein Auto, das auf ihn mit einem Fahrer gewartet hatte. Warum er den männlichen Kassierer verschont, während er auf Frau Theile grundlos geschossen hatte? Bereits um 21.40 Uhr wurde über Sprechfunk die erste Fahndung an das Polizeipräsidium in Frankfurt am Main gesendet. Das Waldstück wurde von Polizeiwagen umzingelt und eine Hundestaffel wurde eingesetzt. Einer der Hunde konnte eine Spur in eine Schneise verfolgen, die auf die Landstraße von Neu-Isenburg nach Heusenstamm führte. Eine Mordkommission aus Beamten des Landeskriminalamtes, der Kripo Neu-Isenburg und der Kriminalinspektion Darmstadt sowie deren Außenstelle wurde gebildet. Die Tatwaffe war eine Pistole des Fabrikats „Smith & Wesson“, Kaliber 9 mm. Diese Waffe wurde 1962 von 57 Besitzern legal geführt, deren Beschusstest jedoch negativ war. Darüber hinaus wurden 33 dieser Waffen von der Kriminalpolizei der amerikanischen Stationierungskräfte geführt. Laut Zeugenaussagen hatte ein Mann im Restaurant des Autokinos viel Geld gewechselt, dessen Gesicht eine Hasenscharte aufwies. Zur Klärung des Falls wurde eine Belohnung von 8.000 DM 1962 ausgesetzt, die 1963 auf 10.000 DM erhöht wurde. Die Polizei verfolgte eine heiße Spur, die zu zwei jungen Männern führte. Am 14. Oktober 1962 wurde von der Polizei in Bingen ein gestohlener Opel Rekord gefunden. Aus diesem in Koblenz gestohlenen Opel waren zwei Männer gestiegen. Im Auto wurde eine schwarze Gesichtsmaske mit Sehschlitzen gefunden. Die Kripo nahm an, dass die Autodiebe etwas mit dem Raubmord im Autokino zutun hatten. Doch es stellte sich heraus, dass die Elektrolehrlinge Dieter H. und Adolf B. zwar das Auto gestohlen, doch für Raubmord im Autokino ein Alibi hatten. Auch die Maske stimmte nicht mit der aus dem Autokino überein. Da die Ermittlungen im Sande verliefen setzte das hessische Landeskriminalamt der Mordkommission zusätzlich 13 Beamte ein. Eine weitere heiße Spur führte zu einem Häftling, der in der U-Haft saß. Dieser gab der Staatsanwaltschaft Hinweise auf mögliche Täter, die jedoch in eine Sackgasse führte. Es strichen einige Jahre ins Land, in denen die Kripo keinen Schimmer hatte, wer den Raubmord im Autokino verübt hatte. Doch dann meldete sich eine Frau namens Gertrud K., die in Frankfurt am Main-Preungesheim in U-Haft saß. Diese war wegen des Verdachts, ihre 82 Jahre alte Vermieterin ermordet zu haben, inhaftiert worden. Bei einer Hausdurchsuchung wurde deren Leiche in ihrer Kühltruhe gefunden. Gertrud K. beteuerte, dass ihre Vermieterin unglücklich in ihrer Wohnung über den Staubsauger gefallen war. Aus Angst, dass ihr niemand glauben würde, hatte sie diese in der Tiefkühltruhe versteckt. Im Oktober 1972 wurde Gertrud K. freigesprochen. Gertrud K. sagte aus, dass ihr Ehemann Hans K. mit dem Ehepaar S. befreundet war, das im selben Haus wie Frau Theile gewohnt hatte. Der Herr S. hatte zweimal ihren Ehemann Hans K. in ihrer Wohnung besucht. Beim zweiten Besuch hatte Herr S. ihrem Ehemann Hans K. eine Pistole gezeigt. Dann seien beide weggefahren. Nach ihrer Rückkehr hatte Herr S. ihrem Mann 1.500 DM gegeben und geäußert, dass er Angst gehabt hätte, sie könnte ihn erkennen. Am nächsten Tag erfuhr Gertrud K. im Radio von dem Raubmord im Autokino in Gravenbruch. Der Ehemann von Frau K. bestätigte ihre Aussage. Die Kripo suchte das Ehepaar S. in ihrer Berliner Wohnung auf. Nach dem Verhör erließ das Amtsgericht Tiergarten Haftbefehl gegen Max-Egon S., der am 26. August 1969 wieder aufgehoben wurde, da das Ehepaar am Tattag in einer Kinovorstellung in Miesbach war. Nach vielen Jahren meldete sich 1976 ein Häftling, der eine wichtige Aussage zum Autokino-Mord in Gravenbruch machen wollte. Doch nachdem dieser wegen seiner Kooperation mit der Polizei von seinen Haftinsassen bedroht worden war, zog er seine Aussage wieder zurück. Bis heute konnte nicht geklärt werden, wer die Kassiererin Ingrid Theile ermordet hatte. Dies wird wohl für immer ein Rätsel bleiben. Dir wünsche ich viel Freude mit meinen Fotos vom Bansapark im Stadtteil Gravenbruch, in dem einst Ingrid Theile im Büro des Autokinos skrupellos erschossen wurde. 🙂


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