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Wie gefährdet sind Lungenkranke?
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Coronavirus: Diagnostische und therapeutische Hinweise
Zwar ist das Coronavirus erst seit wenigen Monaten bekannt, doch gibt es schon jetzt einige Erkenntnisse aus Studien bzw. Empfehlungen von Gesellschaften, die für das Management von PatientInnen mit Vorerkrankungen relevant sind.
Hinweise betreffend die Asthma-Therapie
Die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) spricht folgende Empfehlungen aus, nachdem vereinzelt Meldungen kursieren, dass eine kortisonhaltige Inhalationstherapie den Körper anfälliger für COVID-19-Erkrankungen mache: • PatientInnen mit (allergischem) Asthma sollen ihre kortisonhaltige Inhalationstherapie nicht aus Angst davor absetzen, dass das Kortison ihr Immunsystem schwächt. • Die Gefahr, dass sich das Asthma durch das Aussetzen der Therapie in bedrohlicher Weise verschlechtert und (ansonsten unnötige) Arztbesuche oder Krankenhausaufenthalte erforderlich werden, ist wesentlich größer als „ein mögliches, gleichwohl unbelegtes Risiko einer Förderung der Ansteckung mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2)“. • Eine erfolgreiche Inhalationstherapie bei PatientInnen mit Asthma sollte daher auch und gerade während der aktuellen Coronavirus-Pandemie unverändert fortgesetzt werden. • Alle übrigen von der Bundesregierung empfohlenen Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen, einschließlich der Vermeidung von Sozialkontakten, sind selbstverständlich auch von PatientInnen mit Asthma umzusetzen.
Risikofaktoren in Bezug auf die Lunge
Eine chinesische Studie (Zhou F et al., The Lancet 2020) mit 191 PatientInnen
COVID-19 – Empfehlungen für die Freistellung gefährdeter Personen
Bei folgenden PatientInnen mit chronischen Lungenerkrankungen soll laut ÖGP eine zeitweilige Freistellung von Tätigkeiten im öffentlichen Raum erwogen werden:
bei Menschen > 65 Jahre und mit einer schweren Lungenerkrankung jeglicher Art
bei Menschen ≤ 65 Jahre mit
pO 2 < 65 mmHg bei Raumluft oder Langzeitsauerstofftherapie (LTOT) oder
FEV 1 < 70% oder FVC < 70% oder
Diffusionskapazität < 70% oder zystischer Fibrose oder aktiver Krebserkrankung oder mit systemischer immunsuppressiver Therapie
PatientInnen ≤ 65 Jahre mit leichter COPD oder leichtem Asthma und gut kontrollierter Symptomatik haben laut ÖGP kein (signifikant) erhöhtes Risiko, schwer an SARS-CoV-2 zu erkranken. Eine generelle Freistellung von der Arbeit sei bei diesen PatientInnen nicht erforderlich.
identifizierte unter anderem zwei Faktoren, welche die Lunge betreffen und das Überleben mehr oder weniger signifikant beeinflussen: • aktuelle RaucherInnen: 9% der Verstorbenen vs. 4% der Überlebenden (p = 0,21) • COPD: 7% der Verstorbenen vs. 1% der Überlebenden (p = 0,05) Eine andere Studie (Liu W et al., Chinese Medical Journal 2020) bezieht sich nicht nur auf aktuelle RaucherInnen, sondern auch auf jene Personen, die früher geraucht haben, und ergab Folgendes: • 27,3% derjenigen, bei denen sich der
Zustand verschlechterte, waren (ehemalige) RaucherInnen. • 3% derjenigen, bei denen sich der Zustand verbesserte oder stabilisierte, waren (ehemalige) RaucherInnen. • Der Unterschied ist mit p = 0,018 signifikant.
Schweregrad einer Pneumonie einschätzen
In der Leitlinie „DEGAM S1-Handlungsempfehlung: Neues Coronavirus (SARS-CoV-2) – Informationen für die hausärztliche Praxis“ wird empfohlen, den Schweregrad einer Pneumonie mittels des CRB-65-Index abzuschätzen (eventuell telefonisch). Folgende Kriterien werden abgefragt bzw. erhoben: • pneumoniebedingte Verwirrtheit,
Desorientierung • Atemfrequenz ≥ 30/Min. • Blutdruck diastol. ≤ 60 mmHg oder systol. < 90 mmHg • Alter ≥ 65 Jahre Für jedes zutreffende Kriterium wird ein Punkt vergeben: Ab einem Punkt soll die stationäre Aufnahme erwogen, ab zwei Punkten soll sie unbedingt eingeleitet werden.
Asthma, COPD oder beides?
Asthma-COPD-Overlap (ACO) in Diagnose und Therapie
Theoretisch sollte bei jedem/jeder Patienten/Patientin mit chronisch obstruktiver Atemwegserkrankung eine saubere Differenzialdiagnose zwischen Asthma bronchiale und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) gestellt werden – etwas, das sich in der Praxis oft als schwierig erweist. Dieser Problematik Rechnung tragend, geben die beiden internationalen Initiativen GINA und GOLD Empfehlungen, wie mit Menschen umzugehen ist, die Merkmale beider Erkrankungen aufweisen. Bei 15-20% aller Betroffenen liegt ein ACO vor – eine Atemwegserkrankung, die sowohl mit jenen Symptomen einhergeht, die für Asthma typisch sind, als auch mit solchen, welche die COPD kennzeichnen.
Unterschiede zwischen Asthma und COPD
als Spektrum unterschiedlicher Phänotypen beschrieben werden. Die Erkrankung tritt bereits im Kindes- und Jugendalter gehäuft auf. Beschwerden wie nächtliches Erwachen mit Reizhusten oder Dyspnoe und die Manifestation eines akuten Bronchospasmus während oder direkt nach intensiver körperlicher Aktivität sind Ausdruck einer ungenügend kontrollierten bronchialen Hyperreaktivität (BHR) und werden meist durch Trigger wie Allergene, Atemwegsinfekte oder kalte Luft initiiert. AsthmatikerInnen erleben häufige Wechsel zwischen symptomfreien und symptombehafteten Phasen und sprechen in der Regel gut auf inhalative Kortikosteroide und Bronchospasmolytika an. Eine typische, meist zwischen dem 40. und dem 60. Lebensjahr beginnende COPD ist bei fortgesetztem Tabakrauchen hingegen progredient. Verglichen mit Asthma, zeichnet sie sich außerdem durch eine geringer ausgeprägte bronchiale Hyperreaktivität aus. Zusammenfassend lassen sich bei der Abgrenzung von Asthma und COPD drei wesentliche Charakteristika festhalten – das klinische Bild, die Reversibilität der Bronchialobstruktion und die bronchiale Hyperreaktivität. Darauf basierend, ergeben sich in puncto Inhalationstherapie unterschiedliche Strategien: • Bei Asthma sollten langwirksame
Anticholinergika (LAMA) nie ohne inhalative Kortikosteroide (ICS) eingesetzt werden. • Bei COPD sollte die Behandlung mit langwirksamen ß-2-Agonisten (LABA) und/oder LAMA, aber ohne ICS gestartet werden. Bei etwa 15-20% der Patient
Innen ist eine eindeutige Unterscheidung zwischen Asthma bronchiale und COPD nicht möglich. >
Bei etwa 15-20% der PatientInnen ist eine eindeutige Unterscheidung zwischen Asthma bronchiale und COPD nicht möglich, weshalb vor einigen Jahren der Begriff „Asthma-COPD-Overlap-Syndrom" (ACOS) geprägt wurde, von dessen Gebrauch man inzwischen aufgrund fehlender Entitäten wieder abgerückt ist. Stattdessen wird der Terminus „Asthma-COPD-Overlap" (ACO) verwendet, welcher unterschiedliche Phänotypen mit jeweils heterogenen Pathomechanismen zusammenfasst. Nicht nur die Terminologie hat sich als unscharf erwiesen, auch die Empfehlungen für Diagnose und Therapie folgen derzeit keiner einheitlichen Leitlinie. Häufig ist erst im klinischen Verlauf erkennbar, ob Asthma bronchiale, COPD oder tatsächlich ACO vorliegt. Die simplifizierte diagnostische Herangehensweise impliziert Folgendes: Bei einer obstruktiven Atemwegserkrankung, die sich nicht sicher einem Asthma oder einer COPD zuordnen lässt, sollte die Diagnose ACO gestellt werden. Als Ergänzung liefern die Autoren der spanischen COPD-Guidelines spezifizierte Diagnosekriterien für ACO: 1,2,3 • Nikotinkonsum > 10 Packyears • Alter > 35 Jahre • FEV 1 /FVC < 70% der Norm nach
Bronchospasmolyse (FEV 1 = forciertes exspiratorisches Volumen; FVC = forcierte Vitalkapazität) UND • entweder Bluteosinophilie > 0,3 G/l oder • Verbesserung des FEV 1 um > 400 ml absolut und > 15% nach Bronchospasmolyse (oder Status nach „Early-Onset-Asthma“)
Maßgeschneiderte Therapie
Der GINA-GOLD-Konsens empfiehlt, die Behandlung am dominanten Phänotyp, sprich in Relation der für Asthma bzw. COPD typischen Merkmale, auszurichten. Wie eingangs erwähnt, sollte bei Asthma-Tendenz eine adäquate Controller-Therapie inklusive ICS,
Asthma bronchiale COPD
Beginn der Beschwerden
< 20 Jahre > 40 Jahre
Symptomcharakteristik
Lungenfunktion
Lungenfunktion im stabilen Intervall
Anamnese (inklusive Familienanamnese)
zeitlicher Verlauf
Lungenröntgen
variabel mit Symptom verschlechterung in der Nacht am frühen Morgen bei Anstrengung oder Allergenexposition
persistierend Belastungsdyspnoe chronischer Husten und
Sputumproduktion
variable Atemwegsobstruktion persistierende Atemwegsobstruktion
normal eingeschränkt
Diagnose „Asthma bronchiale“ bereits einmal gestellt Asthma bronchiale und/oder allergische Erkrankungen in der Familie
im langfristigen Verlauf keine Verschlechterung eher saisonale Varianz Spontanverbesserung möglich rasche Besserung unter Bronchodilatation oder ICS über Wochen
Diagnose „COPD" bereits einmal gestellt Tabakrauch-Exposition
langsame Verschlechterung über Jahre geringer Effekt von kurzwirksamen Bronchodilatatoren
normal Hyperinsufflation
bei COPD-Tendenz eine inhalative Bronchodilatation, eher ohne ICS, verordnet werden. Bei ACO behandelt man primär wie beim Asthma mit einem inhalierbaren Kortikosteroid, das mit einem langwirksamen ß-Mimetikum kombiniert werden kann. Ergänzend
ist eine Therapie mit einem langwirksamen, vielfach auch bei COPD eingesetzten Anticholinergikum anzudenken. Systemische ß-Blocker sowie Monotherapien mit langwirksamen ß-Mimetika sind therapeutisch nicht indiziert. Kardioselektive Blocker wie Metoprolol und Bisoprolol wirken nur Wrelativ β1-selektiv und weisen in höherer Dosierung einen hemmenden Einfluss auf β2-Rezeptoren auf. Bei bronchialer Hyperreaktivität kann sich die Lungenfunktion aufgrund einer Verengung der Bronchien konsekutiv verschlechtern. Eine dauerhafte Monotherapie mit bronchialerweiternden
Sprays (ohne ICS) beeinträchtigt bei Asthma und Asthma-COPD-Overlap sowohl die Asthmakontrolle als auch jene der ACO. Mag. a Sylvia Neubauer