GENDERN IM PRAXISMARKETING? „Deshalb entscheiden wir uns meist für das generische Maskulinum!“

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GENDERN IM PRAXISMARKETING?

„Deshalb entscheiden wir uns meist für das generische Maskulinum!“

Kaum ein Thema löst hitzigere Debatten aus als das Gendern. Auch im Praxismarketing stellt sich die Frage: Ja oder nein – und wenn ja: wie? Möglicherweise verschreckt man mit gegenderten Texten Patienten. Wen man aber ganz sicher verprellt, ist Google.

Als Agentur, die auf Praxismarketing spezialisiert ist, haben wir neben dem gesellschaftlichen Für und Wider des Genderns auch die Bedeutung der Sprache für OnlineMarketingstrategien im Blick. Um die Sichtbarkeit einer Praxiswebsite und deren Inhalte in Suchmaschinen zu verbessern, greifen wir auf Suchmaschinenoptimierung, kurz SEO, zurück.

Keywords, also die Suchbegriffe der User, nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. Sie sind essenziell für die Erstellung und Strukturierung der Website und die Gestaltung der Websitetexte. Die Mehrzahl der User gibt bei der Suche aus Bequemlichkeit oder Gewohnheit die grammatisch männliche Form ein. Man könnte denken, es mache für das Suchergebnis kaum einen Unterschied, ob die Nutzer sich für einen männlichen oder weiblichen Suchbegriff entscheiden. Aber: Fehlanzeige.

Die Realität von Google und anderen Suchmaschinen ist, dass Suchergebnisse bei den kleinsten Abweichungen in der Schreibweise der Keywords völlig verschieden ausfallen. Die OnlineSuche nach dem Begriff „Zahnarzt“ erzielt folglich tausendfach höhere Ergebnisse als die Eingabe „Zahnärztin“

und verweist auch auf deutlich mehr indexierte Seiten. Abhängig vom Suchvolumen und den Suchergebnissen von ermittelten Keywords, entscheiden wir uns deshalb in den meisten Fällen für suchmaschinen-optimierte Websitetexte und damit für das generische Maskulinum.

Der Begriff „Zahnarzt“ erzielt

Tausende mehr Treffer

Auch im Printmarketing stellt sich die Frage, ob Texte für Praxen gendergerecht geschrieben werden sollten. Dabei stehen vor allem die Lesefreundlichkeit und Prägnanz der Texte im Vordergrund. Ein Flyer, auf dem die wichtigsten Informationen kurz aufgeführt werden, lässt nur wenig Raum für Beidnennungen der Geschlechter und anderer ausgedehnter Formen der

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Während einige darin eine Verunstaltung und Verkomplizierung der deutschen Sprache sehen, argumentieren andere, dass die fortschreitende Gleichberechtigung der Geschlechter vor der Sprache nicht haltmachen sollte.
zm 113 Nr. 09, 01.05.2023, (746)
Foto: Nadja Alin Jung m2c | medical concepts & consulting Frankfurt am Main Foto: m2c

TIPPS FÜR DIE PRAXIS

„ Identifizieren Sie Ihre Zielgruppe!

„ Bestimmen Sie die Marketingziele für Ihre Praxis und entwickeln Sie geeignete Maßnahmen.

„ Erarbeiten Sie eine individuelle Kommunikationsstrategie und berücksichtigen Sie dabei Ihre Zielgruppe und die bestehende Praxiskultur!

„ Beachten Sie bei der Nutzung von gendergerechter Sprache die festgelegte Corporate Identity Ihrer Praxis.

„ Setzen Sie Ihre Kommunikation in Print- und Onlinewerbung einheitlich um!

Gendersprache. Man muss also kreativ sein und entweder geschlechtsneutrale Formulierungen finden oder aber, um der Textästhetik willen, bei der grammatisch männlichen Form bleiben. Die Einbeziehung von gendersensibler Sprache in die Gestaltung von Online-

WARUM GENDERN?

Präsenz und Printmitteln einer Praxis ist somit immer auch eine strategische Frage und hängt direkt mit der jeweiligen Zielgruppe und der Unternehmens- und Praxiskultur zusammen.

Der Begriff „gender“ bezeichnet das soziale Geschlecht im Unterschied zu dem biologischen Geschlecht „sex“. Die Forderung nach gendergerechter Sprache entsteht auch dadurch, dass das soziale und das biologische Geschlecht mitunter nicht übereinstimmen. Zudem ist in der deutschen Sprache das generische Maskulinum vorherrschend. Befürworter von gendersensibler Sprache sehen darin die Ausgrenzung von 50 Prozent der Bevölkerung, etwa wenn bei einen gemischt-geschlechtlichen Team lediglich von „Zahnärzten“die Rede ist. Auch diverse Menschen sind demzufolge in der Sprache nicht repräsentiert.

Man kann das „Gendern“ also als einen aktiven Beitrag zur Abschaffung patriarchaler Strukturen sehen, für die das generische Maskulinum steht. Als Argumentation dagegen wird oft angeführt, dass Gendern die Unterschiede zwischen den Geschlechtern vielmehr betont, als dass es echte Gleichberechtigung schafft: Anstatt die Geschlechter in der Sprache als Einheit darzustellen, hebe gendergerechte Sprache die Gegensätze eher hervor. Darüber hinaus störe die Gender-Schreibweise besonders in Fließtexten in Bezug auf Lesefluss, Sprachästhetik sowie Bedeutungserschließung.

Ihre Verfechter wollen mit gendergerechter Sprache Frauen und diverse Menschen gedanklich einbeziehen mit dem Ziel, Geschlechterstereotypen zu entkräften und eine Realität abzubilden, in der beispielsweise Frauen Berufe ausüben, die überwiegend Männern zugeschrieben werden und umgekehrt. Spricht man also von „Chirurg:innen“ oder „Pfleger*innen“, schließe man alle mit ein und trage einen Teil zur Abschaffung von Geschlechterklischees bei.

Dem wird häufig entgegnet, sprachliche und gesellschaftliche Gleichberechtigung seien nicht miteinander gleichzusetzen. Das Aufbrechen veralteter Geschlechterrollen sei in vollem Gange, eine künstliche Veränderung der Sprache brauche es dafür nicht. So sei zu beobachten, dass auch in Ländern, in denen Sprachen ohne jegliches grammatisches Genus gesprochen werden, keine Gleichberechtigung gelebt wird. Gendersprache überbrücke keine Kluften, sondern schaffe durch die Moralisierung ihres Gebrauchs neue: Oft entstehe der Eindruck, der Entschluss gegen geschlechtersensible Sprache sei gleichzeitig eine Entscheidung für die Diskriminierung von Frauen und diversen Menschen.

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