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Nach der fulminanten Zinswende der Notenbanken zeigen sich vermehrt Anzeichen einer weltweiten Rezession An den Finanzmärkten ist davon aber noch nichts zu spüren. Raiffeisen-Anlagechef Matthias Geissbühler erklärt, mit welchen Herausforderungen im zweiten Halbjahr zu rechnen ist – und mit welchen Anlagen Investorinnen und Investoren dennoch Geld verdienen können

Mitte Juni gibt die Europäische Zentralbank (EZB) wohl ihre nächste Leitzinserhöhung bekannt Wie markant wird diese ausfallen?

Matthias Geissbühler: Wir erwarten zwei weitere Erhöhungen um je 25 Basispunkte – eine im Juni und eine im Juli Anschliessend trifft sich die EZB erst im September wieder zu einem Zinsentscheid Bis dahin dürfte sich die Konjunktur bereits so stark abgekühlt haben, dass keine weiteren Eingriffe mehr nötig sein werden Damit wäre der Zinserhöhungszyklus in Europa abgeschlossen

Reichen diese zurückhaltenden Schritte, um die Inflation – 6,1 Prozent im Mai in der Eurozone – in den Griff zu bekommen?

Mehrere Vorlaufindikatoren, zum Beispiel der industrielle Einkaufsmanagerindex, deuten auf eine starke konjunkturelle Abschwächung hin In Deutschland wurde zudem das BIP-Wachstum vom ersten Quartal nach unten revidiert, womit sich das Land nun de facto in einer technischen Rezession befindet Unter diesen Voraussetzungen dürfte die EZB nicht mehr stark auf das Bremspedal drücken Zumal auch die US-Notenbank Fed kaum weitere Zinserhöhungen beschliessen wird Dies grenzt den Spielraum der EZB zusätzlich ein

Die Leitzinsen in den USA liegen aber auch deutlich höher

Die US-Notenbank hat viel früher reagiert und bereits im März 2022 erste Zinserhöhungen beschlossen Die EZB dagegen hat anfangs nur zugeschaut, weil sie die Situation falsch eingeschätzt hatte Sie sprach damals noch von einem vorübergehenden Phänomen Zudem hat sie sich aufgrund ihrer Forward Guidance in ihrem Handeln selbst eingeschränkt:

Indem sie per Sommer 2022 das Ende der quantitativen Lockerungsmassnahmen angekündigt hatte, konnte sie erst danach mit Zinserhöhungen starten Selbst die Schweizerische Nationalbank (SNB) wurde vor der EZB aktiv

Welche Folgen hat das Zögern der EZB für Europa? Ich sehe vor allem in den nachhaltig gestiegenen Inflationserwartungen ein Risiko: Nach wie vor haben die Notenbanken zum Ziel, die Inflation nicht über 2 Prozent klettern zu lassen Das zu lange Zögern der EZB hat dazu geführt, dass die Konsumenten mittlerweile mit einer Teuerung von rund 2,5 Prozent über die nächsten zehn Jahre rechnen, wie verschiedene Prognosewerte zeigen

Und damit wird es immer schwieriger die Inflation zu bekämpfen?

Genau Hinzu kommt: Eigentlich müsste die EZB weitere Zinsschritte vornehmen, doch der konjunkturelle Abschwung steht schon vor der Tür Damit ist sie zwischen zwei Zielen – der Inflationsbekämpfung und einer florierenden Wirtschaft – gefangen Nimmt man den politischen Druck, der in der Vergangenheit auf die EZB ausgeübt wurde als Massstab dürften bald Forderungen nach einem

Ende der restriktiveren Geldpolitik folgen

Nun zeichnet sich also eine Rezession ab Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein?

In Deutschland ist die Rezession schon

Tatsache Die Eurozone als Ganzes dürfte im ersten Halbjahr 2023 dagegen noch ein minimes Wachstum aufweisen Das liegt an der unterschiedlichen Entwicklung in den nord- und südeuropäischen

Ländern Letztere profitieren von Nachholeffekten der Pandemie besonders im Tourismus Für Europa rechnen wir allerdings für 2024 mit einem negativen Wachstum Eigentlich hatten wir den Abschwung schon früher erwartet, da sich die Effekte einer Zinserhöhung in der Vergangenheit meist innerhalb von zwölf Monaten manifestierten

Gilt das nicht mehr?

Diesmal lassen sie länger auf sich warten: Der Arbeitsmarkt ist nach wie vor sehr robust und der Dienstleistungssektor sowie der Konsum halten sich gut Die Rezessionsrisiken sind aber nicht aufgehoben, sondern nur nach hinten verschoben

Weshalb ist das so?

Die Pandemie spielt hier eine wichtige Rolle – auf verschiedenen Ebenen Einerseits hatten die Unternehmen Anfang Jahr noch volle Auftragsbücher, da sie ihre Bestellungen aufgrund der Lieferverzögerungen noch nicht abarbeiten konnten Beim Konsum macht sich zudem die erhöhte Sparquote positiv bemerkbar Inzwischen zeigen sich aber deutliche Anzeichen der erwarteten Abkühlung Wir gehen davon aus, dass es im zweiten Halbjahr so weit sein dürfte

Sieht man auf die Aktienmärkte, so scheinen die Anlegerinnen und Anleger weiterhin positiv in die Zukunft zu blicken Teilen Sie diesen Optimismus?

Tatsächlich hat der DAX Ende Mai einen neuen Höchststand erreicht Gleichzeitig entwickeln sich die Technologiewerte weltweit sehr erfreulich Allein die Nasdaq hat in diesem Jahr 25 Prozent zugelegt Getragen wird der Boom aber nur von wenigen grossen Titeln wie Alphabet, Apple, Microsoft oder Nvidia Zudem sind bereits wieder Zinssenkungen eingepreist Generell erwartet der Markt eine weiche Landung, mit einer eingedämmten Inflation und zeitgleichem Wirtschaftswachstum

«Nach dem starken Jahresstart rechnen wir im Sommer mit einer Konsolidierung an den Aktienmärkten. Der Fokus sollte auf qualitativ hochstehenden, defensiven Werten liegen.»

Ist das realistisch?

Nein, das wäre ein absolutes Traumszenario Man kann es nicht ausschliessen doch es scheint recht unwahrscheinlich Die Kerninflation ist hartnäckig hoch, was den Spielraum für baldige Zinssenkungen stark einschränkt Solche stehen höchstens im Fall einer starken Rezession auf der Traktandenliste Die Kombination einer sanften Landung der Wirtschaft mit gleichzeitigen Zinssenkungen ist daher unrealistisch Die Investorinnen und Investoren sind zu optimistisch

Wie schätzen Sie die Lage in der Schweiz ein?

Man kann tatsächlich von einem Sonderfall Schweiz sprechen – zumindest in diesem Zyklus Die Inflation hat bei uns ihren Höhepunkt bei 3 5 Prozent erreicht und liegt derzeit wieder bei 2,2 Prozent –deutlich unter den Werten in Europa oder den USA Entsprechend musste die SNB weniger drastisch eingreifen Wir erwarten im Juni den letzten Zinsschritt Daher sollte auch die Bremswirkung auf die Wirtschaft weniger stark ausfallen

Der Abschwung bleibt somit aus?

Die hiesige Wirtschaft hält sich aufgrund ihrer Branchenstruktur in konjunkturellen Abschwüngen besser als andere Regionen Einer weltweiten Rezession könnte sich aber auch die Schweiz aufgrund des hohen Exportanteils nicht entziehen Dennoch rechnen wir in der Schweiz mit einem leicht positiven Wachstum in diesem Jahr

Insgesamt scheinen die Schweizer Unternehmen gut unterwegs zu sein Wo sehen Sie deren grösste Herausforderungen?

Das erste Quartal 2023 fiel in der Schweiz solide aus grössere Enttäuschungen sind ausgeblieben Doch auch hierzulande haben viele Firmen noch von guten Aufträgen profitiert, die sie in den Vorjahren an Land gezogen hatten Die zukünftigen Schwierigkeiten sieht man bei den Auf-

drei, vier Jahren bereits wieder 2,5 bis 3 Prozent Sollte die Inflation in der Schweiz gegen Ende des Jahres unter 2 Prozent sinken, ergibt sich über die gesamte Laufzeit eine positive Realrendite Damit liessen sich Verluste aus der Teuerung vermeiden

An den Aktienmärkten erwarten Sie dagegen eine Korrektur?

Nach dem starken Jahresstart rechnen wir im Sommer mit einer Konsolidierung

Ich würde Aktien trotzdem im Auge behalten Der Fokus sollte jedoch auf qualitativ hochstehenden, defensiven Werten liegen Zu denken ist hierbei an Nahrungsmittel- oder Pharmatitel sowie Dividendenwerte Davon gibt es am Schweizer Aktienmarkt zahlreiche Unternehmen Für den hiesigen Markt sprechen auch die wirtschaftlichen Vorzeichen und der Franken, der tendenziell an Wert gewinnen dürfte

Was halten Sie von Rohstoffen oder Gold?

Für Gold sind wir nach wie vor positiv gestimmt Es war eine der wenigen Anlageklassen, die 2022 in Franken knapp ein Plus erreichte Auch in diesem Jahr konnte das Edelmetall zulegen Angesichts der grossen Nachfrage der Notenbanken – insbesondere aus den Schwellenländern – und der erwarteten Rezession dürfte Gold auch in den kommenden Monaten gefragt bleiben Ansonsten sind wir nicht in Rohstoffe investiert Das liegt an der starken Korrelation mit den Aktienmärkten, den hohen Rollkosten für Futures, auf deren Basis viele Rohstoffinvestments getätigt werden – und aufgrund von Nachhaltigkeitsüberlegungen

Noch im Dezember waren Sie positiv auf Immobilienfonds eingestellt Hat sich daran etwas verändert?

tragseingängen Dort mussten teilweise Einbrüche um 20 Prozent und mehr vermeldet werden Bereits im zweiten Quartal wird die Luft dünner In den Abschlüssen zum Halbjahr wird man den damit verbundenen Margendruck sehen Denn bisher konnten viele Firmen die steigenden Inputkosten – Lohn-, Energie- oder Materialkosten – weitergeben Irgendwann sind Preiserhöhungen aber nicht mehr möglich Dann gerät die Marge unter Druck

Haben Sie ein Beispiel?

Nestlé hat sich erfreulich entwickelt Der Nahrungsmittelkonzern konnte im ersten Quartal die Preise für seine Produkte um 9,8 Prozent erhöhen, ohne dass die Absatzzahlen gelitten haben Dadurch blieb auch die Marge stabil Irgendwann werden sich die Konsumenten aber nach Alternativen umsehen, sollten die Preise weiter steigen

Wie sollen sich private Anleger und Sparer also positionieren? Ich unterscheide zwischen einer kurzfristigen und einer langfristigen Perspektive: Auch wenn die Inflation nachgelassen hat, ist der Geldwerterhalt nach wie vor eine Illusion Bei einer Teuerung von 2,2 Prozent bringt es nicht viel, wenn die Spargelder zu einem Prozent verzinst werden Das Kapital schmilzt weg Für Gelder, die längerfristig investiert werden können, braucht man eine Alternative

Was empfehlen Sie?

Langfristig sind Finanzanlagen nach wie vor interessant Konkret?

Zum Beispiel Obligationen In diese Anlageklasse konnte man in den vergangenen Jahren fast nicht investieren, da sie häufig negativ verzinst wurde Heute bieten Unternehmensanleihen mit einer guten bis sehr guten Bonität (Investment Grade) und einer kurzen Laufzeit von

Bei Renditeliegenschaften haben wir zuletzt Preiskorrekturen gesehen In diesem Bereich rechnet unser Immobilien-Research mit einer Konsolidierung in gewissen Regionen, aber keinem starken Einbruch Der Grund ist einfach: Nach wie vor besteht eine hohe Nachfrage nach Wohnraum – wegen des fehlenden Angebots und der anhaltenden Zuwanderung Solange dieses Ungleichgewicht besteht, erwarten wir keinen massiven Einbruch, selbst wenn weitere Zinsschritte folgen sollten Zumal auch der Referenzzinssatz

Anfang Juni erhöht wurde Somit können viele Immobilienbesitzer die Mietzinsen per Anfang Oktober erhöhen

Lohnt sich der Kauf von Immobilienfonds?

Sie haben 2022 einen zweistelligen Einbruch erlitten Die Agios sind zusammengeschmolzen, auf Niveaus, die inzwischen wieder attraktiv erscheinen Wir empfehlen Immobilienfonds daher weiterhin als Beimischung in einem diversifizierten Portfolio Zudem lassen sich die Ausschüttungsrenditen von gut 2,5 Prozent sehen

Zum Abschluss: Wo werden die Märkte Ende Jahr notieren?

Anfang Jahr hatten wir eine schnellere konjunkturelle Abkühlung erwartet und entsprechend mit einer volatilen ersten Jahreshälfte gerechnet Diese Abschwächung wurde hinausgezögert Die konjunkturelle Verlangsamung wird sich nun im zweiten Halbjahr aber bemerkbar machen Derzeit notiert der Schweizer Aktienmarkt inklusive Dividenden rund 8 Prozent im Plus Wenn er das Jahr auf diesem Niveau abschliessen könnte, dann wäre das ein solides Börsenjahr Massiv höhere Kurse würden mich auf Jahressicht dagegen überraschen Umso mehr könnte es sich lohnen, temporäre Rücksetzer als Opportunität zu nutzen Denn zukünftig werden die Aktienmärkte nicht einfach in der Breite Rückenwind verspüren Vielmehr ist gutes Stock-Picking von grösster Bedeutung Mit der richtigen Titelselektion kann man auch in einem seitwärts tendierenden Markt Rendite erwirtschaften

Dieser Inhalt wurde von NZZ Content Creation im Auftrag von Raiffeisen erstellt

NZZ am Sonntag 11. Jun 2023
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Matthias Geissbühler Chief Investment Officer (CIO) von Raiffeisen Schweiz. FOTO PD
«DieInvestorensind zuoptimistisch»
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