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Sieben Wochen ohne?!

# Andacht to go

Veröffentlicht am Mittwoch, 14. Februar 2024 09:15
© Canva
Sieben Wochen ohne?!

Gleich zu Beginn ein Kompliment an die Handwerker hier vor Ort: Pünktlich zum Feierabend letzten Freitag fiel unsere Heizung aus, doch der Fachmann unseres Vertrauens schwang sich sogleich aus dem Sessel, rückte an und behob den Schaden. Bei der Gelegenheit erzählte er mir: „Einer meiner Leute ist gerade in Köln, um eine ausgefallene Heizung wieder in Gang zu bringen.“ Auf meine irritierte Frage, wie er denn an diesen Auftrag gekommen sei, obwohl es doch in der Domstadt meines Wissens auch Installateure gebe, gab er die eigentlich gar nicht so verblüffende Antwort: „Wegen Karneval. Der dortige Kollege ist ab Altweiber „auf Jück“ und frühestens an Aschermittwoch wieder zu sprechen – aber leise, bitte …“

Irgendwie kam mir der krause Gedanke: Wenn in Köln an Altweiber eine Heizung ausfällt merkt das wohl kaum einer sofort. Schließlich ist „janz Kölle auf den Beinen, liegt sich in den Armen uns schunkelt und bützt sich gegenseitig warm. Viren hin, kaputte Technik her: „Wenn et Trömmelsche jeht, dann stonn mer all parat“.

Aber eben nur bis Aschermittwoch. Dann ist bekanntlich alles vorbei.

Nach dem für manche obligatorischen Katerfrühstück geht es in Köln allenfalls in den Dom zum Empfang der Aschenkreuze, dann aber direkt wieder in den Alltag, in dem zum Beispiel diverse ausgefallene Wärmespender auf ihre Reaktivierung warten.

Sie ahnen es: als gebürtiger Bergischer kann ich die massive jecke Begeisterung am Rhein nur bedingt nachvollziehen. Sicher: Fantasievolle Kostüme oder kreativ gestaltete Mottowagen auf dem „Zoch“ haben schon was für sich. Gut verstehen kann ich auch, wenn man es vor kargen Zeiten noch mal so richtig krachen lassen will. Aber mal ehrlich: Unser Alltag muss ja nicht automatisch karg und freudlos sein. Um im Bild zu bleiben: Selbst bei der Reparatur einer Heizung kann noch der Flachs gedeihen, darf gelacht werden und vor allem „Danke!“

„7 Wochen ohne“ muss ja nicht sieben Wochen ohne Freude bedeuten.

Deswegen anders gefragt: Worum geht es denn traditionell in den kommenden sieben Wochen?

Hier kann Karneval helfen: Das Wort stammt von einer lateinischen Formulierung, die soviel wie „dem Fleisch valet sagen“, sprich „aufs Fleisch verzichten“ bedeutet. Oder kurz: Mit Aschermittwoch beginnt die siebenwöchige Fastenzeit, die dem Osterfest vorangeht.

Nicht nur leicht bis mittelschwer ramponierte Karnevalsjecken nutzen diese Zeit daher auch heutzutage zu bewusstem, meist der körperlichen und/oder seelischen Gesundheit förderlichem Verzicht. Nicht nur Christinnen und Christen entwickeln dabei Jahr für Jahr viel Kreativität: Eine Art von „Verzichtskultur“ ist entstanden, die längst nicht mehr auf alternative Milieus beschränkt ist.

So weit, so gut – keine Frage. Sicher wäre es auch für mich sinnvoll, wenn ich mein Lieblingshaustier, den inneren Schweinehund, wenigstens mal sieben Wochen gleichsam irgendwo in Pflege geben könnte, um endlich mal pfleglicher mit mir umzugehen.

Anderseits: Um pfleglichen Umgang mit mir selbst geht es ursprünglich eher weniger: Fastenzeit ist Passionszeit – so sagt es der Kalender der Kirche weltweit. Jetzt ist die Zeitspanne im Jahr, die wir besonders intensiv der Betrachtung des Erdenweges unseres Herrn widmen – und dieser führte nun mal ans Kreuz, nachdem eine demonstrierende Menschenmenge dies angesichts zaudernder Obrigkeit nachdrücklich und lautstark gefordert hatte.

In diesen Tagen gilt es demnach das Augenmerk darauf zu richten, was denn hinter dem eben noch weihnachtlich-gefühlvoll besungenen „Christ, der Retter, ist da“ eigentlich steht: Zugespitzt gefragt: Warum müssen wir überhaupt gerettet werden? Und wenn ja: Vor wem? Und was wäre, wenn Jesus nicht . . .?

Zugegeben: Eher unbequeme, vordergründig so gar nicht auf körperliche und/oder seelische Wellness abzielende Fragen.

Oder – zumindest „hintergründig“ – doch?

Kann es sein, dass es mir gut täte, wenn ich einmal offen mit mir umgehe?

Wenn ich mir die Jesu Worte „ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben“ zu Nutze mache, um damit auch die eher dunklen Passagen meines Lebensweges ehrlich und offen zu beleuchten?

Vielleicht geriete ich dabei ins Stolpern, würden mir die Knie weich.

Also besser doch „Augen zu und durch“, gerne garniert mit etwas Wellness samt moderater Verzichtskultur“

Muss nicht, denn es gilt doch: „Niemand kann tiefer fallen als in die Hände Gottes“ – und wenn mich die Fassungslosigkeit über meine eigenen Lebenswege aus der Bahn zu werfen droht, bietet ER mir doch immer festen Boden unter den Füßen, denn Jesus sagt zu: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“.

In diesem Sinne: Ihnen allen eine gesegnete Passionszeit!

Axel Mersmann