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Grammatik-, Stil- und Zeichensetzungsfehler

Wir ernten, was wir säen/sehen/sähen – was stimmt?

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Wenn etwas überzogen ist, verwenden wir die Wendung „übersät sein mit“. Doch warum schreibt sie sich nicht „übersäht“? Wir erklären, wie die Verben „sehen“, „sähen“ und „säen“ zusammenhängen.

Übersäht, überseht oder übersät: Sehen oder säen?
Wir alle kennen „sehen“ als Verb, aber wie sieht es mit „säen“ aus?
Korrekte Formen

  • Wir/sie sehen, (wenn) wir/sie sähen, wir/sie säen
  • Ich sehe, (wenn) ich sähe, ich säe
  • gesehen, gesät
  • übersehen haben, übersät sein


„Übersäht“, „übersät“, „gesäht“, „gesät“ oder doch anders?

Einen Garten zu haben, ist etwas Schönes. Sich ständig um diesen kümmern zu müssen, ist hingegen weniger schön. Da heißt es Unkraut entfernen, Blumen gießen und Hecken schneiden. Doch bevor eine Pflanze überhaupt wachsen kann, muss erst noch ihre Saat ausgebracht werden. Dafür gibt es das Verb (Tätigkeitswort) säen.

Allerdings ist die Schreibweise sehr ungewöhnlich, denn bei einem langen Vokal vermuten wir im Deutschen oft ein sogenanntes Dehnungs-h. Gebeugte Formen von säen schreiben wir überraschenderweise ohne diesen stummen Buchstaben.

  • übersät statt „übersäht“
  • gesät statt „gesäht“
  • ich säe statt „ich sähe“
  • wir säten statt „wir sähten“

Dieser Artikel soll Aufschluss darüber geben, welche genauen Formen schlicht nicht existieren und welche zwar grammatikalisch richtig sind, aber mit einem anderen Verb zusammenhängen, nämlich sehen.

Zunächst einmal muss gesagt werden, dass wir in vielen Dialekten einen klaren Unterschied zwischen einem „e“ und einem „ä“ hören können. Im Standarddeutschen fallen jedoch beide Laute zusammen. Der Artikel geht im Folgenden vom Hochdeutschen aus.

  • Wir sehen und wir sähen sind also nur in manchen Varietäten identisch.
  • Sie sähen und sie säen sind aber in allen Dialekten gleichlautend.

Wann verwenden wir „sehen“ und „sähen“?

Das Wort sehen kommt weitaus häufiger vor als säen. Es wird stark (also unregelmäßig) konjugiert, was sich am Vokalwechsel und der besonderen Endung des Partizips („Ge-Form“) erkennen lässt.

Präsens (Gegenwart) Präteritum (Vergangenheit)
Ich sehe Ich sah
Du siehst Du sahst
Er/sie/es sieht Er/sie/es sah
Wir sehen Wir sahen
Ihr seht Ihr saht
Sie sehen Sie sahen
  • sehen
  • sehend
  • gesehen
  • Sieh/Seht!

In allen Formen sehen wir das obligatorische Dehnungs-h, was den vorangegangenen Vokal automatisch verlängert.

Wenn wir uns nun den Konjunktivformen (Möglichkeitsformen) von sehen widmen, wird ersichtlich, dass es neben den Vokalen „e“, „a“ und „i(e)“ auch den Umlaut „ä“ geben kann. Das stumme „-h-“ bleibt stehen.

Konjunktiv I Konjunktiv II
Ich sehe Ich sähe
Du sehest Du sähest
Er/sie/es sehe Er/sie/es sähe
Wir sehen Wir sähen
Ihr sehet Ihr sähet
Sie sehen Sie sähen

Die Bedeutungen des Wortes umfassen neben „blicken“ und „erkennen“ auch folgende Möglichkeiten:

  • bemerken
  • betrachten
  • einschätzen
  • erblicken
  • erleben
  • forschen
  • im Auge behalten
  • prüfen
  • ragen
  • verstehen
  • wahrnehmen
  • (zu)schauen

Entsprechend lassen sich unzählige Beispiele finden.

Ich sehe zu, dass du die Informationen bald bekommst.
Wir sehen die Kleine viel zu selten!
Alle sagen, er sähe gut aus.
Wir dachten, sie sähen uns das nach. Aber dem war nicht so.
Tipp

Insbesondere beim undeutlichen und schnellen Sprechen neigen viele dazu, die zwei Silben nicht als solche auszusprechen, sondern die zweite Silbe zu verschlucken.

Daher wirkt die Grundform sehen verwandt mit den Seen oder mit Begriffen, die mit „Sehn-“ beginnen.

  • In den Alpen gibt es viele Seen.
  • Der menschliche Körper hat viele Sehnen.
  • Ich sehn’ mich im Sommer nach Abkühlung.

Sehen reiht sich in eine Ansammlung von Verben ein, deren Stamm auf einem „-h“ endet: erhöhen, gehen, nähen, wehen etc.

Grammatikalisch birgt sehen noch weitere Fallen, die sich allesamt mit dem Einsatz eines intelligenten Schreibassistenten wie LanguageTool vermeiden lassen. So weiß ich beim Tippen immer direkt, ob sich der Imperativ etwa mit seh oder sieh bildet. Zudem kann die Rechtschreibprüfung Korrekturen zur Zeichensetzung und zum Sprachstil aufzeigen sowie meinen Text umschreiben.


Wann schreiben wir „säen“?

Aber zurück zu unserem neuen Lieblingswort säen. Dieses hat nur zwei Grundbedeutungen:

  1. „Pflanzensamen ausbringen“
  2. (übertragen) „ein negatives Gefühl wie Hass, Unzufriedenheit oder Zwietracht auslösen“

In beiden Bedeutungen wird ein (metaphorischer) Keim vorbereitet, um eine Pflanze oder eine Emotion zu verbreiten.

Das Verb wird schwach (also regelmäßig) konjugiert.

Präsens (Gegenwart) Präteritum (Vergangenheit)
Ich säe Ich säte
Du säst Du sätest
Er/sie/es sät Er/sie/es säte
Wir säen Wir säten
Ihr sät Ihr sätet
Sie säen Sie säten
  • säen
  • säend
  • gesät
  • Sä(e)/Sät!

Auch die Konjunktivformen beugen sich regelmäßig – wie die gezeigten Indikativformen. Der Vokalwechsel im Konjunktiv kann nicht stattfinden, da der einzige Vokal des Verbstammes bereits einen Umlaut darstellt.

Konjunktiv I Konjunktiv II
Ich säe Ich säte
Du säest Du sätest
Er/sie/es säe Er/sie/es säte
Wir säen Wir säten
Ihr säet Ihr sätet
Sie säen Sie säten

Hier wieder einige Beispiele:

Jetzt müssen wir nur noch die Tomaten säen.
Bauernfamilien säten früher alles mit der Hand.
Der Rasen ist übersät mit Gänseblümchen.
Die Theorie hatte Unfrieden in der Gesellschaft gesät.

Wir merken uns, dass es in keiner Form ein Dehnungs-h gibt und der Stammvokal stets das „ä“ ist. Lediglich das verwandte Nomen Saat beinhaltet einen anderen Selbstlaut.

„Sehen“ lässt sich unregelmäßig konjugieren („sähen“, „gesehen“). „Säen“ hingegen regelmäßig.
In dieser Übersicht sehen wir auch, wie „säen“ konjugiert wird. 
Wieso finden wir bei „säen“ kein „h“?

Die Verben sehen und säen haben etymologisch nichts gemeinsam. Sehen entstand bereits im 8. Jahrhundert als althochdeutsch „sehan“ („mit dem Gesichtssinn wahrnehmen“). Erst später entwickelten sich daraus Begriffe wie Aussehen, Vorsicht oder Sehenswürdigkeit.

Säen hingegen gelangte als germanisches Wort ebenfalls im 8. Jahrhundert ins Deutsche, wo es dann im Mittelhochdeutschen als „sæjen“, „sæhen“, „sæwen“ oder „sæn“ geschrieben wurde. Die Herkunft dieses Wortes ist umstritten, geht aber wahrscheinlich auf das altindische Wort für „werfen“ zurück. Später entfielen dann sämtliche Zwischenlaute und der Verbstamm lautete nur noch „sä-“.

Übrigens ist säen das einzige deutsche Verb mit einem Umlaut plus der generellen Endung „-en“. Allerdings finden wir einige Tätigkeitswörter mit einem Diphthong (Doppelvokal) als Endsilbe des Verbstammes.

  • bauen
  • betreuen
  • schreien etc.

Und dieser kleine Umstand kann unsere Merkhilfe für die Schreibweise von säen sein.

  • bauen → ich baue → wir bauen → gebaut
  • säen → ich säe → wir säen → gesät

Plötzlich ein stummes „-h-“ zwischen Stamm und Konjugationsendung einzuschieben, erscheint nun etwas unlogisch, oder?

Schlussendlich lassen sich einige Schreibweisen finden, die immer falsch sind:

Die Haut war übersäht mit Mückenstichen.
Expertinnen sind hier dünn gesäht.
Ich sähte letztes Jahr Tomaten, Zucchini und einige Blumen.
Sie sähen Misstrauen in der Firma.

Die Sätze sollten nämlich wie folgt lauten:

Die Haut war übersät mit Mückenstichen.
Expertinnen sind hier dünn gesät.
Ich säte letztes Jahr Tomaten, Zucchini und einige Blumen.
Sie säen Misstrauen in der Firma.
In Kürze

  • Formen von sehen werden immer mit einem „-h-“ geschrieben. Oft finden wir ein „e“, „ä“ ist allerdings auch möglich.
  • Formen von säen enthalten niemals ein Dehnungs-h und werden immer mit einem „ä“ gebildet.
  • Sähen und säen sind immer gleichklingend (Homofone), in einigen Varianten wie der deutschen Hochlautung kommt sehen noch hinzu.

Gut, wir sehen inzwischen also den Zusammenhang, wenn wir das Saatgut unter die Erde bringen. Doch säen ist bei Weitem nicht der einzig schwierig zu schreibende Teil der Gartenarbeit. Denken Sie an Auflagen nähen, Unkraut jäten, Rasen mähen und so weiter. Und immer dabei im Kopf behalten: Wir ernten, was wir säen (nicht sehen oder sähen)!


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