Nordseeküstenradweg von Dagebüll nach Tönning – Unendliche Weiden!

Schiffswrack mit Hallig

84 Kilometer und irrsinnige 73 Höhenmeter
Gefahren am 22. Mai 2023

Wer auf diesem Abschnitt des Nordseeküstenradwegs unterwegs ist, braucht Geduld, Ausdauer und viel Sinn für´s Detail!

Für heute Nachmittag gibt es eine Wetterwarnung: Sturmböen, Starkregen und Gewitter ab 15:00 Uhr. Für uns ein Grund, doch wieder ein Last-Minute-Hotelzimmer zu buchen und heute mal nicht zu bummeln.

Der alte Leuchtturm in Dagebüll ist das letzte größere Gebäude für die nächsten 40 Kilometer. Wir fahren auf glatten, aber ziemlich zugesprenkelten Wegen immer vor oder hinter dem Deich, umgeben von tausenden Schafen und … Gras!

Beim Radeln in eher reizarmer Umgebung fallen einem kleine Details in der Flora und Fauna auf. Die Schafe dieser Weide sehen ein wenig anders aus als die zuvor. Es gibt die bräunlicheren oder beigeren, die mit längeren Gesichtern oder die mit schweine-ähnlicher Statur. Die einen sind neugierig, die anderen eher teilnahmslos. Dann gibt es die mit den großen Ohren, die fast intelligent aussehen – man sieht sie fast immer nur von Weitem. Aber fast allen ist gemein, dass sie immer fressen und wenig scheu sind, ganz anders als die schottischen Schafe oder die aus Yorkshire!

Ein Stück England in Nordfriesland ..

Unterschiedlich sind auch die vielen Nuancen der Feuchtwiesen, die wir passieren: Die einen sind grün und der Bewuchs eher zart, die anderen sind bräunlich und besenartig. Es gibt auch üppige, mit Sumpfgras bewachsene. Nur eins sehen wir nicht – das Meer!

In der Ferne erkennen wir ein paar dunkle Erhebungen, wie Schiffe, am Horizont – das sind die Halligen und deren Gehöfte, auf Warften angelegt. Auf die Hallig Neuwarft führt sogar eine Transportbahn, deren Schienen wir überqueren. Wow!

Alle etwa 800 Meter gibt es ein Schafgatter, dass es zu öffnen und zu durchfahren gilt. Eine willkommene Abwechslung, die verhindert, dass wir uns in der Kontemplation verlieren. Quietsch, Krach, hallo wach! Es sind etwa dreißig, bis ich mit den Zählen aufhöre.

Das alles klingt sehr negativ, aber das ist es nicht. Bei angenehmen Temperaturen radeln wir nahezu mühelos dahin, der Wind hält uns nur etappenweise auf. Vielmehr kühlt er angenehm, wo es streckenweise recht schwül ist. Jede(r) hängt seinen eigenen Gedanken nach und Autos und andere Lärmquellen gibt es kaum. Hin und wieder umschwirren uns Schwalben oder Lerchen und die Schafe blöken in unterschiedlichsten Stimm-Varianten.

Husum

Eine unwillkommene Unterbrechung ist Husum. Eigentlich ist die Stadt ganz nett, aber sie ist dem Flow hinderlich. Gut genug für einen Einkauf und eine A-Pause mit Kaffee on the fly. Weiter geht‘s zurück an den Deich!

Bis Tönning sehen wir kein Meerwasser. Wir passieren Priele, Siele und Brackwasser-Seen, auch Abschnitte mit klassischem Watt. Da habe ich hier eine tolle Strecke ausbaldowert, aber die Tide nicht beachtet!

Tönning

Tönning ist ein nettes Örtchen, das wir jedoch komplett im Regen erleben, Immerhin haben wir den Ort noch vor dem Starkregen erreicht.

Fazit des heutigen Tages: Tolle Tour, aber bitte nicht jeden Tag. Ein bisschen abwechslungsreicher sollte es auf Dauer schon sein …

Auf dem Festland kurz vor Tönning

Querfeldein von der Ostsee zur Nordsee – Nur fliegen ist schneller!

Flensburg nach Dagebüll, 62 Kilometer, 170 Höhenmeter
Gefahren am 21. Mai 2023

Heute ist das Fahrgefühl so, wie wir uns das Radeln im Hohen Norden vorgestellt haben. Es ist flach, flacher, am flachsten und einmal angefahren, heißt es nur noch Rollen!

Den einzigen nennenswerten Anstieg heute haben wir direkt in Flensburg. Nach dem Hafen geht es einmal ordentlich bergauf und dann nur noch runter. Der Hafen ist heute am Sonntagmorgen übrigens wesentlich ruhiger als gestern!

Interessant ist, dass uns auf flachen und asphaltierten Routen immer sehr schnell der Hintern wehtut. Alle 20 Kilometer müssen wir mindestens eine „Arschpause“ machen. Da es sich hier um keine touristische Strecke handelt, ist es nicht so einfach, Pausenplätze zu finden. So rasten wir auf dem Dorfplatz von Medelby und an einer Bushaltestelle im Nirgendwo zwischen Medelby und Niebüll.

Medelby
Pause 2

Wegequalität heute: Landstraßen, wenig befahren, ohne Radweg. Landstraßen, mehr befahren, mit hubbeligen bis sehr hubbeligen Radwegen (Shame on Osterby!).
Einspurige geteerte Wege zwischen Gehöften (unsere Favoriten!) oder die von uns weniger geschätzten Sandwege mit Feinkies-Einlage (uhhhh!). Aber für alle gilt – bitte schnurgerade!

An einer Stelle haben wir links Deutschland und rechts Dänemark, die EU-Binnengrenze mit einem einfachen Metallzaun gesichert. Friedel hält’s für einen Grundstückszaun, aber mitten zwischen den Feldern? 🙂

Aufgrund der eher langweiligen Landschaft müssten wir heute eigentlich heute mauliger als gestern sein. Dem ist aber nicht so – Es gibt kaum Autoverkehr, der Wind weht genau so, dass man es als angenehm empfindet und auf den Feinkies-Wegen geht es im Gegensatz zu gestern nicht bergauf!

Außerdem ist die Jahreszeit einfach ideal, um auch eher reizärmere Landschaften genießen zu können: Von links duftet der Flieder, von rechts der Raps und das eine oder andere Friesenhaus mit Reetdach entzückt. Je näher wir der Nordseeküste kommen, desto größer übrigens der Anteil an Bauernhöfen mit diesen Schilfdächern.

Zweisprachige Ortsschilder verraten uns übrigens, dass wir im Land der dänischen Minderheit und der Nordfriesen in Deutschland unterwegs sind. Das ist nicht dasselbe! Der Landkreis Nordfriesland ist mit fünf Sprachen der sprachenreichste in Deutschland. Das Herz der Linguistin hüpft!
Hier heißen alle Jenssen, Petersen, Olsen oder Almquist. Dagebüll heißt übrigens auch Doogebel, auf Nordfriesisch.

In Niebüll gibt es die Kaffeepause in einem Café mit Kuchen heute schon um eins und wir dehnen sie lange aus. Sooo früh wollen wir heute auch nicht am Ziel ankommen!

Dagebüll ist in erster Linie der Fährhafen nach Amrum und Föhr plus ein paar Hotels, einer wildwestartigen Restaurant -, Läden- und Fischbudenmeile und einem Ferienhauspark. Wir hatten erwogen, hier zu campen, aber bei näherer Recherche erwies sich der Campingplatz als parzellierter Wohnwagenpark, wenig ansprechend für uns Zeltcamper. Da habe ich uns kurzerhand über „booking-com“ in ein Hotelzimmer gebucht. Wie campen geht, das wissen wir ja schon! 🙂

Wir schieben uns und die Fahrräder zum Fähr-Terminal, einmal über den Deich und einmal über die Restaurant-Meile. Es ist gerade Flut und Strand gibt es keinen. Vielleicht später?

Da gibt es nichts anderes als chillen im Hotelzimmer, immerhin mit Meerblick. Das Zimmer ist wesentlich billiger als das gestern in Flensburg, bietet aber ungleich mehr für das Geld. So gibt es immer wieder Überraschungen!

Stilecht suchen wir uns für den Abend das ausgewiesene Fischrestaurant im Ort aus. Auch hier – ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Fast wie vor Corona! Nicht schlecht, dieser Transit-Tag!

DDLN Jagel nach Flensburg – Mission accomplished

60 Kilometer, 410 Höhenmeter
Gelaufen am 20. Mai 2023

Die letzte Etappe von DDLN!
Im März 2019 haben wir unseren großen Deutschlandweg in Schaffhausen begonnen und haben in kleineren und größeren Abschnitten Deutschland von Süd nach Nord durchlaufen – durch den Schwarzwald, Schwaben, Franken, Thüringen, das Eichsfeld, den Harz, das Braunschweiger Land, das Wendland und jetzt durch die Holsteinische Schweiz bis zur Grenze nach Dänemark. Zwischendurch war Corona, wir sind umgezogen und haben unsere Jobs in Homeoffice verlegt. Außerdem haben wir das Radfahren wiederentdeckt. So viel ist während dieser fast 2000 Kilometer passiert!

Die finale Etappe heute ist gar nicht mal so lang. Aber wir sind froh, dass wir sie fahren und nicht laufen müssen!

Heute sind wir beide ein wenig maulig. Nach den Highlights der letzten Tage erscheinen uns die Wälder eher gewöhnlich und die Seen mickrig. Über fünfzig Prozent der heutigen Etappe verlaufen über Asphalt, zumeist durch rurale Gebiete mit jungem Mais, Raps und Weizen. Auch die erdigen Waldpfade der letzten Tage sind passé – heute knirschen wir über Kies, Steine und Feinschotter. Hügelig ist es immer noch, aber wir sind viel missmutiger als in den letzen Tagen und die Anhöhen erscheinen uns quälend.

Die Sonne scheint, aber wärmt nicht. Das liegt an dem fiesen Wind, der fast immer von rechts vorne kommt. Es könnte aber schlimmer sein, denn immerhin regnet es nicht und der Wind kommt nur selten direkt von vorn. Wahrscheinlich sind wir einfach zu verwöhnt!

Wikingerdorf Haithabu

Erste Station heute: Die frühere Wikingerstadt Haithabu. Uns begegnen stilechte Wikinger mit To-Go-Kaffeebechern in der Hand, auf dem Weg zur Arbeit in das Wikingerdorf. Wir sind zu früh und fahren weiter!

Schleswig ist mittelprächtig, da haben wir uns mehr erhofft. Der Schlenker an der Schlei entlang in die Stadt hat sich insofern gelohnt, dass wir dort einen leckeren Eiskaffee schlürfen können.

Schleswig

Im zweiten Teil des Tages bessert sich unsere Laune oder die Strecke wird besser. So genau wissen wir das nicht. Uns gefällt zum Beispiel die Rekonstruktion des Langrabs bei Munkwolstrup und die umliegenden Reste jungsteinzeitlicher Gräber.

Langgrab

Flensburg hat eine hübsche Hafenmeile, ist aber heute am Brückentag-Samstag proppenvoll. An den Molen liegen die fetten Yachten und bei Gosch stehen sie Schlange. Wir nehmen unsere Fischbrötchen etwas abseits und sitzen draußen in der hinterletzten Ecke. An solch überfüllten Plätzen reagiere ich stets panisch!

Zum Glück haben ich ein Hotel etwas abseits vom Zentrum in einem Vorort von Flensburg gebucht. Wir feiern das Ende unseres Deutschlandwegs beim Kroaten an der Ecke.

Aber unserer Urlaub ist noch nicht zuende! Wenn ihr mögt, folgt uns in den nächsten Tagen weiter an die Nordsee!

Hoffentlich habe wir dann wieder bessere Laune ..

DDLN von Kiel nach Jagel bei Schleswig: Ostseeküsten-Radweg ohne Ostsee!

90 Kilometer, 869 Höhenmeter
Gefahren am 19. Mai 2023

Beste Voraussetzungen haben wir heute für eine spektakuläre Rad-Etappe: Wir werden ein langes Stück direkt an der Ostsee entlangfahren und dann noch an der Schlei! Und das alles bei besten Wetter! Da beunruhigt es uns kaum, dass die heute geplante Etappe mit 84 Kilometern auf dem E6 relativ lang ist. Das schaffen wir locker!

Denkste. Heute ist nämlich der Tag der Umleitungen. Wir freuen uns, dass wir verkehrsarm und zügig aus Kiel herauskommen. Wir passieren den Hafenabschnitt, an dem die großen Kreuzfahrtschiffe liegen und die Fähren nach Skandinavien anlanden. Meine Güte, was sind das für Riesenpötte!

Aber in den Suburbs der Stadt ist ein Radweg an der Stadtautobahn gesperrt und die kilometerweite Umleitung endet im Nichts. Wir tüfteln und knobeln, wie wir denn auf die andere Seite der vermaledeiten Stadtautobahn kommen. Bestimmt dreimal kehren wir um, bis wir dann endlich den richtigen Ausstieg gefunden haben. Pfff!

Wir atmen auf, als es endlich wieder ländlich und grün wird. Wir sind entzückt, dass es hier überall in freier Wildbahn die Atlantischen Hasenglöckchen (Bluebells!!!) gibt. Das wussten wir nicht!

Als wir Sande die Küste erreichen, hoffen wir auf einen Kaffee in einem legeren Standcafé. Leider Fehlanzeige, denn vor elf Uhr öffnet hier gar nix!

Erst am Leuchtturm von Bülk kommen wir zu unserer Zweitfrühstücks-Pause. In Kiel war das Frühstück im Hotel nämlich sauteuer, sodass wir darauf verzichtet und in einer Bäckerei gefrühstückt haben. Das war aber recht wenig und wir haben wieder Hunger. So gibt es um 10:30 Uhr bei uns schon Bockwurst und Kartoffelsalat!

Nach dem Leuchtturm beginnt ein richtig schöner Abschnitt auf dem E6 und dem E1, die hier parallel verlaufen. Wir fahren durch einen lichten Eichenwald, der bis an den Strand reicht. Links Wald mit Farn, rechts der weiße Sandstrand .. das ist ja fast wie auf dem Southwest Coast Path hier!

Schade für uns Radler ist jedoch, dass der weitere Weg dann wegen der Uferschwalben gesperrt ist und wir „Wanderer“ direkt am Strand entlang laufen sollen. 30 Kilo schwere Fahrräder mit Gepäck länger durch den Sand zu schieben, noch dazu mit kaputtem Fuß, das schaffen wir nicht. Wir wenden uns landeinwärts, aber die von uns ausbaldowerte Umleitung über ein Gehöft ist leider gesperrt – drei Schilder weisen den Weg als streng privat aus und wir trauen uns nicht über den Hof.

In einem weiten Bogen fahren wir fast bis zum Leuchtturm zurück und treffen auf der Landstraße auf den Fernradweg D2, auch Ostseeküsten-Radweg genannt. Weil es mittlerweile schon recht spät ist, wollen wir uns ein wenig beeilen und folgen dem D2 bis Eckernförde. Was für eine traurige Veranstaltung!

Hier auf dem populären Radweg treffen wir auf Trillionen Radwanderer mit fetten Radtaschen an den Drahteseln – manche mit elektrischer Unterstützung, aber die meisten sind wie wir noch immer sportlich ohne Motor unterwegs. Kilometerweise fahren wir auf einem Radweg an einer vielbefahrenen Landstraße entlang. Hin und wieder blitzt in der Ferne ein Stück der Ostsee in das Auge des Radwanderers, aber meistens blicken wir auf Wald und Felder. Wir sind froh, dass wir in den letzten Tagen schon reichlich Wasser gesehen haben, denn diese Straßentour heute als „Ostseeküstenradweg“ zu bezeichnen, ist eine Farce!

Eckernfördes Innenstadt lassen wir rechts liegen und folgen nun wieder nach Plan dem E6 in Richtung Schleswig.

Am Windebyer Noor, einem großen Binnensee hinter Eckernförde, ist unsere Welt wieder in Ordnung. Wir radeln einen kombinierten Fuß- und Radweg direkt am Ufer entlang. Der See ist von Schilf umstanden, die Enten quaken und die Schwäne cruisen!

Geschichtslektion für heute: Hier verläuft der Ostwall der alten Wikinger-Befestigung. Wie immer erkennen wir wenig, aber die Erklär-Schilder weisen den Grund unter unseren Füßen als geschichtsträchtig aus. Wir sind beeindruckt!

An der Schlei passieren wir ein Elite-Internat, wo wir von wohlerzogenen jungen Männern freundlich gegrüßt werden. Leider dürfen wir auch hier nicht weiterfahren, weil der weitere Weg gesperrt ist. Hier ist Umleitung Nummer Zwei angesagt, über eine Waldkapelle, natürlich stramm bergauf.

Noch eine Umleitung ist fällig, als wir direkt am Schlei-Ufer entlang radeln wollen, aber der schmale Weg offensichtlich nicht für Radler freigegeben ist. Noch dazu hätten wir die Räder eine steile Treppe hinauftragen müssen. Wir kehren um – Das sind wir ja mittlerweile gewöhnt!

Zum Glück haben wir über die Abkürzung auf dem D2 ordentlich Kilometer gemacht, sodass wir in akzeptabler Zeit in unserem Landgasthof in Jagel eintreffen.

Der Laden gefällt uns ausnehmend gut. Gestern in Kiel gab es Linguine mit Spargelspitzen in homöopathischer Menge, heute Jägerschnitzel mit Bratkartoffeln. Bei der Menge eine echte Herausforderung!

Nebenan sitzt eine Bikergruppe aus Dänemark. Hier ist der „echte“ Norden!

DDLN von Eutin nach Kiel – Vermeide die Popkultur!

Blick auf Plön

76 Kilometer, 630 Höhenmeter
Gefahren am 18. Mai 2023

Nein, was war das für eine schöne Tour heute! Wenn ihr mal die Gelegenheit habt, in die Holsteinische Schweiz zu fahren, dann tut es!

Heute umfahren wir See nach See. Erst ist es der Kellersee bei Eutin, dann der Dieksee, dann der Behler See, dann der Plöner See. Wir durchqueren herrliche alte Wälder und der E6 verläuft heute fast durchweg auf Naturwegen und wurzeligen Pfaden.

In Malente legen wir bei der kleinen sexy Meerjungfrau unsere erste Kaffeepause ein. Umgeben von mondänen Hotels kommen wir uns mit unserer Thermoskannen- und -Butterstullen-Aktion etwas fehlplatziert vor, aber die Cafés sind heute so früh am Feiertag eh noch geschlossen!

Bombiges Wetter heute!
Das motiviert scheinbar sehr viele Holsteiner, eine alte Tradition zu pflegen – den Vatertagsausflug!

Millionen passieren uns. Reine Männergruppen älteren Semesters, aber auch ganze Abitur-Jahrgänge, auch mit Hosteinerinnen. Ab Mittag wanken uns Betrunkene entgegen und wir versuchen, die torkelnden Gestalten in einem großen Bogen zu umfahren. Besonders gefährlich sind angetrunkene Fahrradfahrer. Mehrmals werden wir zum Mitfeiern aufgefordert. Wer uns kennt, der weiß, dass wir gern auch mal einen heben – aber doch nicht schon um elf Uhr morgens!

Darunter sind Menschen, die es vermutlich sonst nie in den Wald treibt. Sie schieben in Teamarbeit schwere Bollerwagen die wurzeligen Anhöhen hoch und beschallen mit ihren Boomboxen Feld und Flur. Wir sagen nur – nie wieder am Vatertag unterwegs sein!

Abgesehen von dem Gelärme sind wir begeistert von der Tour heute. Der E6 führt uns ständig rauf und runter und die Hosteinische Schweiz zeigt uns, was eine Harke ist!

Im Gegensatz zum Wittekindsweg lassen sich aber fast alle Anstiege fahren. Das strengt mich zwar sehr an, aber wegen meinem Fuß will ich halt möglichst wenig absteigen. Da heißt es Zähne zusammen beißen und strampeln!

Am Ende des Tages geht es noch durch das wunderschöne Tal der Schwentine. Das ist der Name eines Flusses!

Kiel kündigt sich an durch kreischende Möwen und viel Verkehr. Immerhin verhalten sich die Menschen hier in der Großstadt wieder normal!

Im Vergleich zu Lübeck erscheint uns Kiel viel größer. Zum Glück finden wir unser Hotel schnell und zum Abendessen müssen wir nur einmal ums Eck zur Holstenbrücke. Morgen wird es hoffentlich wieder ruhiger im Wald. Wir freuen uns auf den nächsten Abschnitt, der uns an der Ostseeküste und der Schlei entlang führen wird!

DDLN Lübeck nach Eutin – Experiment fehlgeschlagen

Auf lokalen Radwegen und auf dem E6: 60 Kilometer und 520 Höhenmeter
Gefahren am 17. Mai 2023

Gestern wollten wir es noch nicht sagen: Auf dem Rückweg vom Wok-Chinesen habe ich mir auf dem Lübecker Kopfsteinpflaster arg den Knöchel verknackst. Es schmerzte deutlich und binnen weniger Minuten schwoll der Knöchel an. Erst dachten wir, das wär´s jetzt und wir könnten nach Hause fahren. Wir diskutierten darüber, wie wir die Fahrräder und mich im Falle eines Totalschadens nach Hause bekämen.
Über Nacht heilten die Bänder dann aber schon und Friedels Tape-Künste sorgten dafür, dass ich wieder in die Pedale treten konnte. Den Rädern sei es gedankt – Wandern hätte ich nicht können!

Deshalb wollten wir heute hubbelige Waldwege und steile Ansteige vermeiden und haben uns fußschonend für die erste Hälfte des Wegs für eine Alternativ-Route über Radwege entschieden – und es bereut!

Oh Graus! Unsere von Garmin zusammengestellte Radroute führt uns durch Wohngebiete und an vielbefahrenen Bundesstraßen entlang. Statt Vogelgesang und Windesrauschen heute Baustellen-Gelärm, Motorgebrumm und Stress. Das. Wollen.Wir. Nicht!

Die Qualität einer Strecke bemisst sich auch in der Anzahl der Fotos, die Friedel macht. Ein einziges Foto gibt es bis Haffkrug!

Die Ostsee
Strandhäuschen in Haffkrug

In diesem kleinen Ostseedorf erblicken wir das erste Mal die offene Ostsee. Die Strandkörbe und der schmale, gepflegte Sandstrand erinnern uns an Urlaubs-Erlebnisse aus unserer Kindheit. Leider weht heute ein schneidend kalter Wind und wir radeln weiter, in der Hoffnung, dass die Temperaturen endlich steigen.

Neustadt in Holstein

In Neustadt legen wir eine konsequent gute Pause ein, mit Kaffee und Fischbrötchen und ein wenig Sonne. Trotzdem können wir uns nicht überwinden, das Zelt-Experiment heute mit kaputtem Fuß und Kälte fortzuführen. Wir knicken ein und buchen kurzerhand das kleine Ferienhaus in Eutin, dass wir gestern schon im Internet ausbaldowert hatten. Hail to the internet!

Was wir heute auch verwerfen, ist die weitere Routenplanung über Radwege. Ich traue mir mittlerweile wieder die wurzeligen und welligen Waldwege zu und schon bei der Ausfahrt aus Neustadt – erneut auf dem E6 – atmen wir aus – endlich wieder in der Natur!

Die Gegend hier nennt sich Holsteinische Schweiz. Obwohl es heute keine Gipfel über 100 Meter gibt, geht es ständig rauf und runter. Fast 600 Höhenmeter kommen so zusammen!

Wir passieren knallgelbe, duftende Rapsfelder, ein Schloss, alte Wälder und schilfbestandene Seen.

Schloss Sierhagen
Eutiner See

Eutin ist ein hübsches Örtchen mit einem beachtlichen Schloss und hauseigenem See. Leider ist der Marktplatz mit weißen Plastikzelten für irgendein lokales Event verschandelt. Die Gäste und Einwohner mögen es vermutlich, der Fotograf aber nicht!

Schloss in Eutin

Unser Häuschen liegt etwas außerhalb des Orts und hat alles, was wir heute brauchen. Ich habe nur einen kurzen Weg zur Küche und zum Klo, einen Stuhl zum Fuß-Hochlegen und einen einfachen Einstieg zur Matratze. Einen besorgten Pfleger habe ich auch und warm ist es. Alles gut!

Heute Pause! DDLN vom Wakenitz Camp nach Lübeck

22 Kilometer auf dem E6 und E9 und mindestens 10 Kilometer in Lübeck
Gefahren am 16. Mai 2023

Unsere erste Camping-Nacht war weniger schlimm als befürchtet: Wir haben bestimmt die Hälfte der Nacht geschlummert!

Gefroren haben wir nicht, den Thermo-Inlays sei Dank. Aber die Therm-a-Rest-lite-Matratzen knatschen ganz arg und sind viel zu schmal! Ultra light halt.

Außerdem hat der Regen laut auf’s Zeltdach geprasselt und dann noch diese nervig lauten Wildgänse, die da am frühen Morgen einige Male über uns hinweg geflogen sind!

Nach so langer Zeit ohne Camping ist es auch nicht gerade motivierend, am Morgen ein nasses Zelt einzupacken. Gut, dass wir unter dem großen Tarp in Ruhe frühstücken können. Ganz allein, denn die beiden im Fass sind – nennen wir es freundlich „recht scheu“ und können nicht mal Guten Morgen sagen.

Echte Camping-Freunde werden wir nicht mehr auf die alten Tage, aber wer das Abenteuer sucht, der soll es auch haben!

Die 22 Kilometer heute fahren wir locker ab. Wie gestern sind wir auch heute umgeben von Wasser – in Form von Sümpfen oder großen Seen. Wir durchqueren ein weitläufiges Naturschutzgebiet entlang der Wakenitz, dem Grenzfluß zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

Wie in den letzten Tagen weht auch heute eine kräftige nordische Brise, die uns und unsere bepackten Räder ordentlich EINSANDET: Sand in den Haaren, Sand zwischen Fingern, Sand zwischen den Zähnen, Sand auf den Packtaschen, staubige Hosen…selbst in der Hansestadt Lübeck weht überall der Sand, wir entkommen ihm nicht.

Lübeck ist überaus prächtig, aber mit den Rädern sind wir überfordert: Menschenmassen, rote Ampeln, Einbahnstraßen, verschwurbelte Radwege – und dabei Fotografieren, navigieren und sich orientieren, das stresst uns ungemein. Für den Cappuccino müssen wir uns in eine lange Schlange stellen und dann auch noch 4,50€ pro Tasse blechen – schönen Dank auch!

Pausentage in Großstädten machen für uns keinen Sinn, so stellen wir mal wieder fest. Holstentor, Hafen und Rathaus, dann wieder weiter, das würde uns schon reichen.

Wir strecken die Zeit bis zum Check-In in unser Mini-Appartment mit einer Hafen- und Trave-Tour, einer Mittagspause und der Besichtigung einiger pittoresker Innenhöfe, für die Lübeck bekannt ist.

Zum Abendessen schaffen wir es nur bis zum Wok-Chinesen an der Ecke. Es ist aber auch saukalt heute! Derweil trocken im Zimmer das Innen- und Außenzelt. Hoffentlich ist die nächste Campingnacht trockenen und wärmer… Das ist …äh … schon morgen?

DDLN von Lauenburg zum Ratzeburger See: Durch die Ratzeburger Schweiz

E6: Lauenburg zum Wakenitz Camp am nördlichen Ratzeburger See
Gefahren am 15. Mai 2023
78 Kilometer, 550 Höhenmeter

Wer denkt, dass Schleswig Holstein gänzlich flach ist, der irrt – Heute geht es den ganzen Tag rauf und runter!

Wir radeln fast den ganzen Tag auf naturnahen Wegen. Uns begegnet eine neue Widrigkeit beim Radfahren abseits der asphaltierten Radwege: Pudersand!

Da saust man gerade mit Schwung einen Hügel hinunter und kommt ganz plötzlich ordentlich ins Schlingern, wenn man da in so einem Sandkasten landet. Ein zweites Übel: Bohlenwege über morastige Stellen. Ich sage nur – lieber Schieben!

Heute fahren wir durch sehr viel Nadelwald und Heidelandschaften. In der zweiten Tageshälfte bis Ratzeburg passieren wir einen See nach dem anderen, und sie werden immer größer!

Die Häuser in der Altstadt von Mölln sind wieder sehr hübsch verklinkert. Hier freuen wir uns über Kaffee und Quarkbällchen zur verspäteten Mittagspause. Leider gibt es in der Innenstadt eine fette Baustelle, de uns verbietet, in irgendeine der netten kleinen Seitengässchen abzubiegen – dann eben nicht!

Obwohl wir durch eine touristisch hochinteressante Gegend fahren, treffen wir heute auf den Wanderwegen kaum einen Menschen. Kurz nach Mölln begegnet uns eine alleinwandernde junge Frau mit großem Rucksack. Wir lächeln uns kameradschaftlich zu, aber schon sind wir vorbei. Einer der Nachteile des Radwanderns ist, dass man selten ein Wort mit anderen Wanderern wechseln kann.

Wettertechnisch könnte es momentan nicht besser sein: Abwechselnd ist es bewölkt und dann wieder sonnig. So bleiben uns Sonnenbrand und Frostbeulen erspart.

Ratzeburg besticht dadurch seine phänomenale Insellage zwischen zwei großen Seen. Ansonsten gefällt uns die Stadt nur mäßig, sie ist einfach zu modern. Der Dom ist prächtig, aber eingerüstet.

Übernachtet wird heute im Zelt! Wir haben einen sehr abgelegenen und ruhigen Zeltplatz an einen Kanu-Camp gefunden. Neben zwei Mitcampern in einem Wohnfass sind wir die einzigen auf dem Platz. Der Check-In lief nach vorheriger telefonischer Absprache über das Internet. Cool!

Unser letztes Campingerlebnis war in Schottland. Dort war es viel weniger luxuriös und weitaus kälter – aber viele Mücken gibt es hier auch!

DDLN – la Grande Finale

Auf dem E6 von Lüneburg über Bleckede nach Lauenburg
55 Kilometer
gefahren am 14. Mai 2023

Wir haben zwei Wochen Urlaub und schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe, haben wir uns vorgenommen. Zum Einen wollen wir unseren großen Deutschlandweg „Deutschland Der Länge Nach“ beenden, den wir 2020 in Schaffhausen an der Schweizer Grenze angefangen haben. Gleichzeitig üben wir das Streckenradeln mit großem Gepäck. Im Sommer haben wir nämlich eine etwas größere Tour geplant – mit Zelt und Schlafsack!

Letztes Jahr haben wir den vorherigen Streckenabschnitt in Bleckede an der Elbe beendet. Nun geht es weiter bis zur dänischen Grenze – aber mit dem Rad, denn zu Fuß wäre uns die Gegend einfach zu platt.

Nach Bleckede kämen wir nur mit dem Bus. Das wollen wir nicht – mit den vollgepackten Rädern würden die uns vermutlich auch gar nicht mitnehmen! Deshalb fahren wir mit dem Zug bis nach Lüneburg und radeln von dort aus bis zur Elbe.

Wir sind erstaunt, wie viele andere Radfahrer auf der Strecke von Hannover nach Lüneburg unterwegs sind. Das Abteil für die Fahrräder ist schon groß, aber die Stellplätze werden trotzdem bald knapp.

Zugfahren mit vollgepackten Rädern ist echt nervig – besonders dann, wenn man wie ich das Rad nicht die Treppen hochtragen kann, sondern auf die Lifte angewiesen ist. Knappe Umsteigezeiten kann man da voll vergessen!

In Lüneburg atmen wir erst mal tief durch, als wir die Räder aus dem Bahnhof schieben. Der Kampf durch die Öffis war das mit Abstand Anstrengenste heute – die Tour nach Lauenburg ist dagegen eine Spazierfahrt!

Altstadt Lüneburg

Zuerst drehen wir ein kleine Runde durch die Lüneburger Altstadt. Die reiche Ziegel-Architektur der alten Hansestadt ist wirklich üppig – hier werden wir später mal ein Wochenende verbringen, nehmen wir uns vor.

Der Ritt durch die Lüneburger Vorstädte ist dann weniger spaßig. Friedel unternimmt die ersten Schritte mit seinem neuen Garmin Edge 530 und übernimmt das Navigieren. Hintergrund: Die Navigation mit dem Handy braucht zu viel Akku und das wird zum Problem, wenn man länger ohne Auflademöglichkeit unterwegs ist. Fazit für heute – das Ding meldet leider nicht immer, wann man abbiegen muss. Manchmal piepst es, obwohl wir nicht abbiegen müssen. Beruhigend – es meldet zuverlässig, wenn wir falsch sind – dafür braucht es aber wenig Strom. Im Fehlerfall schaut Steffi auf dem Handy nach. Wir und das Gerät müssen also noch ein wenig üben!

Bis Bleckede sind wir auf klassischen Radwegen unterwegs und wir fahren über kleine Landsträßchen durch eine abwechslungsreiche Wald und Wiesenlandschaft. Wir passieren riesige, mit weißer Folie bespannte Spargelfelder, kleine Dörfer und leicht hügelige und idyllische, aber unspektakuläre Landschaften. Ganz nett, aber wir sind, froh, dass wir hier nicht wandern müssen!

Ein Highlight sind die sensationellen langobardischen Buckelgräber von Boltersen. Diese Attraktion haben wir selbst heute am Sonntag ganz für uns allein!

Bleckede durchfahren wir schnell, wir waren ja letztes Jahr schon hier. Nun folgen wir sowohl dem E6 als auch dem Elberadweg, die hier auf gleicher Strecke verlaufen. Allein – von der Elbe sehen wir nicht viel!

Der Weg führt und fast durchweg links vor dem Deich entlang und wir blicken meistens auf einen grasigen Wall. Hier gibt es hier viele Schafe und links von uns viel Wald und sumpfige Abschnitte. Aber keine Autos, immerhin!

Gut gefallen uns auch die hübschen Bauernhöfe, teilweise mit Reet gedeckt. In den Vorgärten blüht der Flieder und die Kastanien duften. Da der Weg aber fast durchweg geteert ist, sind wir glücklich, dass wir hier nicht zu Fuß gehen müssen.

Nach Lauenburg kommen wir über eine große Brücke, die dicht mit Autos befahren wird. Für uns bleibt nur ein schmaler und holpriger Seitenstreifen, der noch dazu mit Radfahrern in beiden Richtungen genutzt wird. Immer geradeaus, nur nicht wackeln!

Lauenburg besteht aus einer Unter- und einer Oberstadt. In der engen und historischen Unterstadt fahren wir über Kopfsteinpflaster durch enge, romantische Gassen. Wir finden ein nettes Café, wo wir mit Blick auf die Elbe, Käsekuchen und Kaffee unseren ersten Radwandertag feiern.

Die Oberstadt hingegen ist eher modern und bietet außer dem unscheinbaren Schloss mit dem runden Turm wenig für das Touristen-Auge.

Das Hotel besticht durch seine Höhenlage mit Blick auf die Elbe. Die Einrichtung ist stylisch aus den 60ern und die Musik im Restaurant aus den 80ern. Camping gibt‘s dann morgen – hoffentlich bleibt es trocken!

Es hat gemundet!

DDLN Etappen 58 und 59: Durch die Ostheide und das Wendland von Wahrenholz nach Reddereitz

16.05.2022: Wahrenholz nach Bad Bodenteich 28 Kilometer
17.05.2022: Bad Bodenteich nach Reddereitz 30 Kilometer

„Grüner geht’s nicht!“
Das beschreibt unsere zwei nächsten Wandertage auf unserer Deutschlandtour, dieses Mal durch die Ostheide und das Wendland, am besten.

Gern hätten wir uns weiter östlich gehalten und wären heute, an unserem dritten Wandertag im Mai 2022, lieber der Originalroute des E6 über Oerrel und Hankensbüttel gefolgt. Vielleicht hätten wir dann ein bisschen mehr Heidekraut gesehen und weniger Wald. Der E6 schlägt jedoch einen großen Haken nach Westen und leistet sich dabei auch noch den einen oder anderen Schlenker nach links und rechts. Flugs wären da auf der Originalroute des E6 satte 37 Kilometer bis nach Bad Bodenteich zusammengekommen – für uns eindeutig zu viel. Deshalb habe ich uns eine direktere Route zusammengebastelt, die uns in einer geraden Linie durch die Wälder westlich der Ise bis nach Wentorf leitet, wo wir dann wieder auf den E6 treffen und erneut entlang des Elbe-Seitenkanals Bad Bodenteich erreichen. Von dem Kurort hatten wir zuvor noch nie gehört – aber hier gibt es Abendessen und Bett!

Schön sind die Wälder rechts des Flüsschens Ise. Das ganze Gebiet „Ise mit Nebenbächen“ ist Naturschutzgebiet und wir wandern auf größtenteils schnurgeraden Wegen durch einen lichten Nadelwald mit Blaubeergebüsch und feuchtem Unterbewuchs. Friedel nennt solche Abschnitte oft „Wald im Wald“, was sehr schön beschreibt, dass es im Unterholz viel zu bestaunen gibt. Mitunter bricht die Waldlandschaft auf und wir erhaschen einen Blick auf sattgrüne Feuchtwiesen mit Binsen und Mengen an Schmetterlingen. Aber leider haben wir kaum die Muße, das schöne Arrangement ausgiebig zu betrachten und zu fotografieren …

… denn hier gibt es UNMENGEN an Mücken!

Die Mistviecher lieben vor allem den Friedel. Flügelschlagend eilen wir durch den Wald, denn viel Bewegung verhindert die Landung der Insekten auf Haut, Hose oder T-Shirt. Wir stellen nämlich fest, dass unsre Merinoshirts nicht mückenfest sind – verdammte Hacke!

Im Gegensatz zu sonst renne ich HINTER Friedel durch den Wald, wo ich dich sonst immer vorne laufe. Dabei schlage ich ihm die eine oder andere Mücke von den hinteren Waden oder aus dem Nacken. Keine Ahnung, warum der Friedel bei den Viechern so beliebt ist!

So manch schönes Fleckchen lädt zu einer Teepause ein, aber die Mücken geben uns keine Ruhe. So fliegen wir förmlich durch den Wald und freuen uns, dass wir nach sechzehn gehetzten Wanderkilometern bei Alt-Isenhagen endlich aus dem Waldsumpf auftauchen können. An der Böschung zum Elbe-Seitenkanal dürfen wir nun endlich eine wohlverdiente Pause einlegen.

Heute sind jede Menge Schiffe auf dem Kanal unterwegs und wir sitzen recht lange da und schauen zu, wie die bunten Kähne an uns vorbeiziehen. Diese Form des Transports von Waren und Rohstoffen finden wir gut!

Heute am Montag sind am Kanal viel weniger Radler unterwegs als gestern am Sonntag. Dementsprechend gemütlich können wir nebeneinander laufen und gemütlich wandern wir die restlichen neun Kilometer bis zu unserem Endziel für heute, Bad Bodenteich.

Kurz vor Bad Bodenteich kommen wir noch einmal durch eine heideähnliche, mückenarme Landschaft und siehe da – es gibt sogar eine Bank. Hier trinken wir unser restliches Wasser und aus den Tiefen meines Rucksacks ziehe ich noch einige Haferkekse. Wir schon viele Male vorher stellen wir fest, dass wir diese letzten Pausen kurz vor dem Tagesziel besonders lieben. Aber natürlich nur bei gutem Wanderwetter!

Bad Bodenteich ist ein schmuckes Städtchen: Im Ortskern gibt es zwei Seen, auf denen es sogar Tretboote gibt.

Wir schätzen Bad Bodenteich vor allem für sein Eiscafé … denn da gibt es den wohlverdienten Eiskaffee, auf den sich Friedel schon seit gestern freut!

Das Eiscafé befindet sich in Bad Bodenteich hinter den Mülltonnen und Autos!

Dieses Eiscafé nun wird uns als das mit dem autistischen Kellner im Gedächtnis bleiben. Als er unserer Rucksäcke ansichtig wird, zieht er uns mit der Bemerkung ins Gespräch, dass er auch ein großer Outdoor-Liebhaber sei. Er erzählt uns minutenlang von seinen Radtouren in Italien, Frankreich und sonst wo und wir kommen kaum dazwischen. Als er mit seinem Monolog am Ende ist, kassiert er und verschwindet. Er hat nicht mal gefragt, warum wir in Bad Bodenteich sind!

Weitaus weniger gesprächig ist der Wirt im „Gasthaus zum alten Ritter“, in dem wir heute nächtigen. Wir erreichen das Themenhotel durch ein kleines Waldstück, in dem allerhand Verlustierungen des Mittelalters aufgebaut sind: Bahnen zum Bogenschießen, Buden zum Tonkrug-Werfen, hölzerne Pranger. Witzig!

Auch die Gasträume, der Innenhof und die Zimmer sind stilvoll im Mittelalter-Look gestaltet. Als wir den Wirt auf die gelungene Dekoration seines Hotels ansprechen, verzieht er keine Miene – und den Rest des Abends auch nicht mehr.

Zum Abendessen bestellen wir jeder eine halbe gegrillte Ente mit Rotkohl. Fürwahr ein ungewöhnliches Mahl! Wir schaffen jeder nur ein Viertel des fettigen, aber überaus leckeren Vogels. Beim Abräumen betonen wir dem Wirt gegenüber, dass unsere Portionen zwar wohlschmeckend, aber wirklich nicht zu schaffen seien. Wir meinen, da die Spur eines triumphierenden Lächelns auf seinem Gesicht zu sehen – und schweigend verschwindet er mit unseren Bergen an Knochen in Richtung Küche. Hintergründig – solche wortkargen Zeitgenossen sind uns weitaus lieber als Schwätzer!

Nach dem Abendessen besichtigen wir noch Burg Bodenteich. Die Anlage ist hübsch restauriert und beheimatet einige lokale Behörden und ein Museum. Extra der Burg wegen hätte sich die Anreise nach Bad Bodenteich wohl kaum gelohnt – aber für die Verdauung von halben Enten an einem lauen Sommerabend ist die Anlage absolut geeignet!

Am nächsten Tag halten wir uns ziemlich genau an dieWegführung des E6 – die knapp dreißig Kilometer bis nach Reddereitz erscheinen uns für eine Tagesetappe im Flachland gut machbar.

Heute erwartet uns ein ganz entzückender Wandertag. Zum einen ist es heute nicht so warm und schwül, es nieselt sogar. Zum anderen laufen wir heute durch äußerst abgelegene, aber sehr reizvolle Landschaften. Das Wendland ist eine alte, sehr urtümliche Region mit alten Wegen und schönen Wäldern!

Die Gegend um Bad Bodenteich herum könnte man sogar als sumpfig bezeichnen. Da es aber bei unserem Auszug aus der Stadt regnet, haben wir heute kein Problem mit Mücken. Friedel hat sich heute eh gewappnet – mit seinem (so finde ich) äußerst lächerlichen Regencape schreckt er jede Mücke ab!

Hier im Wendland wandern wir durch eine eher trockene Gegend – selbst heute, nach dem Regen, werden die Felder großräumig bewässert.

Beim Durchmarsch durch die Bewässerungsanlagen müssen wir unser Timing gut optimieren: Erst Warten, bis der Strahl sich vom Weg entfernt , dann zügig auf dem Weg voranschreiten und dabei immer die bewegliche Düse im Blick behalten. Nach dreißig Sekunden heißt es auf dem Weg nämlich wieder „Wasser Marsch!“

Das Wasser wird übrigens aus einer Art Hydranten im Boden mit dicken Schläuchen zu den Düsen geleitet. Die dicke Spulen für die Schläuche stehen überall mehr oder weniger dekorativ in der Landschaft herum.

Verrostete Wasserschlauch-Spule, vorteilhaft beleuchtet

Heute ist deutlich zu bemerken, das wir uns in einer alten und irgendwie vergessenen Kulturlandschaft bewegen. Viel Kopfsteinpflaster, alte Höfe, schattige Alleen.

Zwischendurch lange Abschnitte mit dichtem Kiefernwald. Auffällig ist der sandige Boden und die völlige Abwesenheit von Bächen und Pfützen. Knochentrocken ist es hier, jedenfalls am Boden!

In einem Waldstück kurz vor dem Weiler Gledeberg treffen wir auf etwas, was wir in Deutschland noch nie gesehen haben: Eine Hütte des Europäischen Fernwanderweg E6!

Freunde der Europäischen Wanderidee, die im nahegelegen Gledeberg wohnen, haben die Betreuung des hiesigen Abschnitts übernommen und pflegen vorbildlich Hütte, Wegmarkierungen und Informationen zum Weg. Schon den ganzen Wandertag haben wir uns über die lückenlosen Wegmarkierung seit Bad Bodenteich gewundert, die den Einsatz unserer Wanderapp nahezu überflüssig macht. In der Hütte finden wir Karten und Beschreibungen der gesamten Route von der Adria bis nach Finnland und ein Wanderbuch, in das wir uns sogleich eintragen. Der letzte Eintrag vor dem unseren ist vom Februar!

Neben den Mücken wird der Friedel dieses Mal noch von einem weiteren Ungemach geplagt: Blasen an den großen Zehen!
Noch nie in unserer ganzen Wanderkarriere hatten wir bisher Ärger damit. Andere Wanderer klagen ständig auf jeder längeren Tour über Blasen, aber wir haben darüber stets milde gelächelt. Wir hatten bisher NIE welche!

Friedel hat sich gestern Abend gut verpflastert, aber ab Kilometer 25 schmerzen die Dinger immer unangenehmer. Die letzten fünf Kilometer geht der Friedel auf dem Zahnfleisch – der Vergleich „hinkt“, ich weiß! 🙂

Kurz vor unserem Etappenziel Reddereitz kommen wir am phänomenalen „Findlingspark Clenzer Schweiz“ vorbei. Hier hatten wir gehofft, große Findlinge in ihrer natürlichen Umgebung zu bestaunen. Aber die Steine sind größtenteils künstlich angeordnet und wurden nach geologischen Erdzeitaltern klassifiziert und beschriftet. Insgesamt ein nettes Plätzchen, aber für geologische Laien wir uns eher langweilig …

„Clenzer Schweiz“ heißt die Gegend wohl, weil es hier doch tatsächlich recht hügelig ist. Am Ende des Tages müssen wir sogar einige Hügel erklimmen!

Reddereitz ist gar kein richtiges Dorf. Zusammen mit dem benachbarten Kloster und dem nördlicher gelegenen Gohlefanz kommen vielleicht fünfzehn Gehöfte plus Nebengebäude zusammen, mehr nicht. Trotzdem leistet sich der Ort den „Heidehof“, eine herrlich altertümliche Hotelanlage!

Der Heidehof kocht nur für seine Gäste. Viel zu tun hat die Wirtin nicht – neben uns gibt es noch ein älteres Paar und einen allein reisenden Mann mit Badeschlappen, den wir für einen Radler halten. Bei mittlerweile schönstem Wetter sitzt das Paar drinnen, die „Outdoor-Sportler“ auf der Terrasse. Sowohl die Innen- als auch die Außenanlagen sind gepflegt, aber konsequent-durchgestylt in den Siebzigern stecken geblieben. Herrlich!

Friedel kann ich heute nach dem Abendessen gar nicht mehr überreden, noch einen Gang durch die Ortschaften zu machen, zu sehr schmerzen seine Füße. Stattdessen sitzen wir auf dem Balkon vor unserem Zimmer und beobachten den Pferdewirt von gegenüber aus Kloster, wie er eine Stunde lang ein Pferd nach dem anderen von der Koppel holt. Ein wahrhaftig abendfüllendes Unterhaltungsprogramm!

Aber wie es immer so ist – leider haben wir keine Fotos von unserem romantischen Abend mit Kunstrasen und Monoblock-Stühlen auf dem Balkon gemacht. So bleibt uns nichts anderes übrig, als zum Schluss noch ein paar Highlights des Tages einzufügen!

In GB gibt es jede Menge nach Honig duftenden Ginster – in Deutschland duftet er nicht!

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DDLN Etappe 56 und 57: Durchs Braunschweiger Land von Weddel nach Wahrenholz

14.05.2022: Weddel nach Fallersleben, 26 Kilometer
15. 05.2022: Fallersleben nach Wahrenholz, 33 Kilometer

Was bisher geschah:
Erinnert ihr euch noch, dass wir 2019 und 2020 von Schaffhausen an der Schweizer Grenze bis nach Goslar am Südlichen Harzrand gelaufen sind? Wir haben dabei den Schwarzwald, den Schwäbisch-Fränkischen Wald, die Fränkische Schweiz, Oberfranken, den Rennsteig, das „Grüne Band“, das Eichsfeld und den Harz durchwandert. Über 1300 Kilometer sind wir auf DDLN „Deutschland der Länge nach“ gelaufen – dem Weg, den wir uns selbst ausgedacht haben. Ihr erinnert euch nicht? Wir aber schon! 🙂

In Goslar war dann 2020 erst mal Schluss. Nur 25 Kilometer westlich von unserem letzten Zielort haben wir uns in Seesen ein altes Fachwerkhaus gekauft und sind im November 2021 endgültig vom Ländle an den Harzrand gezogen. Seitdem haben wir abgerissen, verputzt, geweißelt und lediglich kleine Touren unternommen, um den Harz und unsere neue Heimat kennenzulernen. Aber jetzt – eineinhalb Jahre nach unserer letzten längeren Tour – geht es endlich weiter auf unserem DDLN!

Sieben Tage Wandern von Braunschweig bis zur Elbe liegen vor uns. Mit dem Harz haben wir dabei das letzte Mittelgebirge hinter uns gelassen. Von hier bis nach Flensburg wandern wir durch Flachland – Für uns als Freunde des Mittelgebirges ein echtes Novum!

Die ersten drei Etappen von Goslar nach Braunschweig-Weddel lassen wir erst mal aus: Sie lassen sich durch Tagestouren erwandern und wir laufen sie später an Wochenenden. Ab Braunschweig würde die An- und Abfahrt drei Stunden überschreiten – zu lang für uns, um das bequem an einem Tag zu fahren. Wir beginnen unsere Reise also in Weddel östlich von Braunschweig, weil es dort einen Bahnhof gibt. Dafür laden wir ein Tagesticket des „Verkehrsverbunds Region Braunschweig“ auf unsere Handys – So billig war noch keine unserer Anreisen in den Urlaub!

In Weddel bei Braunschweig geht es dann los. Am Ortsrand verläuft der E6 – auf dem waren wir schon 2020 unterwegs und wir werden dem Weg im Großen und Ganzen bis Flensburg folgen. Da aber unterwegs die Unterkünfte rar sind, werden wir den Weg immer wieder mal verlassen und die eine oder andere Abkürzung einbauen. Gern würden wir jeden Schlenker des Europäischen Fernwanderwegs mitnehmen. Das würde jedoch zu Etappen über 35 Kilometer führen und das sollte eher die Ausnahme bleiben!

Vom Bahnhof Weddel aus sind wir recht schnell in Wald und Flur. Die Landschaft ist nicht spektakulär, aber die Sonne scheint, der Kuckuck ruft und der Raps blüht und duftet. Im Mai ist (fast) jede Landschaft schön!

Was uns heute gut gefällt, sind die vielen naturbelassenen Wege. Kaum einen Meter laufen wir auf Schotter oder Asphalt. nur dann, wenn wir einen der wenigen Orte auf der Strecke durchlaufen, müssen wir Pflaster treten.

In Wendhausen haben wir das Gefühl, nun endgültig im Norden angekommen zu sein – zum ersten Mai auf DDLN sehen wir eine echte Windmühle!

Viele alte Bäume säumen unseren Weg. Unter einem von Ihnen verbringen wir unsere Mittagsrast und beobachten mit der Teetasse in der Hand, wie die Eichhörnchen die Bäume rauf und runter flitzen. Die Szenerie hier ist zwar nicht ganz so spektakulär wie im Harz, aber schön ist es hier auch!

Tatsächlich hatten wir vor unserem Urlaub eigentlich gar keine richtige Lust, weiter nach Norden zu laufen. Unsere neue Heimat am Harz begeistert uns immer noch sehr und wir hätten uns auch gut vorstellen können, unsere Urlaubswoche im Harz zu verbringen, zum Beispiel im Ostharz, wo wir noch gar nicht waren. Aber der läuft uns nicht weg – wir werden ihn an Wochenenden erkunden!

Unser Zielort Fallersleben liegt eigentlich gar nicht auf dem E6, aber nur dort ist Bett, Restaurant und Frühstück zu ergattern. Gern nehmen wir die zusätzlichen Kilometer fernab der eigentlichen Strecke in Kauf, um am Abend im historischen Brauhaus der Stadt zu sitzen und dabei auf den Fallersleber Schlosspark zu blicken. Ein würdiger Ausklang unseres ersten Wandertags!

Das alte Brauhaus von Fallersleben
Schloss Fallersleben

Der berühmteste Sohn der Stadt ist übrigens August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der den Text zur Deutschen Nationalhymne schrieb. Aber nicht nur das – auch diverse, typisch deutsche Kinderlieder stammen aus seiner Feder: „Alle Vögel sind schon da“, „Der Kuckuck und der Esel“ oder „Kuckkuck, Kuckkuck, ruft’s aus dem Wald“. Auf unserem Weg von Weddel nach Fallersleben haben wir verstanden, woher August Heinrichs Inspiration stammte – aus der lieblichen Frühlingslandschaft des Braunschweiger Landes und der ständigen Kuckkucksrufe, die uns begleiten!

Diverse Hotels und Pensionen in Fallersleben standen uns zur Auswahl. Wir haben uns blöderweise für die glattgebügeltste und gesichtsloseste Unterkunft entschieden. Das Hotel ist korrekt modern und das Frühstück guter Standard – aber ein bisschen charaktervoller könnte es schon noch werden!

Unser zweiter Wandertag im Braunschweiger Land bricht an – und die Sonne scheint ganz heftig!

Neulich am Elbe-Seitenkanal

Heute ist „Canal Walking“ angesagt. Sehr gern sind wir immer in Mittelengland an den Kanälen entlang gewandert, die in der Frühzeit der Industrialisierung dem Transport von Kohle und Erzen diente. Solche Wasserwege gibt es auch in Deutschland – aber statt romantischer Narrowboats mit winkenden Freizeitkapitänen sind in Deutschland echte, vollbepackte Kähne unterwegs.

Wir hatten es uns sehr hübsch vorgestellt, am Mittelland- und am Elbe-Seitenkanal entlang zu wandern. Wir hofften, quakende Enten und ihren Nachwuchs im Dickicht der Rohrkolben verschwinden zu sehen. Stattdessen erwartet uns eine hochtechnisierte Wasserstraße.

Nun, hätten wir uns an die exakte Wegführung des E6 gehalten, wären wir heute 45 Kilometer durch Wald und Feld unterwegs gewesen. Die Wirtschaftswege an den Kanälen versprechen jedoch eine Abwechslung zu der Wald- und Wiesenroute gestern und dabei können wir noch einige Kilometer sparen. Die historische Stadt Gifhorn lassen wir also aus und kürzen ab über den Elbe-Seitenkanal.

Im Gegensatz zum Mittellandkanal gib es am Elbe-Seitenkanal durchaus schöne Ecken. Teilweise ist die Uferlinie hübsch eingewachsen und wirkt fast natürlich. Auch die eine oder andere Entenfamilie fühlt sich auf dem Kanal wohl.

Aber der Tag wird immer heißer und die Wirtschaftswege am Kanal spenden kaum Schatten. Noch nie haben wir bei einer Wanderung Mitte Mai solche Temperaturen erlebt!

Noch dazu nervt, dass wir hier am Kanal fast die einzigen Fußgänger sind. Heute ist Sonntag und der Weg am Kanal dient vor allem als Schnellfahrstrecke für Radfahrer. Friedel und ich können immer nur hintereinander gehen – und dabei den schmalen Schatten der Bäume suchen.

Rechts des Weges ändert sich die Landschaft – Der Boden wid zunehmend sandiger und Kiefer und Birke dominieren die Wälder am Ufer des Kanals. Wir nähern uns der Lüneburger Heide!

Eigentlich lieben wir es, auf unbefestigten Wegen zu wandern – Aber hier stapfen wir lange Strecken durch Pudersand: Ganz schön anstrengend! Aber besser als Pflastertreten ist der Sand allemal.

Am Bernsteinsee hoffen wir auf einen Kaffee, denn hier gibt es einen Campingplatz und eine Wasserski-Anlage. Der Badesee, so lesen wir bei Wikipedia, entstand 1970 beim Bau des Kanals. Hier wurde damals eine halbe Million Kubikmeter Sand entnommen. Vom Wall am Kanal aus sehen wir jedoch, dass der Strand und das Strandcafé pickepackevoll sind. Da habe ich mal wieder gar keine Lust, mich für einen Kaffee anzustellen und Friedel hat dafür zum Glück Verständnis.Wir haben noch Tee in der Thermoskanne und suchen uns lieber ein schattiges Plätzchen im Wald, so beschließen wir.

Am Bernsteinsee verlassen wir nämlich den Kanalweg und betreten das „Große Moor bei Gifhorn“. Auf unser Wanderkarte sieht es so aus, als wenn es den ganzen restlichen Weg bis zu unserem heutige Endziel durch Wald laufen. Da wird sich doch wohl ein schattiges Plätzchen für eine Pause finden lassen!

Nun ja .. mitten auf den Weg könnten wir uns setzen … links und rechts des Weges blubbert nämlich ein echtes Moor! Wir halten Ausschau nach einem Baumstamm, Steinen zum Sitzen oder einem trockenen Rasenstück – Aber Kilometer nach Kilometer finden wir kein geeignetes Pausenplätzchen. Außerdem treffen wir hier im Moor auf eine Spezies, die wir von der Alb kaum kennen … Mücken! Jede Menge Mücken!

Friedel kann nur dann fotografieren, wenn ich ihm dabei die Mücken vom Leib halte. Das Moor ist durchaus fotogen, aber jeder Stillstand zieht die Biester scharenweise an!
Mit den Arme fuchtelnd sausen wir auf den schnurgeraden Wegen durchs Moor und beneiden ausnahmsweise mal die Radfahrer, die an uns vorbei sausen. Wandern im Norden unserer Republik stellt uns vor ganz neue Herausforderungen!

Im Wald treffen wir zudem auf einige interessante mechanische Objekte. Wir erfahren, dass es sich um Pumpen für die ÖLFÖRDERUNG handelt!

Heimisches Erdöl liegt natürlich voll im Trend. Aber wir erfahren, dass die Förderung hier im Landkreis Gifhorn sehr kontrovers diskutiert wird. Das können wir uns gut vorstellen, denn wer will schon gern Ölförderungsanlagen in seinem Wald sehen?

Kurz vor unserem Tagesziel Wahrenholz tauchen wir aus dem Wald aus und stehen sogleich am Lokalbahnhof, vor der heruntergelassenen Schranke. Der Zug von Gifhorn nach Uelzen fährt ein (nach unserem Wanderurlaub werden wir genau diese Stecke mit dem Zug fahren und uns wundern, dass wir das alles gewandert sind ).

Nach der Schranke spricht uns ein radelnder Familienvater an: „Ja wat denn? Haben wir euch nicht noch eben am Kanal gesehen?“ Es stellt sich heraus, dass uns die Familie am Elbe-Seitenkanal mit den Fahrrädern überholt hat, in Wahrenholz „mal schön Kaffeetrinken war“ und uns nun auf dem Rückweg wieder trifft. Ob wir denn wirklich die ganze Strecke zu Fuß gelaufen seien?

„JA ALTER VERWALTER!“ grölt unser Fan begeistert – „Das ist ja nicht zu fassen!“, dass wir die ganze Strecke sooo schnell gelaufen seien! Wir sind ein wenig peinlich berührt, aber fühlen uns auch ein wenig geschmeichelt. Das war doch nur wegen der Mücken!

In Wahrenholz fällt uns zum ersten Mal die typisch norddeutsche Backstein-Architektur auf: Die Kirche ist rot, die Apotheke, das Rathaus und der Gasthof. In Letzterem übernachten wir und der Wirt drückt uns beim Einchecken drei Schlüssel in die Hand – „Die drei Zimmer sind frei, sucht euch aus, welches ihr wollt!“

Am Abend sitzen wir noch lange auf der Terrasse, während nebenan die Kegelbrüder feuchtfröhlich ihre Siege feiern. Auf der Speisekarte gibt es Schnitzel, Schnitzel und … Schnitzel. Wahlweise mit Pommes, Wedges oder Bratkartoffeln.
Egal – echte Athleten brauchen Energie!

DDLN Etappe 52: Auf dem E6 von Altenau nach Goslar

2. Oktober 2020: 22 Kilometer

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Heute ist unser letzter Wandertag in diesem Urlaub – und er versöhnt uns ein wenig mit dem E6 und dem Harz!

Der Tag beginnt mit glänzendem Wetter und der typischen Harz-Szenerie, die wir schon vom Vortag kennen – breite Schotterwege, schlammiges Ambiente. Auch hier rund um Altenau brummt der Handel mit Fichtenholz!

Aber schon nach wenigen Kilometern erreichen wir das erste Highlight des Tages: Den Oker-Stausee! Er ist groß, er ist blau – aber leider ist nur wenig Wasser drin.

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Auch nach dem Stausee geht es breitspurig weiter. Aber durch den ausgedünnten Nadelwald gibt es einige hübsche Ausblicke auf den See und die umliegende Landschaft.

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Schön ist der Abstieg nach Römkehall – endlich wandeln wir auf schmalen Wegen!

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Ab Römkehall wollten wir eigentlich einen anderen Weg nach Goslar nehmen, fernab vom E6. Dessen Route führt nämlich durch das Okertal immer parallel zu einer Bundesstraße, was wir uns laut und stinkig vorstellen. Aber im August hat Chrisi von „Wanderblende“ einen tollen Beitrag über das Okertal veröffentlicht, der uns inspiriert hat, nun doch die Route auf dem E6 durch das Oktertal zu nehmen. Falls es euch interessiert: Hier der Link zu Chrisis tollen Beitrag: https://wordpress.com/read/blogs/153741105/posts/5240

Im Gegensatz zu Chrisi sind wir nicht frühmorgens und im Nebel, sondern an einem sonnigen Nachmittag unterwegs – trotzdem sind wir schier begeistert von dem mit großen Findlingen übersäten, engen Tal.

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Im unteren Teil des Tals wird der Weg ausgesprochen steinig und artet über Felsen zu einer moderaten Kletterpartie aus:

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Der Verkehrslärm ist im Tal kaum zu hören: Die Straße verläuft oberhalb des Tals und das laute Rauschen der Oker übertönt den Autoverkehr. Was für ein toller Abschluss unseres Wanderurlaubs!

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In Goslar machen wir noch einen Schlenker über die Kaiserpfalz, einer repräsentativen Burganlage der Salier, ursprünglich aus dem elften Jahrhundert. Bei dem Gebäude handelt es sich um den ältesten Profanbau Deutschlands, was dem Ensemble den Status einer UNESCO-Weltkulturerbestätte eingebraucht hat. Leider wurde der Bau im 19. Jahrhundert ziemlich kaputt renoviert, ist aber trotzdem sehr eindrucksvoll.

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Am Abend ist es noch so warm, dass wir unseren Urlaub in einem Biergarten ausklingen lassen können. Dieses Mal fällt es uns besonders schwer, nicht weiterzulaufen – am liebsten würden wir unsere Wanderung bis Lübeck fortsetzen!

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DDLN Etappe 51: Auf dem E6 von Scharzfeld nach Altenau

Mittwoch, 30. September 2020: 28 Kilometer

 

Wer die Schönheit des Harzes kennenlernen möchte, sollte sich nicht auf den E6 begeben!

Wir vermuten mal, dass die Europäischen Fernwanderwege konzipiert wurden, um den Wanderer möglichst schnell und effektiv durch Europa zu führen. Es sind quasi europäische Wander-Autobahnen, die uns auf breiten Spuren möglichst gerade und ohne Hindernisse wie Steine und Wurzeln von einer Etappe zur nächsten bringen sollen. Nur so können wir uns erklären, dass der E6 fast nur auf Asphalt und breitesten Forstwegen durch den Harz verläuft – jedenfalls auf der Etappe, die wir heute gelaufen sind!

Der Tag beginnt für uns nass. Nicht dass es regnen würde, nein nein, wir steigen halt in den dichtesten Nebel auf und begegnen dem Phänomen des Flugregens, den wir schon aus Schottland kennen. Direkt hinter Scharzfeld geht es bergauf (von 240 auf 640 Meter) auf den Großen Knollen. Woher er seinen Namen hat, wissen wir nicht, denn wir sehen nichts!

Interessanterweise hat die Baude auf dem Knollen geöffnet und auf dem steinigen Weg dorthin kommt uns im Nebel ein einsamer Poncho-Träger entgegen. Dies wird der einzige Wanderer bleiben, den wir heute treffen.

Den Kaffee bekommen wir durch eine Durchreiche in der Wand serviert und wir trinken ihn auf nassen Picknickbänken vor der Baude.

So halten wir uns dort gar nicht lange auf, denn wir haben noch ein strammes Wanderprogramm vor uns. Nach 400 Metern Aufstieg geht der Weg nun nämlich wieder 300 Meter runter nach Sieber, um uns von dort gleich wieder 500 Meter hoch zu führen. Wir laufen heute 18 Kilometer nur bergauf!

Nach der Knollen-Pause geht es auf einem schmalen und glitschigen Pfad recht steil bergab. Das ist zwar anstrengend und bedarf einer hohen Konzentration, aber dies ist der schönste Abschnitt des heutigen Tages!

Sieber ist nicht der Rede wert und besteht größtenteils aus Pensionen, die Namen wie „Haus Gisela“ oder „Haus Iris“ oder „Tannengrund“ heißen. Die Gardinen vor den Fenstern erinnern uns an unsere Kindheit in den 70ern.

Nach Sieber geht es wieder bergauf, und zwar kilometerlang auf einer asphaltierten Forststraße. Auf meiner Outdoor-Active-Karte ist der Weg jedoch als Schotterweg eingezeichnet. Wir wundern uns über den Belag, aber schnell wird uns klar, warum dieser Aufwand des Asphaltierens getroffen wurde: Auf dem Weg überholen uns mindestes sechs brausende, riesige LKW, mit Baumstämmen beladen. Überhaupt scheint der Holzschlag hier ein einträgliches Geschäft zu sein – wir passieren riesige, abgeholzte Flächen.

Aber auch ohne die Teerstraßen wird es nicht besser: Als wir endlich mal wieder Naturwege unter unseren Füßen haben, müssen wir durch Schlamm waten und über Äste steigen. Was für eine Unverschämtheit, dies ist immerhin ein internationaler Wanderweg!

Als wir die Grenze zum Nationalpark Harz passieren, wird es etwas weniger mit dem Holzschlag. Angeblich werden hier die toten Bäume stehen- und liegen gelassen. Tatsächlich sieht der Wald ein wenig besser aus, aber auch hier gibt es große Flächen mit abgestorbenen Bäumen. Schön ist was anderes!

Kurz vor Altenau freuen wir uns auf den „Wildnispfad“, der auf den Wegweisern ausgeschrieben wird. Auf unserer Karte als dünne, rote Strichel-Linie eingezeichnet, müssen wir auch hier breite Schotterwege in desolatem Zustand passieren, vorbei an großen Wüstungen. Erst kurz vor Altena erfahren wir, dass der „Wildnispfad“ ein 1,5 Kilometer langer Rundweg auf Rindenmulch ist, auf dem die Besonderheiten des Nationalparks en miniature gezeigt werden. Das. Ist. Doch. Nicht. Wild!!!

Beim Einmarsch nach Altenau freuen wir uns über eine kleine, letzte Passage auf einem naturbelassen Weg. Na endlich!

Altenau sieh aus wie eine Wild-West-Stadt. Die Häuser sind fast alle aus Holz und sehen aus, als wenn sie nur provisorisch hier ständen. Auch hier buhlen zahlreiche, altmodisch anmutende Pensionen um die wenigen Gäste, die jetzt, Ende September, noch auf den Straßen flanieren.

Viele Geschäfte stehen leer, haben geschlossen oder verkaufen altmodische Harzer Souvenirs aus Holz, Porzellan, Schnaps oder Wurstwaren. Als wir um eine Ecke biegen, kriege ich fast einen Herzanfall, als mich aus einem Hauseingang zwei lebensgroße, struppige Hexen aus Pappmarché angrinsen.

Unser Hotel hat heute Ruhetag und wir laufen ein wenig herum, um einen Platz zum Essen zu finden. Wir landen im ersten Hotel am Ort, das aber merkwürdig aus der Zeit gefallen zu sein scheint: In den Fenstern stehen Barbie-Puppen mit gehäkelten Ballkleidern, die Einrichtung ist rustikal aus den 70ern und in der Ecke sitzen Loriot und seine Verlobte Hildegard.

Aber die Wirtin ist sehr freundlich und das Essen ist gut!

DDLN Etappe 50: Auf dem E6 von Duderstadt nach Scharzfeld

Dienstag, 29. September 2020: 27 Kilometer

Das Hotel Budapest ist ein richtiger Familienbetrieb: Die ungarische Großmutter macht das Frühstück – und sie will uns mästen! Entgegen unserer Proteste schöpft sie uns nicht eine, nein gleich zwei, Friedel drei Kellen ihres Spezial-Rühreis mit Paprika und Zwiebeln auf den Teller – zum Glück hat sie heute die Chilis vergessen … 🙂

UnserWandermorgen beginnt erneut kalt, aber mit strahlendem Sonnenschein und wolkenlosem Himmel. Was haben wir doch wieder für ein Glück!

Auf allen Wiesen und Feldern glitzert der Tau und in den Tälern steht noch der Morgennebel.

Heute wandern wir von Duderstadt aus direkt auf dem E6 in die Hügel. Von hier aus werden wir im nächsten Urlaub dem E6 weiter bis zur Ostsee folgen.

Interessanterweise haben Friedel und ich andere Routen des E6 auf der Outdoor-Active-App. Ich habe die Karte von Outdoor-Active, Friedel wandert nach der Open-Street-Map-Karte. Mal stimmt die eine, mal die andere Version. Wir wählen am liebsten die Route, die nicht durch’s nasse Gras führt oder im Gestrüpp endet. Aber leider lässt sich beides nicht ganz vermeiden …

In Breitenberg suchen wir nach einer Bäckerei für einen Kaffee, aber es gibt keine. Sehr einladend sieht wenig später das Forsthaus Hübenthal aus, aber es scheint geschlossen zu sein. Friedel lässt sich aber nicht so leicht abschütteln und geht fragen, während ich schüchtern an der Pforte stehen bleibe. Obwohl der Gasthof eigentlich heute Ruhetag hat, hat der Wirt ein Herz für Wanderer und kocht uns exklusiv einen Kaffee, den wir im sonnigen Biergarten so richtig zu schätzen wissen. Vielen Dank (und Frechheit siegt)!

Weiter gehts durch Feld und Wald zum Quelltopf der Rhume. Wie bei uns auf der Alb kommt das Wasser aus einer unterirdischen Karstquelle nach oben und bildet einen blauen Quelltopf mit kristallklarem, schnell fließendem Wasser. Der See im Wald sieht verwunschen und friedlich aus.

Von nun an geht es kilometerlang im Wald sachte bergauf. Die Sonne hat sich mittlerweile verzogen und es wird wieder kälter, sodass wir für die Anstrengung ganz dankbar sind. Wir hiken uns sozusagen warm!

Unsere Mittagspause findet heute auf einem luxuriösen Picknickplatz im Wald statt. Leider haben wir nicht so viel zu essen dabei und so geht es bald weiter.

Als wir auf dem Rotenberg oben ankommen, haben wir einen phantastischen Blick auf das Harzvorland und die grünbraunen Berge des Harzes. Auch die Sonne zeigt sich wieder, passend für den Marsch über die grasigen Wiesen und abgeernteten Felder auf den Hügeln. Es geht rauf und runter, leider größtenteils auf Asphalt. Wann immer es möglich ist, weichen wir auf den schmalen Grasstreifen neben den Landsträßchen aus. Das Asphalt-Treten geht uns nämlich auf die Hacken!

Am Fuß des Harzes, in Barbis, treffen wir auf eine Bäckerei und gönnen uns Kaffee und zwei riesige Kuchenstücke. Beim Schwatz mit der Bäckereiverkäuferin freuen wir uns darüber, wieder unsere heimatliche Sprechweise zu hören und nicht mehr aufzufallen, wenn man „Ja, ne?“ sagt! Denn eigentlich kommen Friedel und ich ja aus dem nordöstlichen NRW und sind bis heute des Schwäbischen nicht mächtig … 🙂

Das Ende heute ist unschön: Zwei stramme Kilometer an einer vielbefahrenen Landstraße entlang. Der Anmarsch zum Hotel zieht sich ewig hin. Der Lohn dafür ist dann aber ein Zimmer mit – Terrasse! 🙂

DDLN Etappe 49: Auf verschwurbelten Wegen und auf dem Grünen Band von Heiligenstadt nach Duderstadt

Montag, 28. September 2020: 28 Kilometer

Wenn ihr mal als Touristen in Heiligenstadt seid: Wir empfehlen das Hotel „Norddeutscher Bund“ – es erhält den Preis für das beste Essen auf dieser Tour und für den originellsten Teppichboden.

Heute ist es schon morgens milder als gestern. Die Zitterpartie von gestern wird sich heute wohl nicht wiederholen!

Wir haben noch nicht die gesamte Altstadt von Heiligenstadt gesehen und beginnen den Tag mit einer Besichtigung des Westteils der Altstadt. Es folgt ein langer Weg durch die Kuranlagen, das lieben wir ja nicht so. Aber wenigstens fahren da keine Autos!

Ansonsten wandern wir heute schön abwechslungsreich durch Feld, Wald und Wiesen. Einmal kommt ein richtiges Schottland-Feeling auf: Ein Weg durch ein Tal – auf der Karte sehr wohl vorhanden, ist schlichtweg nicht existent und wir schlagen uns durch Büsche, kniehohes nasses Gras. Dann laufen wir einen Bach auf und ab, um eine halbwegs passable Stelle zum Überspringen zu finden. Es dauert vier Stunden, bis unsere Schuhe wieder trocken sind!

Der Nachteil beim Wandern abseits von gekennzeichneten Wegen ist, dass es nur wenige Bänke oder Picknick-Plätze gibt. Auch Cafés oder Imbiss-Buden gibt es keine. Deshalb legen wir unsere Mittagspause vor der Feuerwache von Neuendorf ein, direkt neben der Hauptstraße durch den Ort. Sämtliche vorbeifahrenden AutofahrerInnen verdrehen sich schier die Hälse. Scheinbar laufen solche Tramps wie wir nicht jeden Tag durch den Ort.

Das Highlight des heutigen Tages ist das Außenareal des Grenzmuseums Eichsfeld. Nachdem wir schon einige Kilometer auf dem ehemaligen Kolonnenweg zurückgelegt haben, kommen nun noch ein paar Türme, Bunker und Grenzzäune dazu, samt geharktem Sandstreifen und Flutlichtern. Hier hat man etwa einen Kilometer des originalen Zauns stehen lassen. Sehr beeindruckend, aber auch bedrückend.

Die letzten drei Kilometer nach Duderstadt laufen wir größtenteils auf einem asphaltierten Radweg. Die ziehen sich echt ewig, wenn einem die Füße nach 25 Kilometern eh schon wehtun.

Als erstes steuern wir ein Café an, wir haben uns Kaffee und Kuchen verdient. Danach haben wir endlich einen Blick für die Schönheit von Duderstadt. Was für prächtige Fachwerk-Bauten!

Heute Abend dann machen wir einen Abstecher nach Ungarn – wir wohnen im Hotel „Budapest“ mit stilechter Gulasch- und Krautwickel-Küche. Egészségére!

DDLN Etappe 48: Auf den Naturparkweg Leine-Werra von Martinfeld nach Heilbad Heiligenstadt

Sonntag, 27. September 2020: 22 Kilometer

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Der Tag heute kann folgendermaßen umrissen werden: Wald Wald Wald, kalt kalt kalt!

Am Morgen hängen die Regenwolken noch an den Bergen, aber es wird den ganzen Tag trocken bleiben. Unser Weg verläuft heute größtenteils auf weichen Waldwegen, die vom Regen gesättigt sind. Es gibt so Tage, da wünscht man sich den Schotter zurück! 🙂

Aussichten haben wir heute satt. Wenn sich dann auch noch die Sonne ein wenig zeigt, glüht die Herbstlandschaft förmlich, mit all den kräftigen Herbstfarben – orange, ocker, sattgrün.

Besonders schön ist der Blick kurz nach Bernterode, von den Dieteroder Klippen herab. Hier treffen wir auch auf die einzigen anderen Wanderer an diesem kalten Herbsttag.

Unsere Mittagspause verbringen wir in einer zugigen Hütte über dem Dörfchen Lutter. Es ist so kalt und windig, dass wir uns freiwillig die Regenjacken anziehen …

Wie gestern führt uns der Wanderweg ständig wechselnd bergauf und -ab. So kommen auch heute 600 Höhenmeter Anstieg zusammen. Zwischendurch wird uns dabei immer wieder mal richtig warm!

Kurz vor Heiligenstadt kommen wir an einem Denkmal für den Turnvater Jahn vorbei – das erste Denkmal dieser Art, dass wir gesehen haben!

Heiligenstadt ist überraschend prächtig. Das hatten wir so nicht vermutet, denn der Ort ist nicht besonders groß. Von der Stadtmauer stehen noch größere Teile, die Innenstadt ist mit reich verzierten Barockbauten ausgestattet und der Barockgarten an der Marienkirche ist eine Augenweide. Aber wie es so häufig in mittelgroßen oder kleineren Städten in Deutschland der Fall ist – jedes dritte Geschäft in der Innenstadt steht leer. Bedauerlich!

Heiligenstadt ist unsere letzte Station in Thüringen. Morgen geht’s auf nach Niedersachsen!