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Prof. Dr. med. H. Holzgreve Internist, München

Ein 64-jähriger Mann suchte wegen einer schmerzhaften, glatten und geröteten Zunge sowie Brennen im Bereich der Lippen eine Klinik auf. Die Beschwerden bestanden seit sechs Monaten. Bei der Untersuchung zeigte sich an der atrophischen und erythematösen Zunge ein Verlust der Zungenpapillen (Abb. A). Neurologische Symptome waren nicht nachweisbar. Es bestand eine nur grenzwertige, aber deutlich makrozytäre Anämie. Weitere diagnostische Bausteine: Vitamin B12 im Serum erniedrigt (50 pg/ml; normal 180–910 pg/ml); Folsäure normal; Anti-Parietalzellen-Autoantikörper normal; Antikörper gegen intrinsischen Faktor positiv.

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A: Schmerzhafte, glatte, gerötete Zunge. B: Normalisierung nach einem Monat.

© N Engl J Med. 2019;381:1568

Die Vitamin-B12-Mangel-Anämie durch Mangel an intrinsischem Faktor („perniziöse Anämie“) wurde zunächst mit wöchentlichen intramuskulären B12-Injektionen behandelt. Bereits nach zwei Wochen waren die subjektiven Beschwerden verschwunden, nach einem Monat auch die atrophische Glossitis (Abb. B).

Die Betreuung erfolgte in der „Klinik für Oralmedizin“ an der Universität Singapur. Dieses Spezialgebiet der Zahnmedizin soll international eingeführt werden und sich mit der Mundgesundheit von Patienten mit chronisch rezidivierenden Erkrankungen oraler und maxillofazialer Strukturen sowie mit deren Diagnose und nicht-chirurgischer Behandlung beschäftigen. Im deutschsprachigen Raum ist das Fach (noch?) nicht als eigenständige Spezialdisziplin anerkannt. Doch versuchen die Protagonisten offenbar, die Zunge in einen neuen, ungeeigneten Fachbereich einzuordnen. Sie liegt zweifellos im zentralen oralen Bereich, ist aber bei vielen Systemerkrankungen beteiligt und in anderen Disziplinen zweifellos besser aufgehoben.