Zusammenfassung
In diesem Beitrag wird am Beispiel Deutschlands gezeigt, wie sich die Interaktion zwischen der Vitalstruktur, das heißt der Gliederung der Bevölkerung nach Alter und Geschlecht, einerseits und den demographischen Prozessen der Fertilität, Mortalität und Migration andererseits auf die Bevölkerungsentwicklung auswirkt. Die Vitalstruktur einer Bevölkerung bildet das demographische Gerüst, innerhalb dessen die herrschenden soziokulturellen, medizinischen, wirtschaftlichen, politischen und zunehmend ökologischen Bedingungen die demographischen Prozesse direkt oder indirekt beeinflussen. Die demographischen Prozesse verändern ihrerseits über die Geburten, Sterbefälle und Wanderungen die Vitalstruktur und Größe der Bevölkerung. Immer weniger Geburten und die steigende Anzahl der Menschen, die ein hohes Lebensalter erreichen, führen zur demographischen Alterung. Dieser Trend wird in Deutschland die Bevölkerungsentwicklung der nächsten Jahrzehnte prägen. Anhand der Ergebnisse der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung wird ein Ausblick auf die wichtigsten zu erwartenden demographischen Veränderungen in der Zukunft gegeben.
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Notes
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Die Zuordnung der Personen zur Bevölkerung einer Gemeinde erfolgt nach dem Hauptwohnungsprinzip (Bevölkerung am Ort der alleinigen Wohnung oder der Hauptwohnung). In der seit 3. April 2002 geltenden Neufassung des Melderechtsrahmengesetzes 2002 (BGBl. I, S. 1342) wird der Begriff der Hauptwohnung wie folgt definiert (§12 Abs. 2): Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Einwohnerin bzw. des Einwohners. Als Hauptwohnung von Verheirateten oder von eine Lebenspartnerschaft führenden Personen, die nicht dauernd getrennt von ihren Familien oder Lebenspartnern leben, gilt die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder der Lebenspartner. Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners ist die Wohnung der Personensorgeberechtigten; leben diese getrennt, ist Hauptwohnung die Wohnung des Personensorgeberechtigten, die von dem Minderjährigen vorwiegend benutzt wird. Auf Antrag eines Einwohners, der in einer Einrichtung für behinderte Menschen untergebracht ist, bleibt die Wohnung nach Satz 3 bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres seine Hauptwohnung. In Zweifelsfällen ist die vorwiegend benutzte Wohnung dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen liegt.
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Gemeint sind Wanderungsströme in die oder aus der betrachteten Region. Im deutschsprachigen Raum kommen Begriffspaare wie Zuwanderung/Abwanderung oder Einwanderung/Auswanderung vor. Die deutsche amtliche Statistik operiert mit den Begriffen Zuzüge und Fortzüge. In Bezug auf die Außenwanderung sind zudem die Begriffe Immigration und Emigration üblich.
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Die Datenlage ist im Hinblick auf diese Angaben teilweise eingeschränkt. Die amtliche Wanderungsstatistik enthält Angaben zur Herkunfts- und Zielregion bis auf Gemeindeebene sowie zum Monat, in dem ein Wanderungsfall stattfand. Die Wanderungsfälle werden dabei nach Geschlecht, Alter und Staatsangehörigkeit (deutsch/nicht deutsch) der wandernden Personen unterschieden. Über die beabsichtigte Dauer des Aufenthalts in der neu gemeldeten Wohnung liegen der Wanderungsstatistik allerdings keine Angaben vor. Die Dauer des Aufenthalts der ausländischen Staatsangehörigen in Deutschland kann mit Einschränkung anhand der Daten des Ausländerzentralregisters (AZR) geschätzt (Mundil und Grobecker 2011) werden. Das AZR bietet zudem ausführliche Angaben zur Staatsangehörigkeit der in Deutschland lebenden ausländischen Bürger. Um Hinweise zu den Motiven der Wanderung zu erhalten, könnten weitere Informationsquellen wie z. B. das Inkrafttreten rechtlicher Regelungen, Anmeldungen der Arbeitgeber zur Einstellung der Saisonarbeitskräfte bei der Bundesagentur für Arbeit sowie Ergebnisse Migrationsstudien herangezogen werden.
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Der Zensus 2011 wurde als eine registergestützte Zählung mit ergänzender Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis erhoben (Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2013). Zum Redaktionsschluss lagen die ausführlichen Ergebnisse des Zensus nach Altersjahren noch nicht vor.
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Pötzsch, O. (2016). Demographische Prozesse, Bevölkerungsstruktur und -entwicklung in Deutschland. In: Niephaus, Y., Kreyenfeld, M., Sackmann, R. (eds) Handbuch Bevölkerungssoziologie. Springer NachschlageWissen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01410-0_6
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