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Ergebnisdarstellung I: Unterrichtliches Medienhandeln und normative Erwartungen

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Zwischen normativen Erwartungen und habitueller Handlungspraxis

Part of the book series: Rekonstruktive Bildungsforschung ((REKONBILD,volume 43))

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Zusammenfassung

Ausgehend von den beiden ersten Forschungsfragen wird in der vorliegenden Ergebnisdarstellung eine sinngenetische Typik unterrichtlichen Medienhandelns entwickelt. Diese Typik basiert auf der reflektierenden Interpretation von vier Eckfällen und acht Fallporträts. In der sinngenetischen Typik ließen sich vier Typen erweiterter Orientierungsrahmen rekonstruieren, die das unterrichtliche Medienhandeln der untersuchten Lehrpersonen prägen: (1.) Zielgruppenbezogenes unterrichtliches Medienhandeln mit Ausrichtung an einer pädagogisch relevanten Subjektfigur, (2.) Zielgruppenbezogenes unterrichtliches Medienhandeln mit Ausrichtung an widersprüchlichen Orientierungsschemata, (3.) Pragmatisches unterrichtliches Medienhandeln mit Ausrichtung an normativen (Rollen-)Erwartungen, (4.) Widersprüchliches unterrichtliches Medienhandeln als Manifestation einer Diskrepanz zwischen Handlungsorientierung und normativen(Rollen-)Erwartungen.

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Notes

  1. 1.

    An der jeweiligen Passage wird durch diese Darstellungsform exemplarisch auch das Vorgehen bei der dokumentarischen Interpretation des Datenmaterials veranschaulicht und nachvollziehbar gemacht.

  2. 2.

    Die Interviews wurden von mir selbst durchgeführt, deshalb wird hier und im Folgenden die maskuline Form zur Benennung des Interviewers verwendet. Die dritte Person wird außerdem verwendet, um die Rolle des Interviewers besser der Interpretation zugänglich zu machen.

  3. 3.

    Bei Zitationen im Rahmen der Ergebnisdarstellung, die sich auf den jeweils zuvor abgedruckten Interviewabschnitt beziehen, wird auf eine Quellenangabe verzichtet.

  4. 4.

    Auffällig ist die Verwendung des Personalpronomens wir („mer“) in dem Interviewabschnitt. Diese Verwendung ist ein Charakteristikum des Interviews mit Fabian Merkle, welches an verschiedenen Stellen im Transkript zum Vorschein tritt. Der Interviewte scheint sich in den entsprechenden Ausführungen auf eine größere Personengruppe (möglicherweise im Kollegium) zu beziehen. Die genaue Bedeutung der Verwendung dieses Personalpronomens konnte in der Interpretation allerdings nicht geklärt werden.

  5. 5.

    Der erste Aspekt wird allerdings in einem anderen Interviewabschnitt genauer thematisiert, der nachfolgend interpretiert wird (Abschnitt 8.1.2).

  6. 6.

    Ein empirischer Vergleichshorizont für dieses gedankenexperimentelle Beispiel, bei dem eine strukturelle Fächertrennung handlungsleitend ist, findet sich in dem weiter unten zu diskutierenden Eckfall Hannah Aderholdt (Abschnitt 8.3).

  7. 7.

    Die gegenseitige Ratifizierung mit „ja“ oder „mhm“, die von kurzen Pausen unterbrochen ist, wird im Interview wiederholt genutzt und kann somit als ein performatives Merkmal der Gesprächssituation verstanden werden.

  8. 8.

    In der Nachfrage des Interviewers setzt dieser den Begriff „lebensnah“ den Fabian Merkle zuvor verwendete mit „lebensweltnah“ gleich. Im weiteren Gesprächsverlauf verwenden beide Gesprächspartner die Begriffe daraufhin synonym, was darauf hinweist, dass beide Personen den beiden Begriffen dieselbe Bedeutung zuschreiben.

  9. 9.

    Diese Formulierung impliziert allerdings nicht, dass der „normale herkömmliche Unterricht“ und der Frontalunterricht deckungsgleich sind. Der Frontalunterricht kann anhand der Ausführungen von Fabian Merkle aber aus seiner Sicht als Unterkategorie des „normalen herkömmlichen Unterrichts“ verstanden werden.

  10. 10.

    Übergangsklassen werden in Bayern von Schüler*innen besucht, die neu in das bayrische Schulsystem eintreten und einen Förderbedarf hinsichtlich ihrer Deutschkenntnisse aufweisen.

  11. 11.

    Synonym hierzu könnte die Handlungsorientierung auch als an den Schüler*innen orientiert bezeichnet werden. Auf diese Formulierung wurde allerdings aufgrund des in dieser Arbeit verwendeten Begriffs der Orientierung als Konzept der Dokumentarischen Methode verzichtet, um inhaltliche Missverständnisse zu vermeiden. Bei der rekonstruierten Handlungsorientierung handelt es sich um eine pädagogische Ausrichtung/Orientierung an den Schüler*innen, die in der Praxis der beforschten Lehrpersonen vorzufinden ist. Bei den aus dem Datenmaterial rekonstruierten Orientierungen (im Sinne von Handlungsorientierungen oder Orientierungsrahmen) handelt es sich ausgehend von der Dokumentarischen Methode um Bestandteile des Habitus der beforschten Personen.

  12. 12.

    Aufgrund der Darstellungsform, die der weiteren Schärfung des Orientierungsrahmens (i. w. S.) dient, wird die Interviewpassage in diesem Abschnitt nicht wie im vorangegangenen Abschnitt in längeren Abschnitten zitiert.

  13. 13.

    Spitzer (2012) vertritt eine klar medienkritische bzw. -skeptische Haltung, die sowohl im privaten als auch im pädagogischen Bereich einen möglichst umfassenden und langen Verzicht auf digitale Medien durch Heranwachsende einfordert.

  14. 14.

    Es handelt sich hierbei natürlich um eine Einschätzung von Fabian Merkle über seine Kolleg*innen. Ob diese Einschätzung tatsächlich zutreffend ist, kann ausgehend vom Datenmaterial nicht geklärt werden.

  15. 15.

    Wichtig ist hierbei, dass sich die Schilderungen auf das Erleben von Fabian Merkle beziehen und nicht das ‚objektive‘ Konzept wiedergeben müssen, das der Interviewte in dem geschilderten Vortrag gehört hat. Es können also durchaus Diskrepanzen bestehen zwischen dem Konzept von Burow und den Handlungsorientierungen von Fabian Merkle. In seinem persönlichen Erleben nimmt letzterer aber die beschriebene Übereinstimmung wahr.

  16. 16.

    Dieser Umstand resultiert daraus, dass eine vortragende Person versucht, ihre Aussagen möglichst klar definiert und für alle Anwesenden – die in der Regel eine Vielzahl konjunktiver Erfahrungsräume repräsentieren – verständlich zum Ausdruck zu bringen.

  17. 17.

    Mit dem Begriff „Interesse“ findet hierbei eine Fremdrahmung statt, da die Formulierung eine spezifische Motivkonstellation vorgibt, die sich besonders auf einen intrinsischen Aspekt stützt. Andere Motivkonstellationen werden dagegen ausgeklammert.

  18. 18.

    Es kann davon ausgegangen werden, dass die verwendete Relativierung, die Anton Claußen bei der Schilderung seiner Begeisterung verwendet, ein habituelles Merkmal seiner Sprachpraxis (der performativen Performanz) ist. Das gesamte Interview ist durch vergleichbare Relativierungen geprägt.

  19. 19.

    Der Begriff ‚Bedürfnisse‘ wird in der weiteren Interpretation als Bestandteil des positiven Gegenhorizonts genauer geklärt.

  20. 20.

    Im klaren Kontrast hierzu steht der Eckfall Hannah Aderholdt (Abschnitt 8.3), die sich in ihrer Handlungsorientierung von einem solchen Einsatz digitaler Medien ‚um deren Selbstwillen‘, der keine weiteren pädagogischen Erfolge als eine Motivationssteigerung bei den Schüler*innen erziele, deutlich distanziert.

  21. 21.

    An dieser Stelle kann nur eine sehr vage Deutung des Beispiels „zehn Blätter“ vorgenommen werden, da Anton Claußen nicht weiter auf das Beispiel eingeht. Möglicherweise nimmt er den exemplarischen Aspekt der Formulierung im Vergleich zur Interpretation variierend gelagert wahr. Da er das Beispiel aber in direkter Abgrenzung zum Beispiel des ‚guten Arbeitsauftrags‘ verwendet, handelt es sich um einen negativen Gegenhorizont, dessen genaue Konturen in der weiteren Interpretation dargestellt werden.

  22. 22.

    Exemplarisch konkretisiert Anton Claußen diesen Aspekt anhand einer wahrgenommenen Vernachlässigung von Lernangeboten mit digitalen Medien in den Lehrplänen. An anderen Stellen im Interview wiederholt sich das Thema der Lehrplaninhalte. An dieser Stelle werden von Anton Claußen weitere fachliche, aus seiner Sicht für die Schüler*innen ‚irrelevante‘ Themenbereiche thematisiert (Interview Anton Claußen, Z. 610–628).

  23. 23.

    Im Interview nutzt Anton Claußen zur Beschreibung dieses Umstands die Formulierung „dei Zeuch aktuell halten“ (Am, Z. 144).

  24. 24.

    Dieser Umstand ist besonders auffällig, da sich die Sprachpraxis (performative Performanz) von Anton Claußen ansonsten im gesamten Interview durch Relativierungen auszeichnet. Eine solch klare sprachliche Kennzeichnung eines Problems stellt dementsprechend eine auffällige Ausnahme dar.

  25. 25.

    Würde Anton Claußen diese Rahmenbedingungen anders wahrnehmen, müsste sich somit auch der modus operandi seiner Handlungspraxis in variierender Form konkretisieren.

  26. 26.

    Ein exmanenter Anteil der Nachfrage könnte darin bestehen, dass der Interviewer eine Entwicklungsnotwendigkeit der Schule unterstellt, die Anton Claußen in dieser Form nicht explizit thematisiert hat.

  27. 27.

    Überraschenderweise wählt Anton Claußen als gesellschaftliche Vergleichsperspektive den Fußballverein. Die Grundlage für diese Vergleichsperspektive ist möglicherweise ein persönliches Interesse des Interviewten. Trotzdem stellt diese Themenwahl und der Schluss von dem Fußballverein auf die Gesamtgesellschaft („des funktioniert in der Fußballmannschaft ja au nimmer na das- des funktioniert […] halt einfach nimmer“ (Am, Z. 591–592)) einen sehr interessanten Aspekt dar, der ausgehend vom vorhandenen Datenmaterial leider nicht weiter interpretiert werden konnte.

  28. 28.

    Das 4 K-Modell unterscheidet vier Kompetenzbereiche, die für die Auseinandersetzung mit der technologisch-medialen Entwicklung als relevant erachtet werden: Kritisches Denken, Kollaboration, Kommunikation und Kreativität (Mebis-Redaktion, 2021).

  29. 29.

    Auffällig ist hierbei auch, dass Hannah Aderholdt die einzige Interviewte unter den befragten Noviz*innen ist, die sich selbst über das gesamte Interview hinweg nicht als Lernende im Kontext der schulischen Medienentwicklung beschreibt bzw. auf ein persönliches Wissensdefizit in diesem Themenbereich verweist.

  30. 30.

    In dieser Klasse unterrichtet Hannah Aderholdt Englisch und Kunst.

  31. 31.

    Hierbei handelt es sich um einen Aspekt, zu welchem sich die zuvor besprochenen beiden Eckfälle kontrastieren. Fabian Merkle rechnet ausgehend vom seinem erweiterten Orientierungsrahmen der fächerübergreifenden Verknüpfung von Lerninhalten und deren fachunabhängigen Relevanz eine besondere Bedeutsamkeit zu und grenzt sich hierdurch von einer stark fachspezifischen Inhaltsvermittlung ab. Noch deutlicher ist der Kontrast im Vergleich mit dem Eckfall Anton Claußen, bei dem die Strukturierungen und Vorgaben durch die Lehrpläne einen Bestandteil des negativen Gegenhorizonts darstellen. Hannah Aderholdt erlebt die institutionellen Lehrplanvorgaben dagegen nicht in Widerspruch zu ihren handlungsleitenden Orientierungen. Wie sich im weiteren Interpretationsverlauf zeigen wird, bestärkt diese institutionelle Strukturierung über Lehrpläne stattdessen sogar ihre eigene Handlungsorientierung.

  32. 32.

    Interessant ist hierbei auch, dass die Interviewte als relevante Fächer, in denen eine entsprechende Kompetenzvermittlung stattfinden könne, auch das Fach Deutsch benennt – ein Fach, das sie ihrer Selbstauskunft zufolge selbst unterrichtet.

  33. 33.

    Diese Differenz ist insbesondere auffällig, da beide Lehrpersonen an derselben Schule arbeiten und somit zumindest in Grundzügen mit vergleichbaren Rahmenbedingungen ihrer pädagogischen Tätigkeit konfrontiert sein müssten (detaillierter: Abschnitt 8.10.4).

  34. 34.

    Bei dieser Darstellung handelt es sich um einen Interpretationsansatz, der im Folgenden weiterführend diskutiert wird und somit nicht um ein abschließendes Ergebnis. Eine feste Zuordnung der inhaltlichen Aussagen zum Bereich des kommunikativen Wissens ist nicht uneingeschränkt zuverlässig, da Bereiche des impliziten und kommunikativen Wissens in der Empirie nicht vollständig trennscharf unterschieden werden können. Dies resultiert daraus, dass die Dokumentarische Methode von einer Kontinuität der beiden Wissensformen ausgeht (Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2014, S. 282). Die Schilderungen von Bettina Sari müssen sich somit nicht zwingend auf Aspekte des kommunikativen Wissens beziehen, sondern können durchaus auch auf Anteile der eigenen Handlungspraxis verweisen. Eine entsprechende Zuordnung bedarf deshalb der Absicherung über die weitere Interpretation.

  35. 35.

    Die Interviewte artikuliert den subjektiven Charakter ihrer Ausführungen zudem indem sie diese mit der Formulierung „meiner Meinung nach“ als persönliche Einschätzung kennzeichnet.

  36. 36.

    Diese Formulierung kann sowohl als Zielsetzung für die konkrete Handlungspraxis, als auch in Form einer Metapher gelesen werden. In konkreten Unterrichtssituationen erachtet es Bettina Sari wortwörtlich wichtig, dass die Schüler*innen das Tablet, das ihnen zur Verfügung steht „aus der Hand“ und zum Beispiel vor sich auf den Tisch legen. Metaphorisch kann die Formulierung in der Form gelesen werden, dass die Schüler*innen Zeiten ohne das Tablet verbringen sollen.

  37. 37.

    Hierdurch steht in Bettina Saris Wahrnehmung das Schreiben auf dem Tablet dem ‚analogen‘ Schreiben grundsätzlich entgegen, weshalb von ihr möglicherweise auch nicht in Betracht gezogen wird, dass Schüler*innen auch auf Tablets ihre Handschrift (z. B. mit einem Tabletstift) üben können.

  38. 38.

    Zwar kann es auch auf gesellschaftlicher Ebene aufgrund der fortschreitenden Mediatisierung möglicherweise immer schwerer werden, eine entsprechende Handlungspraxis auszuüben, dies impliziert aber keinen grundlegenden Widerspruch mit der dargestellten Handlungsorientierung. Die Ausrichtung des Handelns an dieser Orientierung mag dann vielleicht erschwert sein, die grundlegende Zielsetzung muss hierdurch aber nicht in Frage gestellt werden.

  39. 39.

    Zwei Anmerkungen müssen zu dieser Einordnung des kommunikativen Wissens ergänzt werden: Zum einen kann im Rahmen dieser Arbeit kann nicht rekonstruiert werden aus welchem Kontext das kommunikative Wissen stammt, auf das Bettina Sari zurückgreift. Gut denkbar ist, dass innerhalb des konjunktiven Erfahrungsraums der Schule, an der Bettina Sari unterrichtet, entsprechende Wissensbestände zirkulieren und die Interviewte diese gegenüber dem Interviewer reproduziert. Allerdings kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit keine Mehrebenenanalyse umgesetzt werden, mit der diese Frage möglicherweise beantwortet werden könnte. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass sich Bettina Sari trotz der Reproduktion von Common-Sense-Theorien über die Potenziale des Tableteinsatzes in ihren Ausführungen auf ihre eigene Handlungspraxis bezieht. Dieser Umstand resultiert daraus, dass die normativen Erwartungen an die unterrichtliche Mediennutzung an der Schule von Bettina Sari – aufgrund ihrer Rolle als Lehrperson – in ihre Handlungspraxis überführt werden müssen. Diese Annahme steht in Übereinstimmung mit dem theoretischen Konzept des Orientierungsrahmens (i. w. S.), wonach kommunikatives und implizites Wissen in ein wechselseitiges Verhältnis treten und den modus operandi des Handelns anleiten (Bohnsack, 2017b, S. 102–108).

  40. 40.

    Zwar tritt bei Anton Claußen ein Spannungsverhältnis zu spezifischen institutionellen und organisationalen Bedingungen auf, dieses führt in seinem Fall aber zu einer Anpassung seines modus operandi des unterrichtlichen Medienhandelns, das mit dem impliziten Ziel einhergeht dieses Spannungsverhältnis zu bewältigen.

  41. 41.

    Hierzu zählen: (1.) Einschränkungen bei der unterrichtlichen Gestaltung von Sozialformen, da Tablets Einzelarbeit fokussieren und soziale Interaktionen einschränken würden. Demgegenüber sei das Arbeiten mit ‚analogen‘ Material besser für kooperative Arbeitsformen geeignet. (2.) Diskussionen könnten ohne Tablets besser umgesetzt werden, da durch die Nutzung dieser Endgeräte Möglichkeiten zum Sprechen eingeschränkt werden würden. (3.) Eine Arbeitsteilung bei den Schüler*innen und die damit verbundene Übernahme unterschiedlicher Aufgaben könne ohne Tablets besser organisiert werden. (4.) Die Arbeit mit dem Tablet sei zu individualisiert für die Unterrichtsgestaltung. Anzumerken ist hierbei zudem, dass insbesondere der letzte Aspekt auffällig ist. In anderen Interviews und auch in gedankenexperimentellen Vergleichshorizonten wird und kann gerade die Möglichkeit zu individualisierten Förderung als mögliches Potenzial verstanden (werden). Bettina Sari ist dagegen die einzige Gesprächspartnerin im Sample, die die individuelle Arbeit mit dem Tablet deutlich negativ konnotiert.

  42. 42.

    Die Nutzung eines Etherpads im Unterricht wurde im Interview kurz zuvor von der Interviewten als alternative, im Vergleich zur realen Interaktion weniger angemessene Möglichkeit thematisiert, um Diskussionen unter den Schüler*innen anzuleiten (Bw, Z. 214–224). Interessant ist hierbei auch, dass der Begriff ‚Etherpad‘ durch den Interviewer in das Gespräch eingebracht wurde, weil dieser Bettina Sari zuvor nicht zur Verfügung stand. Stattdessen versuchte sie in diesem Interviewabschnitt die Funktionen eines Etherpads inhaltlich zu umschreiben.

  43. 43.

    Interessant ist in diesem Kontext auch, dass Bettina Sari an keiner Stelle im Interview den Begriff ‚Werkzeug‘ als Beschreibung für Tablets oder digitale Medien verwendet.

  44. 44.

    Auch bei Anton Claußen ist ein vergleichbares Passungsverhältnis vorhanden. Da dieses im erweiterten Orientierungsrahmen aber um das oben dargestellte Spannungsverhältnis erweitert ist, wird das Passungsverhältnis von Anton Claußen an dieser Stelle nicht exemplarisch beschrieben. Siehe hierzu die ausführliche Falldarstellung in Abschnitt 8.2.

  45. 45.

    Die genaue Formulierung im Transkript lautet: „als = als äh Student imma davon geträumt dass ma des Zeug einfach abrufn kann“ (Interview Lena Kranz, Z. 264).

  46. 46.

    Eine gewisse Parallelität zwischen den Fällen Anton Claußen und Gina Wanke besteht allerdings darin, dass auch die Handlungsorientierung von Gina Wanke einen Selbstzweckcharakter des Medieneinsatzes miteinschließt, der aus der Einschätzung resultiert, dass allein durch den unterrichtlichen Einsatz und die Thematisierung von digitalen Medien ein Lebensweltbezug für die Schüler*innen hergestellt werden könne.

  47. 47.

    In diesem Rahmen ist auch die Wortwahl des Interviewten interessant. Das Wort „sensibilisieren“ verweist darauf, dass es Christoph Söldner möglicherweise vor allem um eine Annährung an die entsprechende Thematik geht und dass weniger eine vertiefte Auseinandersetzung im Fokus seiner Bemühungen steht. Überlegungen dazu, welche Schlussfolgerungen die vorliegenden Daten zur Frage der Medienkompetenzförderung zulassen werden in Abschnitt 10.4 diskutiert.

  48. 48.

    Die geschilderten Bedingungen könnten prinzipiell auch als eine organisationale (Rollen-)Erwartung an die Handlungspraxis von Manuela Pelke konzipiert werden, da sie aus den spezifischen Bedingungen der konkreten Schule resultieren. In der vorliegenden Arbeit wurden sie allerdings einer Subjektfigur zugeordnet, da mit ihnen pädagogische Konzepte verknüpft sind, an denen sich die pädagogische Förderung in den Hochbegabtenklassen ausrichtet. Bei diesen pädagogischen Konzepten handelt es sich somit nicht um organisationale Strukturbedingungen, sondern um kommunikative Wissensbestände, welche die pädagogische Handlungspraxis beeinflussen.

  49. 49.

    Anton Claußen formuliert diese Einschätzung folgendermaßen: „[…] da muss sich Schule auch ä weng verändern und auch ä weng neu denken glaub ich […]“ (Am, Z. 582–583).

  50. 50.

    Die Frage nach den Beziehungen zwischen dem Konstrukt den unterrichtlichen Medienhandelns und den pädagogischen Möglichkeiten zur Medienkompetenzförderung wird ausgehend von der abschließenden Typik in Abschnitt 10.5 diskutiert.

  51. 51.

    Ingrid Schirner beschreibt die Situation der Klassenübernahme insgesamt sehr umfassend und anschaulich (IwJw, Z. 50–75). Die verwendete Metapher wurde hier als exemplarisches Beispiel herausgegriffen, da diese die wichtigsten Aspekte der Erzählung anschaulich zusammenführt.

  52. 52.

    Auch der Fall Lena Kranz bietet einen kontrastierenden Gegenhorizont, da auch bei ihr die Vorstellung der Nutzung digitaler Medien als Alternative zu ‚analogen‘ Unterrichtsmaterialien einen Aspekt des positiven Gegenhorizonts darstellt (Lw, Z. 38–47).

  53. 53.

    Allerdings weist Bettina Sari an einer späteren Stelle im Interview auch darauf hin, dass die Schüler*innen für spezifische Berufsfelder durchaus über bestimmte medienbezogenen Kompetenzen verfügen sollten (Bw, 598–635). Trotzdem verweist die dargestellte Aussage darauf, dass für Bettina Sari die Notwenigkeit auf ‚analoge‘ Medien bezogene Kompetenzen zu vermitteln mit Blick auf die zukünftige berufliche Tätigkeit der Schüler*innen im Vordergrund steht.

  54. 54.

    Bettina Sari formuliert diese Wahrnehmung folgendermaßen: „[…] weil halt jeder sein eigenes Gerät vor sich hat und //mhm// (.) da dran hängt (.) oftmals“ (Bw, Z. 254–255).

  55. 55.

    In Rahmen der Datenauswertung zeigte sich allerdings, dass ausgehend von der Rekonstruktion der akteursspezifischen, handlungsleitenden Wissensbestände eine klare Trennung zwischen organisationalen und institutionellen (Rollen-)Erwartungen schwerfällt. So kann zwar auch in den diskutierten Fällen angenommen werden, dass die (Rollen-)Erwartungen in erster Linie aus den organisationalen Bedingungen, die an den konkreten Schulen vorzufinden sind, resultieren. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass diese Bedingungen immer verwoben sein dürften mit institutionellen Gegebenheiten, die beispielsweise aus den bildungspolitischen Anforderungen an eine schulische Medienkompetenzförderung resultieren.

  56. 56.

    Um die Lesbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Arbeit zu erleichtern basieren die in der Ergebnisdarstellung vorgestellten Fälle bereits auf bis zu einem gewissen Grad abstrahierten und spezifizierten Ergebnissen. Deshalb wurden dort zur Beschreibung des erweiterten Orientierungsrahmens fallübergreifend häufig ähnliche und vergleichbare Formulierungen verwendet. Im Forschungsprozess entstanden diese Begrifflichkeiten natürlich erst zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt, als bereits fallübergreifende Vergleiche vorgenommen werden konnten.

  57. 57.

    Zu berücksichtigen ist zudem, dass die entsprechenden Arbeiten erst im Verlauf des durchgeführten Forschungsprojekts publiziert wurden, zu Zeitpunkten an denen im vorliegenden Forschungsprozess bereits mit der Auswertung der Daten begonnen wurde.

  58. 58.

    Ein zum geschilderten Vorgehen vergleichbarer Ansatz wurde auch Hinzke (2018) in seinem Dissertationsprojekt angewandt.

  59. 59.

    Dieser Umstand wird auch daran deutlich, dass gedankenexperimentell bei einer alternativen pädagogischen Handlungsorientierung auch davon ausgegangen werden kann, dass digitale Medien beispielsweise als Hilfsmittel wahrgenommen werden könnten, um behavioristische Unterrichtskonzepte umzusetzen.

  60. 60.

    Wenn institutionelle (z. B. bildungspolitische) Erwartungen vorliegen, diese von der konkreten Organisation, an der die betreffende Lehrperson arbeitet, aber nicht aufgegriffen werden, kann angenommen werden, dass diese Erwartungen auch einen geringeren Einfluss auf die Handlungspraxis der Lehrperson haben.

  61. 61.

    Auch Brüggemann (2013) rekonstruiert in ihrer Studie den Typ des „kontextbezogen agierenden Pragmatikers“. Die Autorin bezieht sich hierbei allerdings auf dem Schwerpunkt der Medienerziehung, weshalb der Typ mit der hier rekonstruierten Handlungsorientierung nicht vergleichbar ist.

  62. 62.

    Die vorgenommenen Ausführungen könnten den Eindruck erwecken, dass Handlungsorientierung B Parallelen zu einem ‚traditionellen‘/behavioristischen Lehrpersonenhandeln aufweist und so als Gegenstück zur Handlungsorientierung A zu sehen ist, die im Kontext ‚innovativer/konstruktivistischer Überzeugungen diskutiert wurde. Dies ist allerdings nicht der Fall. Das prägende Element von Handlungsorientierung B ist die Kosten-Nutzen-Abwägung. Diese muss nicht zwingenderweise in Form eines ‚traditionellen‘/instruktiven Unterricht enaktiert werden. Auch wenn Handlungsorientierung B somit eine Ausrichtung an Rahmenbedingungen wie Lehrplaninhalten und Fachspezifika aufweist, bedingt sie nicht zwingend einen ‚traditionellen‘/instruktiven Unterricht.

  63. 63.

    Da in den institutionellen und organisationalen Bedingungen des schulischen Unterrichts allgemein- und medienpädagogische Aspekte in der Regel gegenseitig aufeinander bezogen sind, ist dieser Zusammenhang im Rahmen des Orientierungsschemas erwartungsgemäß.

  64. 64.

    Christoph Söldner benennt beide pädagogische Ausrichtungen direkt hintereinander. In den Mittelpunkt stellt er dabei den Umstand, dass Lernende in diesen beiden Kontexten seiner Wahrnehmung nach selbstständiger und eigenaktiver arbeiten.

  65. 65.

    Ein gutes Beispiel hierfür ist Fabian Merkle, der sich im Interview auf das unter seiner Hilfe eingeführte medienbezogene Unterrichtskonzept an seiner Schule bezieht. Dieses Konzept schließt an die Annahmen von Burow (2014) an. Zwar versucht Fabian Merkle in der Umsetzung ‚seines‘ Konzepts möglichst nahe an den ursprünglichen Ideen zu bleiben, trotzdem ist die handlungspraktische Umsetzung geprägt von der eigenen Handlungsorientierung. Orientierungsschema und Handlungsorientierung liegen in diesem Fall somit nahe beisammen, die Auseinandersetzung mit dem Orientierungsschema bedingt aber trotzdem einer Anpassung an die eigene Handlungsorientierung.

  66. 66.

    Die in diesem Absatz in Grundzügen dargelegten Überlegungen zur Medienkompetenzförderungen werden ausgehend von der abgeschlossenen Ergebnisdarstellung in Abschnitt 10.5 vertieft diskutiert.

  67. 67.

    Hypothetisch ist ein Wechselverhältnis der Handlungsorientierung mit der Subjektfigur OS b allerdings nicht auszuschließen.

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Dertinger, A. (2023). Ergebnisdarstellung I: Unterrichtliches Medienhandeln und normative Erwartungen. In: Zwischen normativen Erwartungen und habitueller Handlungspraxis. Rekonstruktive Bildungsforschung, vol 43. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-40642-4_8

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