LP Georg-August-Universität Göttingen

Millikan Versuch

Millikan Versuch

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Abb. 8126   -
Der Millikan-Versuch, manchmal auch als Öltröpfchenversuch bezeichnet, wurde 1910 von Robert Andrews Millikan und Harvey Fletcher durchgeführt. Der Versuch brachte den wichtigen Nachweis, dass die elektrische Ladung q immer nur in ganzzahligen Vielfachen der Elementarladung e des Elektrons vorkommt. Für diesen Nachweis erhielt Millikan 1923 den Nobelpreis für Physik.
Experimentieraufbau
Der Versuchsaufbau besteht aus einem Plattenkondensator mit Plattenabstand d. Der Plattenkondensator befindet sich unter einer transparenten Kunststoffhaube und wird von der Seite beleuchtet. Der Bereich zwischen den Kondensatorplatten kann mit Hilfe eines Mikroskops beobachtet werden. Mit Hilfe einer Handpumpe kann nun Öl in Form kleiner Tröpfchen in das Feld zwischen den beiden Kondensatorplatten gepumpt werden. Durch die Zerstäubung des Öls werden sie aufgrund der Reibung bzw. der natürlichen radioaktiven Strahlung ionisiert.
Je nach Ladung ergibt sich die Steig- oder Fallgeschwindigkeit der geladenen Öltropfchen im homogenen elektrischen Feld der Kondensatorplatten aus der Resultierenden der wirkenden Kräfte: Elektrostatische Kraft, Schwerkraft, Auftrieb und Reibung mit der Luft.
Liegt keine Spannung U am Kondensator an, so sinken die Tröpfchen infolge der Schwerkraft nach unten. Durch Anlegen einer Spannung lässt sich beobachten, dass die Teilchen, je nach beobachtetem Teilchen und anliegender Spannung, entweder schneller oder langsamer weiter nach unten wandern oder sich in Richtung der oberen Kondensatorplatte bewegen.
Versuchsdurchführung
Es gibt zwei Methoden zur Bestimmung der elektrischen Ladung der Öltröpfchen:
  1. Zum einen die Schwebemethode: Bei dieser Methode wird das elektrische Feld so eingestellt, dass die Gravitationskraft auf ein ausgesuchtes Tröpfchen gerade kompensiert wird. Das Tröpfchen schwebt.
  2. Zum anderen gibt es die Sink-/Steigemethode, die wir hier nutzen: Dabei wird die Bewegung eines ausgewählten Tröpfchens mit Hilfe des elektrischen Feldes beeinflusst. Zuerst legt man am Kondensator eine ausreichend hohe Spannung U an. Das Tröpfchen wird nach oben beschleunigt und erreicht schnell eine konstante Geschwindigkeit. Man lässt das Tröpfchen 20 Skalenteile der im Mikroskop sichtbaren Skala nach oben wandern und misst die dafür benötigte Zeit. Dann schaltet man die Spannung aus. Das Tröpfchen fällt im Gravitationsfeld der Erde nach unten und erreicht wieder schnell eine konstante Geschwindigkeit. Man lässt es 20 Skalenteile fallen und misst wieder die dafür benötigte Zeit. Aus der Differenz der beiden Zeiten kann man die Ladung q des Öltröpfchens bestimmen.
Erklärung und Interpretation
Sinkt Öltröpfchen Nr. i mit der Geschwindigkeit v sinkt nach unten, wirkt auf dieses die Stokes'sche Reibung entgegen der Bewegungsrichtung und damit der Gravitationskraft:
 F_{sink}=6\pi\eta r_{i}v_{sink}

Dabei ist \eta die Viskosität der Luft. Steigt Öltröpfchen Nr. i hingegen nach oben, wirkt die Reibungskraft wieder entgegengesetzt der Bewegungsrichtung, also diesmal in Richtung der Gravitationskraft:
 F_{steig}=-6\pi\eta r_{i}v_{steig}

Die Differenz dieser beiden Kräfte ist gerade gleich der Kraft des elektrischen Feldes
 F_E=q_{i}E=q_{i}\frac{U}{d}

die Tröpfchen Nr. i spürt. Daraus folgt:
 q_i E=F_{sink}-F_{steig}

 \Leftrightarrow q_i\frac{U}{d} = 6\pi\eta r_i(v_{sink}+v_{steig})

 q_i = 6\pi\eta r_i(v_{sink}+v_{steig})\frac{d}{U}=ne

wobei n eine ganze Zahl ist. Der Radius von Teilchen i kann durch Gleichsetzen seiner Gewichtskraft und der Stokes'schen Reibung im Sinkfall berechnet werden:
 m_g=\frac{4}{3}\pi r_i^3(\rho_{\text{Öl}}-\rho_{\text{Luft}})g=6\pi\eta r_i v_{\text{sink}}

 \Rightarrow r_i = \sqrt{9\eta v_{\text{sink}}/(2\Delta\rho\cdot g)}

Dabei wird die Dichte \rho von Öl und Luft für die Gravitationskraft und den Auftrieb berücksichtigt. Wiederholt man die Messung mehrfach, erhält man eine Verteilung aus positiven und negativen ganzzahligen Vielfachen der Elementarladung e.
Ergebnis
Elektrische Ladungen treten als ganzzahlige Vielfache der Elementarladung e auf. Der von uns gemessene Wert ist kompatibel mit der Literaturwert  e = 1,6021917 \cdot 10^{-19}\,C.
Der Ursprung dieser Ladungsquantelung ist bis heute noch ungeklärt. Das Auftreten einzlener Elementarladungen müsste auch die Existenz von magnetischen Monopolen zur Folge haben, Diracs Theorie von der Existenz magnetischer Monopole (Verletzung von \rm{div}\vec{B}=0) konnte bis heute jedoch nicht bestätigt werden.
Siehe auch:
  • Atom- und Quantenphysik. Haken, Hermann und Wolf, Hans Christian; 8. Aufl., 2004, Springer Berlin Heidelberg; S.74 ff
  • Experimentalphysik 3 - Atome, Moleküle und Festkörper. Demtröder, Wolfgang; 3. Aufl., 2005, Springer Berlin Heidelberg New York; S.31 ff
  • Experimentalphysik 2 - Elektrizität und Optik. Demtröder, Wolfgang; 6. Aufl., 2013, Springer Berlin Heidelberg New York; S.30 ff