Tobias Messerer: „Hände weg von 'Hardcore-Böllern'!“

Erstellt am 14. Dezember 2023 | 21:27
Lesezeit: 5 Min
Interview Tobias Messerer
Tobias Messerer blickt positiv in die Zukunft und möchte - trotz Armprothese - seine Maurerlehre fertig abschließen.
Foto: NÖN, Gerald Mayerhofer
Ein illegaler Böller kostete dem jungen Waldviertler in der Silvesternacht 2022/23 fast das Leben. Er wurde reanimiert und bisher mehr als 20 Mal operiert.

Es war der 1. Jänner 2023 um 0.11 Uhr als der erste Notruf des neuen Jahres die Rotkreuz-Ortsstelle Gföhl erreichte: Tobias Messerer zog sich bei der unkontrollierten Explosion eines illegalen Böllers schwerste Verletzungen zu. Wie sich sein Leben seit dem Unfall verändert hat, was er nun von Böllern hält und Gleichaltrigen sagen möchte - hier im Interview:

NÖN: Was müssen wir über den heutigen Tobias Messerer wissen? - Wie geht es dir und wie lebst du heute?

Tobias Messerer: Mir geht es gesundheitlich und psychisch eigentlich sehr gut - leider lebe ich heute „verändert“: Ich kann derweil meine Arbeit als Maurerlehrling noch nicht ausüben, da ich meine neue Armprothese nach meiner Operation im Oktober noch nicht bekommen habe. Und mein Leben hat sich durch diesen Unfall sehr „verschwert“.

Was ist genau vor einem Jahr in der Silvesternacht passiert? Was geschah an jenem Abend und woran kannst du dich beim Unfall noch erinnern?

Tobias Messerer: Also, ich bin nach Lichtenau auf den Sportplatz gefahren - es war ungefähr 20 Uhr 43, als ich dort angekommen bin und dann habe ich auf null Uhr gewartet, weil ich diesen Böller genau um Mitternacht zum Jahreswechsel zünden wollte. Und als ich dann das Feuerzeug angemacht und zur Lunte hingehalten habe, hat es den Böller sofort zerrissen. Mich hat's mit auf den Boden geworfen und ich habe sofort realisiert, dass mit meinem Körper etwas passiert ist. Ich habe nichts gespürt, habe aber so ein Kribbeln im Körper gehabt und daher gewusst, dass etwas Schlimmes passiert sein muss. Aus Instinkt bin ich in Richtung Straße gekrabbelt und habe dort nach Hilfe geschrien. Dort hat mich dann eine Frau gesehen, die mir auch Erste Hilfe geleistet und den Notruf abgesetzt hat. An mehr kann ich mich ehrlich gesagt danach nicht mehr erinnern.

Hast du noch Kontakt mit deinen Rettern vor Ort, den Sanitätern vom Roten Kreuz und deinen Ärzten?

Tobias Messerer: Leider weiß ich nicht genau, wer dabei war - ich weiß aber von meinem Herzchirurgen, wer im Notarzthubschrauber mit ins Universitätsklinikum St. Pölten mitgeflogen ist. Meine Mutter hatte mit dem Team des Roten Kreuzes Kontakt und ich werde mich - wenn ich wieder „ganz und vollständig“ bin - mit allen persönlich treffen, um mich zu bedanken.

Wie oft wurdest du operiert und wie lange warst du im Spital?

Tobias Messerer: Um die 20 bis 23 Mal - davon waren rund zehn große OPs. In Summe hing ich neun Tage an der Herz-Lungen-Maschine. Die ersten Tage war ich im Tiefschlaf und es musste täglich der Verband gewechselt werden, da ja mein Brustkorb geöffnet war und nicht zugemacht werden konnte. Geblieben sind einige Narben und Verbrennungen am Oberkörper sowie Narben von den „Einschusslöchern“ der Papierkügelchen, die ich von der Explosion des Böllers abbekommen habe. Meine rechte Hand war weg, meinen linken Brustmuskel und mein rechtes Auge hat man aufgrund der Vielzahl an Verletzungen ebenfalls nicht retten können. Ich habe nun ein Kunstharzauge. Die Schwere meiner Verletzungen hab ich erst nach und nach im Krankenhaus realisiert - am Anfang, als einem das gesagt wird, reagiert man auch noch nicht so richtig darauf. Vor allem als mir gesagt wurde, dass man mich erst beim fünften Reanimationsversuch wieder zurück ins Leben holen konnte. Erst einige Stunden später ist mir dann alles klar geworden - und da hat es dann auch Tränen gegeben.

Wie sieht dein Alltag und dein berufliches Leben mit deiner Arm- und Handprothese und deinem beeinträchtigten Auge aus?

Tobias Messerer: Ich war da gleich am Anfang sehr kreativ und hab einiges ausprobiert - Schreiben hab ich nicht neu lernen müssen, da ich Linkshänder bin. Wie man aber die Gabel mit und ohne Prothese beim Essen halten kann. Viel hab ich dann auf meiner Reha im „Weißen Hof“ gelernt - wie man Schuhe bindet, wie man Knöpfe zu macht. Ich hab mir aber sehr viele Dinge selbst beigebracht - da muss ich mir auch selber ein wenig auf die Schulter klopfen.

Beruflich habe ich vorgesehen, dass ich meine Maurerlehre fertig abschließe. Ich bin im zweiten Lehrjahr und mein Chef beim Lagerhaus Zwettl hat mir das OK gegeben, dass wir das mit der Prothese einmal ausprobieren - wenn es so funktioniert, wie wir beide uns das vorstellen. Und ansonsten hab ich mir schon ein paar Alternativen angeschaut: Sprich Elektriker oder technischer Zeichner.

Was genau war der Reiz, mit einem so gefährlichen – und illegalen Feuerwerkskörper – zu hantieren?

Tobias Messerer: Das Adrenalin und der Reiz war der Knall und die Lautstärke, wenn ein solcher Böller explodiert - genauso wie bei unseren Mopeds: Je lauter, desto besser! Gekauft hab ich den Böller rund ein Monat vor Silvester in Kleinhaugsdorf. Für den Kauf des illegalen Böllers habe ich von der Polizei auch eine Strafe bekommen.

Wie hat sich deine Einstellung zu Feuerwerkskörpern geändert? Welche Message möchtest du Gleichaltrigen und Feuerwerksbegeisterten mit auf den Weg geben?

Tobias Messerer: Also, was sich auf alle Fälle geändert hat, ist das Böllerschießen - diese ganzen tschechischen Böller, diese „Hardcore-Böller“ sind echt gefährlich. Davon rate ich wirklich ab! Gegen ein normales Feuerwerk, wie man es in Österreich kaufen kann, hab ich nichts. An alle Böller-Begeisterten der Appell: Kauft ausländisches und illegales Zeug gar nicht erst ein! Achtet darauf, was legal und dem jeweiligen Alter zugewiesen ist.

Wie wirst du heuer Silvester feiern und was wünschst du dir für 2024?

Tobias Messerer: Genau weiß ich das noch nicht - ich werde mich aber auf jeden Fall mit Freunden und der Familie zusammensetzen und so feiern. Für 2024 wünsche ich mir Gesundheit und ein „Böller-unfallfreies“ Jahr!

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