„Steuergerechtigkeit auf den Kopf gestellt“

Steuerbeamte geben zu: Bei Reichen schaut das Finanzamt weg
Mittwoch, 28.12.2016 | 09:43
Finanzamt prüft Werbungskosten genau
dpa/Kai Remmers Steuerbeamte geben zu: Bei Reichen schaut das Finanzamt weg

Die Zahl der Selbstanzeigen deutscher Steuersünder ist drastisch gesunken. Grund sind härtere Strafen - aber offenbar auch zu wenig Kontrolle: Die Deutsche Steuergewerkschaft fordert Bund und Länder auf, Reiche endlich so scharf zu prüfen wie normale Arbeitnehmer.

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„Lohneinkünfte und Rentenbezüge werden bis auf den letzten Euro elektronisch an das Finanzamt gemeldet und geprüft, während Hochverdiener mit Einkünften über 500.000 Euro nur alle sechs bis sieben Jahre mit einer umfassenden Steuerprüfung rechnen müssen“, sagte Gewerkschaftschef Thomas Eigenthaler dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vom Dienstag.

Noch gravierender seien die Vollzugsdefizite im unternehmerischen Bereich. Hier würden jährlich nur 2,4 Prozent aller Betriebe geprüft. Damit werde „Steuergerechtigkeit auf den Kopf gestellt“, kritisierte Eigenthaler.

Selbstanzeigen für Steuersünder seit 2015 deutlich teurer

Anlass der Kritik ist das Ergebnis einer Umfrage des „Handelsblatts“ vom Dienstag bei den 16 Länderfinanzministerien. Diese hatte ergeben, dass die Zahl der Selbstanzeigen von Steuerhinterziehern stark zurückgegangen ist. Danach zeigten sich in diesem Jahr bislang nur 4373 Steuerhinterzieher selbst beim Finanzamt an. Im vergangenen Jahr gab es noch 15.120 Selbstanzeigen, 2014 waren es sogar rund 40.000.

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Ein Grund für die Entwicklung dürften die seit Januar 2015 stark verschärften Regeln für Steuersünder sein. Für Steuerpflichtige mit unversteuertem Schwarzgeld ist es seither deutlich teurer, mit einer Selbstanzeige straffrei davonzukommen. Die Neuregelung hatte 2014 nach Überzeugung der Finanzbehörden zu einem Vorzieh-Effekt geführt.

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Sechs Milliarden Euro durch Selbstanzeigen mit Bezug zu Schweizer Konten

Außerdem ist der Druck auf Steuerhinterzieher in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Vor allem Nordrhein-Westfalen zeigt sich hartnäckig. Das Land hat seit 2010 elf Datenträger mit Daten mutmaßlicher Steuersünder erworben.

Allein bei der Finanzverwaltung NRW seien seither mehr als 23.000 Selbstanzeigen mit Bezug zu Konten in der Schweiz eingegangen, sagte Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Das Land habe damit rund 1,2 Milliarden Euro eingenommen, bundesweit seien es sogar rund sechs Milliarden Euro gewesen.

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Meisten Selbstanzeigen in Baden-Württemberg

In einigen Bundesländern wie Schleswig-Holstein sind ist die Zahl der Selbstanzeigen laut „Handelsblatt“ in diesem Jahr um fast 80 Prozent zurückgegangen. „Es scheint so, als habe durch das anhaltend hohe Entdeckungsrisiko das meiste Geld aus den Schweizer Tresoren und den Briefkästen Panamas den langen Weg schon in die schleswig-holsteinische Steuerkasse zurückgefunden“, sagte die Kieler Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) der Zeitung.

Die meisten Selbstanzeigen gab es der Umfrage zufolge 2016 mit bislang 1151 in Baden-Württemberg, gefolgt von Niedersachsen mit 926 und Nordrhein-Westfalen mit 655. In Bayern zeigten sich demnach 379 Personen selbst an. Allerdings könnten die Zahlen noch steigen, da Bayern, Hessen, Sachsen und Thüringen Selbstanzeigen nur quartalsweise erfassen.

Im Video: Wo das Finanzamt bei der Steuer-Erklärung nicht so genau hinschaut

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