Die Geschichte eines Familiennamens: von Siegmund bis Zeimet

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Aufmerksam wurde ich auf diese Fragestellung als Professor Dr Peter Gilles, seines Zeichens Sprachwissenschaftler und Experte für Linguistik an der Universität Luxembourg sein Projekt Luxemburgischer Familienatlas (LFA) popularisierte und eine Datenbank gestützte Internetseite freischaltete mit der Interessierte Einblick in Forschungsergebnisse zu den geläufigen Familiennamen im Großherzogtum nehmen konnten.

Neugierig und dann einen Moment später überrascht ob des erklärenden Textes zum Familiennamen “Zeimet”: als Laie hätte ich gedacht Zeimet reimt irgendwie mit Steinmetz oder Seimetz, auch häufige Namen in der Großregion. Das LFA hingegen optiert für die Erklärung eines Ursprungs des Familiennamens bei dem mythologischen Helden (Norse | Nordische Mythen) namens Sigmund (Siegmund). Diese Figur kommt übrigens auch in der Germanischen Mythenwelt vor.

Wenn man diesen sprachwissenschaftlich belegten Befund als Ausgangshypothese annehmen kann, dann stellt sich gleich die Frage wie dieser Name vom Helden Sigmund aus Skandinavien, seinem gleichnamigen Sippenverband der “Sigmunden”, heute in der Region Saarburg, zwischen der Saar und der Mosel und in Lothringen gehäuft als “Zeimet” auftritt.

Gibt es einen historisch belegten, belastbaren Zusammenhang zwischen den “Siegmund” Stammesverbänden aus dem hohen europäischen Norden und den “Zeimet” Familiennamen-Trägern in der Großregion im Dreiländereck Saar-Lor-Lux?

Ein interessantes Element auf der Suche nach Spuren einer Verbindung von Migranten aus Skandinavien ist wohl der Umstand, dass es immer Wanderungen zwischen den Skandinavischen Ländern, Norwegen, Schweden und Dänemark und den Britischen Inseln gab. Und es ist auch belegt, dass Schottland, im Mittelalter, als, im europäischen Vergleich, sehr entwickeltes Land, u.a Militärpersonal auf hohen Standards ausbildete und Truppen als Söldner an zahlende Kriegsfürsten in Europa bereitstellte. 

Eine entsprechende Analyse dieses Phänomens haben Geschichtswissenschaftler unternommen und ihre Erkenntnisse sind beispielsweise in dem Buch mit dem Titel “Fighting for a Living” beschrieben, spezifischer in Kapitel 2 dessen Autor James Miller in seinem Beitrag, mit dem aussagekräftigen Titel “The Scottish mercenary as a migrant labourer in Europe, 1550-1650” auf diese mittelalterliche Serviceindustrie eingeht, und beispielsweise aufzeigt in welchen Ländern “schottische Söldnertruppen” zum Einsatz kamen.

Es wird auch deutlich, dass viele, die meisten dieser Söldner, wenn sie die Kampfhandlungen in die sie qua ihrer Mission involviert wurden, überlebten, nicht nach Schottland zurückkehrten, sondern in fremden Ländern Europas gewissermaßen hängen blieben. 

Spannend wird es wenn man den Namen “Mansfeld” in einer Aufzählung von Feldherren liest, die Truppen in Schottland orderten. (Peter) Ernst II, Graf von Mansfeld war Auftraggeber und er wird als in der Pfalz beheimatet geführt. Nicht irrelevant ist allerdings die Tatsache, dass der besagte (Peter) Ernst II, Sohn des Statthalters der spanischen Krone in Luxemburg war, beheimatet und wohnhaft im Schloss la Fontaine in Luxemburg-Clausen wo er 1604 gestorben ist, keinem geringeren als Peter Ernst I, Fürst von Mansfeld.

Was wurde aus den schottischen Söldnern die für (Peter) Ernst II, Graf von Mansfeld gekämpft hatten, zunächst nach seiner verkorksten Belagerung von Breda und der Desertion von Truppenkontingenten der angeheuerten englischen (schottischen) Berufskriegern und später nach seiner Niederlage gegen Wallenstein? Eine spannende Frage, allemal.

Wo und wie können wir das Rätsel auflösen? Sicherlich gibt es eine Reihe Pisten. Zunächst die traditionellen Wege. Das Aufsuchen von Spuren in den Geschichtsbüchern. Das Pilgern von einer Bibliothek in die andere. Mit der Hoffnung Anhaltspunkte zu finden, die dem Puzzle schlussendlich ein konkretes Bild geben. Dann nach der geschichtswissenschaftlichen Angehensweise mit der Durchforstung der papiernen Unterlagen, die genealogische Marschroute durch die zivilen Unterlagen, vom Geburtschein bis zum Todesschein über die Hochzeitsurkunde und andere gleichartige Dokumente mehr. Zeitgeschichtliche Entwicklungen über die verschiedenen anvisierten, ins Auge gefassten Perioden schließen dann wichtige kriegerische Auseinandersetzungen ein, damit verbundene militärische Bewegungen und unausweichliche menschliche Vertreibungen, Migrationen und Umsiedlungen von ganzen Gruppen in anderen Teilen des Kontinents. 

Das trifft dem Vernehmen nach auch oft auf Truppenteile zu, welche nach Niederlagen, Auflösungsprozessen oder in besseren Situationen nach getanener Söldnerarbeit nicht mehr in ihr Ursprungsland, sprich Heimat zurückgehen können oder wollen. Wo (in Europa) konnten diese Fremdenlegionäre bleiben, wo waren sie willkommen, erwünscht, oder standen für andere Aufgaben und Aufträge bereit. 

Und dann eine andere eher sprachwissenschaftliche Komponente dieses Fragenkomplexes. Was wurde aus dem ausländisch klingenden Familiennamen der Söldner. Wie wurden diese Männer in ihren Exilen neu genannt? Eingedeutscht, wie bei (Zeimet), aber es bleibt dennoch die Kernfrage wie kam es zu diesem neuen (assimilierten) Namen, aufgrund welcher Umstände, oder Elemente des Lebens dieser Krieger. Waren es Bezüge zu ihrer Herkunft, ihrer Ausbildung, ihrer Stärken, ihrer originellen Namen, Zugehörigkeiten zu Stämmen und Sippen, gar Spitznamen? 

Und zu guter letzt, die neue Kompenente welche neue Aspekte in die Recherche nach Erkenntnissen einbringen kann: die Arbeiten des Nobelpreis-Trägers Svante Pääbo, in einer neuen Sparte der Möglichkeiten der Entschlüsselung von Geheimnissen welche die Menschheitsgeschichte noch beherbergt. Was kann die Paleogenetik uns helfen? Paleogenetische Analysen von Genomen von Namensträgern könnten Herkunftsinformationen freilegen. Gibt es ähnliche bis gleiche Muster in den Herkunftsdaten und Lebensplätzen die allen Untersuchten eigen sind, und welche immer wiederkehrende genetische Spezifizitäten ausdrücken?  

Alles zusammengenommen, könnten diese Pisten, die zur Klärung der Frage, benötigte Quelle von Evidenz und belastbaren Erkenntnissen werden. 

Konkret geht es jetzt in einer ersten Recherche-Phase darum, herauszufinden aufgrund von genealogischen Bevölkerungsdaten (Urkunden, zivilen persönlichen Scheinen [Geburt, Taufe, Hochzeit, Tod], wann der Familienname “Zeimet” im Großraum des Kreises Trier-Saarburg aufgetaucht ist. Die Vermutung besteht darin, dass bei den Schlachten im 30-jährigen Krieg (im Jahre 1635) und der zeitweisen Besetzung von Saarburg durch gefürchtete Schwedische Dragoner (Kavaliers-) Truppen, die zum Teil aus schottischen Söldnern bestanden, und nach deren Vertreibung, einzelne Kämpfer in diesem Gebiet zurückgelassen wurden, freiwillig zurückblieben, oder als Gefangene hier festgesetzt wurden.

Bibliographie:

  1. Online-Kartierung Luxemburgischer Familienatlas
  2. Völsunga Saga | in: Wikipedia – The Free Encyclopedia
  3. WEY Philip (Hrsg) “1000 Jahre Saarburg | 964-1964” Stadtverwaltung Saarburg, 1964.
  4. ZÜRCHER Erik-Jan (2013) Fighting for a Living – A Comparative Study of Military Labour 1500-2000, Amsterdam University Press. ISBN 978-90-485-1725-1
  5. ISABROT Camila (2024) – Celtic and Norse Mythology Specialist and Artist, Creator of the Illustrations in the Header Background Image. The Artist offers her services on the Fiverr Services Platform and presents her creations on the Instagram Social Networking Service.
  6. Zwei norditalienische Städte, namentlich Barga (in der Toscana) und Gurro (Region Piemont) beanspruchen für sich einen gewissen Anteil an schottischstämmiger Bevölkerung aufzuweisen. Sie erklären den Umstand mit einer Schlacht in Pavia (24. Februar 1525) als schottische Söldnersoldaten wegen Unwettern hängen blieben und sich in diesen Städten ansiedelten.
  7. Ein BBC UK Beitrag zum Thema: “The Italian highlanders who may have Scottish roots” Der Bericht erzählt von schottischen Söldern der sogenannten Garde Ecossaise des französischen Königs François I., welche nach der Niederlage in der Schlacht von Pavia (1525), im Winter in Norditalien eingeschneit wurden, und im Dorf Gurro hängen blieben, schlussendlich sich dort permanent niederliessen und in die lokale Bevölkerung einheirateten.

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