Wir waren noch nie an der deutschen Ostseeküste! Viele unserer Freunde und Verwandten lachen bei diesem Geständnis verdutzt auf. Aber für mich war ein Urlaub an der Ostsee so mit das unspektakulärste, was man sich für einen Trip vorstellen kann. Der spießige Familienurlaub eben, mit langatmigen Strandspaziergängen bei Wind und schlechtem Wetter! Doch wie in meinen vergangenen Beiträgen schon öfter erwähnt, hat Covid auch unser Reiseverhalten verändert. Immer öfter sind wir nun auch in Deutschland unterwegs, ob in der Eifel, im Harz oder im Schwarzwald. Und in diesem Frühjahr sollte es also die deutsche Ostseeküste sein.

Während unseres sechstägigen Roadtrips mit Samu überraschten uns dort vor allem die Strände und die wilde Küstenlandschaft, aber auch einige spannende DDR-Lost-Places. Im folgenden Beitrag verrate ich dir unsere sieben Highlights entlang der Küste zwischen Wismar und Greifswald.

1. Der Gespensterwald Nienhagen

Unser erstes Ziel auf unserem Ostsee-Roadtrip ist das Ostseebad Nienhagen. Hier gibt es direkt an der Küste einen kleinen, besonderen Wald aus Eichen, Buchen, Hainbuchen und Eschen, den sogenannten Gespensterwald. Die ungewöhnlichen und bisweilen bizarr anmutenden Formen der Bäume sind dabei namensgebend, denn sie regen besonders bei Dämmerung, Nebel und Wind die Vorstellung von Gespenstern, Geistern oder Fabelwesen an. Das Erscheinungsbild der 90-170 Jahre alten Bäume wird geprägt durch den salzhaltigen, feuchten Ostseewind. Da die Bäume relativ weit auseinander stehen und zwischen ihnen kaum Strauchwerk wächst, gibt es viel Raum für Licht und Schatten, was den Gespensterwald sehr fotogen macht. Und so schlendern auch wir für 2-3 Stunden auf der Suche nach guten Fotomotiven die Steilküste entlang, absolut mystisch!

Stellplatz: Parklatz Jemnitzschleuse direkt hinter dem Deich in Börgerende-Rethwisch (1 Nacht).

2. Die verlassenen DDR-Bunker am Strand von Wustrow

Am zweiten Tag unseres Roadtrips entlang der Ostseeküste fahren wir weiter auf die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst. Dort liegen an der Steilküste nördlich der Ortschaft Wustrow verlassene Bunker. Einer liegt noch am Ufer oben auf dem Kliff, der andere schon ein ganzes Stück draußen im Meer. Sie gehören zu einem unterirdischen Bunkersystem, das zu DDR-Zeiten von der Nationalen Volksarmee als technische Beobachtungsstation genutzt wurde. Für uns Freunde von Lost Places natürlich ein Must-See! Leider unterbrach uns ein Unwetter mit Hagel und Starkregen jäh beim Fotografieren und wir waren innerhalb weniger Sekunden nass bis auf die Knochen! Zurück bei Samu hieß es also erst einmal Heizung an und Kleidung wechseln.

Café-Tipp: Café Pieni im Nachbarort Ahrenshoop, ein modernes Café im Retrolook mit selbst gebackenen Kuchen und leichten, frischen Bistro-Speisen. Hier wärmen wir uns in Ruhe auf und trocknen ein paar Sachen auf der Heizung.

3. Der Weststrand im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft

Die nördliche Spitze der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst gehört zum Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. An dessen Westflanke, abseits aller Ortschaften, liegt der wilde, naturbelassene Weststrand, der nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreicht werden kann. Wir parken Samu dafür am Nachmittag auf dem Waldparkplatz „Drei Eichen“, um dann die etwa 2 Kilometer bis zum Strand zurückzulegen. Dort angekommen erwartet uns ein kilometerlanger, leerer, feinsandiger, weißer Traumstrand, wie ich ihn hier in Deutschland niemals erwartet hätte! Erinnerungen an unseren Roadtrip durch West-Australien schießen uns in den Kopf, ganz großes Kino!

4. Der Lost Place Meiningenbrücke

Am frühen Abend fahren wir weiter zur Meiningenbrücke, einer alten, stählernen Drehbrücke, die inzwischen nicht mehr in Betrieb ist. Ich hatte gelesen, dass man von hier schöne Sonnenuntergänge anschauen kann. Außerdem interessiert uns natürlich die Brücke als Lost Place. Leider ist der Zugang zur Brücke gesperrt und so können wir das Bauwerk nur von außen, vom Rand der neuen, für den Straßenverkehr parallel verlaufenden Pontonbrücke aus fotografieren. Die Stimmung bei schönem, weichem Abendlicht ist jedoch magisch.

Stellplatz: Campingplatz NATURCAMP Pruchten (1 Nacht).

5. Die Kreidefelsen auf Rügen im Nationalpark Jasmund

Am dritten Tag während unseres Roadtrips entlang der deutschen Ostseeküste fahren wir auf die Insel Rügen, um eine der wirklich berühmten deutschen Sehenswürdigkeiten zu erleben, die imposanten Kreidefelsen. Die Rügener Kreideküste erstreckt sich zwischen den Orten Sassnitz und Lohme im Nationalpark Jasmund. Auf verschiedenen Wanderungen ergeben sich spektakuläre Ausblicke auf die Kreidefelsen von denen der sogenannte „Königsstuhl“ die bekannteste Formation ist. Von Sassnitz aus kann man zum Beispiel entlang dem Hochuferweg in rund 10 Kilometern durch schattigen Buchenwald bis zum Königsstuhl wandern. Wir entscheiden uns für eine kürzere Tour zur Piratenschlucht. Dafür parken wir Samu auf dem kostenlosen Parkplatz Karl-Liebknecht-Straße in Sassnitz, von dem eine Fußweg-Treppe direkt hinunter zur Kreideküste führt. Unten angekommen läuft man linker Hand gemütlich in 30-40 Minuten über groben Kiesstrand bis zur Piratenschlucht, wo man bereits eindrucksvolle weiße Kreidefelsen bestaunen kann.

In regelmäßigen Abständen führen Treppen zurück nach oben auf den Hochuferweg, sodass wir den Rückweg, mit tollen Aussichten auf die hier türkisfarben schimmernde Ostsee, oberhalb der Felsen zurücklegen.

Quartier: Hotel Der Wilde Schwan in der Nähe von Sagard (2 Nächte).

6. Der Lost Place Prora

Auch den vierten Tag unseres Ostsee-Roadtrips verbringen wir auf Rügen. Wir wollen sehen, inwieweit sich das ehemalige Kraft durch Freude Seebad Rügen, der „Koloss von Prora“, ein 4,5 Kilometer langer Gebäudekomplex nördlich von Binz, der ursprünglich zur Nazi-Zeit als Massen-Urlaubsort hochgezogen wurde, noch als Lost Place zum Fotografieren lohnt. Denn seit 2004 werden die Gebäude-Blöcke einzeln veräußert und zu Wohn- und Hotelanlagen umgestaltet. Und in der Tat ist nur noch der allerletzte Block, in dem auch das Dokumentationszentrum Prora zu Hause ist, in seinem ursprünglichen Zustand und nicht saniert. Wir umrunden das Gebäude einmal komplett und schießen ein paar Fotos von außen. Mehr ist leider nicht mehr zu holen.

Die noch ein Stück weiter nördlich im Wald gelegenen, sogar auf GoogleMaps eingezeichneten „KdF Ruinen Prora“, sind absolut sicher umzäunt und Video überwacht. Hier ist gar kein Zugang mehr möglich.

7. Das wilde Kap Arkona

Mittags fahren wir weiter zum nördlichsten Punkt Rügens, dem Kap Arkona. Um das hübsche Örtchen Putgarten nicht mit Durchgangsverkehr zu belasten, müssen alle Fahrzeuge bereits vor dem Ort auf einem großen Parkplatz parken (Gebühr 6€). Es pendelt eine Touristen-Bahn zum Kap oder man legt die etwa 2,5 Kilometer zu Fuß zurück. Wir machen daraus eine schöne etwa 8 Kilometer Runde vom Parkplatz zum Leuchtturm am Kap Arkona und dann weiter der Küste folgend. Die Ausblicke auf die Klippen und die hier relativ wilde Ostsee sind wirklich großartig! Wir laufen zunächst weiter Richtung Norden und dann am nördlichsten Zipfel Richtung Osten, bis uns irgendwann ein Feldweg zurück in den Ort führt.

Wissenswertes:

Reisezeitraum? 6.-11. April 2022

ideale Aufenthaltsdauer? Ich denke 2-3 Wochen kann man gut und gerne an der Ostseeküste verbringen, wenn man es etwas ruhiger und ausführlicher angeht als wir.

Route? Wuppertal – Nienhagen – Wustrow – Ahrenshoop – Prerow – Pruchten – Binz – Sellin – Kap Arkona – Rostock – Wuppertal

Quartiere/Stellplätze? Sind wir alle spontan mit Hilfe der App Park4Night angefahren. Wild campen ist schwierig, es gibt aber viele Campingplätze. Das Hotel haben wir spontan über booking.com gebucht. Achtung: Feste Quartiere sind sogar außerhalb der Saison ziemlich teuer!

Unbedingt probieren? Das obligatorische Fischbrötchen mit fangfrischem Meeresfisch bekommst du an jeder Ecke.

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