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Stark, unbeirrt und leidensfähig – die drei bürgerlichen Bundesrätinnen

Stark, unbeirrt und leidensfähig – die drei bürgerlichen Bundesrätinnen

Frau und bürgerlich sein ist schwierig, wenn man Bundesrätin ist. Bisher ist nämlich keine der bürgerlichen Bundesrätinnen freiwillig aus dem Amt geschieden. Woran dies wohl liegen mag und wieviel Leidensfähigkeit dies wohl bedingt, zeigt eine kleine Auslegeordnung und der Versuch, den (Ex)-Bundesrätinnen Elisabeth Kopp, Ruth Metzler und Eveline Widmer-Schlumpf gerecht zu werden.


Elisabeth Kopp, FDP-Bundesrätin und überhaupt erste Bundesrätin der Schweiz, trat im Jahr 1989 auf Druck der Öffentlichkeit aus ihrem Amt zurück, aus einem Grund, den man Jahrzehnte später als ungenügend oder gar nichtig und lächerlich betitelt. Ruth Metzler, CVP-Bundesrätin, wurde abgewählt, um den SVP-Strategen Christoph Blocher in den Bundesrat zu holen und einbinden zu können, wie man damals glaubte. Und BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, gewählt als von der eigenen Parteispitze ungewollte SVP-Vertreterin und Ablösung des unverbesserlichen Hetzers Blocher, tritt in ein paar Tagen nicht mehr zur Wahl an, um wieder einem SVP-Mann Platz zu machen, denn Frauen wurden von dieser Partei schon gar nicht nominiert. Es war in jedem einzelnen Fall das Ende von Bundesrätinnen, die sehr engagiert arbeiteten und im Volk äusserst beliebt und anerkannt waren/sind.

Ein baldiges Ende des Kesseltreibens

Im Falle der Bundesräte wurde einzig Christoph Blocher abgewählt, aus den bekannten Gründen. Er wollte und konnte nicht in diesem Partnergremium mitwirken, überwachte und bekämpfte seine Bundesratskolleg/-innen und erhielt deshalb die berechtigte Rechnung für sein Tun und Hetzen. Ein höchst undemokratischer, nicht konsensfähiger Bundesrat musste damals das Handtuch nehmen, in der Meinung, es würde dann Ruhe geben und der Bundesrat würde wieder handlungsfähiger und könnte in Zukunft wieder geeinter auftreten. Ob das Kesseltreiben nun ein Ende findet, da die Ostschweizer Bundesrätin Widmer-Schlumpf nicht mehr antritt? Wohl eher nicht. Es gehört nämlich zum Demokratieverständnis der SVP, dass man poltert, hetzt, streitet und sich mit einem Schutzwall gegen jegliche Einflüsse aus dem Ausland abschottet – in der Meinung, man hätte sich mit dem Wahlausgang die Legitimation für dieses Tun geholt. «Wir sind die Mehrheit», tönt es lautstark aus SVP-Reihen, die mit rund einem Drittel der Sitze eine Mehrheit hat, bei näherem Hinsehen und genauerem Rechnen aber immer noch eine Minderheit ist – zum grossen Glück für die Schweiz.

Nicht Models der Nation sein

Frauen überlegten sich weniger, was mehrheitsfähiger sei, sondern wählten in der Regel die Position, die vernünftig und richtig erscheine, sagt die heute 79jährige Ex-Bundesrätin Elisabeth Kopp. Frauen machten sich durch ihr Tun angreifbarer und fänden den Rückhalt in den eigenen Kreisen damit nicht sicher. «Ich wollte nicht Mannequin der Nation sein», denn zu ihrer Zeit habe man eine Bundesrätin kritisch beobachtet und von der Frisur bis zu den Schuhen alles kommentiert, beschreibt die erste Bundesrätin der Schweiz die damalige Situation. Gradlinig, konsequent und stark ging sie ihren Weg – und zerbrach beinahe daran, wurde sie doch in den eigenen Kreisen gemieden und fallen gelassen, jedenfalls bis zu jenem Tag, an dem sie sich gefangen hatte und wieder aufstand, um für ihren (fast verlorenen) Ruf zu kämpfen. Dazwischen aber lagen etliche Jahre Leid. Auch Bundesrätin Ruth Metzler hatte ein hartes Leben, nachdem die einstige Vorzeigepolitikerin aus dem Bundesrat ausschied. Dabei hatte auch sie gar nichts falsch gemacht. Es zeugt von Stärke und Klugheit, dass sich die Ostschweizer Bundesrätin erst einmal ins Ausland absetzte, um den nötigen Abstand zur Heimat zu bekommen – und dort ein neues, erfolgreiches Leben zu beginnen. Wie wird man wohl der Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, der einst so stolzen SVP-Vertreterin gedenken? Sie ist die Frau, die DEM SVP-VATER vor der Sonne stand und eine Nation spaltete. Als «Schweizerin des Jahres» gekürt und beliebt im Volk, versuchte man ihr, vonseiten der ehemaligen Partei, Stein um Stein und gar Felsbrocken und ganze Berge in den Weg zu stellen. Man kann nur erahnen, wie zermürbend dies für eine zarte Gestalt, wie Eveline Widmer-Schlumpf es eigentlich ist, war und ist. Zum Glück hatte sie immer die Familie hinter sich und hat auch den starken bündnerischen Charakter ihres Vaters geerbt.

Den holprigen Weg geebnet

Kann eine bürgerliche Frau also nur ein hohes Amt erfolgreich ausfüllen, wenn sie nicht klar und unbeliebt Stellungen bezieht, wenn sie sich anpasst, sich letztlich steuern lässt und selber vergisst? Und wieso klappt eine erfolgreiche Amtszeit bei den linken Bundesrätinnen? Ex-Bundesrätin Ruth Metzler machte sich für die Fristenlösung stark, was in ihrer Partei gar nicht gut ankam. Ex-Bundesrätin Elisabeth Kopp kämpfte für Umweltthemen und eckte in ihrer Partei damit an. Noch-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf stellte sich zur Wahl, obwohl die Parteispitze drohte, jede/n, der dies tue, aus der Partei auszuschliessen. Ist es der starke Wille, das Vertreten eigener Schwerpunkte, die klare und eigene Linie, was man bei bürgerlichen Frauen nicht verträgt? In einigen Jahren wird man die Bundesrätinnen-Geschichte mit Abstand und mit neuen Erkenntnissen betrachten. Mit Sicherheit werden dann die drei bürgerlichen Bundesrätinnen ihre verdiente Würdigung erhalten. Sie werden in die Geschichte der Schweiz eingehen, anerkannt als das, was sie alle sind: starke und geradlinige Persönlichkeiten, blitzgescheite Frauen, Vorreiterinnen für die Gleichstellung der Frauen, Persönlichkeiten, denen wir Frauen Dank und Anerkennung schulden, die für uns litten, ihren Nachfolgerinnen den Weg ebneten. Danke, Ex-Bundesrätin Elisabeth Kopp und tausend Dank an die beiden Ostschweizer (Ex-)Bundesrätinnen Ruth Metzler und Eveline Widmer-Schlumpf!

Hauptbild: Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf

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