1 gear, 1 goal: Strasbourg – oder wie man sich selber motiviert

Kurz: Es hat funktioniert! Einer meiner letzten Beiträge hatte den einfachen Sinn und Zweck, mich später für eine neue Tour zu motivieren. (Vielleicht folgt später mal noch ein Beitrag zur erfolgreichen Selbstmanipulation oder so…) So entstand die Idee «1 gear, 1 goal: Strassburg!» Ohne wirklich grosse Planung bin ich in zwei Tagen mit dem Rad – mit nur einem Gang – von Zuhause bis nach Strassburg gefahren.

Weil man gute Traditionen beibehalten soll, hier die Zusammenfassung dieser Tour – um mich damit für kommende erneut motivieren zu können.

Warum «einfach mal machen», statt nur zu planen? Weil sich die wirklich geilen Dinge meist erst dann zeigen.

Ready to rumble.

Freitag, Tag 1 – aka Spass macht leistungsfähig

«Das ist erstaunlich wenig», dachte sich mein Hirn, als ich alles Wichtige für die Tour in einem kompakten Rucksack hatte. Drin war nur das Nötigste, um am Etappenziel mit normalen Kleidern rumlaufen zu können; zusammen mit ein wenig Flickzeug, Essens- und Wasservorrat. Viel ist das nicht.

Freitagmorgen, saufrüh los. So fühlt sich das also an, wenn die Beine vor dem Kopf wach sind. Weil es nach dem Radumbau (Lenker + Fixed Gear) vor der Tour nur noch für eine kurze Probefahrt gereicht hatte, merkte ich erst jetzt, dass die Sitzposition ziemlich scheisse ist. Im Vergleich zum Rennradlenker doch deutlich zu hoch und deutlich zu kurz… Als erste Schnellmassnahme also kurzerhand nach Zürich den Vorbau angepasst und dann als zweites … hmmm, mehr ging bei diesem flachen Lenker und Setup gar nicht mehr…

Nach Zürich ging es meist auf Kieswegen der Limmat entlang, quer durch Agglomerationswälder und vorbei an mindestens 2 Millionen Hunden mit Halter, die scheinbar alle zur gleichen Zeit draussen auf meiner Fahrbahn waren.

Nach Zürich kam Baden, nach Baden kam Brugg, nach Brugg … ging es erstaunlich steil den Berg hoch. Mein einziger Gang wurde ziemlich hart. Mein Puls fuhr hoch, meine bisher zügige Trittfrequenz stark herunter. Diese 400 Höhenmeter fühlten sich nach deutlich mehr an. Selber Schuld. Zum Glück konnte ich in der Abfahrt nach Frick und Rheinfelden meine Beine entspannen – nicht! Denn auch bei der Abfahrt sind die Beine dauernd gefordert als Bremse, sie bewegen sich aufgrund des starren Gangs immer mit.

Nach Rheinfelden ging es – mit mittlerweile doch schweren Beinen – kurz über die deutsche Grenze, entlang ziemlich schönen grünen Wiesen und auf perfekt ausgebaute Radwege weiter; bis ich schliesslich kurz vor Basel wieder in die Schweiz zurück fuhr.

Stadt, Bike, Fluss.

Da ich im Voraus nix fix gebucht hatte, konnte ich meine Route und Strecken – soweit es meine Beine zuliessen – maximal flexibel buchen. Weil ich früher als erwartet bereits am Nachmittag in Basel ankam, entschloss ich mich kurzerhand weiter zu fahren. Die Grenze hinter Basel rüber nach Frankreich passierte ich erstaunlich schnell, anschliessend kamen nochmals einige Kilometer im Flachen auf schönen Flusswegen hinzu – bis ich in Moulhouse/Mülhausen mein Etappenziel (und vor allem eine Dusche und Bett) erreichte. Der flache Lenker und die damit verbundenen eingeschränkten Sitz-/Haltepositionen sollten sich v.a. am zweiten Tag noch bemerkbar machen.

Als Radfahrer brauche ich im Hotel zwei Dinge: Eine funktionierende Dusche und ein bequemes Bett. Ganz einfach.

Samstag, Tag 2 – aka «fluchend durch’s Flachland»

Nach erfolgreichem Leerräumen des Frühstückbuffets – was ich bei meinem krassen Energieverbrauch an Tag 1 auch für Tag 2 für nötig hielt – schaffte ich es erstaunlich früh wieder in den Sattel. Leider machte sich als Folge der über 160 Kilometer vom ersten Tag mein rechtes Knie nach einigen Kilometern bemerkbar… So oder so wollte ich aber weiter.

Erstes Zwischenziel für Mittag war Colmar, die zweitgrösste Stadt im Elsass mit dem bis dahin wohl grössten Touristenansturm. Um nicht von asiatischen Selfie-Sticks aufgespiesst zu werden, holte ich mir nur kurz einen geilen Bagel (im «Bagelstein», sehr zu empfehlen!) und fuhr schon bald weiter.

Über die letzten Kilometer gibt es nicht wahnsinnig viel zu erzählen – obwohl es doch sehr viele waren… Eine erstaunliche Erkenntnis: Auch «nur geradeaus» und «flach» wird verdammt schwer mit der Zeit. Denn auch eine schöne Landschaft wird nach einigen Stunden und vielen Kilometern ohne irgendwelche Abwechslung mal ziemlich, ziemlich eintönig. Und damit gibt’s auch nichts, was ablenkt von der inzwischen ziemlich unbequemen Haltung bei einem graden Lenker oder den immer schwerer werdenden Beinen.

Hier hat’s so viel Höhenmeter wie Kurven und Abwechslung: Nämlich Null.

Weitere, spannende Beobachtungen auf Radwegen

  • Ich weiss jetzt, was Nutrias sind und habe sie (glaub) schon live gesehen.
  • Gelbe Raps-Felder stinken wie blöd.
  • Brütende Schwäne mit ihrem Nachwuchs sind süss.
  • Boots-Schleusen funktionieren ziemlich simpel, sind aber ultralangsam.
  • E-Bike-Panzer sind die Regel, ich ohne Motor die Ausnahme auf den Elsässer-Radwegen.

Nach einigem Geradeausfahren erreichte ich Samstagnachmittag endlich mein Ziel: Strassburg. Eine wunderschöne Stadt, aber es bizeli überlaufen mit Touristen. Mein Hotel hatte ich am Nachmittag in einer kurzen Pause online über’s Smartphone gebucht, es lag direkt im Zentrum. Und ich bald im Bett, um mich mit einem Powernap von den erneuten über 100 Kilometern der zweiten Etappe zu erholen.

Samstagabend und Sonntag sind aus sportlicher Sicht schnell erzählt: Zur konsequenten Förderung meiner Regeneration setzte ich mich ernsthaft in einen dieser Elektro-Touristen-Mini-Zug mit Lokomotive und entdeckte Strassburg – mit rund 30 Rentnern – per kleinem Wackelzug. Weiteres zu Strassburg: Das Münster ist brutal schön und definitiv das Highlight. Daneben hat’s eine schöne Altstadt, kulturell sowie historisch gibt’s einiges anzuschauen und für mich ziemlich wichtig: Essen kann man ziemlich, ziemlich gut. So ging’s mit vollem Magen am Sonntagnachmittag wieder heim – per «richtigem» Zug.

«Warum machst du das?»

Mein Fazit: Würde ich eine solche Tour nochmals machen? Unbedingt! Warum? Ganz einfach: Warum nicht?

Nein im Ernst: Die meisten Highlights, die einem lange in Erinnerung bleiben werden, sind nicht jene, welche man von Anfang im Kopf hat. Nein, es sind jene viele kleinen Erinnerungen an das, was man erst vor Ort erlebt. (#deepshit, danke)

Notiz an mich: Was für Radfahrer in einem Hotel wirklich zählt

Kleines Learning für spätere Touren: Die zwei wichtigsten Dinge für Radfahrer (also zumindest mich) in einem Hotelzimmer sind…

  • …eine vernünftige Dusche mit einer Brause, die auch in der Halterung hält (den Helm will ich nicht auch noch unter der Dusche tragen) und genug Wasserdruck für Radlerdreck hat (sonst muss direkt in der Dusche übernachtet werden, was das schöne Bett hinfällig machen würde).
  • …ein bequemes Bett, das auch noch sauber ist. (Denn wenn ich mich nicht erholen kann, wird der Folgetrag noch anstrengender…)

Falls du wirklich bis hier unten gelesen hast, hinterlasse doch den Kommentar «Opa, wo willst Du mit dem Fahrrad hin? – Auf den Friedhof! – Und wer holt das Fahrrad ab?». Oder einen anderen guten Radfahrer-Witz. Vielen Dank.

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