Wien: Ordensspitäler werden Schwerpunktkrankenhäuser

Ein deutlicher Umbruch hin zur Spezialisierung findet derzeit in den Wiener Ordenskrankenhäusern statt: Parallel zur Reform der städtischen öffentlichen Krankenhäuser will man Schwerpunktzentren etablieren.

„Alle acht Wiener Ordensspitäler bereiten derzeit Projekte vor, die durch Schwerpunktbildungen und Fokussierungen auf die älter werdende Gesellschaft oder die zunehmenden Geburten reagieren“, erklärte Primar Manfred Greher, Sprecher der Plattform der acht Wiener Ordensspitäler, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Den bevorstehenden demografischen Wandel könne man auch aus aktuellen Studien ablesen: Wenn Wien im Jahr 2029 die Zwei-Millionen-Einwohner-Marke erreicht, werden demnach besonders ältere und jüngere Altersgruppen stark anwachsen.

Die Neuorientierung der Ordensspitäler gehe somit einerseits in Richtung Altersmedizin, wo derzeit zwischen dem Krankenhaus St. Elisabeth und dem Hartmannspital im 3. und 5. Gemeindebezirk eine besondere Kooperation entsteht: Bis 2020 wird die neue Krankenanstalt „Franziskusverbund“ mit künftig 234 Akutbetten Innere Medizin, Chirurgie und weitere spezielle Angebote für den Mensch im Alter aus einer Hand liefern, darunter die größte Palliativstation Österreichs.

„Komplexer und herausfordernder Prozess“

Die Fusionierung von zwei Spitälern, zwei Ordensgemeinschaften und 600 Mitarbeitern sei ein „komplexer und herausfordernder Prozess“, sagte Andreas Achrainer, Geschäftsführer des Hartmannspitals, wo der 19-Millionen-Umbau der neuen Intensivstation bei laufendem Vollbetrieb bereits gestartet ist.

Hartmannspital in Wien 5

Kathpress/Franz Josef Rupprecht

Das Hartmannspital in Wien 5

Schon eröffnet hat mit 1. September eine neue Abteilung für Akutgeriatrie im Orthopädischen Spital Speising (13. Bezirk), das zur Vinzenzgruppe gehört. Die 24-Betten-Station betreut Menschen ab 65 Jahren, die nach orthopädischen OPs längere gesamtmedizinische Unterstützung benötigen. Das geschieht interdisziplinär und mit Augenmerk auf selbstständiges Leben nach der Spitalsentlassung, wozu neben dem Medizin-, Therapie- und Pflegeprogramm u. a. auch soziale Integration etwa durch gemeinsames Kochen gehört.

„Qualitätssprung“ in der Betreuung

Auf das andere Ende des Altersspektrums konzentriert sich das St. Josef-Krankenhaus in Wien-Liesing, wo bis 2018 ein Leistungsbereich Kinderheilkunde und Neonatologie geschaffen wird und ein Eltern-Kind-Zentrum entsteht. In dem Spital unter Trägerschaft der Salvatorianerinnen werden schon bisher 2.000 Kinder pro Jahr geboren. Der Ausbau soll nicht nur Kapazitäten für künftig 3.000 Geburten schaffen, womit das Spital der Vinzenzgruppe künftig größte Geburtenstation Wiens ist, sondern auch einen weiteren „Qualitätssprung“ in der Betreuung.

Die genannten Ordensspitäler versorgten im Vorjahr gemeinsam mit dem Herz-Jesu-Krankenhaus, jenem der Barmherzigen Brüder und Barmherzigen Schwestern sowie dem „Göttlichen Heiland“ 118.000 stationäre Patienten an insgesamt 608.800 Pflegetagen - insgesamt fast 20 Prozent der Spitalspatienten. Mit insgesamt 4.000 Mitarbeitern sind sie auch wichtige Arbeitgeber. Dass Ordensspitäler somit „aus dem Wiener Gesundheitssystem nicht mehr wegzudenken“ sind, denken auch 77 Prozent der Bevölkerung, berichtete Meinungsforscher Peter Hajek über einer im August durchgeführten Onlineumfrage von 588 Personen.

Ordenskrankenhäuser: „Ausgezeichnetes“ Image

Das Image der Wiener Ordenskrankenhäuser sei „ausgezeichnet“, das Vertrauen gleich hoch wie bei Privatspitälern und deutlich besser als bei öffentlichen Wiener Krankenhäusern, so weitere Ergebnisse. Jeweils über 60 Prozent der Befragten bescheinigten den Wiener Ordensspitälern „hochwertige Unterkunft und Verpflegung“, eine „ganzheitliche Betreuung der Patienten“ sowie ein Angebot von „Spitzenmedizin“.

Von signifikanten Zuwächsen gegenüber einer Umfrage von 2012 berichtete Hajek bei der Aussage, Ordensspitäler nähmen sich „mehr Zeit für Patienten als städtische Spitäler“: 61 Prozent der Befragten stimmten dem zu, nur 17 Prozent weniger oder nicht.

„Mehrwert“ durch Zuwendung

Gerade diese Zuwendung gehöre zu dem „Mehrwert“, den die Spitäler aufgrund ihrer Ordensträgerschaft bieten wollten, erklärte die Provinzleiterin der Salvatorianerinnen, Brigitte Thalhammer. Zwar seien Ordensleute aufgrund des Mitgliederschwundes immer weniger in den Spitälern präsent und tätig, doch achte man darauf, dass die den Orden zentralen Werte vom Spitalspersonal weitergetragen werden - „wie vor allem die persönliche Zuwendung, die Offenheit für alle sowie die Aufmerksamkeit für das Leben“, so die Salvatorianerin. Da nicht nur die Patienten, sondern auch die Mitarbeiter aus allen Religionen und Bekenntnissen kommen, sei das ein „spannender Prozess“.

In der Wiener Gesundheitsplanung - etwa im Wiener Spitalskonzept - sei die Bedeutung und das Engagement der allesamt gemeinnützig arbeitenden Ordensspitäler noch nicht ausreichend berücksichtigt, bemängelte Greher. „Anders als Bund, Länder und Sozialversicherungen dürfen die Ordenskrankenhäuser in den Zielsteuerungskommissionen nicht über die Zukunft ihrer Häuser mitentscheiden.“ Dem eigenen Beitrag zur Gesundheitsversorgung entsprechend sei man hier zur Kooperation bereit, so der Ordensspitäler-Sprecher.

Gemeinsames Fest am 18. September

Ein gemeinsames Ereignis feiern die Wiener Ordensspitäler am 18. September um 18.00 Uhr mit einem Gottesdienst im Stephansdom, in dessen Rahmen ein Dialog von Benediktiner-Abtpräses Christian Haidinger und Schwester Brigitte Thalhammer geplant ist. Musikalisch begleitet wird das Fest für Mitarbeiter und Freunde der einzelnen Einrichtungen vom Mitarbeiter-Chor der Wiener Ordensspitäler und ARS Musica, im Anschluss gibt es einen Empfang im Erzbischöflichen Palais.

religion.ORF.at/KAP

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