Abgestumpft. Netztrauer und die Wirklichkeit

Mir geht es nicht gut, mit den Ereignissen rund um den Globus und auch sonst geht mir das alles viel zu schnell. Da verdaue ich noch, das eben Gesehene – Erlebte – Wahrgenommene – streiche mir die Tränen von der Wange, weil es Menschen aus meiner Mitte getroffen hat, die wie ich die Freiheit lieben (auf Kosten anderer?) und ich gehe über zum Tagesgeschäft, weil ich und sie und alle davon reden, dass die Angst nicht siegen darf. Ich konnte noch gar nicht richtig reagieren, da hat es auch schon die Netzgemeinde für mich übernommen. Sie reagierte. Blitzschnell.

Keine Doppelmoral: Ich reagiere auch. Du liest es gerade. Ich bin nicht besser als die anderen. Auch nicht schlechter. Ich prangere niemanden dafür an, für das Färben des Profilbildes auf Facebook und ich schiebe es zur Seite, dass auch Frankreich sich in den vielen vergangenen Jahren außenpolitisch nicht mit Ruhm bekleckert hat. Ich rege mich nicht darüber auf, dass medial ein riesen Aufriss gemacht wird, obwohl die Welt überall, an allen Ecken und Enden brennt und ich überlese, wenn ein Hashtag um die Welt geht, der zum Beten auffordert, obwohl ein Großteil der Franzosen so weit von Religion entfernt ist, wie San Francisco zu Deutschland. Das ist eben Netzwerken. Das ist das Internet. Die virtuelle Öffentlichkeit, die wir uns erschaffen haben. Jeder hat seine Sicht. Jeder hat seinen „Senden-Button“ und dabei vergessen wir, dass wir auch im virtuellen Raum unser Menschsein nicht ablegen.

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Notfall?

Aber auch ich reagiere, weil es mich bewegt. Und weil ich euch mitteilen will wie es das tut. Auf meine Art. Weil ich nichts besser kann, als mich in den heilenden Worten der Poesie zu verlieren.

A B G E S T U M P F T

gleich nach den anschlägen in paris wird ein hashtag gefunden. der gemeinsame konsens ist also da. zu schnell? ich möchte es nicht kritisieren: ich möchte nur den dialog. ist man sich sicher? In dem was man sekunden danach schon twittert/hashtagt/ oder postet? will man es nicht sacken lassen? warum vorschnell? warum sofort? warum augenblicklich schüsse zielen? war solcher vorwitz jemals überlegt? in der vergangenheit?  wird er es jemals sein? sie reden von krieg. sie sagen, wir seien nicht sicherer, als andere länder. erwarteten wir das, was da passierte? (bin ich abgestumpft?) nicht in europa? nach maidan und co? nicht in der nachbarschaft? nicht in paris? nicht am freitag den 13. nicht im studentenviertel in der stadt der liebe. der stadt der lichter, in der schon viele von uns waren? meine meinung zu paris: ich hab (noch) keine. ich hab da nur so ein gefühl. auf alle fälle hab ich hundert fragen. dabei – gibt es überhaupt je eine meinung, oder doch nur die ständige suche nach dem wissen?

A B G E ST U M P F T 

mir passiert zuviel in unserer welt. und überhaupt – mir passiert das nicht. geschwätz. und ob – jetzt ist es nah, es ist da, viel näher als es jemals ward gedacht. es kann mich treffen und auch dich. (bin ich abgestumpft?) ich will die welt und ihre rotation nicht stoppen, nicht an ihrer achse drehn, und überhaupt, kann ich es wahrlich nicht. ich will sie verstehn und doch merke ich, genau das, werd ich nie. meine politische bildung reicht nicht aus, bei weitem, ich interessier mich nur. und das genügt. nicht. ich überlasse es gebildeten, die dinge aufzuklärn. doch mir das warum verständlich machen – das ist bisher noch nicht geschehn. sie hantieren mit den worten „krieg“ und zustand, der in höchster ausnahme sich befindet. und während sie mit fahnen wehn, enteignen sie ihr volk und erklärn es durch vergeltung. Schlagt! „gewalt erzeugt gegengewalt, hat man dir das nicht erklärt?“

A B G E S T U M P F T

mir ist das zuviel. von allen seiten. aus allen sparten. aus allen möglichen blicken und winkeln.  zuviel. passiert. da und hier und auch daneben und von zeit zu zeit haut uns dann auch noch die krise auf die finger und zeigt, in welcher welt wir leben. neben ihr schlägt der terror in personen, hackt und häckselt, köpft und metzelt. stopft uns das maul und nimmt uns freund und meinung, nimmt uns nachbarn. spielt mit dem genussvollen leben, das andere so lieben, und entscheiden,  dass es nun zu ende ist. für immer. angriff auf das leben. angriff auf die freiheit. angriff auf die menschlichkeit. au liberté. hört auf zu beten. tut etwas. nichts unüberlegtes. nichts, was das menschsein selbst verwirkt. Burundi, Syrien, Japan und Paris. Tote auf dem mittelmeer. verbrannte körper während des nähens von wegwerfkleidung…in allen nuancen kann ich meine trauer färben, nur nicht in dunklem rot. die farbe des blutes. und der liebe! was kann eigentlich die farbe rot dafür? missbraucht keine symbole, bloß weil ihr welche finden wollt, die heilen. 

Wir müssen zusammen halten, statt uns zu bekämpfen. Mit Worten auch. Denn jedes ist ebenso ein Schwert, das tief schneiden kann. Hashtag F R I E D E N  Hashtag L O V E. Und ein weiteres Mal frage ich mich, wann der Wunsch nach Weltfrieden aus der Mode gekommen ist!

Stirbt ein brauner Vollidiot mit seinem Brandsatz in der Hand den Heldentot, wenn er einem ISIS Kämpfer den Kopf absäbelt?

Ich weiß es nicht.

Viel wichtiger ist, dass ich mich frage, wie ich das alles wieder aus mir trage, diese Bilder dieser Tage. Und dann merke ich zugleich: Ich mache einfach weiter wie bisher. Als wäre alles nur nur ein schlechter Film.

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Danke für die Aufmerksamkeit!


Eure

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