Rote Listen gefährdeter Tiere Österreichs

Checklisten, Gefährdungsanalysen, Handlungsbedarf. Teil 2: Kriechtiere, Lurche, Fische, Nachtfalter, Weichtiere
515 Seiten, Hardcover
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Reihe Grüne Reihe des Lebensministeriums
ISBN 9783205774785
Erscheinungsdatum 03.01.2007
Genre Biologie/Zoologie
Verlag Böhlau Wien
Adaptiert von Klaus Peter Zulka
Herausgegeben von Ruth Maria Wallner, Präsidialabteilung 5 Bundesmin. Umwelt, Land-, Forst- u. Wasserwirtsch., Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,
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Kurzbeschreibung des Verlags

Rote Listen haben in Österreich eine lange Tradition. Nach den Fassungen von 1983 und 1994 bietet die Grüne Reihe des Lebensministeriums nun eine vollständig neue Bearbeitung ausgewählter Tiergruppen. Das Umweltbundesamt Wien hat ein Einstufungssystem entwickelt, das eine objektivierbare Einschätzung von Bestandssituation, Bestandsentwicklung, Habitatverfügbarkeit, Habitatentwicklung und weiterer Gefährdungsindikatoren für jede Art ermöglicht. Daraus wird die Gefährdungseinstufung abgeleitet und in international vergleichbaren Gefährdungsklassen dargestellt. Erläuternde Kommentare geben zu vielen Arten Auskunft über deren Gefährdungssituation, Schutzprioritäten und dringenden Handlungsbedarf im Rahmen von Bewahrungsprogrammen. Rote Listen gefährdeter Arten sind für jeden, der im angewandten Naturschutz tätig ist, unverzichtbares Arbeitswerkzeug. Mit dieser Neubearbeitung wird ein umfangreicher Fundus an neuen Daten und Befunden für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Bewahrung der Biodiversität setzt voraus, dass die am meisten gefährdeten Elemente der Artenvielfalt verlässlich identifiziert werden können; die neuen Roten Listen liefern eine wichtige Voraussetzung dazu.

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Reihe Grüne Reihe des Lebensministeriums
ISBN 9783205774785
Erscheinungsdatum 03.01.2007
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Herausgegeben von Ruth Maria Wallner, Präsidialabteilung 5 Bundesmin. Umwelt, Land-, Forst- u. Wasserwirtsch., Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,
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FALTER-Rezension

Wie lange noch?

Benedikt Narodoslawsky in FALTER 21/2018 vom 25.05.2018 (S. 14)

In Österreich gilt fast jede zweite Art als gefährdet. Schuld daran ist der Mensch. Das könnte für ihn selbst gefährlich werden

Die Wiesenotter ist die kleinste Giftschlange Europas. Sie misst einen halben Meter, über ihren Rücken läuft ein dunkelbraunes Band; sie sieht der Kreuzotter sehr ähnlich. Die Wiesenotter jagt Heuschrecken und Mäuse. Beißt sie einen Menschen, erleidet er in der Regel nur schwache Vergiftungssymptome.
Vom Wiener Stadtrand bis zum Ostufer des Neusiedler Sees, dort fühlte sich die Vipernart wohl. Im Jahr 1890 waren Wiesenottern eine Plage. Der kaiserliche Hof setzte damals im Schloss Laxenburg südlich von Wien eine Kopfprämie auf die Tiere aus. Wer eine Schlange tötete, bekam Geld.
Heute findet man die Wiesenotter nur noch in Wien. Vier Exemplare leben im Tiergarten Schönbrunn, 900 Exemplare sind in der Burggasse 7. Dort, im Naturhistorischen Museum, sitzt im ersten Stock Silke Schweiger und blickt betroffen auf zwei verschlossene Gläser voll mit 75-prozentigem Alkohol. Zwei Wiesenottern aus dem Jahr 1905 ruhen darin, gefangen in Marienthal. Sie haben das Maul weit aufgerissen und strecken die Zunge heraus.
„Seit Mitte der 1980er-Jahre gibt es in Österreich keinen Nachweis einer Wiesenotter mehr“, sagt die Kuratorin der Amphibien- und Reptilienabteilung. Seit mittlerweile 15 Jahren sucht sie auf Exkursionen mit Kollegen nach der Vipernart in Österreich, eine zu finden wäre für sie „ein Wunschtraum“, sagt Schweiger, „aber es wird nicht passieren“. Wiesenottern gehören heute zu den bedrohtesten Schlangen Europas. In Ungarn gibt es noch Restpopulationen. Sie werden mithilfe von EU-Geldern geschützt und gefördert. Die Wiesenottern aus dem Tiergarten Schönbrunn stammen aus diesem Artenschutzprojekt.

Die Bilanz am 22. Mai, dem Internationalen Tag der biologischen Vielfalt, ist erschreckend. Die Wissenschaft diskutiert gerade das „sechste Massensterben“. Das fünfte Massensterben liegt 66 Millionen Jahre zurück, es löschte die Dinosaurier aus. Der Mensch trifft andere Arten wie ein Komet. Heute sprechen Forscher aufgrund seiner Auswirkung auf den Planeten vom Anthropozän, dem geologischen Zeitalter des Homo sapiens.
„Der Mensch ist schuld am Untergang der Wiesenotter“, sagt Schweiger, „das kann man eindeutig sagen.“ Einst war Ostösterreich ein Paradies für die Vipernart, flaches Gelände, Tauwiesen mit hohem Grundwasserstand, reichlich Insekten. Dann machte sich der Mensch die Erde untertan. Siedlungen entstanden und senkten den Grundwasserspiegel ab, Wiesen wurden zu Äckern, die Bauern spritzten Insekten tot. Dazu züchteten die Menschen zur Jagd Fasane – die Fressfeinde der Vipern – und setzten sie in Massen aus.
Die Wiesenotter ist ein Beispiel, das der großen Entwicklung folgt. „Viele der Phänomene, die zum Artenverlust beitragen, hängen mit den starken Entwicklungstrends zusammen, die wir Menschen verursachen“, sagt der Biologe Franz Essl von der Universität Wien. Das weltweite Artensterben hat mehrere Gründe. Der Mensch trotzt Flora und Fauna immer mehr Lebensraum ab: Gerodete Urwälder, neue Straßen, die natürliche Lebensräume durchschneiden, Siedlungen und regulierte Flüsse stehlen Wiesen- und Uferflächen, die Landwirtschaft wird intensiviert – samt Pestiziden, die die Ökosysteme schädigen. Schließlich kommt die Klimakrise hinzu, sie bringt die Umwelt aus dem Gleichgewicht, an die sich Arten über Generationen hinweg angepasst haben. Laut einer Studie im Fachjournal Science aus dem Jahr 2015 bedroht die Klimakrise weltweit jede sechste Tierart. Besonders betroffen sind Südamerika und Australien.

2013 veröffentlichte Essl im Fachjournal Biological Conservation eine große wissenschaftliche Studie über bedrohte Spezies in Europa. Sie zeigt: Nirgendwo auf dem Kontinent sind die heimischen Arten so bedroht wie in den Industriestaaten Mitteleuropas. „Das Artensterben ist kein Luxus-thema“, sagt Essl, „wenn wir das Umweltsystem immer mehr übernützen und Arten zurückdrängen, sägen wir an unserem eigenen Ast als Menschheit.“ Schließlich schaffen Ökosysteme sauberes Wasser, saubere Luft und Nahrung.
„Wenn eine einzelne Art ausstirbt, ist es schwer zu identifizieren, welche Auswirkung das hat“, sagt Essl, „aber der Artenrückgang sowohl weltweit als auch in Österreich hat starke Folgen. Das ist ein Alarmsignal und zeigt, dass sich der Zustand unserer natürlichen Umwelt verschlechtert.“
Im Vorjahr schockte eine Langzeitstudie aus dem westdeutschen Krefeld die Öffentlichkeit. Ihr zufolge sank die Zahl der fliegenden Insekten in den letzten drei Jahrzehnten um 75 Prozent. Vor zwei Wochen veröffentlichte Birdlife Österreich eine ebenso alarmierende Studie: In den vergangenen 20 Jahren ist die Zahl der Vögel in Österreich um ein Drittel geschrumpft. Die Zahl der Grauammern ging um 90 Prozent zurück, jene des Rebhuhns und des Girlitz um 80 Prozent.

Gábor Wichmann, Geschäftsführer von Birdlife Österreich, lenkt seinen Familienvan von Liesing Richtung Süden und stellt eine Frage, die viel mit uns Menschen, aber noch mehr mit der Natur zu tun hat: „Warum kostet die Käsekrainer bei uns 3,50 Euro? Das ist ja kein Preis für die Arbeitsleistung, die dahintersteht.“
Die günstigen Lebensmittel prägen die Landschaft. „Wie kann man billig erzeugen? Industriell“, sagt Wichmann, „die großen Flächen gehen auf Kosten der Natur.“ Die Bauern werden weniger, aber die Felder werden größer. Das ist der Trend, den der Grüne Bericht des Landwirtschaftsministeriums zeigt: „Wurde 1951 von einem Betrieb im Durchschnitt eine Gesamtfläche von 18,8 Hektar bewirtschaftet, so waren es 2016 bereits 45,7 Hektar.“
Wichmann parkt seinen Wagen über den Hügeln des Weinbaugebiets Thallern südlich von Wien, unten im Tal liegt Gumpoldskirchen. Wichmann steigt aus, hängt sich einen Feldstecher um den Hals und setzt sein Kapperl auf. Vor ihm breitet sich eine Landschaft aus hohen Wiesen, Büschen, Bäumen und kleinteiligen Feldern aus – mal hoch, mal niedrig. Hier oben ist die Welt für die Vögel noch in Ordnung. Vom Kirschbaum singt eine Mönchsgrasmücke, über Wichmanns Kopf segelt ein Turmfalke, und auf der Stange über dem Wein thront eine Heidelerche. Wichmann muss gar nicht erst hinschauen, er erkennt alle Arten am Gesang. Er deutet auf eine wilde Wiese, auf der Gräser, Kräuter, Disteln, Klee und Löwenzahn blühen. „Das sind die Gstätten, die viele Vogelarten brauchen“, sagt Wichmann, „so was fehlt im Ackerland.“
Vögel wie der Schwarzstirnwürger und der Ortolan wurden schon aus dem österreichischen Vogelkundebuch ausradiert. „Die Blauracke ist die nächste Art, die verschwinden wird“, sagt Wichmann. Die hat nur noch ein Brutgebiet in der Südoststeiermark, dort, wo die endlosen Mais-Monokulturen wuchern.
Wichmann spaziert runter zum Bahnhof von Thallern und blickt hinüber auf das Feld, das vor ihm liegt. „Auf diesem Getreidefeld hast du keine Brachen, das ist alles gleichmäßig hoch“, sagt der Ökologe, „da findest du maximal noch die Feldlerche. Das ist Wüste.“ Birdlife lobbyiert deshalb zurzeit für neue Regeln der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die in diesen Monaten auf EU-Ebene verhandelt werden. Geht es nach der NGO, sollen Bauern stärker gefördert werden, wenn sie auf Naturschutz setzen. Mehr Blühstreifen, weniger Pestizide, seltener mähen, öfter wachsen lassen. Den Arten wieder Raum zum Leben geben.

Das EU-Programm Natura 2000 will genau das. Mitgliedsländer müssen genügend Schutzgebiete für Pflanzen und Tiere ausweisen. Österreich hat das bis heute nicht geschafft. Seit 2013 läuft deshalb ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik. Wie wichtig die Umsetzung ist, bringt Klaus Peter Zulka auf eine Formel: „S = cA hoch z“. So lautet die sogenannte Arten-Areal-Beziehung. Sie besagt: Nimmt die Fläche des Lebensraums ab, sinkt zugleich die Zahl der Arten. Zulka öffnet die wichtigste Datei auf seinem Bürocomputer, eine Excel-Liste. Darin sind tausende Tiere erfasst. Zulka ist Koordinator der Roten Liste in Österreich, er arbeitet fürs Umweltbundesamt.
In Österreich gibt es schätzungsweise 45.000 Tierarten, davon allein geschätzte 8000 verschiedene Käfer. Von den meisten Spezies kennt man den aktuellen Bestand gar nicht, denn es gibt aufgrund der Masse niemanden, der sie beobachtet. „Wir haben etwa 5000 Arten gefährdungsanalytisch erfasst“, sagt Zulka. Sie sind in drei Bänden zusammengefasst, die links von ihm im Regal stehen. „Rote Liste gefährdeter Tiere Österreichs“, eine Art Brockhaus des heimischen Artenschutzes. Nächstes Jahr soll Band vier erscheinen.
Zwischen 40 und 50 Prozent der Arten darin sind rot markiert, sie gelten in Österreich als gefährdet. „Das heißt, bei denen kann man nicht sicher sein, dass sie die nächsten 100 Jahre überleben“, sagt Zulka, „man rechnet damit, dass die Aussterbensrate der Arten durch den Menschen tausendmal größer ist als die natürliche Hintergrundrate – also die Rate ohne erdgeschichtliche Katastrophen.“

Unter den vielen bedrohten Tieren finden sich etwa das Wildkaninchen, die Große Hufeisennase, der Donaukammmolch und der Luchs. Die Wildkatze, die Streifenmaus, der Wolf und die Langflügelfledermaus sind in der Liste extra gekennzeichnet. „Anfang der 2000er-Jahre galten diese Arten als ausgestorben“, sagt Zulka. Der Wolf ist gerade dabei zurückzukehren. Schon jetzt protestieren Bauern und Jäger.
Kann man Österreichs Arten retten?
Zulka erzählt von einem positiven Beispiel: der Großtrappe. Ihr Bestand ging seit den 1970ern dramatisch zurück, sie drohte auszusterben. Ein spezielles Programm wurde geschneidert. Man bot dem Vogel Lebensraum an und markierte Hochspannungsleitungen mit Styroporkugeln, damit er nicht dagegenflog. Der Bestand konnte auf niedrigem Niveau gehalten werden. „Das Problem ist: Solche Hilfsmaßnahmen kann man nur für eine begrenzte Zahl an Arten treffen“, sagt Zulka, „für alle 45.000 Arten kann man das nicht tun. Die sind den übergeordneten Trends ausgesetzt.“

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