Stand: Mai 2020 | Autorin: Sylvia Sakl-Oberthaler

Die Exemplare des hier vorliegenden Lampenkataloges (Stand Mai 2020) setzen sich aus den 1967 von Alfred Neumann publizierten Altfunden aus der Sammlung des Wien Museums zuzüglich jener Lampen/Lampenfragmente aus derselben Sammlung zusammen, die in seine Publikation seinerzeit nicht integriert wurden. Dabei handelt es sich um Beleuchtungskörper aus Siedlungs- und Grabbefunden, bei denen der tatsächliche Fundzusammenhang oftmals unsicher bleibt, denn sie sind überwiegend bei den Baubeobachtungen, Rettungsgrabungen und Fundaufsammlungen des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts geborgen worden. Dieses „Altfundmaterial“ enthält überproportional viele Ganzexemplare, was der damals üblichen Praxis einer Selektion von fragmentierten Fundstücken geschuldet sein dürfte. Die Fundlampen stammen grundsätzlich aus allen Bereichen der römischen Siedlung Vindobona (Legionslager, canabae legionis, Gräberfelder, Zivilsiedlung, territorium).

Über diese bereits publizierten Funde hinausgehend wurden hier alle verfügbaren Lampen und Lampenfragmente aus Grabungen der Stadtarchäologie Wien von 1967 bis zum Jahre 2011 und zuletzt auch Lampen aus ausgewählten Grabungen der Jahre 2012 bis 2017 zusammengestellt. Diese Gruppe besteht überwiegend aus – klein zerscherbten – Siedlungsfunden. Das liegt daran, dass bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt von den Gräberfeldern Vindobonas, die sich überwiegend im Bereich der ehemaligen canabae legionis befanden, nur eines annähernd vollständig ausgegraben wurde. Diese zur Jahrtausendwende erfolgte archäologische Untersuchung1 anlässlich des Ausbaues der Albertina harrt derzeit noch ihrer Auswertung, könnte aber auch hinsichtlich der Aufarbeitung der Lampenfunde sicherlich ein erfolgversprechendes Unterfangen darstellen. Einige wenige – meist recht gut erhaltene – Fundlampen stammen aus kleinflächigen Ausgrabungen von Gräberzonen im Bereich der Zivilsiedlung. Unter diesen Funden aus den neueren Ausgrabungen, meist im dicht verbauten Wiener Stadtgebiet, gibt es auch eine Anzahl schicht- oder kontextdatierter Lampen. Sie alle sind im Katalogteil bzw. in den Tabellen zu den Auswertungskapiteln gelistet. Die bisher bekannten Schichtdatierungen haben allerdings keine über die bisher allgemein anerkannten Datierungsansätze hinausgehenden Ergebnisse erbracht.

Die bisher aufgenommenen 802 bestimmbaren Lampen und Beleuchtungsgeräte konnten insgesamt zwölf Formgruppen zugewiesen werden. Innerhalb dieser Formgruppen wurden sie –wenn nötig – weiteren Subtypen zugeteilt.

Eine genaue Aufstellung aller Subtypen bietet die Tabelle Lampentypen.

Die hier präsentierten Auswertungsergebnisse entsprechen insofern den Verhältnissen an den meisten pannonischen Fundorten, als Firmalampen der Typen Loeschcke IX und X sowie Volutenschnauzenlampen der Typen Loeschcke IB/C auch dort zu den Leitformen zählen. Ebenfalls an anderen pannonischen Fundplätzen ist in etwa derselben Frequenz auch die Bildlampenform Loeschcke VIII vertreten, die in Vindobona bisher sechsmal dokumentiert wurde.

Wenig überraschend sind in Vindobona auch verschiedene Formen mehrflammiger Lampen im Fundspektrum vorhanden. Denn hier handelt es sich um typisch pannonische Formen, die offensichtlich vielfach lokal produziert wurden.

Etwas aus dem Rahmen fällt dagegen die mit vierundzwanzig Stück relativ umfangreiche Gruppe der Tiegellampen (Loeschcke XIII), eine Form, die ansonsten überwiegend in den nordwestlichen Provinzen gebräuchlich war.

Auch die achtförmigen Lampen, die mit vierStück nur eine kleine Gruppe bilden, sind generell in den nordwestlichen Provinzen verbreitet.

Eine weitere Gruppe sticht dadurch hervor, dass sie offensichtlich metallenen Lampenformen nachgebildet wurde.

Von insgesamt acht Exemplaren sind zwei Lampen kombinierte Formen, die möglicherweise als Einzelstücke auf Auftrag angefertigt wurden. Dazu kommt ein Lampegriff in Gestalt einer Maskenattasche wie sie ebenfalls öfters bei Metallampen der Form Loeschcke XX vorkommt. Drei Keramiklampen derselben Form sowie ein Fragment der Form Loeschcke X ähneln den im Rheinland im 2. Jahrhundert n. Chr. produzierten Lampen in Wetterauer Ware. Hier ist ein Bezug zur „Legionsware“ nicht auszuschließen, wie sie auch in Vindobona durch Erzeugnisse anderer Keramikgattungen vertreten ist, wobei es auch Hinweise auf eine lokale Produktion gibt.

Als selten zu bezeichnen sind metallene Lampen, die mit drei Exemplaren unterschiedlicher Form (bei zwei weiteren ist die Provenienz aus Wien unsicher) im Fundspektrum vertreten sind. Da bronzene Lampen aufgrund ihres Preises zu den Luxusgütern zählten, verwundert dies allerdings nicht.

Auch die Gruppe der Beleuchtungsgeräte (Leuchter und Laternen), die mit sechs Exemplaren das Fundmaterial ergänzen, ist als klein zu bezeichnen.

Gut in das übliche Spektrum pannonischer Siedlungen fügen sich acht spätrömische, scheibengedrehte Rundlampen ein. Darunter ist eine glasierte Ständerlampe hervorzuheben.

Vier nordafrikanische Stücke aus der Gruppe der „Palmwedellampen“ ergänzen das spätrömische Lampenspektrum. Wie zu erwarten wurden die typisch spätrömischen Fundlampenformen ausschließlich in dem auch zu dieser Zeit noch besiedelten Bereich des Legionslagers oder in spätrömischen Gräbern aufgefunden.

Betrachtet man die einzelnen Lampenformen hinsichtlich ihrer Entstehungszeit so wird deutlich, dass die große Masse den typischen mittelkaiserzeitlichen Formen angehört.

Zeitleiste

Graphisch dargestellt sind die Laufzeiten der einzelnen Lampenformen anhand typlogischer Kriterien sowie schichtdatierter Fundobjekte an anderen Fundorten. Tooltips (bewegen Sie den Cursor über die Lampenformen) enthalten zusätzlich Schichtdatierungen bzw. Kontextdatierungen (durch Beifunde) der Fundlampen aus Vindobona, sofern vorhanden.

Zeitleiste
Grabfund münzdatiert: Claudius 41-54 n. Chr. Fundkontext Rennweg 44: Ende 1.-4. Jh. n. Chr. Fundkontext Rennweg 44: Ende 1.-3.(4.) Jh. n. Chr. Michaelerplatz. Werkstätten/Holzbauphase: ca. 70-130/140 n. Chr. Schichtdatierungen überwiegend 2. Jh. n. Chr. Fundkontext Rennweg 44: Ende 1.-3. Jh. n. Chr. 70-150 n. Chr. 1x Judenplatz, Phase 3: 180-320 n. Chr. Schichtdatierung: 130/140-4. Jh. n. Chr. Michaelerpl. Wohnbauten/Steinb.phase 1.1. 200-280/300 n. Chr. Fundkontext Rennweg 44: 3. Jh. n. Chr. Michaelerplatz: Werkstätten/Holzbauphase: ca. 70-130/140 n. Chr. Judenplatz. Phase 5: 360-410 n. Chr. Fundkontext Rennweg 44: 2.-1. Hälfte 3. Jh. n. Chr. Michaelerpl. Werkstätten/Steinbauphase 1.1. 130/140-180 n. Chr. Fundkontext Rennweg 44: 2. Jh. n. Chr. 75-150 n. Chr. (1x schichtdatiert) Judenpl. Ständerlampe Phase 4: Ende 3.-5. Jh. n. Chr. Wildpretmarkt: Spätröm. Grabfund münzdatiert: 250/260 n. Chr.

Grabfund münzdatiert: Claudius 41-54 n. Chr.

Fundkontext Rennweg 44: Ende 1.-4. Jh. n. Chr.

Fundkontext Rennweg 44: Ende 1.-3.(4.) Jh. n. Chr.

Michaelerplatz. Werkstätten/Holzbauphase: ca. 70-130/140 n. Chr.

Schichtdatierungen überwiegend 2. Jh. n. Chr.

Fundkontext Rennweg 44: Ende 1.-3. Jh. n. Chr.

70-150 n. Chr. 1x Judenplatz, Phase 3: 180-320 n. Chr.

Schichtdatierung: 130/140-4. Jh. n. Chr.

Michaelerpl. Wohnbauten/Steinb.phase 1.1. 200-280/300 n. Chr.

Fundkontext Rennweg 44: 3. Jh. n. Chr.

Michaelerplatz: Werkstätten/Holzbauphase: ca. 70-130/140 n. Chr.

Judenplatz. Phase 5: 360-410 n. Chr.

Fundkontext Rennweg 44: 2.-1. Hälfte 3. Jh. n. Chr.

Michaelerpl. Werkstätten/Steinbauphase 1.1. 130/140-180 n. Chr.

Fundkontext Rennweg 44: 2. Jh. n. Chr.

75-150 n. Chr. (1x schichtdatiert)

Judenpl. Ständerlampe Phase 4: Ende 3.-5. Jh. n. Chr. Wildpretmarkt: Spätröm.

Grabfund münzdatiert: 250/260 n. Chr.

Klassische frühkaiserzeitliche Vertreter wie die Volutenschnauzenlampen des Typus Loeschkce IC sind zwar noch mit einem recht beachtlichen Prozentsatz von 10,5% (herangezogen wurden alle bestimmbaren Objekte, exklusive derer mit unsicherer Provenienz)2 im Lampenspektrum vertreten, jedoch muss bei dieser Form auch ihre lange Laufzeit mit berücksichtigt werden. Die Typen Loeschcke IB sowie Loeschcke III, IV, V und VI (insgesamt 1,3%) wie auch achtförmige Lampen (Loeschcke XI, unter 1%) sind dagegen auffallend selten, Loeschcke IA fehlt fast vollständig. Erwähnenswert ist hier auch die v. a. im 1. Jahrhundert übliche klassische Form Loeschcke VIII, die immerhin mit sechs Exemplaren (ebenfalls unter 1%) vertreten ist.

Die (um 100 n. Chr. entstandene) Form Loeschcke X bildet mit 26,1% (herangezogen wurden alle bestimmbaren Objekte, exklusive derer mit unsicherer Provenienz)3die weitaus größte Gruppe. Ebenfalls chronologisch hier einzuordnen sind Formen wie Tiegellampen (Loeschcke XIII, ca. 3,1%), einige Varianten der mehrflammigen Lampen (insgesamt 2,5%) und die Vorbilder der metallene Formen nachahmenden Lampengruppe (insgesamt 1%).

Klassische spätrömische Typen wie scheibengedrehte Rundlampen und die nordafrikanische „Palmwedellampen“ sind im Fundspektrum zwar vertreten, jedoch nur mit einem Prozentsatz von ca. 1,5%. Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass Firmalampen der Form Loeschcke X und ihre Nachahmungen insbesondere in den Provinzen bis mindestens ans Ende des dritten nachchristlichen Jahrhunderts produziert wurden und so in dieser Zeit ebenfalls den Bedarf an Beleuchtungskörpern gedeckt haben.

Zur Frage des Importes von Lampen nach bzw. einer möglichen lokalen Lampenproduktion in Vindobona muss vorausgeschickt werden, dass bis jetzt nur bei ausgesuchten Fundgruppen in Wien Scherbentypen erstellt wurden, um lokale Produkte von eingeführter Handelsware abgrenzen zu können. Dennoch sollen hier sämtliche „sachdienlichen“ Beobachtungen zu diesem Thema nochmals zusammengefasst werden: Zum einen sind weniger als 20% aller Firmalampen qualitativ derart hochwertig, dass sie mit einiger Sicherheit als Importe eingestuft werden können. Die restlichen etwa 80% gleichen den auf zahlreichen pannonischen und dakischen Fundplätzen in großer Menge vorhandenen Firmalampen aus vermutlich (mancherorts auch nachweislich) lokaler Produktion.

Bei den Herstellerstempeln auf den Firmalampen zeigte sich, dass die in Vindobona häufiger auftretenden Namen mit jenen in Zentraleuropa, aber auch mit jenen in den südöstlichen Provinzen wie Dakien üblichen übereinstimmen. Die Mengenverteilung verdeutlicht – wenig überraschend – eine Anbindung Vindobonas an die südlichen und südöstlichen Provinzen, wenn man davon ausgeht, dass es sich bei den gestempelten Lampen um Importstücke handelt.

Firmenlampenproduzenten aus Noricum und Pannonien sind mit den Namen Lucius, Ursus und Ursulus (die beiden Letzten aus Poetovio) sowie Ingenus (auf einer Rundlampe mit Warzendekor) nachgewiesen. Produzentennamen aus näher gelegenen Fundorten wie Aquincum oder aber aus Dakien fehlen dagegen bislang. Dafür konnte ein bisher unbekannter Töpfername mit dem Cognomen Marcus auf einer Lampe mit lokalem Scherbentyp dem Stempelspektrum hinzugefügt werden.

Insbesondere die Grabungsaktivitäten der letzten Jahre haben dazu beigetragen, die Indizien für lokale Lampenwerkstätten zu vermehren. So wurden bei Ausgrabungen im Bereich der Legionsziegeleien von Vindobona, die im 17. Wiener Gemeindebezirk Hernals an der Ausfallsstraße nach Westen, Richtung Comagenis angesiedelt waren, zwischen 2014 und 2017 drei fragmentierte Model für Fimalampen entdeckt. Damit hat sich die bisher bekannte Anzahl an Lampenmodeln auf sechs Stück erhöht. Alle diese Matrizen stammen aus römischen Siedlungszonen mit militärischem oder halbmilitärischem Bezug (Legionslager, Legionsziegeleien bzw. canabae legionis). Fünf von ihnen sind Formen für die Herstellung von Firmalampen des Typs Loeschcke X, einmal mit einer Iuppiter-Ammon-Applike, ein weiteres Mal mit einer Büstenapplike. Dazu kommt noch ein Model für die Erzeugung von Pinienzapfenlampen.

In diesem Zusammenhang sind auch zwei Fragmente aus dem Bereich der Kasernen nahe des Prätoriums am heutigen Judenplatz (Wien 1) von Bedeutung, die möglicherweise als Zwischenmodelle für die Lampenproduktion interpretiert werden können.

Weitere Hinweise auf eine lokale Lampenproduktion liegen außerdem aus der römischen Zivilsiedlung (Wien 3) vor. Hier zu nennen sind fünf Volutenschnauzenlampen der Form Loeschcke IC – aus lokalem Ton – und die bereits erwähnte Firmalampe Loeschcke X mit einheimischem Scherbentyp und dem Töpfernamen Marcus. Dazu kommen vier weitere Firmalampenfragmente sowie vier Fragmente anderer Lampentypen von derselben Fundstelle mit lokalem Scherbentyp, außerdem noch ein Fragment aus dem Umfeld eines Töpferofens, das als Fehlbrand und somit als Abfallprodukt einer Töpferei in Vindobona eingestuft werden kann.

Mit nunmehr 826 katalogisierten Fundlampen, Lampenmodeln und anderen Beleuchtungsgeräten steht eine breite Datenbasis für weitere Forschungen zur Verfügung. Der online bereitgestellte Katalog bietet zudem die Möglichkeit einer laufenden Erweiterung bzw. Aktualisierung, wenn neue Erkenntnisse durch weitere Lampenfunde und durch die Auswertung von bereits erfolgten und neuen Ausgrabungen der Stadtarchäologie Wien vorliegen. Dies ist insbesondere für das Thema „Lokale Lampenproduktion“ zu erhoffen.

Mit zwölf Formgruppen (insgesamt 44 Lampentypen) und neun Sonderformen unter den aus Vindobona stammenden Lampen zuzüglich sechs Beleuchtungsgeräten liegt bereits jetzt ein auffallend breites Formenspektrum vor, aus dem einige Unikate besonders hervorstechen.

Die Erstellung einheitlicher Scherbentypen für möglichst alle Fundlampen und darauf aufbauende archäometrische Analysen wäre nun ein sinnvoller nächster Schritt, um die heimische Produktion von den Importen abgrenzen zu können. Dies könnte dazu beitragen, die Erkenntnisse bezüglich des Handels mit Lampen nicht nur in Bezug auf Vindobona zu erweitern. Zu diesem Zweck wurde im Rahmen dieses Aufarbeitungsprojektes bereits eine Probensammlung angelegt.

Die geplante erste Erweiterung/Ergänzung des bisher bestehenden Kataloges um die im Kapitel „Aufbau und Benutzung der Auswertungskapitel“ erwähnten Lampenfragmente aus einigen kleineren Ausgrabungen der Stadtarchäologie Wien bis zum Jahr 2011 und erweitert durch Fundlampen einer Ausgrabung in der römischen Zivilsiedlung (Wien 3, Rennweg 73) im Jahr 2015, sowie durch ausgewählte Fundstücke aus Ausgrabungen bis ins Jahr 2017 konnte inzwischen fertiggestellt werden.

Die Verteilungen der Lampenfunde auf die Ausgrabungen der Stadtarchäologie Wien bzw. auf die einzelnen Siedlungsbereiche von Vindobona werden nun im Kapitel „Abfragen und Kartierungen“ dargestellt.

 

  1. Die Ausgrabungen wurden zwischen 1999 und 2001 von der Forschungsgesellschaft Wiener Stadtarchäologie durchgeführt. S.a. Kronberger 2005, 64; Huber 2000; Huber 2001; Huber 2002.
  2. In diesem Fall wurde auf die Prozentberechnung inklusive der Stücke mit unsicherer Provenienz verzichtet, da die Zahlenwerte nur unwesentlich voneinander abweichen.
  3. In diesem Fall wurde auf die Prozentberechnung inklusive der Stücke mit unsicherer Provenienz verzichtet, da die Abweichung der Zahlenwerte im Bereich von nur 0,5% liegt.