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Wie man mit schwierigen Verwandten umgeht

·von Stephan Schubert

Zu dem Artikel Wie man mit schwierigen Menschen umgeht haben mich viele Nachfragen erreicht, wie man denn mit schwierigen Verwandten umgehen soll—insbesondere anmaßenden (Schwieger-)Eltern. Der originale Artikel wurde hinsichtlich der Handhabe von schwierigen Menschen, mit denen man eine professionelle Beziehung hat, geschrieben- wie zum Beispiel deinem Chef oder einem Mitarbeiter. Aber wenn die problematische Person ein Verwandter ist und es somit eine persönliche statt einer professionellen Beziehung ist, dann sieht die Sache schon ganz anders aus.

Definiere und verkünde deine Grenzen

Du setzt die Grenzen in deinen Beziehungen. Wenn diese Grenzen überschritten werden und die andere Person Hinweise scheinbar nicht versteht, dann musst du deine Position durchsetzen um die Balance wieder herzustellen. Wenn du Verwandte hast, die deine Grenzen nicht respektieren und sich benehmen, als wäre eure Beziehung dazu da, damit du dich unterwirfst um all ihre Bedürfnisse zu befriedigen, dann bist du da nicht der Erste.

Ich rede hier von Grenzen, die für dich wirklich das absolute Minimum darstellen und nicht überschritten werden dürfen—sonst würdest du dich missachtet fühlen. Zum Beispiel, wenn du deine Privatsphäre schätzt und ein Verwandter besteht auf regelmäßigen, unangekündigten Besuchen, dann mag das für dich eine harte Grenze sein. Oder wenn deine Schwiegermutter dich ständig wie ihr Vieh vom Bauernhof behandelt, dann ist es wohl an der Zeit dem einen Riegel vorzuschieben— insbesondere, wenn du dich auch sonst schon anfängst so zu fühlen, selbst wenn sie nicht in der Nähe ist.

Als Erstes musst du erkennen, dass es absolut okay ist, wenn du deine Bedürfnisse befriedigst. Eine Beziehung, in der du dich missachtet fühlst, ist nicht gesund.

Problematische Beziehungen zu korrigieren, ist—von außen betrachtet—relativ einfach. Du musst deine Grenzen, mit denen du bequem leben kannst, klar definieren, sie der anderen Person mitteilen und diese dann einhalten. Viel mehr gibt es da nicht zu tun. Wenn deine Grenzen vernünftig und nachvollziehbar sind und die andere Person ist unwillig oder unfähig, sich an diese zu halten, dann ist es nicht mehr dein Problem—in den meisten Situationen wäre es jetzt dumm, diese Beziehung noch weiterzuführen. Sie würde nur nach und nach an deinem Selbstrespekt nagen.

Wenn du schon seit Jahren deine Grenzen nicht mehr klar artikuliert und durchgesetzt hast—so wie ein reifer Erwachsener das machen würde (vielleicht hast du zum Beispiel zugelassen, dass die betreffende Person dich schon viel zu lange wie ein Kind behandelt)—dann wird dich dein Gegenüber anfangs höchstwahrscheinlich nicht wirklich ernst nehmen. Eventuell reagieren sie sogar schon bei der geringsten Andeutung, dass du ihr Verhalten so nicht mehr tolerierst, etwas geschockt (meist geheuchelt). Gesteh’ ihnen ihre Reaktion zu, aber bleib standhaft.

Deine Grenzen durchsetzen

Es gibt viele Wege seine Grenzen durchzusetzen. Mit gefällt folgender Ansatz. Lass die andere Person wissen, dass du in den nächsten 30 Tagen die Absicht hast, die genannten Grenzen strikt durchzusetzen. Und wenn die betreffende Person diese Grenzen in den nächsten 30 Tagen auch nur einmal verletzt, dann wirst du ab diesem Zeitpunkt für 30 Tage nicht mit ihr kommunizieren. Du hast einfach für die nächsten 30 Tage keinen Kontakt zu dieser Person. Keine spontanen Besuche, keine Anrufe, keine E-Mails, nichts—es sei denn, es ist zwingend notwendig. Nach dieser 30-tägigen Fastenperiode kannst du den ursprünglichen 30-Tage-Test bezüglich deiner Grenzen neu starten und den Prozess wiederholen. Natürlich solltest du die andere Person wissen lassen, was du da machst—sei da völlig transparent und direkt. Sag ihr auch, dass du auf dieses Hilfsmittel zurückgreifst, weil man dir keine andere Wahl mehr lässt.

Wenn die betreffende Person versucht dich in diesen 30 Fastentagen zu kontaktieren, dann beginnen die 30 Tage von vorn. Sollte das mehrmals passieren und du zu dem Schluss kommst, dass die Person nicht im geringsten die Absicht hat, deine Grenzen trotz all deiner Bemühungen zu respektieren, dann seid ihr fertig miteinander. Die Beziehung ist tot—zumindest in ihrer jetzigen Form. Wenn die andere Person deine Grenzen nicht einmal für 30 Tage respektieren kann—was für eine Zukunft sollt ihr dann noch zusammen haben? Das bedeutet doch, dass deine Grenzen immer wieder übertrampelt werden, solange du noch zulässt, dass diese Beziehung in ihrer jetzigen Form weiter besteht.

Das mag jetzt etwas hart klingen, aber denk daran, dass du vor diesem Schritt deine Vorstellungen der anderen Person klar kommuniziert und dennoch keinen Respekt bekommen hast. Du bist es dir selbst schuldig, jetzt einen Schritt zurückzugehen und zu darüber nachzudenken, ob du diese Beziehung überhaupt noch weiterführen willst. Der 30-tägige kommunikative Blackout ist eine Zeit für euch beide, in der ihr mit etwas Abstand über diese Beziehung nachdenken könnt. Es unterbricht auch massiv euer Muster und lässt die andere Person mit Sicherheit wissen, dass sie eine absolute Grenze überschritten haben und das es nun genug ist.

Wie man ihre Lieblingswaffe Schuld entschärft

Wenn die andere Person Schuldgefühle als Waffe einsetzen will um dich zu manipulieren (was extrem häufig vorkommt), dann lässt sich das leicht abwehren. Wann immer du bemerkst, dass diese Person einen solchen Versuch startet, dann bring das Thema gleich für beide ins Bewusstsein und frage sie:

Du versuchst doch nicht mir Schuldgefühle einzureden, oder?

Wahrscheinlich wird sie es abstreiten, aber bald wird ein neuer Versuch kommen. Unterbrich dieses Muster immer wieder, indem du die andere Person auf ihre emotional-manipulativen Taktiken ansprichst. Stell einfach immer wieder Fragen wie:

Warum hältst du es für notwendig, mich mit Schuldgefühlen manipulieren zu wollen?

oder

Du scheinst dich wirklich zu ärgern, wenn du es für nötig hältst, mir Schuldgefühle einreden zu wollen? Können wir das nicht auf eine erwachsenere Art und Weise klären?

Du brauchst die andere Person damit nicht übermäßig nerven, aber schieb diesen Manipulationsversuchen ein für alle Mal einen Riegel vor. Wenn du dich weigerst, dich in diesen Zustand der Schuld versetzen zu lassen, dann wirst du auch mehr Empathie verspüren, wenn dir bewusst wird, dass diese Versuche wahrscheinlich ein Zeichen dafür sind, dass der andere sich machtlos fühlt. Und wenn du dieses Gefühl der Machtlosigkeit auflösen kannst, dann ist das eine Chance, diese Beziehung doch zum besseren zu wenden.

Wer setzt die Grenzen durch?

Wenn zum Beispiel der problematische Verwandte ein Schwager ist (oder das Äquivalent davon, wenn du nicht verheirat bist), dann muss die Person, die am engsten mit ihm verwandt ist, die Grenzen durchsetzen—in diesem Fall also deine bessere Hälfte. Das ist besonders in einer Ehe wichtig. Deine Frau und du müssen sich gegenseitig allen anderen Verwandten vorziehen. Wenn jemand aus der Verwandtschaft deiner Frau deine Grenzen verletzt, dann muss sie denjenigen darauf ansprechen und auf die Einhaltung achten.

Probleme dieser Natur sind insbesondere in Beziehungen zwischen jungen Menschen zwischen 20 und 30, weil sich oft in einer Übergangsphase befinden, wo sich herauskristallisiert, wer zur alles zur eigenen Familie gehört. Wenn du zum Beispiel mit jemanden zusammenlebst, dann wird sich diese Bindung verstärken, obwohl du weiterhin bei dem Wort „Familie“ an die denkst, in die du hineingeboren wurdest. Aber wenn du verheiratet bist und Kinder hast, dann wirst du wahrscheinlich bei deiner Familie zuerst an deinen Lebenspartner und deine Kinder denken. Insofern bedeutet die Zeit zwischen 20 und 30 für viele Menschen eine Phase der verändernden Identitäten. Eine Zeit wenn die Probleme mit anderen Verwandten zunehmen können, weil sie deiner romantischen Beziehung in die Quere kommen und dein Partner dich darauf aufmerksam machen wird.

Es kommt nicht selten vor, dass man mit jemanden zusammenlebt, eine enge romantische Beziehung aufbaut und dabei nach und nach feststellt, dass der andere immer noch mit seiner „Mami“ (oder ähnlich) verheiratet ist. Wenn das hier beschriebene Muster auftritt und du keine Handhabe hast, bei dem Verwandten deines Partners deine Grenzen durchzusetzen und dein Partner eine Konfrontation zu scheuen scheint, dann musst du diese Grenzen bei deinem Partner einfordern indem du ihn/sie direkt für das Verhalten seines/r Verwandten verantwortlich machst. Das hat auch den Vorteil, dass dein Partner gezwungen ist erwachsen zu werden (auch wenn sie sich dabei gern mit Händen und Füßen wehren) und zu lernen, dass deine Bedürfnisse vor deinen von „Mami“ kommen müssen. Manche Menschen brauchen einfach nur mal einen ordentlichen Arschtritt um endlich erwachsen zu werden—insbesondere in ihren 20ern. Langfristig gesehen wird dein Partner sicherlich über das (wieder-)gefundene Rückgrat dankbar sein.

Wenn alles nichts bringt—lauf!

Wenn obige Lösung scheitert, dann zieh einfach in eine andere Stadt. Manche Menschen schwören, dass das ihre Ehen gerettet hat. ;)