Gut zwanzig Jahre nach Daniel Schlatter besuchte der Freiherr August Franz von Haxthausen (1792-1866), Jurist, Landwirt und Schriftsteller, die Mennonitenkolonien an der Molotschna, wo er in Halbstadt bei einem reichen Mennoniten freundlich aufgenommen wurde. Mit ihm fuhr er nach Orlowe. Dort lernte er den uns bereits bekannten Johann Cornies kennen, mit dem er zu einem benachbarten nogaischen Tatarendorf Akeima (Agaiman?) fuhr, wo sie von einem Tatar, dem Vorsteher des Dorfes, empfangen wurden.
Der Nationalökonom Haxthausen bereiste von April 1843 bis Herbst 1844 im Auftrag der russischen Regierung das Innere Russlands. «Studien über die innern Zustände, das Volksleben und insbesondere die ländlichen Einrichtungen Ruβlands» erschienen 1847 bis 1852 in drei Bänden mit langen Kapiteln über die Mennoniten und die Tataren, von denen beiden er viel Gutes zu berichten weiss.
DAS LAND DER TATAREN
Daniel Schlatter konnte vom Dorf Orlowe aus, wo er Ende Juli 1822 angekommen war, hinübersehen «in das Land des Tataren-Volkes», zu welchem sein Sinn «von der Schweiz aus gerichtet war». Dieses Land war die «Nogaische Steppe» im Gouvernement Taurien, zwischen dem Schwarzen und dem Asowschen Meer, zwischen Cherson und Melitopol.
Schlatters deutscher Freund Cornies tat alles Mögliche für ihn, erzählte ihm «Vieles von dem Leben der Tataren, besonders ihrem frühern Nomadenleben und der Zeit ihrer Ansiedlung», und er besuchte mit ihm einige Tatarendörfer. (Die von Schlatter erwähnten Tatarendörfer finde ich auf den mir zur Verfügung stehenden Karten, Atlanten und anderen Mitteln vorläufig nicht.)
ANDERE LÄNDER? ANDERE SITTEN
«Die Einrichtung der Häuser, die Kleidung und Lebensart der Bewohner» war ganz anders als in der Heimat des «Kaufmannsdieners». Das focht Schlatter jedoch keineswegs an, im Gegenteil, «der Gedanke, unter einem von uns so ganz verschiedenen Volke leben zu können, namentlich unter Orientalen und Muselmännern», war für ihn von einer «freudigen Empfindung begleitet». Dazu trug sicher bei, dass Ali, ein «ächter Tatar und guter Muselmann», ihn «mit Freundschaft und Liebe» aufnahm.