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Der Begriff "Schutztruppe" "Schutztruppe war die offizielle Bezeichnung der militärischen Einheiten in den deutschen Kolonien in Afrika von 1891 bis [...] 1919. [...] Der Begriff „Schutztruppe“ geht auf die Entscheidung des Reichskanzlers Otto von Bismarck zurück, für die erworbenen beziehungsweise eroberten Überseegebiete den Begriff „Schutzgebiet“, anstelle von Kolonie zu verwenden, weil es ihm um den Schutz des deutschen Handels mit und in den Kolonien ging. In den deutschen Kolonien Deutsch-Ostafrika, Kamerun und Deutsch-Südwestafrika befanden sich eigene Schutztruppen, die die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Inneren zur Aufgabe hatten. Zu ihren Aufgaben gehörte die Eroberung von nicht vertraglich erworbenen Kolonialterritorien, die Niederschlagung von Aufständen, Grenzsicherung und Sicherung von Expeditionen. [...] In den Kolonialgebieten Deutsch-Neuguinea, Samoa und in Togo bestanden lediglich Polizeieinheiten, da hier kein umfangreicher Widerstand gegen die deutsche Kolonialmacht erwartet wurde. Das deutsche Militär im chinesischen Kiautschou bestand aus Marineinfanteristen der kaiserlichen Marine, da diese Kolonie dem Reichsmarineamt unterstellt war." Quelle: Lexas Weltgeschichte (Hrsg.) (2020): Schutztruppe. Verfügbar unter: https://globalhistory.de/kolonialreiche/deutschland/schutztruppe.aspx [letzter Abruf 15.01.2021].

Koloniale Postkarten im Spannungsverhältnis zwischen dem Sichtbaren und dem "Unsichtbaren" Koloniale Bildpostkarten sollten scheinbare "koloniale Hierarchien" zwischen Kolonisierten und Kolonisierern herstellen, verharmlosen und als selbstverständlich darstellen. Die scheinbare "Überlegenheit" der Deutschen, die auf mit den Bildpostkarten dargestellt wurde, sollte als Rechtfertigung für die kolonialen Eroberungen und Verbrechen dienen. In der vorliegenden Bildpostkarten werden Frauen als 'frei verfügbare Objekte' dargestellt und "historische Realität" verdreht, verharmlost und geleugnet. Koloniale Bildpostkarten waren stets Inszenierungen: Sie vermittelten ein Bild der "kolonialen Realität", die die Führungsspitzen des Kaiserreichs und kolonialen Truppen an ihre deutsche Bevölkerung vermitteln wollten. Bildpostkarten wurden zu "Keimzellen" eines "kolonialen Weltbildes" - das, wie wir sehen werden, in keinster Weise der "historischen Wirklichkeit" entsprach.

"Rassenforschung" und die Vermessung von Menschen In der oberen Mitte der vorliegenden Bildquellen wird die Körpergröße einer indigenen Frau von einem weißen Matrosen gemessen, zudem ist eine Waage erkennbar sowie zwei an einem Schreibtisch stehende männliche Personen, die etwas - möglicherweise Messergebnisse - notieren. An der Wand hängt ein Schild mit der Aufschrift "Heirath's-Prüfungscommision". Die Bildunterschrift lautet: "Tauglich zum Heirathen!". "Am Ende des 19. Jahrhunderts und im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts betrieben Wissenschaftler nahezu aller europäischen Staaten „Rassenforschung“. Der Diskurs der Unterlegenheit außereuropäischer Völker, vor allem in Afrika, wurde durch diese Theorien begründet. Wissenschaftler setzten charakterliche Eigenschaften, zum Beispiel Intellekt, mit körperlichen Eigenschaften, wie etwa Hautfarbe oder Nasenbreite, gleich. Solche Pauschalbeweise dienten zur Klassifikation der Menschen in einem hierarchischen Ordnungssystem, an dessen Spitze der weiße Europäer stand. [...] Anthropologen und Völkerkundler [fingen] ab dem 19. Jahrhundert [an], die Menschen zu vermessen und anhand dieser Ergebnisse in „verschiedene Rassen“ zu unterteilen. Hierbei sollte dem anthropologischen Blick kein Körperteil entgehen. [...] Die Ergebnisse dieser Messungen dienten als Rechtfertigung für den Kolonialismus, Zwangsarbeit und Gewalt." Quelle: KopfWelten e.V./Universität Köln (2020): Das Märchen von den menschlichen Rassen (köln postkolonial). Verfügbar unter: http://www.kopfwelten.org/kp/virtualmuseum/KP%2007%20Wissenschaft.pdf [letzter Zugriff 15.01.2021], S. 1.

"Frieden's-Unterhandlungen" in "Südwest-Afrika" Diese Bildunterschrift wurde häufig im Kontext des kolonialen Krieges gegen die Herero und Nama (dieser wird heute als Völkermord angesehen) in der deutschen Kolonie "Deutsch-Südwestafrika", dem heutigen Namibia, verwendet. Besonders in diesem Kontext, sind die gezeigten Bilder äußerst prekär und schildern eine völlig falsche "historische Realität". Auch die Frauen der Herero und Nama waren an den kolonialen Kriegen beteiligt: In Konzentrationslagern wurden die gefangengenommenen indigenen Frauen systematisch misshandelt, vergewaltigt und ausgehungert. (Vgl. Kusser, Astrid/Lewerenz, Susann (2007): Genealogien der Erinnerung – die Ausstellung "Bilder verkehren" im Kontext der Gedenkjahre 20042005. In: Hobuß Steffi\/Lölke, Ulrich (Hrsg.), Erinnern verhandeln. Kolonialismus im kollektiven Gedächtnis Afrikas und Europas. Münster: Westfälisches Dampfboot, S. 217 - 220)

Indigene Menschen und die Aneignung europäischer Kleidung- und Lebensstile Auf der rechten unteren Seite der vorliegenden Bildpostkarte sind indigene Frauen mit Kleidung von kolonialen Siedler*innen im Biwak, einem soldatischen Feldlager im Freien, abgebildet. Koloniale Witzpostkarten verhöhnten häufig die Aneignung von europäischen Kleidung- oder Lebensstilen durch indigene Menschen und insbesondere afrikanische Migrant*innen. Um 1900 entstand das Stereotyp des sogenannten "Hosenn[*****]", der häufig in rassistischen Karikaturen abgebildet war. Die Karikaturist*innen stellten PoC mit bürgerlicher Kleidung dar, welche häufig falsch getragen wurden. Derartige Bilder sollten vor allem eine ausgrenzende Wirkung haben, aber auch Menschen verhöhnen, die Beziehungen mit PoC hatten. (Vgl. Kusser, Astrid/Lewerenz, Susann (2007): Genealogien der Erinnerung – die Ausstellung "Bilder verkehren" im Kontext der Gedenkjahre 20042005. In: Hobuß Steffi\/Lölke, Ulrich (Hrsg.), Erinnern verhandeln. Kolonialismus im kollektiven Gedächtnis Afrikas und Europas. Münster: Westfälisches Dampfboot, S. 228 f.)

"Witzpostkarten" auf Kosten der indigenen Bevölkerung Die vorliegende Postkarte ist eine Witzpostkarte: Sie muss von dem Hintergrund von "rassistischer Ironie" und "kolonialem Witz" begriffen werden. Die "überheblichen" und rassistischen Vorstellungen" der Künstler*innen, offenbaren ein ausgeprägtes "koloniales Weltbild": Die indigenen Frauen und Männer werden verhöhnt, die scheinbare "Intention" der deutschen Matrosen, die abgebildeten indigenen Frauen zu heiraten und dies als "großes Glück" zu verstehen, muss als Ironie und Witz verstanden werden. (Kolonialer) Widerstand der indigenen Menschen wird ausgeschlossen. Witzpostkarten, welche ein beliebtes Medium waren, verankerten die kolonialen Rassismen in den Köpfe der Menschen.

Koloniale Stereotype von Frauen Koloniale Rassismen wurden immer auch über Geschlechterverhältnisse vermittelt: Koloniale Bildpostkarten zeichneten das rassistische und sexistische Bild von "unterwürfigen", "unzivilisierten" indigenen Frauen (zumeist PoC). Die Eroberung von kolonialen Gebieten wurde gleichsam auch immer mit der Eroberung von Frauen assoziiert (stark sexistische koloniale Vorstellung!). Frauen wurden häufig, wie auch auf dieser Bildpostkarte, stereotypisch dargestellt: Ein Stereotyp, das von den Kolonialisieren bewusst geschaffen wurde. Zumeist wurden sie mit übergroßen Nasenringen, mit wenig oder gar keiner Bekleidung, mit großen Lippen und "ungewöhnlichen" Frisuren oder Accessoires dargestellt - lokale Körperpraktiken und traditionelle Bekleidungen wurden nicht respektiert und verhöhnt. (Vgl. Kusser, Astrid/Lewerenz, Susann (2007): Genealogien der Erinnerung – die Ausstellung "Bilder verkehren" im Kontext der Gedenkjahre 20042005. In: Hobuß Steffi\/Lölke, Ulrich (Hrsg.), Erinnern verhandeln. Kolonialismus im kollektiven Gedächtnis Afrikas und Europas. Münster: Westfälisches Dampfboot, S. 221-223)

Beziehungen zwischen indigenen Frauen und deutschen Männern: Historische Realität? Die Abbildung von Beziehungen oder Liebesverhältnissen von indigenen Frauen und weißen Männern war eine beliebtes Motiv von kolonialen Bildpostkarten, insbesondere von Witzpostkarten. Derartige Beziehungen wurden als Normalität der Soldaten oder Seemänner dargestellt. In der historischen Realität, sah dies jedoch ganz anders aus: Ehen zwischen indigenen und weißen Personen waren verboten, und Kinder aus solchen sogenannten "Rassenmischehen" wurden als "Eingeborene" behandelt. Vergewaltigungen, die wiederum eine Normalität im kolonialen Alltag und in kolonialen Kriegen darstellten, wurden in Bildpostkarten nicht visualisiert oder allenfalls indirekt mit ironischen Bildunterschriften angedeutet. Die vorliegende Bildpostkarte, die mit Ironie und Witz spielt, bildet somit einen deutlichen Bruch mit den Normen und Vorstellungen der Deutschen ab. Die Postkarte provoziert jedoch auch auf andere Weise: Sie zeigt nicht etwa einen Kolonialsiedler, der dauerhaft in der Kolonie lebt, sondern einen weißen Matrosen, welcher nie lange an einem Ort bleibt und ständig andere Orte bereist. (Vgl. Kusser, Astrid/Lewerenz, Susann (2007): Genealogien der Erinnerung – die Ausstellung "Bilder verkehren" im Kontext der Gedenkjahre 20042005. In: Hobuß Steffi\/Lölke, Ulrich (Hrsg.), Erinnern verhandeln. Kolonialismus im kollektiven Gedächtnis Afrikas und Europas. Münster: Westfälisches Dampfboot, S. 217 - 220)

Rahmeninformationen zur Bildpostkarte Die vorliegende Bildpostkarte (hier nur Vorderseite sichtbar, Rückseite siehe: https://t1p.de/0ia4) ist unbeschrieben und undatiert, sie muss jedoch im Zeitraum zwischen 1904 und 1918 entstanden sein. Zur Identifizierung des Herausgebers der Bildpostkarte kann die Bildunterschrift in der unteren Mitte herangezogen werden: Hier steht "Schubert, Berlin, Lothringerstr. 38.". Die Autor*innenschaft ist unbekannt. Die Bildpostkarte wurde also in Deutschland produziert und von dort verbreitet. Der genannte Herausgeber veröffentliche weitere "Zunkunfts"-Postkarte, bspw. auch solche mit anti-feministischem Inhalt. Vgl. Universitäts- und Stadtbibliothek Köln (Hrsg.) (2020): Zukunft's-Bilder unserer Schutztruppe.Verfügbar unter: http://www.ub.uni-koeln.de/cdm/compoundobject/collection/kolonial/id/2433/rec/2 [letzter Zugriff 14.01.2021].