Ein Film von Viola Konrad
DHBW Mediendesign | Freies künstlerisches Projekt zum Thema "Wort"
MD14B | 1. Semester | 2015
Stille ist nicht ruhig. Stille ist unangenehm. Sie ist unbehaglich. Beklemmend. Sie beginnt, langsam zu drücken, piepsen, rauschen, bäumt sich auf zu penetrantem Dröhnen. Sie schreit Dich an, brüllt Dir die Einsamkeit ins Gesicht. Sie peitscht Dir alles entgegen, was Du gerne willst aber nicht hast. Gespräche, Familie, Freunde, Liebe, Dinge aufnehmen, Dinge loswerden, Reden, Lachen, Schimpfen. Niemand da, den Du wahrnimmst, niemand, der Dich wahrnimmt, einsam, isoliert. Ein leeres Leben, die stille Folter.
Das Projekt beschreibt die Facetten dieser Stille im Selbstversuch. 18 Stunden lange, durchgängige Isolation wurden zeichnerisch im ursprünglich weißen Raum zum Ausdruck gebracht. Die erste Phase der Stille äußert sich zunächst nur in Langeweile, die mit ungezwungenen Scribbeleien in einem Skizzenbuch verdrängt werden soll. Die Zeichnung einer leicht geöffneten Tür, das Tor zur Außenwelt, feine Linien, die sich verdichten, in den Raum zu strömen scheinen wie die Verbindung zur Kommunikation, die sich draußen verbirgt. Aber zwischen den Linien stehen nur die eigenen, unzufriedenen Worte. Sie wachsen über das Blatt hinaus, zwirbeln und verschlingen sich
in nichtssagenden Mustern und Formen, in Teile von menschlichen Gesichtern. Trostlos. Mund – sprechen, Augen – sehen, nichts da, negative Gesichtsausdrücke und negative Worte und Sätze. Die Linien kriechen die Wand hinauf, umschlingen ein Selbstgespräch, ein Selbstportrait, ein trauriges Gesicht, sie vermengen sich zu Wellen, wie die Einsamkeit, die die Gedanken langsam und unaufhörlich umspült, stärker und lauter wird, sich dann wieder zurückzieht und abschwächt. Die Phase des Vermissens. Der Verlust der Verbindung zu draußen rückt mehr und mehr ins Bewusstsein. Wichtige Menschen, die engste Familie, was man ihnen sagen will, was man von ihnen wissen will, das alles kreist im Kopf herum. Die Gesichter haben keinen Mund, die Menschen können nicht antworten, Worte werden geschrieben und durchgestrichen, keiner hört und liest sie. Die Wellen werden größer, die Unzufriedenheit wandelt sich in Verlustangst. Die Gesichter werden kritisch, Enttäuschung, Ärger, Trauer, sie wenden sich ab, nur noch die Rücken, Abweisung, umschlungen von Dunkelheit. Parallel kommt eine weitere Facette zum Vorschein, der Zweifel an sich selbst. Düsterer Hintergrund mit energischen Strichen, ungenau und tief. Was reden sie? Der Mund ist verdeckt, der Blick böse, Worte versteckt hinter vorgehaltener Hand.
Es ist zu erahnen, was sie sagen, es kann nur negativ sein. Das schlechte Gerede tritt hervor, schwarze, gehackte Linien, grob, ungenau und unehrlich. Unangenehme Situationen treten ins Gedächtnis, längst verdrängt und vergessen, sie kriechen hervor aus den dunklen Löchern, in denen sie sorgfältig verbuddelt waren. Hecktisch und Laut, schwarze Schlunde und verletzende Spitzen, Pfeile, Fratzen mit aufgerissenen Augen, schreckliche Worte, alles kommt hoch. Schnell vergessen, ausblenden, abdecken, wer will raus, sich sowas aussetzen?
Weg mit den Gedanken, in Ruhe lassen, abreagieren. Abneigung, Verbitterung, Hass, geht raus, bleibt draussen,
befreien von den schwarzen Gedanken, weg mit der Dunkelheit, weg mit dem Weg in den Abgrund.
Erschöpfung, Ernüchterung, Leere. Der Ort, an dem die Türe war, ist schwarz. Sie ist weg. Der Ausgang ist weg.
Die Stille dröhnt zerreißend laut, leere Gedanken, der Mensch verschmolzen, verschwunden.
credits:
Musik | Jennifer Rostock
Instrumental eingespielt von | Dante Schwarzmüller und Manuel Janousch