Teuflisch harmlose Ungeheuerlichkeiten

Schlossmuseum Linz: Ausstellung „Kosmos“ zum 70er des famosen Karikaturisten Gerhard Haderer. Bis 27. 2.

Corona gebiert zwangsläufig Verhaltensauffälligkeiten: „Distanziertes Zusammenhalten“ von Gerhard Haderer
Corona gebiert zwangsläufig Verhaltensauffälligkeiten: „Distanziertes Zusammenhalten“ von Gerhard Haderer © Haderer/OÖ Landes-Kultur GmbH

„Ich war nie fremdbestimmt. Sie können mir glauben, ich würde sonst von heute auf morgen den Job wechseln.“ Den „Job“? Als solchen hat Gerhard Haderer sein Schaffen nie gesehen. Eher als Versuch, „die Fragen meiner Kinder zu beantworten, in welcher Welt wir leben“.

Ist Existenz ein Drama? Eine Komödie? Gerhard Haderer leidet an der Welt und erfreut sich an ihr. Ein Menschenfreund, wie im Gespräch mit ihm immer wieder deutlich wird.

Einer, der dennoch menschliche Unzulänglichkeit – und dieser kommt man nur durch reichlich Selbstbeobachtung auf die Spur – gnadenlos entblößt. Boshaft-liebevoll kommentierter überschäumender (Ski-)Patriotismus made in Austria bis hin zu globalen Abgründen: zynische Machthaber(er), Umweltzerstörung, Krieg.

„Kosmos“ heißt die kostbare Ausstellung im Linzer Schlossmuseum, und sie zeigt ebendiesen des Karikaturisten, „Schund“-Zeichners, Malers und Zeitkritikers Gerhard Haderer. Keine chronologische Auflistung eines 40-jährigen Werks, sondern „intuitiv“ arrangiert, wie der „Hausherr“ – auch so ein Wort mit Machtanspruch, das Haderer sofort wieder zu einer Witzelei anstacheln würde –, also Direktor Alfred Weidinger betont.

In der Gosse, vielleicht

Als „ernst, gefühlvoll, empathisch“ zeige sich Haderer, wenn man sich ein bisschen seiner Seele annähere, sagt Weidinger. So gesehen kein Wunder, dass der 1951 in Leonding bei Linz geborene Haderer vor 40 Jahren seine Karriere als erfolgreicher Werbemensch abrupt in den Gully spülte. Ein Risiko, für das er auch in Kauf nahm, „in der Gosse“ zu landen, wie er dem VOLKSBLATT erzählt. Es kam nicht so weit, zu auffällig sein Talent.

Haderer zeichnete u. a. für große Zeitschriften wie den deutschen „stern“, erfüllte sich ab 1997 auch den Traum vom eigenen Comic, dem keck „Schundheftl“ genannten MOFF. Grobe, skizzenhafte und punktgenaue Zeichnungen, die auch großflächig die Wandgestaltung dieser Ausstellung prägen.

Sodann können Besucherin und Besucher in den „Kosmos“ Gerhard Haderers eintauchen. Ins Bild gesetzte Ungeheuerlichkeiten, oft teuflisch „harmlos“: Zwei Fische vor Plastikbergen am Meeresgrund: „Toll! Von allem zehn verschiedene Sorten!“ Haderers Sprachwitz eine ob der starken Wirkung von Haderers Bildern quasi mit „reingeschummelte“ Subversion. Ein Klassiker die Parodie auf nervenzerfetzende Bedienungsanleitungen, „Anweisning zu Gebrauchung“. Oder – gut geklaut ist Rock´n´Roll! – der Trost für den Planeten Erde, der an „Homo sapiens“ (=Mensch) leidet: „Keine Sorge, das geht vorüber.“

Herzstück der Ausstellung das Gemälde „Messias im Vatikan“, ein großformatiges Ölbild von 2014: Umringt von entsetzt sich abwendenden katholischen Würdenträgern, versohlt Jesus einen päpstlichen Hintern. Haderer: „Ich bin ein Fan von diesem Mann, aber mit der Kirche weiß ich nichts anzufangen.“

Hingehen, Spaß haben, sich vielleicht auch etwas von Haderers Anleitungen zum Ungehorsam abschauen.

Bis 27. 2. 2022, jeden Tag außer Montag 10 bis 18 Uhr. Katalog (156 Seiten) 24 Euro

Von Christian Pichler

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